Die Straßen gehören mir... und du auch. - Seleni Black - E-Book

Die Straßen gehören mir... und du auch. E-Book

Seleni Black

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Beschreibung

Er lebt für das Autorennen und ist auch bisher ungeschlagen. Jeder kennt ihn und nur wenige trauen sich noch, ihn herauszufordern. Alle nennen ihn Shadow, denn niemand weiß, wer er wirklich ist. Doch einen gibt es immer wieder, der glaubt besser zu sein. So auch der Sohn eines Mafiabosses. Dieser ist sogar so dreist und verwettet seine eigene Freundin. Lässt Schadow sich darauf ein? Und wenn ja, was ändert sich dadurch für ihn? ***************************** Dieses Buch enthält explizite Szenen, ***************************** Dieser Band ist in sich abgeschlossen. Es entspricht 328 Taschenbuch Seiten.

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Impressum:

 

Copyright © 2023

Seleni Black

c/o WirFinden.Es

Naß und Hellie GbR

Kirchgasse 19

65817 Eppstein

 

Covergestaltung: Copyright © 2023

Seleni Black

Coverbilder: Adobe Stock

Korrektur:

Annett Heidecke 2019

Katharina H. 2021

Beth .B.H. 2021

 

Stand: Juli 2021

 

Erste Deutsche Auflage

 

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne Zustimmung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwendet werden.

 

Die Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entsprechen der Fantasie der Autorin, oder wurden in einen fiktiven Kontext gesetzt und bilden nicht die Wirklichkeit ab. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, tatsächlichen Ereignissen, Orten, Markennamen oder Organisationen sind rein zufällig. Alle Rechte liegen bei den jeweiligen Eigentümern.

 

 

 

Man weiß erst, dass man lebt, wenn man das Gaspedal voll durchdrückt, die Straßen, Bäume und Häuser an einem vorbeirauschen, das Adrenalin durch die Adern rauscht und einen high werden lässt. Genau für solche Momente lebe ich, doch im Gegensatz zu all den anderen, die völlig nervös und aufgedreht sind, bleibe ich ganz ruhig.

Ich brauche diesen Trubel vor einem Rennen nicht. Meist stehe ich abseits, lehne mich gegen mein Auto und beobachte das rege Treiben. Jeder kennt mich, achtet mich und lässt mich nicht zuletzt deswegen in Ruhe, sondern weil ich bis heute ungeschlagen bin.

Immer wieder gibt es Neulinge oder Möchtegernfahrer, die glauben, mich schlagen zu können, doch diesen Zahn, habe ich ihnen meist recht schnell gezogen. Es gab nicht nur die Viertelmeile-Rennen, nein, die Langstrecken waren die, worum es mir hauptsächlich ging.

Erst wenn Fahrer an ihre Grenzen gebracht wurden mit scharfen Kurven, Engpässen, sowie in der Stadt auftretenden Problemen, erst dann fand ich, bewies er, was er wirklich konnte.

 

Es war Samstag und wie immer kamen alle möglichen Fahrer zusammen und versuchten, sich mit ihren aufgemotzten Autos zu übertrumpfen. Musik dröhnte aus allen Richtungen, die alle paar Minuten vom Gas geben und Reifenquietschen der startenden Autos für ein Rennen unterbrochen wurde.

Dieses ganze Treiben war das, was mich ausmachte, hierfür lebte ich und doch musste ich mir eingestehen, dass etwas fehlte. Nur was? Die Rennen waren gut, die Mädchen mit ihren knappen Röcken heiß. Was also fehlte mir?

„He, Shadow. Sehen wir uns später wieder?“

Drei von den besagten Mädchen kamen zu mir rüber und umschwärmten mich direkt. „Mal sehen, wenn du ein braves Mädchen bist, vielleicht.“ Ein Lächeln breitete sich auf dem viel zu stark geschminkten Gesicht der Frau aus, die ich als Joan kannte.

„Seit wann stehst du denn auf brave Frauen?“

Sie kam näher und beging einen Fehler, vor dem ich sie gleich zu Anfang gewarnt hatte. Sie schmiegte sich an meine Seite und stützte sich auf meinem Auto ab. Zumindest versuchte sie es. Doch bevor ihre Hand das Metall ganz berührte, löste ich meine verschränkten Arme, griff nach dem Handgelenk und ihrem Hals und stand aus meiner angelehnten Position auf. Nun überragte ich sie ein gutes Stück.

„Was habe ich dir über das Anfassen meines Wagens gesagt?“, knurrte ich sie an, was natürlich für Aufmerksamkeit sorgte. „Du weißt es doch besser. Verschwinde, mir ist die Lust vergangen.“ Ich ließ los, nachdem ich sie ein Stück weggeschoben hatte.

„Tut mir leid, Schadow, kommt nicht wieder vor.“ Sie ging, ohne ein weiteres Wort.

Übrig geblieben waren die beiden anderen, die mit Joan gekommen waren. „Was wollt ihr?“, fragte ich noch ziemlich gereizt.

„Wir könnten dir helfen, deine Lust wiederzufinden“, säuselte eine von beiden und grinste dabei sehr verschwörerisch.

„So, so. Könnt ihr das, ja? Na mal sehen, vielleicht komme ich später darauf zurück.“ Beide schenkten mir noch ein Lächeln, bevor sie wieder im Getümmel verschwanden.

„Weiber, wenn die Biester nicht so scharf wären, bräuchte man sie eigentlich nicht.“ Scott gesellte sich zu mir.

Er veranstaltete diese Rennen und achtete peinlich genau auf die Einhaltung der Regeln. Ebenso war er der Banker bei jeder Veranstaltung.

„Wie geht es dir, Mann?“, wollte ich von ihm wissen.

Wir schlugen ein und klopften uns auf den Rücken.

