Die Quest (Der dunkle Paladin Buch #2): LitRPG-Serie - Vasily Mahanenko - E-Book

Die Quest (Der dunkle Paladin Buch #2): LitRPG-Serie E-Book

Vasily Mahanenko

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Beschreibung

Zu überleben ist in einer schwierigen Situation nicht immer die beste Option – manchmal ist es besser zu sterben, als am Leben zu bleiben. Die Akademie hat Paladin Yaropolk gezeigt, wie man in der Welt zurechtkommt: Pragmatismus und das Streben nach dem persönlichen Vorteil. Der Neustart wurde in die Wege geleitet, aber er macht die Spieler nur noch wilder. Jetzt spielt jeder nur noch für sich selbst. Yaropolk steht vor demselben Dilemma: Soll er so werden wie alle anderen oder soll er sich seine Menschlichkeit bewahren und ein Sonderling werden? Denn in dieser Welt gibt es nur eine Regel: Töten oder getötet werden...

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1. Das Refugium

Kapitel 2. Vorbereitung

Kapitel 3. Alveona

Kapitel 4. Das Treffen

Kapitel 5. Lady Lecleurs Anwesen

Kapitel 6. Nekromanten

Kapitel 7. Das „Shazal“-Traktat

Kapitel 8. Die Schatzkammer der Lecleurs

Kapitel 9. Die Reverse

Kapitel 10. Das Geheimnis des Lecleur-Anwesens

Über den Autor

Die Quest

Ein Roman

von Vasily Mahanenko

Der dunkle Paladin

Buch 2

Magic Dome Books

Die Quest

Der dunkle Paladin, Buch 2

Originaltitel: The Quest (The Dark Paladin, Book #2)

Copyright ©V. Mahanenko, 2017

Covergestaltung © Vladimir Manyukhin 2017

Deutsche Übersetzung © Ruben Zumstrull, 2023

Lektor: Youndercover Autorenservice

Erschienen 2023 bei Magic Dome Books

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany, 190 00

Praha 9 Czech Republic IC: 28203127

Alle Rechte vorbehalten

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Kapitel 1. Das Refugium

„Alle Anwesenden mögen bezeugen, dass ich nach bestem Wissen und Gewissen den folgenden Eid ablege:

Ich betrachte denjenigen, der mich die Gesetze meiner Klasse gelehrt hat, als meinen Mentor, teile mein Vermögen mit ihm und unterstütze ihn bei seinen Bestrebungen. Ich betrachte alle Paladine als meine Brüder und komme ihnen, wann immer es möglich ist, ohne vorherige Absprache und ohne Belohnung zu Hilfe. Ich übermittle Lektionen und Lerneinheiten mündlich an die jungen Paladine, die durch die Gesetze der Klasse an die Pflichten und den Eid gebunden sind, aber an niemanden sonst.

Ich werde mich im Rahmen meiner Kraft, meines Wissens und meiner Fähigkeiten für das Wohl meiner Klasse einsetzen und es unterlassen, meiner Klasse Schaden und Unrecht zuzufügen. Ich werde aufrichtig sein und für immer den Überschuss meiner persönlichen Mittel in Höhe von zehn Prozent für die Bedürfnisse der Klasse zur Verfügung stellen. Welches Haus ich auch immer betrete, ich werde es als Gast betreten, denn ich werde kein anderes Zuhause kennen als die Zitadelle meiner Klasse.

Wann immer ich in Bezug auf meine Klasse etwas sehe oder höre, was nicht allgemein bekannt werden sollte, werde ich schweigen und diese Sache als Geheimnis behandeln. Möge ich, der ich den Eid treu befolge, Glück im Spiel haben und gemeinsam mit allen Paladinen Ruhm in der Ewigkeit erlangen – und derjenige, der ihn bricht oder dessen Eid falsch ist, möge das Gegenteil erleiden. So sei es!“

WEIßES LICHT ÜBERFLUTETE mich von Kopf bis Fuß und zeigte an, dass das Spiel meinen Eid akzeptiert hatte. Von nun an war ich ein vollwertiger Paladin der Erde, der einzige Überlebende von fünf Rekruten, die auf die Akademie geschickt worden waren – und der einzige, den Archibald aus den Händen der Magier hatte befreien können.

Der Catorianer stand in der Nähe und sah für jemanden, der gerade erst von dem blauhäutigen Vizeimperator und dann von einem seltsamen bärtigen Richter verprügelt worden war, zu zufrieden aus. Aufgrund der jüngsten Ereignisse war ein Skandal im Spiel ausgelöst worden, und die Paladine hatten keine Mühe gescheut, ihn aufzubauschen. Es war ja nicht so, dass die Jagd auf Rekruten nicht erlaubt war, aber das Töten von Noobs vor der offiziellen Vorstellung war schon schlechter Stil. In unserem Fall war es schlichtweg Genozid gewesen. Alle waren empört und verlangten, dass der Vizeimperator und der Oberste Richter eine durchschlagende Erklärung und eine angemessene Antwort abgaben. Sobald Archibald mich herausgezogen hatte, war der Vorschlag zur Einleitung des Falles aufgetaucht, und ich hatte ihn sofort angenommen. Meine Seele sehnte sich nach Blut und Rache. Doch diese Pläne sollten nicht aufgehen. Der seltsame Richter, der wie ein übergroßer Gnom aussah, hatte mir das durch sein Auftauchen einfach abgenommen.

Der von Ihnen eingeleitete Fall und die Ermittlungen dazu wurden dem Obersten Richter Koni zugeteilt

Keine Belohnung, keine Strafe, keine Befriedigung durch gerechte Rache. Es fühlte sich irgendwie frustrierend an. Die hochgeborenen elfischen Emporkömmlinge verdienten eine ordentliche Tracht Prügel! Würde mir bitte jemand einen Gürtel holen?

Die Zeremonie der Ernennung zum Paladin der Erde hatte sich jedoch in eine Ein-Mann-Show verwandelt. Oh, es ist mein erster Abend, oh, ich bin so nervös! Als ich mir die Zuschauer ansah, bemerkte ich, wie wenige meine Mitschüler gewesen waren. Es waren nur etwa 40 Spieler in der Halle, die meisten von ihnen waren Elfen. Ich würde hundert zu eins darauf wetten, dass ich von ihnen heute nichts wie „Es lebe der neue Paladin Yaropolk!“ zu hören bekommen würde. Nicht, dass ich das wirklich wollte. Ein Blick auf Nartalims Vater Garlion gab mir die Gewissheit, wie „froh“ sie waren, mich hier zu sehen. Der Elf starrte mich immer wieder an, und ich verstand sehr gut, wie er sich fühlte.

Sie sind ein vollwertiger Spieler geworden

8 Artefakt-Eigenschaften sind zur Neuverteilung verfügbar

Wägen Sie Ihre Entscheidungen sorgfältig ab

Die in der Akademie gekauften Verteidigungs- und Angriffsamulette funktionierten gut und verbesserten die Eigenschaften „Verteidigung“ und „Waffe“ um 5 Punkte, sodass es wenig Sinn ergab, viele verfügbare Punkte in sie zu stecken. Ein Punkt für jedes Amulett würde ausreichen, damit die Eigenschaften nicht verschwinden und die Amulette nur zur Dekoration würden. Die Situation bei der „Mentalen Integrität“ war etwas komplexer. In Anbetracht der Tatsache, dass mich in den nächsten drei Jahren niemand unter Kontrolle bringen konnte, war das nicht notwendig. Kurzfristig konnte ich diese Eigenschaft ablegen und erst in ein paar Jahren wieder verwenden. Es blieben also nur noch die „Kontextsuche“ und das „Neuronale Netzwerk“ übrig, die weiterentwickelt und ausgebaut werden mussten. Da ich genau wusste, welchen Vorteil das „Neuronale Netzwerk“ bringen würde, da es auf Level 15 in der Lage sein würde, die aufgezeichneten Videos rund um die Uhr automatisch zu analysieren, investierte ich 4 meiner 6 verfügbaren Punkte in dieses System. Die restlichen zwei gingen in die „Kontextsuche“, die mir nicht nur Umgebungsvergleiche durch das Buch des Wissens, sondern auch die Navigation und ein alphabetisches Inhaltsverzeichnis zur Verfügung stellte.

„Willkommen in der Familie, Bruder Yaropolk!“ Sobald ich die Neuverteilung der Artefakt-Eigenschaften bestätigt hatte, nickte mir das grauhaarige Klassenoberhaupt der Paladine auf der Erde anerkennend zu und vollendete damit die Zeremonie. Gerhard van Brasts hellblaue Augen leuchteten so unvergleichlich weise und verständnisvoll, dass ich nicht anders konnte, als ihn zu respektieren. Selten begegnete man einem Menschen, dem man sofort vertraute, sobald man ihm in die Augen sah. Gerhard van Brast war so einer. Er sah ein wenig aus wie Sean Connery in „Highlander“. Er war ebenso nobel und unerschütterlich. Er nickte erneut, diesmal in Richtung der Paladine, und verließ den Raum, gefolgt von zwei Wachen. Sein Weggang durchbrach die Totenstille, die über der gesamten Zeremonie gelegen hatte. Rechts von mir hörte ich eine schnaufende Stimme, die laut über Gerhards plötzliches öffentliches Auftreten spekulierte. Nun, das war interessant! In den letzten drei Jahren war das Oberhaupt der Klasse noch nie zu einer öffentlichen Veranstaltung erschienen. Schon kursierten Gerüchte und Geschichten unter unseren Leuten, eine seltsamer als die andere. Ich bezweifelte, dass es meine Wenigkeit war, die das Oberhaupt der Klasse dazu veranlasst hatte, hier zu erscheinen. Aber Gerhards heutiges Erscheinen ließ alle Zungen schnalzen. Er war lebendig, stark und – was noch wichtiger war – bei klarem Verstand.

