Die Presbyterianer. Illustrierte Gesamtausgabe - Walter Scott - E-Book

Die Presbyterianer. Illustrierte Gesamtausgabe E-Book

Walter Scott

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Beschreibung

“Die Presbyterianer” ist ein Roman von Sir Walter Scott, veröffentlicht 1816 und ein Meisterwerk des Genres der historischen Romantik. Die Geschichte spielt 1679 in Schottland, in einer Zeit politischer Unruhen, als die abweichenden Presbyterianer gegen den englischen König Charles II. aufbegehrten. Die Hauptfigur, Henry Morton, ist ein Gemäßigter, der sich gezwungen sieht, die Presbyterianer zu unterstützen, als er erfährt, dass einige seiner Verwandten zu den Dissidenten gehören… Dies ist die illustrierte Gesamtausgabe und umfasst alle drei Bände.

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Seitenzahl: 733

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Walter Scott

 

DIE PRESBYTERIANER

 

Ein historischer Roman

in drei Bänden

 

GESAMTAUSGABE

 

 

Neu übersetzt von Benno Tschischwitz (1828-1890)

 

Das englische Originalerschien 1816 unter dem TitelTales of My Landlord. Vol. II–IV: Old Mortality.

 

 

 

Mit Illustrationen von Josef Watter,in Holz geschnitten vonH. Kaeseberg und C. Herm. Schulze.

 

 

DIE PRESBYTERIANER wurde im englischen Original (Old Mortality)) zuerst veröffentlicht von William Blackwood, Edinburgh 1816.

 

Diese Ausgabe in drei Bänden wurde aufbereitet und herausgegeben von

© apebook Verlag, Essen (Germany)

www.apebook.de

1. Auflage 2023

 

V 1.0

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.

 

 

Gesamtausgabe

ISBN 978-3-96130-545-2

 

Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de

 

 

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Inhaltsverzeichnis

DIE PRESBYTERIANER. Gesamtausgabe

Impressum

BUCH EINS

Einleitung

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

BUCH ZWEI

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

BUCH DREI

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel VI

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

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Zu guter Letzt

BUCH EINS

Einleitung

ie zahlreichen Traditionen, die während der Jugendjahre unseres Dichters unter der ländlichen Bevölkerung Westschottlands und der Niederungen bezüglich jener grausamen Kämpfe im Umlauf waren, die von der Regierung beider Königreiche gegen die Anhänger der presbyterianischen Kirchenverfassung geführt wurden, schienen ein hinreichend interessantes Material als Grundlage des vorliegenden Romans zu liefern. Der Dichter hat für seine ebenso spannende wie belehrende Erzählung das Jahr 1685, also jene Zeit gewählt, wo Argyle und Monmouth Schottland und den Westen Englands mit einem Einfall bedrohten, und der geheime Staatsrat von Schottland mehr als hundert Personen der südlichen und westlichen Provinzen verhaften ließ, weil man sie in Folge ihrer religiösen Überzeugung für regierungs- oder gar staatsfeindliche Elemente hielt. Es ist nicht unsere Sache, zu untersuchen, ob der Staatsrat in seiner Auffassung der damaligen Situation zu weit im Argwohn gegangen sei oder nicht; – die Werkzeuge, deren er sich zur Bekämpfung der Gegner bediente, haben, wie so häufig in solchen Fällen, in ihrem blinden Eifer entschieden die Grenzen überschritten, die Christentum, Humanität und Stammverwandtschaft den Verfolgten gegenüber vorschrieb. Man trieb, wie ein alter Berichterstatter erzählt, die Gefangenen wie eine Herde Vieh nach dem Norden des Landes, traf aber weniger Vorsorge für sie, als man sie den unvernünftigen Geschöpfen erwiesen haben würde. Die Unglücklichen wurden schließlich in einem unterirdischen Kerker des Schlosses Dunnottar zusammengepfercht, der nur ein einziges Fenster nach der Nordsee hatte. Anstrengung, Entbehrungen aller Art, Krankheit und Kummer raffte viele derselben hin, denn ihre Hüter, rohe Berufssoldaten, versagten ihnen selbst den Genuß des frischen Wassers, wenn sie nicht dafür bezahlten. Dies Gefängnis heißt jetzt noch im Volke das Whig-Gewölbe, und ein Denkstein in der Nähe desselben erinnert an jene traurigen Opfer des religiösen und gouvernementalen Fanatismus, die unter demselben begraben liegen. Auch in andern Teilen Schottlands finden sich auf Haiden und in öden Moorgegenden zahlreiche Grabmäler aus jener Periode, welche die Märtyrer der religiösen Überzeugung und die der loyalen Pflichterfüllung im Dienste des Königs decken. Die scharfen Gegensätze, die damals im Volke hervortraten, wurden nur noch schroffer, als die Sekte der »Bergmänner« (Hill-men) zur Führerschaft der Presbyterianer gelangte, die an Strenge und blindem Eifer alle anderen Richtungen überboten, nach ihrem Gründer Cameron auch Cameronianer genannt wurden, und selbst noch am Ende des vorigen Jahrhunderts ihre zahlreichen Anhänger in Schottland hatte. Einer dieser Anhänger war Robert Paterson, ein Steinmetz seines Gewerbes, der 1715 geboren, bei dem Landvolke unter dem Namen: »Vater Sterblich« (Old Mortality) bekannt war, und in seinem 86. Lebensjahre, also erst im Anfange dieses Jahrhunderts gestorben ist. Diese originelle Persönlichkeit verließ schon in verhältnismäßig jungen Jahren sein Weib und fünf Kinder, wie es scheint, eben so sehr aus Neigung zu einem vagierenden Leben, als aus religiösem Eifer, um jene oben erwähnten Denkmäler und Grabsteine gefallener Presbyterianer auf Kirchhöfen, in Einöden und Moorgründen von Moos und Gerolle zu säubern und wieder herzustellen oder neue Steine zu setzen. Seine Tätigkeit erstreckte sich über die ganze Niederung Schottlands. Es gibt wenig Kirchhöfe in Ayrshire, Galloway oder Dumsries-shire, wo sich nicht die Tätigkeit seines Meißels nachweisen ließe; denn überall, wohin er auf seiner Wanderung kam, standen ihm die Türen der Cameronianer zu jeder Tagesstunde offen.

Wir würden uns über diese charakteristische Figur des Presbyterianismus nicht so weit verbreitet haben, wenn sie unserem Dichter nicht wichtig genug erschienen wäre, um ihren Beinamen Old Mortality seinem Roman als Titel vorzusetzen, gleichsam als führe er in der Behandlung der Denkwürdigkeiten jener Zeit die Tätigkeit des alten Steinmetzen von Hawick weiter. Da indessen im Verlauf der Erzählung dieser Persönlichkeit nicht Erwähnung geschieht, so glauben wir bei unseren Lesern wohl entschuldigt zu sein, wenn wir von diesem Namen gänzlich absahen, und unsere Erzählung unter dem Titel: »Die Presbyterianer« einführten.

Der erwähnte Gegensatz bedingt in unserem Romane ebenso die Gruppierung der handelnden Figuren, wie er naturgemäß die Voraussetzung der Handlung und des Kampfes bildet, und der Handlung ihren besonderen Charakter verleiht. Daß der puritanische Geist im schottischen und englischen Volke an sich staatsgefährlich sei, hatte die Revolution unter Cromwell hinlänglich bewiesen; die beiden letzten Stuarts suchten daher eben so sehr eine energische Reaktion gegen denselben durchzuführen, als die fanatisierten Gemüter durch friedliche Mittel zu versöhnen, wie sie in der Einleitung zu unserer Erzählung erwähnt sind. Aber in ihrem Rigorismus verabscheuten die Puritaner alle öffentlichen Volksbelustigungen, wie sie im Mittelalter und noch zur Zeit der Elisabeth und Jakob I. im Schwange waren. Die Bibel war ihr einziger Codex, sie schrieb ihnen ihre Lebensnorm und selbst die Umgangsformen vor, ließ aber gerade die Strenggläubigen in Unmündigkeit und jener Bornierteit des Denkens, Wollens und Handelns, die sie dem Parteilosen und Unbefangenen so ungemein lächerlich erscheinen läßt. Grade diese komische Seite hat Scott mit großem Glück und bewundernswerter Meisterschaft am Puritanismus aufzudecken vermocht; aber sie ist es zugleich, die uns jene langweiligen und beschränkten Menschen zugleich interessant macht. Welch treffliche Figur ist nicht jene alte Mause, die eben so beredte als zärtliche Mutter des ewig hungrigen Cuddie, die sich und ihren Sohn um Haus und Garten, Kohlsuppe und Haferkuchen, um Heimat und Freiheit und schließlich beinahe um den Hals predigt! Sie ist der echte Typus jener passiven Fanatiker, die im Dulden das Glück des Märtyrertums suchen. Wie unendlich fein ist in dieser Alten der Kampf mütterlicher Zärtlichkeit mit der starren Wortgläubigkeit und unerbittlichen Consequenz der Cameronianerin geschildert! Ihr zur Seite steht der ehrwürdige Pauker, der heilige Mann, bei dem die Lunge ersetzen muß, was ihm an Geist abgeht, der die Fahne der strenggläubigen Puritaner hochhält, und von der Indulgenz nichts wissen will, die die Gemäßigten, d. h. Abtrünnigen, wie Pfundtext, von der Regierung angenommen haben; sodann der hektische Schwärmer Macbriar, der die Menge mit der Gewalt eines Propheten beherrscht, und jener bis zum Wahnsinn fanatische Bruder Habakuk Wütheviel (Mucklewrath) dessen wüste und zerrüttete Phantasie nur von Erschlagenen träumt. Wie drollig erscheint neben dieser enthusiastischen Gesellschaft der phlegmatische, scheinbar beschränkte Cuddie Headrigg, bei dem der Mutterwitz und die bäurische Pfiffigkeit fortwährend die dichte Hülle durchbricht, die eine rohe und einseitige Erziehung über seine geistigen Anlagen gelegt hat. Es ist dies eine Clownfigur, wie sie selbst Shakespeare nicht besser erfunden haben würde. Dieser Gruppe, deren Stärke mehr in der Zungenfertigkeit und Bibelfestigkeit, als in dem Mut und der kriegerischen Tüchtigkeit liegt, stehen jene geharnischten Streiter der Kirche zur Seite, die in ihrem blinden Eifer zum Schwerte gegriffen, und sich der Staatsgewalt als Feinde gegenüber gestellt haben. In dieser Reihe findet der Ehrgeiz und das Verbrechen seine Stelle. Obenan in derselben steht der finstre, grausame John Balfour of Burley, der selbst vor dem Morde zur größeren Ehre Gottes nicht zurückbebt. In ihm vereinigen sich Heuchelei, Fanatismus, Ehrgeiz und Rachsucht. Selbst die Worte der Schrift werden in seinem Munde zum Deckmantel alles gesetzwidrigen Tuns, der Unmenschlichkeit, der Bosheit, des Verbrechens. Den Gemäßigten seiner Partei steht er fast eben so feindselig gegenüber, wie den Gegnern derselben; er ist tapfer ohne jede Spur von Großmut; verschlagen und diplomatisch schlau – aber treulos; ein Mann des planlosen Umsturzes wie jeder Desperate, ein Vorkämpfer der Unfreiheit, wie jeder Anhänger der extremsten Politik.