„Geht schon. Die üblichen Probleme mit den Jungspunden, du kennst das ja. Was mich direkt zu meinem nächsten Anliegen bringt. Da ist wieder einer, der gegen dich fahren will.“

Interessiert horchte ich auf. „So? Was hat er denn zu bieten, dass ich mir die Mühe mache?“ Die versteckte Frage hörte mein Freund sofort heraus.

Er drehte sich mit dem Rücken zum Rest der Veranstaltung und meinte dann: „Verdammt dickes Bündel Scheine und absolut nichts unter der Haube.“

Das waren mir die liebsten, durch sie konnte ich mir immer wieder neue Teile für mein Megaprojekt leisten. „Na gut, aber nur, weil mein Wagen mal wieder Auslauf braucht.“ Ich zahlte die Startgebühr plus das, was der Trottel draufgelegt hatte, um gegen mich zu fahren, danach ging Scott, um alles vorzubereiten.

Nachdem das letzte Rennen gelaufen war, schnappte sich Scott das Megafon und sorgte dafür, dass man Platz machte. „So Leute, es gibt mal wieder einen, der unseren Großen herausfordern will und Shadow gönnt seinem blauen Prachtstück etwas Auslauf, wie er mir eben erklärte. Also schwingt eure Ärsche und macht ihm mal Platz.“

Sofort bildete sich eine Gasse vor mir bis zum Start. Lässig lief ich um mein Auto herum und stieg ein. Ohne jede Eile startete ich und fuhr vor, dabei war ich mir der bewundernden, anerkennenden Blicke bewusst.

Am Start stand ein Möchtegern Proll und ließ sich von seinen Leuten feiern, als hätte er schon gewonnen. Eins der Grid-Girls stellte sich vor uns hin und wartete, bis auch mein Gegner endlich soweit war.

„Ich mach dich fertig, Mann, wirst schon sehen“, höhnte der Proll.

Ich hatte nur ein müdes Lächeln für ihn übrig, denn schon nach der Hälfte der Strecke würde dem Spinner der Motor platzen. Es war sehr deutlich zu hören, als er immer wieder mit dem Gas spielte, um den Motor aufheulen zu lassen.

Der Knackarsch vor uns führte ein kleines Tänzchen auf, was mich aber nicht interessierte. Nein, ich blendete alles aus, sah nur noch die Straße vor mir und wurde ganz ruhig. Auch wenn der Gegner leicht war, nahm ich das kurze Rennen doch ernst. Nur ein Fehler, könnte das Ende bedeuten.

Endlich kam das Signal und noch bevor mein Gegner wusste, wie ihm geschah, war ich auch schon gestartet.

Wie ich vorhergesehen hatte, überdrehte der Anfänger den Motor und jagte mir hinterher. Genau auf der Hälfte der Strecke stieg Rauch aus der Haube auf und im Rückspiegel konnte ich sehen, wie sie aufsprang und der Wagen zum Stillstand kam.

Der Ordnung halber beendete ich das Rennen, drehte um und fuhr zurück. „Nettes Feuerwerk, wäre doch nicht nötig gewesen. Außerdem macht man so etwas nach einem Sieg.“ Die Leute um uns herum lachten, während ich ausstieg.

„Ich hätte dich gekriegt, das weiß ich genau.“

Nun lachten alle nur noch mehr.

„So? Und wieso habe ich dich dann nur im Rückspiegel gesehen, weit hinter mir? Du warst noch nicht mal nah dran an mir. Also, wenn du dich dann besser fühlst, rede dir das nur weiter ein, dass du mich kriegen könntest, doch jeder hier weiß, dass es anders ist.“

„Irgendwann werde ich es dir zeigen und danach wirst du nicht mehr so selbstgefällig dastehen können.“

Nun stimmte ich in das Lachen mit ein. „Es steht dir frei, es zu versuchen, aber hoffentlich mit einer besseren Karre, als der da.“ Dabei zeigte ich auf die noch immer qualmenden Überreste seines Wagens. Scott kam zu uns gelaufen und drückte mir ein dickes Bündel Bargeld in die Hand.

„Wir müssen weg, die Bullen rücken an.“

Nickend nahm ich die Scheine und gab ihm ein paar davon ab, als Dank und Respekt vor ihm. Anschließend sprang ich in mein Auto und sah zu, dass ich wegkam.

 

Straße um Straße, Gasse um Gasse raste ich dahin, bis ich mir sicher war, jeden Streifenwagen abgehängt zu haben, der auch nur ansatzweise hinter mir her war. Erst jetzt machte ich mich auf den Weg zu meinem sicheren Ziel.

Die Werkstatt, die ich hatte, lief sehr gut. Nur die Besten kannten sie und das war auch gut so. Als ich vor dem Tor hielt, wurde es geöffnet und ich fuhr hinein.

Nachdem der Wagen an seinem Platz stand, montierte ich die Schilder ab. Schließlich konnte man ja nie wissen. Danach zog ich die Folie ab, die ich über den Originallack gezogen hatte. Aus Dunkelblau, wurde hellblau.

„He Owen, alles klar?“

Ich drehte mich um und sah Leon, der sich gerade die Hände abwischte. „Frag nicht. Komm, hilf mir mal eben.“ Gemeinsam zogen wir die restliche Folie ab und entsorgten alle Beweise.

Keine Minute zu früh, denn kaum, dass wir fertig waren und uns gesetzt hatten, klopfte es an unser geöffnetes Tor.

„Mister Walkers?“

„Ja?“

Zwei Beamte kamen näher. „Wir gehen einigen Hinweisen nach und dabei ist ihr Name aufgetaucht.“

Ja, na klar. „Und bei was genau soll mein Name aufgetaucht sein?“

Nun sah der Mann in seinen Block. „Es geht um illegale Autorennen. Wie ich sehe, taucht nicht nur einmal ihr Name in dieser Hinsicht auf.“

Na sicher doch, weil mich die ganzen kleinen Loser immer gleich verpfeifen, die gegen mich verloren hatten.

