Die Teigtascherl-Intrige - Patrick Budgen - E-Book

Die Teigtascherl-Intrige E-Book

Patrick Budgen

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Beschreibung

Am Wiener Zentralfriedhof macht die Witwe eines unlängst verstorbenen Teigtascherl-Fabrikanten eine unerfreuliche Entdeckung: Jemand hat die Urne ihres Mannes gestohlen und im Mausoleum ein Teigtascherl mit einer mysteriösen Warnung zurückgelassen. Dem Bestatter und Ex-Journalist Alexander Toth lässt die Sache keine Ruhe. Bald sieht er sich mit einer Familie konfrontiert, in der nichts so ist, wie es scheint. Statt wie erhofft seinen ruhigen Job am Friedhof zu genießen, steckt er unversehens mitten in einem Fall voller skurriler Situationen und überraschender Wendungen. Und dann taucht auch noch seine große Liebe von einst auf ...

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Seitenzahl: 235

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Die Teigtascherl-Intrige

Ein Wiener Zentralfriedhofs-Krimi

Patrick Budgen:

Die Teigtascherl-Intrige

Alle Rechte vorbehalten

© 2024 edition a, Wien

www.edition-a.at

Cover/Illustration: Bernd Ertl

Karte: Anna-Mariya Rakhmankina

Satz: Michaela Kahler

Gesetzt in der Premiera

Gedruckt in Europa

1  2  3  4  5  –  27  26  25  24

ISBN: 978-3-99001-745-6

eISBN: 978-3-99001-746-3

Patrick Budgen

Die Teigtascherl-Intrige

Ein Wiener Zentralfriedhofs-Krimi

»Zwischen Allerheiligen und

Allerseelen liegt Wien.«

André Heller

Das halte ich nicht aus für alle Ewigkeit! Niemals! Jamais! Ruhe sanft haben sie gesagt. Und friedlich. Wie soll denn das hier unten gehen? Auf diesem kalten und harten Untergrund kann sich niemand entspannen. Nicht einmal dem größten Kotzbrocken hätte ich einen derart unwürdigen Platz zugedacht. Und von denen habe ich im Laufe meines Lebens einige kennengelernt. Das können Sie mir glauben! Verdient habe ich mir dieses Loch hier jedenfalls nicht. Da bin ich mir sicher.

Wird es überhaupt jemand mitkriegen, wenn ich mich hier unten mit dem gewöhnlichen Staub und Dreck vermische? Im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn die Ratten, Gott, wie ich sie hasse, meinen letzten Ort der Ruhe zerstört und mit ihren kleinen Pfötchen alles, was von mir übriggeblieben ist, verteilt haben, dann bin ich endgültig weg. Und dann wird niemand jemals erfahren, wie ich wirklich gestorben bin.

Inhalt

Dienstag, 12.38 Uhr

Dienstag, 12.44 Uhr

Dienstag, 12.51 Uhr

Dienstag, 15.38 Uhr

Dienstag, 19.16 Uhr

Mittwoch, 7.02 Uhr

Mittwoch, 8.47 Uhr

Mittwoch, 11.07 Uhr

Mittwoch, 11.32 Uhr

Mittwoch, 12.31 Uhr

Mittwoch, 14.47 Uhr

Mittwoch, 17.09 Uhr

Mittwoch, 19.32 Uhr

Donnerstag, 7.56 Uhr

Donnerstag, 10.51 Uhr

Donnerstag, 11.13 Uhr

Donnerstag, 12.02 Uhr

Donnerstag, 14.32 Uhr

Donnerstag, 15.03 Uhr

Donnerstag, 16.31 Uhr

Donnerstag, 16.58 Uhr

Freitag, 6.51 Uhr

Freitag, 10.58 Uhr

Freitag, 12.42 Uhr

Freitag, 13.36 Uhr

Freitag, 16.37 Uhr

Samstag, 9.39 Uhr

Samstag, 15.12 Uhr

Samstag, 16.32 Uhr

Samstag, 19.47 Uhr

Sonntag, 17.08 Uhr

Sonntag, 17.43 Uhr

Sonntag, 18.31 Uhr

Eine Woche später

Merci!

Rezept: Alains »Tulas-Teigtascherln«

Dienstag, 12.38 Uhr

So fühlt es sich also an, tot zu sein, dachte Toth. Er merkte, wie sich seine Kehle langsam zuschnürte. Die Luft im Sarg wurde immer dünner. Wie bei einem Tiefsee-Tauchgang, wenn der Sauerstoffvorrat falsch berechnet worden war und plötzlich, am Boden des Meeres, knapp wurde. Alexander Toth wusste, warum er bei seiner bisher einzigen Fernreise nach Mexiko den Tauchkurs ausgelassen und stattdessen die Strandliege gewählt hatte, auf der er sich mit seiner blassen Haut einen heftigen Sonnenbrand holte.

