Kinder der Engel: Evolet - Seleni Black - E-Book

Kinder der Engel: Evolet E-Book

Seleni Black

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Beschreibung

Nach einem tragischen Unfall, muss Evolet ihre Mutter beerdigen. Nun hat sie wahrhaftig nichts mehr. Die Nachricht, von einer ihr bis dahin unbekannten Academy, lässt sie Hoffnung schöpfen. Wäre da nur nicht dieser fremde Mann, der sie warnt dorthin zu gehen. Vorerst trifft sie die Entscheidung, ihm zu glauben und begibt sich auf eine Reise, die alles für sie verändern wird. Finstere Gestalten verfolgen sie, doch hat Evolet keine Ahnung warum. Da kreuzt ein weiterer Fremder ihren Weg und bietet seine Hilfe an. Doch was sie nicht weiß ist, dass er gar nicht so zufällig aufgetaucht ist. Geheimnisse und eine immer wiederkehrende Bedrohung, lässt bei ihr die Frage aufkommen, wo sie da nur hineingeraten ist? Die Welt, die sie glaubt zu kennen, ist nicht die, die sie kennt. Wird sie damit umgehen können? ------------------------------------------------------------ Diese Geschichte verspricht Spannung, mit einer Liebe, die es so nicht geben darf. Viele Wendungen führen zu einem Ende, dass das Herz ins Stolpern geraten lässt. ----------------------------------------------------------- Diese Geschichte ist in sich abgeschlossen und entspricht 290 Taschenbuchseiten.

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Impressum:

 

Copyright © 2023

Seleni Black

c/o WirFinden.Es

Naß und Hellie GbR

Kirchgasse 19

65817 Eppstein

 

Covergestaltung: Copyright © 2023

Seleni Black

Coverbilder: Adobe Stock

Korrektur:

Stefanie Brandt

Katharina H.

Beth .B.H.

 

Stand: Juni 2021

 

Erste Deutsche Auflage

 

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne Zustimmung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwendet werden.

 

Die Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Die Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse entsprechen der Fantasie der Autorin, oder wurden in einen fiktiven Kontext gesetzt und bilden nicht die Wirklichkeit ab. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, tatsächlichen Ereignissen, Orten, Markennamen oder Organisationen sind rein zufällig. Alle Rechte liegen bei den jeweiligen Eigentümern.

 

 

 

Hätte man mir vor einem Jahr gesagt, dass es Engel, fliegende Gargoyles und Dämonen gibt, ich schwöre es, ich hätte diese Person stundenlang ausgelacht.

Heute allerdings sieht die Geschichte schon ganz anders aus. Aber am besten fange ich ganz von vorne an.

 

***

 

Ich war ungefähr neunzehn, als der Wahnsinn meiner Mutter, ihren Höchststand erreicht hatte.

Wie jeden Morgen war ich nur kurz zum Bäcker gegangen. Doch als ich zurückkam, standen die Feuerwehr, Rettungswagen und Polizei vor unserem Mietshaus, in dem wir eine kleine Wohnung hatten.

Zuerst verstand ich nicht, was los war, doch dann, folgte ich den Blicken aller um mich herumstehenden und konnte nicht fassen, was ich sah. Meine Mutter stand auf dem Dach und war mehr oder weniger dabei herunter zu springen.

Mir vielen die Brötchen aus der Hand und ich lief zum Haus, doch bevor ich es betreten konnte, wurde ich zurückgehalten.

„Wo wollen Sie denn hin?“, wollte einer der Beamten wissen.

„Ich muss da hoch, das ist meine Mutter!“, rief ich, doch der Beamte, wollte mich nicht loslassen.

„Man wird sich gut um sie kümmern, machen Sie sich keine Sorgen, Miss.“

Ich sollte mir keine Sorgen machen? Wer war jeden Tag mit ihr zusammen? Gerade wollte ich dem Mann erklären, dass er sich irrte, als die Leute aufschrien. Nein, ich wollte mich nicht umdrehen, doch tat ich es trotzdem. Da lag sie, ein Stück neben dem Fallkissen, das die Feuerwehr aufgestellt hatte. Eine Welt brach für mich zusammen und ich schrie aus vollem Hals.

 

Was tut man, wenn man an einem Tag alles verliert? Ich für meinen Teil konnte nur dasitzen und versuchen, zu begreifen, was da heute passiert war. Stundenlang hatte man mich auf dem Revier befragt. Erst danach erklärte man mir, wie es weitergehen würde und man meine Mutter, ins nächste Bestattungsunternehmen brachte. Sobald die Ermittlungen abgeschlossen waren.

Also war mein nächster Weg dorthin. Da sagte man mir, wie der genaue Ablauf sein würde und am Ende erhielt ich eine Rechnung, von der mir schlecht wurde. Ich konnte es auf Raten abbezahlen, aber damit hatte sich mein Traum, von einer guten Uni, auf die ich gespart hatte, erledigt.

Bis zur Beerdigung suchte ich mir einen Job, um nicht auch noch unsere Wohnung zu verlieren. Doch der kleine Kellnerjob, reichte mir hinten und vorne nicht. Auf die Schnelle fand ich aber auch keinen zweiten. Ich bat den Vermieter um mehr Zeit, doch er hatte kein Erbarmen mit mir. Und so kam es, dass ich das Nötigste zusammenpackte und mein Zuhause verlassen musste. Was nun?

