Die Santangelos: Träume und Intrigen - Jackie Collins - E-Book
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Die Santangelos: Träume und Intrigen E-Book

Jackie Collins

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Beschreibung

Sie kämpft mit dem Herzen einer Löwin: Die große Familiensaga »Die Santangelos: Träume und Intrigen« von Jackie Collins jetzt als eBook bei dotbooks. Der gefährliche Glanz der Rache … Sie hat Firmenbosse und Verbrecher in die Knie gezwungen, sie hat ein Vermögen verdient und mit einem Lachen wieder verloren: Lucky Santangelo ist eine Frau, die nichts und niemanden fürchtet, die immer die Kontrolle behält – solange es ihrer Familie gut geht. Doch wenn diese angegriffen wird, sieht Lucky rot: Was steckt hinter dem rätselhaften Tod ihrer schönen Schwägerin? Wer nutzt die Schwäche ihrer geliebten Patentochter aus – und welche Pläne verfolgt die Fremde, die plötzlich in Los Angeles auftaucht und Lucky an die dunkelsten Stunden ihres Lebens erinnert, als sie fürchten musste, ihren Mann Lennie für immer verloren zu haben? Damals hat Lucky einen fatalen Fehler gemacht. Aber sie wird nicht zulassen, dass dieser nun ihr Glück zerstört! Der fünfte Band der Saga über Rache, Leidenschaft und heiße Küsse: »Vor Jackie Collins hat keine Autorin so mutig und schamlos ›guilty pleasure‹-Romane geschrieben. Ein absolutes Vergnügen!« Tatler Jetzt als eBook kaufen und genießen: »Träume und Intrigen« aus der großen Familiensaga »Die Santangelos« von New-York-Times-Bestsellerautorin Jackie Collins – ein Lesevergnügen für alle Fans von Louise Bay und der TV-Kult-Serie »Der Denver Clan«. Wer liest, hat mehr vom Leben! dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 735

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Über dieses Buch:

Der gefährliche Glanz der Rache … Sie hat Firmenbosse und Verbrecher in die Knie gezwungen, sie hat ein Vermögen verdient und mit einem Lachen wieder verloren: Lucky Santangelo ist eine Frau, die nichts und niemanden fürchtet, die immer die Kontrolle behält – solange es ihrer Familie gut geht. Doch wenn diese angegriffen wird, sieht Lucky rot: Was steckt hinter dem rätselhaften Tod ihrer schönen Schwägerin? Wer nutzt die Schwäche ihrer geliebten Patentochter aus – und welche Pläne verfolgt die Fremde, die plötzlich in Los Angeles auftaucht und Lucky an die dunkelsten Stunden ihres Lebens erinnert, als sie fürchten musste, ihren Mann Lennie für immer verloren zu haben? Damals hat Lucky einen fatalen Fehler gemacht. Aber sie wird nicht zulassen, dass dieser nun ihr Glück zerstört!

Der fünfte Band der Saga über Rache, Leidenschaft und heiße Küsse: »Vor Jackie Collins hat keine Autorin so mutig und schamlos ›guilty pleasure‹-Romane geschrieben. Ein absolutes Vergnügen!« Tatler

Über die Autorin:

Jackie Collins (1937–2015) wurde in London als Tochter eines bekannten Theateragenten geboren; ihre Schwester ist die Schauspielerin Joan Collins. Jackie flog schon als Teenager von der Schule, weil sie eine kurze Affäre mit dem doppelt so alten – und weltberühmten – Marlon Brando hatte. Nach einem kurzen Ausflug in die Filmindustrie, für den sie in England und Amerika für Kinofilme und Fernsehserien vor der Kamera stand, fand sie ihre wahre Passion – und begann zu schreiben. Jackie Collins‘ Debüt wurde 1968 sowohl ein internationaler Bestseller als auch ein Skandal, weil sie ohne falsche Scham über starke Frauen und deren Liebesleben schrieb. Zahlreiche ihrer mehr als 30 Romane, die sich weltweit über 500 Millionen Mal verkauften, wurden verfilmt. Jackie Collins war zweimal verheiratet und die Mutter von drei Töchtern.

Mehr Informationen über die Autorin auf ihrer Website: www.jackiecollins.com

Bei dotbooks erschien Jackie Collins große Familiensaga rund um die ebenso leidenschaftliche wie skrupellose Lucky Santangelo: »Die Santangelos: Der Weg nach oben«, »Die Santangelos: Freundinnen und Feinde«, »Die Santangelos: Der Traum von Hollywood«, »Die Santangelos: Eiskalte Rache« und »Die Santangelos: Träume und Intrigen«.

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eBook-Neuausgabe Dezember 2022

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1999 unter dem Titel »Dangerous Kiss« bei MacMillan, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Lucky Kiss« im Knaur Verlag.

Copyright © der Originalausgabe 1999 by Jackie Collins

Copyright © der deutschsprachigen Erstausgabe 2003 bei Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München

Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock.com

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-98690-264-3

***

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In diesem eBook begegnen Sie möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. Diese Fiktion spiegelt nicht unbedingt die Überzeugungen des Verlags wider.

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Jackie Collins

DIE SANTANGELOS:Träume und Intrigen

Roman

Aus dem Englischen von Angelika Naujokat

dotbooks.

ERSTES BUCHLos Angeles

Kapitel 1

»Nimm schon!«, drängte das Mädchen und versuchte dem jungen Schwarzen die Pistole in die Hand zu drücken. Doch der wich sofort zurück.

»Nein!«, sagte er mit Nachdruck. »Mein Alter würde mich hoppnehmen lassen.«

Das Mädchen, das einen Minirock und ein enges Tank-Top trug, hatte lange Beine, einen großen Busen, ein spitzes Gesicht, haselnussbraune Augen, die dick mit schwarzem Kajal umrandet waren, und kurzes, ungleichmäßig geschnittenes, schwarzes Haar. Es starrte den Jungen verächtlich an. »Weichei!«, stieß es höhnisch hervor. »Daddys kleiner Hosenscheißer.«

»Stimmt überhaupt nicht!«, murrte der Teenager, wütend, dass sie so mit ihm zu reden wagte. Er war ein hoch aufgeschossener Kerl mit abstehenden Ohren und großen, braunen Augen.

»O doch«, spottete sie. »Und ob das stimmt!«

Aus einem Impuls heraus riss er ihr die Pistole aus der Hand und steckte sie sich mit einem machohaften Grunzen vorn in den Hosenbund. »Zufrieden?«

Das Mädchen nickte. Ihre haselnussbraunen Augen funkelten. Sie war achtzehn, wirkte jedoch älter. »Dann mal los!«, sagte sie bestimmt. Es war offensichtlich, wer hier das Kommando hatte.

»Wohin denn?«, fragte er. Wenn sie doch wenigstens ein bisschen netter zu ihm wäre! Sie benahm sich ihm gegenüber immer so barsch.

»Einen draufmachen«, erwiderte sie leichthin. »Du weißt schon, rumfahren, uns zuknallen. Wir nehmen deine Kiste.«

Sein Vater hatte ihm kürzlich zu seinem sechzehnten Geburtstag einen schwarzen Jeep gekauft. Zugleich feierten sie mit diesem Geschenk ihre Rückkehr nach Los Angeles. Sie waren anderthalb Jahre lang in New York gewesen.

»Ich weiß nicht ...«, sagte er zögernd, denn ihm war gerade eingefallen, dass er seinem Vater versprochen hatte, rechtzeitig zum Abendessen zu Hause zu sein. Andererseits fand er die Vorstellung, mit ihr durch die Gegend zu ziehen, wesentlich anregender. »Und warum brauchen wir dazu ’ne Knarre?«, fügte er hinzu.

Das Mädchen gab keine Antwort, sondern streckte ihre Hände wie Hasenohren an beiden Seiten des Kopfes in die Höhe, während sie Richtung Tür schlenderte.

Der Junge folgte ihr und stierte ihr unablässig auf die Beine. Er hatte einen Ständer. Er wusste, dass er heute Nacht einen Treffer landen konnte, wenn er es nur richtig anstellte.

Kapitel 2

Lucky Santangelo Golden erhob sich hinter dem riesigen Art-déco-Schreibtisch in ihrem Büro in den Panther-Studios, streckte sich und gähnte. Sie hatte einen langen, harten Arbeitstag hinter sich und war erschöpft. Der Tag war jedoch längst noch nicht beendet, denn heute Abend sollte sie im Beverly Hilton Hotel für ihr Engagement für die Aids-Forschung geehrt werden.

Als Inhaberin und Chefin der Panther-Studios befand sich Lucky in einer äußerst exponierten Position, die ihr keine andere Wahl ließ, als sich im Licht der Öffentlichkeit zu bewegen.

Aber der Auftritt heute Abend machte ihr zu schaffen. Sie war nicht besonders heiß darauf, im Mittelpunkt zu stehen. Man hatte sie vorher nicht einmal gefragt, ob sie geehrt werden wollte – man hatte ihr die Feier schlichtweg aufgedrängt und ihr gar nicht erst eine Chance gegeben abzulehnen.

Sie griff nach einem Schokoriegel und biss voller Heißhunger hinein. Die nächsten Stunden werde ich nur mit einer ordentlichen Ladung Zucker überstehen, dachte sie schuldbewusst. Michael Caines berühmtes Hollywood-Zitat schoss ihr durch den Kopf: »Warum wird ausgerechnet in einer Stadt ohne jede Ehre andauernd irgendjemand geehrt?« Genau, Michael, wie Recht du hast!, dachte sie und grinste. Aber wie hält man sich eine solche Sache vom Leib?

