Die Stimme des Propheten - Mohammed - E-Book

Die Stimme des Propheten E-Book

Mohammed

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Beschreibung

»Der Koran gehört mit den Werken Homers, den Schriften Buddhas und den beiden Testamenten der Bibel zu den wichtigsten Büchern der Menschheit«, so Wolfgang Kraus. Doch wer aus der nichtislamischen Welt kennt den Koran? Die Stimme des Propheten bietet eine zuverlässige Auswahl aus dem Koran und so einen Einblick in ein Buch, das unsere heutige Zeit maßgeblich beeinflusst.

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Mohammed

Die Stimme des Propheten

Aus dem Koran ausgewählt, herausgegeben und mit einem Vorwort von Wolfgang Kraus

Diogenes

Vorwort

Den meisten Europäern ist es kaum bekannt, wie sehr der Islam die Kultur des Abendlandes gestaltet hat. Die Alhambra und die Omar-Moschee finden zwar Bewunderung, die Märchen von Tausend und eine Nacht beglücken wohl schon die Kinder, und das Wort Algebra ist jedem von uns bekannt, doch die Mohammedaner selbst gelten in der Erinnerung an entstellende Schulbücher vielfach nur als die unmenschlichen Feinde der Christenheit. Die Schuldfrage und Tragödie der Kreuzzüge sollen hier nicht erörtert werden, ebenso wenig der Bruderhass in Europa, der zum Anlass wurde, dass man mit Fremdgläubigen paktierte, wann immer es von Vorteil schien. Es muss aber ausgesprochen werden, dass es ohne Avicenna und Averrhoes keinen Thomas von Aquino gäbe, ohne die muselmanische Liebeslyrik keinen Minnesang des ritterlichen Mittelalters, und es ist unabsehbar, welchen Ausdruck die gotische Baukunst ohne den im Osten erlernten Spitzbogen gefunden hätte.

In Spanien und Sizilien war der Islam lange Zeit eine eigene blühende Welt, nach Norden begrenzt von Ländern, die erst langsam wieder aus der Barbarei erwachten. Wie aus unerschöpf‌lichen Quellen strömten von den islamischen Zentren Wissen und Kunst an die Schulen, Klöster und Herrscherhöfe von Frankreich, Italien und Deutschland. In der Scholastik lebten Gedanken der mohammedanischen Philosophen, an den medizinischen Fakultäten verwendete man bis zum Barock die grundlegenden Bücher der Ärzte aus Bagdad und Damaskus, aber nur teilweise übernahm man die astronomischen Kenntnisse der muselmanischen Gelehrten, da man nicht glauben wollte, dass die Erde eine Kugel sei.

Friedrich der Zweite zählte arabische Mathematiker und Künstler zu seinen Freunden und richtete philosophische Fragen an die Schulen Syriens und des Irak. Die venezianischen Handelsschiffe brachten neben Zimt, Nelken, Taft, Damasten und Teppichen von ihren weiten Reisen auch Schriften mit, die auf einem merkwürdigen, in Europa unbekannten Stoff aufgezeichnet waren, dem Papier. Bagdad, Damaskus, Samarkand, Palermo, Cordoba und Saragossa waren lange Zeit die glanzvollsten Städte der Welt, in denen Künste und Wissenschaften herrlich gediehen, sie wurden zu Sehnsuchtsträumen der Gebildeten des aus dem Dunkel langsam aufsteigenden westlichen Abendlandes.

Am Anfang dieser einzigartigen Entwicklung der islamischen Kultur stehen Mohammed und sein Koran. Vor dem Wirken des Propheten war Arabien ein von unwissenden Nomadenstämmen durchkreuztes, armseliges Land, kaum durch eine einheitliche Sprache verbunden. Nicht lange nach Mohammeds Tod reichte das Gebiet des Islam vom Pandschab bis an die Grenze Frankreichs. Eine Reihe bedeutender Herrscher regierte über die riesigen Provinzen des Kalifats, und Namen wie Al Mansur und Harun al Raschid wurden sogar von ihren christlichen Gegnern mit Ehrfurcht genannt. Im Laufe eines Jahrtausends hat der Islam manche Einbußen erfahren, er verlor Spanien und Sizilien, gewann zwar das mächtige Byzanz, brach aber schließlich als Weltreich zusammen. Die Religion jedoch blieb lebendig, zu ihr bekennt sich heute mehr als ein Sechstel der Weltbevölkerung: Fast 950 Millionen Menschen folgen der Stimme des Propheten.

Der neue, vor allem von den Schiiten des Iran ausgehende Fundamentalismus beeinflusst seit den siebziger Jahren unseres Jahrhunderts wieder die Weltpolitik. Die militanten Züge mancher islamischer Regierungen und Gruppen lassen dabei oft ein unrichtiges Bild von der Religion und Philosophie des Islam entstehen. Welche militanten Verzerrungen eine Religion entstellen können, ist nicht zuletzt an der christlichen Religion mit ihren Phasen von blutigen, grausamen Glaubenskriegen und der Inquisition in früheren Jahrhunderten zu erkennen. Der Islam befindet sich heute in einer solchen Epoche großer geistiger Gefährdung durch eigenen radikal gewalttätigen Extremismus. Die Beschäftigung mit dem Koran kann zu den eigentlichen Quellen zurückführen.