Um nicht zu verhungern, ging ich weiter arbeiten. Doch als man mitbekam, dass ich keinen festen Wohnsitz mehr hatte, warf man mich kurz darauf raus. In kürzester Zeit war ich ganz unten gelandet.

 

Am Tag der Beerdigung stand ich alleine auf dem Friedhof und sah dabei zu, wie der Priester sein Gebet sprach und der Sarg meiner Mutter, in die Erde gelassen wurde. Wir hatten keine Freunde und auch keine Familie, die mit mir hätten trauern können.

Alleine wie ich war, konnte ich nicht fassen, dass meine Mutter mich einfach so alleine gelassen hatte. Wieso nur hatte sie das getan? Gut, sie hatte immer wieder von der Liebe ihres Lebens gesprochen. Ein Mann namens Raphael. Doch mit keinem Wort erwähnt sie, wieso er verschwunden war, kaum, dass meine Mutter herausfand, dass sie schwanger war.

Meine Mutter behauptete felsenfest, dass er ein Engel war und er ihr ein großes Geschenk mit mir gemacht hätte. Ich wäre sein einziges Kind und dass ich einmal alles verändern würde.

Ja, klar!

Ich hatte nie viel auf die Erzählungen meiner Mutter gegeben, wer glaubte denn bitte schon an Engel? Als Kind hatte ich es vielleicht noch geglaubt. Aber je älter ich geworden war, desto verrückter kam es mir vor.

Irgendwann begann ich es einfach zu ignorieren und versuchte meine Mutter am Boden der Tatsachen zu halten. Es gab gute Tage, da wirkte sie fast normal. Und dann gab es die Tage, an der man sie einfach nicht davon abbrachte, dass sie einen Engel getroffen hatte und sich unsterblich in ihn verliebte.

An einem solchen Tag war sie gestorben, denn sie wollte bei ihrem Geliebten sein. Ich habe sie nie verstanden und ich verstand auch nicht, wieso man aus Liebe so etwas tun konnte. Das ganze Konzept Liebe zu einem Mann, verstand ich nicht, wie auch? Das Einzige, was ich je geliebt hatte, war meine Mutter.

Nichts war mir von ihr geblieben, außer ein paar Briefe und eine schwarze Feder. Angeblich stammte diese von ihrem Engel, der sie ihr zum Abschied gelassen hatte.

Sie sagte immer: „Wenn ich ihn brauchen würde, dann wäre diese Feder die einzige Verbindung zu ihm.“ Nun, wie es aussah, hatte sie sich auch in dieser Sache geirrt. Denn wo war ihr Engel, als sie vom Dach gesprungen war?

„Es ist tragisch, was passiert ist, und es trifft mich tief ins Herz“, sagte auf einmal ein Mann neben mir.

Erschrocken trat ich ein paar Schritte zurück und starrte ihn an. Schwarzes Haar, dunkelblaue Augen, kräftig gebaut und er hatte etwas an sich, dass mich einschüchterte.

„Bitte verzeih, dass ich dich erschreckt habe. Das war nicht meine Absicht Evolet.“

Wow, woher kannte der Mann meinen Namen? „Wer sind Sie und woher wissen Sie, wie ich heiße?“

Der Fremde lächelte mich an. „Sagen wir fürs Erste, ich bin ein Freund und ich kenne dich schon, dein ganzes Leben.“

Mittlerweile waren wir beide allein und ich wich weiter zurück. „Was soll das heißen, Sie kennen mich? Ich sehe Sie zum ersten Mal.“

Wieder lächelte mich der Mann an. „Das erzähle ich dir, ein anderes Mal. Jetzt musst du mir aber erst einmal zuhören.“ Seine Miene wurde ernst. „Man wird in den nächsten Tagen auf dich zukommen und dir anbieten, auf eine Academy zu gehen. Doch, das darfst du noch nicht annehmen.“

Nun wurde ich neugierig. „Wieso nicht?“

„Du bist noch nicht soweit.“

Für was, sollte ich denn soweit sein? „Vielleicht ist es Ihnen noch nicht aufgefallen, aber ich habe alles verloren und kann nicht besonders wählerisch sein, wenn es um einen Schlafplatz geht.“

Ein trauriger Ausdruck flog über sein Gesicht, dann griff er in eine seiner Jackentaschen und holte ein Bündel Geldscheine und eine Karte daraus hervor. „Hier, das sollte für den Anfang reichen. Mit der Karte kannst du jederzeit mehr holen, sollte das Bare ausgehen. Aber du musst in Bewegung bleiben, darfst nicht auffallen.“

„Und was dann? Wie lange soll ich untertauchen?“

Der Mann sah auf seine Uhr am Handgelenk. „Wir treffen uns in drei Tagen, in Toronto, dann werde ich dir alles Weitere erklären.“

So und wo war jetzt die Antwort auf meine Frage geblieben?

„Du bekommst deine Antworten, sobald du in Toronto bist. Zumindest ein paar davon.“

Schräg, konnte er jetzt auch Gedanken lesen?