Diesen Elementen, die wie die Socialfanatiker unserer Tage aus der Zertrümmerung des Staates die regenerierte Gesellschaft in adamitischer Unschuld hervorgehen lassen wollen, steht zunächst die Gruppe der Conservativen gegenüber, wie sie durch das Haus der ehrwürdigen Gräfin Margarethe Bellenden repräsentiert wird. Die alte Dame ist in ihrer übertriebenen Loyalität, die sie das Frühstück, welches einst der flüchtige König Karl II. auf ihrem Schlosse von Tillietudlem eingenommen, nie vergessen läßt, mit ganz vorzüglichem Humor gezeichnet. Aber das stolze Adelsbewußtsein, der strenge Royalismus ist in ihr durch viele individuelle Züge, namentlich durch eine gewisse patriarchalische Leutseligkeit ihren Untergebenen gegenüber, durch einen sehr wohltuenden Hang zur Menschenfreundlichkeit oder durch natürliche Herzensgüte vielfach gemildert. Es sind dies Züge, denen wir auch bei ihrem Schwager, dem wackeren Major Bellenden, begegnen, der uns als ein treffliches Muster der loyalen englischen Aristokratie gelten könnte, wenn er sich zu etwas mehr als bloß soldatischer Auffassung der Königstreue zu erheben vermöchte. Aber selbst diesem Trefflichen begegnet, was dem Strengconservativen so leicht begegnen kann, daß ihn die ritterliche Unterwerfung unter die Autorität der Krone, das traditionelle Recht des Volkes, seinen natürlichen Anspruch auf Freiheit vergessen läßt. Ihm fehlt keineswegs das Herz für das Volk, wohl aber die sittliche Energie, die der echte Aristokrat haben muß, sich in das Gesammtbewußtsein seiner Nation zu vertiefen, wie es der Monarch, das Haupt der Nation selbst muß. Nur das beschränkte Junkertum kann sich in einem Gegensätze zum Volksbewußtsein fühlen; es wird nie dauernd die Stütze der Throne werden können. Der junge Lord Evandale steht darum ungleich höher als der Major Bellenden, weil er trotz seines kriegerischen Berufs sich das Bewußtsein der Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit mit der ganzen Nation klar bewahrt hat. Er spielt auf der königlichen Seite annähernd die gleiche Rolle, die Heinrich Morton auf Seiten der Rebellen zugefallen ist.

Dieser junge Edelmann, der Sohn eines tapfern Führers unter Cromwell schließt sich der Empörung keineswegs aus bloßer Sympathie für die Puritaner an. Er gehört im Gegenteil zu jener gemäßigten Partei, die ihren Frieden mit der Regierung geschlossen hat und sich darum einer gewissen religiösen Unabhängigkeit erfreut. Aber die Organe der Regierung selbst, das rücksichtslose engherzige Soldatentum, das nur die Ordre kennt, die von oben kommt, und im Mitbürger nur seinen Gegensatz sieht, verletzt das patriotische Gefühl des jungen Mannes, der den König als das Haupt des Staates eben so verehrt, wie seine Standesgenossen. Er kennt freilich die royalistische Schwärmerei nicht, wie sie im Kreise der Gräfin Bellenden gepflegt wird, aber er weiß, daß er die Sache des Königtums nicht schädigt, wenn er für die Freiheit und die Rechte des Volkes eintritt. Morton ist ein Muster für den reinen Liberalismus aller Zeiten, der immer die Aufgabe haben wird, der Autorität der Krone dadurch zu dienen, daß er den centrifugalen Elementen im Staatsorganismus eine centripetale Richtung gibt. So jung er noch ist, so ahnt er doch, daß er auf Seiten der Königlichen, bei den Anhängern brutaler Gewalt, so gut wie nichts ausrichten werde; und wenn auch sein Verhältnis zu Edith, oder vielmehr seine Eifersucht gegen Evandale zunächst zur Triebfeder wird, die ihn die Sache der Whigs ergreifen läßt, so liegt doch bereits jene liberale Überzeugung in ihm, die ihn später befähigt, die Versöhnung der Gegensätze herbeiführen zu helfen, die eigentliche Aufgabe des Liberalismus glänzend zu lösen. Vollständig klar wird uns dieser Charakter, wenn wir ihn neben den eminent befähigten, mit allen, großen soldatischen Eigenschaften begabten Claverhouse, den Mann der eisernen Consequenz halten; bei aller Vortrefflichkeit richtet der gefürchtete Oberst doch nur Unheil an, weil sich mit der starren Dienstpflicht politische Fragen unmöglich lösen lassen; aber Morton, der Rebell, ist trotz aller Hindernisse, die ihm im Wege standen, doch schließlich im Stande, den Frieden herzustellen, dem Volke seine Rechte, dem Könige seinen Thron zu sichern.

An charakteristischen Figuren ist unser Roman auch sonst noch reich; namentlich ist der bis zum Unteroffizier herabgekommene Graf Bothwell, jener schottische Königssproß, trefflich geschildert; sowie auch Halliday, der Vicegeliebte der unvergleichlichen Jenny Dennison, die mit ihrer anmutigen Treulosigkeit ein hübsches Seitenstück zu der ehrbaren Alison, oder vielmehr Fräulein Wilson bildet. Edith Bellenden, die in einen wohltuenden Contrast zur stolzen Schwester Evandales gestellt ist, steht an Seelenschönheit keiner Frauenfigur, die Scott geschildert hat, nach, wenn ihr auch nicht so viel Gelegenheit geboten wird, tatsächlich in den Gang der Ereignisse einzugreifen, wie z. B. einer Alice Lee in Schloß Woodstock, die zu ihrem Geliebten, Everard, in einem ganz ähnlichen Verhältnisse steht, wie Edith zu Morton.

Die Schilderungen der kriegerischen Partieen in unserem Romane sind mit höchster Anschaulichkeit und Lebendigkeit ausgeführt, namentlich aber verleiht das Ende John Burleys und der tragische Ausgang Evandales unserer Erzählung einen tief ergreifenden Abschluß.

Unser Roman wurde als die erste unter den »Erzählungen meines Wirts« veröffentlicht, und erschien 1816 mit einer Einleitung von Jedediah Cleishbotham, und 1829 mit einer eben solchen, in welcher noch viele Einzelheiten aus dem Leben Robert Patersons (Old Mortality) mitgeteilt werden.

K. Tschischwitz.

 

Kapitel I

 

Biet hundert Reiter auf, bei Tages Anbruch Sei’n sie am Burgtor meines Winks gewärtig.

Douglas.

