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Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank wurden gegründet, um Ländern bei der Überwindung von Finanzkrisen zu helfen und ihnen zu einer erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung zu verhelfen. Ihre 75-jährige Erfolgsbilanz zeigt jedoch das Gegenteil: Die Kredite und Strukturanpassungspolitik haben die armen Länder in eine schwierige Lage gebracht. Die Schuldenfalle hat die Dritte Welt dazu gezwungen, sich auf die Produktion von Gütern für den Konsum im Westen zu konzentrieren, anstatt Souveränität und Industrie im eigenen Land zu fördern. Die"Entwicklung und Hilfe" des IWF und der Weltbank waren alles andere als das. In Wahrheit haben wir es mit einer Geschichte der neokolonialen Ausbeutung mit schockierenden Ergebnissen zu tun.
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Seitenzahl: 161
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Wie IWF und Weltbank Ausbeutung als Entwicklungshilfe verkaufen
Alex Gladstein
Wie IWF und Weltbank Ausbeutung als Entwicklungshilfe verkaufen
Für die Opfer der Entwicklungshilfe – sie bekommen vielleicht nie die Gerechtigkeit, die ihnen zusteht, aber möglicherweise wird ihnen ein Ausweg geboten.
Offizielle Übersetzung des englischen Originaltitels:
Hidden Repression: How the IMF and World Bank Sell Exploitation as Development von Alex Gladstein
Erstveröffentlichung durch: BTC Media, LLC, [email protected]
Copyright © 2024 Alex Gladstein & BTC Media, LLC. Alle Rechte vorbehalten.
Copyright © 2024 Aprycot Media (deutsche Ausgabe).
Alle Rechte vorbehalten. Diese Übersetzung wurde von Aprycot Media – Held & Tröndle GbR unter Lizenz von Alex Gladstein & BTC Media, LLC veröffentlicht.
Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen elektronischen oder mechanischen Mitteln, einschließlich Informationsspeicher- und Informationsabfragesystemen, ohne schriftliche Genehmigung des Autors/Herausgebers reproduziert werden, mit Ausnahme der Verwendung von kurzen Zitaten in einer Buchrezension. Haftungsbeschränkung/Ausschluss von Garantien: Obwohl Autor und Verlag bei der Erstellung dieses Buches alle Anstrengungen unternommen haben, geben sie keine Zusicherungen oder Gewährleistungen in Bezug auf die Richtigkeit oder Vollständigkeit des Inhalts dieses Buches und lehnen insbesondere alle stillschweigenden Gewährleistungen der Marktgängigkeit oder Eignung für einen bestimmten Zweck ab. Es kann keine Gewährleistung durch Handelsvertreter oder schriftliche Verkaufsunterlagen geschaffen oder erweitert werden. Weder der Verlag noch der Autor haften für entgangene Gewinne oder andere kommerzielle Schäden, einschließlich, aber nicht beschränkt auf besondere, zufällige, Folge- oder sonstige Schäden.
ISBN 978-3-949098-37-6 (Print)
ISBN 978-3-949098-44-4 (eBook)
Übersetzung: Sascha Fröhlich
Korrektorat/Lektorat: Tanja Giese, Thomas Geier
Projektierung: Sascha Fröhlich, Thomas Geier, @GhostofBitBoxer
Cover Design & Layout: Michi Nussbaumer
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck
Verlag: Aprycot Media, Rheinfelden
1. Auflage 2024
Aprycot Media – Der Bitcoin Verlag – www.aprycot.media
Twitter & Instagram: @aprycotmedia
① 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Vorwort
Anmerkung des Autors
I Die Garnelen-Felder
II Im Inneren der Weltbank und des IWF
III Strukturanpassung
IV Die Schuldenfalle
V Koloniale Ressourcenausbeutung in neuem Gewand
VI Tanz mit Diktatoren
VII Aufbau einer landwirtschaftlichen Abhängigkeit
VIII Du kannst Baumwolle nicht Essen
IX Das Entwicklungsprogramm
X Weisse Elefanten
XI Eine real gewordene Pandora: Die Ausbeutung von West-Papua
XII Der grösste Ponzi der Welt
XIII Tu, was ich sage, nicht was ich tue
XIV Grüner Kolonialismus
XV Der menschliche Tribut der Strukturanpassung
XVI Eine Billion Dollar: Die Bank und der Fonds in der Zeit nach Covid
XVII Von Arusha nach Accra
XVIII Ein Hoffnungsschimmer
Buchempfehlungen
Nachwort
Über den Autor
Quellenverzeichnis
Was wäre, wenn du zu den wenigen gehörst, die von einem Wirtschaftssystem profitieren, dem Milliarden Menschen zum Opfer gefallen sind?