Wieder bildete sich ein Lächeln im Gesicht des Mannes, dann sah er wieder auf seine Uhr. „So gerne ich mich weiter mit dir unterhalten würde, aber es wird Zeit zu gehen.“

„Ist die Karte sicher?“, wollte ich von ihm wissen.

„Sieh sie dir doch einfach mal an. Sie ist auf deinen Namen ausgestellt. Dir kann also niemand etwas nachsagen. Aber jetzt musst du wirklich gehen.“

Ich sah zum Grab und seufzte traurig. Es tat weh, doch hatte ich keine Tränen vergossen, ich weinte eigentlich nie. Da stellte sich mir die Frage, ob ich gefühllos war. Eine Hand legte sich auf meine Wange.

„Engel weinen nicht, nur wenn sie tief im Herzen getroffen werden. Du hast deine Mutter geliebt! Doch hast du dich schon vor einiger Zeit von ihr zurückgezogen. Dass du nicht geweint hast, heißt nicht, dass du keine Gefühle hast. Glaub mir, im richtigen Moment wirst auch du wissen, dass du mehr empfinden kannst, als du gerade glaubst.“

„Woher wissen Sie, was mir gerade durch den Kopf geht?“

Fast schon liebevoll strich er über meine Wange. „Es gibt mehr Unerklärliches, als du denkst, und ich bin auch nicht der, für den du mich hältst, sondern viel mehr. Aber nun, musst du gehen, denn wir bekommen bald Besuch und dann, solltest du weit weg sein, damit du fürs Erste sicher bist.“

Bevor ich noch weiter fragen konnte, hob er meinen Rucksack auf, der neben mir gelegen hatte, und steckte Geld und Karte hinein. Anschließend reichte er ihn mir und ich zog ihn mir auf, wie hypnotisiert.

„Geh, wir sehen uns in ein paar Tagen wieder.“ Damit drehte er mich herum und schob mich von sich.

Ich war verwirrt, aber die Dringlichkeit in seiner Stimme, ließ mich nicht zögern zu gehen. Als ich noch einmal einen Blick zurückwarf, sah ich wie er auf das Grab meiner Mutter beobachtete und den Kopf dabei hängen ließ. Trauerte er etwa um sie? Woher kannte er sie überhaupt? Da viel mir ein, ich hatte ihn noch nicht einmal nach seinem Namen gefragt.

Ich wollte schon stehen bleiben, als sich mehrere Männer näherten. Sie sahen bedrohlich aus, in ihren schwarzen Anzügen. Auch der Fremde bemerkte sie, doch schien er keine Angst vor ihnen zu haben. Im Gegenteil, sein Gesicht verdunkelte sich und dann sah es so aus, als würde er sich kampfbereit machen. Was sollte das?

Unsere Blicke begegneten sich ein letztes Mal und er formte mit den Lippen die Worte: - Lauf weg -. Als die Männer ihn dann angriffen, blieb mein Herz stehen. Ich bekam so etwas wie einen Windstoß ab und das holte mich aus meiner Schockstarre, trieb mich an, zu laufen.

Etwas in mir wehrte sich dagegen. So als würde ich dem Mann helfen wollen, aber was konnte ich schon ausrichten? Also lief ich, bis ich am Busbahnhof ankam. Dort holte ich mir ein Ticket und sah zu, dass ich wegkam.

 

 

Wachen, beschützen, verteidigen und kämpfen!

Das waren die Aufgaben von uns Gargoyles. Seit Jahrhunderten wachten wir über die Gebiete, in denen Engelskinder ausgebildet wurden.

Drei Kategorien gab es.

Zum Ersten: die einfachen Engel, auch Tarikas genannt. Von ihnen gab es recht viele, aber wirkliches Können hatten sie nicht. Abgesehen von ihrer Herkunft waren sie meist recht intelligent und fit in technischen Dingen.

Zum Zweiten: die Mittelschicht Engel, Kramis genannt. Diese waren gut im Kampf und in der Verteidigung. Auch wurden sie oft mit Geheimaufträgen betraut oder mit Beraterjobs.

Zum Dritten: die Kinder der Erzengel, Flirgard genannt. Diese Kinder waren besonders, denn jeder Erzengel hatte nur wenige oder gar keine.

Erzengel Michael war der mutige Kämpfer von den vier Großen. Von ihm kamen die besten Kämpfer. Sie waren unerschrocken, aber auch grob und nicht sonderlich weise. Für sie zählte nur der Kampf und der Sieg. Etwas dazwischen gab es nur selten.

Dann gab es noch Gabriel. Er war der Weise und Gelehrte unter den Erzengeln. Er vermittelte seinen Kindern großes Wissen, das sie stets zum Guten verwendeten, um die Geschichte der Engel zu bewahren.

Erzengel Uriel war der Beschützer und Erschaffer von uns Gargoyles. Manche nannten es einen Fluch, solche Kinder zu erschaffen, und es war auch ein Fluch von Gott. Uriel hatte viele Fehler begangen und für diese musste er bis heute bezahlen.

Doch war Gott gnädig mit all jenen Kindern von ihm, die sich bewährt hatten. Wir konnten wieder Engel werden, doch hatte es bis heute noch keiner geschafft. Nur die Sonnenunempfindlichkeit, hatten einige von uns erlangt und das auch meist nur, um auch tagsüber über die Kinder der Engel zu wachen.