 

nter der Herrschaft der letzten Stuarts hegte die Regierung den Wunsch, durch alle ihr zu Gebot stehenden Mittel dem strengen oder puritanischen Geiste entgegenzuwirken, der ein so hervorstechendes Merkmal der republikanischen Regierung gewesen war, und jene Feudaleinrichtungen wieder ins Leben zu rufen, die den Vasallen an den Lehnsherrn, und beide an die Krone banden. Es wurden von Staats wegen häufig Musterungen und Volksversammlungen veranstaltet, um die Leute in den Waffen zu üben und ihnen Zeitvertreib und Lustbarkeiten zu verschaffen. Daß die Regierung sich in letztere mischte, war zum wenigsten unpolitisch; denn wie es bei dergleichen Angelegenheiten zu gehen pflegt, die Gemüter, die anfangs bloß von Bedenklichkeiten und Zweifeln heimgesucht waren, befestigten sich immer mehr in ihren Meinungen, anstatt sich der Gewalt zu fügen; und die jungen Leute beiderlei Geschlechts, die in England der Pfeife und Handtrommel oder in Schottland dem Dudelsack gar nicht hätten widerstehen können, waren nun im Stande denselben Hohn zu sprechen, in dem stolzen Bewußtsein, daß sie dadurch den Befehlen der Regierung Widerstand leisteten. Der Versuch, Menschen zu Tanz und Frohsinn zu zwingen, ist sogar auf Sklavenschiffen selten gelungen, wo man ihn in früheren Zeiten manchmal anstellte, um die unglücklichen Gefangenen während der wenigen Minuten, in denen sie auf dem Verdecke frische Luft schöpfen durften, dahin zu bringen, ihre Glieder zu bewegen und den Blutumlauf wiederherzustellen. In eben demselben Maße, in welchem die Regierung die Strenge der eifrigen Calvinisten gemildert zu sehen wünschte, wuchs dieselbe; eine jüdisch strenge Beobachtung des Sabbats, eine hochmütige Verdammung aller männlichen Zeitvertreibe und unschuldigen Vergnügungen, sowie der für unheilig erachteten Sitte, daß beide Geschlechter zusammen tanzten (denn wenn diese getrennt blieben, galt ihnen, glaube ich, diese körperliche Bewegung nicht für anstößig), zeichnet diejenigen aus, welche einen mehr als gewöhnlichen Grad von Heiligkeit für sich in Anspruch nahmen. Diese Leute suchten sogar nach Kräften und Möglichkeit ihre Landsleute und Glaubensgenossen von der traditionellen Waffenschau fern zu halten, zu welcher das Lehnsgefolge der Grafschaft entboten wurde, und bei der jeder Kronvasall mit einer solchen Anzahl von gewappneten und gerüsteten Leuten, und zwar bei schwerer gesetzlich bestimmter Strafe sich einfinden mußte, als er vermöge seines Lehns zu stellen hatte. Die Covenanter waren diesen Versammlungen umsomehr abhold, als die Lord-Statthalter und die Landrichter, die dabei die Oberaufsicht führten, von der Regierung ausdrücklichen Befehl erhalten hatten, keine Mühe zu sparen, um sie den zusammengerufenen jungen Leuten so angenehm wie möglich zu machen. Die Waffenübungen am Morgen und die Lustbarkeiten im Freien, welche bis in die Nacht hinein dauerten, dachte man, mußten naturgemäß eine verführerische Wirksamkeit haben. Die Prediger und Anhänger der strengern presbyterianischen Ansichten suchten daher durch Warnungen, Ermahnungen und Befehl den Besuch dieser Versammlungen so viel als möglich zu beeinträchtigen. Sie wußten recht gut, daß sie dadurch sowohl die scheinbare als die wirkliche Macht der Regierung schwächten, indem sie das Weiterumsichgreifen jenes esprit de corps hemmten, der sehr bald junge Männer einigt und bindet, welche öfter zu männlichen Lustbarkeiten im Freien oder zu Waffenübungen zusammenkommen. Sie bemühten sich deshalb ernsthaft, alle diejenigen, die für ihr Nichterscheinen nur irgend eine Entschuldigung vorbringen konnten, abzuhalten, und zeigten sich besonders streng gegen solche, die aus bloßer Neugier oder als Teilnehmer an den später folgenden Spielen und Leibesübungen sich bei jener Waffenschau einfanden. Obwohl sich einige vom Landadel zu diesen Lehren bekannten, waren sie doch nicht immer im Stande, dieselben streng zu befolgen. Die Vorschriften des Gesetzes waren scharf, und der geheime Staatsrat, der die vollziehende Gewalt in Schottland ausübte, hielt mit großer Strenge darauf, daß die gesetzlichen Strafen an allen Kronvasallen vollzogen wurden, die bei der regelmäßig wiederkehrenden Waffenschau nicht erschienen. Die Grundbesitzer waren daher genötigt, ihre Söhne, Pächter und Vasallen mit der pflichtmäßigen Anzahl von Rossen, Leuten und Waffen an den Versammlungsort zu senden, und da traf es sich denn oft, daß trotz der ausdrücklichen Gebote ihrer Vorgesetzten, gleich nach beendigter Musterung wieder heimzukehren, die jungen Waffenleute der Lockung nicht widerstehen konnten, an den späteren Lustbarkeiten Teil zu nehmen. Der Sherif der Grafschaft Lanark hielt die Waffenschau eines wilden Bezirks ab, der die obere Ward von Clydesdale genannt wurde, eine Hochfläche, die unweit eines königlichen Fleckens gelegen ist, dessen Name von keiner Bedeutung für meine Erzählung ist. Es war am Morgen des 5. Mai 1679, und mit diesem Tage beginnt unsere Geschichte. Als die Musterung vorüber, und, dem Brauche gemäß, Bericht über dieselbe abgestattet war, sollten wie gewöhnlich die verschiedenen Lustbarkeiten beginnen, unter denen ein Vogelschießen das beliebteste war, das früher mit der Armbrust, zu jener Zeit aber schon mit Feuergewehr ausgeführt wurde. Der Vogel war mit allerlei bunten Federn bekleidet und sah daher einem Papagei ähnlich. Aus diesem Grunde heißt das Spiel im Englischen auch Papageienschießen. Er hing an einer Stange als Ziel, nach welchem die Preisbewerber ihre Musketen oder Karabiner auf eine Entfernung von sechszig oder siebenzig Schritt abfeuerten. Wer das Ziel herabschoß, erhielt für den übrigen Teil des Tages den stolzen Titel: Papageienhauptmann, und wurde gewöhnlich unter lautem Jubel nach dem angesehensten Gasthause der Umgegend geleitet, wo alsdann der Abend unter seinen Auspicien, und, wenn er es bestreiten konnte, auch auf seine Kosten, mit einem Festmahle beschlossen wurde.

Es versteht sich wohl von selbst, daß die Frauen aus der Umgegend diesen Lustbarkeiten zuschauten, freilich mit Ausnahme derer, die dem Puritanismus streng anhingen, und es eben deshalb für ein Verbrechen gehalten haben würden, die schnöden Vergnügungen der Übelgesinnten durch ihre Anwesenheit zu ermutigen. Landauer Wagen, Barutschen und Tilburies gab es in jenen Tagen der Einfachheit noch nicht. Der Lord-Lieutenant der Grafschaft, ein Mann von herzoglichem Range, machte ausschließlich Anspruch auf die Pracht und Auszeichnung, ein Räderfuhrwerk zu besitzen, ein Ding mit abgeblaßter Vergoldung und Schnitzarbeit, das einem Kasten gleich, wie man etwa die Arche Noah darstellt, von acht langschwänzigen flandrischen Stuten gezogen wurde, und inwendig für acht, auswendig für sechs Personen Platz hatte. Im Innern hatten Platz genommen: Seine Gnaden selbst nebst Gemahlin, zwei Ehrenfräulein, zwei Kinder, ein Kaplan, der in einer Art von Seitenverschlag saß, – und endlich Seiner Gnaden Stallmeister, der sich in dem entsprechenden Sitze auf der andern Seite eingerichtet hatte. Ein Kutscher und drei Postillone mit Hirschfängern und dreizöpfigen Knotenperrücken, die Musketen über der Schulter und Pistolen im Sattel stecken hatten, lenkten das Fuhrwerk. Auf dem Fußtritte hinter diesem wandelnden Schlosse standen, oder genauer ausgedrückt, hingen in dreifacher Reihe sechs in reiche Livreen gekleidete Lakaien. Der übrige Landadel, einerlei ob Mann oder Weib, jung oder alt, saß, von seiner Dienerschaft begleitet, zu Pferde, aber aus den schon angeführten Ursachen war die Gesellschaft mehr gewählt als zahlreich.

Unmittelbar hinter diesem eben besprochenen ungeheuren ledernen Fuhrwerke ritt, um ihren Anspruch auf Vorrang vor dem keine Titel führenden Landadel zu behaupten, Lady Margarethe Bellenden auf einem sittsamen, ruhig einherschreitenden Zelter. Sie ritt stolz und aufrecht, und trug noch immer das Wittwenkleid, das sie nicht mehr abgelegt hatte, seit ihr Mann wegen seiner standhaften Anhänglichkeit an Montrose hingerichtet worden war. Ihre Enkelin, der einzige Gegenstand aller ihrer irdischen Sorge und Liebe, die schön gelockte Editha, die allgemein für das schönste Mädchen im ganzen obern Ward gehalten wurde, erschien neben ihrer betagten Verwandten wie der Frühling an der Seite des Winters. Ihr spanischer Rappe, den sie mit viel Anmut lenkte, ihr kleidsames Reitgewand und ein mit Fransen besetzter Reitsattel, waren sorgsam ausstaffiert worden, um sie in möglichst vorteilhaftem Lichte erscheinen zu lassen. Die üppige Fülle ihrer Ringellocken, die unter ihrem Hute hervorquoll, ward nur von einem grünen Bande zurückgehalten, damit sie nicht frei auf die Schultern herabwallten; die sanften und weiblichen Züge ihres Antlitzes, denen es nicht an einem gewissen Ausdrucke von mutwilliger Schalkhaftigkeit fehlte, zogen die Bewunderung der jungen Männer des Westens weit mehr an, als der Glanz ihres Aufzuges oder die Gestalt ihres Prunkpferdes.