So sehr er sich auch bemühte, langsam und tief einzuatmen, seine Lunge brannte wie Feuer. Dabei war er erst wenige Minuten hier unten. Oder war doch schon eine halbe Stunde vergangen? Sein Zeitgefühl ging bereits verloren. Würde er es in dieser Position mehrere Stunden aushalten? Oder Tage? Oder sogar eine ganze Ewigkeit? Alexander Toth spürte Panik und Übelkeit in sich aufsteigen.

Seine Augen hatten sich nur langsam an die Dunkelheit gewöhnt. Ein kleiner Schlitz zwischen Sargdeckel und -korpus ließ einen schmalen, blassen Lichtstreifen auf seine dunkelgraue Arbeitshose fallen, in der seine ausgestreckten Beine steckten. Würden da irgendwann die Würmer oder anderes Ungeziefer durchkriechen und sich an ihm zu schaffen machen, bis nichts mehr von ihm übrig war? Würde er etwas davon mitbekommen?

Toth merkte, wie sein Puls schneller wurde, und verwarf diesen Gedanken sofort. Wie bei einem dieser Daumenkinos, wo sich nach jedem Umblättern ein neues Bild erschloss, erkannte Toth nach jedem Blinzeln ein neues Detail in der ungewohnten Umgebung. Er musste den Kopf, soweit es eben ging, anheben und vorsichtig drehen, um sich umzusehen. Mehr Platz war hier nicht. Er merkte dabei, wie lange er seine Bauchmuskeln nicht mehr trainiert hatte und fasste sich an seinen leichten Bauchansatz.

Er lag auf hellem Untergrund. Und es war weich. Das Innenleben des Sarges fühlte sich an, als sei es mit Seide gefüllt worden. Es roch nach frischem Lack, gemischt mit Toths eigenem zitronigen Parfüm. Als er den Kopf drehte, kratzten seine kurzen, hellroten Bartstoppeln auf dem hohen Polster. Das Geräusch durchbrach die Stille. Das Pochen an seinen Schläfen wurde lauter. Es war, als ob der weltberühmte Schlagzeuger Martin Grubinger in Toths Kopf saß und nach seinem Abschiedskonzert noch eine Zugabe spielte. Bumm. Bumm. Bumm. Wie eine Welle erhob sich die Panik in ihm, trommelte gegen sein Innerstes. Toth spürte, wie gleich mehrere Schweißtropfen über seine hohe Stirn perlten, über die Nase voller Sommersprossen und den Mund sein Kinn hinunterrannen und von seinem schwarzen Hemd aufgesogen wurden.

Toth kniff die Augen zu. Ganz fest. So fest, bis es schmerzte. Er merkte gar nicht, dass er gleichzeitig auch seine zierlichen Hände zu Fäusten ballte. Was, wenn es hier und jetzt vorbei wäre? Was, wenn er den Deckel nicht mehr aufbekommen würde und dies die letzten Momente seines Lebens wären? Er hatte doch erst vor etwas mehr als einem Jahr sein ganzes altes Leben über den Haufen geschmissen und seine stressige Karriere als TV-Journalist und Moderator an den Nagel gehängt. Mehr Life, weniger Work. Das war sein Plan für mehr Balance im Leben. Deshalb war er mit Anfang vierzig Bestatter geworden. Alles auf Anfang. Der Stress, die Nachrichtenflut, seine Social-Media-Sucht, er hatte doch alles erst hinter sich gelassen. Hatte er alles getan, was er sich vorgenommen hatte? Allen alles gesagt, was er sagen wollte? Vor allem ihr?

Vor seinem inneren Auge baute sich binnen Sekunden ein Bild auf, das erschreckend realistisch wirkte. Er sah alle Menschen, die ihm in seinem Leben lieb waren. Viele waren es nicht. Es hätte eine Hand gereicht, um sie aufzuzählen. Da waren seine Eltern, Dina und Heinz Toth. Da war Marie-Theres Ehrenfels, die einzige weibliche Sargträgerin am Wiener Zentralfriedhof und seit Beginn seiner Bestatter-Laufbahn seine Lieblingskollegin. Und da war sie. Sein Herz schlug auf einmal noch schneller. War sie es wirklich? Ja, sie war tatsächlich gekommen. Toths bisher einzige, große Liebe. Sie stand da und trauerte um ihn.

Sie starrten ihn mit tränenerfüllten Augen an. Von oben herab. Es war nicht anders möglich, denn Toth lag in einem ausgehobenen Grab am Zentralfriedhof, irgendwo am Rande des alten jüdischen Teils im Osten des riesigen Areals. Es war seine eigene Beerdigung, die er sich gerade vorstellte. Die Trauernden waren ganz in schwarz gekleidet und weinten. Marie-Theres hatte sich in ein knielanges, enges Kleid gehüllt. Sie trug dunkle Lackschuhe mit Bleistiftabsätzen. Die Tränen seiner Hinterbliebenen flossen in seiner Vorstellung wie ein Wasserfall in die offene Grube. Die Grube erinnerte Toth an eine Cenote, die er in Mexiko gesehen hatte. Wasserlöcher, die durch Süßwasser gespeist wurden. Hier waren es nun die salzigen Tränen, die das Loch füllten.