Niemand wusste zwar meinen richtigen Namen, doch jeder kannte mein Auto und das führte die Bullen immer wieder zu mir, auch wenn sie nie etwas Konkretes fanden.

„Schon komisch, ständig tauch ihr bei mir auf und findet doch nichts. Ich glaube, allmählig muss ich mal darüber nachdenken, Beschwerde einzulegen.“ Das brachte meistens etwas. Drohungen griffen fast immer.

„Das ist Ihr gutes Recht, dürfen wir uns trotzdem kurz umsehen?“

Genervt winkte ich ab und trank einen Schluck Bier, während die beiden sich umsahen.

„Sind Sie heute unterwegs gewesen?“

Wollte der andere Beamte wissen und als ich ihn ansah, musste ich mich beherrschen, ruhig zu bleiben, denn er hatte die Hand an meinem Wagen.

„Nein, wir haben heute den ganzen Tag Einstellungen an den Autos vorgenommen, deswegen sind sie auch warm. Nehmen Sie die Hand vom Fahrzeug, ich kann es nicht leiden, wenn mein Auto angefasst wird.“ Die Beamten waren misstrauisch, doch nachweisen konnten sie uns auch nichts.

Nachdem sie sich weitere Minuten umgesehen hatten, wünschten sie uns noch einen schönen Abend und zogen dann ab.

„Wo ist Mitch?“, fragte ich Leon.

„Keine Ahnung. Wahrscheinlich knallt er wieder irgendwo ein Mädchen.“

Es war immer dasselbe mit ihm. Dennoch war er mein Freund, auch wenn mir seine Marotten nicht nur einmal den Nerv geraubt hatten.

„Ich geh ins Haus, wenn was ist, ruf mich.“ Leon nickte und ich ging über den Hof zu dem dreistöckigen Haus, in dem wir lebten.

Müde warf ich mich aufs Bett in meinem Zimmer und starrte so lange an die Decke, bis mir die Augen zufielen. Ein fast normaler Tag ging zu Ende, mal sehen, was der Nächste bringen würde.

 

 

 

„Wie oft muss ich dir noch erklären, dass du dich von den Autos fernhalten sollst? Ich bin es leid Hailey, lern endlich, wo dein Platz ist. Geh ins Büro und mach die verdammte Abrechnung, danach kümmerst du dich um die Bestellungen.“

Koster hatte mal wieder einen schlechten Tag. Ich konnte von Glück reden, dass er mich dieses Mal nicht geschlagen hatte. Um ganz sicherzugehen, machte ich mich schnell auf den Weg in mein Büro und schloss die Tür.

Eigentlich hatte ich nur einen der Mechaniker etwas wegen einer Bestellung fragen wollen, doch das musste ich auf später verschieben. Ja, es kam vor, dass ich mir die Autos gerne näher ansah, auch mal mit anpackte, wenn ich Zeit hatte und drum gebeten wurde.

Die Jungs in der Werkstatt waren toll. Immer wenn Koster nicht da war, zeigten sie mir alles, was ich wissen wollte. Blöd nur, dass mein gewalttätiger Freund immer mal wieder hier auftauchte und mich erwischte, wie ich in der Werkstatt herumlungerte. Nicht nur einmal hatte ich dafür Schläge kassiert. Wenn es ein besonders schlechter Tag war, ließ er es an mir aus und ich krabbelte meist hinterher von ihm weg, wenn ich es noch konnte.

Die Abrechnung hatte ich schon am Morgen erledigt, doch die Bestellungen, die neu reingekommen waren, konnte ich nicht so schnell abfertigen. Viele Teile waren nicht legal und die gewonnenen Autos wurden schneller zerlegt, als man schauen konnte.

Die Tür zu meinem Büro wurde aufgerissen und Koster stand im Rahmen. Automatisch zuckte ich zusammen. Hatte ich doch kein Glück?

„Heute Abend ist ein Rennen und du wirst mitkommen.“

Das tat er immer, er knurrte seine Befehle und verschwand danach wieder. Eigentlich hatten wir nicht wirklich eine Beziehung, ich war sein Eigentum, musste tun, was und wann er es wollte.

Warum ich mir das Ganze gefallen ließ? Ich war als junges Mädchen auf der Straße gefunden worden. Kosters Vater nahm mich bei sich auf, versorgte mich mit allem. Ich war ihm dankbar dafür, bis heute. Doch als Koster und ich älter wurden, begann er, sich zusehends für mich zu interessieren. Lange hatte ich ihm nicht ausweichen können und so hatte ich bereits mit fünfzehn meine Unschuld verloren.

Koster war neunzehn und hatte sich nicht darum geschert, ob er mir wehtat, mit dem, was er getan hatte. Als er fertig war, schlug er mich und drohte mir damit, dass er mich umbringen würde, sollte ich es je irgendjemandem erzählen. Ich hatte ihm geglaubt, tat es immer noch.

Zu seinem Vater traute ich mich auch nicht, denn kurz nachdem das mit Koster angefangen und ich meinen Mut zusammengenommen hatte, um mit ihm zu reden, hatte ich mitangesehen, wie er einen Mann erschossen und neben ihm stand sein Sohn mit einem amüsierten Gesichtsausdruck. Zu wem sollte ich also gehen?

Jeder, der für diese Familie arbeitete, hatte zu viel Angst, um sich gegen sie aufzulehnen. So hatte ich mich in mein Schicksal ergeben und hoffte, dass ich nicht allzu oft auf Koster traf und mein Leben nicht so lange dauern würde. Nicht nur einmal hatte ich darüber nachgedacht, mir das Leben zu nehmen, doch ich fand den Mut einfach nie dazu.

Nachdem Koster weg war, schüttelte ich meinen Kopf und machte schnell weiter, damit ich bis zum Abend fertig war. Mir blieb nicht mehr viel Zeit.