Das Gefolge dieser distinguierten Damen war keineswegs ihrer Geburt oder dem Brauche jener Zeiten angemessen, indem es nur aus zwei berittenen Dienern bestand. Die gute alte Dame war nämlich gezwungen gewesen, ihre gesammte Hausdienerschaft ausrücken zu lassen, um die bestimmte Anzahl von Leuten zusammenzubringen, welche die Baronie bei der Musterung zu stellen hatte, und dabei wollte sie es um alles in der Welt an nichts fehlen lassen. Der alte Haushofmeister, angetan mit Stahlhaube und Steifstiefeln, führte den Zug an und hatte, wie er sagte, Blut und Wasser geschwitzt, um die Bedenklichkeiten, Einwendungen und Ausflüchte der Moorlandpächter zu besiegen, die bei dieser Gelegenheit Menschen, Pferde und Rüstung hätten stellen sollen. Es kam endlich in dem Streite mit ihnen bis zu einer offenen Kriegserklärung, da der hitzige Episkopalkirchler die Widerspenstigen mit allen Donnerwettern bedrohte, wogegen diese ihn calvinistisch in den Bann taten. Indessen was war zu tun? Freilich wäre es leicht genug gewesen, diese widerstrebenden Pächter zu strafen; der Staatsrat würde bereitwillig Geldstrafen zuerkannt und Reiter abgeschickt haben, um dieselben einzusammeln. Das aber hätte ungefähr so viel geheißen, als Jäger und Hunde zugleich in den Garten zu rufen, um einen Hasen zu erlegen.

»Denn,« sprach Harrison bei sich, »die Kerle nagen ohnehin am Hungertuche, und wenn ich nun die Rotröcke herbeirufe und diese ihnen das Wenige, was ihnen gehört, noch wegnehmen, woher soll da meine Herrin die zu Lichtmesse fällige Rente bekommen, die in den besten Zeiten ohnehin nur mit genauer Not einzukriegen ist?«

So bewaffnete er denn den Hühnerjäger und Falkonier, den Bedienten und den Ackervogt, und einen alten durstigen und trinklustigen Kellermeister, der mit dem verstorbenen Richard unter Montrose gedient hatte, allabendlich die Hausdienerschaft mit der Erzählung seiner Taten, die er bei Kilsythe und Tippermoor verübt haben wollte, in Erstaunen und Verwunderung setzte und von allen der einzige war, dem die Sache sehr wenig am Herzen lag. Indem Harrison noch einige Wilddiebe und andere Gesellen ähnlichen Gelichters, denen man ein allzu enges Gewissen nicht zum Vorwurf machen konnte, anwarb, brachte er wirklich ein Contingent auf die Beine, wie es Lady Margaretha Bellenden, als lebenslängliche Nutznießerin der Baronie Tillietudlem und anderer Besitzungen, zu stellen hatte. Als aber am Morgen des verhängnisvollen Tages der Haushofmeister eben seine troupe dorée vor dem eisernen Tore des Schlosses musterte, erschien die Mutter des Ackervogts Cuddie Headrigg mit den Reiterstiefeln, dem ledernen Koller und anderem Zeug, das für den Gebrauch an diesem Tage verabfolgt worden war, und legte alles vor den Haushofmeister nieder, wobei sie ihm ganz ernsthaft versicherte, daß – ob es nun eine Kolik oder eine Bedrängnis des Gewissens gewesen, was sie nicht entscheiden wolle – so viel gewiß wäre, ihrem Cuddie sei es in der Nacht sehr schlecht gegangen, und sie wisse nicht, ob es heute früh besser mit ihm stehe. Man sehe daraus des Himmels Finger, setzte sie hinzu, und ihr Kind solle sich zu dergleichen Aufträgen nicht hergeben. Androhungen von Züchtigung, Strafe und Fortjagen aus dem Dienste, alles war vergebens, die Mutter blieb hartnäckig, und Cuddie, über dessen körperliches Befinden man ins Klare kommen wollte und den man deshalb in seiner Behausung heimsuchte und besichtigte, konnte oder wollte mir mit tiefem Stöhnen antworten. Die alte Mause, früher Dienerin in der Familie, war eine Art Favoritin der Lady Margarethe und nahm sich folglich auch etwas heraus. Die Lady selbst war schon seit einer Weile fort und man konnte daher an ihre Würde nicht appellieren. In dieser Bedrängnis nun gab dem alten Kellermeister sein guter Geist ein Auskunftsmittel ein.

»Er habe unter Montrose manchen braven Gesellen wacker fechten sehen, der noch viel kleiner als Goose Gibbie gewesen sei. Weshalb er denn den Goose Gibbie nicht nähme?«

Dieser Goose Gibbie war ein verbutteter, halb blödsinniger Junge, und eine Art von Gehilfe der alten Gänsehirtin, – denn in einer schottischen Familie jener Tage herrschte eine wundersame Teilung der Arbeit. Dieser Knirps nun wurde wirklich vom Stoppelfelde abgerufen, in aller Eile in den ledernen Koller gesteckt, man gürtete ihm das Schwert eines erwachsenen Mannes um, oder band ihn vielmehr daran, steckte seine kleinen Beine in die Reitstiefeln und stülpte auf seinen Kopf eine Stahlhaube von solchem Umfange, als wäre es darauf abgesehen gewesen, ihn zu ersticken. So angetan wurde er seinem dringenden Bitten gemäß auf das zahmste und sanfteste Pferd gehoben, und da der alte Kellermeister Gudyill ihm hilfreich zur Seite war, so bestand er auch die Musterung leidlich. Ohnehin prüfte der Landrichter die Mannen einer so wohlgesinnten Dame, wie Lady Margarethe Bellenden, nicht allzu genau.

Diese Umstände waren schuld, daß das Geleit der Lady an jenem verhängnisvollen Tage nur aus zwei Lakaien bestand, ein Gefolge, dessen sie sich bei jeder andern Gelegenheit geschämt haben würde. Aber für die Sache des Königtums war sie immer zu den größten persönlichen Opfern bereit. Sie hatte in den Bürgerkriegen jener unglücklichen Zeit ihren Gemahl und zwei hoffnungsvolle Söhne verloren; sie war aber auch dafür belohnt worden, denn es hatte Karl der Zweite, als er durch das westliche Schottland zog, um Cromwell bei Worcester eine Schlacht zu liefern, im Schlosse Tillietudlem gefrühstückt. Dieser Vorfall bildete von Anfang an einen wichtigen Zeitpunkt im Leben der Lady Margarethe, die später selten oder nie auswärts an einem Frühmahle teilnahm, ohne umständlich zu erzählen, was sich alles beim Besuche des Königs begeben; namentlich unterließ sie nie zu erwähnen, daß Seine Majestät ihr zum Gruße beide Wangen geküßt habe. Dabei vergaß sie aber oft zu erwähnen, daß der König dieselbe Gunstbezeigung zwei hübschen drallen Dienstmädchen, welche hinter ihr standen und für jenen Tag zu Kammerfrauen erhoben worden waren, gleichfalls hatte angedeihen lassen. Diese Beweise königlicher Gunst waren entscheidend, und wenn Lady Margarethe nicht bereits durch das Bewußtsein ihrer hohen Geburt, durch Erziehung und Haß gegen die andere Partei, von der sie so viel Unglück und Ungemach erduldet hatte, eine standhafte königlich Gesinnte gewesen wäre, so würde doch schon der Umstand, daß sie der Majestät ein Frühstück gegeben, und dafür den Abschiedsgruß des Königs empfangen hatte, Ehre genug für sie gewesen sein, um sie für immer ausschließlich an die Geschicke der Stuarts zu knüpfen.

Jetzt nun triumphierten die Stuarts, allem Anscheine nach, aber Lady Margarethe war auch in den schlimmsten Tagen deren standhafte und treue Anhängerin gewesen, und war immer bereit, dieselbe Härte des Schicksals noch einmal zu ertragen, wenn die Schale je wieder zu ihrem Nachteile sich senken sollte. Gegenwärtig freute sie sich in vollem Maße an der kriegerischen Entfaltung der Streitmacht, welche zur Unterstützung der Krone bereit stand, und dämpfte, so viel sie im Stande war, den Verdruß, den der schmähliche Abfall ihrer eigenen Hintersassen ihr verursachte. Zwischen der Lady und den Repräsentanten einiger alten loyalen Familien, die sich auf dem Plane eingefunden hatten, und die ihr große Ehrerbietung zollten, wurden viele Höflichkeiten gewechselt; und während der Dauer der Musterung ritt kein junger Mann von Rang an ihnen vorüber, ohne sich höher im Sattel aufzurichten und sein Pferd steigen zu lassen, um seine eigene Reitergewandtheit und die vollkommene Abrichtung seines Rosses in den Augen des Fräuleins Editha Bellenden im vorteilhaftesten Lichte zu zeigen. Allein die jungen, durch vornehme Abkunft und unbezweifelte Loyalität ausgezeichneten Cavaliere erregten Edithas Aufmerksamkeit nicht mehr, als die Gesetze der Höflichkeit unumgänglich erforderten, und sie lieh den Complimenten, die ihr in nicht spärlichem Maße gesagt wurden, ein sehr gleichgültiges Ohr, obschon sie Romanen Calprenedes und der Scudery entlehnt waren, jenen Spiegeln, vor welchen die Jugend damaliger Zeit sich so gern schmückte. Jedoch das Schicksal fügte es, daß Fräulein Bellenden sich diesen Gleichmut nicht bis zum Schlusse des Tages bewahren sollte.