Lucky war eine schlanke, langbeinige Frau mit einer rabenschwarzen, schulterlangen Lockenpracht, gefährlichen, opalfarbenen Augen, vollen, sinnlichen Lippen und dunklem Teint. Sie war eine exotische Schönheit und verfügte außerdem über einen äußerst scharfen Verstand. Ihre Fähigkeiten als Geschäftsfrau hatten die Panther-Studios in den acht Jahren unter ihrer Leitung mit zu den angesehensten und erfolgreichsten Studios Hollywoods gemacht. Lucky besaß ein Talent dafür, den richtigen Filmen grünes Licht zu geben und immer diejenigen zum Verleih auszuwählen, die später im Kino erfolgreich waren. »Du machst deinem Namen wirklich alle Ehre«, sagte Lennie ihr immer wieder. »Was du auch anpackst: Du bist damit erfolgreich.«

Lennie Golden, ihr Ehemann. Wann immer sie an ihn dachte, hellte sich ihre Miene auf. Lennie, groß, attraktiv und witzig, war die Liebe ihres Lebens. Und vor allen Dingen hatte sie in ihm ihren Seelenverwandten gefunden. Sie hatte die feste Absicht, bis ans Ende ihres Lebens mit ihm zusammenzubleiben, denn dazu waren sie zweifellos bestimmt. Zudem war sie nach zwei vorangegangenen Ehen endlich rundum glücklich. In ihrer Familie, in Lennie und den gemeinsamen Kindern – dem sieben Jahre alten Gino, der nach ihrem Vater benannt war, und der bezaubernden, achtjährigen Maria –, fand sie die vollkommene Erfüllung.

Schließlich gab es noch ihren fünfzehnjährigen Sohn Bobby aus ihrer Ehe mit dem verstorbenen Schiffsmagnaten Dimitri Stanislopoulos. Bobby war ein gut gebauter und schon sehr erwachsen wirkender Junge – über eins achtzig groß und sehr sportlich. Und dann war da noch Bobbys Nichte Brigette, die Lucky als ihr Patenkind betrachtete. Brigette lebte in New York, wo sie als Topmodel arbeitete. Nicht etwa, dass sie das Geld gebraucht hätte. Sie war immerhin eine der reichsten jungen Frauen der Welt: Sie hatte ein Vermögen von ihrem Großvater Dimitri und ihrer Mutter Olympia, die auf tragische Weise an einer Überdosis Drogen gestorben war, geerbt.

Heute Abend wurde Lucky von ihrem Halbbruder Steven Berkeley abgeholt, weil Lennie noch in der Stadt war und drehte. Er führte Regie bei einer romantischen Komödie, in der Stevens Frau Mary Lou mitspielte. Lennie war selbst einmal ein außergewöhnlich erfolgreicher Komödien- und Filmschauspieler gewesen, aber seit seinem Entführungs-Martyrium vor sieben Jahren hatte er die Arbeit vor der Kamera aufgegeben und arbeitete nun ausschließlich als Drehbuchautor und Regisseur.

Der Film, den er mit Mary Lou – einer sehr talentierten und erfolgreichen Schauspielerin – drehte, war nicht von den Panther-Studios in Auftrag gegeben. Sie waren sich beide einig, keinen Anlass für irgendwelche Gerüchte über Vetternwirtschaft geben zu wollen. »Wenn ich diesen Weg gehe, dann will ich es allein schaffen«, lautete Lennies Leitsatz. Und das war ihm natürlich auch gelungen – Lucky hatte es nicht anders erwartet.

Am heutigen Abend wollte sie am Ende ihrer Rede etwas bekannt geben, das gewiss alle Anwesenden umwerfen würde. Sie hatte nicht einmal Lennie davon erzählt; er würde ebenso überrascht sein wie alle anderen und sich hoffentlich darüber freuen. Nur ihr Vater Gino wusste, was sie zu sagen gedachte. Mit seinen siebenundachtzig Jahren war Gino immer noch ein Mann voller Leben und Tatendrang, zu dem man aufblickte und den man einfach bewundern musste.

Lucky verehrte Gino sehr. Sie hatten so vieles gemeinsam durchgestanden – einschließlich der Jahre, in denen sie kein Wort miteinander gewechselt hatten. Inzwischen waren sie sich wieder sehr nahe und Lucky ging immer zuerst zu ihm, wenn es eine Entscheidung zu treffen galt. Gino war der klügste Mann, den sie kannte – auch wenn sie nicht immer so über ihn gedacht hatte.

Was für eine bewegte Vergangenheit sie doch teilten! Angefangen von der Zeit, als er sie, gerade sechzehnjährig, mit einem Senatorensohn verheiratet hatte, bis zu den Jahren, in denen sie kein einziges Wort miteinander gesprochen hatten. Damals lebte er als Steuerflüchtling außerhalb der Vereinigten Staaten und sie übernahm sein Hotelimperium in Las Vegas.

Gino Santangelo war ein echter Selfmademan mit Macht und Charisma und zudem ein echter Casanova. Solange Lucky denken konnte, lagen die Frauen Gino zu Füßen. Selbst heute noch wusste er, wie man sie umgarnte. Lucky erinnerte sich daran, wie ihr Onkel Costa, der gar nicht ihr leiblicher Onkel war, ihr einmal von dem jungen Gino erzählt hatte. »Sein Spitzname war Gino, der Rammler«, hatte Costa ihr mit einem albernen Kichern anvertraut. »Weil er jede Frau kriegte, die er haben wollte. Das heißt, bis er deine Mutter – Gott hab sie selig – getroffen hat.«

Maria, ihre Mutter. So schön und unschuldig ... Sie wurde ihr genommen, als sie noch ein Kind war. Brutal ermordet von der Bonnatti-Familie.

Lucky würde niemals den Tag vergessen, als sie in den Garten kam und ihre Mutter auf einem Floß treibend im Swimmingpool der Familie entdeckt hatte. Sie war damals erst fünf gewesen, doch diese Erinnerung hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Sie hatte sich an den Beckenrand gehockt und ihre Mutter angestarrt, die mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Floß mitten im Pool lag. »Mama«, hatte sie gemurmelt. Und dann war ihre Stimme zu einem lauten Schrei angeschwollen, als ihr klar wurde, dass ihre Mutter nicht mehr bei ihr war. »MAMA! MAMA! MAMA!«

Diese grausige Entdeckung in jungen Jahren hatte sich auf ihr gesamtes Leben ausgewirkt. Nach dieser tragischen Begebenheit war Gino außer sich vor Sorge um sie und ihren Bruder Dario. Das Leben zu Hause in Bel Air ähnelte zunehmend dem Aufenthalt im Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses. Als sie schließlich in ein Internat in die Schweiz geschickt wurde, hatte sie sofort rebelliert und sich in einen regelrechten Wildfang verwandelt. Sie war mit ihrer besten Freundin Olympia Stanislopoulos weggelaufen und zusammen hatten sie eine Villa in Südfrankreich bezogen. Sie hatten ohne Unterlass Partys gefeiert und das Haus verheerend zugerichtet. Das war eine verrückte Zeit gewesen. Zum ersten Mal lernte sie das Gefühl von Freiheit kennen und genoss jede einzelne Minute, bis Gino ihr auf die Schliche kam. Wie erbost er damals gewesen war! Kurz darauf hatte er beschlossen, dass es besser für sie sei, in festen Händen zu sein als frei herumzustreunen. Und so hatte er sich mit Senator Peter Richmond geeinigt und sie mit dessen äußerst unattraktiven Sohn Craven verheiratet. Die ganze Sache entpuppte sich jedoch als Reinfall.

Im Rückblick besehen war Luckys Leben eine Aneinanderreihung von Höhen und Tiefen. Zu den Höhen zählten für sie ihre drei wundervollen, gesunden Kinder, ihre Ehe mit Lennie, die erfolgreiche Leitung des großen Hollywood-Studios und nicht zu vergessen ihre früheren Erfolge in Las Vegas und Atlantic City, wo sie mehrere Hotels hochgezogen hatte.

Die Tiefen hätte sie am liebsten verdrängt. Zunächst der Mord an ihrer Mutter, dann die brutale Ermordung ihres Bruders Dario und schließlich die Schießerei in Las Vegas, bei der ihr geliebter Marco erschossen wurde. Drei schreckliche Unglücksfälle, für die sie ihre eigene Form der Rache gefunden hatte.

Doch sie hatte überlebt. Gino hatte ihr beigebracht, dass es letztlich nur darauf ankam, und sie hatte ihre Lektion gut gelernt.

Die Gegensprechanlage auf ihrem Schreibtisch summte und ihre Assistentin teilte ihr mit, dass Venus Maria am Telefon war. Eilig nahm sie den Hörer ab. Venus Maria war nicht nur ein viel bewunderter und umstrittener Superstar, sondern auch Luckys beste Freundin.

»Was gibt’s Neues?«, fragte Lucky und ließ sich auf das Ledersofa hinter ihrem Schreibtisch sinken.

»Ich habe nichts anzuziehen für heute Abend«, erwiderte Venus.

»Wie langweilig.«

»Ich weiß, dass du dir nicht so viel aus Mode machst wie ich, aber mich werden sie von hier bis Puerto Rico fotografieren und du weißt doch, dass ich unmöglich durchschnittlich aussehen darf.«

Lucky lachte. Venus machte immer ein solches Drama aus allem. »Du und durchschnittlich? Niemals!«

»Keiner versteht mich«, jammerte Venus. »Dabei sind die Erwartungen an mich gigantisch.«

»Was denn für Erwartungen?«, erkundigte sich Lucky, griff nach einem Stift und begann auf einem Notizblock herumzukritzeln.