„Komm mit mir, Bruder – wir müssen dich in der Zitadelle verankern.“ Sharda zerrte mich aus dem Saal, und ich konnte nicht hören, was der schnaufende Kerl noch sagte. „Dann hast du eine Verabredung mit dem Richter – er will deine Version der Ereignisse hören. Außerdem möchte Bruder Garlion mit dir über den Tod seines Sohnes Nartalim sprechen. Danach wirst du im Refugium erwartet, um einen Auftrag zu erledigen. Dort wirst du auch deine erste Quest erhalten und Zugang zum Dungeon bekommen.“

Es gab noch viele weitere „Danns“ und „Danachs“. Wie Sharda klarstellte, würde die Zitadelle, egal wo ich zugewiesen würde, für Miete und Transfer aufkommen und mir für die ersten drei Monate ein Stipendium gewähren. Nachdem ich mindestens sechs Monate in der Hauptwelt gelebt hätte, würde ich Zugang zur Bibliothek der Zitadelle erhalten. Hätte ich nicht so ein hohes Level gehabt – nämlich 11 –, so hätte ich zunächst einige Zeit auf dem speziellen Trainingsgelände für Neulinge verbringen müssen, um mich zu verbessern und auf ein akzeptables Niveau zu bringen. In diesem Fall hätte ich mich bei der Zitadelle verschulden müssen, denn die Klassenübungsplätze waren selbst für Klassenmitglieder nicht kostenlos. Ein Granis oder ein Jahr Arbeit zu Gunsten der Klasse war der Preis für diejenigen, die in der Akademie nicht sehr erfolgreich gewesen waren.

„Ankerpunkt“, sagte Sharda knapp, deutete in die große Halle und ließ mich zuerst eintreten. In der Mitte hing eine Kugel ohne sichtbare Stütze. Sie hatte einen Durchmesser von etwa zwei oder drei Metern und pulsierte in blendendem blauem Licht, was ein ziemlich unwirkliches Bild ergab. Es fühlte sich an wie ein Märchen. Es schien, als sei der Himmel selbst herabgestiegen und habe die Halle mit seinem unschuldigen, reinen Licht überflutet, das die dunklen Ecken scheute. Dort lauerten bedrohliche Schatten, die sich grotesk im gleichen Rhythmus wie die Energiepulse bewegten und zu versuchen schienen, das Zentrum zu erreichen und die kleine blaue Sonne auszulöschen.

„WER?“ Eine laute Stimme dröhnte durch die Halle. Die Oberfläche der Kugel kräuselte sich sichtlich, und mein Körper reagierte mit heftigem Schmerz. Ich zitterte und versuchte, ihn schweigend zu ertragen - ich wollte keine Schwäche zeigen. Die Stimme verstummte, und der Schmerz ließ nach.

„Bruder Yaropolk!“ Sharda stellte mich vor und neigte zur Begrüßung leicht den Kopf zu der Kugel. In der Annahme, dass es mir nicht schaden würde, ahmte ich seine Geste nach. „Er hat gerade die Akademie absolviert.“

„DIE QUELLE HEISST DEN NEUEN PALADIN WILLKOMMEN!“ Ich versuchte, mich gegen die neue Welle des mitschwingenden Schmerzes zu wappnen, aber es klappte nicht. Erst bückte ich mich, dann fiel ich auf die Knie. Ich landete nur deshalb nicht blank auf den Boden, weil ich meine Hände ausgestreckt hatte. Die Quelle brauchte ewig, um ihren Gruß zu beenden! Schließlich verstummte die Stimme, und ich konnte wieder zu Atem kommen. Ich wollte schon fragen, warum die Stimme so auf mich wirkte, als mich wieder der quälende Schmerz durchdrang:

„DER JUNGE MENSCH MUSS SIE BEURTEILEN UND

SEIN WAHRES PAAR ENTDECKEN,

UM ZU FINDEN, WAS VERLOREN IST, UND UM ZU ENTSCHEIDEN,

OB DIE STRAFE DER WELT GERECHT IST.“

Die Verankerung in der Zitadelle der Paladine ist abgeschlossen

„Schon wieder so ein Rätsel!“, stellte Sharda verärgert fest, während er etwas in ein kleines Buch schrieb, das in der Luft schwebte. „Nach allem, was vorhergesagt wurde, Bruder Yaropolk, habe ich verstanden, dass du einer der Richter des Spiels werden könntest. Also werde einer der Richter des Spiels. Den Rest wirst du selbst herausfinden müssen.“

„Was war das?“ Als die Dunkelheit vor meinen Augen verblasste, erhob ich mich und beeilte mich, über die Schulter des Gnoms hinweg in das Buch zu blicken. Das Buch schlug flatternd eine Seite mit einer kalligrafischen Zeichnung vor mir auf, schloss sich dann lautstark und verschwand in einem Portal.

„Die erste Prophezeiung“, antwortete Sharda lakonisch, als sollte mir diese Aussage alles klar machen. Mein Schweigen war Antwort genug. „Wusstest du nichts davon? Ach ja, du warst ja auch nicht bei der ersten Unterrichtsstunde vor der Akademie dabei! Also werden wir diese Lektion wiederholen.“ Sharda holte tief Luft. „Bevor er in der Klassenzitadelle verankert wird, erhält jeder neue Spieler eine persönliche Prophezeiung. Einigen wird klar gesagt, was sie zu tun haben, andere erhalten einen ausführlichen Hinweis, dass Veränderungen notwendig sind, und Anweisungen hinsichtlich ihres Entwicklungsweges. Dir, Bruder Yaropolk, wurde gesagt, was du werden oder in deinem Leben erreichen könntest. Doch in deiner Prophezeiung steht mehr Unklares als Klares. Nun gut: Das ist dein Glück ... Was bedeutet es, ‚sein wahres Paar zu entdecken‘? Willst du etwa ein Teilzeit-Ehevermittler werden? Hehehe!“ Sharda lachte über seine eigene Vermutung, wurde aber sofort wieder ernst. „Ich hasse Rätsel.“

Die bläuliche Färbung der „Sonne“, die in der Mitte des Raumes schwebte, verblasste und wurde allmählich zu Weiß. Die Verankerung war abgeschlossen. Es gab ein dumpfes Klicken, und die Tür öffnete sich mit einem protestierenden Quietschen, als hätte seit ein oder zwei Jahrtausenden niemand mehr die Scharniere geölt.

Der Oberste Richter erschien im Türrahmen. „Ich sehe, dass alle vorgeschriebenen Verfahren abgeschlossen sind. Yaropolk, darf ich dir gratulieren? Du bist jetzt ein freier Spieler.“

Ich zuckte mit den Schultern, da die Antwort offensichtlich war. Der Richter wandte sich an den Gnom.

„Ich begleite Yaropolk zum Abreisebereich. Darf ich?“

Selbst ich erkannte an Shardas Grimasse, wie „froh“ er über den Vorschlag des Richters war, aber in manchen Situationen hatte man eben keine Wahl.

„Es wird mir ein Vergnügen sein, dir einen Novizen zu übergeben, der seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen hat“, antwortete der Gnom. Er versuchte dabei, gleichgültig zu wirken, und machte sich dann auf den Weg, um sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.

„Yaropolk.“ Der Richter gestikulierte und lud mich ein, mit ihm den Flur hinunterzugehen. Sobald ich mich Koni näherte, teilte das Spiel mir meinen Status „Zeuge“ mit und leitete die Vernehmung ein, in die sich kein Dritter einmischen durfte.

Der breitschultrige Richter grinste, als er mein verärgertes Gesicht sah, und ging langsam den langen Korridor entlang. Ich konnte nichts anderes tun, als ihm zu folgen. Im letzten Moment blickte ich zurück und begegnete den Augen des Gnoms, der aus der Tür spähte. Da war wohl jemand viel zu neugierig.

„Ich möchte dich gleich zu Beginn beruhigen. Es besteht keine Gefahr für dich“, sagte der Richter mit einer tiefen und angenehmen Stimme, die mich einhüllte und entspannte. „Ich kenne praktisch alle Umstände des Falles, ich muss nur noch einige Details klären. Aber zunächst einmal kann ich dir von Richter zu Richter einen Rat geben: Fälle niemals ein Urteil über einen Fall, mit dem du weniger als 90 Prozent vertraut bist. Selbst wenn du ein korrektes Urteil fällst, ist das keine gute Vorgehensweise – es wird sich später nachteilig auswirken, wenn das Gremium der Spielrichter über deine Mitgliedschaft entscheidet. Ich hoffe, dass ein beruflicher Aufstieg zu deinen langfristigen Plänen gehört?“

„Ich weiß es noch nicht“, antwortete ich ehrlich und versuchte, die Euphorie zu überwinden, die mich bei dem Gespräch mit dem Obersten Richter überkam. Bis jetzt hatte ich noch nie Ehrfurcht oder Unterwürfigkeit gegenüber den Hohen und Mächtigen empfunden, sodass ich bezweifelte, dass ich nun ein Faible für Götzenanbetung entwickelt hatte. Meine Erfahrungen im Umgang mit Dolgunata bestärkten mich nur in meinen Zweifeln. Um dem entgegenzuwirken, rief ich mir ins Gedächtnis zurück, dass es in den ersten drei Jahren nach Abschluss der Akademie verboten war, mentale Kontrolle über Novizen auszuüben. Da ich wusste, wie gefährlich es wäre, eine offene Konfrontation mit dem Obersten Richter zu beginnen, unterdrückte ich meine Empörung. Ich würde besser daran tun, meinen aufgestauten Eifer zur Selbstbeherrschung zu nutzen.