Das war ein Segen, nicht immer zu Stein erstarren zu müssen, sobald die Sonne aufging. Doch brachte das, auch sehr viel Verantwortung mit sich, denn ein Fehler von unserer Seite aus und wir waren unsere Freiheit, was die Sonne anging, wieder los. Aber zurück zu den großen Engeln.

Erzengel Raphael war der größte und mächtigste von den Vieren. Er vereinte in sich, das Können aller Erzengel, wenn man es so sah. Man nannte ihn auch den Anführer der Großen. Doch er hatte keine Kinder, was die Frage aufwarf, wieso nicht?

Die Sage sprach davon, dass er unzufrieden war, mit den Regeln, die ihnen allen auferlegt worden waren. Schriften besagten, dass er die Rassentrennung nicht befürwortete und auch die Zwänge, sich nur unter seinesgleichen zu vermehren. In einem der alten Bücher stand sogar, dass er Gott einmal gefragt haben solle, wieso die Engel sich nur mit Menschen vermehren durften und die Kinder, die daraus entstanden, nicht diese freie Wahl bekamen. Die Antwort darauf, war nie irgendwo geschrieben worden und bis heute fragt man sich, was Raphael so sauer gemacht hatte, dass er sich weigerte, selbst Kinder zu bekommen.

Viele sagten, dass er aus Wut abgetaucht sei und viel Zeit unter den Menschen verbrachte. Seine Aufgabe, über die Menschheit zu wachen und über die Engelskinder, erfüllte er nur mäßig, was den Herrn sehr verärgerte.

Doch der große Kampf gegen die Dämonen, hinderte alle daran sich wirklich ernsthaft mit den internen Problemen der Engel zu beschäftigen. Immer mehr Dämonen besiedelten die Erde und kamen aus der Unterwelt. Der Kampf gegen sie, war hart und töten konnte man sie nur mit den heiligen und gesegneten Waffen der Engel. Doch starben die Dämonen damit nicht wirklich, sie kehrten nur zurück in die Unterwelt. Bis der große Fürst eine Möglichkeit fand, sie wieder an die Oberfläche zu schicken.

Dies war also ein ewiger Kampf und er schien nie ein Ende zu finden. Doch eine Legende besagte, dass es einen großen Krieger geben würde, der es schaffen würde, alle Dämonen eines Tages endgültig zu vernichten, sodass sie nie wieder auferstehen konnten.

 

Wir Gargoyles träumten davon, dass einer von uns dieser jemand sein würde. Und so es endlich schafften, den Fluch, der über uns lag, zu brechen. Doch das war Wunschdenken, das hatte ich schnell begriffen. Wenn ich ehrlich war, machte es mir nichts aus, ein Steinmonster zu sein. Nicht, dass ich nicht auch menschliche Gestalt annehmen könnte, und das konnte ich, aber es hatte durchaus seine Vorteile eine Steinhaut zu bekommen und unsagbare Kraft.

Im Kampf gegen die Dämonen war das ein großer Vorteil, da wir nicht so schnell verletzt werden konnten, wie die Engel. Der Schutz der Menschheit, war das oberste Ziel und dafür, musste man tun, was getan werden musste.

„Cyrian, komm ins Heiligtum der Oberin“, rief eine der Wachen.

Die Leiterin war die heilige Auserwählte, die die Führung über alles hatte und jeden Einzelnen in diesem Bereich im Auge behalten sollte. Sie traf die Entscheidungen, zum Wohle aller und sie hatte auch als einzige den direkten Kontakt zu den vier Erzengeln.

Hin und wieder ließen sich die Großen sogar selbst blicken, um sich ein Bild über ihre Kinder zu machen und dessen Entwicklung. Doch das war selten und meist auch nur zu deren Abschlüssen an der Academy.

Ich sprang von meinem Aussichtspunkt hoch oben auf dem Turm, von wo aus ich den perfekten Blick, über das gesamte Gelände der Academy, sowie der weiter unten gelegenen Stadt hatte. Wir hatten scharfe Augen, sodass wir auch über mehrere von Hunderten von Metern noch perfekt sehen konnten. Das ermöglichte uns, sowohl über Schule, als auch über die Stadt zu wachen, die uns unterstellt war. Die Menschen nahmen an, dass wir eine ganz normale Privatschule waren und da alles so weit oben lag, konnte auch niemand sehen, was wirklich hier los war.

Im Grunde gab es zwei Schulen. Die auf dem Berg weiter unten gelegene, die für die noch nicht gewandelten Engelskinder war und die jeder sehen konnte und die, die hoch oben, über der Wolkendecke lag. Die obere war für die, na ja, das erklärte sich ja von selbst. Hier entdeckte uns niemand, vor allem nicht, die startenden und landenden Engel oder Gargoyles.

Noch im Fall verwandelte ich mich in meine Gestalt und landete kurz darauf im Schulhof, wo ich mich erneut verwandelte und ins Gebäude lief. Die Blicke der Schülerinnen, die mir folgten, waren mir durchaus bewusst. Viele von ihnen wünschten sich das Bett, mit mir zu teilen. Hofften, meine Seele retten zu können und den Fluch meines Vaters von mir zu nehmen. Liebe, das war einer der Wege uns zu befreien. Doch wie sollte man Lieben können, wenn das Herz aus Stein war und sich alles nur um den Kampf drehte?