Als ich alles weggeräumt hatte, lief ich aus der Werkstatt und weiter die Straße runter. Dort stand ein Wohnkomplex mit sechs Parteien. Er war runtergekommen und die Bewohner nicht gerade die Besten, aber ich hatte dort meine eigenen vier Wände und war für mich alleine. Koster kam nie hierher, er fand es unter seiner Würde, somit musste ich immer zu ihm kommen, was nicht einfach war.

Ich verdiente in der Werkstatt gerade genug, um meine Miete zu bezahlen, genauso wie den Strom und was sonst noch dazu gehörte. Da blieb nicht mehr viel für Essen und noch weniger für die Fahrten zu Koster, der ein gutes Stück weg wohnte. Aber welche Wahl hatte ich schon? Wenn ich nicht kam, würde es direkt wieder Schläge bedeuten.

Als ich aus dem Bus ausstieg, überprüfte ich noch einmal den Sitz meines Kleides, das ich unter meiner Jacke trug, und lief das letzte Stück, bis zum Haus meines Vormundes.

„Hailey, wie schön dich zu sehen. Wie läuft es in der Werkstatt?“

„Guten Abend, Babbo. Es läuft gut, danke der Nachfrage.“ Wenn wir so wie jetzt privat waren, durfte ich ihn Vater nennen, ansonsten war er für jeden Don Marko, das Oberhaupt der italienischen Mafia, hier in Los Angeles.

„Schenk mir eine Umarmung“, forderte er mich auf.

Ich trat vor und ließ zu, dass er mich in seine Arme zog.

„Du solltest öfter vorbeikommen. Ich verstehe nicht, wieso mein Sohn dich immer noch in dieser Bruchbude wohnen lässt?“

Gerade, als ich ihm antworten wollte, kam Koster die Treppe herunter.

„Sie liebt eben ihre Unabhängigkeit, da kann selbst ich nichts dagegen machen“, erklärte er und trat zu uns.

„Dann mach sie endlich zu einer ehrbaren Frau und hör mit den Spielchen auf.“

Oh, bitte nicht. Das wäre das Letzte, was ich wollte.

„Hör auf damit, wir sind noch viel zu jung, um an so etwas zu denken“, bemerkte Koster.

Er würde mich nie heiraten, das wusste ich und war auch sehr dankbar dafür. Auch, dass er mit anderen Frauen schlief, störte mich kein bisschen, denn dann tat er es wenigstens nicht mit mir. Ich war seine Vorzeige-Freundin, aber das war es auch schon. In seinen Augen hatte ich die perfekte Figur, meine dunklen Haare betonten noch zusätzlich meine lila schimmernden Augen. Sie erinnerten mich an einen Sternennebel, viele verschiedene Stufen von Lila durchzogen meine Iris, damit stach ich immer und überall hervor. Als Kind hatte ich vor meinen Augen Angst gehabt. Heute sehe ich sie als einfach gegeben an.

„Pass auf deinen Ton auf“, ermahnte ihn sein Vater.

Zu mir meinte er: „Wenn er dich schlecht behandelt, kommst du zu mir. Auch wenn es ein anderer tut, verstanden?“

„Natürlich Babbo“, sagte ich nickend.

„Komm jetzt, wir müssen los“, erklärte Koster und griff nach meinem Arm.

Wir verabschiedeten uns und verließen das Haus. Bei den Geländewagen schob er mich ins Auto und kaum, dass die Türen geschlossen waren, packte er mich am Kinn und zwang mich, ihn anzusehen.

„Hast du irgendetwas zu ihm gesagt?“

„Nein.“ Er sah mir tief in die Augen.

„Ich warne dich, wehe du lügst mich an. Ich habe kein Problem damit, es aus dir heraus zu prügeln, oder dich aus dem Weg zu räumen. Du langweilst mich ohnehin.“

Das war neu.

Zum ersten Mal sagte er ganz offen, dass er mich nicht mehr wollte. Nicht gut, was jetzt? Er ließ mich ruckartig los und sah aus dem Fenster. Ich rieb mir das Kinn und zog mich auf die andere Seite des Wagens zurück.

Einer der Bodyguards sah über seine Schulter und zu mir. Was sein Blick bedeutete, konnte ich nicht sagen, aber er machte mich nervös. Vor einer Lagerhalle hielten wir. Nun stiegen wir in die Rennwagen um. Es war aufregend, in diesen Autos zu fahren, leider waren die Fahrten immer viel zu kurz.

Als wir ankamen, parkte Koster wie immer mitten im Getümmel. Er liebte die Aufmerksamkeit, ich eher nicht. Koster gab mir ein Zeichen und ich ging zu ihm. Er wollte jedem zeigen, dass ich ihm gehörte. Wenn das erledigt war, konnte ich mich an den Rand zurückziehen.

Aber auch dieses Mal überraschte er mich, indem er mir gleich das Zeichen zum Gehen gab. Schnell stellte ich mich zu den anderen Fahrern, die zu Koster gehörten.

„Was ist denn mit dem los? Also, ich weiß ja, dass er immer schlechte Laune hat, aber heute scheint es besonders schlimm zu sein“, bemerkte Eddy.

Ich ging nicht weiter darauf ein. Nicht nur, dass ich nicht mit den Jungs reden sollte, nein, halt, das war der einzige Grund.

„Mensch Mädchen, wieso nur wehrst du dich nicht endlich?“

Ich zog nur die Schultern hoch.

„He Süße, Lust auf ne Spritztour?“ Einer der anderen Fahrer kam zu uns und grinste dabei breit.

„Verschwinde Kleiner, sie ist nicht für dich“, verscheuchte ihn Eddy.

Mit finsterer Miene zog der Kerl wieder ab.

So lief das immer, daher interessierte ich mich schon gar nicht mehr dafür. Mein Blick schweifte umher, bis er an einem Kerl hängen blieb, der ebenfalls am Rand des Getümmels stand. Er lehnte an einem blau-grauen Chevrolet Camaro SS, von dem ich ausging, dass es seiner war.