„Sag mir, was ist bei den Magiern passiert?“ Koni blieb in der Mitte des Ganges stehen und starrte mich an. Er war kleiner als ich, hatte aber die Fähigkeit perfektioniert, auf Menschen „herabzuschauen“.

Ich wählte meine Worte sorgfältig. „Wir wurden gleich nach unserer Rückkehr von der Akademie entführt, und dann wurden die Entführten geopfert, einer nach dem anderen. Dann erschien Archibald und holte mich aus dieser Hölle heraus. Monstrichello hatte das größte Pech von allen ... Was haben sie mit ihm gemacht?“

„Sie haben ihn vernichtet – ohne die Möglichkeit eines Respawns. Die Seele des Wesens, das gegen Magie immun ist, sollte das Artefakt aktivieren, aber aus irgendeinem Grund ist das nicht geschehen. Was weißt du darüber?“

„Über die Aktivierung? Ich weiß gar nichts.“ Ich wunderte mich über diese Frage, und an Konis zusammengepressten Lippen erkannte ich, dass das Spiel ihm mitteilte, dass ich die Wahrheit sagte. Ich wusste wirklich nichts, weder über die Aktivierung noch über das geheimnisvolle Artefakt ... Hatte überhaupt jemand etwas über Madonnas Tagebuch erwähnt? „Ich saß im Käfig und dachte daran, wie toll es war, dass ich Level 11 in der Akademie erreicht hatte. Das ist der Grund, warum ich überlebt habe und jetzt hier stehe.“

„Welcher der hochgeborenen Magier hat den Beginn des Opfers angeordnet?“

„Ähm ...“ Ich schlug sogar das Buch des Wissens auf, um diese Episode zu überprüfen. „Sie haben keine Namen genannt. Es war irgendein Elf. Fragen Sie Devir – er wird es sicher wissen. Oder Levard. Ich glaube, er weiß, was dort wirklich passiert ist.“

„Ich habe bereits mit den von dir genannten Wesen gesprochen. Ich bin an deiner Meinung interessiert.“

„Welche Meinung soll ich dazu haben? Devir hat alles kommentiert, was er getan hat. Zwei Paladine wurden getötet, um zwei Magier-Slots zu bekommen. Monstrichello wurde getötet, um das Artefakt zu aktivieren und einen Platz für einen weiteren Magier freizumachen. Übrigens, von welchem Artefakt reden wir hier? Levard hat Devir unterbrochen und verlangt, dass die Opferung sofort durchgeführt wird, als ob er es eilig hätte, irgendwohin zu kommen.“

„Wie ist Zangar gestorben?“ Koni wechselte abrupt das Thema und ignorierte meine Frage.

„Ich habe ihn getötet.“ Ich wollte das Offensichtliche nicht leugnen, bemerkte aber, wie schnell der Richter mir hier meine Position klarmachte. Er hatte dieses ganze Geschmeichel wie „von Richter zu Richter“, „berufliches Fortkommen“ und so weiter nicht lange durchgehalten. So sei es, Herr Kollege, und ich werde in gleicher Weise antworten. „Der Kanzler hat uns ein Duell befohlen, und ich habe gewonnen.“

„Wie hast du es geschafft, ein Wesen zu schlagen, das viel stärker, weiser und erfahrener war als du?“ Der Oberste Richter ließ nicht locker, aber inzwischen war ich bereit, mich zu wehren.

„Hat das irgendetwas mit den Magiern und dem Fall zu tun, den Sie mir weggenommen haben?“ Ich hob fragend eine Augenbraue. Innerlich platzte ich vor Verlangen, alles zu erzählen, von dem Duell, der Initiation und Monstrichellos Seele. Aber ich musste widerstehen. Ich hatte bereits geahnt, dass es mir durch die wiederholte Manipulation von Madonnas Tagebuch nach Zangars Lehrer irgendwie gelungen war, mein Artefakt zu aktivieren, während der Nekromant nichts bekommen hatte. Vielleicht war es passiert, weil ich näher am Opfer gewesen war. Was ich nicht verstehen konnte, war Konis Interesse an dieser Angelegenheit. Ich schien ein wenig paranoid zu sein, aber nach der Akademie hatte ich mir vorgenommen, auch mich selbst von Zeit zu Zeit zu überprüfen. Nichts und niemandem konnte man in diesem Spiel trauen.

„Nein, das ist ein persönliches Ersuchen des Vizeimperators – herauszufinden, was mit dem Schüler seines engsten Beraters passiert ist. Immerhin wurde ein erfahrener Kämpfer getötet.“

„Ich habe Zangar in einem ehrlichen Kampf getötet. Der Kanzler kann das bestätigen.“ Ich hatte nicht vor, klein beizugeben.

„Hast du Marinar auch getötet?“ Koni zeigte, dass er ziemlich gut über die Geschehnisse in der Akademie informiert war.

„Ja. Sie wollten mich töten.“

„Wie?“ Der breitschultrige Richter wirkte verblüfft. „Zwei gegen einen. Einer war ein ausgezeichneter Kämpfer, die andere eine ziemlich gute Magierin. Ich würde gerne das Video von diesem Kampf sehen. Du bist ein Entdecker und hast das Buch des Wissens als Artefakt, richtig?“

„Stimmt, aber leider kann ich in dieser Sache nicht helfen.“ Ich beschloss, selbst einen Trick anzuwenden. „Ich kann das Video nicht herunterladen – das Artefakt ist dafür nicht hoch genug entwickelt. Sobald die ‚Kontextsuche‘ hochgelevelt ist, können wir weitermachen. Es sei denn, Sie geben mir jetzt einen Expresskurs, damit sie Level hinzugewinnt“, schlug ich vor, wohl wissend, wie die Antwort lauten würde. Koni schnitt eine unzufriedene Grimasse, und mein Anflug von Euphorie war verflogen. Ich hatte keine Lust mehr, ihm alles zu erzählen, was ich wusste.

In diesem Moment teilte mir das Spiel mit, dass „die Zeugenvernehmung abgeschlossen“ sei, und ich kam mir sehr dumm vor. Wie hatte ich nicht ahnen können, dass nicht Koni mich bedrängte, sondern das Spiel selbst? Offizieller Zeuge zu sein, erwies sich als unangenehm. Ich musste wirklich dumm ausgesehen haben, als ich dem Obersten widersprochen hatte, wo ich doch selbst ein Richter war.

„Suche Richter Redel im Refugium auf“, sagte Koni einige Augenblicke nach dem Ende der Untersuchung knapp, ohne auch nur in meine Richtung zu schauen. „Er ist der Vorsitzende des Richtergremiums. Was das Video angeht: Es war nur eine Anfrage, nichts weiter. Wenn du es nicht herunterladen kannst, werde ich den Kanzler fragen.“

Ohne sich zu verabschieden, ging der Richter schnell zurück und ließ mich in der Mitte des Ganges allein. In dem Moment, als er hinter einer Ecke verschwand, tauchte Archibald wie aus dem Nichts auf.

„Geh geradeaus – die zweite Tür auf der rechten Seite.“ Er sah mich an und schüttelte missmutig den Kopf. „Du hast dich gut gehalten, aber einen Fehler gemacht. Erkläre die Informationen über den Kampf mit Zangar für vertraulich. Du hast das Recht, die Weitergabe von Informationen zu verweigern, wenn sie deine Sicherheit direkt betreffen. Geh zum Refugium. Dolgunata wartet dort bereits auf dich. Absolviere mit ihr die Dungeons, sowohl deinen als auch ihren. Es wird für euch beide nützlich sein. Nimm das – es wird dir helfen, dich als eigenständiger Spieler zu fühlen.“

Archibald reichte mir eine kleine, schimmernde, rechteckige Karte. In dem Moment, in dem ich sie nahm, verschwand sie mit einem grellen Blitz. Archibald kommentierte die Systembenachrichtigung, die vor mir erschien:

„Dies ist die Erlaubnis des Mentors, ein Spiel-Kommunikationsgerät anzunehmen. Ohne diese Erlaubnis wird man dir im Refugium keines verkaufen. Die Nummern von mir und Dolgunata werden automatisch einprogrammiert. Setz dich mit ihr in Verbindung und vereinbare ein Treffen.“

„Wann hat sie ihres erhalten?“ Plötzlich kam mir ein erschreckender Gedanke in den Sinn. „Vor oder nach der Akademie?“

„Davor“, antwortete Archibald nach langem Zögern. Sein Dauerlächeln war aus seinem Katzengesicht verschwunden, während er geschwiegen hatte. „Und was sagt dir das?“

„Sie hat sich sofort nach dem Angriff mit dir in Verbindung gesetzt“, sagte ich unverblümt. „Sicherlich bist du in der Lage, dich an einen Ort zu teleportieren, wenn du die Koordinaten kennst. Aber du warst nicht da, als die Magier uns entführt haben. Es ist unwahrscheinlich, dass Levard dich zurückgehalten hat – er war zu beschäftigt, um sich um dich zu kümmern. Dann bist du plötzlich mitten im Käfig aufgetaucht, ohne dass du eine Ahnung hattest, wo der Käfig sein würde. Es gab keine Markierung von Dolgunata an mir – das hat Devir gleich gesagt. Das bedeutet also, dass du von Anfang an mithilfe der Unsichtbarkeit bei uns warst, so wie gerade eben.“

„Das ist eine seltsame Schlussfolgerung, aber nehmen wir mal an, sie stimmt ... und dann?“

„Dann?“ Ich runzelte die Stirn. „Du hast den Magiern erlaubt, die Paladine zu töten, die gerade aus der Akademie gekommen waren. Logir, Sartal und Monstrichello wurden direkt vor deinen Augen getötet, und du hast nicht den geringsten Versuch unternommen, sie zu retten. Aber als Levard anfing zu fluchen …“

Fall eingeleitet: Unangemessenes Verhalten des Paladins (Verfügbare Slots: 9 weitere Fälle)

Beschreibung: Sie sind der Meinung, dass der Spieler Archibald sich in einer Art und Weise verhalten hat, die eines Paladins unwürdig ist, indem er den Magiern erlaubt hat, Ihre Brüder im Unterricht zu töten.