Am lautesten weinte seine Mutter, die als Hausmeisterin aus Ottakring ihrem Sohn unter anderem die Neugierde vererbt hatte und es ihm auch an seinem Grab noch übelnahm, dass er seine TV-Karriere aufgegeben hatte. Sein Vater ließ sich wie immer in schwierigen Situationen, zumindest nach außen hin, nichts anmerken und streichelte seiner Frau tröstend über die Schulter. Wer dir wirklich wichtig ist, dachte Toth, merkst du erst, wenn du tot bist.

Was war mit den beiden Frauen? Weinten sie tatsächlich um ihn? Sagten sie etwas? Sprachen sie vielleicht sogar miteinander? Toth kniff seine Augen noch fester zusammen, um das Bild in seinem Kopf zu schärfen. Doch bevor er sehen konnte, wie die Szene ausging, stieß er wie fremdgesteuert mit einem kräftigen Stoß den Deckel des Sarges auf, in dem er seit einer gefühlten Ewigkeit lag und atmete tief ein. Er hatte es nicht mehr ausgehalten. Es war ihm zu viel geworden.

War der klobige Deckel des Linden-Sarkophags »Memphis« beim Öffnen tatsächlich schwerer als beim Verschließen, oder kam Toth das nur so vor? Die Reise aus der Unterwelt zurück an die Oberfläche der Lebenden war eben schwieriger als umgekehrt. Toth wischte sich mit der rechten Hand den Schweiß von der Stirn und stieg aus dem auf Hochglanz polierten, weißlackierten Einzelstück etwas unbeholfen heraus. Wie verrückt kann man sein, viel Geld auszugeben, um darin zu liegen, dachte er sich. Toth schaute sich in der unterirdischen Arkadengruft um, und versicherte sich, dass ihn niemand beobachtete. Es hatte sich zum Glück niemand hierher verirrt. Einzig einen gewissen Josef Festa sah Toth. Der Putzerei-Besitzer war 1949 in Wien gestorben, wie die verschmutzte Marmortafel verriet, die eine Wandnische abdeckte, in welcher der Verstorbene lag und unter der Toth nun stand.

Hier würden in wenigen Tagen also zahlreiche lebende Menschen Schlange stehen, um einmal tot zu spielen und Probe zu liegen. Alexander Toth hatte über dieses morbide Vergnügen vor vielen Jahren als junger Reporter berichtet, als er noch beim Fernsehen arbeitete. Damals hatte die Bestattung in ihrem hauseigenen Museum im Rahmen der langen Nacht der Museen zu einer Art Nacht des offenen Sarges geladen und hunderte Menschen waren gekommen, um es sich in einem XXL-Sarg gemütlich zu machen. An diesem Abend war auch der Spitzname »Big Mac« für Särge in Übergröße entstanden.

Ein junges Pärchen, im Gothic-Style gekleidet, war nach stundenlangem Warten unter dem hysterischen Gelächter seiner Freunde in den Sarg gestiegen. Als der Bestatter den Deckel zumachen wollte, damit das Nahtod-Erlebnis noch realistischer wurde, rief die Frau einer Freundin zu: »Komm, leg dich auch rein, dann sind wir ein Big Mac.« Ein neues Wort im Wiener Bestattungsjargon war geboren, das noch immer eifrig benutzt wurde.

Der Big Mac, vor dem Alexander Toth stand, hieß »Memphis« und war bereits für kommenden Sonntag bereit. Er sollte eines der Highlights bei der großen 150-Jahr-Feier des Wiener Zentralfriedhofs werden. Am 1. November 1874 wurde der mittlerweile zweitgrößte Friedhof Europas am Stadtrand von Wien, in Simmering, eröffnet. Und Wien wäre nicht Wien, würde man hier nicht auch den Geburtstag einer Totenstätte feiern. Das Probeliegen im »Memphis«-Sarg (ohne Elvis) war nur ein Programmpunkt, den sich die Bestattung für seine Ehrengäste ausgedacht hatte. Eine VIP-Führung hinter die Kulissen inklusive Probe-Liegen.