»Ich bin schließlich ein Superstar, Schätzchen«, sagte Venus ironisch. »Ein Superstar, von dem jeder erwartet, dass er sein Aussehen täglich ändert. Gott, wie oft soll ich denn noch meine Haarfarbe wechseln?«

»Welche Farbe ist denn gerade dran?«

»Platinblond.«

»Dann trag doch einfach eine schwarze Perücke. Klon mich – dann können wir als Zwillingsschwestern gehen.«

»Du bist nicht gerade eine große Hilfe«, seufzte Venus. »Aber ich brauche dringend Unterstützung.«

Das sah Lucky allerdings anders. Venus war in ihren Augen eine der talentiertesten Frauen, die sie kannte, und sie hatte ihr Leben stets im Griff. Mit ihren dreiunddreißig Jahren war Venus nicht nur ein berühmter Filmstar – auch als Sängerin war sie unglaublich erfolgreich und hatte Scharen von Fans, die sie anbeteten. Alles, was sie tat, verschaffte ihr noch immer Schlagzeilen, obwohl sie schon seit über einem Jahrzehnt im Geschäft war.

Vor Jahren hatte sie Cooper Turner, den nicht mehr ganz jungen, aber immer noch äußerst gut aussehenden Filmstar, geheiratet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten lief ihre Ehe inzwischen gut und sie hatten mittlerweile eine fünfjährige Tochter namens Chyna. Zudem entwickelte sich Venus Marias Karriere prächtig. Seit ihrer Oscar-Nominierung für ihre Minirolle in Alex Woods’ Gangsters konnte sie sich ihre Rollen aussuchen.

»So einfach ist das gar nicht«, hatte Lucky sie damals gewarnt. »Du musst es immer wieder aufs Neue versuchen. Setz dir ein Ziel und dann lass dich durch nichts mehr davon abbringen, es zu erreichen!«

»So hast du es wohl angestellt«, erwiderte Venus. »Wenn man bedenkt, dass du mal mit einem Vater begonnen hast, der dich hasste und –«

»Gino hat mich niemals gehasst!«, unterbrach Lucky sie.

»Also, du selbst hast mir doch erzählt, dass er dich immer gedemütigt hat, weil du eine Frau warst, und er wollte, dass sein Sohn sein Imperium leitet, oder etwa nicht?«

»Ja, schon«, gab Lucky zu. »Aber ich habe ihn schon bald eines Besseren belehrt.«

»Genau«, sagte Venus seinerzeit. »Du hast bekommen, was du wolltest. Und jetzt werde ich zusehen, dass ich bekomme, was ich will.«

Lucky lauschte, während Venus redete und redete und beschrieb, wie ihre Aufmachung für den bevorstehenden Abend aussehen sollte. Sie wusste, dass ihre Freundin bereits alles bis ins Kleinste ausgetüftelt hatte, aber Venus brauchte nun einmal immer noch eine Bestätigung.

»Und was ziehst du an?«, fragte sie Lucky schließlich.

»Ein Kleid von Valentino«, erwiderte Lucky. »Ganz in rot. In der Farbe sieht mich Lennie am liebsten.«

»Hmm ...«, machte Venus. »Klingt sexy.« Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort: »Kommt Alex eigentlich auch?«

»Natürlich«, erwiderte Lucky. »Wir sitzen alle zusammen.«

Venus säuselte: »Was sagt Lennie denn dazu?«

»Wirst du wohl damit aufhören!«, entgegnete Lucky, erbost, dass Venus ständig versuchte, ihr eine Affäre mit Alex anzudichten, obwohl da gar nichts lief. »Du weißt doch, dass Alex und Lennie gute Freunde sind.«

»Ja, aber –«

»Kein aber«, unterbrach Lucky sie barsch. »Du solltest deine lebhafte Fantasie lieber dafür verwenden, einen neuen Song zu schreiben!«

Sobald sie aufgelegt hatte, öffnete sie ihre Schreibtischschublade und nahm ihre schnell hingekritzelte Rede heraus, die sie zu halten gedachte. Sie studierte sie einige Minuten lang und änderte hier und da noch ein Wort.

Dann las sie sie ein letztes Mal durch. Nun war sie zufrieden.

Heute Abend würde sie sämtlichen Leuten in Hollywood einen gehörigen Schrecken einjagen.

Aber bestand ihr Leben nicht im Grunde ohnehin darin, Leute zu schockieren?

Kapitel 3

»Fantastisch! Unglaublich! Mehr, mehr! Zeig mir mehr von deinen Lippen! Von deinen wunderbaren Lippen!« Fredo Carbanado säuselte ermutigend, und in seinen ausdrucksvollen italienischen Augen funkelte die pure Lust, als sie über seiner Kamera auftauchten. »Diese üppigen Lippen machen mich total an. Mehr, Bellissima! Mehr!«

Brigette bewegte ihren Körper sinnlich vor der Kamera und führte ihm genau jene Posen vor, die er wollte. Sie war eine kurvenreiche Blondine mit schimmernder Pfirsichhaut, riesigen, von langen Wimpern umrandeten blauen Augen und Schmollmund. Sie war eine umwerfend schöne und aufreizende Kindfrau, die zugleich etwas Verletzliches an sich hatte.

»Hör damit auf, Fredo!«, schalt sie ihn und zog den Bund ihres kaffeebraunen Spitzen-Slips zurecht, der mehr enthüllte als er verbarg. »Wie oft muss ich dir das noch sagen? Ich brauche diesen ganzen Mist nicht! Spar dir das für irgend so ein neues Püppchen, das auf all diesen Mist abfährt!«

Fredo runzelte die Stirn. Es erstaunte ihn immer wieder, dass sie nicht wie die anderen Models auf ihn hereinfiel.

»Brigette!«, sagte er traurig, senkte die Kamera und setzte ein enttäuschtes Gesicht auf. »Wieso bist du immer so gemein?«

»Ich bin nicht gemein«, erwiderte sie. »Bloß ehrlich.«

»Nein, du bist gemein«, sagte Fredo finster. »Gemein und störrisch.«

»Oh, vielen Dank!«, entgegnete sie scharf.

»Aber Fredo weiß, was gut für dich ist«, verkündete der italienische Fotograf und nickte vielsagend.

»Und was ist deiner Meinung nach gut für mich?«

»Ein Mann!«, verkündete Fredo triumphierend.

»Ha!«, sagte Brigette und veränderte ihre provozierende Pose. »Und wie kommst du darauf, dass ich auf Männer stehe? Vielleicht mach ich ’s ja lieber mit Frauen.«

»Halleluja!«, rief Fanny, ihre lesbische Maskenbildnerin und trat einen Schritt vor. »Hier bin ich! Ein Wort von dir und wir können loslegen!«

Brigette kicherte. »Ich führe doch nur unseren Mr. Unwiderstehlich an der Nase herum«, sagte sie.

»Als ob ich das nicht wüsste«, erwiderte Fanny und frischte den Lippenstift auf Brigettes Lippen mit einem Zobelpinsel auf. »Du hast ja keine Ahnung, was dir da entgeht! Frauen haben ’s drauf, Süße.«

»Können wir die Musik etwas lauter stellen?«, bat Brigette. »Ich liebe Montell Jordan.«

»Wer tut das nicht?«, erwiderte Fanny. »Der Mann wäre glatt ein Grund für mich, ans andere Ufer zu schwimmen.«

»Und falls ich jemals ins rosa Lager wechseln sollte«, verkündete Brigette, an alle gewandt, »dann für k.d. lang. Ich habe sie letzte Woche auf einer Benefizveranstaltung gesehen. Sie hat eine so wahnsinnig sexuelle Ausstrahlung. Fast wie Elvis oder so.«

»Lesbenalarm!«, kreischte Masters, ihr Coiffeur, ein hagerer Mann in einem gelben Overall und dazu passend gefärbtem Igelschnitt.

»Jetzt reicht’s aber!«, sagte Brigette und kicherte wieder.

Sie genoss die Kameradschaft bei einem Foto-Shooting. Diese Menschen waren ihre Familie – selbst wenn Fredo ständig den Lustmolch abgab. Er war ein Starfotograf und schon allein aus diesem Grund wäre es ihr im Traum nicht eingefallen, seinem etwas fragwürdigen Charme zu erliegen, denn Fredo konnte jede haben – und nutzte dies für gewöhnlich auch aus. Er arbeitete sich von einem Model zum nächsten vor, ein echter Don Juan, der die Frauen liebte und eine nach der anderen sitzen ließ.

Brigette beobachtete ihn, während er hinter seiner Kamera herumsprang. Man konnte Fredo mit seiner außergewöhnlich großen Nase, den kleinen Augen und seinen erschreckend buschigen Augenbrauen nicht gerade als gut aussehend bezeichnen. Überdies war er sehr klein, was ihn aber nicht weiter zu stören schien. Jedenfalls überragten ihn die meisten seiner Eroberungen. Ihre beste Freundin Lina hatte sie vor ihm gewarnt. »Halt dich bloß von Fredo fern!«, hatte sie gesagt und dabei ihre Augen wissend verdreht. »Dieser Kerl ist ein echtes Großmaul. Und auch wenn er angibt wie ein Weltmeister: Er hat einen winzig kleinen Schwanz. Also lass bloß die Finger von ihm!«

Lina war eine unglaublich attraktive Schwarze aus dem Londoner East End. Mit ihren sechsundzwanzig Jahren war sie ein Jahr älter als Brigette, doch trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft waren sie in den letzten anderthalb Jahren gute Freundinnen geworden. Brigette hatte sich vor kurzem ein Appartement in dem Haus gekauft, in dem auch Lina wohnte, und so waren sie jetzt Nachbarinnen am Central Park South.

