Die Tränen von Alron (Der Alchemist Buch #3): LitRPG-Serie - Vasily Mahanenko - E-Book

Die Tränen von Alron (Der Alchemist Buch #3): LitRPG-Serie E-Book

Vasily Mahanenko

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Beschreibung

Die Magische Akademie... eine geheimnisumwitterte und unergründliche Institution. Menschen aus allen Ecken der unterschiedlichen Imperien eifern danach, dort zu studieren, Zugang zu ihrem unermesslichen Wissensschatz zu erhalten und die angesehensten Magier der Welt zu werden. Tailyn Vlashich war einer der wenigen Glücklichen, die ohne Aufnahmeprüfung zugelassen wurden. Kaum war er hineingekommen, warteten das Training, die Arena, der Unterricht und eine interessante Auffassung dessen, was sich dreitausend Jahre zuvor abgespielt hatte, auf ihn, und zur Krönung ein dynamisches Labyrinth und die Möglichkeit, mit dem Akademieleiter zu sprechen. Er war schließlich derjenige, der den Schlüssel zum Geheimnis des Drachenbluts besaß. Aber wie findet man Zeit zum Lernen, wenn der eigene Mentor ein Problem hat, das er allein nicht lösen kann? Wieder einmal führt Tailyns Weg ihn weit weg von den lauten Sälen der Akademie, und wieder einmal ist es das Leben selbst, das die Rolle seines getreuen Lehrmeisters übernimmt.

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Epilog

Über den Autor

Die Tränen von Alron

Ein Roman

von Vasily Mahanenko

Der Alchemist

Buch 3

Magic Dome Books

Die Tränen von Alron

Der Alchemist, Buch 3

Originaltitel: Tears of Alron (The Alchemist, Book #3)

Copyright ©V. Mahanenko, 2020

Covergestaltung © Ivan Khivrenko 2020

Designer: Vladimir Manyukhin

Deutsche Übersetzung © Eva Leitner, 2023

Lektor: Youndercover Autorenservice

Erschienen 2023 bei Magic Dome Books

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany, 190 00

Praha 9 Czech Republic IC: 28203127

Alle Rechte vorbehalten

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Kapitel 1

„WO WILLST du hin?“ Eine Wache, die eine Level-5-Rüstung trug, versperrte ihm den Weg. Mächtig und praktisch unbesiegbar hätte er jedem Angst eingeflößt. Nun ja, jedem außer Forian Tarn, einen Level-44-Magier, einer der Besten, die die Magische Akademie in den letzten Jahren hervorgebracht hatte, und Liebling des Dekans der Abteilung für Magische Karten.

„Sie gehören zu mir. Hier sind ihre Ausweise.“

Es war nahezu unmöglich zu sagen, was Forian tatsächlich trug – seine Rüstung war als das schneeweiße Gewand der Magier der Akademie getarnt. Wobei jeder, der aufmerksam und sachkundig genug war, die Hinweise erkennen konnte, dass es sich um Level 4 handelte. Da war der Aufnäher am Ärmel, das Muster am Kragen, die ungewöhnliche Kapuze. Der Ausweis verschwand in den Händen der Wache, als hätte er nie existiert, und im selben Moment erschien neben den Begleitern des Magiers eine besondere Markierung, die anzeigte, dass sie ohne Kontrolle durchgelassen werden sollten. Solange sie bei Forian waren.

Du erhältst Zugang zur Bibliothek der Akademie.

„Bitte sehr.“ Der Wächter trat beiseite und ließ das eigentümliche Trio durch. Während Forians Besuch niemanden verwundert hätte, da der Magier auch außerhalb der Welt der Magie bekannt war wie ein bunter Hund, hätte niemand erwartet, die beiden Kinder zu sehen. Natürlich kamen oft Studenten der Akademie in die Bibliothek, nachdem sie für besondere Leistungen einen Ausweis erhalten hatten, aber sie waren alle mindestens 15 Jahre alt. Während das Mädchen mit zwölf Jahren fast für das Alter durchgegangen wäre, war der Junge erst elf. Was hatten sie getan, um die Gunst des Akademieleiters zu gewinnen?