Auch Austropop-Star Wolfgang Ambros hatte sich angesagt, um seine legendäre Hymne »Es lebe der Zentralfriedhof« auf einer eigens aufgebauten Bühne zum Besten zu geben. Über fünfhundert Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur wurden erwartet. Der halbe Friedhof, also die lebende Hälfte, war mit den Vorbereitungen dafür beschäftigt. Toth hatte man die Betreuung der Station hier unten zugeteilt. Er sollte sozusagen der Türsteher sein zum Tor ins Jenseits und die Gäste ein- und aussteigen lassen, nachdem sie sich am Grusel-Buffet gelabt hatten. Blutige Hotdog-Finger aus Frankfurter Würstel, giftgrüner Würmer-Wackelpudding und schokoladige Geister-Bananen waren einige der halb-lustigen Speisen, die man sich ausgedacht hatte, um die Besucher stimmungsvoll zu versorgen.

Es knurrte. Das war Alexander Toths Magen, der ihn langsam ans Mittagessen erinnerte. Am ehesten noch ein Paar Würstel, dachte sich Toth, als ihn ein lauter Schrei aus seinen Gedanken riss. Er war schrill und hallte durch den weitläufigen Gang der Gruft. Das war sicher keiner von uns, dachte er mit dem Blick auf die eingemauerten Särge um ihn herum. Dann rannte er in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.

Dienstag, 12.44 Uhr

Er hatte das Gefühl, barfuß über einen Ameisenhaufen zu laufen.

Toths Füße kribbelten, als er die alten, mit Staub beschichteten Steinstufen hinauf ins Erdgeschoss der Arkadengruft hechtete. Sie waren beim Probeliegen im Sarg eingeschlafen und noch immer nicht aufgewacht. An der letzten Stiege, die zu groß für einen Schritt, aber zu klein für zwei war, blieb er in der Eile beinahe mit der Spitze seines linken, klobigen Arbeitsschuhs hängen. Um ein Haar hätte er den uralten Granitboden geküsst. Es wäre sein erster Kuss seit langer Zeit gewesen. Mit einem schnellen Griff auf das gusseiserne, rostige Geländer konnte er die Balance wiederfinden.

Kaum hatte er das Gleichgewicht wiedergewonnen, hörte er den nächsten Schrei. Er war schrill und noch lauter als der Erste. Es klang nach einer Frauenstimme, dachte Toth, als er den Seiteneingang der Arkadengruft neben der Karl-Borromäus-Kirche öffnete und ins Freie trat.

Die Herbstsonne, die dank des Klimawandels Ende Oktober ungewöhnlich stark war, blendete den Bestatter, der durch den Treppenlauf leicht außer Atem gekommen war. Seine Augen brauchten einige Sekunden, um sich nach der Dunkelheit im Sarg ans Sonnenlicht zu gewöhnen. Deshalb zweifelte er im ersten Moment auch daran, was er vor sich sah.

Sein Mund stand genauso offen wie die drei Meter hohe Tür des Mausoleums, das ans Ende der halbkreisförmigen Gruft-Anlage gebaut worden war. Weder in seiner Zeit als Bestatter noch als Journalist, wo er oft vom Zentralfriedhof berichtet hatte, war ihm ein Blick in eines der beiden Mausoleen gewährt worden. Die Türen aus massiven Metallstreben und blickdichtem Milchglas blieben stets geschlossen. Niemand wusste genau, wem diese Grabstätten eigentlich gehörten und ob sie überhaupt jemand besuchte. Der Schrei musste aus diesem Mausoleum gekommen sein.

Toth blickte ins Innere und erkannte im Gegenlicht erst nur die Silhouette einer zierlichen Gestalt. Offenbar bemerkte die Person nicht, dass sich der rothaarige Bestatter langsam näherte, bis er direkt neben ihr stand.

»Was ist passiert?«, fragte Toth mit seiner angenehmen, fernsehgeschulten Stimme. »Brauchen Sie Hilfe?«

»Man hat François gestohlen!«, kreischte die Frau. Toth meinte, einen leichten französischen Akzent herauszuhören.

»Wie soll denn das gehen?«, fragte Toth verwirrt. »Der liegt doch da drunter.« Er zeigte auf die massive Grabplatte am Boden des Mausoleums, die sich keinen Zentimeter bewegt hatte.

»Aber nein!«, schluchzte die Frau auf. »Er stand immer da.« Nun war sie es, die ihre linke, gepflegte Hand hob und auf eine kleine Kommode am Rande des Raums deutete. Toth bemerkte, dass die schwarzhaarige Frau ungefähr in seinem Alter sein musste.

Er begutachtete das Möbelstück aus Mahagoni-Holz. Eine Entdeckung ließ ihn stutzen.

»In diesem Dim-Sum ist Ihr Mann hoffentlich nicht drin«, sagte Toth. Er trat einen Schritt vor und beugte sich über den weißen Porzellanteller, auf dem eine Art Teigtascherl lag.