In der Modebranche galten beide als Topmodels. Allein das Wort schon ließ sie in unkontrolliertes Kichern ausbrechen.

»Topmodel! O Mann, wenn die wüssten!«, rief Lina dann meistens. »Die sollten mich mal morgens mit meinen Lockenwicklern sehen! Kein sehr schöner Anblick.«

»Das kann ich nur bestätigen«, erwiderte Brigette.

Linas Retourkutsche folgte umgehend. »Ohne Makeup siehst du doch aus wie ein verdammter Albino, der vom Scheinwerferlicht eines Autos geblendet wird!«

Im Gegensatz zu Brigette vernaschte Lina einen Mann nach dem anderen. Am liebsten mochte sie Rockstars, aber im Grunde war sie keinem Mann gegenüber abgeneigt, solange er reich war und ihr großzügige Geschenke machte. Lina liebte aufregende Geschenke.

Zudem hatte sie eine diebische Freude bei den Versuchen, Brigette zu verkuppeln. Die wiederum schreckte vor jeglicher Bindung zurück. Sie hatte eine bewegte Vergangenheit, was Männer anging – ihrer Ansicht nach machten sie nichts als Ärger. Da war zum Beispiel ihr erster Freund, ein junger Schauspieler namens Tim Wealth. Sie hatte als unschuldiger Teenager für ihn geschwärmt, er hingegen war ein ehrgeiziger Mann mit eigenen Vorstellungen. Er war damals zusammengeschlagen und ermordet worden – und das bloß wegen seiner Verbindung zu ihr.

Dann war da ihr Furcht erregendes Zusammentreffen mit dem Erzfeind der Santangelos, Santino Bonnatti, der versucht hatte, sowohl sie als auch ihren Onkel Bobby sexuell zu belästigen, als sie beide noch Kinder waren. Sie hatte Santino mit seiner eigenen Pistole erschossen. Lucky versuchte damals, die Schuld auf sich zu nehmen, aber Brigette sorgte dafür, dass die Wahrheit ans Licht kam. Für den Richter war es ein klarer Fall von Notwehr und sie musste sich lediglich ein Jahr lang einmal im Monat bei einem Bewährungshelfer melden. Danach war die Sache erledigt.

Und außerdem hatte es noch Paul Webster gegeben. Sie war lange Zeit in Paul verliebt gewesen, auch dann noch, als sie sich mit dem reichen Sohn eines Geschäftskonkurrenten ihres Großvaters verlobt hatte. Und als Paul endlich angerannt kam, da hatte sie entschieden, dass ihr eine Karriere wichtiger war als irgendein Mann, hatte ihre Verlobung gelöst und sich darauf konzentriert, als Model Erfolg zu haben. Leider hatte sie sich in der Modelbranche zunächst an Michel Guy gewandt, einen Top-Agenten, der sich als kranker Perverser entpuppte und sie dazu zwang, pornografische Fotos mit anderen Mädchen zu machen, um sie dann damit zu erpressen. Wieder einmal war Lucky ihr zu Hilfe gekommen. Brigette liebte und bewunderte Lucky. Sie war ihre selbst ernannte Patentante und eine wirkliche Freundin.

Seit ihrer katastrophalen Erfahrung mit Michel Guy hatte Brigette Männer erst einmal aus ihrem Leben gestrichen. Sie misstraute generell ihren Absichten. Abgesehen von einer kurzen Affäre mit ihrem Model-Kollegen Isaac hatte sie seitdem keine einzige Beziehung mehr gehabt.

»Vermisst du Sex denn gar nicht?«, wollte Lina ständig wissen, wenn sie wieder einmal eine leidenschaftliche Nacht mit einem ihrer heißblütigen Rockstars verbracht hatte.

»Kein bisschen«, lautete Brigettes nonchalante Antwort dann für gewöhnlich. »Ich warte auf den Richtigen und dann werde ich alles nachholen.«

In Wahrheit jedoch hatte sie große Bedenken, was eine ernsthafte Beziehung anging. Ihrer Ansicht nach bedeuteten Männer Katastrophen und Gefahr.

Gelegentlich ging sie mit einem Mann aus. Sie hatte nicht viel übrig für diesen ganzen Verabredungszirkus – es war immer die gleiche Prozedur. Abendessen in einem angesagten neuen Restaurant, Drinks in einem heißen neuen Club, das unvermeidliche Betatschen und dann, sobald es ans Eingemachte ging, suchte sie das Weite.

Brigette hatte festgestellt, dass dies die sicherste Lösung war und zudem eine, bei der es für sie nachher nichts zu bereuen gab.

»Du und Lina, was macht ihr heute Abend?«, fragte Fredo, während er weiterknipste.

»Wieso?«, fragte Brigette und veränderte ihre Pose so schnell, wie er auf den Auslöser drückte.

»Na ja, ich habe da so einen Cousin –«, begann er.

»Nein!«, unterbrach sie ihn mit fester Stimme.

»Aus England.«

Sie zog eine Augenbraue in die Höhe. »Ein englischer Cousin?«

»Carlo ist Italiener, wie ich. Er arbeitet in London.«

»Und du hast ihm versprochen, ihm ein paar heiße, junge Models zu besorgen, stimmt’s?«

»So ist das nicht, cara.«

»Aber nein, natürlich nicht!«

»Carlo ist verlobt.«

»Das wird ja immer besser«, sagte Brigette und schüttelte heftig den Kopf. »Noch ein letztes Mal austoben vor der Hochzeit. Nein danke!«

»Wie kann man nur so misstrauisch sein!«, murrte Fredo. »Ich dachte, wir vier könnten uns einen netten Abend machen. Ein Essen unter Freunden, mehr nicht.«

»Wenn’s um Frauen geht, willst du doch immer nur das eine«, entgegnete Brigette scharf. »Dein einziger Freund ist vielleicht dein Kater. Und selbst da gibt es das eine oder andere Gerücht ...«

Fanny und Masters, die ihnen zuhörten, kreischten vor Lachen. Sie genossen es mitzuerleben, wie sich Fredo einen Korb einfing, denn das kam überaus selten vor.

Später, als das Shooting vorüber war und sich Brigette aufmachte, das Studio zu verlassen, hielt Fredo sie an der Tür auf. »Bitte!«, jammerte er. »Ich muss meinen Cousin unbedingt beeindrucken. Er ist ein echtes Arschloch.«

»Na toll!«, erwiderte Brigette knapp. »Jetzt willst du auch noch, dass wir mit einem Ekel zu Abend essen. Das wird ja immer besser.«

»Brigette, tu es für mich!«, flehte Fredo sie an. »Das würde mich in einem guten Licht erscheinen lassen. Tu mir doch den Gefallen! Bitte!«

Sie seufzte. Plötzlich war Fredo, der Ladykiller, bedürftig. Da sie eine Schwäche für Menschen hatte, die in Not waren, tat er ihr ein bisschen Leid. »Na schön, ich werde Lina fragen«, gab sie nach. Sie war überzeugt, dass Lina eine weitaus bessere Verabredung als diese hatte, wohingegen sie selbst nur mit einer Tiefkühlpizza und ihrem Fernseher verabredet war.

Fredo küsste ihre Hand. Obwohl er schon seit mehreren Jahren in Amerika lebte, war er in vielerlei Hinsicht immer noch ein typischer Italiener. »Du bist eine ganz besondere Frau«, sagte er mit schmalziger Stimme. »Meine kleine amerikanische Rose!«

»Ich bin nicht deine Rose!«, entgegnete sie knapp und verließ rasch das Studio.

»Lass das!«, befahl Lina.

»Was denn?«, fragte Flick Fonda, ein verheirateter Rocksänger mit einer Schwäche für dunkelhäutige Frauen.

»Lass meine Füße in Ruhe!«, warnte Lina ihn und rollte von ihrer letzten Eroberung herunter.

»Warum denn?«, wollte er wissen und kroch ihr hinterher. »Bist du etwa kitzlig?«

»Nein«, erwiderte sie böse. »Meine Füße sind sehr empfindlich – bleib bloß weg da!«

»Solange das das Einzige ist, wovon ich wegbleiben soll«, sagte Flick mit einem ordinären Lachen.

Lina warf ihr langes, schwarzes Haar zurück, das sie von ihrer Mutter, die zur Hälfte Spaniern war, geerbt hatte, und drehte sich auf den Bauch. Sie hatte auf Superman gehofft, war aber stattdessen an einen alternden Rockstar ohne jedes sexuelle Feingefühl geraten. Flick langweilte sie. Er war bloß eine weitere Trophäe und nicht gerade sehr aufregend im Bett.

Das Problem mit Rockstars war, dass ihnen die Frauen nachliefen. Am liebsten lehnten sie sich zurück und ließen sich den Schwanz lutschen. Dagegen hatte sie ja im Grunde nichts einzuwenden, aber solche Dienste beruhten schließlich auf Gegenseitigkeit und diese Kerle machten sich nie die Mühe, eine Gefälligkeit zu erwidern.