Tailyn nahm Valias Hand und musste all seinen Willen aufbieten, um sich nicht umzusehen, auch wenn seine Neugier ihn schier umbrachte. Natürlich interessierte er sich nicht nur für das Interieur. In den letzten zwei Wochen, die er an der Akademie gelebt hatte, hatte der Junge sich wirklich an Reichtum und Pracht sattsehen können. Nein, vielmehr hatte er endlich die Enzyklopädie des Magiers fertig gelesen und herausgefunden, dass die Bibliothek der Akademie für ihre einzigartige Sammlung von Büchern berühmt war, die eigentlich hätten verbrannt werden sollen, sobald man sie entdeckt hatte. Das System zerstörte rücksichtslos alle schriftlichen Überlieferungen der Ancients, die noch vorhanden waren, mit der einzigen Ausnahme, dass eine Kopie des Schriftstücks schon in der Bibliothek der Akademie sein musste. War das nicht der Fall, erhielt der Finder den verpflichtenden Auftrag, das Buch den Magiern zu übergeben, andernfalls drohte ihm der Tod. Der Gott hatte ein genaues und kompromissloses Auge auf solche Dinge. Und die Bücher in der Bibliothek konnten nicht kopiert, protokolliert, gestohlen oder zerstört werden. Man konnte sie nur ansehen oder – mit persönlicher Genehmigung des Rektors – lesen.

Forian hatte eben diese Genehmigung. Er war der Held, der der Vu-Rga, den größten aller Lix-Schamanen, auf den Tisch des Folterers gebracht hatte. Daher wurden ihm einige Freiheiten gewährt. Er durfte sogar seine beiden Schüler mit in die Bibliothek nehmen. Da er dem Dekan nicht widersprechen konnte, hatte Forian Valia Levor unter seine Fittiche genommen und das Mädchen automatisch in seinen Fachbereich geholt. Sie hatte von Kampfmagie zu den Magischen Karten gewechselt.

Das Energiefeld, das den Eingang zum Allerheiligsten der Bibliothek schützte, löste sich in Nichts auf, und die Gruppe betrat einen riesigen Raum voller Regale. Der Junge fühlte sich an den Store erinnert. Doch sobald der Schutz weg war, erklärte Forian, was sie dort zu tun hatten.

„Wie ihr beide wisst, funktioniert meine Mystik nicht – meine Mana regeneriert sich nicht. Keiner meiner Kollegen oder der anderen Mentoren kann mir helfen, also werde ich selbst herausfinden müssen, wieso. Alles um euch herum wurde von den Ancients geschrieben, nachdem der Gott auf unserem Planeten aufgetaucht war. Vermutlich ist das schon früher geschehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einzigartig ist. Wenn ihr euch also umschaut, werdet ihr feststellen, dass der Bibliothekar fast 7.000 Bände gesammelt hat, in denen es unter anderem um Magie und ihre Anwendung geht. Viel zu viele für mich. Eure Hilfe wird unschätzbar sein – wir müssen nach jeglichen Hinweisen auf blockierte Attribute suchen, ob Mystik oder etwas anderes, ganz egal, und herausfinden, wie man sie entblockiert. Ist das klar oder muss ich es noch einmal wiederholen?“

„Schaffen wir drei das denn allein?“, fragte der Junge skeptisch, während er die Liste der Bücher überflog. „Was, wenn jedes tausend Seiten hat? Die Zeit würde noch nicht mal reichen, um sie durchzublättern.“

„Wir müssen es allein schaffen“, antwortete sein Mentor, wobei er das zweite Wort betonte. „Aber das ist einerlei. Wir verschwenden unsere Zeit. Wiederholt für mich, wonach wir suchen, und dann fangen wir an.“

„Mentor, wie wäre es, wenn wir einen anderen Weg einschlagen?“ Auch Valia hatte ihre Zweifel. „Warum finden wir nicht die Ursache des Problems heraus, anstatt nach parallelen Fällen zu suchen?“

„Daran habe ich schon gedacht“, antwortete Forian. Nachdem er die beiden als Schüler angenommen hatte, war er dazu übergegangen, mit ihnen auf Augenhöhe zu sprechen und ihnen alles in Ruhe zu erklären. „Die Lache aus roter Säure ist der Grund, warum das Attribut blockiert wurde. Aber Vu-Rga weiß nicht, wie die Flüssigkeit wirkt oder wie sie Magiern Mana entzieht. Tatsächlich funktioniert es nur bei Menschen – der Versuch, andere Lixe aufzuhängen, endete schnell: Sie verbrannten sofort. Halas ist der Einzige, der Bescheid weiß, und er wird es uns vermutlich nicht sagen. Und wir können die Säure nicht untersuchen, da sie sich sogar durch Glas frisst.“

„Aber die Wände des Beckens und das Seil, mit dem sie Euch oben festgebunden hatten, haben nicht gelitten“, sagte das Mädchen.