Quest: Ermitteln Sie in diesem Fall und fällen Sie ein Urteil

Fallermittlungen: nicht zutreffend; der Fall wurde vom Richter selbst eingeleitet

Verjährungsfrist für Maßnahmen: keine

Ich hielt inne, als ich die Systembenachrichtigung sah. Ich hatte den starken Drang, den Catorianer sofort in einen ewigen Respawn-Zyklus zu schicken, aber das Gespräch mit dem Obersten Richter war nützlich für mich gewesen. Ich beschloss, die weitere Untersuchung auf eine geeignetere Gelegenheit zu verschieben. Dieses Ass im Ärmel würde ich später ausspielen. Ganz gleich, wie gut Archibalds Absichten waren, es war eines Paladins unwürdig, kaltblütig zuzusehen, wie seine Brüder geopfert wurden. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich es begriff: Archibald war tatsächlich in diesem Käfig gewesen! Er hatte meine Handlungen mit Madonnas Tagebuch genau gesehen, und sobald ich es aktiviert hatte, hatte er allen seine Anwesenheit offenbart! Er wusste vom Neustart!

„Richtig, ich habe beschlossen, dass es keinen Sinn mehr hat, sich zu verstecken. Ich habe bekommen, was ich wollte“, ergänzte der Catorianer meinen Gedanken. „Glaubst du ernsthaft, dass ich meine Interessen für ein paar halbgare Möchtegern-Paladine hätte opfern sollen? Sie wurden bereits als unwürdig verurteilt. Ob ich es war oder jemand anderes, spielte keine Rolle. Ich glaube, du verstehst, worum es geht. Nehmen wir einmal an, du hättest die natürliche Auslese in Aktion beobachtet. Was Levard und sein Fluchen angeht – darüber reden wir später. Ich wiederhole: Du hast die Fragen von Koni gut beantwortet. Levard ist mithilfe seines Artefakts zu weit gekommen, und wer hoch fliegt, fällt tief und hart. Aus eigener Kraft oder indem jemand nachhilft. Ist es nicht so? Der Vizeimperator verzeiht keine Versäumnisse. Ich hoffe, es ist dir klar, auf welcher Ebene die Interessenten sitzen. Du wirst jetzt zum Refugium gehen. Dolgunata wird ein Auge auf dich haben. Tauche für ein paar Monate ab, damit man dich wenigstens nicht mehr bei jeder Gelegenheit erwähnt, wenn man dich schon nicht vergisst. Du verstehst doch, wie wichtig das für unsere GEMEINSAME Arbeit ist? Du hast recht: Ich sehe sehr gut im Dunkeln. Außerdem weiß ich eine Menge und kann den Rest erahnen. Zum Beispiel, wer und wo SIE sein könnte. Ich werde auf dich warten, wenn du mit den Dungeons fertig bist. Geh jetzt geradeaus den Flur hinunter, zweite Tür rechts – ich werde die Sache mit Garlion selbst klären. Geh!“

Archibald verschwand so plötzlich, wie er aufgetaucht war. Sein Monolog gab mir reichlich Stoff zum Nachdenken, aber zuerst musste ich mir überlegen, was ich jetzt tun sollte. Sollte ich auf den Kater hören und mit dem Strom schwimmen? Oder sollte ich das Gegenteil tun? Mir gefiel die zweite Option besser, denn ich hasste es, den Forderungen dieses wandelnden Flohzirkus nachzukommen. Der Catorianer wusste viel mehr über den Neustart als ich, aber er hatte es nicht eilig, diese Informationen weiterzugeben. Deshalb plante er, mich im Unklaren zu lassen und mich zu zwingen, alles zu tun, was er für seine Zwecke brauchte. Ich sah keinen Unterschied zwischen ihm und Koni. Letzterer sagte mir zumindest offen, dass er im Auftrag des Vizeimperators handelte. Mir gefiel das Szenario, in dem ich die Anweisungen des Catorianers ignorierte, immer mehr: Wenn er mir vorschlug, weiterzugehen, musste ich zurückgehen und Sharda finden. So wie ich es sah, schuldete der Gnom mir seit unserer ersten Begegnung vor der Akademie eine Ausbildung, also sollte es möglich sein, ihn dazu zu bringen, zumindest ein paar Fragen zu beantworten.

Ich fand den Paladin, den ich brauchte, in der Verankerungshalle. Er saß im Lotussitz vor der verdunkelten „Sonne“ und sinnierte vermutlich über erhabene und ewige Dinge. Zumindest ließ sein Gesichtsausdruck genau das vermuten. Es war mir unangenehm, den Lehrer abzulenken, doch ich räusperte mich ein paarmal, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Der Gnom erschreckte sich und richtete sich auf. In dem Moment, in dem er die Augen öffnete, wurde mir klar: Der tapfere Paladin hatte einfach tief und fest geschlafen.

Sharda blinzelte einige Male langsam, dann nickte er.

„Setz dich, Bruder. Wir haben nur ein paar Minuten Zeit, bevor sie dein Verschwinden bemerken und nach dir suchen. Ich muss dir etwas sagen.“

Ich hatte den Eindruck, dass dieser Paladin, egal was ich tat, so reagieren würde, als hätte er mein Handeln schon vorher gewusst. Ich kopierte Shardas Haltung, ließ mich neben ihm nieder und wurde ganz Ohr.

„Archibald hat dem Klassenvorstand berichtet, dass du das Tagebuch der Madonna aktiviert hast. Die Regeln des Spiels zwangen ihn dazu. Gerhard wird dem Vizeimperator die Information so weit wie möglich vorenthalten, um unnötiges Tohuwabohu zu vermeiden. Der Neustart des gesamten Spiels steht kurz bevor. Du wirst gejagt werden. Es gibt viel mehr Leute, die an die aktivierten Aufzeichnungen kommen wollen, als wir zunächst dachten.“

„Wir?“ Ich konnte nicht anders als zu fragen.

„Es wurde vorausgesagt, dass ich den Schlüsselmeister finden würde, wenn der Unbefleckte auftaucht“, mischte sich der allgegenwärtige Archibald ein und trat aus dem Schatten, offensichtlich nicht im Geringsten überrascht von meinem Ungehorsam. „Die Magier waren die ersten, die Monstrichello fanden. Sie verfolgten ihn ein paar Jahre lang, bis sie sicher waren, dass er genau derjenige war, den sie brauchten. Dann begann Devir die Jagd. Der Plan war, den Unbefleckten zu einem Magier zu machen – auf diese Weise wäre es einfacher gewesen, ihn später zu töten. Devir beschloss, dass es am schnellsten gehen würde, wenn er den dummen Affen mit Spezialeffekten beeindrucken würde. Das hätte sogar funktionieren können, wenn er sich nicht zu weit vorgewagt hätte. So, jetzt haben wir, was wir haben. Devir ist zum Respawn gegangen, und der Unbefleckte hat beschlossen, ein Paladin zu werden. Es wäre eine Schande, diese Situation nicht zu nutzen, um den Schlüsselmeister zu finden. Ich habe für diese Ausbildungsrunde nur drei Paladine ausgesendet: Sartal, Nartalim und dich. Du warst nur ein Zufall, eine zufällige Spielfigur. Sartal und Nartalim sind beide gescheitert, aber der Bauer hat sich als fähig erwiesen, den Springer zu schlagen. Also mussten wir alle unsere Pläne schnell ändern und neue Variablen in die Gleichung einbringen. Du hattest so viel Glück und warst so schnell, dass du mit Zangars Hilfe das benötigte Objekt ergattern konntest. Nach dem Tod des Unbefleckten wurden einige Sündenböcke benötigt, denn das Spiel ist sehr wählerisch, was seine Schöpfungen angeht. Vier zusätzliche Magier waren kein zu hoher Preis, zumal uns eine Entschädigung für sie versprochen wurde. Wir hätten es ohnehin nicht vermeiden können, sie zu töten: Paladine können ihre Waffenbrüder nicht verraten.“

„Warum erzählst du mir das jetzt? Was hat sich in den letzten 15 Minuten geändert? Ich könnte bereits im Refugium sein.“

„Weil du von unserem wunderbaren Richter genau beobachtet wirst.“ Sharda verzog das Gesicht. „Du trägst mehr Wanzen an dir als eine Zigeunerin billigen Schmuck. Ganz zu schweigen von den drei Killern, die dich verfolgen. Dies ist der einzige Ort in der Zitadelle, der vor Lauschangriffen und unbefugten Ohren geschützt ist. Aber du musstest aus eigenem Antrieb hierherkommen, und nicht, weil es dir befohlen wurde. Wärest du ins Refugium gegangen, hätten wir auf den nächsten Schlüsselmeister gewartet. Wir würden unseren Hals nicht ohne guten Grund in die Schlinge stecken. Nach einem Jahr, zehn, hundert oder tausend – früher oder später würde Archibald ihn finden. Prophezeiungen gehen immer in Erfüllung. Übrigens, Archie, wo sind meine Granis? Ich habe dir doch gesagt, dass er eher zu mir als zum Refugium laufen würde, nur um dich zu ärgern.“

„Das werden wir schon regeln, du alter Gauner!“ Der Catorianer grinste.

