Die Sache im Stadtpark - Hansjörg Martin - E-Book

Die Sache im Stadtpark E-Book

Hansjörg Martin

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Beschreibung

Die Sache im Stadtpark fing eigentlich ganz harmlos an. Weder Jochen noch die anderen Jungen, die da auf der Wiese mit Kathinka herumtobten, ahnten, daß ihr Spiel so ernste Folgen haben wird. Aber der Parkwächter ist überzeugt, daß er hier einer ganz schlimmen Sache auf die Spur gekommen ist. Und schon sitzt Kathinka auf dem Polizeirevier einer Kriminalbeamtin gegenüber, und die Vernehmungen beginnen. Da ist plötzlich von Dingen wie «versuchter Notzucht» die Rede. Und bereits am nächsten Tag liegt die Akte beim Jugendrichter Riemann …

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Hansjörg Martin

Die Sache im Stadtpark

Eine Kriminalgeschichte

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Die Sache im Stadtpark fing eigentlich ganz harmlos an. Weder Jochen noch die anderen Jungen, die da auf der Wiese mit Kathinka herumtobten, ahnten, daß ihr Spiel so ernste Folgen haben wird. Aber der Parkwächter ist überzeugt, daß er hier einer ganz schlimmen Sache auf die Spur gekommen ist. Und schon sitzt Kathinka auf dem Polizeirevier einer Kriminalbeamtin gegenüber, und die Vernehmungen beginnen. Da ist plötzlich von Dingen wie «versuchter Notzucht» die Rede. Und bereits am nächsten Tag liegt die Akte beim Jugendrichter Riemann …

Über Hansjörg Martin

Hansjörg Martin (1920–1999) war ursprünglich Maler und Graphiker. Nach dem Krieg arbeitete er als Clown, war Bühnenbildner und Dramaturg, dann freier Schriftsteller. Er schrieb Kriminalromane und Kinder- und Jugendbücher.

Inhaltsübersicht

Die Wahrheit ist ...Vielen Dank für ...Am Donnerstag, dem 14. Oktober, 16 Uhr 45 …«Nun erzähl mal, Kathinka!»Das ist alles überhaupt nicht wahr!Kathinka und die KatastropheRichter Riemann renkt es ein

Die Wahrheit ist oft zu einfach, um Glauben zu finden.

Sprichwort

 

Die folgende Geschichte ist zwar erfunden,aber sie könnte durchaus auch geschehen sein,denn solche Sachen passieren –nicht nur im Stadtpark.

Vielen Dank für die Hilfe und Beratungen an Gerd Siekmann, Hamburg.

HM

Am Donnerstag, dem 14. Oktober, 16 Uhr 45 …

… hat die blöde Geschichte angefangen.

Sie hat eigentlich ganz zufällig angefangen. Keiner hat geahnt, daß aus einer Herumalberei so ’n dickes Ei werden könnte. Weder Stefan Scharnagel noch Henrik Ruppel, weder Thomas Hase noch Jochen Lottmann – keiner der vier Jungen überschaute, was für eine unheimliche Sache damit losging, daß Kathinka Quenzel plötzlich «Hilfe!» schrie.

Es gab eigentlich keinen ernstlichen Grund, daß sie schrie – vielleicht war sie ein bißchen erschrocken wegen der zerrissenen Bluse. Aber sie würde deshalb ganz bestimmt nicht Hilfe geschrien haben, wenn sie gewußt hätte, daß Reißmüller – ausgerechnet der sture Emil Reißmüller – an diesem Tag Dienst hatte und gerade in dem Augenblick den Hermann-Löns-Weg langkam, als Kathinka schrie.

Mal angenommen, am Nachmittag dieses Donnerstags im Oktober würde irgendwer am Osteingang des Stadtparks, meinetwegen an der Bismarckallee, wo der langweilige Kinderspielplatz ist – da würde also irgend jemand einen der sieben Papierkörbe umgekippt haben. Dann wäre Emil Reißmüller in seiner Eigenschaft als städtischer Parkwächter damit mindestens zehn Minuten beschäftigt gewesen, schimpfend («… die Jugend von heute! Alles Ferkel! Keine Achtung und Ordnung mehr!» und so weiter) die Colabüchsen, Papierknäuel und Bananenschalen zusammenzuklauben. Dann hätte er Kathinkas Hilfeschrei nicht gehört – und die ganze Sache wäre nicht losgegangen.