Sie streckte sich wohlig und sagte: »Ich muss los.«

»Aber warum denn?«, fragte er und betrachtete lüstern ihre glatte dunkle Haut. »Ich habe die ganze Nacht Zeit. Meine Frau glaubt, ich bin in Cleveland.«

»Dann ist sie schön blöd«, erwiderte Lina und sprang von dem Bett in seiner luxuriösen Hotelsuite. Sie hatte Flicks Frau einmal bei einer Modenschau getroffen. Pamela Fonda war ein ehemaliges Model und hatte ihm in der Hoffnung, ihn damit zu Hause festhalten zu können, drei Kinder geschenkt. Aber nichts und niemand brachte das fertig. Der Mann brauchte permanent Action. Er war ein populärer Musiker mit Macho-Allüren, der seinen Schwanz nicht in der Hose lassen konnte.

»Wohin gehst du denn?«, jammerte Flick, der es nicht gewohnt war, dass Frauen ihn von sich aus verließen.

»Ich treffe mich mit einer Freundin«, antwortete Lina, hob ihr knappes Kleid von Azzedine Alaïa vom Boden auf und schlüpfte hinein.

»Ich könnte euch beide zum Essen ausführen«, schlug Flick vor und beobachtete, wie sie sich anzog.

»Tut mir Leid«, erwiderte Lina und trat in ihre atemberaubend hohen Stöckelschuhe von Diego Della Valle. »Wir sind schon verabredet.«

Flick streckte seinen sehnigen Körper auf dem Bett aus. Er war nackt, hatte sehr helle Haut und abgesehen von einem vollen Büschel krauser, kupferfarbener Schamhaare kaum Körperbehaarung. Überdies hatte er schon wieder einen Ständer. Ziemlich beeindruckend für einen Kerl, der auf die fünfzig zuging und sein ganzes Leben auf der Überholspur verbracht hatte, dachte Lina. Wie schade, dass er keine Ahnung hatte, was man mit so einem guten Stück alles anfangen konnte.

Er bemerkte Linas Blick. »Siehst du irgendwas, für das es sich zu bleiben lohnt?«, fragte er mit einem selbstzufriedenen Grinsen.

»Nein«, entgegnete sie. »Ich kann doch meine beste Freundin nicht warten lassen.« Und bevor er sie aufhalten konnte, war sie auch schon zur Tür hinaus.

Im Aufzug auf dem Weg nach unten zum Foyer ignorierte sie bewusst das ältere Ehepaar, das sie unverhohlen anstarrte. Die Frau stieß ihrem Mann ein paar Mal den Ellenbogen in die Seite, um sicherzugehen, dass er das berühmte Model auch erkannte.

Lina war an solch musternde Blicke gewöhnt. Manchmal gab ihr das einen Kick, heute Abend allerdings nicht. Sie starrte den Mann ebenfalls an, leckte sich anzüglich die Lippen und streckte dabei ihre Zunge besonders weit hinaus. Er lief dunkelrot an.

O ja, das hier war schon ein großer Unterschied zu dem Leben, das sie in England geführt hatte. Als Friseurlehrling hatte sie nicht viel verdient und man hatte sie wie den letzten Dreck behandelt. Das Leben in der Einzimmer-Absteige, wo sie mit ihrer Mutter hauste, die als Kellnerin arbeitete, war auch nicht gerade ein Vergnügen gewesen. Ihr Vater, ein Jamaikaner, hatte sich direkt nach ihrer Geburt davongemacht. Was für ein Bastard! Sie hatte ihn zwar nie kennen gelernt, aber eines Tages – falls ihm je klar werden sollte, dass sie seine Tochter war – würde er bestimmt angekrochen kommen, um sich in ihrem Ruhm zu sonnen.

Aber sie würde ihn zum Teufel jagen, wenn er es jemals versuchen sollte. Sie brauchte keinen Vater. Sie war ihr Leben lang sehr gut ohne ausgekommen.

All das hatte sich geändert, als eine Frau sie entdeckte, deren Nichte Model-Agentin war. Sie hatte darauf bestanden, dass sie bei ihrer Nichte vorbeischaute, die ihr enormes Potenzial sofort erkannte. Obwohl Lina damals erst siebzehn war, nahm die Agentin sie sofort unter Vertrag.

Danach war es auf direktem Wege steil nach oben gegangen.

Vor fünf Jahren war sie ganz nach Amerika gezogen, auch wenn sie im Grunde die meiste Zeit über ständig unterwegs war und um die ganze Welt reiste. Von Paris nach Mailand und von dort auf die Bahamas – Lina war stets gefragt und stand immer im Mittelpunkt.

Unten angekommen drückte sie dem Portier einen Zehner in die Hand, damit er ihr ein Taxi heranwinkte, und zog ein kleines Handy aus ihrer übergroßen Prada-Handtasche. »Brig«, sagte sie, als sich ihre Freundin meldete, »was stellen wir an? Wie es aussieht, habe ich heute Abend noch nichts vor.«

Kapitel 4

Lennie Golden, der sich während der Mittagspause die Zeit in seinem Wohnwagen vertrieb, beugte sich vor, holte sich eine Flasche Bier aus der Kühltasche und leerte sie fast auf einmal. Lennie war groß und schlaksig, hatte schmutzigblondes Haar und meergrüne Augen. Er wirkte in seiner nervösen und zugleich lässigen Art ausgesprochen attraktiv, hatte schwarzen Humor und zuweilen auch beißenden Witz. Er war fünfundvierzig, sah aber viel jünger aus und die Frauen fanden ihn attraktiver als jemals zuvor.

Lennie hielt sich gern allein in seinem Wohnwagen auf, weil er sich dort auf seine Arbeit konzentrieren konnte. Das war zurzeit besonders wichtig, denn er schrieb an einem Drehbuch und kam mit der Story gut voran. Sein Laptop stand bereit, daher war es besonders ärgerlich, dass es bald an der Zeit war, eine schwarze Krawatte anzuziehen – was er ohnehin hasste – und sich in Bewegung zu setzen. Diese großen, übertriebenen Hollywood-Events lagen ihm überhaupt nicht, aber da heute Lucky geehrt wurde, konnte er schlecht einen Rückzieher machen.

Lucky Santangelo Golden, seine Ehefrau – die schönste Frau der Welt und die klügste dazu. Wie glücklich er sich doch schätzen konnte, sie an seiner Seite zu wissen, besonders vor ein paar Jahren, als er einige Monate als Entführungsopfer in einer unterirdischen Höhle in Sizilien verbracht hatte. Während dieser endlosen Monate hatte er angekettet dagesessen und von seiner Flucht und seiner Rückkehr zu Lucky und den Kindern geträumt. Glücklicherweise waren seine Gebete erhört worden. Nun war er in Sicherheit, er war sesshaft geworden und die Dinge liefen für ihn so gut wie nie zuvor.

Wenn er an diesen Albtraum zurückdachte, kam ihm alles so unwirklich vor. Als wäre all das einem anderen zugestoßen. Wenn Claudia, diese junge Sizilianerin, nicht gewesen wäre, die sein Flehen erhört und ihm zur Flucht verholfen hatte ...

Irgendein Assistent hämmerte an seine Wohnwagentür und riss ihn aus seinen Gedanken. »Set ist bereit, Mr. G.«

»Bin gleich da«, rief er, fuhr das Programm seines Laptops herunter und verbannte das Bild von Claudia mit den großen, ausdrucksstarken Augen, den langen bronzefarbenen Beinen und der weichen Haut aus seinem Kopf.

Haut wie Seide ...

Er hatte Lucky nie erzählt, was wirklich geschehen war, wie er es angestellt hatte, aus seinem unterirdischen Gefängnis zu entkommen. Er hatte es ihr nie gesagt und würde es auch niemals tun. Das war die einzige Sache, die er vor seiner Frau geheim hielt, denn er wollte sie nicht verletzen.

Lucky hätte ihm nicht geglaubt, dass er keine andere Wahl hatte. Es war sein Geheimnis und er hatte vor, es für sich zu bewahren.

Er schaltete den Laptop aus, verließ seinen Wohnwagen und machte sich auf den Weg zum Drehort, der sich in einer Straße in der Nähe befand. Unterwegs begrüßte er Buddy, seinen Kameramann, indem die beiden jeweils die rechten Handflächen hoch über dem Kopf aneinander schlugen.

»Was ist los, Mann?«, fragte Buddy, der seinen Schritt dem seinen anpasste. »Isst du heute nichts?«

»Ich spar mir meinen Hunger für das Plastikhuhn heute Abend auf«, erwiderte Lennie mit einem ironischen Grinsen.

»Oh, das kenn ich nur zu gut!«, sagte Buddy mit Nachdruck und sie fingen beide an zu lachen.

Mary Lou Berkeley war ein wenig nostalgisch aufgelegt. In einer Woche würde sie ihren neunten Hochzeitstag feiern und das erinnerte sie unweigerlich daran, wie sie ihren Mann Steven kennen gelernt hatte. Eigentlich sollte sie über ihre Rolle in Lennies Film nachdenken, insbesondere über die bevorstehende Szene. Aber sich in Erinnerungen an Steven zu ergehen war einfach unwiderstehlich. Er war unwiderstehlich und Gott sei Dank liebte sie ihn immer noch genau so wie zu Beginn ihrer Beziehung. Sie passten einfach perfekt zusammen und das würde sich auch niemals ändern.

Mit ihren einunddreißig Jahren war Mary Lou eine strahlende schwarze Schönheit mit aufregenden Rundungen, großen, braunen Augen, schulterlangen schwarzen Locken und einem bezaubernden Lächeln.