Kapitel II

 

In Qualen ringen Reiter jetzt und Pferde, Mit den Gewaffen stürzt der Mann zur Erde.

Freuden der Hoffnung.

 

erücksichtigt man die Ungewandtheit bei Männern und Rossen, so war die Waffenübung erträglich genug ausgefallen, und nun wurde durch lautes Rufen kund und zu wissen getan, daß die Preisbewerber bereit ständen, das Schießen nach dem schon erwähnten Papagei zu beginnen. Der Mast oder vielmehr die lange Stange, durch welche ein Querholz lief, an dem das Ziel sich befand, wurde unter lautem Jubelgeschrei der Versammelten aufgerichtet, und selbst die, welche den Übungen der Feudalmiliz mit boshaftem und spöttischem Lächeln zugeschaut hatten, weil sie der königlichen Sache, der sie sich zum Schein zugetan zeigen mußten, abgeneigt waren, selbst diese konnten nicht umhin, an dem jetzt beginnenden Wettstreit einen sehr bedeutenden Anteil zu nehmen. Haufenweis drängten sie sich nach dem Schießstande, kritisierten alle der Reihe nach auftretenden Bewerber, die nach dem Ziele schossen, und für ihre Gewandtheit oder Ungeschicklichkeit Gelächter oder Beifall der Zuschauer einernteten. Als aber ein schlankgewachsener, zwar einfach aber nicht ohne Anspruch auf Eleganz und Vornehmheit gekleideter Jüngling mit seinem Feuerrohr in der Hand herantrat, dessen dunkelgrüner über die Schulter zurückgeschlagener Mantel, gesticktes Wamms und mit Federn gezierte Mütze auf einen Mann von höherem Stande deuteten, erhob sich ein von Teilnahme zeugendes Gemurmel unter den Zuschauern; doch war schwer zu erkennen, ob es zu Gunsten des jungen Abenteurers geschah.

»Ei, ei! muß man eines solchen Vaters Sohn bei dergleichen Narreteidingen sehen!« riefen die ältern und strengern Puritaner, deren Neugier ihre Bigotterie insoweit zurückgedrängt hatte, daß sie auf den Schießplatz gegangen waren. Die Mehrzahl jedoch betrachtete den Wettstreit nicht so mürrisch und begnügte sich damit, dem Sohne eines verstorbenen presbyterianischen Führers den besten Erfolg zu wünschen, ohne gerade ängstlich zu prüfen, ob es auch wohl seinerseits schicklich sei, sich mit um den Preis zu bewerben.

Ihre Wünsche wurden erfüllt. Beim ersten Schusse aus seinem Feuerrohre traf der grüne Abenteurer den Papagei. Es war dieses an jenem Tage der erste Schuß, welcher wirklich traf; mehrere andere Kugeln waren übrigens nahe am Ziel vorbeigeflogen. Ein lauter Beifallruf erhob sich. Doch war der Erfolg noch nicht entscheidend, weil jeder folgende Schütz ebenso gut treffen konnte, und alle die, welchen es wirklich gelang, zuletzt unter einander um den Preis streiten mußten, bis die Überlegenheit des einen über alle durchaus ausgemacht war. Unter den Folgenden waren aber nur noch zwei so glücklich, den Papagei zu treffen. Der erste war ein junger Mann niederen Standes, von markigem Körperbau; er hielt sein Gesicht in einen grauen Mantel gehüllt; der andere ein stattlicher junger Cavalier, ausgezeichnet durch seine hübsche Gestalt, und sorgfältig für diesen Tag geputzt. Seit der Musterung war er immer in der Nähe der Lady Margarethe und Miß Bellenden geblieben, hatte sie aber mit einer gewissen gleichgültigen Kälte verlassen, nachdem Lady Margarethe die Frage aufgeworfen, ob denn kein junger Mann von Familie und loyalen Grundsätzen da sei, welcher den zwei Burschen, deren Kugeln getroffen hatten, den Preis streitig machen wolle? In einer halben Minute sprang der junge Lord Evandale vom Pferde, ließ sich von einem Diener ein Gewehr geben, und traf, wie schon gesagt, das Ziel. Diese Erneuerung des Wettstreites zwischen den drei Bewerbern erregte große Teilnahme. Der Staatswagen des Herzogs wurde mit einiger Mühe und Schwierigkeit in Bewegung gesetzt und rückte dem Schauplatze der Handlung etwas näher; auch die Reiter, sowohl männliche als weibliche, lenkten ihre Rosse eben dahin, und alle waren auf den Ausgang in hohem Grade gespannt.

Es war Brauch, daß beim zweiten Kampfe die Preisbewerber darum loosten, wer den ersten Schuß haben solle. Er fiel dem jungen Plebejer zu, welcher, als er Posto faßte und anschlug, den Mantel etwas von seinem Gesichte zurückwarf und zu dem zierlich in grün Gekleideten sagte: »Sehn Sie, Herr Heinrich, wenn es an einem andern Tag wäre, so würde ich Ihnen zu Liebe wohl einmal fehlschießen; aber Jenny Dennison schaut auf uns, und da muß ich schon mein Bestes tun.«

Er nahm das Ziel aufs Korn, und seine Kugel pfiff so nahe vorbei, daß man das schwebende Ziel zittern sah. Er hatte es indessen doch nicht getroffen, zog sich daher mit niedergeschlagenem Blicke von der weiteren Bewerbung zurück, beeilte sich, aus der Versammlung wegzukommen, besorgt, wie es schien, daß ihn jemand erkennen möchte. Darauf trat der grüne Jäger vor, und seine Kugel traf zum zweiten Male den Papagei. Alles jauchzte auf, und ganz hinterher erscholl aus der Menge der Ruf einer Stimme: »Die alte gute Sache für immer!«

Während die Beamten über diesen Freudenruf der Mißvergnügten die Stirne runzelten, trat der junge Lord Evandale noch einmal hervor, um sein Glück zu versuchen, und es gelang ihm wiederholt. Nun brach der wohlgesinnte aristokratische Teil der Anwesenden seinerseits in beglückwünschenden Jubel aus, doch war immer noch eine weitere Probe der Geschicklichkeit abzulegen.

Jetzt nahm der grüne Schütze, um die Sache zu einer Entscheidung zu bringen, sein Roß dem Manne ab, welcher dasselbe bisher gehalten hatte, sah sorgfältig nach, ob Gurt und Sattel auch in gehörigem Stande wären, schwang sich dann hinauf, winkte den Umstehenden Platz zu machen, setzte die Sporen ein, sprengte an der Stelle, von welcher abgeschossen wurde, im Galopp vorüber, hielt im Vorbeireiten die Zügel an, wandte sich im Sattel zur Seite, feuerte den Karabiner ab und brachte den Papagei herunter. Lord Evandale folgte diesem Beispiele, obwohl viele Umstehende bemerkten, es sei eine Neuerung, welche gegen den herkömmlichen Brauch verstoße, weshalb auch niemand dazu verpflichtet sei. Aber der Lord war entweder kein so gewandter Schütze, oder sein Pferd nicht so gut abgerichtet, denn gerade als sein Reiter abfeuerte, scheute und bäumte es sich, so daß die Kugel den Vogel nicht traf. Diejenigen, welche vorher von der Geschicklichkeit des grünen Schützen überrascht waren, freuten sich jetzt in gleichem Maße über dessen Höflichkeit; denn er lehnte alles Verdienst bei dem letzten Schusse ab und schlug seinem Gegner vor, denselben nicht als Treffer gelten zu lassen und den Kampf um den Preis zu Fuß zu erneuern.

»Ich würde lieber vom Pferde schießen, wenn ich ein eben so gut abgerichtetes und wahrscheinlich für einen solchen Fall eingeübtes hätte wie Sie,« entgegnete der junge Lord.

»Wollen Sie mir die Ehre erweisen und beim nächsten Schusse sich meines Pferdes bedienen, dagegen aber erlauben, daß ich das Ihrige reite?« fragte der andere.

Lord Evandale schämte sich, in diesen höflich gemachten Vorschlag einzugehen, weil er wohl wußte, daß dadurch der Wert des Sieges sehr vermindert werden mußte; aber es lag ihm doch viel daran, seinen guten Ruf als Schütze wiederherzustellen, und so fügte er denn hinzu: Obgleich er allem Anspruche auf die Ehre des Tages entsage (er legte in diese Worte einen Ton von spöttischer Geringschätzung), so wolle er doch, wenn der Sieger nicht ausdrücklich etwas dagegen einzuwenden habe, dessen verbindlichen Antrag annehmen und das Pferd mit ihm wechseln, um einen Schuß ohne Preis zu versuchen.

Bei diesen Worten warf er einen kühnen Blick auf Fräulein Bellenden, und die Sage will wissen, daß auch die Augen des jungen Scharfschützen, wenn auch mehr verstohlen, sich nach derselben Richtung gewandt hätten. Der letzte Versuch des jungen Lords mißlang indessen ebensowohl wie der frühere, und nur mit Mühe behauptete er jetzt die geringschätzige Gleichgültigkeit im Ton, welche er bisher gezeigt hatte. Da er aber recht gut wußte, daß der verlierende Teil sich lächerlich macht, wenn er seinen Verdruß offenkundig werden läßt, so gab er seinem Gegner das Roß, auf welchem er den letzten mißlungenen Versuch gemacht hatte, zurück, und erhielt das seinige wieder; zugleich dankte er seinem Mitbewerber, der, wie er sich ausdrückte, sein Lieblingsroß in seiner guten Meinung wiederhergestellt habe, denn beinahe sei er in die Versuchung geraten, den Schimpf, besiegt worden zu sein, dem armen Tiere aufzubürden, während doch jetzt jeder, so gut wie er selbst, begreife, daß die Schuld lediglich am Reiter liege. Dieses sprach er in einem Tone, bei welchem er den Ärger unter der Gleichgültigkeit zu verdecken suchte, bestieg dann sein Pferd und ritt fort.

