Die Piratenamsel - Uwe Timm - E-Book

Die Piratenamsel E-Book

Uwe Timm

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Beschreibung

Neuausgabe Ein Vogel, der brüllt wie ein Tiger und flucht wie ein waschechter Matrose? Das kann nur der Beo Padde sein, den es von Indien nach Hamburg verschlagen hat. Wenn Padde loslegt, ist im Zoogeschäft von Herrn Schulte, im Tierpark Hagenbeck oder beim Tierstimmenimitator Kluge die Hölle los. Aber so lustig das Verwirrspiel auch ist, Padde braucht ein Zuhause! Da trifft er auf ein kleines Mädchen . . . Neuausgabe mit den charmant-witzigen Illustrationen von Axel Scheffler. Zu diesem Buch finden Sie Quizfragen auf antolin.de

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Seitenzahl: 63

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Ein Vogel für alle Fälle

Ein Vogel, der brüllt wie ein Tiger und flucht wie ein waschechter Matrose? Das kann nur der Beo Padde sein, den es von Indien quer über den Ozean nach Hamburg verschlagen hat. Beos können bekanntlich sprechen, und wenn Padde loslegt, ist im Zoogeschäft von Herrn Schulte die Hölle los. Aber so lustig das Verwirrspiel auch ist, Padde braucht ein richtiges Zuhause!

Uwe Timm

Die Piratenamsel

Mit Illustrationen von Axel Scheffler

Für Padde

1

Nein, ich bin keine Krähe. Ich bin ein Beo und heiße Padde. Padde wie Frosch oder Kröte. Ein seltsamer Name für einen Vogel. Aber als Junges bin ich beim Fliegenlernen wie ein Frosch hin und her gehüpft und darum nannten mich meine Eltern Padde.

Bei uns im Dschungel gab es viele Vogelarten und fast alle waren bunt. Da gab es rote, gelbe, blaue, grüne, lila und karminrote Federn: als hätte der Regenbogen Flügel bekommen. Und zwischen all diesen Farben hüpften wir Beos herum – schwarz.

Saßen wir, meine Geschwister und ich, auf einem Ast, kamen die bunten Vögel an und riefen: »Die Beos, die Beos, das sind die öden Leos.«

Mein Vater heißt nämlich Leo. Und wenn wir dann traurig dahockten, weil Schwarz wirklich eine langweilige Farbe ist, kam der Vater und tröstete uns: »Auf das Aussehen kommt es nicht an!«, sagte er. Und dann flüsterte er: »Passt mal auf.«

Er holte tief Luft und brüllte wie ein Tiger. »Ruauuuuauuu.« Wusch, flogen all die bunten Vögel hoch und flatterten ängstlich in der Luft umher. Aber es war kein Tiger zu sehen. Schließlich entdeckten sie uns, schwarz saßen wir da und lachten.

»Ihr blöden Beos«, riefen die Vögel und flogen weg. Der Vater hatte recht: Wir Beos sehen zwar langweilig aus, aber wir sind dafür sehr sprachbegabt.

Die Mutter sagte immer: »Wir Beos können uns in jeden Ton verwandeln.«

Jeden Morgen flogen wir mit dem Vater zu unserem Schul-Ast.

»Hört mal«, flüsterte der Vater. Und dann ahmte er das Plätschern eines Bachs nach oder das Keckern eines Affen oder das Rauschen des Windes in den Blättern.

Wir, meine Geschwister und ich, ahmten das dann auch nach. Der Vater hörte zu und verbesserte, wenn die Töne nicht ähnlich genug waren. Wir lernten schnell, denn es machte uns Spaß. Und was kann man damit nicht für tolle Streiche machen.

Da war zum Beispiel der große Tiger Pandit, der nachts durch den Dschungel schlich, fast sechs Meter lang und von einer unglaublichen Gefräßigkeit. Auf seinen riesigen Tatzen schlich er sammetweich durch das Dickicht. Immer hungrig, immer auf der Suche nach einem dicken Erdschwein oder einem Wasserbüffel.

Da … er schnupperte. Pandit hatte einen Wasserbüffel gewittert. Der Büffel soff sorglos Wasser. Tapp, tapp, tapp schlich sich der Tiger Pandit heran. Leckte sich das Maul mit einer Zunge, so groß wie ein Handtuch. Schlich leise näher. Gurgelnd soff der ahnungslose Büffel das Wasser. Pandit setzte schon zum Sprung an – da brüllte ich wie ein Tiger. Der Wasserbüffel rannte davon.

Pandit brüllte wütend hinterher und suchte im Dickicht, denn er dachte, dort stecke ein anderer Tiger. Ich brüllte noch einmal. Da entdeckte er mich auf dem Baum. Er schlug seine gewaltigen Tatzen in den Baumstamm und wollte ihn umreißen. Aber das schaffte er nicht und so versuchte er, auf den Baum zu klettern. Der Baum knackte und krachte unter dem Gewicht des Tigers. Schnell flog ich weg, hinter ein Gestrüpp. Diesmal grunzte ich wie ein Erdschwein. Sofort schlich Pandit in die Richtung, aus der er das Grunzen gehört hatte. Ich grunzte noch mal. Der Tiger trampelte durch das Gestrüpp, suchte und suchte. Da grunzte ich von oben, aus einer Baumkrone. Pandit stand unten und sah fassungslos in die Zweige. Ein Erdschwein auf einem Baum?