Der Tag, an dem sie Steven kennen gelernt hatte, hatte etwas Traumatisches gehabt, um es milde auszudrücken. Sie war damals achtzehn Jahre alt, ein Fernsehstar und nahm sich selbst unheimlich wichtig. Man konnte ihre Begegnung mit Steven nicht unbedingt als Liebe auf den ersten Blick bezeichnen. Sie war in Begleitung ihrer Mutter und ihrer Tante, die damals als ihre Managerin fungierte, sowie ihres Freundes, der sehr nervös war, in Stevens Büro der New Yorker Prestige-Kanzlei namens Myerson, Laker und Brandon marschiert. Was für ein Gefolge!

Aber Steven war sehr freundlich, beruhigte sie und schaffte es, ihre Begleiter davon zu überzeugen, draußen zu warten, während sie ihm ihre Geschichte erzählte. Es war wirklich eine dumme Geschichte. Sie hatte ihrem ersten Freund mit fünfzehn erlaubt, Nacktfotos von ihr zu schießen – nichts Pornografisches, bloß ein paar Posen, während sie miteinander herumalberten. Ihr ehemaliger Freund wollte sich an ihrem Ruhm bereichern, den sie durch ihre Rolle in einer Familien-Sitcom erlangt hatte. Er verkaufte die alten Fotos. Sie wurden auch veröffentlicht und nun war Mary Lou entschlossen, die Zeitschrift zu verklagen.

Steven wies sie darauf hin, dass es nicht so leicht sei, eine Zeitschrift zu verklagen; sie müsse unter Eid aussagen, endlose Fragen beantworten und dazu noch den Druck negativer Publicity ertragen. »Damit werde ich fertig«, hatte sie mit jugendlichem Selbstvertrauen geantwortet. »Ich will, dass diese miesen Ratten für das bezahlen, was sie mir angetan haben.«

»Na schön«, erwiderte er. »Wenn Sie das wollen, dann werden wir die Sache durchziehen.«

Und schließlich – beinahe drei Jahre später – zogen sie vor Gericht. Ihr Auftritt verlief gut. Sie war gelassen und drückte sich klar aus und die Geschworenen liebten sie – ganz besonders, wenn sie lächelte. Am Ende sprachen sie ihr sechzehn Millionen Dollar Schadenersatz zu.

Mary Lou war von einem Gefühl des Triumphes erfüllt. Steven erging es ebenso. Sie trafen sich zu einem Abendessen, um den Erfolg zu begießen, und ehe sie sich versahen, war aus dem harmlosen Date mehr geworden.

Mary Lou hatte eine besondere Eigenschaft: Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, tat sie alles, um es zu bekommen. Und abgesehen von der Anklage gegen die Zeitschrift konnte sie den Blick nicht von Steven abwenden – obwohl er zwanzig Jahre älter war als sie.

Später am Abend waren sie im Bett gelandet. Es war leidenschaftlich und aufregend. Anschließend hatte Steven starke Schuldgefühle. Sie war jung und er war alt. Seiner Ansicht nach war die Sache aussichtslos.

»Das mit uns wird nicht funktionieren«, erklärte er ihr ernst.

»Wahrscheinlich hast du Recht«, erwiderte sie fröhlich. »Aber ich bin anderer Meinung. Ich habe eine großartige Idee: Lass uns doch einfach ausprobieren, wer als Erster aufgibt.«

Sie musste ihn nur anlächeln und schon war er verloren. Eine Woche später zog sie bei ihm ein.

Das Glück, das er so lange vermisst hatte, brachte ihm nun Mary Lou. Sein Leben war für eine Weile aus den Fugen geraten, als ihm seine Mutter Carrie eröffnete, dass sie nicht sicher wusste, wer sein Vater war. Durch Mary Lous Unterstützung bekam er wieder einen klaren Kopf, hörte auf, ständig über die Vergangenheit nachzudenken, und konzentrierte sich auf seine Arbeit als Anwalt.

Und dann erfolgte das zweite Ärgernis. Der Herausgeber der Zeitschrift, die Mary Lou verklagt hatte, veröffentlichte zehn Doppelseiten sehr eindeutiger Fotos und behauptete, die Frau auf den Bildern sei Mary Lou. Sie war es aber gar nicht. Es waren raffinierte Fälschungen, bei denen man ihr Gesicht auf den Körper eines Pornostars montiert hatte. Leider konnte die Auflage nicht mehr gestoppt werden und gelangte in den Handel.

Als Mary Lou die Fotos sah, war sie so verzweifelt, dass sie versuchte, sich das Leben zu nehmen. Glücklicherweise gelang es Steven, sie noch rechtzeitig in ein Krankenhaus zu bringen.

Mary Lou wurde eine Woche später entlassen und Steven war sich nun ganz sicher, dass er nicht mehr ohne sie leben konnte. Kurze Zeit später heirateten sie.

Diese Ehe rettete sie beide. Steven hatte einen Menschen an seiner Seite, dem sein Wohlergehen mehr als alles andere auf der Welt am Herzen lag. Und Mary Lou hatte endlich die Sicherheit und Liebe gefunden, nach der sie sich schon immer gesehnt hatte.

Innerhalb weniger Monate wurde sie schwanger und brachte schließlich ein wunderschönes Mädchen namens Carioca Jade zur Welt. Carioca war jetzt acht. Dem Aussehen nach ähnelte sie ihrer Mutter; die Cleverness hatte sie vom Vater geerbt und daher wollte sie auch einmal Anwältin werden.

Mary Lou war eine großartige Mutter. Ungeachtet ihrer erfolgreichen Karriere standen Steven und Carioca an erster Stelle, und sie gab ihnen das Gefühl, dass sie die beiden wichtigsten Menschen auf dem ganzen Planeten waren.

Es war Stevens Idee, nach Los Angeles zu ziehen, als sie nach einem zweijährigen Aufenthalt in England, wo er englisches Recht studiert, Golf gespielt und viel Zeit mit Frau und Tochter verbracht hatte, in die Staaten zurückkehrten. »Wenn wir in L.A. wohnen, wird es leichter für dich sein, wieder in die Branche einzusteigen«, hatte er Mary Lou erklärt. Zudem wollte er nicht mehr in New York leben und er sehnte sich danach, in der Nähe seiner Halbschwester Lucky und seinem Vater Gino zu sein. Er hatte beinahe sein ganzes Leben lang gebraucht, ehe er herausfand, dass er eine Familie hatte, und als es dann so weit war, war es ein seltsames, überwältigendes Gefühl gewesen. Lucky hatte ihn sofort akzeptiert, doch Gino hatte eine Weile benötigt, ehe er vollständig begriff, dass er einen Sohn mit dunkler Hautfarbe gezeugt hatte – das Resultat eines weit zurückliegenden One-Night-Stands mit Stevens Mutter Carrie.

Als Steven seinem Freund und Partner Jerry Myerson mitteilte, dass er sich in Los Angeles niederlassen wollte, war Jerry wie immer sehr verständnisvoll. Er schlug vor, eine Filiale von Myerson, Laker und Brandon an der Westküste zu eröffnen. Steven fand genau wie Mary Lou Gefallen an der Idee.

Glücklicherweise hatte Steven Recht gehabt – der Umzug nach Los Angeles tat Mary Lous Karriere sehr gut. Nun bekam sie die Filmrollen, die sie während ihrer Zeit in Europa verpasst hatte. Als Steven zwei Juniorpartner einstellte, ließ sich auch die neue Kanzlei gut an. Es war für beide ein Karrieresprung.

»Sie warten am Set auf Sie, Mrs. Berkeley«, sagte der zweite Regieassistent, der an die unverschlossene Tür des Wohnwagens klopfte.

»O ja, natürlich«, sagte Mary Lou und kehrte mit ihren Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. »Ich bin schon unterwegs.«

Kapitel 5

Als sie in ihrem roten Ferrari über den Pacific Coast Highway flitzte und Marvin Gaye in voller Lautstärke aus dem CD-Player dröhnte, fühlte sich Lucky rundum wohl. Sie hoffte nur, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Gino jedenfalls glaubte es.

»Du musst tun, was dein Gefühl dir sagt«, hatte er ihr erklärt. »Also, wenn du so fühlst, dann mach es!«

Nun, sie würde es früh genug herausfinden, sobald sie die Reaktionen auf ihre Ankündung beobachtete – insbesondere Lennies.

Jetzt war es zu spät, aber sie wurde den Gedanken nicht los, dass sie es ihm besser als Erstem gesagt hätte. Das Problem war nur, dass Lennie die Angewohnheit hatte, Dinge stets genau zu analysieren, und sie wollte nicht, dass er ihre Entscheidung zerpflückte. Sie wollte die Sache einfach durchziehen.

Im Strandhaus hatten sich alle in der großen, gemütlichen Küche versammelt, die auf das Meer hinausging. Da waren der kleine Gino und Maria mit ihrem fröhlichen Kindermädchen CeeCee und Bobby, der verdammt gut aussah und eine etwas größer gewachsene Ausgabe seines Großvaters Gino war.

»Hallo, Mom«, sagte Bobby. »Warte nur, bis du meinen Armani-Smoking siehst. Du wirst ausflippen.«

»Bestimmt«, erwiderte Lucky trocken. »Wer hat dir denn gesagt, dass du zu Armani gehen darfst?«

»Großvater«, antwortete Bobby und kaute an einem Stück Möhre.

»Gino verwöhnt dich«, sagte Lucky.