Es war wirklich der reine Zufall, daß ausgerechnet Reißmüller, der alte Sturkopf, ausgerechnet um diese Zeit, ausgerechnet diesen Parkweg langkommen mußte.

Aber laßt uns mal eine halbe Stunde vor Kathinkas Hilfeschrei anfangen, damit klar wird, daß die Sache im Stadtpark ganz harmlos begann und dann so falsch gelaufen ist, wie nur irgendwas falsch laufen kann.

 

«Ich hab da kein Problem mit meinem Vater», sagte Stefan Scharnagel. «Der hat seine Kakteen – alle Fensterbretter voll – und wenn ich ihm hier und da mal beim Umtopfen helfe oder wenn ich sie gieße, während er auf Dienstreise ist, dann ist er ganz genießbar.»

«Meiner ist meistens ungenießbar», sagte Henrik Ruppel, «am ungenießbarsten, wenn sein Verein verliert. Und die haben im letzten halben Jahr sieben von zehn Spielen vergeigt. Stehen kurz vor dem Abstieg. Ihr solltet nur mal sehen, was da losgeht nach so ’nem Spiel, wo sie eins zu vier untergegangen sind …»

«Wie äußert sich denn das?» wollte Thomas Hase wissen.

«Dann kommt er – schon angesäuselt – wütend nach Hause», erzählte Henrik, «schimpft wie verrückt auf den Schiedsrichter, macht meine Mutter an, kippt eine Pulle Bier nach der anderen und ist überhaupt nicht ansprechbar, wenn ich ’n bißchen Knete von ihm will oder Musik hören.»

«Hat er denn kein Hobby?» fragte Stefan.

«Nee, nix», sagte Henrik. «Bloß Fußball gucken … und drüber reden. Da hat er allerdings doll was drauf, weiß noch genau, in welcher Aufstellung Arminia Bielefeld 1979 gegen sonstwen gespielt hat und warum das kein Abseits war in der zweiten Halbzeit und so was alles. Aber sonst interessiert ihn gar nichts. Die Politik nicht und sein Beruf auch nicht – nix!»

«Was macht denn dein Alter?» fragte Jochen Lottmann.

«Werkmeister bei Steinke & Ludwig», sagte Henrik.

«Ist ja auch kein Leben für deine Mutter, wie?» meinte Ilona Hebestreit.

«Dem würdeichabereinheizen …!» sagte Kathinka Quenzel. Sie hockten zu fünft auf der weißgestrichenen Bank im Stadtpark, dort, wo der Hermann-Löns-Weg den Auerhahnstieg kreuzt. Vier von ihnen waren gleich alt, nämlich zwischen vierzehn und fünfzehn, die kleine krullerlockige Ilona war dreizehndreiviertel, und nur Jochen Lottmann, der auch zur Clique gehörte, wurde demnächst schon sechzehn.

Jochen war gerade erst dazugekommen. Er kam immer eine halbe oder ganze Stunde später zum Treff, weil er nicht mehr zur Schule ging, sondern seit einem Jahr eine Lehrstelle hatte. Er lernte Kunsttischler und hatte erst um fünf nachmittags Feierabend.

Die sechs wohnten im gleichen Stadtviertel und kannten sich schon seit Jahren. Stefan Scharnagel, Thomas Hase und Kathinka Quenzel saßen in einer Klasse.

Henrik Ruppel ging, weil er vor zwei Jahren sitzengeblieben war, in Ilona Hebestreits Klasse.

Sie trafen sich alle bei schönem Wetter an ‹ihrer› Bank im Stadtpark.

Bei Regen und im Winter hockten sie oft im Dachgeschoß von Scharnagels Reihenhaus zusammen, wo Stefan ein Zimmer mit schrägen Fenstern hatte, oder in der Gartenlaube von Jochen Lottmanns Großvater.

Am Donnerstag, dem 14. Oktober, war schönes Wetter. Auch jetzt, spätnachmittags, war es noch mild, obwohl die Sonne bereits tief stand und die Bäume und Büsche lange Schatten warfen.

Das dichte Rhododendrongebüsch, das neben und hinter der weißen Bank wuchs, ließ die schrägen Sonnenstrahlen nur an einigen Stellen durch die Blätter, so daß die Gesichter der Mädchen und Jungen wechselnd beschattet und beleuchtet waren. Kathinkas hellblonder Haarschopf wurde gerade angestrahlt, als sie sagte:

«Ich war letzten Sonntag auf einem Kindergeburtstag bei einer Tante. Da haben wir mit den Gören was gespielt, das ich ganz vergessen hatte. Echt albern – aber unheimlich toll …»

«Ringelreihn?» fragte Stefan.