Ich rief: »Hallo, Pandit, du bist ja sehr stark, aber im Kopf bist du leider ziemlich schwach.«

Da lachten alle Vögel und Pandit brüllte, dass die Bäume bebten.

Pack den Tiger am Schwanz, nannten wir Beos das Spiel. Vater sagte immer: »Aber hübsch vorsichtig sein. Und sich nie auf einen morschen Baum setzen!«

2

Vormittags übten wir uns im Töne-Nachmachen. Nachmittags spielten wir. Abends saß ich vor unserer Baumhöhle und träumte von der weiten Welt. Bis ich eines Tages gefangen wurde. Aber ich will alles der Reihe nach erzählen.

Eines Vormittags saßen wir auf unserem Schul-Ast und übten, als plötzlich ein Affe vorbeiturnte und rief: »Ein weißer Mann kommt. Ein weißer Mann kommt.«

Zusammen mit meinen Geschwistern und meinem Vater flog ich los. Nicht weit entfernt von unserem Schul-Ast sahen wir den weißen Mann. Er war sehr lang und spindeldürr und auf dem Kopf trug er einen großen weißen Hut. Die Männer, die hinter ihm gingen, trugen ein zusammengerolltes Netz auf dem Kopf.

Was wollen die hier im Dschungel mit einem Netz, dachte ich.

Da zeigte der weiße Mann auf eine Stelle neben unserem Baum und die Männer bauten das Netz auf wie ein großes Zelt. Wir Leos saßen da und sahen zu und wir waren alle schrecklich neugierig. Wir warteten darauf, dass der weiße Mann endlich den Mund aufmachen würde. Aber er schwieg und arbeitete verbissen.

Dann war das Netz fertig aufgebaut, der Mann legte Früchte und Glitzerdinge hinein und verschwand hinter einem Busch.

Der Vater sagte, sei vorsichtig, und die Mutter sagte, bleib lieber hier.

Aber ich flog hinunter und in das Netz-Zelt hinein. Von allen Bäumen kamen die neugierigen Vögel. Am Boden lag ein Spiegel und in dem Spiegel sah ich zum ersten Mal mich. Als ich eben den Kopf ein wenig drehte, um mich auch einmal von der Seite zu beäugen, da zog – Rrrummsch – jemand einen Stock heraus und das Netz fiel auf mich und auf all die anderen Vögel. Einen Moment saßen wir vor Schreck ganz starr. Dann begann ein fürchterliches Getobe und Geschreie. Fliehen konnten wir nicht, die Maschen des Netzes waren viel zu eng.

Der weiße Mann kam und griff mit der Hand unter das Netz, zog Vogel für Vogel heraus, betrachtete jeden einzelnen genau. Alte oder struppige Vögel ließ er wieder fliegen, die anderen setzte er in kleine Bastkäfige. So kam er langsam zu mir. Er betrachtete mich kurz und steckte mich dann in einen kleinen Käfig. Den Käfig nahm eine Frau, band ihn mit anderen Käfigen zusammen und trug sie auf dem Kopf davon.

Noch einmal sah ich den schönen alten Baum, in dem wir wohnten, dann sah ich nur noch dicke grüne Blätter, die meinen Käfig streiften.

3

Drei Tage wurde ich von der Frau durch den Dschungel getragen. Dann kamen wir ans Meer, wurden auf ein Schiff gehievt und verschwanden im Laderaum. Einen Augenblick sah ich noch über mir den blauen Himmel. Dann wurde die Luke geschlossen und ich saß im Dunkeln. Kurz darauf begann alles zu schwanken und zu schaukeln und von draußen hörte man das Wasser rauschen.

»Jetzt fahren wir durch die Welt«, sagte ich, »und man kann gar nichts sehen.«

»Ach«, sagte der Pfefferfresser, der mit mir zusammen gefangen worden war, »lieber nichts von der Welt sehen und schön zu Hause bleiben.«

Nach einiger Zeit sah ich ein Licht und das Licht war in der Hand eines Mannes. Der Mann sagte: »So, ihr alten Sprungaffen, jetzt gibt’s was zu fressen. Ich bin Jonny, der Leichtmatrose, bei mir muss keiner hungern.«

Er schüttete uns Körner und Früchte in die Käfige, dabei schimpfte er vor sich hin: »Döskopp, Waldheini, altes Eulenauge, Sprungaffe.«

Warum beschimpfte er uns? Wir hatten ihm doch nichts getan.

Ich wurde ganz schön wütend und rief schließlich: »Alter Sprungaffe!«