Auch war es sehr schwer, seine wahre Liebe zu finden, wenn man nicht wirklich die freie Wahl hatte. Zwar konnten wir mit den Engeln schlafen, da wir in unserem Inneren ja auch irgendwo welche waren, doch taten wir es eher selten. Unsere Herzen schlugen nicht, nur die wahre Liebe, würde es wieder antreiben können. So lebten wir zwischen Leben und Tod.

Wenn wir geboren wurden, waren wir wie jeder Mensch auch. Vielleicht etwas temperamentvoller. Doch sobald wir im Alter von zwanzig- bis zweiundzwanzig Jahren waren, zeigte sich unsere Herkunft und was wir einmal werden würden. Daher wurden wir meist mit achtzehn oder neunzehn Jahren zur Academy geholt, um unentdeckt zu bleiben. Denn die Dämonen versuchten, jedes Kind der Engel zu töten, noch bevor wir sie fanden und in Sicherheit bringen konnten. So wollten sie uns langsam vernichten, indem sie den Nachschub an Beschützern töteten. Schon jetzt waren wir schwächer geworden, doch wir hielten stand.

„Cyrian, tritt näher“, sagte die Leiterin, als ich an den Türrahmen der geöffneten Tür klopfte, die in ihr Heiligtum führte.

Langsam schritt ich in den Raum, der mit prachtvollen Verzierungen geschmückt war.

„Ich habe dich rufen lassen, da du der beste von allen bist und ich einen großen Auftrag für dich habe.“

Schweigend nahm ich das Lob von ihr hin und wartete darauf, was mein Auftrag sein würde.

„Du musst ein besonderes Kind finden. Meinen Informationen nach, soll sie das einzige Kind von Raphael sein.“

Das war ein Schock!

Niemals hätte ich gedacht, dass der große Erzengel je Kinder haben würde, niemand hätte das je gedacht!

„Seid Ihr euch sicher, ich meine, wie wahrscheinlich ist es, dass der große Erzengel doch ein Kind gezeugt haben könnte?“

„Das gilt es ja eben herauszufinden. Fest steht, dass das Kind ein Engelskind ist, denn die Dämonen sind diesem schon auf der Spur. Daher wirst du dich auf die Suche machen, um es zu finden, bevor sie es tun. Beeile dich, denn es bleibt nicht viel Zeit.“

Damit war ich entlassen, da sie nichts davon gesagt hatte, ob ich Verstärkung mitnehmen durfte, war ich wohl auf mich alleine gestellt. Wo sollte ich anfangen? Da reichte mir die Leiterin einen Zettel, auf dem nur wenige Worte standen.

 

Friedhof von Chicago. 18 Uhr abends.

 

Das war ein Anfang.

Ich verneigte mich und verließ das Heiligtum der Leiterin. Draußen erwartete mich mein Freund Tiyam. Wir kannten uns bereits viele Jahrzehnte und kämpften stets Seite an Seite.

„Was wollte sie?“, kam er direkt zur Sache.

„Ich soll jemanden finden. Allerdings habe ich nur einen kleinen Hinweis bekommen und ich habe noch viel weniger Zeit, um dorthin zu gelangen.“ Mein Freund nickte, sah mich aber fragend an. „Ich habe keine weiteren Anweisungen bekommen, tut mir leid mein Freund.“ Wieder nickte er und ich wusste, er wäre gerne mit mir gekommen. Beide ergriffen wir den Unterarm des anderen und schlugen uns gegen die Schulter.

„Gute Reise und viel Erfolg. Mögest du Erfolg haben und die Dämonen zur Hölle fahren.“

Beide grinsten wir uns an, dann ging ich auf den Schulhof, verwandelte mich und flog los.

Ich würde etwa zwei Stunden bis nach Chicago brauchen, dann wäre ich gegen siebzehn Uhr dort und könnte alles auskundschaften. Aber nur wenn mir nichts dazwischenkam.

 

Etwas später als geplant kam ich an. Um einen besseren Blick über das Gelände zu haben, setzte ich mich auf eins der alten Mausoleen und tat so, als wäre ich eine der unzähligen Steinfiguren. Ein Leichtes für uns Gargoyles. Wir konnten Stunden, Tage oder sogar Wochen so verharren, wenn wir es mussten.

Ich beobachtete ein paar Männer, wie sie gerade ein Grab aushoben und kurz darauf wieder verschwanden.

Zwanzig Minuten später, kamen sie wieder und brachten einen Sarg, hinter dem ein Priester lief, gefolgt von einem jungen Mädchen. Langes schwarzes Haar, helle Haut, soweit es zu erkennen war und durchschnittlich groß, wenn mich nicht alles täuschte. Sie sah schlank und durchtrainiert aus. Wirkte aber erschöpft, was in Anbetracht dieser Situation nicht ungewöhnlich war.

Sie lief mit gesenktem Kopf, sodass ich sie nicht erkennen konnte. Doch als ich sie näher betrachtete, wusste ich es, sie war die gesuchte Person. Alles an ihr strahlte geradezu und jeder meiner Sinne sprang bei diesem Mädchen an.