«Topfschlagen?» sagte Henrik.

«Würstchenschnappen?» rätselte Ilona.

«Nein – Blindekuh!» erklärte Kathinka. «Einer kriegte die Augen verbunden, und die anderen mußten im Kreis …»

«Kenn ich», sagte Thomas.

«Na und …?» fragte Jochen.

«Ich meine ja bloß, daß das toll war», sagte Kathinka. «Und ehe wir hier rumsitzen und über unsere Eltern reden, was wir schon hundertmal geredet haben, könnten wir auch irgendwas spielen, finde ich.»

«Blindekuh etwa?» fragte Stefan.

«Oder Würstchenschnappen», flaxte Thomas. «Kathinka ist das Würstchen …»

«Selber Würstchen, Blödmann!» rief Kathinka ärgerlich.

«Ich muß nach Hause», erklärte Ilona. «Mein Vater geht halb sieben zum Nachtdienst, und meine Mutter macht irgendeinen Abendkurs, ich weiß nicht, Gymnastik oder so was, weil sie denkt, daß sie zu dick ist. Und da muß ich zu Hause sein und auf meinen kleinen Bruder aufpassen. Aber spielt mal ohne mich Blindekuh oder Würstchenschnappen.»

«Hast du schon Biologie gemacht?» fragte Henrik.

«Ja», sagte Ilona.

«Kann ich mir das nachher bei dir abholen?»

«Kannst du, klar», sagte Ilona.

«Sehr raffiniert!» bemerkte Jochen feixend.

«Was?» fragte Henrik.

«Na ja – kaum hörst du, daß Ilona ’ne sturmfreie Bude hat», sagte Jochen, «gleich gehste hin. Vorwand: Biologie! Nicht mal richtig geschwindelt … Ist ja biologisch, was du da vorhast!»

Ilona sah ihn verständnislos an. Thomas griente. Stefan runzelte die Stirn.

«Du bist ein Kotzbrocken, Jochen!» knurrte er.

«Das hättest du mal zu mir sagen sollen!» meinte Henrik grinsend.

Kathinka schüttelte den Kopf. «Was ihr immer für Quatsch redet», sagte sie.

Ilona ging zu den Fahrrädern, die am Stamm einer Linde lehnten, und rangierte das vorderste, Jochens schönes Hollandrad, an das er drei verschiedene Klingeln und zwei Lampen montiert hatte, an die andere Seite des Baumes.

«Bis nachher, Henrik», sagte sie. «Macht’s gut, Leute.»

Sie stieg auf ihr Rad und fuhr davon, obwohl Radfahren auf den Parkwegen verboten war. Sie hatte sich allerdings vorher umgesehen, ob auch keiner kam. Reißmüller war zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt. Er war im Geräteschuppen hinter dem Spielplatz damit beschäftigt, Harken, Spaten und andere Gegenstände zu ordnen, denn er war ein ordnungsliebender Mann.

Er würde sich erst in zehn Minuten zu seinem abendlichen Rundgang aufmachen, der so dramatische Folgen haben sollte.

 

Zur gleichen Zeit, also kurz vor 17 Uhr, saß die Kriminalhauptkommissarin Elfriede Uhlig in dem Dienstzimmer, das sie mit zwei anderen Kolleginnen teilen mußte. Sie hatte gerade einen Bericht fertiggestellt, der sich mit dem Ladendiebstahl der Rentnerin Amalie N. befaßte. Sie war traurig über den Fall, weil die alte Frau ihr leid tat, und sie machte sich Gedanken, ob es in Ordnung sei, daß die arme Person wegen eines gestohlenen Viertelpfunds Kaffee (Marke Triumph-Exquisit-Auswahl) und einer 200-Gramm-Packung Geleefrüchte bestraft werden würde, die sie sich mit 430 Mark Rente nicht kaufen konnte. Dabei fiel ihr eine Zeitungsmeldung über den Bankier A. ein, der mit falschen Spekulationen ein paar tausend kleine Leute um ihre Spargroschen gebracht hatte und der jetzt in Mittelamerika unbehelligt die Millionen verlebte, die ihm gar nicht gehörten.

Kriminalhauptkommissarin Uhlig, 32 Jahre alt, geschieden und als ‹fähige Beamtin› beliebt, wußte, daß diese Überlegungen nicht zu ihren Pflichten gehörten – aber sie konnte es sich nicht abgewöhnen, hier und da über solche Sachen nachzudenken.