Es ist verlockend, die Realität zu ignorieren oder sich einzureden, dass man sowieso nichts dagegen tun kann, anstatt sich mit einer unangenehmen Wahrheit zu befassen.
Was wäre, wenn du zu den Milliarden gehörst?
Die Seite, auf der wir uns in der Gleichung befinden, hat einen bedeutenden Einfluss auf unsere Entscheidungen und deren Ergebnisse. Insbesondere wenn es darum geht, von einem globalen Wirtschaftssystem, das auf Geldmanipulation beruht, zu einem System ohne diese Möglichkeit zu wechseln.
Die Volkswirtschaften können ihre Schulden nicht mehr bezahlen. Die globale Verschuldung steigt schnell an und bewegt sich auf die Marke von 400 Billionen US-Dollar zu. Dies ist besonders im Globalen Süden der Fall. Die nicht finanzierten Verbindlichkeiten werden davon abgezogen. Die Ausweitung der Schulden ist unser Lebensstil. Um diesen halten zu können, ist es notwendig, dass die Schulden immer weiter ausgeweitet werden. Das bestehende System würde zusammenbrechen, wenn die technologisch bedingten Produktivitätsgewinne in Form von niedrigeren Preisen an die Gesellschaft weitergegeben würden.
Warum? Sinkende Preise durch fortschreitende Technologie führen zu immer höheren Schulden, die nicht zurückgezahlt werden können. Dies würde zu einer deflationären Depression führen, da die Gläubiger davon betroffen wären. Wenn aber das gesamte globale Währungssystem auf gleichen Schulden aufgebaut ist, können die Verantwortlichen einen Systemkollaps nicht zulassen.
Die Wahrheit ist, dass unsere Welt von Heuchelei beherrscht wird. Durch Geldmanipulation ermöglichen wir den Transfer von Vermögen an Kreditgeber, die sonst scheitern würden. Die Kaufkraft unzähliger Menschen wird dadurch massiv geschwächt. Besorgniserregend ist, dass diejenigen, die von diesem unfairen Vermögenstransfer profitieren, Spitzenpositionen in den Bereichen Finanzen, Politik und Wirtschaft innehaben. Von dort aus beuten sie die Menschen in den Entwicklungsländern aus, während diese in einer endlosen Schleife des Elends gefangen sind. Menschen in finanzieller Not sind oft dazu geneigt, Kreditgeber als ihre Rettung zu betrachten. Dadurch erhöhen sie ihre Verschuldung, was zu einer noch größeren finanziellen Belastung und letztendlich Armut führen kann.
In einer produktiven Gesellschaft erscheint es oft einfacher, an die Notwendigkeit von Inflation (oder Geldmanipulation) zu glauben. Es ist herausfordernd, systemische Probleme im eigenen System zu erkennen. Diese Lüge ist so weit in der Gesellschaft verbreitet, dass wir sie glauben. Wir fragen nicht, wer bei diesem globalen Raub der Kaufkraft gewinnt und wer verliert. Das Ergebnis ist so surreal, dass Menschen nun dazu gezwungen sind, zu spekulieren, um den Wert ihres Geldes zu erhalten. Es ist kein Wunder, dass unsere Welt so aussieht, wie sie aussieht, wenn wir die Ursachen nicht verstehen.