Welches Geheimnis enthält nun die Lehre Mohammeds? Welche Kraft geht von ihr aus, dass in ihrem Bann einst eine so vielfältige, hohe Kultur und ein Reich von solch gewaltigen Dimensionen wachsen konnten?

Mohammeds Leben ist merkwürdig genug. Er stammte von vornehmen, aber wenig begüterten Eltern ab, die früh starben und dem Sechsjährigen fünf Kamele und eine kleine Ziegenherde hinterließen. Der Knabe wuchs erst bei seinem Großvater, dann bei seinem Onkel in Mekka heran und wurde Kaufmann. Er heiratete die um fünfzehn Jahre ältere, wohlhabende Witwe Chadidscha und verstand es, durch geschickte geschäftliche Unternehmungen das immer noch nicht allzu große Kapital zu erheblichem Reichtum zu vermehren. Bis knapp vor sein vierzigstes Lebensjahr unterschied sich Mohammed durch nichts von anderen angesehenen Arabern der Stadt. Um diese Zeit begann sich der erfolgreiche Kaufherr eingehender mit religiösen Fragen zu beschäftigen, als es damals üblich war, er zog sich während des heiligen Monats Ramadan mit seiner Familie in eine nahe Höhle zurück, um dort zu beten und zu meditieren. Eines Nachts – es war im Jahr 610 – hatte er seine erste Vision: Der Erzengel Gabriel erschien ihm und offenbarte mit mächtiger Stimme, dass Mohammed zum Gesandten Gottes berufen sei. Von da an hatte er viele solche Erlebnisse, die er dann seinen Freunden und Verwandten mitteilte. Mohammed befand sich nun in jener Stadt, zu der die Pilger von weit her gezogen kamen, um die Götter der Kaba und deren schwarzen Stein zu verehren, so dass er es gerade hier mit seinen neuen Glaubenslehren vom einzigen Gott schwer hatte. Da Mohammed aber die Freilassung der Sklaven empfahl und selbst mit gutem Beispiel voranging, da sein bekehrter Freund, der ebenfalls reiche und angesehene Abu Bekr, Scharen von Sklaven kauf‌te, um ihnen die Freiheit zu geben, wuchs sein Einfluss bald. Die Oberhäupter von Mekka verfolgten diese Entwicklung erst mit Misstrauen, dann mit offener Feindschaft. Nur knapp entging Mohammed einem Mordanschlag und floh nach Medina. Dieser Tag, der 26. Juli 622, wurde siebzehn Jahre später von Kalif Omar zum Beginn der islamitischen Zeitrechnung erklärt, man zählte nun die Jahre vor und nach der Hedschra.

In Medina fand seine Lehre begeisterte Anhänger, und es gelang ihm gleichzeitig, eine mächtige bürgerliche Herrschaft zu errichten. Er schlug die aus Mekka heranziehenden Heere vernichtend, schloss einen kurzen Frieden und marschierte dann mit gewaltiger Übermacht in die widerstandslose Stadt der Kaba ein. Acht Jahre nach seiner Flucht war Mohammed als Sieger zurückgekehrt. Nur mehr zwei Jahre blieben dem Propheten, um seinen Glauben und sein Reich zu festigen. Viele Visionen offenbarten ihm Gesetze und Richtsprüche, die von seinen Freunden aufgezeichnet wurden. Er, der Chadidscha sechsundzwanzig Jahre die Treue gehalten hatte, heiratete nach deren Tod ein zweites Mal und nahm neun Nebenfrauen, zum Teil aus Gründen der Diplomatie, um den Kreis seiner Verwandten zu vergrößern. Mohammed starb im Alter von zweiundsechzig Jahren – nur zweiundzwanzig Jahre waren seit seiner ersten Vision vergangen und zehn Jahre seit seiner Flucht nach Medina. So wenig Zeit hatte ausgereicht, um den Grund für eine der größten und einflussreichsten Religionen und eines der mächtigsten Reiche der Erde zu legen.

 