Babum.

Überrascht hielt ich inne, was war denn das? Ein stechen in der Brust ließ mich kurz taumeln. Schnell schüttelte ich mich und nahm wieder Position ein, hoffte, dass mich niemand gesehen hatte. So etwas war mir noch nie passiert, blieb zu hoffen, dass es ein einmaliges Vorkommen war.

Nach ein paar Minuten trat ein Fremder neben das Mädchen, doch konnte ich nicht erkennen, wer es war. Sein Auftreten war ruhig, gerade zu entspannend. Alles an ihm zeigte keine Gefahr. Nein, seine Haltung war geradezu majestätisch.

Er unterhielt sich mit ihr, doch verstand ich kaum ein Wort, da er sehr leise sprach. Wie ein Flüstern im Wind wurden mir Bruchstücke der Unterhaltung zugetragen. Als er dem Mädchen dann ihren Rucksack reichte und sie wegschob, wusste ich, dass es Zeit wurde zu handeln.

Sie ging und ich wollte ihr gerade nach, als ich eine Gruppe Dämonen näherkommen sah. Hin und her gerissen, zwischen meinem Auftrag und meiner Pflicht als Beschützer, zögerte ich. Doch mein Beschützerinstinkt siegte, also schwang ich mich vom Dach des kleinen Steingebäudes und stürzte mich auf den ersten Feind.

Noch im Sprung zog ich meine Waffe und trieb sie ihm in den Rücken, was dafür sorgte, dass er sofort in Flammen aufging und zu Asche zerfiel. Doch das beachtete ich schon gar nicht mehr, denn ich wandte mich dem Nächsten zu. Auch der Fremde kämpfte, was mir sagte, dass er einer von uns sein musste. Nur was und wer war er?

 

Nach wenigen Minuten hatten wir alle besiegt und ich drehte mich dem Mann zu, der als einziger noch mit mir auf dem Friedhof stand.

„Du kämpfst gut, wie ist dein Name?“

Überrascht sah ich den Fremden an, da erst viel es mir wie Schuppen von den Augen. Dieses ganze Auftreten, die Gesichtszüge. Ich hatte ihn schon einmal gesehen, als er die Academy besucht hatte. Der Erzengel Raphael, stand höchst persönlich vor mir!

Ehrerbietend, verneigte ich mich vor ihm. „Cyrian, Herr“, antwortete ich ihm.

„Cyrian? Das ist ein ungewöhnlicher Name, aber gut. Sieh mich an, denn ich habe einen Auftrag für dich.“

Sofort gehorchte ich.

„Das Mädchen, das gerade eben gegangen ist, du wirst auf sie aufpassen und das mit deinem Leben. Du wirst niemanden etwas davon sagen, wirst ihr nichts von uns sagen, bis ich dir etwas anderes Befehle. Sollte ihr etwas zustoßen, ist dein Leben verwirkt. Habe ich mich klar ausgedrückt?“

Ich nickte sofort, doch war ich nun auch hin und her gerissen. Ich hatte einen Auftrag bekommen und es würde mich einiges Kosten, sollte ich diesem nicht nachkommen. Doch war ein Befehl vom Erzengel tausendmal wichtiger als der, der Leiterin.

„Herr, verzeiht, aber wie soll ich das in der Academy erklären?“

Der Engel lächelte. „Lass dir etwas einfallen, nur erzähle niemanden etwas, von mir oder dem Mädchen, bis die Zeit gekommen ist.“ Damit ließ er seine Flügel erscheinen, die mit einem Zauber verborgen geblieben waren, und schwang sich in die Luft. „Nun beeile dich, Evolet ist schnell und sie wird dir noch entkommen, wenn du dich nicht sofort auf die Suche nach ihr machst.“

Ich war so vom Anblick seiner schwarz-silbernen Flügel fasziniert, die fälschlicherweise von den Menschen immer als weiß beschrieben wurden, da sie im Sonnenlicht Silber hell strahlten, dass ich meinen Auftrag vergessen hatte.

Sofort lief ich los, schwang mich dann im Laufen in die Lüfte und suchte das Gebiet ab. Fast hätte ich geglaubt, dass Mädchen verloren zu haben, doch dann entdeckte ich sie am Busbahnhof. Toledo? Was wollte sie denn da?

Ich landete, verwandelte mich und holte mir am Schalter eine Fahrkarte. Über die Jahre, die ich jetzt schon lebte, hatte ich mir ein kleines Vermögen zusammengespart, was mir vieles ermöglichte.

Um nicht weiter aufzufallen, warf ich mir die Kapuze über den Kopf und schloss meinen Mantel, so würde niemand meine Waffen erkennen. Auch wäre mein Gesicht verborgen, denn es zog viel Aufmerksamkeit auf sich. Ich war nicht unattraktiv, das wusste ich. Doch war es momentan besser, nicht allzu sehr aufzufallen. Ich gab dem Fahrer meine Karte und stieg ein. Ganz hinten entdeckte ich Evolet, wie ich mich erinnerte, dass sie der Erzengel so genannt hatte, und begab mich zu ihr.

