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Alfred Ballabene

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

In der Broschüre erlernt Arik die Grundzüge des Maha Yoga, ein sehr unbekannter und individueller Yogazweig. Arik besucht nicht etwa ein Yogazentrum, um im Kreis vieler Menschen belehrt zu werden. Das wäre bei diesem Yoga gar nicht möglich, weil der Maha Yoga ein individueller Weg ist und nur im Einzelkontakt von einem Guru weitergegeben werden kann. Arik lernte seine Gurini (weiblicher Guru) rein zufällig kennen, sofern man unter zufällig etwas meint, das einem durch das Schicksal zufällt. Diese Gurini heißt Dasi und war zumindest äußerlich keine erhabene Erscheinung. Keineswegs, denn Dasi war eine Pennerin, beziehungsweise Sandlerin, wie man in Wien eine Pennerin nennt.

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Alfred Ballabene

Die Sandlerin Dasi

Gurini-Chela Beziehung in einem europäisierten Tantra-Yoga

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Die Sandlerin Dasi

 

Gurini-Chela Beziehung in einem europäisierten Tantra-Yoga

 

 

Alfred Ballabene

[email protected]

[email protected]

Die Sandlerin

 

 

Vorweg, "Sandlerin" nennt man in Wien eine Obdachlose, eine Pennerin. Leider hat unsere Wohlstandsgesellschaft wenig Verständnis für die Nöte jener und man hat ihnen U-Bahnen und andere windgeschützte und wärmere Plätze in Wien verboten. Sie werden aus öffentlichen Gebäuden vertrieben, damit unsere Wohlstandsgesellschaft sich an ihnen nicht stört.

 

Arik war gerade bei einer Sandlerin vorbei gegangen. Die Sandlerin hatte es sich auf einer Parkbank bequem gemacht. Sie war etwa 35 bis 40 Jahre und eine hübsche Frau, stellte Arik fest. Da es Herbst war, war sie in einen dicken Mantel eingehüllt. Zudem hatte sie einen dicken Pullover und Schal. Auf ihrem Schoß hatte sie einen Hund, der sehr zufrieden aussah und der, wie es den Anschein hatte, sie abgöttisch liebte.

 

 

Dasi mit ihrem Hund

 

Arik blieb stehen und drehte sich etwas unschlüssig wieder um. Sie hatte nicht gebettelt. Wenn er ihr also einen Euro geben würde, könnte es sein, dass sie dies als ein ungefragtes und herablassendes Almosen betrachten würde und vielleicht beleidigt wäre. Bei zehn Euro ist das schon anders, die nimmt sie sicherlich, dachte er sich.

 

Arik gab ihr zehn Euro. Sie nickte dankend mit ihrem Kopf und fragte ihn, ob er sich zu ihr auf die Banks setzen wolle. Es war Sonntag und Arik hatte Zeit, viel Zeit. So setzte er sich zu ihr. Es war so gegen elf Uhr und da Sandler wegen der Kälte zeitig aufstehen und sich durch Bewegung aufwärmen müssen, sind sie meist um diese Tageszeit schon hungrig. Deshalb fragte er sie, und deutete mit dem Kopf zum Würstchenstand, ob sie mit ihm zusammen eine Burenwurst essen wolle.

Ihr Gesicht hellte sich auf und sie nickte. "Mit viel Senf und wenn es geht ein Brotscherzel."

"Mach ich", sagte Arik. "Bier?"

"Ja", sagte sie.

Kurz darauf war er wieder zurück mit drei Kartonunterlagen, für sie und ihn eine Burenwurst und zwei Becher mit Bier. Ein Karton mit zwei Burenwürsten für den Hund - weil er kein Brot dazu bekam; das Brot gab er nämlich der Sandlerin. Zunächst einmal aßen sie gemütlich und fühlten sich wohl.

Der Hund war überaus diszipliniert, das erstaunte Arik. Seine zwei Burenwürste waren nämlich noch zu heiß und er musste warten. Die Sandlerin stellte seine Portion neben sich auf die Bank. Ihr Hund schielte zwar immer wieder hin, blieb aber nach einer einzigen Ermahnung auf ihrem Schoß. Letztlich wurde seine Geduld belohnt und er bekam seine Burenwürste, Stück für Stück zugereicht. Zum Abschluss bekam er noch ein paar Streicheleinheiten.