Es war so ekelhaft, sich wie eine Marionette in den Pfoten dieser beiden Puppenspieler zu fühlen.

„Ich bin schon ein Risiko eingegangen, indem ich alle wissen ließ, dass ich Informationen habe“, klärte Archibald mich weiter auf. „Sie haben sich bereits mit mir in Verbindung gesetzt und verlangt, dass ich mich sofort zum Verhör melde. Nun zum Wichtigsten: Die Informationen darüber, wo Merlins Tagebuch zu finden ist und wer Madonna sein könnte, befinden sich in der Bibliothek in der gesperrten Abteilung. Du musst dort hineingelangen. Weder Sharda noch ich werden dir dabei helfen können. Die Wachen werden uns nicht hineinlassen. Garlion, der Bibliothekar, hat Zugang. Und du hast seinen einzigen Sohn getötet, nur durch reines Glück. Bis jetzt ist das die einzige Möglichkeit, die wir kennen. Deine Aufgabe ist es, wie du vielleicht schon herausgefunden hast, den Elfen zu überzeugen, dir zu helfen. Zähle nicht auf Sharda und mich – das wäre sinnlos. Wenn wir zu aktiv sind, wird das Aufmerksamkeit erregen und Fragen über dich aufkommen lassen. Im Moment kann Garlion nur noch an Rache denken, also ist es besser, ihn nicht direkt anzusprechen. Finde eine Methode, um ihn unter Druck zu setzen. Aus eigenem Antrieb wird er dir nicht helfen, und das liegt nicht nur an seinem Sohn. Wenn er dabei erwischt wird, dass er Informationen aus dem gesperrten Bereich preisgibt, wird ihm sein Titel als Bibliothekar aberkannt, und er wird mit Schimpf und Schande aus der Zitadelle verbannt. Du hast also etwas, worüber du nachdenken musst. Nicht wahr? Nimm dir nur nicht zu viel Zeit zum Nachdenken. Gerhard wird dem Vizeimperator in sechs Monaten von dir berichten – so lange hat der Klassenvorstand Zeit, seinen Bericht vorzubereiten. In dieser Zeit musst du also Madonna und Merlins Tagebuch finden.“

„Wer war der dritte Spieler?“ Die Informationen strömten wie ein Fluss und verunsicherten mich, aber ich konnte trotzdem die wichtigste Frage stellen. Ohne die Antwort darauf hatte es keinen Sinn, etwas anderes zu versuchen.

„Wie bitte?“ Das Gesicht des Catorianers sah verwirrt aus. „Zwei Spieler haben den Neustart der ...“

„Drei. In Madonnas Tagebuch steht es direkt, aber es wird kein Name erwähnt. Der dritte Spieler hat überlebt, deshalb war die Welt anschließend defekt. Zwei Spieler können einen vollständigen Neustart nicht bewerkstelligen – es braucht drei.“

„Sharda?“ Archibald starrte den kleinen Paladin an.

„Ich werde es herausfinden“, brummte der Gnom und bewegte die Lippen, als rufe er einen Text auf, den er auswendig gelernt hatte. „Wenn ich einen Blick auf die Aufzeichnungen werfen könnte ...“

„Nein!“, unterbrach Archibald ihn. „Du würdest gezwungen sein, Gerhard darüber zu informieren, was du gesehen hast. Yaropolk hat ohnehin nur wenig Zeit, und es gibt keinen Grund, sie weiter zu verkürzen. Finde die Informationen über den dritten Spieler!“

„Da bist du ja!“ Die Tür zur Halle öffnete sich mit einem ohrenbetäubenden Quietschen, als einer der Paladine im Türrahmen erschien. „Bruder Yari, alle haben nach dir gesucht! Es müssen sofort neue Paladine ins Refugium geschickt werden. Dies ist eine Anweisung von Gerhard van Brast! Bruder Sharda, halte ihn nicht auf – ich will nicht leiden, nur weil ihr so langsam seid.“

„Er gehört dir, Bruder Langirs.“ Der Gnom nickte und nahm seine Meditation wieder auf. Archibald war längst weg – der Oberjäger war wieder verschwunden.

Langirs zerrte mich geradezu fort, um es noch rechtzeitig zu schaffen. Der Korridor und einige Räume zogen so schnell an mir vorbei, dass ich keine Gelegenheit hatte, sie mir genauer anzuschauen. Ich hatte nur Zeit, mich kurz umzusehen und meine Kamera ein Video aufzeichnen zu lassen, um es im Buch des Wissens abzulegen. Ich würde es mir später im Detail ansehen. Der Paladin zerrte mich in einen kleinen Raum mit einem flammenden Portal und deutete ohne große Umschweife oder Abschiedsworte auf das Portal. Er scharrte ungeduldig mit den Füßen, in der Hoffnung, seinen Vorgesetzten schnell berichten zu können, dass seine Aufgabe erfüllt war. Komisch – in der Akademie hatte ich gedacht, dass man, sobald man ein Spieler geworden war, königlich und voller Würde sein und jeden mit den Augen eines Wesens ansehen würde, das wahre Weisheit erlangt hatte. Denn dann hätte man im Grunde genommen Unsterblichkeit erlangt. Aber wie sich nun herausstellte, hatte sich nichts geändert. Einige wollten nicht am unteren Ende der Nahrungskette bleiben und kletterten verzweifelt über die Köpfe ihrer Kollegen hinweg, während sie sich bei den Höhergestellten anbiederten oder ihnen aus Neid etwas Böses antaten – die Übrigen benutzten einfach andere, um voranzukommen ... Die Welt konnte sich nicht verändern oder anders werden, wenn wir dieselben blieben. Wo auch immer wir hinkamen, brachten wir unsere Laster mit und ernteten dann die Früchte unserer Taten.

„Komm schon!“ Langirs schoss auf mich zu, um mich in das Portal zu schieben. Im letzten Moment hielt er sich zurück, aber es war offensichtlich, dass seine Ungeduld und sein Wunsch, von seinen Vorgesetzten gelobt zu werden, zunahmen. Es kam mir komisch vor, dass ich es wagte, mit der Eitelkeit meiner Wache zu spielen, um ihm einige Informationen zu entlocken.

„Ich bin dir so dankbar, dass du mir geholfen hast, das Portal zu finden“, begann ich mit der Umsetzung meines Plans. „Wenn ich Gerhard van Brast das nächste Mal sehe, werde ich ihm gegenüber erwähnen, dass du ein gewissenhafter und verantwortungsvoller Paladin bist.“

„Du ... du kennst das Oberhaupt?“, rief Langirs überrascht und stotternd aus, als ihn die Gefühle überkamen. Ich konnte nicht lügen – der Paladin konnte eine Bestätigung vom Spiel verlangen –, also war meine Antwort ausführlich:

„Erst vor ein paar Stunden hatte ich ein Treffen mit ihm, also ja, ich kann mit Sicherheit sagen, dass wir uns kennen. Ist das so merkwürdig?“

„N… nein, es ist nur so, dass nicht viele Waffenbrüder den Klassenvorstand persönlich kennen.“ Langirs stotterte vor Aufregung, drängte mich aber trotzdem weiter. Ich musste auf meinem Erfolg aufbauen, bevor er beschloss, dass ein Spatz in der Hand in Form eines sofortigen Lobes dafür, dass er mich schnell ins Refugium geschickt hatte, besser war als irgendein hypothetischer Vorteil durch eine Bekanntschaft mit mir. „Willst du mich wirklich erwähnen?“

„Klar, das fällt mir nicht schwer.“ Ich grinste vor mich hin, als ich die Bestätigung meiner Annahmen hörte. NPCs, Spieler ... Die Psychologie der Manipulation funktionierte bei allen gleich. Also sollte ich wohl die Regel „eine Hand wäscht die andere“ anwenden ... „Aber ich habe eine Frage: Was bekomme ich dafür? Denn Gerhard wird sicher fragen, warum ich ihm von dir erzähle. Ich muss wissen, was ich ihm antworten soll.“

Ich nannte das Oberhaupt der Paladine der Erde absichtlich beim Vornamen, was Langirs einen weiteren Kulturschock bescherte. Denn für ihn war Gerhard van Brast das Oberhaupt, und es gab keine andere Bezeichnung für ihn. Ich sah den Paladin an und teilte seine Gefühle nicht im Geringsten. Es fühlte sich an, als ob Gerhard alles für ihn war. Vater, Gott, Bruder und weiß der Teufel was noch alles. Vielleicht war ich einfach noch nicht lange genug in der Zitadelle, und mit der Zeit würde ich auch so werden. Apropos! Ich fragte mich, ob es im Spiel Teufel gab.