Aber diese Lüge hat Folgen, die mit der Zeit immer schlimmer werden. Um die wachsenden Schulden zu verbergen, müssen die Geldmanipulation und die Inflationsrate steigen. Die Auswirkungen sind enorm, was dazu führt, dass zahlreiche Menschen ein geringeres Einkommen haben oder ihre Ersparnisse verlieren. Da Geld den Gesetzen übergeordnet ist, führt dies zu weniger individuellen Rechten und Freiheiten, während mächtige Institutionen vom Geld profitieren. Das beschleunigt den Verfall der Gesellschaft. Warum ist das so? Weil sich die Gesetze im Laufe der Zeit ändern. Reiche Menschen können durch Geld politische Entscheidungen beeinflussen, Gerichtsverfahren gewinnen und Gesetze mittels Revolutionen außer Kraft setzen. Letztlich wird dem systemischen Problem nur ein neues Gesicht gegeben.
Die Rechtsstaatlichkeit schützt die Bürger nicht vor der Manipulation durch Geld. Sie schützt diejenigen, die den Akteuren der Manipulation am nächsten stehen.
Dies ist das Resultat eines Systems, das vorgibt, ein freier Markt zu sein, aber letztendlich auf Diebstahl basiert. Das führt zum Aufstieg von Diktatoren und zur modernen Sklaverei für einen Großteil der Weltbevölkerung. Milliarden von Menschen sind direkt betroffen.
Die Situation, dass so viele in einem korrupten System mit wenigen guten Optionen gefangen sind, scheint hoffnungslos zu sein. Aber ein neues Geldsystem entsteht von außen, um einen Übergang zu ermöglichen.
Bitcoin ist ein erlaubnisfreies, dezentrales und sicheres Protokoll, das auf Regeln basiert, die die Möglichkeit der Geldmanipulation beseitigen. Es gibt eine ermutigende Nachricht: Zum jetzigen Zeitpunkt ist Bitcoin wahrscheinlich unaufhaltsam. Dieses Netzwerk basiert auf den Werten Wahrheit, Hoffnung und Freiheit, im Gegensatz zu Lügen, Diebstahl und Zwang. Es könnte das alte System ersetzen. Eine wortwörtliche Brücke, die zur anderen Seite führt. Die Gesellschaft wandelt sich von einer Welt mit begrenzten Ressourcen zu einer Welt des Überflusses. Aufgrund der starken Netzwerkeffekte profitiert das neue System enorm. Des Weiteren wird mit jedem neuen Nutzer des Systems mehr Wert für alle Beteiligten geschaffen.
Wenn du Alex’ brillante Abhandlung liest, wirst du die große Wirtschaftslüge verstehen: Die Mächtigen helfen den Schwachen. Anschließend musst du eine wichtige Wahl treffen.
Für welches System entscheidest du dich?
Denke daran, dass wir alle für die Welt verantwortlich sind, die wir sehen wollen.
Wähle weise.
Jeff Booth
Autor, Der Preis der Zukunft, und Komplementär,
Ego Death Capital
Das Schreiben dieses Buches war eine kräftezehrende Reise. Die Puppenspieler führte mich vom Schock über Unglauben und Scham hin zu Optimismus für eine bessere Zukunft.
Ich habe schon Kritik am IWF gehört, insbesondere an seiner Rolle im Globalen Süden. Ich habe auch gehört, dass viele über die Weltbank als eine notwendige, aber fehlerhafte Institution sprachen.
Ich war aber völlig unvorbereitet auf das, was ich zu Tage gefördert habe.
Es ist eine Sache, wenn globale Institutionen korrupt sind und versuchen, den Armen zu helfen, aber auf dem Weg dorthin scheitern. Eine ganz andere Sache ist es, wenn die Absicht dieser Institutionen darin besteht, von den Schwachen zu nehmen und den Starken zu geben.