„Ist hier noch frei?“, fragte ich sie und prompt richtete sich ihr Blick auf mich.

„Es ist ein freies Land“, konterte sie sofort, was ich als Aufforderung nahm, mich setzen zu können.

„Danke, ich hasse, es da vorne zu sitzen, ist so eng da“, versuchte ich die Stimmung aufzulockern, obwohl es der Wahrheit entsprach. Bei meiner Größe hatte ich Schwierigkeiten, mich in der Welt der Menschen zu bewegen.

Sie gab nur ein brummendes Geräusch von sich und kramte dann ihn ihrer Tasche herum, dabei viel mir das Bündel Geld auf. Der Engel hatte für sie gesorgt, was es mir aber nicht leichter machen würde, auf sie aufzupassen. Sie könnte jederzeit verschwinden und hatte nun auch die Mittel dazu.

Sie legte ein Buch neben sich, was mich auf eine Idee brachte. „Hättest du vielleicht auch etwas zu lesen für mich? Man hat mir meine Tasche geklaut und jetzt sitze ich bis Toledo erst mal ohne alles da.“ Wieder betrachtete sie mich misstrauisch, kramte dann aber in ihrer Tasche herum und reichte mir ein weiteres Buch.

„Das will ich wieder“, warnte sie mich knapp und griff dann nach dem ersten Buch.

„Natürlich, danke sehr.“ Eine Fantasy Geschichte über Engel, das brachte mich fast zum Lachen. Welch Ironie des Schicksals.

Ich las die Geschichte nicht wirklich, dafür beobachtete ich das Mädchen neben mir immer genauer. Etwas an ihr faszinierte mich und dabei hatten wir noch keine fünf Sätze miteinander geredet.

Fieberhaft überlegte ich, wie ich mit ihr ins Gespräch kommen sollte und vor allem, wie ich erklären sollte, dass wir denselben Weg hatten, wo auch immer der hingehen würde.

 

 

Der Mann neben mir verwirrte mich. Er hatte irgendetwas an sich, dass mich nervös machte. Zuerst hatte ich ja geglaubt, er wäre einer der Typen vom Friedhof. Doch die hatten Anzüge getragen, der Mann neben mir, war weit davon entfernt so auszusehen. Noch dazu war er freundlich bisher.

 

Wir waren zwei Stunden unterwegs, als wir Rast machten, was sich gut traf, denn ich musste dringend mal. Überlegend sah ich zu ihm rüber, sollte ich ihn nach dem Buch fragen?

Bevor ich aber eine Entscheidung getroffen hatte, reichte er es mir und ich konnte ein Lächeln unter seiner Kapuze erkennen. Wieso behielt er diese nur auf? Egal, jetzt musste ich erst mal wohin. Also steckte ich das Buch ein und stieg aus.

 

Etwa fünf Minuten später, wollte ich wieder zurück, doch stand mir jemand im Weg. Als ich nach oben sah, blickte ich in das finstere Gesicht eines Anzugträgers. Verdammt, was sollte ich jetzt nur tun? Unsicher trat ich wieder in das Toilettenhaus, nur war ich noch keinen Schritt weiter, mit meinen Überlegungen, wie ich hier unbeschadet herauskam.

Hilfe würde ich auch keine bekommen, denn es war niemand da. Der laufende Anzug, zog ein Messer aus seinem Sakko. Jetzt bekam ich es richtig mit der Angst zu tun. Da öffnete sich erneut die Tür und der Fremde aus dem Bus kam ebenfalls herein.

Er erfasste kurz die Lage, dann stürzte er sich auf den Anzugträger und rief mir dabei zu: „Lauf.“ Schnell sah ich zu, dass ich von hier wegkam. Wie hatten mich die Anzugträger nur gefunden? Was wollten sie von mir?

Mein schlechtes Gewissen meldete sich, ich hatte den Fremden alleine gelassen, ohne auch nur darüber nachzudenken, ihm zu helfen. Ich wollte schon zurück, als sich die Tür öffnete.

„Wieso stehst du hier herum, du solltest doch von hier verschwinden?“

„Ich weiß nicht, ich …“, doch den Rest des Satzes vergaß ich, denn als die Kapuze des Mannes vom Kopf rutschte und ich sein Gesicht sah, blieb mir die Luft weg. Er sah unglaublich gut aus, fast zu gut, um wahr zu sein. Schwarze Haare, dunkle Augen, ich schätzte ihn auf etwas zwei Meter, vielleicht etwas kleiner und unter der Kleidung vermutete ich einen sehr durchtrainierten Körper.

„Du hast dir Sorgen um mich gemacht?“, fragte er nach und legte dabei seinen Kopf schief. „Das musst du nicht, ich kann sehr gut auf mich aufpassen. Komm jetzt, wir sollten von hier verschwinden“, bemerkte er, ergriff meine Hand und zog mich mit sich.

Als wir wieder im Bus waren, setzten wir uns an unsere Plätze, aber irgendetwas hatte sich verändert. Dieses befremdliche Gefühl war weg und ich gewann Vertrauen zu dem Mann neben mir.

„Wohin möchtest du fahren?“, fragte er mich.

Aber ich konnte mich nicht von seinem Gesicht loseisen.