Dem Gange menschlicher Dinge gemäß wurde nun selbst von seiten derer, welche bisher dem Lord Evandale das Beste gewünscht hatten, Beifall und Aufmerksamkeit auf dessen triumphierenden Nebenbuhler übertragen.

»Wer ist er denn? wie mag er wohl heißen?« lief es von Mund zu Mund unter dem anwesenden Adel, unter dem er wenigen bekannt war. Bald war jedoch sein Rang und Stand kundig geworden, und da er zu jener Klasse gehörte, mit der sich ein vornehmer Mann, ohne sich etwas zu vergeben, einlassen kann, so führten vier von des Herzogs dienstbeflissenen Freunden den Sieger vor den Lord-Statthalter. Als sie ihn im Triumphe durch die Menge geleiteten und zugleich mit Lobeserhebungen über das errungene Glück überschütteten, kam er dicht vor Lady Margarethe und ihrer Enkelin vorüber. Des Papageienhauptmanns wie des Fräuleins Bellenden Antlitz überzog eine Karminröte, als die letztere mit verlegener Höflichkeit die tiefe Verbeugung erwiderte, bei der das Haupt des Siegers beinahe den Sattelbogen berührte.

»Ist der junge Mann Dir bekannt?« fragte Lady Margarethe.

»Ich – ich habe ihn – Großmama, gelegentlich bei meinem Oheim und – anderswo gesehen,« stammelte Fräulein Editha Bellenden.

»Ich höre hier,« entgegnete Lady Margarethe, »die Leute sagen, der junge Stutzer sei der Neffe des alten Milnwood.«

»Der Sohn des verstorbenen Obersten Morton von Milnwood, der mit großem Mute bei Dunbar und Inverkeithing ein Reiterregiment führte,« sprach ein Herr, der neben Lady Margarethe zu Pferde hielt.

»Ja, und der schon vor jener Zeit auch bei Marston Moor und Philiphaugh für die Covenanter focht,« setzte Lady Margarethe hinzu, und seufzte bei den letzten Worten tief auf, weil sie dabei an den Tod ihres Gemahls dachte.

»Ew. Herrlichkeit Gedächtnis ist sehr treu,« bemerkte der Edelmann lächelnd; »aber es wäre wohlgetan, jetzt an alles dieses nicht zu denken.«

»Er aber sollte doch daran denken, Gilbertscleugh,« erwiderte Lady Margarethe, »und sich nicht in die Gesellschaft derer eindrängen, bei welchen sein Name nur unangenehme Erinnerungen hervorrufen muß.«

»Sie vergessen, gnädige Frau,« sprach Gilbertscleugh, »daß der junge Mann hierher kommt, um in seines Oheims Namen Gefolgschaft und Dienst zu leisten. Ich wollte, jeder Lehnsitz im Lande schickte so wackere Bursche.«

»Sein Oheim ist wahrscheinlich auch ein Rundkopf, wie sein verstorbener Vater einer war,« sprach Lady Margarethe.

»Er ist ein alter Geizhals,« entgegnete Gilbertscleugh, »bei dem ein gut Stück Geld jederzeit schwerer in die Wagschale fällt als politische Meinungen; und darum sendet er, vermutlich ziemlich ungern, den jungen Mann zur Musterung, um nicht Geldbuße erlegen zu müssen. Im übrigen mag wohl der junge Bursche herzlich froh sein, daß er einmal für einen Tag der Langenweile des alten Hauses zu Milnwood entgeht, wo er niemand als seinen hypochondrischen Oheim und dessen bevorzugte Haushälterin zu Gesicht bekommt.«

»Wissen Sie nicht,« fuhr die alte Dame in ihrem Verhöre fort, »auf wie viele Männer und Pferde die Güter von Milnwood veranschlagt sind?«

»Auf zwei Reiter mit vollständiger Rüstung,« gab Gilbertscleugh zur Antwort.

»Unsere Güter,« sprach Lady Margarethe, sich mit Würde emporhebend, »haben zur Musterung immer acht Mann gestellt, Gilbertscleugh, und diese Zahl ist manchmal freiwillig verdreifacht worden. Ich erinnere mich, daß Seine geheiligte Majestät, König Karl, als er auf Tillietudlem ein Frühstück einnahm, sich ausdrücklich danach erkundigte –«

»Da setzt sich, wie ich sehe, des Herzogs Wagen in Bewegung,« sagte Gilbertscleugh, der in dem Augenblicke von der Unruhe heimgesucht wurde, deren sich alle Freunde der Lady Margarethe nicht erwehren konnten, sobald diese auf den Besuch des Königs zu sprechen kam, »ich sehe, daß des Herzogs Wagen sich in Bewegung setzt, und vermute, daß Ew. Herrlichkeit das Vorrecht geltend machen werde, zuerst den Platz zu verlassen. Darf ich Ew. Herrlichkeit und Miß Bellenden heimbegleiten? Ganze Haufen wilder Whigs schwärmen umher, die, wie es heißt, in geringer Anzahl beisammen reisende Gutgesinnte beleidigen und entwaffnen.«

»Wir danken, Vetter Gilbertscleugh,« sagte Lady Margarethe; »da meine eigenen Leute uns geleiten, so glaube ich, daß wir weniger als andere in dem Falle sind, unsern Freunden lästig fallen zu müssen. Wollen Sie aber wohl so gefällig sein, Harrison anzuweisen, daß er unsere Leute ein wenig schneller heranbringt; er reitet ja auf uns zu, als führe er einen Leichenzug.«

Gilbertscleugh tat dem getreuen Haushofmeister die Befehle seiner Herrin kund. Der ehrliche Harrison hatte seine besonderen Gründe, zu zweifeln, ob dieser Befehl auch der Klugheit angemessen sei; da derselbe aber einmal gegeben und empfangen war, so mußte ihm auch Folge geleistet werden. Also setzte er sich mit dem Kellermeister in kurzen Galopp, und zwar in einer so militärischen Haltung, wie sie einem Manne ziemte, der unter Montrose gedient hatte. Sein trotzig kecker Blick wurde finsterer und stolzer durch den anregenden Dunst eines Glases Branntwein, das er in einem dienstfreien Augenblicke auf des Königs Gesundheit und des Covenants Untergang geleert hatte. Unglücklicherweise vergaß er über dieser mächtigen Auffrischung seines Gedächtnisses der bedenklichen und bedrängten Lage seines Nachtrabes Goose Gibbie einige Aufmerksamkeit zu schenken. Kaum hatten die Pferde zum kurzen Galopp angesetzt, als Gibbies Reitstiefel, welche die Beine des armen Jungen nicht zu halten und zu regieren im Stande waren, einer um den andern an die Seiten des Pferdes zu schlagen begannen, und da lange Rädersporen an denselben befestigt waren, die Geduld des Tieres erschöpften. Es bockte und schlug aus, ohne daß des armen Gibbies Hilferufe den sorglosen Kellermeister erreichten, dessen Kopf ohnehin in der Stahlhaube steckte, und der das kriegerische Lied vom tapferen Graemes mit Anstrengung seiner Lunge herpfiff.

Das Ende vom Liede war, daß das Pferd schleunigst auf eigene Hand operierte; es sprang bald zur einen bald zur andern Seite und rannte dann, zur großen Belustigung aller Zuschauer, in wilder Hast nach der großen Familienkutsche, von der wir früher eine Beschreibung gegeben haben. Gibbies Lanze, die aus ihrer Schlinge gefallen war, glitt vor seine Hände, welche eine entehrende Rettung darin suchten, daß sie sich mit aller Kraft in der Mähne festklammerten. Seine Kopfbedeckung war ihm ganz ins Gesicht gerutscht, und er sah demnach vorne eben so wenig etwas als hinten. Und wenn er auch hätte sehen können, so würde es ihm doch nur wenig genützt haben, denn sein Pferd rannte, als hätte es im Bunde mit den Übelgesinnten gestanden, gerade auf die Staatscarosse des Herzogs zu, die in Gefahr schwebte, von der vorgestreckten Lanze von einer Seite bis zur andern, nebst denen die darin saßen, durchbohrt zu werden.

Als man die Gefahr merkte, die mit diesem unfreiwilligen Galopp verknüpft war, erhob sich ein gemischtes Geschrei von Schreck und Zorn im Innern der Kutsche wie außerhalb, aber glücklicherweise wurde auch das drohende Mißgeschick abgewandt. Das eigensinnige Roß Goose Gibbies scheute, als das Geschrei sich erhob, stolperte, als es kurz umwandte, bockte und schlug aus, als seine Scheu sich wieder verloren hatte. Die eigentliche Ursache des Mißgeschickes, die Steifstiefeln, bewahrten sich auch jetzt den guten Ruf, welchen sie erworben hatten, als sie noch von gewandteren Reitern getragen wurden; auf jeden Sprung des Pferdes folgte nämlich ein Stich der Sporen, denn die Stiefel blieben in Folge ihrer Schwere in den Steigbügeln. Ganz anders aber ging es dem Goose Gibbie, der zum unendlichen Ergötzen aller Zuschauer aus den weiten Beinbehältern herausgeschleudert wurde und über des Pferdes Kopf hinweg zu Boden fiel. Seine Lanze und Pickelhaube kamen ihm bei diesem Sturze abhanden, und um sein Mißgeschick voll zu machen, kam gerade Lady Margarethe Bellenden, die noch nicht wußte, daß einer ihrer Mannen den Stoff zu dieser allgemeinen Heiterkeit lieferte, um es noch mit anzusehen, daß ihr winziger Gewappneter auch seine Löwenhaut, nämlich den Koller verlor, in welchen man ihn gesteckt hatte.