Drei Frauen gingen zu ihm, doch als die eine sich auf das Auto stützen wollte, wurde sie unsanft davon weggeschoben. Dummes Ding, selbst ein Laie wusste doch, dass man ohne Erlaubnis des Fahrers, seinen Wagen nicht berührte.

„Schau an, das kleine Häschen hat den großen bösen Wolf entdeckt.“

Verwirrt sah ich Eddy an.

„Na, der Kerl, den du da so konzentriert beobachtest. Das ist der King, auch Shadow genannt. Ungeschlagen, seit er vor zwei Jahren überraschend aufgetaucht war.“

Wow, zwei Jahre den Titel zu halten, war verdammt schwer. Kurz darauf gab es eine Demonstration seiner Fahrkünste. Er war absolut ruhig, bei allem was er tat. Es war schon wirklich erschreckend, aber gleichzeitig auch sehr beeindruckend.

„Koster kommt“, warnte Eddy und ich sah mir etwas anderes in der Nähe an.

„Dieser eingebildete Fatzke! Er scheint es noch nicht mal nötig zu haben, selbst zu reden. Er fährt einfach kein Rennen gegen mich, wahrscheinlich hat er Angst, seinen Titel an mich zu verlieren.“

Koster fuhr nicht oft Rennen, aber immer, wenn er es mal tat, wollte er gegen einen bestimmten Fahrer fahren. Bis jetzt hatte er sich aber nur mit den Kleineren abgeben müssen. Doch nun wusste ich, gegen wen er die ganze Zeit fahren wollte, und irgendwas sagte mir, dass Koster mit diesem Mann Probleme bekommen könnte.

Um sich zu rächen, zog Koster sein Handy und rief die Polizei. Das tat er immer, wenn etwas bei den Rennen nicht so lief, wie er wollte. Sehr schnell war die ganze Veranstaltung beendet. Koster grinste während der Fahrt, doch ich kannte ihn schon viel zu lange, um mich täuschen zu lassen. Er war sauer und das nicht zu knapp.

Nachdem wir wieder in der Lagerhalle waren, stieg Koster aus und warf schwungvoll die Tür zu. Ich stieg schnell aus und ging in Deckung. Nur keine Aufmerksamkeit erregen.

Er tobte durch die Halle und ich wünschte mir nur, abhauen zu können. Erst einige Zeit später beruhigte er sich etwas. Koster stieg in den Wagen ein, wo ich auf die Abfahrt gewartet hatte. Auf dem Weg zurück, schlug er mich auf einmal. Warum er das tat, konnte ich mir schon vorstellen. Also sparte ich mir zu fragen warum. Ich hoffte nur, dass es schnell vorbei war. Irgendwann hielt der Wagen und Koster trat mich fast aus dem Fahrzeug. Ich war zu Hause, zum Glück musste ich nicht noch laufen.

Der Weg bis zu meiner Wohnung kam mir an solchen Abenden unheimlich weit vor. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, atmete ich tief durch. Ein leises Klopfen schreckte mich allerdings wieder auf. Nachdem ich durch den Spion gesehen hatte, öffnete ich die Tür. „Eddy, was machst du hier?“

Er sah mich mitfühlend an. „Keine Sorge, ich bin durch die Hintertür rein. Und wieso ich hier bin? Mir reicht es wirklich, was er mit dir tut.“ Er schob sich an mir vorbei und machte die Tür zu. „Komm mit.“ Er griff nach meiner Hand und führte mich ins kleine Bad.

Ich war so überrumpelt, dass ich einfach tat, was er wollte. Im Bad nahm er sich ein Handtuch und machte es nass, danach begann er mein Gesicht abzuwischen.

„Ich verstehe einfach nicht, warum er das tut. Als wir jung waren und noch bevor du zu ihm ins Haus gekommen bist, war er ganz anders.“

Das war wirklich sehr schwer vorstellbar.

„Irgendwann fing er an, aggressiv zu werden. Damit war einigermaßen umzugehen. Doch als er anfing, seine Freundinnen zu schlagen, war für mich eine Grenze erreicht.“ Er legte den Lappen weg und griff nach etwas in seiner Tasche.

Automatisch zuckte ich zurück, was Eddy nur mit dem Kopf schütteln ließ.

„Das gerade zeigt mir wieder, dass du schon viel zu lange diese Scheiße mitmachst.“ Er öffnete eine Tube und begann, eine kühlende Salbe aufzutragen. „Die hier wirst du zweimal täglich verreiben. Wenn sie leer wird, sagst du mir Bescheid und ich besorge dir eine neue. Verstanden?“

„Wieso machst du das? Du könntest alles verlieren.“

Er sah mir tief in die Augen. „Ich mag dich. Du hast was auf dem Kasten, wenn du dich mal aus deinem Schneckenhaus traust. Ich möchte, dass du dich selbst nicht verlierst. Außerdem habe ich schon viel zu lange weggesehen.“

Eine Träne löste sich bei mir, die er vorsichtig wegwischte.

„Ich will dir helfen, aber ich brauche noch etwas mehr Zeit dafür. Meinst du, du könntest noch etwas durchhalten?“

Keine Ahnung, wieso ich nickte, aber ich tat es und er auch. Eddy führte mich zu dem kleinen Sofa, das ich hatte, wo er mich darauf drückte und weiter zum Kühlschrank ging.

„Meine Güte, du hast ja echt gar nichts mehr hier. Ich würde meinen Wagen darauf verwetten, wenn ich jetzt raten müsste, dass dein Konto auch leer ist.“

Beschämt sah ich zur Seite.

„Dachte ich mir schon.“ Er kam zu mir. „Wir machen es so. Ich gehe schnell ein paar Dinge besorgen und du setzt dabei Nudeln auf, die noch im Schrank sind.“

„Du musst das nicht tun, ich komme wirklich gut klar.“

Skeptisch verzog er das Gesicht. „Aber klar doch. Wir sehen uns gleich.“ Damit stand er auf und verließ die Wohnung.