Man hat uns die Lüge verkauft, dass die Entwicklung den armen Ländern helfen soll. In der Praxis war „Entwicklung“ in den letzten 50 Jahren neokolonial: die Plünderung von Ressourcen in Höhe von Billionen von US-Dollar aus dem Globalen Süden für den Globalen Norden. In den Entwicklungsländern werden niedrige Löhne gezahlt, um Inflation und Wirtschaftskrisen im Westen zu vermeiden.
Die schmerzhafte Wahrheit bleibt bestehen. Die US-Regierung erhöht die Zinsen schnell, um die Inflation zu bekämpfen. Viele Volkswirtschaften im Globalen Süden brechen dadurch zusammen. Aufgrund der Entscheidungen der Federal Reserve beginnt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Buches das westliche Finanzsystem zu zerfallen. Was die Medien vermeiden zu erwähnen, ist, dass diese Entscheidungen bereits die Finanzsysteme zerstört haben, auf die sich Hunderte von Millionen Menschen in Entwicklungsländern und Diktaturen verlassen.
Als jemand, der seine Karriere damit verbracht hat, für die klassischen westlichen Werte der Freiheit und der Menschenrechte zu kämpfen, hat mich dieses Buch zwei Dinge gelehrt. Erstens sind diese Werte wichtiger als je zuvor und für den künftigen Erfolg der Menschheit unerlässlich. Zweitens ist der Preis für die Sicherung dieser Freiheiten im Westen der Entzug dieser Freiheiten für Menschen in anderen Ländern.
Beim Schreiben dieses Buches habe ich mir eine unbequeme Frage gestellt: Beruht der demokratische Kapitalismus auf Ausbeutung? Wir haben nur eine Version der Geschichte, in der der Erfolg des Westens auf Kosten von anderen voranschreitet.
Es hat mich auch darüber nachdenken lassen, was die Ursache für diese Misere ist. Ich bin mittlerweile fest davon überzeugt, dass das Fiat-Währungssystem maßgeblich beteiligt ist. Das wird deutlich, wenn wir die Explosion der Schulden der Dritten Welt nach 1971 sehen.
Satoshi Nakamoto hat mit der Schaffung von Bitcoin viele Dinge in Bewegung gesetzt. Eines davon ist eine mögliche zukünftige Welt, in der keine Regierung die Leitwährung manipulieren kann. Keine Weltmacht kann einfach Geld drucken, um Diktatoren straffrei davonkommen zu lassen. Das wäre eine Verbesserung, auch für diejenigen unter uns, die von diesem System profitieren.
Meines Erachtens sind die wichtigsten Grundwerte der westlichen Zivilisation: Meinungsfreiheit, unabhängige Medien, Privatsphäre, Gewaltenteilung, Zivilgesellschaft, Privateigentum, offene Märkte und Herrschaft des Volkes. Das Problem besteht darin, dass wir diese Werte in unserem Land verraten haben, aber noch viel heftiger im Ausland. Dieser Verrat, unter dem unsere Opfer am meisten leiden müssen, korrumpiert, verwundet und beeinträchtigt uns auch zu Hause.
Ich hoffe, dass du mich auf meiner Reise begleiten kannst, während du dieses Buch liest. Lass uns gemeinsam mit Demut über die Geschichte nachdenken und versuchen, zu verstehen, warum manche Nationen erfolgreich waren, während andere leiden mussten. Ich hoffe, dass du dich mir und einer wachsenden weltweiten Bewegung von Millionen von Menschen anschließen kannst, um eine Welt aufzubauen, die auf Zusammenarbeit basiert und nicht auf Ausbeutung.