Die Religion des Islam ist verhältnismäßig einfach. Sie hat keine Priesterschaft, kennt keine kirchliche Hierarchie, sondern stützt sich nur auf den Koran, aus dem ein Vorbeter der Gemeinde vorliest. Mohammed hat den Koran nicht selbst zusammengestellt, die Offenbarungen, die ihm zuteil wurden, bezogen sich auf bestimmte Situationen, in denen sich der Prophet und seine Glaubensgenossen gerade befanden, und waren nicht für ein einheitliches Werk gedacht. Wie Buddha, Sokrates und Christus hat Mohammed kein Buch verfasst, er konnte bis an das Ende seines Lebens nicht einmal lesen und schreiben. Erst nach seinem Tode ging man daran, seine Predigten und Rechtsprechungen zu sammeln, wobei man sie nicht nach der Reihenfolge ihrer Entstehung, die man nicht mehr kannte, sondern nach der abnehmenden Länge ordnete. Da nun die kurzen, inhaltlich mehr dem Glauben zugewandten Suren zuerst geoffenbart wurden, die längeren, mit dem Amt des Herrschers zusammenhängenden aber später, ist anzunehmen, dass die jüngsten Teile am Anfang des Buches, die ältesten aber am Schluss zu finden sind. Den Namen »Islam« (sich ergeben, Frieden schließen) verdankt die Lehre Mohammeds dem dreimaligen Zu-Boden-Neigen der Betenden, die man »Moslems« (die sich ergeben, mit Gott Frieden geschlossen haben) nannte. Der Koran selbst ist eine Folge von Verkündigungen Gottes – Allahs – oder Gabriels an Mohammed, für diesen bestimmt, für seine Anhänger oder seine Widersacher. Er ist monotheistisch im strengsten Sinn, mahnt zur Güte, zur Bescheidenheit, zum Almosengeben, aber auch zum Kampf gegen alle, die dem Islam feindlich gegenüberstehen. Der Islam unterscheidet sich vom Christentum – dessen beide Testamente er als heilige Bücher, die allerdings in entstellter Form überliefert seien, anerkennt – vor allem durch die energische Ablehnung der Dreifaltigkeit, durch die Erklärung, dass Jesus zwar ein Prophet, nicht aber der Sohn Gottes gewesen sei, und durch eine Ethik, die den Ur-Instinkten der Menschen gegenüber nachgiebiger ist als die Lehre Christi. Vergeltung und Krieg sind, wenn sie für den Glauben getan werden, gerechtfertigt, gegen Bekehrte aber ist Verzeihen geboten. Auch in den Eheregeln ist der Koran gegen die Leidenschaftlichkeit der Männer weitherziger, er gestattet Ehebünde mit mehreren Frauen und erlaubt Konkubinen, deren Söhne dann als rechtmäßig anerkannt werden, doch verbietet er über den Harem hinaus jede Ausschreitung aufs härteste. Der Koran enthält also eine nicht allzu strenge Formel für die Moral, auf deren Befolgung aber ohne alle Nachsicht geachtet werden muss. Da dieses Werk Offenbarung und weltliche Rechtsprechung gleichzeitig aufzeichnet, setzt es jeweils das Maß der irdischen Sühne fest und öffnet ebenso den Ausblick auf das Jüngste Gericht. Mohammed droht den Übertretern seiner Gesetze mit furchtbaren Höllenstrafen und verspricht den Schuldlosen ein Paradies mit allen körperlichen und geistigen Glückseligkeiten. Er packt die Menschen beim Egoismus und Selbsterhaltungstrieb, indem er sagt: »Wenn du Almosen gibst, gibst du sie deiner eigenen Seele.« Oder: »Wenn du sündigst, dann sündigst du gegen dich selbst.« Der Koran ist eine sehr reale, konkrete Religion, wenn sie auch mit allem poetischen Zauber der üppigen morgenländischen Phantasie vorgetragen wird.

 

Nach Mohammeds Tod erwies sich die ungeheure Anziehungskraft seiner Lehre immer stärker. Abu Bekr, der erste Kalif – das Wort heißt »Stellvertreter« –, eilte bedrängten Glaubensgenossen in Syrien und Mesopotamien zu Hilfe, die unter der Herrschaft von Byzanz zu leiden hatten. Er eroberte weite Gebiete und drang schließlich in Persien ein. Sein Nachfolger Omar herrschte im Jahre 635, drei Jahre nach dem Tod des Propheten, bereits über ganz Syrien, Ägypten und Persien. Nach Omars Ermordung drohte dem Islam durch Bruderkrieg Gefahr, denn der Vetter Mohammeds, Ali, trat gegen Muawiya auf, und beide beanspruchten das Kalifat. Da irdische Macht und religiöse Lehre im Islam eine Einheit darstellten, ergab sich sogleich ein Schisma, das bis heute zwischen Schiiten und Sunniten fortbesteht. Muawiya blieb Sieger, und die nun folgende Ummayyaden-Dynastie eroberte 711 Spanien, 712 Samarkand. Nach der gewaltsamen Vernichtung dieser Herrscherfamilie durch Widersacher im eigenen Land kamen vorwiegend Männer an die Regierung, deren Macht sich auf ihre persischen Wesire und Statthalter stützte. Unter Al Mansur (gest. 775) und Harun al Raschid (766–809) erreichte der Islam die erste große Blütezeit. Dadurch, dass Mohammed den Übertritt zu seinem Glauben verhältnismäßig leicht gemacht hatte und die Bekehrten voll anerkannt waren, wuchs der Zustrom immer mehr an. Zuerst waren die Perser, deren alte Kultur allmählich in das gesamte Gebiet des Islam einströmte, zu höchsten Machtstellungen vorgedrungen, nachher die Türken, die in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends die Stellung des Sultans schufen und besetzten. Damit war die Trennung zwischen irdischem und religiösem Oberhaupt vollzogen, und die Macht des Kalifen wurde immer geringer.

Am meisten litt das politisch langsam verfallende alte byzantinische Reich unter dem Druck des mächtigen islamischen Nachbarn. Am 29. Mai 1453