„Organische Materie und gebrannter Ton“, antwortete der Magier. „Rote Säure hat kaum eine Wirkung auf sie.“

„Das heißt, wir können sie untersuchen. Wir brauchen nur einen speziellen Behälter. Etwas Einfaches, wie es Töpfer in irgendeinem Dorf herstellen können“, sagte Tailyn. Das Gespräch wandte sich der Alchemie zu – das war sein Revier. „Und wir wissen, wo vielleicht noch ein Becken ist.“

„Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob es in der verlassenen Stadt, in der sie dich opfern wollten, eines gibt. Höchstwahrscheinlich steht dort nur ein Terminal. Also, sagt mir, wonach wir suchen, und wir fangen an.“ Forian hatte auch über die Stadt nachgedacht, sich dann aber doch für die altbewährten Methoden entschieden. Zumindest für den Anfang.

Der Bibliothekar erwies sich als alter, ergrauter Mann. Tailyn konnte seine Attribute nicht lesen, nicht einmal seinen Namen – seine Wahrnehmung verriet ihm lediglich: Bibliothekar, Level 352. Der feine Herr legte seinen Packen Bücher auf den Tisch, als bestünden sie aus zerbrechlichem, kostbarem Kristall, und schickte sich an, die nächsten Partie zu holen. Das System registrierte genau, was dazu gehörte. Um jedes Buch war ein Schutzfeld, das die Seiten vor dem Zahn der Zeit bewahrte. Tailyn griff nach dem Buch, das ihm am dünnsten erschien – er konnte zwar lesen, aber es machte ihm keinen Spaß. Das brachte ihm einen missbilligenden Blick von Valia ein. Das Mädchen schnappte sich demonstrativ den dicksten Wälzer, während Forian ihre Kindereien ignorierte. Er war zu sehr damit beschäftigt, in einem anderen Buch zu blättern, um einen Weg zu finden, sein Attribut zu entsperren.

Nur gut, dass die Bücher keine Enzyklopädien waren. So musste Tailyn nicht jede Seite auswendig lernen, bevor er sie umblättern durfte. Die schlechte Nachricht war allerdings, dass das erste Buch ein Blindgänger war. Es war natürlich interessant, die Namen der Ancients zu lesen, die mit den Verneinern eingesperrt worden waren, aber weder sie noch die Verneiner waren, was das Trio suchte. Das Buch wurde beiseitegelegt. Das nächste war zwar schwerer, aber immer noch nur halb so groß wie das, das Valia gerade durchging. Der Junge machte sich ans Werk. Als er den Klappentext gelesen hatte, verzog er allerdings das Gesicht – es war eine romantische Geschichte, in der jemand für seinen Liebsten das Gesetz brach und in eine Mine verbannt wurde. Offensichtlich war keine Rede von blockierten Attributen. Der einzig Interessante war, dass die Attribute in der Mine auf zehn beschränkt waren, wobei das Detail ziemlich im Geschluchze und Geknutsche unterging. Das Pärchen erging sich gefühlt zehnmal pro Seite darin. Es war ekelhaft.

Tailyns Interesse wurde erst gegen Ende des Buches geweckt. Die neu entflammende Romanze zwischen der Gefangenen und einem ihrer Aufseher war überhaupt nicht sein Ding, doch er bemerkte, dass sich die ganze Geschichte um die Einschränkung von Parametern drehte. Das hielt die Kriminellen davon ab, den Ort zu verlassen. Allerdings gab es einen schlauen Teufel, dem es gelang, den Schutz mithilfe eines einzigartigen Attributs, dem sogenannten Hacking, zu durchbrechen. Und obwohl es keine Beschreibung gab, gefiel dem Jungen die Idee – es wäre unsagbar nützlich, eine Verbindung zu Terminals herstellen zu können, indem man deren Sicherheitssysteme umging. Besonders brisant war es, da er am nächsten Tag seinen Status als teilweise Initiierter verlieren würde.