Alex Gladstein
März 2023
„Alles ist weg.“
- Kolyani Mondal
Vor zweiundfünfzig Jahren tötet der Zyklon Bhola schätzungsweise eine Million Menschen an der Küste Bangladeschs.1 Er ist der tödlichste tropische Zyklon, der jemals aufgezeichnet wurde.2 Die extremen Risiken von Stürmen waren den lokalen und internationalen Behörden bekannt. In den 1960er-Jahren wurden Deiche gebaut, um die Küste zu schützen und Landwirtschaftsflächen zu erweitern.3 Doch in den 1980er-Jahren, nach der Ermordung des Unabhängigkeitsführers Sheikh Mujibur Rahman, drängte das Ausland ein neues autokratisches Regime in Bangladesch zu einem Kurswechsel. Die Sicherheit der Menschenleben, besonders der Schutz vor Stürmen, wurde vernachlässigt, um den Export anzukurbeln und die Schulden zurückzuzahlen.
Anstatt die lokalen Mangrovenwälder zu stärken, die ein Drittel der Bevölkerung in Küstennähe auf natürliche Weise schützten,4 oder in den Anbau von Nahrungsmitteln zu investieren, um die schnell wachsende Nation zu ernähren, nahm die Regierung Kredite von der Weltbank5 und dem Internationalen Währungsfonds (IWF)6 auf, um die Garnelenzucht auszuweiten. Ein Netzwerk wohlhabender Eliten, das eng mit dem Regime verbunden war, lenkte den Prozess der Aquakultur, bei dem die Bauern zur Aufnahme von Krediten gedrängt wurden, um ihre Betriebe „zu verbessern“. Sie mussten Löcher in die Deiche bohren, die ihr Land vor dem Meer schützten, und ihre einst blühenden Felder mit Salzwasser überfluten.7 Anschließend holten sie in mühsamer Handarbeit junge Garnelen aus dem Meer, schleppten sie zurück in ihre stehenden Teiche und verkauften die ausgewachsenen Garnelen an die Garnelenbarone vor Ort.
Mit finanzieller Unterstützung der Weltbank und des IWF wurden unzählige Farmen sowie ihre umgebenden Feuchtgebiete und Mangrovenwälder zu Garnelenteichen, den sogenannten Ghers, umgestaltet.8 Die Region des Gangesdeltas ist ein unglaublich fruchtbarer Ort. Das Delta beherbergt auch die Sundarbans, den größten Mangrovenwald der Welt.9 Doch als Folge der kommerziellen Garnelenzucht, die zum wichtigsten Wirtschaftszweig der Region geworden ist, wurden 45 % der Mangroven abgeholzt. Das hat zur Folge, dass Millionen von Menschen den zehn Meter hohen Wellen ausgesetzt sind, die bei starken Zyklonen gegen die Küste schlagen können.10 Ackerland und das Leben in den Flüssen wurden durch den übermäßigen Salzgehalt, der aus dem Meer eindringt, langsam zerstört. Ganze Wälder sind verschwunden,11 da die Garnelenzucht einen Großteil der Vegetation in dem Gebiet vernichtet hat und „dieses einst fruchtbare Land in eine Wasserwüste verwandelt“.12
Eine Farm in der Provinz Khulna in Bangladesch, die geflutet wurde, um Garnelenfelder anzulegen.