 

 

Arik

 

Nachdem alle mit Genuss ihr Essen verspeist hatten, begann Arik das Gespräch: "Das Leben ist wie ein Lotteriespiel. Wenn man Glück hat, wird man in eine reiche Familie geboren, und wenn man Pech hat, landet man auf der Straße."

"Wenn man Pech hat wird man in eine reiche Familie geboren", besserte ihn die Frau aus.

Arik starrte sie entgeistert an.

"Nun, wenn ein reich geborener Mensch auch nur einen halbwegs guten Charakter hat, wird er seinen Eltern dankbar sein und die Firma der Eltern weiter führen. Er oder sie gerät dadurch in ein Leben, in dem sich alles um Geld, wirtschaftliche Vorteile, Konkurrenz und dergleichen handelt. Das Leben ist solcherart vorbestimmt und für eine intensive spirituelle Ausrichtung und Weiterbildung ist dann keine Zeit."

 

"Ich kann mir unter Spiritualität nicht viel vorstellen", gab Arik zu. "Wenn man sich die Internetseiten über Esoterik und Spiritualität anschaut, wird man eher abgeschreckt. Da findet man Kommerz bis zum Betrug, extrem weltfremde messianische Verkündigungen und dergleichen mehr. Es gibt sicher eine größere Anzahl seriöser Angebote mit Schulung und Seminaren, aber auch die befinden sich auf einer kommerziellen Schiene und sind im Angebot meist auf eine Gruppe orientiert, so dass hierbei auf individuelle Bedürfnisse nicht eingegangen werden kann. Diese Angebote unterliegen einem kommerziellen Zwang, denn ohne Reklame und rechtskonforme Räumlichkeiten können die Seminarleiter nicht unterrichten und diese Auflagen kosten eben Geld. Was ist da also der Unterschied zu dem reich Geborenen, den Sie soeben bedauert haben?"

"Da ist nicht viel Unterschied", gab sie zur Antwort.

"Und was würden Sie dann raten?"

Die Sandlerin blickte nachdenklich zum Boden. "Ich würde niemandem etwas raten. Jeder Mensch muss seinen Weg allein finden."

"Ihre Stellungnahme zum Leben verwirrt mich allerdings ein wenig ", bemerkte Arik und betrachtete das Gesicht der Sandlerin. "Finden Sie Ihr Schicksal nun gut oder schlecht?"

"Schicksal", begann die Sandlerin fragend. "Ich habe mir mein Schicksal selbst ausgesucht. Es ist weder gut noch schlecht. Jedoch wie ich lebe, das ist für mich gut."

"Ich finde das Gespräch mit Ihnen hochinteressant", gab ihr Arik zu verstehen, "aber ich verstehe dennoch einen Großteil hiervon nicht. Was schätzen Sie an Ihrer jetzigen Lebensweise?"

"Ich besitze eine absolute Freiheit und ich habe alles, was ich zum Leben benötige."

"Und wie ist es mit Weiterbildung, Lesen und ähnlichem?"

"Ich lese gerne und in dieser schönen und sozialen Stadt ist das auch für unser gleichen möglich. Es gibt öffentliche Bibliotheken."

"Und Fernsehen und Filme?"

Die Sandlerin lachte. "Ich brauche keine nivellierte Unterhaltung. Haben Sie sich schon je genauer umgeblickt und auch die kleinen Dinge beachtet?"

"Die Frage finde ich etwas absurd, ich bin ja nicht blind."

"Wenn Sie mich bitte nicht als unhöflich einstufen. Ich würde meinen, dass Sie zwar nicht ganz blind sind, wohl aber könnte ich mir gut vorstellen, dass Sie teilweise blind sind."

Arik war zwar nicht empört, aber erfreut war er auch nicht, als er das hörte.

"Es scheint, dass Sie erwarten, dass ich meine Behauptung beweise. Gut. Blicken Sie mich an. Ja, gut so und schauen Sie nicht auf den Boden. Beschreiben Sie mir die zwei Blätter, die zu Ihren Füßen liegen."