Es kam immer wieder vor, dass Angehörige die Lieblingsspeisen und -getränke der Verstorbenen an ihre Gräber brachten. Schweinsbraten, Schokotorte, Energydrinks. Gut, dass man als Toter nicht mehr zunehmen konnte. Manche glaubten aber offenbar daran, dass sich die Toten in einer Art nächtlichen Hungerattacke den Bauch vollschlugen. Apropos. Ein Mittagessen würde Toth jetzt recht kommen. Sein Magen knurrte wieder.

»Das ist kein Dim-Sum, Sie Banause«, sagte die Frau. Toths Unwissen in Sachen Teigtaschen schien sie für einen Moment ihren Schock vergessen zu lassen. »Das ist eine Aumônière. Die Spezialität meines verstorbenen Mannes!«

Toth antwortete nicht sofort. Er tat das, was er am besten konnte, und versuchte seine Umgebung binnen Sekunden zu analysieren. Das etwa zehn Quadratmeter große Mausoleum war wie ein Wohnzimmer eingerichtet. Auf dem hochwertigen grauen Fliesenboden lag ein dunkelroter Perserteppich. Die rund vier Meter hohen Wände waren in einem frischen Hellgelb gestrichen. Neben dem Teigtascherl-Teller lag ein heller Hut. Ein Borsalino. Toths Großvater hatte einen solchen gerne an heißen Sommertagen getragen. An der Wand darüber hingen zahlreiche Bilder und Zeitungsauschnitte. Daneben ein Herz aus Stein, in dem »In Liebe, Deine P.« eingraviert war.

»Das süße Leben: Eine Würdigung des Teigtascherl-Titans« stand in dicken Lettern auf dem Titelblatt einer Boulevardzeitung, die direkt über der Kommode angebracht worden war, umrahmt von mehreren Fotos, die den Verstorbenen offenbar im Kreise seiner Familie zeigten. Auf einigen erkannte Toth die Frau neben ihm. Jetzt war ihm klar, in wessen Mausoleum er sich befand. Der Tote war niemand anderer als François Boulanger, die neueste Berühmtheit am Zentralfriedhof.

Das Begräbnis von Boulanger hatte vor einigen Wochen für einen großen Auflauf am Friedhof gesorgt. Marie-Theres hatte Toth damals brühwarm davon erzählt, da er an diesem Tag frei gehabt hatte, worüber er heilfroh war. Er hatte als Journalist genug über solche Trauerfeiern berichtet. Jetzt wollte er seine Ruhe haben.

Halb Wien war gekommen, um sich vom Teigtascherl-Titan zu verabschieden, der das Beste aus Richard Lugner und Martin Ho in sich vereinte. Politisch vernetzt und der Kamera stets zugeneigt, das war François Boulanger. Er war ausgerechnet in seinem Gourmet-Tempel in der Wiener Innenstadt bei der Feier seines siebzigsten Geburtstags gestorben. Nach einem Herzinfarkt war sein Kopf auf den edel gedeckten Tisch geknallt, neben das volle Rotweinglas.

Von der Trauerfeier hatten damals sogar die »Seitenblicke« berichtet. Hier ins Mausoleum dürfte François Boulanger erst danach eingezogen sein, dachte Toth. Im engsten Familienkreis, wie es immer so schön hieß. Deshalb hatte das niemand mitbekommen.

»Da, neben seinem Lieblingshut, stand die Urne mit seiner Asche«, unterbrach die Frau seine Gedanken. »Und jetzt ist sie weg. Einfach weg. Und stattdessen steht dieser Teller mit einer Aumônière hier. Mon dieu«, entfuhr es ihr.

»Und dieses Teigtascherl ...« Toth korrigierte sich sofort: »Verzeihung, diese Aumônière hat also irgendwer hierhergestellt.« Er begutachtete die etwas eingetrocknete Speise. »Das ist wohl die Variante für den ganz großen Hunger«, sagte der Bestatter und tippte mit seinem Zeigefinger vorsichtig auf das Gericht, das aussah wie ein Klingelbeutel aus Teig.

Moment. Was war das? Toth berührte die Teigtasche noch einmal. Er war wahrlich kein begnadeter Koch, aber sogar er erkannte, dass mit dem Gebäck etwas nicht stimmte. Papier war wohl kaum eine Zutat dieses französischen Teigtascherls mit dem unaussprechlichen Namen. Aus einem kleinen Riss im Teig sah er den Teil eines Zettels herauslugen. Mit zwei Fingern dehnte er den Riss weiter auf und fischte ein eingerolltes Stück Papier heraus.

»Was machen Sie da?«, fragte die Frau entsetzt und trat so nah an Alexander Toth heran, dass sie ihm über die Schulter blicken konnte.