„In unserer Welt sind sie schon vor langer Zeit fast ausgerottet worden. Meist leben sie mit den Dämonen an ihren Standorten“, antwortete Langirs. Offenbar hatten die jüngsten Ereignisse ihren Tribut von mir gefordert: Ich redete laut, ohne es zu bemerken. Ich sah mir schnell das Protokoll der letzten Minute an und seufzte dann erleichtert auf: Das Einzige, was ich Langirs gegenüber gesagt hatte, betraf die Dämonen. Ich würde besser aufpassen müssen. „Was die Frage angeht – ja, wir können uns gegenseitig von Nutzen sein. Ich habe Zugang zur Waffenkammer und kann dir beim Aufrüsten helfen. Aber erst, nachdem du mit dem Oberhaupt gesprochen hast.“

„Aufrüsten ... Was bedeutet das?“ Ich runzelte die Stirn. „Zusätzliche Platten für die Rüstung?“

„Nein, nein – ganz und gar nicht.“ Ein gönnerhaftes Lächeln flackerte über das Gesicht des Paladins, und er beeilte sich, sein Wissen zu demonstrieren: „Jede Klasse hat nur fünf Rüstungssets: das Standard-Set, das du vor deiner Abreise zur Akademie erhalten hast, das Zharkee-Set, das du jetzt trägst, Klifand, Daro und schließlich das Imperiale Set. Die ersten drei kann man kaufen, während die beiden anderen Sets, Daro und das Imperiale, nur für besondere Verdienste vergeben werden. Die Mehrheit hat also nur Zugang zu drei Arten von Sets.“

„In der Akademie hat der Lehrer von 20 Arten von Rüstungen gesprochen, und die beste davon war die Charleston-Rüstung. Von einem Imperialen Set war nicht die Rede“, sagte ich überrascht.

„Das ist ein weit verbreiteter Irrglaube.“ Der Paladin glühte förmlich vor Selbstüberschätzung. „Du verwechselst die Arten und Typen von Rüstungen. Wie ich schon sagte, gibt es nur fünf Arten. Aber jeder Typ kann verbessert werden, wodurch er zur Charleston-Rüstung aufsteigt. Wie du weißt, gilt das nur für Ritter – andere Klassen haben ihre eigenen Rüstungstypen. Aber in jedem Fall müssen die Spieler darauf achten, ihren vorhandenen Schutz zu verbessern. Nicht alle Klassen haben eine Rüstung, aber alle wollen leben. Verstehst du, was ich meine?“

Ich murmelte etwas Negatives und war erstaunt über die geringe Anzahl der Klassenrüstungen. In allen Spielen, die ich kannte, war die Rüstung eine der wichtigsten Komponenten für einen erfolgreichen Kampf gegen Monster auf hohen Leveln. In der Wirklichkeit erlebte ich eine böse Überraschung. Fünf Typen mit je 20 Arten schienen selbst mir als unerfahrenem Spieler zu wenig für dieses unendliche Spiel.

„Intaglios!“ Langirs sprach das unbekannte Wort mit großer Ehrfurcht aus und blieb stehen, offenbar in Erwartung einer aufgeregten Reaktion. Aber alles, was er erntete, war mein verständnisloser Blick. Der Paladin sah sich gezwungen, weitere Erklärungen abzugeben, und gab sein Bestes:

„Die beliebteste Methode zur Verbesserung von Rüstungen ist die Verwendung von Verstärkern: Intaglios, auch Edelsteine genannt. Das sind Edelsteine mit verschiedenen Eigenschaften. Sie verbessern zum Beispiel die Verteidigung, den Angriff oder was auch immer. Ein paar gut ausgewählte Edelsteine genügen, um die Chancen auf einen Respawn angenehm zu verringern. Ich bin mir sicher, dass du ihnen schon einmal begegnet bist, bevor du ein Spieler wurdest. Die meisten Machtsymbole, die von NPCs verwendet werden, haben sie. Du denkst, Kronen dienen nur zur Dekoration? Ganz und gar nicht! Sie bieten starken Schutz und unterdrücken den Willen! Ein NPC mit einer solchen Krone unterdrückt den Willen der Menschen und führt sie wie eine Herde. Nur Edelsteine, nichts Kompliziertes. Oder Charisma, aber das ist ziemlich selten.“

„Bietest du mir ein paar Edelsteine an?“, fragte ich sofort, nachdem der Paladin verstummt war.

„Nein, nein, ich bin nur ein einfacher Paladin mit bescheidenen Mitteln, und Edelsteine sind nicht gerade billig“, ruderte der Paladin zurück. „Aber ich kann dabei helfen, sie an der Rüstung anzubringen. Es ist nicht einfach, die Edelsteine anzubringen – das erfordert Geschick. Wenn wir uns einig sind und du ein Wort für mich einlegst, bringe ich dich in die Rüstungswerkstatt zu dem Meister, der auf den Einbau spezialisiert ist. Aber die Edelsteine selbst musst du bei einer Auktion kaufen. Oder irgendwo auftreiben.“

Ich kam mir vor, als hätte man mich getäuscht oder zumindest enttäuscht. In Gedanken hatte ich schon ein paar Edelsteine in meiner Tasche gehabt. So viel Aufwand für einen läppischen Mittelsmann …

„Danke für die Information. Ich werde darüber nachdenken“, sagte ich kurz und bemerkte, wie Langirs seine Lippen schürzte. Der Paladin hatte offensichtlich eine andere Antwort erwartet. Nun, es war nur fair, wenn wir uns gegenseitig enttäuscht trennen würden. Da wir einander nicht von Nutzen sein konnten, verschwendete ich keine Zeit und trat mutig in das Portal. Auf einen Schwindelanfall folgte eine Systembenachrichtigung:

Sie sind im Refugium der folgenden Spielwelt angekommen: Erde

Quest verfügbar: Registrierung. Besuchen Sie den Standesbeamten, um das Dungeon-Token und die ersten Aufgaben für Klasse und Spezialgebiet zu erhalten.

Viel Spaß beim Spielen!

Der Raum um mich herum verdichtete sich. Direkt vor mir materialisierten sich zwei Wesen, die mit ihren fetten Körpern mein gesamtes Blickfeld verdeckten. Ihr Geschlecht war nicht zu bestimmen, aber sie fletschten die Zähne und grinsten freundlich. Aufgrund des Lärms um sie herum vermutete ich, dass wir uns in einer Stadt befanden, aber ich konnte keine Einzelheiten erkennen. Ich richtete meine ganze Aufmerksamkeit auf die beiden Fettberge und versuchte erneut, ihr Geschlecht herauszufinden. Kurze Haare, weite karierte Unisex-Mäntel und Armeestiefel konnten jeden verwirren, aber angesichts der Schminke in ihren Gesichtern beschloss ich, dieser Welt eine Chance zu geben und sie als weiblich zu betrachten. Natürlich hatte ich schon in meiner Zeit als NPC Männer getroffen, die ganz selbstbewusst über die neuesten Make-up-Trends sprachen. Ich hoffte jedoch, dass hier alle normalen Männer einem eine reinhauen würden, wenn man versuchte, etwas anderes als Rasiercreme für sein Gesicht zu benutzen. Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der ich mich gefragt hatte, warum sich Jungs das Gesicht bepinselten. Aber dann hatte ich mir die Mädchen angesehen, die sich surrealistische Augenbrauen malten und Silikon in ihre Entengesichter pumpten, und mir war einiges klar geworden: Die Jungs hatten beschlossen, die Welt mit ihrer eigenen Schönheit zu retten, bevor die Opfer der weiblichen Logik sie komplett zerstörten. Oder sie waren einfach ... anders. Was sollte ich sagen? Toleranz ging heutzutage über alles!

„Guete Tag! Möchhhten Sie dat Großmünster besichhhtigen?“, fragte das Geschöpf rechts, und zu meiner Freude wurden mir zwei Dinge klar. Erstens, ich hatte mich nicht im Geschlecht geirrt. Zweitens, sie sprach Schweizerdeutsch. Das war das Ende meiner Freude, denn mein Ohr für diesen merkwürdigen Dialekt reichte gerade so aus, um zu erkennen, worum es sich handelte.

Während ich noch überlegte, was ich tun sollte, tauchten andere Gesichter unter uns auf. Ein kleiner, gepflegter Mann drängte sich irgendwie zwischen die Damen. Er trug eine aufwendige grüne Renaissance-Jacke.

„Wech da, tuttswitt!“ Der Mann fuhr die Ellbogen aus und kämpfte mit großem Eifer um mehr Platz. Von der Anstrengung wurde sein kleines Gesicht knallrot, was einen hervorragenden Kontrast zu seinem schneeweißen Spitzenhemd bildete. Nicht im Geringsten verlegen über seine lächerliche Erscheinung, schnippte der Mann direkt vor meiner Nase mit den Fingern, was mich noch mehr verwirrte. Gab es hier überhaupt jemanden, der nicht völlig verrückt war?