»Stimmt«, antwortete Bobby lachend. »Und das finde ich klasse!«

Lucky hatte Bobby erlaubt, zu der abendlichen Veranstaltung mitzukommen. Aber sie wollte nicht, dass der kleine Gino und Maria mitkamen. Die beiden waren noch zu klein. Sie hatte nicht vor, typische Hollywood-Kinder aus ihnen zu machen. Sie hatte genug verzogene Gören gesehen, die mit sechzehn schon Porsche fuhren und keinerlei Manieren besaßen.

CeeCee, die schon seit Bobbys Geburt bei der Familie war, löffelte den jüngeren Kindern gerade Reis und Bohnen auf die Teller.

»Mmm ...«, machte Lucky und beugte sich über den Tisch, »das sieht aber lecker aus.«

»Wo ist Daddy?«, fragte Maria. »Er hat mir versprochen, dass wir zusammen am Strand laufen.« Maria war ein hübsches Mädchen mit riesigen grünen Augen und feinem blondem Haar. Sie sah Lennie sehr ähnlich, während Gino eher Lucky ähnlich sah.

»Daddy arbeitet«, erklärte Lucky. »Er wird am Wochenende mit dir laufen. Wie wäre das?«

»Am Wochenende bin ich bei meiner Freundin«, verkündete Maria. »Die macht eine Riesen-Geburtstagsparty.«

»Du willst uns für ein ganzes Wochenende allein lassen?«, fragte Lucky und setzte ein trauriges Gesicht auf.

»Du hast es mir erlaubt, Mama«, sagte Maria mit ernster Miene. »Du hast es versprochen.«

Lucky lächelte. »Ich weiß«, sagte sie und erinnerte sich daran, wie sie selbst mit acht Jahren gewesen war. Sie hatte keine Mutter gehabt, die auf sie aufpasste, nur das bedrückende Hauses in Bel Air und Gino, der Wache hielt. »Ich gehe nach oben, um mich für den heutigen Abend fertig zu machen«, verkündete sie, »und wenn ich herunterkomme, dann will ich leer gegessene Teller sehen. Und zwei kleine Wichte in Pyjamas, die mich umarmen und mir einen Kuss geben.«

Der kleine Gino kicherte. Sie beugte sich zu ihm hinab und nahm ihn in den Arm, ehe sie nach oben in ihr Schlafzimmer eilte, wo Ned, ihr Coiffeur, geduldig auf sie wartete. Für gewöhnlich frisierte sie sich selbst, aber da dies heute Abend eine so wichtige Veranstaltung war, hatte sie sich entschlossen, sich besondere Mühe zu geben.

Ned kam ihr eigenartig aufgeregt vor.

»Was ist denn los?«, fragte sie.

»Sie machen mich nervös«, beschwerte er sich. »Sie sind immer so in Eile.«

»Ganz besonders heute«, erwiderte sie, was bewirkte, dass er nur noch mehr aus der Fassung geriet. »Ich muss um Punkt halb sechs fix und fertig angezogen und zurechtgemacht in der Limousine sitzen.«

»Na schön, dann mal auf den Stuhl«, sagte Ned und klatschte in die Hände. »Und was fangen wir mit Ihrem Haar an?«

»Hochstecken. Etwas niveauvoll Elegantes.«

»Also etwas, das so gar nicht Ihrem Typ entspricht?«

»Ha, ha!«, rief Lucky. »Ich kann doch zur Abwechslung auch mal wie eine Erwachsenen aussehen, oder?«

»Gewiss doch«, antwortete Ned. »Aber bloß nicht herumnörgeln. Vom Nörgeln bekomme ich Herzrasen.«

»Sie haben zwanzig Minuten«, sagte sie und blickte auf ihre Uhr. »Länger kann ich nicht stillsitzen.«

»O Gott!«, stöhnte er. »Da lob ich mir doch die Filmstars. Die bewundern sich wenigstens stundenlang im Spiegel, ohne ein Wort zu verlieren.«

Ned frisierte sie in Rekordzeit. Sie dankte ihm, bezahlte ihn und beförderte ihn hinaus. Sobald er fort war, stellte sie sich unter die Dusche, wobei sie sich fast den Kopf verrenkte, um Neds Frisur nicht zu ruinieren. Dann trocknete sie sich rasch ab und besprühte ihren Körper mit Lennies Lieblingsparfüm. Als Nächstes legte sie ihr Make-up auf und schlüpfte in das lange, aufreizende rote Valentino-Kleid mit Spaghetti-Trägern, tiefem Dekolletee und einem Schlitz, der weit bis zum Oberschenkel reichte. Es war ein sehr freizügiges Kleid, aber glücklicherweise war sie so schlank, dass sie es sich leisten konnte.

Sie betrachtete sich im Spiegel. Jetzt sehe ich wirklich wie eine Erwachsene aus, dachte sie mit einem Lächeln.

Lucky Santangelo. Lucky Saint hatte man sie in der Schule immer gerufen, damit ihre wahre Identität verborgen blieb und niemand erfuhr, dass sie mit dem berüchtigten Gino Santangelo verwandt war – dem Hotel-Tycoon aus Las Vegas mit der dunklen Vergangenheit.

Gino ... Daddy ... und dann all die Erinnerungen, die sie teilten .... Niemand würde jemals dieses Band zwischen ihnen zerschneiden können.

Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn mit neunzehn angefleht hatte, das Familiengeschäft übernehmen zu dürfen. Aber Gino hatte diese Idee niemals auch nur in Erwägung gezogen, bis sie ihm bewies, dass sie sich von niemandem aufhalten lassen würde.

»Mädchen sollten heiraten und Kinder kriegen«, hatte er immer zu ihr gesagt.

»Dieses Mädchen nicht«, hatte sie mit stählerner Entschlossenheit erwidert. »Ich bin eine Santangelo – genau wie du. Ich schaffe alles, was ich mir vornehme.« Und schließlich hatte sie Recht behalten.

Sie öffnete ihren Safe und nahm die diamantenen Creolen heraus, die Lennie ihr zum vierzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Dann legte sie noch ein breites, mit Diamanten und Smaragden besetztes Armband an – ein Geschenk von Gino – und war bereit. Es war genau zwanzig Minuten nach fünf.

Unten gab Bobby vor seinen Geschwistern mit dem neuen Smoking an.

»Warum dürfen wir nicht auch mitkommen?«, beschwerte sich Maria, die in ihrem Snoopy-Pyjama entzückend aussah.

»Weil das keine Veranstaltung für Kinder ist«, erklärte Lucky. »Da sind nur Erwachsene erlaubt.«

»Und warum geht Bobby dann mit?«, fragte der kleine Gino.

»Weil er größer als wir alle ist«, erwiderte Lucky, die dies für eine ziemlich gute Antwort hielt. »Ist die Limousine schon da?«, wandte sie sich an Bobby.

»Ja, Mom, ist gerade gekommen.«

»Dann lass uns gehen«, sagte sie und gab Maria und dem kleinen Gino einen Kuss.

»Schatz«, sagte Steven und kramte hektisch in der obersten Schublade herum, während er das Telefon notdürftig zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt hatte, »ich kann meine Fliege nicht finden.«

»Steven«, antwortete Mary Lou, »wie kannst du mich hier am Set anrufen? Du hast gerade eine Aufnahme vermasselt.« Sie sprach in ihr Handy und versuchte, sich den zweiten Hauptdarsteller vom Leib zu halten, der einfach nicht glauben konnte, dass sie ihr Handy eingeschaltet gelassen hatte, während sie mitten in einer Szene waren.

»Tut mir Leid, Liebling«, sagte Steven, »aber das hier ist ein Notfall. Lucky muss jeden Moment hier sein.«

»Deine Fliege liegt auf deiner Frisierkommode, wo ich sie heute Morgen hingelegt habe. Das habe ich dir doch gesagt, bevor ich ging.«

»Ach ja, richtig«, sagte er, jetzt fiel es ihm plötzlich wieder ein.

»Du machst mich noch verrückt, Steven«, sagte sie verärgert.

»Angenehm verrückt?«

Ein kleines Kichern. »Natürlich angenehm verrückt.«

Er sprach mit der tiefen und erotischen Stimme eines Soul-Sängers. »Irgendwann später am Abend mach ich dich so richtig verrückt.«

»O Baby, Baby ...«

Jetzt kicherten sie beide. Sie wussten, dass sie sich immer noch begehrten und dass der Sex mit den Ehejahren immer besser wurde.

»Mary Lou«, schrie Lennie hinter der Kamera, »wir würden ganz gern dieses Jahr noch irgendwann fertig werden. Was dagegen?«

»Tut mir Leid, Lennie«, erwiderte sie schuldbewusst. Und dann sagte ins Handy: »Bis nachher, mein Liebling. Es gibt da noch etwas, das ich dir sagen muss.«

»Was denn?«, fragte er in der Hoffnung, dass sie sich nicht für einen weiteren Film verpflichtet hatte, ohne es ihm zu sagen, denn seiner Ansicht nach hatten sie beide einen schönen, langen Urlaub nötig.

»Wirst du schon sehen«, entgegnete sie und schaltete das Handy aus.

»Können wir jetzt wieder an die Arbeit gehen?«, fragte Lennie.

»Aber klar«, sagte Mary Lou und setzte ihr bezauberndes Lächeln auf, sodass ihr niemand lange böse sein konnte.

Kapitel 6

Rumfahren und sich zuknallen war nicht gerade das, was sich der Junge vorgestellt hatte. Er hatte sich Sex auf der Rückbank des Jeeps ausgemalt oder zumindest darauf gehofft, dass sie ihm einen blasen würde. Aber die junge Frau, die gern herumkommandierte, hatte ihre eigenen Vorstellungen.