 

 

"Zu Ihren Füßen liegen zwei Ahornblätter..."

 

"Äh", sagte Arik, "die habe ich nicht bemerkt."

"Auch gut", sagte sie, "schauen Sie die Blätter an. ... Das reicht, jetzt schauen Sie wieder zu mir und beschreiben Sie mir die Blätter."

"Es sind zwei Ahornblätter. Sie sind ziemlich bunt, rot, gelb und grün."

"Sind die Spitzen aufgerollt und haben die Blätter Flecken?"

"Ich glaube die Spitzen sind bei beiden aufgerollt, bei dem einen Blatt etwas mehr", gab Arik etwas zögernd zur Antwort. Flecken, ja Flecken dürften darauf gewesen sein. Waren es dunkelgraue Flecken?"

"Mittelmäßig", gab die Sandlerin zur Antwort.

"Und was ist gut", fragte Arik.

"Gut ist folgendes: wenn Sie ihre Aufmerksamkeit auf diese zwei Blätter richten, und sei es nur kurz, dann gibt es für Sie nur diese zwei Blätter allein. So als wären sie die ganze Welt. Die Blätter erscheinen ihnen wie ein kostbarer Schatz. Sie sind einzigartig und nirgends gibt es ihresgleichen. Und sie sind wunderschön, einmalige Kunstwerke. Kein Collier aus Rubinen oder Diamanten kann sich damit messen. Und die zwei Blätter sind Teil des Lebens.

Unendlich viel an Lebendigem umgibt uns. Wir schwimmen in einem Ozean aus wundervollem Leben. All das um uns ist staunenswert, ehrfurchtgebietend, göttlich."

 

"Interessant", sagte Arik. "Wie haben Sie sich diese Sichtweise erworben? Haben Sie einmal Drogen genommen?"

"Nein, habe ich nicht", lachte die Sandlerin. "Ich bin eine Yogini."

"Sie können einen immer wieder in Erstaunen versetzen." Arik lächelte. Zum Lachen war ihm nicht ganz zu Mute, es war alles ein wenig fremdartig. "Ihre Sichtweise finde ich sehr interessant und ich könnte mir vorstellen, dass diese Art der Lebenseinstellung Sie für manches entschädigt."

"Wofür sollte mich diese Sichtweise entschädigen? Sie ist wahr. Ich bin sogar überzeugt, sie ist das einzig Wahre."

"Entschuldigen Sie, wenn ich so offen frage. Haben Sie diese Sichtweise erworben nachdem Sie eine Sandlerin geworden sind, oder war sie schon vorher da und Sie sind deshalb Sandlerin geworden?"

"Eine Yogini wird man nicht durch Grübeln und dadurch, dass man in den blauen Himmel schaut. Ich glaube Sie wissen nicht, dass da viel Arbeit dahinter steckt."

Wiederum war Arik erstaunt. "Ich werde mich im Internet schlau machen."

"Über den Yoga, wie ich ihn mache werden Sie nicht viel finden. Ich bin eine Sadhvi. Den Begriff Sadhu werden Sie vielleicht kennen; das sind Ordensleute. Meist sind sie mit Asche bestrichen und sehen sehr exotisch aus. Deshalb gibt es keine indische Reisebeschreibung ohne einem Bild oder etwas Text über Sadhus. Sadhvis sind Nonnen."

 

 

Sadhu

(Bild aus: "Die Brücke", von A. Ballabene)

 

"Ach ja, Bilder von Sadhus habe ich schon jede Menge gesehen. Für einen weiblichen Sadhu sind sie aber ganz schön eingewickelt."

"Ich hoffe Sie schätzen es, dass ich so anpassungsfähig bin."

"So weit habe ich noch nicht gedacht. Aber was den Yoga anbelangt, so hat mich der schon seit langem interessiert", meinte Arik. "Merkwürdig, jetzt erst fällt es mir so richtig auf, trotz einer Sehnsucht nach Yoga habe ich niemals einen Yogakurs oder ein Seminar besucht. Ja, einmal war ich bei einer Einführung, aber das Publikum hat mich nicht sehr angesprochen. Ich glaube, ich werde mir doch noch eingehendere Informationen besorgen und zwar über das Internet."