Kopfschüttelnd, um die irrelevanten Gedanken loszuwerden, ging Tailyn zum Anfang zurück, wo das Gefängnis beschrieben wurde. Da war etwas. Aber was? Der Autor hatte ja kein technisches Handbuch geschrieben, sondern irgendeinen Schund für Leute, die gern Trübsal bliesen und weinten, und insofern waren die Informationen dazu, wie die Einschränkungen funktionierten, nicht üppig. Den Gefangenen wurde kein Gerät oder Apparat angehängt, es gab kein Implantat und nicht einmal Magie. In dem Moment, in dem sie die Mine betraten, wirkten einfach plötzlich die Beschränkungen. Natürlich ging alles gut aus: Nachdem sie sich aus dem Staub gemacht hatten, begab sich das neue Paar nach Hause, wo der erste Mann gnädig beiseitetrat und den beiden sogar Tränen von Alron als Abschiedsgeschenk gab. Danach lebten alle glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. Ende. Aber Moment mal – das war es doch!

„Was sind Tränen von Alron?“, fragte Tailyn. Als er sah, wie Valia und Forian ihn verständnislos anstarrten, wandte er sich an den alten Mann. „Bibliothekar, gibt es noch andere Bücher, in denen sie erwähnt werden?“

Der Herr, der gerade den letzten Satz Bücher hinübergetragen hatte, dachte nach. Er kratzte sich am Bart und schlurfte langsam zu den Regalen hinüber. Er war nicht sehr gesprächig.

„Sie können Attribute wiederherstellen?“ Forian zog Tailyn das Buch aus der Hand und runzelte die Stirn. „Schüler, soll das ein schlechter Scherz sein? Du hast mehr als eine Stunde mit diesem Unsinn verplempert?“

In großen Buchstaben steht auf dem Umschlag: Leidenschaftlicher Aufseher, rebellische Kriminelle. Valia konnte sich das Lachen nicht verkneifen, als sie sah, was Tailyn gelesen hatte. Der Junge beschloss allerdings, nicht kampflos unterzugehen.

„Es geht um einen Ort, an dem die Parameter eingeschränkt sind. Fast wie bei Euch, nur funktionieren sie …“

„Mir würden Hunderte solcher Orte einfallen!“, erwiderte Forian wütend. Die Idiotie seines Schülers trieb ihn zur Weißglut. „Das ist eine erfundene Geschichte. Nur der Gott kann Attribute begrenzen, ganz sicher nicht irgendeine Mine! Ich hatte dich mitgenommen, damit du mir hilfst, nicht, damit du solchen Müll durchliest.“

Er erinnerte sich plötzlich, wo er war, und unterdrückte den Drang, das Buch gegen die nächste Wand zu schleudern. Stattdessen legte er es auf den Stapel der gelesenen Bücher, zog einen schweren Folianten heraus und reichte ihn Tailyn.

„Das hier sind die Memoiren eines Magiers von damals. Lies das.“

Die nächsten Stunden krochen elend langsam dahin wie eine Schnecke. Tailyn las jede Zeile sorgfältig und war verblüfft von den Darstellungen des Lebens der Ancients. Wie sich herausstellte, hatten sie Flugmaschinen gehabt, alle Arten von Mechanismen und sogar Elektrizität. Aber auch aus diesem Buch war nicht viel herauszulesen. Der Magier sprach die meiste Zeit nur über seine Beziehungen zu seinen Kollegen – wen er hereingelegt hatte, wer ihn hereingelegt hatte und wie der Akademieleiter auf all das reagiert hatte. Ja, die Person, die vor dem Exodus geboren worden war, die Akademie von Grund auf aufgebaut hatte und sie bis heute leitete.