Sie hatte ihn schon immer gern herumgeschubst, schon als sie noch Kinder waren. Mach dies, mach das, hatte es immer geheißen und für gewöhnlich hatte er gehorcht, weil sie zwei Jahre älter war und ihm Angst einjagte.

Aber im Grunde ärgerte er sich mächtig über sie.

Und gleichzeitig begehrte er sie so sehr, dass er in ihrer Nähe dauernd einen Ständer hatte.

Er glaubte, dass er sich aus ihrem Bann befreien könnte, wenn er nur einmal mit ihr schlief – nur ein einziges Mal. Aber bis heute sagte sie ihm, was er zu tun hatte.

Sie fuhren zu einem Supermarkt, wo sie zwei Sixpacks Bier kaufte. Da sie viel älter aussah als achtzehn und zudem den Verkäufer an der Kasse kannte, verlangte der Kerl gar nicht erst ihren Ausweis – er war viel zu sehr damit beschäftigt, auf ihre Titten zu starren.

Auf dem Parkplatz öffnete sie zwei Bierdosen und drückte ihm eine in die Hand.

»Wer zuletzt fertig wird, ist ein Feigling – und ein Versager!«, verkündete sie überheblich und hob ihre Dose sofort an die Lippen.

Er war bereit, die Herausforderung anzunehmen, und verdrängte, was sein Dad zu ihm gesagt hatte, als der ihm die Schlüssel zu dem Jeep überreichte: »Du musst mir eins versprechen, mein Sohn – kein Alkohol am Steuer.«

»Aber klar, Dad«, hatte er geantwortet. »Darauf gebe ich dir mein Wort.«

Das Bier war eiskalt und schmeckte gut. Er schaffte es sogar, sie zu schlagen, und hatte als Erster seine Dose geleert. Ein kleiner Triumph.

»Nicht schlecht«, sagte sie unwirsch.

»Wohin fahren wir jetzt?«, fragte er.

»Keine Ahnung«, erwiderte sie.

»Lass uns doch ins Kino gehen«, schlug er vor.

»Zeitverschwendung«, entgegnete sie verächtlich und fummelte an einem der zahlreichen Stecker herum, die ihr linkes Ohr zierten.

»Kino ist was für Schwachköpfe, die nichts Besseres zu tun haben.« Sie wusste, dass er verrückt nach ihr war, und nutzte es gnadenlos aus. »Lass uns was klauen!«, sagte sie, als handele es sich dabei um die normalste Sache der Welt.

»Warum sollten wir so was machen?«, fragte er und zog an seinem Ohrläppchen – das tat er immer, wenn er nervös war.

»So ’ne Art Aufnahmeprüfung«, erwiderte sie gleichgültig. »Wenn du weiter was mit mir zu tun haben willst, musst du so was machen. Um mich davon zu überzeugen, dass dir was an mir liegt.«

»Dass mir was an dir liegt?«, wiederholte er und überlegte, ob sie ihm nicht vielleicht doch noch einen blasen würde.

»Ja. Keine Sorge, ist alles ganz einfach. Wir fahren einfach am CD-Laden vorbei und sehen mal, wie viele du abräumst.«

»Warum soll ich nicht dafür blechen?«, erwiderte er vernünftig. »Mein Dad bezahlt meine Kreditkarten-Rechnungen.«

»Was ist denn los?«, fragte sie höhnisch. »Will Daddys kleiner Liebling etwa keinen Ärger bekommen?«

»Das ist doch Quatsch!«

»Hat Daddy dich vielleicht in seinem Haus in New York eingesperrt?«, fuhr sie mit spöttischer Stimme fort. »Ich dachte, das Leben in dieser Stadt hätte dir ein bisschen Mumm gebracht.«

»Ich trau mich schon was, keine Sorge«, erwiderte er, mit einem Mal stinksauer.

»Tust du nicht ... du bist eben Daddys kleiner Liebling.«

»Stimmt ja gar nicht.« Und als wolle er ihr das Gegenteil beweisen, öffnete er eine weitere Bierdose und leerte sie mit ein paar Schlucken.

»Oh«, sagte sie. »Plötzlich der Supermacho, was?«

»Du weißt gar nichts über mich«, antwortete er.

»Ich weiß alles über dich«, erwiderte sie schnell. »Jede Wette: Du hattest noch nie Sex.«

Die Tatsache, dass sie über seine Unschuld Bescheid wusste, haute ihn um. »Das ist doch Bockmist!«, entgegnete er.

»Gut«, sagte sie. »Ich mag nämlich nur Kerle, die ihn hochkriegen und ihn auch da oben halten können.«

Er trank noch mehr Bier. Bedeutete das nun, dass sie ihn später ranlassen würde, damit er es beweisen konnte?

Die erste Dose Bier hatte ihn entspannt, die zweite machte ihn mutiger. »Okay, lass uns losziehen«, sagte er und unterdrückte einen Rülpser. »Ich wette, ich schaffe mehr CDs als du.«

»Na, so gefällst du mir«, sagte sie zufrieden. »Soll ich fahren?«

»Nein«, erwiderte er, »geht schon klar.«

Und sie machten sich auf den Weg.

Kapitel 7

Der Dreh ging langsamer vonstatten, als Lennie geplant hatte, und zudem würden sie bald auch nicht mehr genug Licht haben. Er hatte versprochen, sich so bald wie möglich auf den Weg zu Luckys Ehrung zu machen, aber so wie die Dinge standen, würden Mary Lou und er sich mit Sicherheit verspäten.

Doch es half auch nichts, ständig darüber nachzudenken. Noch zwei Kameraeinstellungen und die Szene war im Kasten. Alle gaben sich große Mühe, so schnell zu arbeiten wie nur eben möglich.

Erfreulicherweise machte es Spaß, mit Mary Lou zu arbeiten. Manche Schauspielerinnen waren Diven, die sich über jede Kleinigkeit beschwerten. Nicht so Mary Lou. Sie war völlig anders. Hübsch und talentiert, aber vor allem ausgesprochen nett – die gesamte Crew lag ihr zu Füßen.

Buddy war furchtbar in sie verschossen, was Lennie außerordentlich amüsierte, denn für gewöhnlich war Buddy der Herzensbrecher, ein echter Sexprotz, immer geschniegelt und mit einem Getue wie Eddie Murphy.

»Sie ist verheiratet«, bemerkte Lennie und spazierte zu Buddy hinüber, während die Beleuchtung für die letzten Aufnahmen eingestellt wurde.

»He Mann, das weiß ich doch«, erwiderte Buddy, der Mary Lou nicht einen Moment lang aus den Augen ließ. Sie saß auf ihrem Stuhl und unterhielt sich mit einem der Beleuchter. »Aber wenn sie es nicht wäre, dann –«

»He, he!«, unterbrach ihn Lennie. »Sie ist mit meinem Schwager verheiratet.«

»Der Glückspilz«, sagte Buddy.

»Jawohl, das ist er«, erwiderte Lennie. »In unserer Familie haben sie das Glück gepachtet. Meine Frau ... ach, was soll ich dir über meine Frau erzählen?«

»Ich hab sie gesehen«, sagte Buddy. »Du musst nichts sagen. Aber eins würde mich mal interessieren. Ist es nicht schwierig, mit einer Frau wie Lucky verheiratet zu sein?«

»Warum schwierig?«

»Weil sie ein Filmstudio leitet, Mann, und alle möglichen wichtigen Entscheidungen trifft. Die Frau hat echt Einfluss in Hollywood und, na ja ...«

Lennie schüttelte den Kopf und lachte. »Glaubst du etwa, es würde meinem Ego zu schaffen machen, dass meine Frau ein Filmstudio leitet?«

»Quatsch, das meinte ich doch gar nicht.«

»Sei ehrlich, genau das hast du gemeint.«

»Nein, wirklich nicht, Mann«, beharrte Buddy. »Ich dachte bloß, dass ich es nicht fertig bringen würde.«

»Was würdest du nicht fertig bringen?«

»Mit einer Frau zusammen zu sein, die immer im Mittelpunkt des Interesses steht.«

»Ach, da stand ich selbst lange genug«, entgegnete Lennie. »Als ich noch Schauspieler war, wurde ich mit Aufmerksamkeit überschüttet. Die Mädels waren total heiß auf mich. Sie haben mir ihre Telefonnummern förmlich in die Taschen gestopft. Mir Nacktbilder mit der Post geschickt. Glaub mir, so ist es mir lieber.«

»Prima«, sagte Buddy.

»Genau«, stimmte ihm Lennie zu. »Und jetzt hör auf, Mrs. Berkeley anzustarren, und sieh zu, dass wir hier fertig werden.«

Gino Santangelo war angezogen und ausgehbereit. Man brauchte nicht gerade viel Zeit, um sich fertig zu machen, wenn man siebenundachtzig Jahre alt war. Großer Gott! Er warf einen Blick in den Spiegel, sah den alten, grauhaarigen Mann und dachte: Wann zum Teufel ist denn das passiert?

Seiner Ansicht nach war er immer noch vierzig. Vierzig und ein Mann der Tat. Allerdings war in seinem Alter nicht mehr so viel los. Er musste mit Schmerzen und Zipperlein fertig werden. Mit Steifheit in den Gelenken. Mit ständigen Toilettenbesuchen in der Nacht. Alt zu werden war ein Graus. Aber besser alt als tot, sagte er sich.

Er ging zur Bar in seinem Appartement in Wilshire und goss sich einen großen Jack Daniels ein. Ein guter Schluck Jack Daniels am Tag spart den Gang zum Onkel Doktor, das war sein Motto und er hielt sich daran.