 

Wie er angekündigt hatte, kam er kurz darauf zurück und wir kochten etwas zusammen. Seit sehr langer Zeit hatte ich mal wieder etwas Vernünftiges auf dem Tisch stehen, doch konnte ich es nicht so würdigen, wie ich es gerne getan hätte.

„Worüber grübelst du so angestrengt nach?“, fragte er mich auf einmal.

Ich sah Eddy nachdenklich an. „Koster hat heute zum ersten Mal gesagt, dass er mich leid ist. Wieso lässt er mich dann nicht gehen?“

„Er ist ein Sadist, er sieht dich als sein Eigentum an. Je mehr du wegwillst, umso mehr wird er dich halten wollen. Was er heute gesagt hat, ist ein Zeichen seiner Unzufriedenheit, da du dich immer mehr in die Rolle fügst, die er dir angedacht hat. Aber gleichzeitig ärgert es ihn auch, dass du dich nicht mehr wehrst. Er braucht das, sonst findet er nicht die Befriedigung darin, dich zu quälen.“

Also, im Klartext: Wehrte ich mich, war Koster glücklich, tat ich es nicht, wurde er nur noch wütender, weil er sich langweilte.

„Was wir wollen ist, Hailey, dass genau das passiert. Er soll denken, dass er dich gebrochen hat, dann besteht die Chance, dass er dich endlich aus seinen Klauen lässt.“

Ich sollte mich also noch mehr anstrengen, alles richtig zu machen, dass er keine Lust mehr hatte, mich zu schlagen. Jetzt verstand ich, was Eddy wollte, doch wusste ich gleichzeitig, dass es verdammt schwierig sein würde. Er musste mir angesehen haben, dass ich zweifelte und Angst bekam.

„Es wird alles gut, vertrau mir. Halte nur noch ein bisschen durch.“ Er zog mich vorsichtig in seine Arme und ich gestattete mir, diesen kleinen Moment Frieden.

 

 

 

In den vergangenen zwei Wochen waren die Bullen immer wieder bei uns aufgetaucht, was unsere Arbeit deutlich erschwerte. Ganz davon abgesehen, dass ich auf kein Rennen gehen konnte, da wir unter ständiger Beobachtung standen.

„Mir reicht es, ich werde jetzt Conner anrufen, er soll diesen ganzen Scheiß hier beenden. Sie machen unsere Geschäfte mit dem ständigen Auftauchen kaputt“, verkündete ich. Conner war unser Anwalt, ein findiger und gerissener Kerl, der schon so manchen Gangster freibekommen hatte.

„Besser ist das. In ein paar Tagen kommen wieder Kunden und wenn sie die ganzen Bullen bei uns sehen, können wir das Geschäft vergessen“, erklärte Leon.

Ich griff zum Hörer und wählte die Nummer.

„Was ist es dieses Mal?“ Conner kam immer gleich zur Sache, am Telefon sagte er nie Namen, da man nie wusste, wer mithörte.

„Du musst herkommen, es gibt Probleme.“

Es war kurz still.

„Bin in zwanzig Minuten bei dir.“ Damit legte er auf und ich grinste fröhlich vor mich hin.

Leon und ich setzten uns mit zwei Stühlen vor die Werkstatt und warteten.

Fünf Minuten später fuhr Mitch in die Einfahrt und parkte neben der Werkstatt. „Na, was geht so?“, fragte er lässig.

„Mehr als bei dir. Wo warst du?“, wollte ich von ihm wissen.

„Musste was erledigen. Kein Stress, Mann. Hab vielleicht neue Kundschaft für uns. Warum sitzt ihr hier draußen?“, fragte er nach und nahm sich ein Bier aus der Kühlbox.

„Wir warten auf Conner“, antwortete ihm Leon, was sofort die Aufmerksamkeit unseres Freundes weckte.

„So, muss ja echt wichtig sein, dass er herkommen soll.“

Ich zeigte auf den Wagen auf der anderen Straßenseite, in dem zwei Beamte saßen und uns beobachteten. Mittlerweile taten sie es ganz offen.

„Penner, haben die nichts Besseres zu tun, als uns zu beobachten, wie wir arbeiten?“, beschwerte sich Mitch.

„Wir arbeiten? Also ich kann mich nicht daran erinnern, dich in den letzten zwei Wochen hier gesehen zu haben“, bemerkte ich genervt.

„Leck mich, Mann. Ich musste zu Hause meiner Mutter helfen, sie ist die Treppe runtergefallen.“

„Pass auf, wie du mit mir redest. Du hättest anrufen können, dann hätten wir diese Diskussion nicht.“

Er zog den Kopf ein. „Sorry Alter, ich bin nur total müde. Sie hat mich echt auf Trab gehalten.“

Wir schlugen ein und damit war die Sache fürs Erste erledigt.

„Lass es nicht wieder vorkommen und jetzt mach dich an die Arbeit. Später grillen wir.“ Meine Leute hatten Respekt vor mir, denn so ruhig ich auch zu sein schien, sollte man mich besser nicht reizen. Jeder wusste das und daher knickten sie auch sofort ein, wenn ich sie ermahnte, sich nicht im Ton zu vergreifen.

 

Genau zwanzig Minuten später, wie angekündigt, erschien Conner.

„Hey, na wie gehts dir so?“, wollte ich von ihm wissen. Wir kannten uns schon aus der Schule und er war auch einer der Wenigen, der über mich Bescheid wusste.

„Geht schon, kann mich nicht beschweren. Also, was hast du für mich?“, kam er, wie immer, gleich zur Sache.