Behutsam rollte Toth das mit Fettflecken übersäte Papier aus und las halblaut vor, was drauf geschrieben stand. »Keine Polizei, sonst erfährt jeder, wer er wirklich war.«

Dienstag, 12.51 Uhr

Er schlug wie ein orangener Blitz direkt vor Toths Füßen ein. Die rüstige Frau am anderen Ende des Nordic-Walking-Stocks dürfte den Umgang damit nicht gewohnt sein. Sie gehörte offenbar zu einer Gruppe Hobby-Sportlerinnen, die eine der offiziell ausgeschilderten Laufstrecken am Wiener Zentralfriedhof für ihre Mittagsrunde auserkoren hatte und nun rhythmisch schnaufend an Alexander Toth vorbeistapfte.

»Es tut mir leid. Ist mein erstes Mal«, sagte die Nordic-Walking-Frau verlegen, als sie ihren misslungenen Stockeinsatz bemerkte. Ihre verschwitzten, rötlich gefärbten Haare hatte sie unter ein pinkes Stirnband gesteckt.

»Nichts passiert, sollte mich auch wieder mehr bewegen«, antwortete Toth und wandte sich seiner eigentlichen Gesprächspartnerin zu.

Die Frau aus dem Mausoleum war immer noch blass. Die Blätter der Ahornbäume, die in der Herbstsonne in einem kräftigen Rot glänzten, waren ein krasser Kontrast zu ihrer kreidebleichen Gesichtsfarbe. Alexander Toth hatte der sichtlich geschockten Frau den Platz auf der verwitterten Parkbank direkt neben dem Mausoleum angeboten, um sich nach der mysteriösen Botschaft aus dem Teigtascherl ein wenig zu beruhigen.

»Ein Schluck Wasser vielleicht?«, fragte Toth vorsichtig und reichte ihr eine leere Grabkerzenhülle, die er in Ermangelung eines Glases auf die Schnelle an einem der Hähne, die normalerweise für Gießkannen bereitstanden, gefüllt hatte.

»Danke, nein. Es geht schon wieder«, antwortete die Frau und rümpfte mit Blick auf das ungewöhnliche Wasserglas die Nase.

»Sind Sie sicher? Der Herr Boulanger ist Ihnen wohl sehr nahegestanden«, setzte Toth nach und ärgerte sich selbst über seine journalistische Neugierde. Er konnte sie nach wie vor nicht ganz abschütteln.

»Sehr nahe sogar. Er war mein Mann«, sagte die Frau, während sie ihren schwarzen Hosenanzug zurechtzupfte. »Darf ich fragen, wer das wissen will? Wer sind Sie überhaupt?«

»Verzeihung, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Alexander Toth ist mein Name«, sagte Toth und streckte ihr seine Hand entgegen. »Ich bin Bestatter am Zentralfriedhof und habe Ihren Schrei gehört. Da wollte ich schauen, was los ist.«

»Passender Name für einen Friedhofsmitarbeiter. Ich bin Patricia Boulanger, die Witwe«, antwortete sie kühl. Toth empfand ihren Händedruck als recht kräftig für eine so zierliche Person.

»Mein herzliches Beileid«, sagte Toth und setzte dabei einen möglichst mitleidigen Gesichtsausdruck auf. Im Hintergrund zwitscherte ein Rotkehlchen ein fröhliches Lied und lockerte die schwere Stimmung ein wenig auf. Das Vöglein hatte den Abflug in Richtung Süden aufgrund der warmen Wiener Witterung wohl ein wenig nach hinten verschoben.

»Es geht mich ja nichts an, aber haben Sie eine Idee, wer die Urne Ihres Mannes mitgenommen und stattdessen das Teigtascherl im Mausoleum platziert haben könnte?«, fragte Toth vorsichtig. Er konnte es nicht lassen. Zumindest konnte er sich einreden, dass er als Friedhofsmitarbeiter an einer gestohlenen Urne durchaus Interesse zeigen durfte.

»Sie haben völlig recht. Es geht Sie nichts an«, blaffte Patricia Boulanger und war im Begriff aufzustehen. »Die Polizei schalte ich jedenfalls nicht ein. Und Sie auch nicht. Verstanden? Wir Boulangers regeln so etwas selbst«, fügte sie hinzu.

»Wie Sie meinen. Ist Ihre Urne und Ihr Mann«, sagte Toth trocken und war insgeheim froh, nicht schon wieder in einen Kriminalfall hineingezogen zu werden.

»Au revoir«, sagte Patricia Boulanger, warf ihre dunkle Lederhandtasche über die Schulter, streckte Toth die Hand entgegen und drückte kräftig zu. Der Bestatter hatte das Gefühl, einer professionellen Armdrückerin die Hand zu schütteln.

»Auf Wiedersehen«, konnte Toth gerade noch antworten, da hatte die Witwe ihm bereits den Rücken zugewandt und stöckelte davon. Alexander Toth beobachtete, wie sie mit ihren hohen Schuhen sichtlich Schwierigkeiten hatte, auf dem schmalen Kiesweg einen sicheren Abgang hinzulegen und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie ging zum wenige Meter entfernten Mausoleum, schaute sich noch einmal kurz um und verschloss dann die massive, blickdichte Tür.