„Tut mir leid, meine Damen, aber dieses Exemplar der Touristenfauna gehört mir. Tut mir leid, dass ich Sie enttäuschen muss!“

„Wir haben ein Kontingent!“, bellte die Dame rechts. „Wir müssen drei weitere Touristen in die Kirche bringen! Sonst wird Herr Schulz böse! Er muss das Großmünster besuchen!“

„Er wird es auf jeden Fall besuchen und sich dort alles genau ansehen können. Herr Schulz wird mit Ihnen zufrieden sein“, fuhr der Kurze fort, während ich den Dialog genoss und nun verstand, warum er mit den Fingern schnippte. Schade, dass sich der Rest meiner Probleme nicht auf diese Weise lösen ließ. „Dann machen wir uns mal auf den Weg. Ich wünsche Ihnen alles Gute!“

Der Spinner verbeugte sich und gab sich so viel Mühe mit den Weibern, dass es aussah, als wären sie nur einen Schritt von der Königswürde entfernt. Im Gegenzug verwandelten sie sich direkt vor unseren Augen: Ihre Wangen erröteten, ihre Augen begannen zu leuchten, und ihr kokettes Lächeln verwandelte sie in das von ein paar gemütlichen und heimeligen Mädels, in deren Schoß sich Kinder niederlassen würden, um sich ein Märchen vorlesen zu lassen. Sie lächelten, ließen den Blick sinken und zogen sich zurück, schritten langsam wie ehrbare Matronen, kümmerten sich um ihre eigenen Angelegenheiten und legten ihre Mäntel ab, während sie gingen – offenbar, um dem kleinen Kerl zu zeigen, dass sie nicht frei von Schönheit waren: Es stellte sich heraus, dass beide Boho-Kleider trugen. Was ich allerdings nicht verstand, war, warum diese Frauen immer gleich aussahen? Wenigstens hatte ich mich nicht über ihr Geschlecht geirrt.

„Oh, diese süßen NPCs.“ Mein Befreier sah den sich zurückziehenden Frauen nach, dann wandte er sich wieder mir zu. „Man weiß nie, welche Rätsel das Spiel verbirgt, wenn es uns in die Nähe dieser Kreaturen bringt. Erlauben Sie mir, mich vorzustellen: Graf Lefer de la Gant, ein Adliger von Geburt, ein Barde und, wenn Sie es erlauben, Ihr Führer und Begleiter während Ihres ersten Besuchs im Refugium, Paladin Yaropolk.“

Mit der geschmeidigen Bewegung eines professionellen Tänzers trat Lefer zur Seite und lud mich mit einer lustigen, altmodischen Geste ein, ihm zu folgen. Als er meine Verwirrung sah, fügte der Graf hinzu:

„Bitte verzeihen Sie mir meine Vergesslichkeit. Ich hätte Ihnen von Anfang an alles erklären müssen. Wir befinden uns jetzt im Refugium, auch Zürich genannt – es ist eine der prächtigsten Städte dieser Spielwelt. Sie können diese Stadt als eine Oase in der Wüste der Dunkelheit und des Streits betrachten. Hier werden Sie nicht bedroht: weder von anderen Spielern noch von NPCs, die regelmäßig versuchen, sich gegenseitig Schaden zuzufügen, der mit dem normalen Leben unvereinbar ist. Es drohen auch keine Katastrophen, Überschwemmungen oder andere Naturkatastrophen. Das Spiel selbst überwacht die Einhaltung der Regeln. Sie können sich getrost auf mein Talent als Führer verlassen. Es wäre unverzeihlich, Zürich zu verlassen, ohne sich alle Wahrzeichen anzusehen. Glauben Sie mir, davon gibt es hier genug. Ich kann Ihnen sagen, dass Sie sich glücklich schätzen können, mich als Stadtführer zu haben. Ich kenne diese Stadt wie kein anderer. Und wir ... Stört Sie etwas?“

Lefer schien einem faszinierenden historischen Abenteuerroman entsprungen zu sein. Mit seinen Manieren, seiner Sprache und seiner Galanterie hätte er der Hauptheld und Liebhaber oder ein halsbrecherischer Abenteurer sein können. Alles, was ihm zur Vervollständigung des Bildes fehlte, waren ein breitkrempiger Hut und die unvermeidliche Pfauenfeder. Ich könnte leicht annehmen, dass Lefer in diesem Moment tatsächlich einen solchen trug, ihn aber einfach unsichtbar gemacht hatte. Wie auch immer er aussah – das war es nicht, was mich störte. Es gab schließlich genug Leute, die Cosplay mochten.

„Ich entschuldige mich für meine ungewollte Unhöflichkeit, aber ich muss zugeben, dass ich einige unüberwindliche Zweifel an unserem gemeinsamen Spaziergang an diesem wundervollen Ort habe“, sagte ich, ohne diese Ausdrucksweise von mir zu erwarten. Verdammt – anscheinend war das ansteckend. Aber Lefer war beeindruckt. Die vielen Dumas-Romane, die ich als Kind gelesen hatte, waren wohl nicht umsonst gewesen. Sein Schnurrbart zuckte ein paarmal, und dann sprach er in normalem Ton, ohne Schnörkel:

„Lassen Sie uns zu den Einzelheiten übergehen. Das wird uns Zeit sparen. Worüber sind Sie unglücklich?“

„Gern. Ich habe ein paar Fragen an Sie. Ich gehe nirgendwohin, bis ich die Antworten erhalten habe. Warum ist das Refugium in Zürich? Sollte es nicht an einem versteckten Ort sein, umgeben von Kraftfeldern und hohen Zäunen, sodass gewöhnliche NPCs keinen Zugang haben? So etwas wie Shambala oder Eldorado? Aber Zürich? Dann verstehe ich Ihre Rolle als Begleiter nicht ganz. Bitte erklären Sie mir: Wer hat Ihnen diese Rolle zugewiesen? Und warum waren es zuerst zwei Damen, die mich begrüßten, und nicht Sie? Warum sollte ich Ihnen glauben, dass es hier sicher ist? Und vor allem, warum sollte ich mit Ihnen irgendwo hingehen?“

„Die Mönche von Shambala wären nicht sonderlich erfreut, wenn Mitglieder anderer Klassen an der Schwelle ihrer Zitadelle auftauchen würden“, erwiderte Lefer, der sich von meiner Rede nicht im Geringsten beirren ließ, lächelnd. „Die Vampire von Eldorado wären es auch nicht. Durch eine Entscheidung der Oberhäupter der Klassen vor mehreren hundert Jahren wurde Zürich als Refugium ausgewählt, da es die einzige Stadt ist, die von allen Zitadellen der Erde gleich weit entfernt ist. Das Spiel hat das bestätigt, und jetzt haben wir diese unglaubliche Gelegenheit, in Zürich Ruhe und Frieden zu genießen. Ich hoffe, meine Antwort auf die erste Frage ist für Sie zufriedenstellend.“

Ich nickte. „Mehr als zufriedenstellend.“

„Was meine Gesellschaft betrifft, so gibt es nur eines zu sagen: Es ist eine Gemeinschaftsarbeit, und ich genieße sie nicht mehr als Sie auch.“ Lefer sprach in einem ruhigen und ernsten Tonfall. „In regelmäßigen Abständen erhält jeder Spieler eine solche Aufgabe, die einfach nur erledigt werden muss, ohne Rücksicht auf irgendetwas, und dann vergessen wird. Normalerweise findet das Treffen auf dem zentralen Platz statt, aber Sie haben sich verspätet, und die Koordinaten des Ankunftsortes haben sich verschoben. So gut wie jeder hätte Sie dort treffen können. Alles, was ich über die Sicherheit gesagt habe, kann ich mit einem Eid bestätigen. Möge das Spiel bezeugen, dass ich die Wahrheit sage.“

Für einen kurzen Moment blitzte weißes Feuer um den Barden auf und löste die enorme Spannung, die ich in meiner Seele gespürt hatte. Ich hatte mich wirklich gefragt, warum dieser grün bestickte Mantel ausgerechnet mich verfolgte. Aber wenn das seine Aufgabe war, dann sollte er sie auch gut ausführen.

„Was hatten Sie von einer Stadtführung erwähnt?“

Zürich entpuppte sich als eine recht interessante Stadt. Man konnte zwar nicht sagen, dass ihre Schönheit mit der von Rom, Paris oder London vergleichbar war, doch sie hatte ihren eigenen Charme. Besonders beeindruckt war ich von den Menschen – niemand hatte es eilig, irgendwo hinzukommen. In meinem früheren Leben hatte ich zufällig in einer riesigen Metropole gelebt, in der Zeit sehr wertvoll gewesen war. Alle hatten es eilig gehabt: zur Arbeit hin, von der Arbeit nach Hause, zum Essen, zum Schlafen, zum Sterben. In Zürich war das anders. Alle NPCs, Einheimische wie Touristen, schlenderten langsam durch die Stadt, in einer seltsamen Melancholie, wie ein Verliebter nach einem erfolgreichen Date. Müde vom langen Laufen beschlossen wir, in einem gemütlichen kleinen Café einen Kaffee zu trinken. Als ich sah, wie er langsam zubereitet wurde, wurde mir klar, dass nur diejenigen, die wussten, dass sie eine Ewigkeit vor sich hatten, so kochen konnten. Irgendwann flackerten die Informationstafeln, die über den Köpfen der NPCs erschienen, so sehr vor meinen Augen – vor allem, wenn Gruppen von Touristen vorbeigingen –, dass ich die Einstellungen öffnete und sie ausschaltete. Meine Brust zog sich zusammen: Die Welt schien praktisch die gleiche zu sein wie vor dem Spiel. Wenn ich mir vorstellte, dass die Spieler, die da hin und her liefen, einfach nur historische Darsteller oder Cosplayer waren, wäre es so, als wäre mir nichts passiert. Als wäre ich einfach nur auf Reisen und hätte nicht eine Ewigkeit vor mir.

„Ich darf meinen Auftrag wohl als erfüllt betrachten.“ Fünf Stunden nach unserem Treffen seufzte Lefer erleichtert auf und wies mit der bekannten altmodischen Geste auf die Türen des dreistöckigen Rathauses. „Ich wage zu hoffen, dass Ihr Rundgang durch Zürich noch lange in Ihrem Gedächtnis haften bleibt und Sie sich an langen Winterabenden bei einem Glas Wein vor dem Kamin wehmütig und dankbar an mich erinnern werden. Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Spiel, Monsieur Yaropolk – Graf Lefer de la Gant steht Ihnen jederzeit zu Diensten.“

Ich nickte dem Grafen zum Abschied zu und wartete, bis er um eine Ecke bog und die Türen des Rathauses öffnete.