Quelle: Al Helal/REACH
Die Garnelenbarone13 jedoch haben ein Vermögen gemacht und Garnelen (bekannt als „weißes Gold“) sind zum zweitgrößten Exportgut des Landes geworden.14 Im Jahr 2014 arbeiteten mehr als 1,2 Millionen Bangladescher in der Garnelenindustrie, von der indirekt 4,8 Millionen Menschen abhängig sind, etwa die Hälfte der armen Küstenbewohner.15 Die Garnelensammler, die den härtesten Job haben, machen 50 % der Arbeitskräfte aus, erhalten jedoch nur 6 % des Gewinns.16 30 % dieser Arbeitskräfte sind Mädchen und Jungen, die für weniger als 1 US-Dollar pro Tag bis zu neun Stunden am Tag im Salzwasser arbeiten, wofür viele von ihnen die Schule abbrechen und Analphabeten bleiben. Es fanden Proteste gegen die Ausweitung der Garnelenzucht statt, welche jedoch gewaltsam niedergeschlagen wurden. Bei einem der bekanntesten Fälle wurde ein Protestmarsch von Garnelenbaronen und ihren Schlägern mit Sprengstoff angegriffen. Eine Frau namens Kuranamoyee Sardar wurde durch die Explosion enthauptet.17
Ein Forschungsbericht aus dem Jahr 2007 untersuchte 102 Garnelenfarmen in Bangladesch und fand heraus, dass bei Produktionskosten von 1.084 US-Dollar pro Hektar das Nettoeinkommen bei 689 US-Dollar lag.18 Die exportorientierten Gewinne des Landes gingen auf Kosten der Garnelenarbeiter, denen die Löhne gekürzt wurden und deren Lebensraum zerstört wurde.
In einem Bericht der Environmental Justice Foundation sagte eine Küstenlandwirtin namens Kolyani Mondal, dass sie „früher Reis anbaute, sowie Vieh und Geflügel hielt“. Nachdem ihr aber die Garnelenzucht aufgezwungen wurde, „erkrankten ihre Rinder und Ziegen an einer Durchfallerkrankung und starben zusammen mit ihren Hühnern und Enten“.19
Jetzt sind ihre Felder mit Salzwasser überflutet. Was übrig bleibt, ist kaum noch produktiv. Vor Jahren konnte ihre Familie noch „18–19 mon Reis pro Hektar“ ernten, jetzt ist es nur noch einer. Sie erinnert sich an den Beginn der Garnelenzucht in ihrem Gebiet, in den 1980er-Jahren, als den Dorfbewohnern ein höheres Einkommen sowie viele Nahrungsmittel und Feldfrüchte versprochen wurden. Jetzt ist „alles weg“. Die Garnelenzüchter, die ihr Land nutzen, versprachen ihr, 140 US-Dollar pro Jahr zu zahlen. Sie sagt, das Beste, was sie bekommt, sind „gelegentliche Raten von 8 US-Dollar hier oder da“. „Früher“, sagt sie, „hat die Familie das meiste, was sie brauchte, von ihrem Land bekommen. Jetzt gibt es keine Alternativen mehr, außer auf den Markt zu gehen, um Lebensmittel zu kaufen.“
In Bangladesch ließen Milliarden US-Dollar an „Strukturanpassungs“-Darlehen der Weltbank und des IWF die nationalen Garnelengewinne von 2,9 Millionen US-Dollar im Jahr 1973 auf 90 Millionen US-Dollar im Jahr 1986 und 590 Millionen US-Dollar im Jahr 2012 ansteigen.20 Die „Strukturanpassungs“-Darlehen sind benannt nach der Art und Weise, wie sie die kreditnehmenden Länder zwingen, ihre Wirtschaft so zu verändern, dass Exporte auf Kosten des Konsums begünstigt werden. Wie bei den meisten Entwicklungsländern wurden die Einnahmen dazu verwendet, Auslandsschulden zu bedienen, militärische Anlagen auszubauen und die Taschen der Regierungsbeamten zu füllen. Die Garnelensklaven sind dabei verarmt: Sie sind weniger frei, abhängiger und weniger in der Lage, sich selbst zu ernähren, als zuvor. Zu allem Überfluss zeigen Studien, dass „Dörfer, die durch Mangrovenwälder vor der Sturmflut geschützt sind, deutlich weniger Todesfälle zu beklagen haben“ als Dörfer, in denen der Schutz entfernt oder beschädigt wurde.21
Auf öffentlichen Druck hin bewilligte die Weltbank Bangladesch 2013 ein Darlehen in Höhe von 400 Millionen US-Dollar, um die ökologischen Schäden zu beheben.22 Mit anderen Worten: Die Weltbank erhält eine Gebühr in Form von Zinsen für den Versuch, das Problem zu beheben, das sie überhaupt erst geschaffen hat. In der Zwischenzeit hat die Weltbank Ländern von Ecuador23 über Marokko24 bis Indien25 Milliarden geliehen, um die traditionelle Landwirtschaft durch Garnelenproduktion zu ersetzen.