Da sie von der ganzen Verwandlung nicht das Geringste wußte und die Veranlassung dazu auch nicht einmal ahnen konnte, so war ihre Überraschung groß und ihr Verdruß äußerst lebhaft, denn weder die Entschuldigung des Kellermeisters, noch die Erklärung des Haushofmeisters vermochten den letzteren zu besänftigen. Mit größter Hast eilte sie nach Hause, höchst unwillig über das Geschrei und Gelächter der Gesellschaft und sehr geneigt, ihr Mißvergnügen an dem widerspenstigen Ackersmanne auszulassen, dessen Stelle Goose Gibbie auf eine so unglückliche Weise vertreten hatte. Der größte Teil des Landadels zerstreute sich nun hierhin und dorthin, und der ergötzliche Unfall, der den Mannen von Tillietudlem begegnet war, lieferte auf dem Heimwege endlosen Stoff zur Unterhaltung. Auch die Reiter verließen, in kleine Abteilungen geschaart, den Sammelplatz, und nur diejenigen, welche nach dem Papagei geschossen hatten, blieben zurück, um dem alten Brauche gemäß vor ihrem Abzuge mit dem Hauptmanne noch einen Becher zu leeren.

Kapitel III

 

Auf Messen zeigt er gern sein Spiel, Dem Kriegsvolk, das ihm sehr gefiel, Mit Schwert und Helm und Lanzenstiel, Wie glänzt es fein! Wer ringt nun jetzt nach solchem Ziel? Ihn deckt ein Stein.

Elegie auf Habbie Simpson.

 

n der Spitze der Reiterschaar, die auf der Straße nach dem kleinen Marktflecken zog, trabte Niel Blane, der Stadtpfeifer, auf einem weißen Klepper, mit Dolch und Schwert bewaffnet, und von seinem Dudelsacke flatterten so viele Bänder herab, daß sich sechs ländliche Schönheiten, die zum Jahrmarkt oder zur Predigt gehen, damit hätten schmücken können. Niel war ein sauberer, derber, wohlgestalteter, schlanker Bursche, der sich das Stadtpfeiferamt und alle mit demselben verbundenen Emolumente durch sein Wohlverhalten erworben hatte. Diese bestanden in dem sogenannten Pfeifersfeld, einem Stück Land, das etwa einen Morgen hielt, und dazu in 5 Mark jährlich, sowie in einem neuen, die Stadtfarben tragenden Rocke. Ferner hatte er Aussichten, einen Taler zu verdienen, wenn Ämterwahl stattfand, vorausgesetzt, daß der Stadtrichter geneigt oder im Stande war, solch ein Geschenk zu spenden; auch genoß er das Vorrecht, in allen achtbaren Häusern der Umgegend alljährlich zur Frühlingszeit einen Besuch abzustatten, um die Herzen mit Musik zu erfreuen, und obendrein von jedem Saatkorn zu erbitten, sich selbst aber an Bier und Branntwein zu laben.

Neben diesen sehr wertvollen Einkünften und Vorteilen hatten die persönlichen und Geschäftstalente unseres Niel das Herz der schmucken Wittwe gewonnen, welche den ersten Gasthof im Ort besaß. Ihr früherer Ehemann war ein strenger Presbyterianer, der in seiner Secte nur unter dem Namen Gajus, der Schenkwirt, sehr bekannt war. Deshalb nahmen viele derselben ein Ärgernis an dem Gewerbe seines Nachfolgers, den seine Hinterlassene zum zweiten Gemahle erkoren hatte. Da aber dessenungeachtet das Gebräu seinen guten Namen behauptete, so ließen ihm auch die alten Kunden den Vorzug. Der Charakter des neuen Wirts war von jener schmiegsamen Art, die ihn befähigte, bei strenger Aufsicht über das Steuer sein kleines Schifflein durch die wilden Fluten des Parteizwistes zu lenken. Er war lustig, schlau, eigennützig, gleichgültig gegen alle Streitigkeiten über Kirche und Staat und nur darauf bedacht, sich den Zuspruch seiner Kunden zu sichern. Aber sein Charakter sowohl wie der Zustand seines Landes wird dem Leser begreiflicher durch die Anweisungen, die Niel seiner Tochter, einem Mädchen von ungefähr achtzehn Jahren gab, das er in die Geschäfte einweihte, die seine Gattin lange und treu besorgt, bis die brave Frau ungefähr sechs Monate vor dem Beginn unserer Geschichte auf den Kirchhof getragen wurde.

»Jenny,« sagte Niel Blane, als das Mädchen ihm den Dudelsack abnahm, »das ist der erste Tag, an welchem Du das Geschäft Deiner braven Mutter übernehmen und das Publikum bedienen sollst. Sie war ein sanftmütiges Weib und war artig gegen ihre Kunden und hatte einen guten Namen bei Whigs und Tories. Es wird Dir schwer fallen ihre Stelle auszufüllen, besonders an so volkreichen Tagen wie der heutige. Aber der Wille des Himmels muß geschehen. – Jenny, was Milnwood verlangt, das muß er haben; denn er ist der Papageienhauptmann, und alte Sitten muß man aufrecht erhalten. Kann er seine Zeche nicht selbst bezahlen, denn wie ich weiß hält ihn sein Oheim ziemlich kurz, so werde ich diesen Alten schon dahin bringen, daß er Schande halber blechen muß. Der Pfarrer spielt Würfel mit dem Cornet Graham, – sei aufmerksam und artig gegen beide; denn Geistliche und Soldaten können uns böse mitspielen in diesen Zeiten, wenn sie’s darauf absehen. Die Dragoner werden nach Bier schreien und sie wollens und sollens haben. Es sind ungeschlachte Gesellen, aber sie zahlen doch auf die eine oder die andere Weise. Ich kriegte die glattköpfige Kuh – sie ist die beste im Stalle – vom schwarzen Franz Inglis und dem Sergeanten Bothwell für zehn Pfund schottisch, und das haben sie in einem Niedersitzen verzecht.«

»Aber, Vater,« unterbrach ihn Jenny, »man sagt, die Spitzbuben hätten die Kuh der Pächterin von Bellsmoor weggetrieben, während sie am Sonntag Nachmittag zur Feldpredigt ging.«

»Still, einfältiges Ding,« sagte ihr Vater. »Was kümmerts uns, wie sie zu dem Vieh kommen, das sie verkaufen? Mögen sie das mit ihrem Gewissen abmachen. – – Nun, Jenny, merk auf jenen handfesten, finster blickenden Kerl, der dort am Fenster sitzt und den anderen den Rücken zukehrt. Er sieht aus wie einer von dem Gebirgsvolk, denn ich sah ihn, wie er ein wenig zusammenfuhr, als er einen der Rotröcke erblickte. Mich däucht, er wäre lieber vorbeigeritten, aber sein Pferd, es ist ein stattlicher Wallach, war zu abgetrieben, und so mußte er denn anhalten, gleichviel ob gern oder ungern. Bediene ihn freundlich, Jenny, ohne viel Geschwätz, und bring ihm nicht die Soldaten auf den Hals durch zu vieles Fragen. Aber gib ihm kein besonderes Zimmer, sonst heißts, wir wollten ihn verbergen. – Was Dich betrifft, Jenny, sei artig gegen alle Leute und kümmere Dich nicht um den Unsinn und das Gewäsche, das die jungen Burschen gegen Dich vorbringen. Gasthalter müssen sich eben vieles gefallen lassen. Deine Mutter, Gott hab sie selig, konnte sich so viel versagen, wie nur irgend ein Weib, aber – nur nicht die Nase in alles stecken. Wird einer ungezogen gegen Dich, so schreie nur. Paß auf, wenn das Bier ihnen in den Kopf steigt, so fangen sie an über Staats- und Kirchenregiment zu sprechen, und dann, Jenny, zanken sie gern – laß sie nur machen, Zorn ist eine durstige Leidenschaft, und je mehr sie disputieren, desto mehr Bier trinken sie. Du würdest klug tun, wenn Du ihnen dann Dünnbier vorsetztest; es wird sie weniger erhitzen und sie werden doch den Unterschied nicht merken.«

»Aber, Vater,« sprach Jenny, »wenn sie, wie neulich, sich durchprügeln, soll ich nicht nach Euch schreien?