Da beugte er sich zu mir und flüsterte mir ins Ohr: „Hör, auf mich so anzustarren, bevor ich noch auf schlimme Gedanken komme.“

Was? Ich riss die Augen auf und sah ihm direkt in seine Augen. Er war mir so nah, dass ich goldene Punkte in ihnen erkennen konnte.

„Du starrst mich immer noch an“, murmelte er mir zu.

„Ich kann nicht anders“, gestand ich ihm, was seine Mundwinkel zucken ließ. Er kam mir näher, zögerte kurz und dann legten sich seine Lippen auf meine. Mein erster Kuss eines Mannes und ich hatte das Gefühl, dass mir das Herz stehen bleiben würde.

Er legte mir eine Hand in den Nacken und zog mich näher zu sich und ich gab, ohne zu zögern, nach. Seine Zunge strich leicht über meine Lippen und ohne es mir bewusst zu sein, öffnete ich sie für ihn. Natürlich nutzte er sofort die Gelegenheit und kam mit seiner Zunge in meinen Mund. Nur zögernd kam ich ihm entgegen, aber da er nicht den Anschein machte, als würde ihn meine Zurückhaltung stören, wurde ich, je länger es dauerte, mutiger.

Als er mich dann packte und zu sich auf den Schoß hob, keuchte ich kurz auf, konnte aber nicht aufhören, ihn zu küssen. Selbst als ich etwas verdächtig Hartes in meinem Schritt spürte. Ich war nicht dumm, wusste ich doch genau, was es war. Es störte mich nicht, im Gegenteil, es erregte mich nur mehr zu wissen, dass ich das bei ihm auslöste. Nein, ich war nicht dumm. Auch wenn ich bisher ungeküsst war, wusste ich doch ein paar Dinge über das, was Männer und Frauen miteinander taten.

 

Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir so rum machten, doch irgendwann riss uns die Durchsage des Fahrers aus unserer Blase.

„Endstation Toledo. Alle aussteigen.“

Ich löste mich von dem Mann unter mir und sah aus dem Fenster, wir waren tatsächlich am Busbahnhof. Verlegen sah ich wieder zu ihm und er schenkte mir wieder dieses umwerfende Lächeln.

„Komm, lass uns von hier verschwinden“, murmelte er und ich nickte nur.

Er reichte mir meine Tasche und ich stand von seinem Schoß auf, zog mir den Rucksack über eine der Schultern und ging nach draußen. Dort ergriff er meine Hand und zog mich mit sich. Ringsherum gab es Hotels, was sehr gelegen kam, so würde ich schnell weiterkommen. Doch momentan machte mich der Gedanke, mit ihm allein in einem Zimmer zu sein, richtig nervös.

Wir betraten einen kleinen Empfang und ich sah meinen Begleiter verwundert an, als er zwei Zimmer orderte. Er legte einen Ausweis vor, auf den ich aber keinen Namen lesen konnte, denn er steckte ihn sofort wieder ein, als der Typ hinterm Tresen einen Blick darauf geworfen hatte.

Als der Mann mich dann ansah, machte ich den Fehler, meinen richtigen Namen zu nennen, was meinen Begleiter zusammenzucken ließ. Aber er sagte nichts dazu. Wir bekamen unsere Schlüssel, wobei wir feststellten, dass die Zimmer nicht nebeneinanderlagen, sondern weit auseinander.

Schade!

Wir machten uns auf den Weg und ich überlegte schon, wie ich ihn vielleicht doch in mein Zimmer bekommen könnte. Moment, über was dachte ich denn hier bitte nach? Ich wusste noch nicht mal seinen Namen und schon…. In Ordnung, das reichte jetzt aber wirklich.

Wir blieben vor seinem Zimmer stehen und ich wollte mich schon von ihm verabschieden, als er mich ins Zimmer schob und sich noch einmal umsah. Bevor er die Tür hinter sich schloss.

„Da ich vermute, dass du deinen richtigen Namen genannt hast, werden deine Verfolger mit Sicherheit als Erstes in deinem Zimmer nach dir suchen. Es wäre wohl das Beste, wenn du die Nacht über hierbleibst. Nur zur Sicherheit.“

Wow, ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Moment doch das wusste ich. „Woher weißt du, dass ich verfolgt werde?“

Er sah mich an und zog spöttisch die Augenbraue hoch. „Das ist doch wohl offensichtlich. Du reist mit wenig Gepäck, ein Kerl will dich auf einem Rasthof abstechen und du bist trotz alledem, noch recht gefasst, so als wüsstest du, dass dir Gefahr droht.“

Punkt für ihn.

„Was hast du mit dem Mann gemacht, der mich überfallen wollte?“

Seine Miene wurde ernst. „Willst du das wirklich wissen? Denn ich möchte ungern, dass du ein schlechtes Bild von mir bekommst.“

Das war mir schon Antwort genug, trotzdem wollte ich es von ihm wissen. „Sag es mir“, gab ich zurück und er seufzte.

„Ich habe ihn dahin geschickt, woher er kam. Zurück in die Hölle, aus der er gekrochen ist. Er wird dir nicht mehr schaden können, doch es werden bestimmt noch Weitere kommen, denn wo einer ist, sind immer noch andere.

---ENDE DER LESEPROBE---