Die Weltbank behauptet, Bangladesch sei „eine bemerkenswerte Geschichte der Armutsbekämpfung und Entwicklung“.26 Auf dem Papier wird der Sieg verkündet. Denn Länder wie Bangladesch neigen dazu, im Laufe der Zeit ein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, da ihre Exporte steigen, um ihre Importe zu decken. Doch die Exporteinnahmen fließen hauptsächlich an die herrschende Elite und die internationalen Gläubiger. Nach zehn Strukturanpassungen27 ist der Schuldenberg Bangladeschs exponentiell gewachsen – von 145 Millionen US-Dollar im Jahr 197228 auf ein Allzeithoch von 95,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022.29 Das Land sieht sich mit einer weiteren Zahlungsbilanzkrise konfrontiert und stimmte im November 2022 der Aufnahme des elften Kredits des IWF zu. Diesmal ein Rettungspaket in Höhe von 4,5 Milliarden US-Dollar, das im Gegenzug für weitere Anpassungen gewährt wird.30 Die Weltbank und der IWF geben vor, armen Ländern helfen zu wollen. Das eindeutige Ergebnis nach mehr als fünfzig Jahren dieser Politik ist jedoch, dass Nationen wie Bangladesch abhängiger und verschuldeter sind als je zuvor.
In den 1990er-Jahren, im Zuge der Schuldenkrise der Dritten Welt, wurde die Weltbank und der IWF von der Weltöffentlichkeit verstärkt unter die Lupe genommen: kritische Studien, Straßenproteste und eine weit verbreitete, parteiübergreifende Überzeugung (sogar in den Hallen des US-Kongresses), dass diese Institutionen verschwenderisch bis zerstörerisch sind.31 Doch diese Einstellung und dieser Fokus sind weitgehend verblasst. Heute gelingt es der Weltbank und dem IWF, in der Presse nicht aufzufallen. Wenn sie doch zur Sprache kommen, werden sie als zunehmend irrelevant abgeschrieben, als problematisch, aber notwendig akzeptiert oder sogar als hilfreich begrüßt.
In Wirklichkeit haben diese Organisationen Millionen von Menschen verarmt und gefährdet, Diktatoren und Kleptokraten bereichert. Des Weiteren werden Menschenrechte beiseitegeschoben, um einen milliardenschweren Strom von Nahrungsmitteln, natürlichen Ressourcen und billigen Arbeitskräften aus armen Ländern in reiche Länder zu schaffen. Ihr Verhalten in Ländern wie Bangladesch ist kein Fehler und keine Ausnahme. Ausbeutung als „Entwicklung“ zu verkaufen, ist ihre Art, Geschäfte zu machen.
„Lasst uns daran erinnern, dass der Hauptzweck der Hilfe nicht darin besteht, anderen Nationen zu helfen, sondern uns selbst.“
- Richard Nixon
Der IWF ist der internationale Kreditgeber der letzten Instanz. Die Weltbank ist die größte Entwicklungsbank der Welt.32 Ihre Arbeit erfolgt im Auftrag ihrer Hauptgläubiger, die in der Vergangenheit die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Deutschland und Japan waren.33
Die Büros des IWF und der Weltbank in Washington, D. C.
Quelle: World Bank
Die Schwesterorganisationen mit Hauptsitz in Washington, D. C. wurden 1944 auf der Bretton-Woods-Konferenz in New Hampshire als zwei Säulen der neuen, von den USA geführten Weltwährungsordnung gegründet. Traditionell wird die Weltbank von einem Amerikaner und der IWF von einem Europäer geleitet.34