»Keineswegs, Jenny. Der Ratgeber kriegt immer die derbste Tracht Prügel in solch einem Streite. Wenn die Soldaten ihre Säbel ziehen, rufe Du nur dem Korporal und der Wache. Wenn das Landvolk nach Zangen und Feuerhaken greift, rufe nach dem Ratsherrn und den Gerichtsdienern. Aber mich rufe um keinen Preis; denn ich bin müde vom Dudelsackblasen den ganzen Tag und ich will mein Mittagsbrod ruhig in der Küchenstube verzehren. – Und nun fällt mir was ein: der Laird von Lickitup (nämlich der, welcher einmal Laird war) luchst nach einem Glas Dünnbier und einem gesalzenen Häring; zupf ihn am Ärmel und raun ihm ins Ohr, es würde mich freuen, wenn er zu Mittag mein Gast wäre. Er war früher ein guter Kunde und es fehlt ihm nur an den Mitteln, um wieder ein guter Kunde zu sein; denn er trinkt jetzt noch eben so gern wie früher. – Und wenn Du einen armen Menschen aus unserer Verwandtschaft siehst, der verlegen ist um Geld und der noch weit heim hat, brauchst Du Dich nicht zu bedenken, gib ihm einen gehörigen Schluck und einen Haferkuchen; wir merkens ja nicht, und es bringt einem Hause wie dem unsrigen Ehre. Und nun geh und bediene die Leute, Kind; aber vor allem bring mein Essen, zwei Stüpchen Doppelbier und ein Pintenglas Schnaps.«

Nachdem er so auf Jennys als seines ersten Ministers Schultern seine Geschäftssorgen abgewälzt hatte, setzten sich Niel Blane und sein früherer Patron, der ehemalige Laird, welcher jetzt froh war, sein Tischgenoß zu sein, nieder, um fern vom Geräusch der Wirtsstube den übrigen Abend zu genießen. In Jennys Departement war alles in voller Tätigkeit. Die Ritter vom Vogelschießen nahmen dankbar die gastliche Bewirtung ihres Hauptmanns an und erwiderten sie; er selbst trank zwar wenig, aber er ließ es sich angelegen sein, daß der Becher mit gehöriger Schnelligkeit unter den Übrigen kreise, denn diese hätten sich sonst für schlecht bewirtet gehalten. Ihre Anzahl schmolz nach und nach bis auf vier oder fünf zusammen, und auch diese begannen schon von Aufbruch zu sprechen. Am andern Tische saßen in einiger Entfernung die zwei Dragoner, deren Niel Blane Erwähnung getan, ein Sergeant nämlich und ein Gemeiner von Claverhouses berühmten Leibgarderegiment. Sogar die Unteroffiziere und Gemeinen dieses Corps wurden nicht als gewöhnliche Söldner betrachtet, sondern hatten vielmehr den Rang französischer Musketiere, da man sie als Cadeten ansah, welche mit der Aussicht in Reih und Glied dienten, Offiziere zu werden, sobald sie sich auszeichneten.

In diesen Reihen fand man viele junge Leute von guter Familie, ein Umstand, der noch viel zum Stolz und Selbstbewußtsein dieser Truppe beitrug. Davon war der ebenerwähnte Unteroffizier ein auffallendes Beispiel. Sein eigentlicher Name war Franz Stuart, aber er war allgemein unter dem Namen Bothwell bekannt, da er in gerader Linie vom letzten Grafen dieses Namens abstammte, nicht etwa von jenem schmachvollen Geliebten der unglücklichen Königin Maria, sondern von Franz Stuart, Grafen von Bothwell, dessen unruhiger Geist durch öftere Verschwörungen die frühere Regierung Jacobs VI. erschütterte und der endlich ganz verarmt in der Verbannung starb. Der Sohn dieses Grafen hatte Karl I. um die Zurückgabe der eingezogenen Güter seines Vaters gebeten, aber die Edelleute, denen sie zugefallen waren, hielten sie viel zu fest, um sie sich wieder entreißen zu lassen. Der Ausbruch der Bürgerkriege richtete ihn ganz zu Grunde, da er ihm die kleine Pension abschnitt, die ihm Karl I. bewilligt, und so starb er in bitterster Armut. Nachdem sein Sohn teils in fremden, teils in brittischen Diensten vielfältige Schicksale erfahren, war er endlich froh, eine Unteroffiziersstelle in der Leibgarde zu erhalten, obgleich er in gerader Linie von der königlichen Familie abstammte, da der Vater des geächteten Grafen von Bothwell ein natürlicher Sohn Jakobs VI. war. Große Körperstärke und Geschicklichkeit im Gebrauch der Waffen hatten diesen Mann der Beachtung seiner Offiziere empfohlen. Allein er nahm auch in nicht geringem Grade Anteil an der Zügellosigkeit und der Unterdrückungslust, welche durch die Gewohnheit als Agenten der Regierung bei Geldstrafen, Erpressung freier Quartiere und anderen Belastungen der Presbyterianer zu handeln, nur zu allgemein unter diesen Soldaten wurden. Sie waren an dergleichen Aufträge so sehr gewöhnt, daß sie ungestraft jede Zügellosigkeit glaubten begehen zu können, als ob sie außer dem Befehle ihrer Offiziere weder Gesetz noch Obrigkeit zu achten verpflichtet wären. Bei solchen Gelegenheiten aber war Bothwell meistens voran.

Bothwell und seine Kameraden hätten sich wahrscheinlich nicht so ruhig verhalten, wäre nicht der Cornet gegenwärtig gewesen, der das kleine im Flecken liegende Häuflein befehligte und eben mit dem Pfarrer des Orts im Würfelspiel begriffen war. Plötzlich aber wurden beide von ihrer Unterhaltung abgerufen, um mit der ersten Magistratsperson wegen dringender Geschäfte zu sprechen und Bothwell säumte nun nicht, seine Verachtung gegen die übrige Gesellschaft blicken zu lassen.

»Ists nicht sonderbar, Halliday,« sagte er zu seinem Kameraden, »daß diese Kneipanten den ganzen Abend saufen, ohne des Königs Gesundheit getrunken zu haben?«

»Sie haben des Königs Gesundheit getrunken,« sagte Halliday; »ich habe gehört, wie die kleine grüne Kohlraupe dort Seine Majestät hat leben lassen.«

»Wirklich?« sagte Bothwell. »Nun, Tom, jetzt sollen sie auch die Gesundheit des Erzbischofs von St. Andrews trinken, und noch dazu auf ihren Knieen.«

»Ja, das sollen sie,« sagte Halliday, »und wer es nicht will, den führen wir auf die Hauptwache; dort lehren wir ihn auf einem Holzgaul reiten, mit einem Bündel Karabiner an jedem Fuß, daß er gerade bleibt.«

»Recht, Tom,« fuhr Bothwell fort, »und damit alles in gehöriger Ordnung geschieht, will ich mit jener sauertöpfischen Blaumütze im Kaminwinkel den Anfang machen.«

Er stand auf, und sein Schwert sammt der Scheide unter den Arm nehmend, um dem beabsichtigten Übermut Nachdruck zu geben, stellte er sich vor den Fremden, der von Niel Blane in seinen Ermahnungen an die Tochter als einer vom Gebirge, oder als ein widerspenstiger Presbyterianer bezeichnet worden war.

»Ich bin so frei, mein Lieber, Eure strenge Überzeugung zu ersuchen,« sprach der Reiter in einem Tone affektierter Feierlichkeit und indem er das Pathos des Landpredigers nachäffte, »daß Ihr Euch, mein Lieber, von Eurem Sitze erhebet und daß Ihr Eure Beine beuget, bis Eure Kniee den Boden berühren, mein Lieber; dann aber leert dieses Maß (so von den Weltkindern Stüpchen genannt wird) des herzstärkenden Wesens, so die Fleischlichen Schnaps nennen, auf die Gesundheit und Herrlichkeit Seiner Gnaden des Erzbischofs von St. Andrews, des würdigen Primas von ganz Schottland.«

Alle warteten nun auf die Antwort des Fremden. – Seine Gesichtszüge, die streng bis zur Wildheit waren, das etwas schielende Auge, das seinem Antlitz einen unheimlichen Ausdruck verlieh, sowie sein vierschrötiger, starker und muskulöser Körper kündigten einen Mann an, der weder einen rohen Spaß verstehen, noch sich Beleidigungen ungestraft gefallen lassen wollte.

»Und was folgt,« sprach er, »wenn ich nicht geneigt sein sollte, in Euer unhöfliches Begehren zu willigen?«

»Es folgt, mein Lieber,« sagte Bothwell in demselben spöttischen Tone, »daß ich Dich erstlich in Deinen Rüssel oder Deine Nase kneife. Zweitens will ich, mein Lieber, diese meine Faust Deinen verdrehten Sehwerkzeugen applizieren und schließlich, mein Lieber, will ich meine flache Klinge auf den Schultern des Widerspenstigen herumspazieren lassen.«

»Wenn Ihrs so meint,« sagte der Fremde, »dann gebt mir den Becher,« und indem er ihn in die Hand nahm, sagte er mit eigentümlichem Ausdruck in Ton und Geberden: »der Erzbischof von St. Andrews und die Stelle, die er jetzt so würdig behauptet; – möge jeder Prälat in Schottland bald das sein, was der hochwürdige Jakob Sharpe ist!«

»Er hat sich geduckt!« rief Halliday jauchzend.

»Aber nur geschraubt,« sagte Bothwell; »ich verstehe nicht, was der stutzöhrige Whig meint.«

»Beruhigt Euch, Ihr Herren,« sagte Morton, der ihres unverschämten Benehmens überdrüssig wurde. »Wir sind hier als gute Untertanen und bei einer lustigen Gelegenheit zusammengekommen, und haben darum wohl ein Recht, zu erwarten, daß wir nicht durch solche Streitigkeiten belästigt werden.«