Vor dem Eingang des Mausoleums, von dem sich Patricia Boulanger nun entfernte, standen immer noch ein paar Kerzen. Ein kleiner verträumter Engel aus hellem Stein blickte andächtig in den strahlend blauen Herbsthimmel. Daneben lag ein verblühter Blumenstrauß, mit einer schwarzen Schleife daran, auf der mit weißen Buchstaben etwas geschrieben stand. »Deine Zuckerbäckerin«, meinte Toth trotz des grellen Lichts lesen zu können.

Patricia Boulanger hatte mittlerweile den asphaltierten, breiten Hauptweg in Richtung Tor 2 erreicht, dem berühmtesten Ein- und Ausgang des Zentralfriedhofs an der Simmeringer Hauptstraße. Ihr Gang wirkte nun wieder deutlich sicherer und schneller. Als Toth die Gestalt sah, die vor Patricia auftauchte, verschlechterte sich seine Laune schlagartig.

Was macht der schon wieder da? Hat der in seinem Büro nicht genug zu tun, ging es Toth durch den Kopf, als er den sportlichen Mann im dunkelblauen Slimfit-Anzug sah. Der Mann stolzierte zwischen den Grabreihen umher, als wären sie eine Verlängerung der New Yorker Fashionweek. Über den Maßlederschuhen trug er dünne, hellblaue Gamaschen aus Plastik. Toth hatte solche einmal als junger Journalist bei Dreharbeiten für eine Osterhasen-Reportage in einer Schokoladenfabrik tragen müssen. Es gab nur einen, der sich am Zentralfriedhof so kleidete, und sein Name war Kurt Sauprigl.

Alexander Toth beobachtete, wie sich die Wege von Patricia Boulanger und Kurt Sauprigl kreuzten. Die beiden begrüßten sich mit einer flüchtigen Umarmung. Sie wechselten einige Worte, die Toth nicht verstehen konnte, um sich kurz darauf wieder so zu verabschieden, wie sie sich wenige Augenblicke davor begrüßt hatten. Ein Small-Talk-Quickie zwischen drei Millionen Toten.

Alexander Toth sprang von der Parkbank auf und war im Begriff, hinter der weitläufigen Arkadengruft zu verschwinden. Er wollte eine Begegnung unbedingt vermeiden. Doch es war zu spät. Sauprigl hatte ihn entdeckt und kam schnellen Schrittes auf ihn zu.

Toth entschied, auf der Parkbank sitzen zu bleiben, die Augen zu schließen und so zu tun, als würde er die Mittagspause in der Sonne genießen. Vielleicht würde Sauprigl die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause des Bestatters respektieren und ihn in Ruhe lassen. Doch kaum hatte er diesen Wunsch formuliert, wusste er, dass er nicht Wirklichkeit werden würde. Das Licht, das durch seine geschlossenen Augenlider fiel, brach abrupt ab. Dunkelheit breitete sich aus. Toth öffnete die Augen. Sauprigl hatte sich vor die Sonne geschoben und über ihm aufgebaut.

»Die Mittagspause ist vorbei, Toth«, sagte er mit einem Blick auf seine silberne Rolex, die er am linken Handgelenk trug. »Du wirst hier nicht fürs Ausruhen bezahlt.« Noch bevor Toth etwas entgegnen konnte, zischte er bedrohlich: »Ich lass dich nicht aus den Augen. Was du mir angetan hast, gebe ich dir doppelt zurück. Du hast mich auf diesen verdammten Friedhof gebracht, aber Ruhestätte wird das hier keine für dich.«

Alexander Toth ließ die Standpauke regungslos über sich ergehen. Doch er merkte, wie die Wut in ihm aufkochte. Hätte er jetzt einen Nordic-Walking-Stock bei der Hand, er würde sein Ziel nicht verfehlen.

Dienstag, 15.38 Uhr

Er schaute kurz in sein schmerzverzerrtes Gesicht und schlug ihm dann etwas fester als beabsichtigt mit einem lauten Quietschen die Tür vor der Nase zu. Alexander Toth war zwar nicht religiös, aber er hatte dennoch immer ein wenig Mitleid mit den Jesus-Figuren, die hinter den Traueraltären in jeder Halle des Zentralfriedhofs hingen. Aus einem dunklen Holzkasten heraus verfolgten sie mit leidendem Blick die Trauerfeiern. Diesmal jedoch durfte Jesus nicht zuschauen. Es war der einzige Wunsch jenes Mannes gewesen, dessen Mutter Toth in einer Urne auf dem dafür vorgesehenen Sockel platziert hatte. Es war die billigste Urne, die die Bestattung Wien im Angebot hatte.