„Zweck Ihres Besuchs?“

Zwei NPC-Wachen versperrten mir den Weg.

„Anmeldung“, sagte ich in der Erwartung, sofort eingelassen zu werden.

„Welche Anmeldung? Das ist der Stadtrat!“ Die erste Wache gab nicht so schnell auf.

„Ich muss zum Büro Nummer 23“, versuchte ich einen neuen Ansatz.

„Stellen Sie sich vor. Ich muss sehen, ob Sie auf der Liste stehen.“ Die zweite Wache holte ihr Tablet hervor.

„Paladin Yaropolk!“ Die Müdigkeit forderte ihren Tribut, schließlich war es ein sehr anstrengender Morgen gewesen. Ich wurde langsam gereizt. Das war ganz und gar nicht die Art von Begrüßung, die ich erwartet hatte.

„Ah, da sind Sie ja.“ Der Wachmann notierte etwas auf dem Tablet. „Sie waren für 12:30 Uhr vorgesehen, jetzt ist es 14:42 Uhr. Sie können sich für morgen anmelden ... Moment, nein – wir sind ausgebucht. Der nächstmögliche Termin in Büro 23 ist übermorgen um 5:30 Uhr. Soll ich ihn für Sie buchen?“

„Nein! Ich brauche ihn heute! Jetzt!“ Mein Temperament kochte über.

„Beruhigen Sie sich, sonst müssen wir die Polizei rufen. Sie sind spät dran. Es werden gerade andere Besucher empfangen. Soll ich Sie für übermorgen anmelden?“

„Ja“, bellte ich und versuchte nicht einmal, mich zu beruhigen. Ich fragte mich: Wusste Lefer, dass die Anmeldung zeitgebunden war? Wahrscheinlich wusste er es – und trotzdem hatte er mich auf diese Stadttour geschleppt. Die Tür öffnete sich, und ein in eine Lederrüstung gekleideter Jäger erschien. Mit einem kurzen Blick auf mich wandte er sich an den Wachmann, stellte sich vor und erhielt problemlos einen Ausweis für eben dieses Büro Nummer 23. Ich fluchte leise, drehte mich um und ließ meine Wut an der Tür aus. Was sollte ich denn zwei Tage lang in Zürich machen?

„Was für eine Begegnung! Was für eine Freude, Sie wiederzusehen! Ich nehme an, Sie hatten ein Problem mit der Anmeldung?“ Der grinsende Lefer wartete am Eingang des Rathauses auf mich. Jetzt würde ich sehr wahrscheinlich herausfinden, was es mit dieser aufwendigen Aktion auf sich hatte. Sicherlich war das nicht nur aus Spaß an der Freude geschehen. „Ich könnte meine bescheidenen Dienste anbieten und helfen, den Prozess zu beschleunigen. Zufälligerweise schuldet mir der Kanzler, Claude, einen Gefallen. Für ein bescheidenes Entgelt von einem halben Granis helfe ich Ihnen gerne, Ihre Anmeldung jetzt und nicht erst in ein paar Tagen abzuschließen.“

„Wie nett von Ihnen.“ Ich grinste. „Teilen Sie sich das Zimmer mit Claude? Muss ich ihn separat bezahlen, oder reicht ein halber Granis für alle Kosten?“

„Es ist ein Vergnügen, wenn dein Visavis dich so gut versteht. Ein weiterer halber Granis ist die Entschädigung für Claude, da er länger arbeiten muss. Wenn Sie diese Summe nicht haben, könnten wir eine Vereinbarung treffen.“

„Garantien.“ Ich unterbrach den wortgewandten Barden. Er war ein ziemlicher Süßholzraspler. In meinem Kopf nahm allmählich ein Plan Gestalt an.

„Ist mein Wort nicht genug?“ Lefers Empörung war aufrichtig. „Sind wir in der Zeit, die wir uns kennen, nicht Freunde geworden? Warum sollte ich einen Freund betrügen? Nun, es war unglücklich, dass ich die Zeit des Termins vergessen habe. Aber so ein Ausrutscher kann jedem passieren. Ich bin bereit, meine helfende Hand auszustrecken. Lefer lässt seine Freunde nicht im Stich! Nur einen halben Granis, und ich werde das Problem lösen!“

„Einen Granis“, korrigierte ich ihn. „Sie scheinen ständig Claudes Anteil zu vergessen.“

„Wie gut, dass Ihr Gedächtnis so vortrefflich ist“, sagte Lefer und war wieder gut gelaunt. „Sie haben recht – es wird insgesamt ein Granis sein. Ich verstehe – für einen Anfänger mag dieser Betrag übertrieben sein, also könnten wir uns darauf einigen, den Dungeon zu absolvieren. Nehmen Sie uns mit! Das wird reichen, um alle unsere Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen.“

Jetzt verstand ich den wahren Zweck der Angelegenheit. Diese Betrüger gingen in der Tat kein Risiko ein. Es war verboten, Spieler im Refugium anzugreifen, sodass keine Gefahr für körperliche Schäden bestand. Zudem wussten nicht alle Noobs, dass es möglich war, ein Verfahren wegen Erpressung anzustrengen, außerdem würden sie wohl kaum ihre Zeit damit verbringen wollen. Lefer durfte nicht wirklich auf Granis hoffen, denn normalerweise war ein Noob ein schlechter Spieler. Die Schlussfolgerung lautete also: Entweder ein Spieler wartete einfach ab und meldete sich ein paar Tage später an, oder er nahm den ganzen Haufen mit in den Dungeon. Mir war nur nicht klar, warum sie alle so erpicht darauf waren, mit den Noobs durch die Dungeons zu gehen.

„Ich möchte zuerst mit Claude sprechen.“ Ich beschloss, so zu tun, als ob ich bereit wäre, zuzustimmen, aber immer noch einige Zweifel hätte. Das Spiel hatte noch nicht angeboten, einen Fall zu eröffnen, aber ich war sicher, dass es das jeden Moment tun würde. Diese Betrüger hatten einfach Pech, wenn sie versuchten, einen Richter um den Finger zu wickeln. „Wenn er bestätigt, dass er bereit ist, mir bei der Anmeldung heute zu helfen, sodass ich keine zwei Tage warten muss, dann werden wir über Vereinbarungen sprechen.“

„Das ist vernünftig. Möchten Sie vielleicht Platz nehmen?“ Lefer wies auf die nächstgelegene Bank. Ein verliebtes NPC-Pärchen sprang unvermittelt auf und überließ mir den Platz. Ich sah den Barden nun mit anderen Augen: Er benutzte offensichtlich einen Willensunterdrücker.

Fünf Minuten später kehrte Lefer aus dem Rathaus zurück und teilte mir freudig mit, dass alle Formalitäten erledigt waren und Claude freundlicherweise zugestimmt hatte, mich zu empfangen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt mit einem anderen Besucher beschäftigt war. Natürlich würde er das tun, wenn die Beute praktisch darum bettelte, gehäutet zu werden.

Diesmal schenkten die Wachen mir und Lefer keinerlei Beachtung, und ich konnte ungehindert in den zweiten Stock hinaufsteigen, in das Reich der Bürokratie. Überall liefen Beamte hin und her, die mitleidig versuchten, wichtig auszusehen, indem sie grimmig dreinschauten und dunkelblaue Geschäftsanzüge trugen. Es war schon komisch, aber je niedriger die Position eines Sachbearbeiters auf der Karriereleiter war, desto mehr Mühe gab er sich, so zu tun, als sei er äußerst beschäftigt, indem er jede Minute auf seine Uhr schaute oder ununterbrochen Tasten auf seinem Smartphone drückte. Und man würde nie erraten, dass er nicht auf die Uhr schaute, weil er sich mit seiner wichtigen Sachbearbeitertätigkeit beeilte, sondern weil es an der Zeit war, seine Sklaven auf ein weiteres Computerspiel anzusetzen, oder weil er bereits in einem Online-Casino erwartet wurde – und er fummelte an seinem Handy herum, weil man ihn ablenkte und er Schwierigkeiten hatte, seinen Angry Bird auf das Ziel zu richten. Wenn man hingegen graue Menschen sah, die lustlos in endlosen Papierstapeln blätterten, konnte man sich darauf verlassen, dass das jemand war, der dir auf jeden Fall helfen würde. Denn er trug nicht Grau, weil er diese Farbe bevorzugte, sondern weil er schon lange die Lust am Leben verloren hatte, weil er hart arbeiten musste, um all die faulen Trottel zu decken. Aber diese wahren Sklaven des Büros waren rar gesät.

„Das ist ungeheuerlich!“ Der Jäger, den ich zuvor gesehen hatte, schrie, als Lefer und ich die Tür zu Büro 23 öffneten. Er hing über dem Schreibtisch und schrie den Gnom an, der den Spieler über seine Brille hinweg teilnahmslos ansah. „Ich werde mich beschweren!“

„Das liegt an Ihnen, die Zufallszuweisung unterliegt nicht unserer Kontrolle.“ Der Gnom klappte sein Notizbuch zu und drehte sich zu uns um. „Lefer, ist alles in Ordnung?“

„Kann nicht klagen“, erwiderte der Barde, schob mich in das Büro und schloss die Tür. „Yaropolk wollte die Details persönlich besprechen, bevor er den Vertrag abschließt.“