Ich reichte ihm ein Bier und wir setzten uns auf die Stühle, während Leon und Mitch in der Werkstatt arbeiteten. „Wir werden seit einigen Tagen beschattet. Mittlerweile tun sie es auch ganz offen. Ständig kommen sie mit neuen Vorwänden, um die Werkstatt durchsuchen zu können, in der Hoffnung, etwas zu finden. Wir können unserer Arbeit kaum nachgehen, geschweige denn, dass sie uns die Kundschaft vergraulen. Von der anderen Sache will ich erst gar nicht anfangen.“ Mein Freund sah mich an und nickte verständnisvoll.

„Alles klar, also ein massiver Fall von Belästigung. Haben sie bisher was gefunden?“, wollte er noch mal sichergehen.

„Alter, du kennst mich doch. Als ob die bei mir was finden würden. Wie schnell kannst du was dagegen unternehmen?“

Er lachte kurz und stand auf, stellte sein Bier ab und ging zu dem Wagen, in dem die zwei Beamten saßen. Er klopfte an die Scheibe und unterhielt sich mit den beiden. Schon kurz darauf kam er wieder und der Wagen fuhr ab. Ganz erstaunlich, wie schnell er das hinbekam, wahrscheinlich hatte er einfach die magischen Worte, wie Anzeige und Amtsmissbrauch gesagt.

„So, das wäre die eine Sache. Wegen der Verfolgung werde ich ein Schreiben aufsetzen, dann sollte es bis spätestens übermorgen erledigt sein. Wenn nicht, sag Bescheid und ich werde andere Mittel einsetzen. Zur Not müssen wir einen Antrag vor Gericht stellen, dass sie sich von dir fernhalten sollen. Es sei denn, sie haben etwas wirklich Konkretes gegen dich in der Hand.“

„Sehr gut. Das heißt, ich kann am Wochenende wieder meinem Hobby nachgehen.“ Nickend stimmte mir Conner zu. Na also, man musste nur die richtigen Leute kennen, dann bekam man fast alles hin.

„Wann lässt du dich mal wieder in der Firma sehen?“, fragte er mich plötzlich.

„Nächste Woche, muss eh einiges erledigen. Wollte erst mal eine Auszeit nehmen, von dem ganzen Trubel, um die Autos.“

Verständnisvoll nickte mein Freund. „Gut, dann sehen wir uns dort, spätestens.“ Damit stand er auf und ging wieder.

Es wurde sowieso Zeit, meinen Wagen vorzubereiten. „Leon, hol die Folie“, rief ich. Mein Freund lief sofort los, denn er wusste, was jetzt kommen würde. Es wurde Zeit, meinem schicken blauen Flitzer eine neue Farbe zu verpassen.

„Was darf es denn heute sein? Wieder graublau oder doch lieber schwarz?“

Ich griff nach der schwarzen Folie. „Mir ist heute nach dunkel, dann mach ich wenigstens meinem Spitznamen alle Ehre.“

Gemeinsam begannen wir, die Folie zuzuschneiden und alles auszulegen. Dann reinigten wir den Wagen gründlich, bevor wir die Folie auftrugen. Mitch half mit und so waren wir wesentlich schneller fertig, als gedacht. Es bereitete mir immer einen gewissen Kick, mich auf die Wochenenden vorzubereiten. Man konnte nie wissen, was ein Abend unter all den Rennfahrern bringen würde.

Dieses Mal standen Langstrecken an, gerade auf die freute ich mich immer besonders.

„Leon, geh bitte noch mal alles durch, ich bin gleich wieder da.“ Er nickte und ich ging zum Haus. Dort stieg ich in den Keller und weiter zum Geheimversteck, wo ich das Geld fürs Wochenende aufbewahrte. Natürlich nur einen kleinen Teil von dem, was ich wirklich hatte.

Freitags ließ ich mich nie blicken. Das hieß, ich hatte heute noch genug Zeit, am Wagen zu arbeiten, damit er am Samstag rundlief. Da ich mir nun etwas Luft verschafft hatte, wollte ich heute Abend bereits den Wagen wegbringen, damit es keine bösen Überraschungen gab, falls man uns doch weiter beobachtete.

 

Am Abend rief Conner an und teilte mir mit, dass die Bullen erst mal ein Verbot bekommen hatten, sich meinem Haus zu nähern. Perfekt, gut, das würde sie nicht lange aufhalten. Doch es sicherte mir das Wochenende. Danach wäre ich sowieso erst mal mit anderen Dingen beschäftigt.

Zurück in der Werkstatt legte ich das Geld ins Handschuhfach und half mit, den Motor und die NOS-Flaschen zu überprüfen. Ich überließ nichts dem Zufall. Wenn es sein musste, prüfte ich alles dreimal, bis ich vollständig zufrieden war.

„Wie sieht es mit dem anderen Wagen aus?“ Wir gingen zu meinem großen Geheimprojekt. Dieser Wagen war mein Lieblingsstück. Ich hatte ihn gewonnen. Als ich ihn in der Werkstatt hatte, wäre ich fast vom Glauben abgefallen. Der Wagen war einfach nur verschandelt worden. Nicht nur, dass die Elektronik hin war, nein, der Motor war mehr als nur einmal falsch behandelt worden. Eigentlich hätte der Wagen nur noch etwas auf dem Schrottplatz bringen können. Doch ich hatte sein Potenzial gesehen und deshalb beschlossen, ihn von Grund auf neu aufzubauen.

„Es wird langsam, ich habe heute die Gaseinstellung gemacht, er läuft noch nicht rund, aber er läuft. Wenn die neuen Teile da sind, bin ich mir sicher, dass wir die Feinheiten besser hinbekommen werden.“

Zufrieden schlug ich Leon auf die Schulter. „Sehr gut, mal sehen, wann wir das Monster auf die Straße bringen können. Ich brenne förmlich darauf, ihn endlich zu fahren.“

Für den Abend machten wir Schluss und gingen in den Garten. Dort warfen wir den Grill an. Ein paar Freunde und Nachbarn kamen vorbei und leisteten uns Gesellschaft. Es war ein entspannter Abend und durchaus auch witzig, aber ich war mit den Gedanken schon beim nächsten Tag.