„Das ist alles, was wir über die Tränen von Alron haben.“ Der Wächter hielt Tailyn ein abgewetztes Notizbuch hin, das selbst die Magie nicht hatte retten können. „Nur eine Erwähnung in der gesamten Bibliothek.“

Etwas in den Augen des alten Mannes blitzte auf, und Tailyn wurde sich dessen bewusst, dass er keinen Menschen vor sich hatte, sondern eine Maschine. Der Bibliothekar war einer der Apparate der Ancients, dessen einziger Zweck es war, in der Bibliothek Ordnung zu halten. Und der Junge hatte keinen Zweifel daran, dass der Inhalt jedes einzelnen Buches, das auf den Regalen stand, in diesem Apparat gespeichert war. Hätte Forian den richtigen Zugang, hätte er den Bibliothekar direkt fragen und eine Antwort auf seine Frage erhalten können. Der Leiter war jedoch der Meinung, dass gute Magier in der Lage sein sollten, derartige Dinge selbst herauszufinden. Weshalb er Forians Zugang zur Bibliothek eingeschränkt hatte. Wenn er kein guter Magier war, hatte es schließlich keinen Sinn, ihn hier zu behalten.

„Sie haben wirklich existiert?“, fragte Forian verwundert, während er das Notizbuch entgegennahm. „Ich dachte, der Autor hätte sie nur erfunden. Und sie sind auch noch alchemistisch? Hm...“

Auf den zehn Seiten des Notizbuchs gab es nicht viel zu lesen, doch Forian studierte sie eine ganze Weile. Symbole... Überall waren Symbole. Der Gott tat nie etwas einfach so. Es war kein Zufall, dass das Elixier Tailyns Aufmerksamkeit erregt hatte – es war der Wille des Systems. Über die Tränen gab es nicht viel zu lesen, doch immer noch genug, um die anderen Bücher beiseitezulegen.

Wenn jemand seine Attribute zurücksetzen möchte, um wieder einen jungfräulichen Zustand zu erlangen und einen Berg freier Punkte zu erhalten, die er auf sich selbst verwenden kann, kann er eine Träne von Alron benutzen. Leider wissen nur Isr Kaleh und Mark Derwin, wie man sie herstellt. Doch während Letzterer anscheinend spurlos verschwunden ist, atmet Isr Kaleh noch immer unsere Luft. Beladen wir uns also mit Geschenken und besuchen wir das Oberhaupt von Crobar, wenn wir in unserer persönlichen Entwicklung einen schweren Fehler gemacht haben.

Crobar. Wieder einmal die verfluchte Schule der Assassinen und ihr Gründer! Auch der Absorber, möge sein Name verflucht sein, hatte etwas damit zu tun. Das erklärte, warum das Elixier so überaus selten erwähnt wurde – die Assassinen hatten alles getan, was in ihrer Macht stand, damit die Magier nichts davon erfuhren. Nun, das bedeutete, dass es mit Vu-Rga und einigen anderen Gefangenen, allesamt Crobar-Spione, die an der Akademie gefangen genommen worden waren, noch etwas anderes zu besprechen gab. Forian hatte keinen Zweifel daran, dass sie einiges Licht in die Sache bringen konnten. Nachdem er seine Entscheidung getroffen hatte, legte der Magier das Notizbuch beiseite. In der Bibliothek gab es für sie nichts mehr zu tun.

„Gehen wir. Bibliothekar, vielen Dank für Eure Hilfe – sie war von unschätzbarem Wert.“ Forian nickte in Richtung Tür, um seinen Schüler zu bedeuten, dorthin zu gehen. Valia legte ihren Folianten wehmütig zurück auf den Stapel, traurig darüber, das unglaubliche Wissen, das er barg, zurücklassen zu müssen. Es war anders als alles, was sie an der Akademie lernen konnte.

Den ganzen Heimweg lang sagte Forian nichts. Er befasste sich gedanklich mit dem Problem seines nächsten Schrittes. Erst als er in seinem Büro ankam und sich an seinen Lieblingsschreibtisch setzte, wandte er sich an seine stillen Schüler.

„Ihr habt gute Arbeit geleistet, genau das, was Schüler tun sollten. Tailyn, für die Zukunft: Lerne, wenn du dir einer Sache sicher bist, darauf zu beharren. Peinlichkeit und Gestammel sind etwas für den Pöbel. Valia, das gilt auch für dich – warum hast du deinen Partner nicht unterstützt? Man ist nur gemeinsam stark.“

Es klopfte an der Tür, und Patrick, Forians Diener und persönlicher Assistent, trat ein, als der Magier ihn hereinrief.