 

"Wenn Sie sich im Yoga weiter bilden wollen, kann ich das nur empfehlen", meinte sie, "so etwa als Zusatzausbildung. Aber den richtigen Weg findet man dadurch nicht."

"Wieso nicht?"

"Das Internet und die Kursangebote sind wie ein Supermarkt. Die Leute mit spirituellem Interesse suchen sich das aus, was ihnen gerade liegt und das, was auf billigste Weise zum Erfolg führt. Diese Strategie, die im Alltagsleben erfolgreich sein mag, garantiert im Yoga jedoch den Misserfolg. Man kann nicht einen spirituellen Weg gehen, indem man Lehren konsumiert und es sich leicht macht. Man braucht einen Lehrer oder Lehrerin. Jemanden, der Erfahrung mitbringt und es nicht zulässt, dass man eine bequeme Methode wählt oder je nach Laune einmal dies und einmal das macht."

"Wie findet man einen Yogalehrer oder Lehrerin?"

"Indem man sich danach sehnt und in den geistigen Raum einen Ruf aussendet."

"Hmm", sagte Arik, "ich weiß nicht, nach Yoga habe ich keinen Ruf ausgesendet, aber irgendwie hat mir etwas im Leben gefehlt und ich war nicht ganz glücklich. Da habe ich sehr wohl um Hilfe gerufen. Ich habe deshalb sogar gelegentlich in der Kirche eine Kerze angezündet."

"Vielleicht ist der Ruf gehört worden. Die Lebenswege gehen ja oft einen scheinbar sehr verrückten Weg. Wenn das so wäre, dann wäre ich Ihnen als Yogalehrerin zugesendet worden. Oder wissen Sie wen anderen?"

"Ich weiß niemanden", sagte Arik. "Aber irgendwie überfordert mich die Situation. Gestatten Sie, dass ich noch darüber nachdenke. Das alles erscheint mir etwas verrückt. Darf ich sie in ein Restaurant zum Nachtmahl einladen? Neunzehn Uhr, wäre das recht?"

"Woher soll ich die Uhrzeit wissen", gab sie zur Antwort. "Wenn es zwei Stunden auf oder ab sein dürfen, könnte ich es schaffen."

Arik seufzte. "Ich leihe Ihnen meine Uhr. Ich hoffe Sie verkaufen sie nicht."

Die Sandlerin lachte. "Wenn ich sie verkaufe, bekomme ich auch nicht mehr als ein Nachtmahlessen. Außerdem ist heute Sonntag."

"Gut, dann sehen wir uns hier wieder, um neunzehn Uhr und dann lade ich sie ein. Ach ja, da haben Sie meinen Kamm, den schenke ich Ihnen."

"Danke! Ich werde Ihnen das mit dem Lokal nicht schwer machen. Mein Hund müsste allerdings mitkommen können und zum Essen braucht er auch etwas."

Arik schaute den Hund an, dann Die Sandlerin in ihrem schmuddeligen Mantel und runzelte die Stirne. "Ich hab eine bessere Idee, ich zeige Ihnen wo ich wohne. Es ist vielleicht gemütlicher, wenn wir bei mir zu Hause essen. Da kann ich auch anschließend noch Tee kochen. Ich werde hierfür noch Kuchen besorgen. Für Ihren Hund hole ich mir hier noch ein paar Würstchen."

"Der heißt Abas, und Kuchen hat er auch gerne. Wäre fein, wenn Sie zu seinen Würstchen ihm auch noch etwas Kuchen dazu geben würden. Ich heiße übrigens Dasi."

 

Sie erhoben sich alle, Arik, Dasi und der Hund, und gingen zum Würstelstand. Es war nicht weit bis zur Wohnung von Arik. Nachdem ihr Arik das Haus gezeigt und ihr die Türnummer gesagt hatte, sagte er noch: "Also gut, um neunzehn Uhr und die Uhr behalten Sie sich bitte bis dahin, sonst wird das Essen kalt."

Statt einem "bis dann" sagte Dasi: "Haben Sie eine Waschmaschine, mein Mantel und die Kleidung könnten es gebrauchen."

Arik starrte sie an. "Ja", sagte er und führte sie die Stiege hinauf zu seiner Wohnung.