»Wissen Sie, meine Mama hat nach der dritten Scheidung den Glauben an Gott verloren. Sie hatte einen Grant auf alle Männer. Auch auf den da oben«, hatte der Sohn im Beratungsgespräch erzählt und darum gebeten, Jesus von der Feier auszuschließen.

Bis auf das Wegschließen der Figur hatte Alexander Toth für die Trauerfeier der 93-jährig verstorbenen, ehemaligen Würstelstand-Betreiberin nicht viel zu tun. Keine Blumen. Keine Partezettel. Kein schwarz umrahmtes Foto. Es war eine Billig-Bestattung, wie sie Toth und seine Kollegen derzeit öfter ausrichten mussten. Der Tod kostet nämlich nicht nur das Leben, sondern in Wien auch jede Menge Geld. Und das konnten viele in Zeiten der Rekord-Teuerung nicht mehr aufbringen, weshalb es am Zentralfriedhof noch ruhiger zuging als es ohnehin schon war.

Etwas mehr als zwanzig Minuten hatte Toth, bis seine letzte Trauerfeier des Tages losging. Er ärgerte sich noch immer über diesen präpotenten Sauprigl und spürte, wie das Blut dabei in sein blasses Gesicht stieg. Das Gefühl löste sich jedoch auf, als ein blonder Lockenkopf bei der Tür hereinschaute.

»Wie gewünscht: Käse-Leberkäs mit Senf und Ketchup. So wie du es am liebsten magst«, sagte Marie-Theres und streckte ihm die Semmel hin, die in weißes Feinkostpapier gewickelt war.

»Dich schickt der Himmel«, sagte Toth, blickte kurz zu dem versteckten Jesus und strahlte seine Kollegin an, die ihre schwarze Arbeitskluft bereits abgelegt hatte und in engen Jeans und einem gelben Pullover steckte. An ihrem schlanken Handgelenk fiel Toth zum ersten Mal ein dünnes türkises Armband auf, an dem ein kleines silbernes Herz hing. Hatte sie sich das selbst gekauft? Oder hatte es ihr jemand geschenkt? Toth traute sich nicht zu fragen.

»Ich kann meinen Kommissar ja nicht verhungern lassen, jetzt wo wir endlich wieder einen neuen Fall haben«, antwortete Marie-Theres. Ihre Stimme füllte die leere Halle.

»Fängt das schon wieder an.« Toth verdrehte die Augen. »Ich hätte dir nichts von dieser verschwundenen Urne und der Frau Boulanger erzählen sollen. Ich habe es im selben Moment bereut, als ich das Handy weggesteckt habe«, sagte er und biss herzhaft in die Semmel, aus der die rot-gelbe Sauce herausquoll.

»Toth, ich weiß, warum du es mir erzählt hast«, sagte Marie-Theres. »Weil du insgeheim selbst wissen willst, was hinter der mysteriösen Botschaft in diesem Teigtascherl steckt. Jetzt tu nicht so.« Sie schnappte sich einen der Stühle, die für die Trauergäste aufgestellt worden waren, und setzte sich verkehrt herum darauf. »Ich mein, wer stiehlt eine Urne? Allein das ist schon spannend«, setzte sie fort und strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht.

»Das kann einfach ein dummer Streich sein. Außerdem ist es nicht das erste Mal, dass eine Urne verschwindet«, antwortete Toth und sprach dabei mit vollem Mund. Der Hunger war zu groß.

»Was, echt?«, fragte Marie-Theres neugierig.

»Ein ehemaliger Bestatter, der mich auf den Gedanken gebracht hat, hier zu arbeiten, hat das schon einmal erlebt«, erzählte Toth. »Damals ist eine Urne sogar mehrmals ausgegraben und dann wieder zurückgebracht worden.« Noch bevor er fertiggesprochen hatte, stopfte er sich das letzte Stück seiner Leberkässemmel in den Mund.

»Wer tut sowas?«, fragte Marie-Theres.

»Die Bestattung hat damals einen Detektiv engagiert, der sich in der Nacht auf die Lauer gelegt hat. Er hat die Ehefrau des Verstorbenen auf frischer Tat ertappt«, sagte Toth und wischte sich ein paar Brösel vom Mund.

»Und warum hat sie das gemacht?«

»Sie wollte kontrollieren, ob er wirklich tot war. Er hat sie ziemlich schlecht behandelt. Also kam sie regelmäßig her und ging auf Nummer sicher«, sagte Toth und klopfte sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.

»Das ist echt arg«, antwortete Marie-Theres und rutschte auf dem Sessel hin und her. »Vielleicht stecken hinter unserem Diebstahl auch große Gefühle. Liebe? Oder Hass?«, fügte sie hinzu.

»Das ist nicht unser Diebstahl«, antwortete Toth hörbar entnervt.

»Und was ist, wenn hinter dem Ganzen ein neuer Teigtascherl-Skandal steckt?«, schoss Marie-Theres die nächste Frage nach.