„Meister, Ihr habt einen Gast, den Dekan der Abteilung für Magische Karten. Er sagte, es sei enorm wichtig. Ich bin nicht …“

„Forian, mein Schüler! Was für ein Glück, dass ich dich zu Hause antreffe.“ Patrick wurde beiseitegeschoben, und mit großer Geste trat der Dekan ins Büro. Seine Parameter waren verborgen, genau wie bei dem Bibliothekar. Dekan der Abteilung für Magische Karten, Level 412. Er war ein sehr rundlicher, übergewichtiger Mann mittleren Alters, dessen akkurat gestutzter Bart sein Alter verbarg. Und während sein freundliches Gesicht und breites Grinsen ausgereicht hätten, um leichtgläubige Narren zu täuschen, wusste Forian, dass sein Mentor grausamer war als die meisten.

„Lasst uns allein“, befahl Forian den Kindern, während er in sich hineinlachte. Der Dekan brauchte nicht so tun, als hätte er ihn zufällig angetroffen. Das Netz der Spione des älteren Mannes war legendär. Natürlich hatte er genau gewusst, wo sein Schüler war.

„Nein, das ist nicht nötig“, sagte der Dekan liebenswürdig, stoppte die Kinder an der Tür und drehte sie wieder um. „Ich bin eigentlich ihretwegen hier. Da sie jetzt Studenten der Abteilung für Magische Karten sind, hat der Rektor mich gebeten, ihnen ihre wohlverdiente Belohnung zu geben.“

Forian horchte nervös auf. Der Magier mochte es gar nicht, wenn etwas ohne sein Wissen geschah, und er hatte weder seinen Schülern Geschenke gemacht, noch wollte er, dass jemand anderes dies tat. Tatsächlich hatte er ein ziemlich unangenehmes Gespräch mit Valias Vater führen müssen, der versucht hatte, seiner Tochter das Leben leichter zu machen. Aber wer konnte schon zum Rektor Nein sagen?

„Die ganze Akademie ist begeistert von Euren Geschenken“, fuhr der Dekan fort. „Der arme Dekan der Fakultät für Artefakte hat im letzten Monat schlaflose Nächte verbracht, weil er versucht hat, herauszufinden, wie die Isolierkäfige funktionieren. Und was die Aktivitäten der Chefermittler betrifft, darüber will ich nicht einmal nachdenken – der Lix-Schamane singt wie ein Sopran im kaiserlichen Theater. Ich habe Meister Sadil noch nie so überglücklich gesehen. Und das alles verdanken wir euch, Kinder. Ihr seid Helden.“

Tailyn und Valia lächelten verlegen – das Lob war auf fruchtbaren Boden gefallen.

„Wie auch immer, wo war ich? Ach, ja! Eure Belohnung!“ Der Dekan erstarrte für einen Moment und zog ein paar kleine Gegenstände aus seinem virtuellen Inventar. „Valia, komm her.“

Steif trat das Mädchen näher. Sie wusste genau, was der Dekan in der Hand hielt, konnte aber beim besten Willen nicht glauben, dass er es ihr geben würde.

„Für die Gefangennahme von Vu-Rga, die Übergabe von vier Isolationskäfigen und die Übermittlung von Informationen über einen Dungeon erteilt der Rektor dir das Recht, einen benannten Ausrüstungsgegenstand zu erhalten“, sagte der Mann und hielt ihr ein silbernes Symbol in Form eines sechszackigen Sterns hin. Sobald das Mädchen es genommen hatte, leuchtete eine Aura um sie auf. Sie hatte Level 30 erreicht.