 

***

 

Samstagabend. Den ganzen Tag lang war ich mal hierhin und Mal dorthin gefahren, nur um sicherzugehen, dass mir keiner folgte. Erst am Abend fuhr ich zu der Stelle, an der mein blauer, nun schwarzer Wagen stand.

Gerade, als ich den Zweitwagen parkte, bekam ich die Nachricht, wo das Rennen stattfand. Sehr gut, genau zum richtigen Zeitpunkt.

Der Weg war nicht ganz einfach, Angeles National Forest war bekannt für seine kurvenreiche Strecke. Oben angekommen, stellte ich mich wie gewohnt etwas abseits hin. Zu Anfang starteten die Anfänger. Diese Rennen dauerten in der Regel länger, da die Fahrer langsamer machten, weil sie sich nicht so viel zutrauten. Es war amüsant dabei zuzusehen, wie sie um die Kurven krochen.

„Meine Güte, wieso fahren die überhaupt, wenn sie es ja doch nicht können?“ Leon hatte mich an diesem Abend begleitet, na ja, er war mit Freunden gekommen, aber die meiste Zeit verbrachte er bei mir.

„Ach, komm schon. Jeder hat mal klein angefangen.“ Wir gingen zu meinem Wagen zurück, an dem Mitch stand und ein wachsames Auge auf die Umgebung hatte.

„Dein komischer Freund ist wieder da“, erklärte Mitch, als er uns sah.

„Gibt wohl nie auf.“ Ich hatte diesen Möchtegernfahrer schon ein paar Mal gesehen, meist kam er nur mit ein paar Männern. Doch seit ungefähr zwei Wochen hatte er eine Frau dabei. Irgendwas stimmte nicht mit ihr, sie zog immer wieder den Kopf ein. „Ich kann den Kerl nicht leiden. Er stinkt geradezu nach Mafia.“

Leon nickte nur. „Du hast recht, es ist wirklich besser, wenn du dich von ihm fernhältst.“

Wenn es nur so einfach wäre, denn genau in diesem Moment kam besagter Kerl auf uns zu.

„Ich will endlich mein Rennen, Shadow und ein Nein lasse ich nicht gelten.“

Verzwickte Lage. Auf der einen Seite müsste ich seine Herausforderung anerkennen, aber nicht annehmen, wenn ich das nicht wollte. Auf der anderen Seite warf es ein schlechtes Licht auf mich, wenn ich es nicht tat. Aber ich hatte so gar keine Lust, gegen ihn zu fahren. „Was bietest du an, für ein Rennen?“ Er zog ein dickes Bündel Scheine sowie seine Autoschlüssel hervor. Verlockendes Angebot, so würde ich ihm nicht nur das Geld aus der Tasche ziehen, sondern ihn auch eine Weile von der Straße wegbekommen.

Gerade, als ich antworten wollte, stolperte seine kleine Freundin, was seine Aufmerksamkeit erregte. Er verdrehte die Augen und seufzte genervt, dann meinte er zu mir: „Sie kannst du gleich dazu haben.“

Das war doch jetzt nicht sein Ernst? Wo waren wir hier denn? Auf einen Viehmarkt?

„Aber Koster…“, weiter kam sie nicht, denn im nächsten Moment hatte sie schon eine Ohrfeige ins Gesicht bekommen, die sie zu Boden schickte.

Als sie hochsah, konnte ich zum ersten Mal ihre Augen schauen. Diese Farbe hatte ich noch nie gesehen. Waren das Kontaktlinsen? Nein, dafür war die Farbe zu unregelmäßig. Sehr faszinierend.

„Habe ich dir erlaubt zu reden? Nein, also halt deine verfluchte Klappe und tu das, was man dir sagt.“

Leon packte mich am Arm. Als ich ihn ansah, erkannte ich das gebrannte Kind in ihm. Na gut, dann also… Gerade als dieser Kotzbrocken zum nächsten Schlag ausholen wollte, sagte ich gelassen: „Dauert das jetzt noch einen Moment, oder wollen wir ein Rennen fahren? Denn solltest du dich erst noch mit der Kleinen da beschäftigen wollen, dann geh zur Seite und versperre mir nicht weiter die Sicht.“ Wütend sah mich dieser Kostis, Kostus oder wie auch immer er hieß, an.

„Wir fahren, jetzt“, keifte er mich an, wie ein altes Waschweib.

„Soll mir Recht sein.“ Ich drehte mich etwas und winkte Scott zu, dieser kam sofort zu uns.

„Was gibts Alter?“

„Wir fahren ein Rennen.“ Ich ließ mir von Mitch das Geld geben, sowie den Zweitschlüssel für meinen Wagen. Arschloch tat das Gleiche, dann packte er die Frau und stellte sie neben Scott. Dieser sah mich verwundert an, aber als ich den Kopf leicht schüttelte, sagte er nichts dazu. Während der Drecksack ging, drehte ich mich zum Auto und machte mich bereit.

„Kurve drei, neun und zwölf sind perfekt zum Überholen“, erklärte mir Leon.

„Ist gut.“ Eine der Regeln auf dieser Strecke war: Kein Fahrer durfte den anderen mit Absicht rammen. Wenn er es trotzdem tat, verlor er nicht nur das Rennen, sondern auch den Respekt der Renngemeinde. Klar, hier und da streifte man sich mal, aber das ließ sich nicht vermeiden.

Während ich zum Start rollte, sah ich im Rückspiegel, wie Scott und meine Jungs ins Auto stiegen und sich auf den Weg zum Ziel machten. Sie wären wesentlich schneller dort als wir, da die andere Strecke kaum Kurven hatte und da Trottel sich Zeit ließ, konnte ich mir sicher sein, dass sie unten warten würden.

---ENDE DER LESEPROBE---