„Wusstest du, dass du die höchstrangige Studienanfängerin in der Geschichte der Akademie sein wirst?“, fragte der Dekan, der es sich nicht verkneifen konnte, sie erneut zu loben. „In den letzten 3.000 Jahren hat es keinen einzigen Fall wie den deinen gegeben. Meinen Glückwunsch, und ich hoffe natürlich, dass du dich jetzt nicht auf deinen Lorbeeren ausruhen wirst. Der Rekord für das Erreichen der Stufe 100 liegt bei 23 Jahren. Aber ich denke, du kannst schneller dorthin kommen, vor allem in Anbetracht des Lehrmeisters, den du hast.“

Forian nickte nur, obwohl ihm das Leuchten der Augen seiner Schülerin nicht gefiel. In diesem Moment hätte sie ihr Leben für den Dekan gegeben. Und genau das war es, was den gutherzigen Mann so furchterregend machte – er war in der Lage, menschliche Schwächen auszunutzen, und genoss es. Der Magier nahm sich vor, Valia ihr Bedürfnis nach Anerkennung auszutreiben. Es war eine Schwäche, die einer Magierin unwürdig war.

„Tailyn, ich habe auch etwas für dich.“ Nachdem er mit dem Mädchen fertig war, wandte sich der Dekan an den zweiten Zuschauer seiner Ein-Mann-Show. „Zwei Etwas, eigentlich. Eines für dich, das andere für deine Ausbilderin. Weißt du, dass sie von Meister Sadil festgehalten wurde?“

Der Junge wusste es und war voller Zorn darüber, dass er nichts tun konnte, um Valanil zu helfen. Die Ermittler des internen Ermittlungsdienstes hatten die Kräuterkundige in ihre Klauen bekommen und in ihren Kerker gezerrt. Und obwohl Forian ihm gesagt hatte, dass sie es vermieden, sie zu foltern, drehten sie garantiert jedes Wort von ihr fünf Mal um.

„Der Rektor hat beschlossen, sie zu begnadigen und sie frei zu lassen. Natürlich wird sie nicht hier studieren, aber sie wird sich ohne Einschränkungen in der Hauptstadt aufhalten können. Sie wird sogar die Möglichkeit haben, sich an deiner Ausbildung zu beteiligen – ich habe schon eine Anordnung unterzeichnet, ihr Zugang zur Akademie zu gewähren. Du musst zugeben, dass die Schule in Crobar eine Menge zu bieten hat. Indem sie etwas von ihrem Wissen an dich weitergegeben hat, hat sie dein Überleben gesichert, und deshalb ist dieses Geschenk für sie. Es ist eine Entschädigung und eine Belohnung für die Käfige.“

Der Dekan reichte Tailyn eine ziemlich schwere Münze. Während das Gesicht des Jungen teilnahmslos blieb, explodierte er innerlich – sie ließen Valanil gehen! Nicht einmal die 20.000 Münzen, die die Kräuterkundigen bekommen würde, waren auch nur annähernd so aufregend wie diese Neuigkeit.

„Du bist nicht zufrieden?“, fragte der Dekan, sichtlich überrascht von der Reaktion des Jungen.

„Ich wusste, dass sie freigelassen werden würde, Meister“, antwortete Tailyn so ruhig wie möglich. „Es war nur eine Frage der Zeit.“

„Eine Frage der Zeit?“ Hilfesuchend warf der Dekan Forian einen Blick zu, aber Tailyns Mentor war ein Bild der Unerbittlichkeit. Sein Schüler verhielt sich genau so, wie er es hatte tun sollen.

„Na gut. In dem Fall gehen wir doch zu dem Teil über, der für dich am wichtigsten ist. Soweit ich weiß, hast du bereits drei benannte Items. Ich brauche dir also nicht zu erklären, was das ist. Außerdem ist morgen dein Geburtstag. In diesem Sinne habe ich beschlossen, das Geschenk des Rektors zu verbessern und eine Kleinigkeit von mir selbst hinzuzufügen. Die Akademie ist dir dankbar für alles, was du getan hast.“

Benannter Stern.Beschreibung: das Recht, im Store jedes benannte Item oder jede Erweiterung für deine Klasse zu kaufen. Du kannst ihn weder verkaufen noch tauschen.

Münzen +30000 (32770).

Magierzelt-III. Beschreibung: Universelle Behausung für Magier, die ihnen auf ihren vielen Reisen das Leben leichter macht. Aufbau-/Abbauzeit: 10 Sekunden. Anzahl der Räume: 3. Anzahl der Betten: 20. Küche. Bad. Dusche (erfordert Zugang zu Wasser). Enthält eine Tarnvorrichtung und eine Level-3-Schutzkuppel.

Erweiterung des virtuellen Inventars. Beschreibung: 30 zusätzliche Slots für dein virtuelles Inventar. Automatische Integration.

Tailyn schluckte schwer. Auf den Stern und die Münzen war er vorbereitet gewesen, aber das Zelt und die Erweiterung hatten ihn aus den Socken gehauen.

„D-Danke, Meister“, murmelte er, was dem Dekan ein Lächeln und seinem Mentor ein Stirnrunzeln entlockte.

„Na, selbstverständlich – du hast sie dir verdient.“ Der Dekan klopfte dem Jungen auf die Schulter wie einem alten Freund. „Ist dir bewusst, dass du der Schüler auf dem niedrigsten Level bist, der jemals an der Akademie war? Wir hatten noch nie jemanden auf Level 1. Ich bin gespannt, was weiter passiert. Eigentlich ist es lustig – ihr beide seid ein seltsames Paar. Das niedrigste und das höchste Level. Ich finde, das hat was. Meinst du nicht auch, mein Schüler?“

„Es ist alles der Wille des Gottes“, antwortete Forian. „Es steht uns nicht zu, ihn zu bestreiten, und wenn er es so gewollt hat, ist es gut und richtig.“

„Ich hoffe, deine Schüler werden deine Ansichten nicht übernehmen. Wir haben Schicksalsgläubige zu Genüge, und es wäre gut, ein paar Leute hier zu haben, die es gewohnt sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“, sagte der Dekan mit einem Grunzen, bevor er sich wieder den Kindern zuwandte. „Und jetzt möchte ich mit eurem Mentor allein sprechen. Geht und bereitet euch auf euer Studium vor. Die Akademie öffnet in drei Tagen ihre Pforten, und ihr beide müsst bereit sein.“

„Meister, darf ich Euch im Gegenzug ein Geschenk machen?“, fragte Tailyn zur allgemeinen Verwunderung. „Wo ich herkomme, tun wir das, wenn wir Geburtstag haben.“

„Interessant“, sagte der Dekan und drehte sich sogar um. „Kennst du die Regeln, Junge?“

„Ja, Meister“, antwortete Tailyn selbstbewusst. In der Enzyklopädie des Magiers war eine klare Abfolge der Geschenke angegeben, die man Magiern verschiedener Level zu geben hatte. Tailyn als einfachem Schüler konnte man zum Beispiel jeden x-beliebigen Firlefanz schenken und von ihm erwarten, dass er ihn mit Freuden annahm. Ein Lehrer oder Mentor brauchte etwas Wertvolleres, vorzugsweise nicht niedriger als „selten“. Und um einen Dekan eines Fachbereichs zufrieden zu stellen, musste man sich schon ganz schön ins Zeug legen. Die Strafe für ein unpassendes Geschenk war hart, reichte bis zum Ausschluss aus der Akademie. Obwohl Tailyn sich all dessen bewusst war, hatte er keine Lust, in der Schuld von jemandem wie dem Dekan zu stehen. Es war nicht abzusehen, wie diese Schuld zurückgezahlt werden musste. Nein, der Junge hatte es nicht eilig, irgendwelche Schulden zu machen.

„In diesem Fall bin ich bereit, dein Geschenk anzunehmen, Tailyn Vlashich“, sagte der Dekan in offiziellem Ton. Der gerissene alte Mann hatte sofort begriffen, was der Junge im Sinn hatte – Forian hatte ihm viel beigebracht. Er beschloss bei sich, dem Jungen für sein erstes Vergehen eine einfache Strafe aufzuerlegen, etwas wie eine Woche Kerkeraufenthalt oder so.

„Hier. Bitte nehmt dies als Zeichen meiner Dankbarkeit für alles, was Ihr getan habt.“ Tailyn zog eine in blaue Funken eingehüllte Blume aus seinem Inventar und hielt sie dem Dekan hin. Es entstand eine Pause. Der Startpreis bei einer Auktion betrug für eine Amilio gerade einmal 90.000 Gold. Somit gab der Junge dem Dekan nichts wirklich Wertvolles, aber Forian entspannte sich trotzdem und applaudierte Tailyn insgeheim. Sein Schüler hatte den alten Gauner gefoppt. Da selbst die Schwarzmarkthehler nur einmal pro Jahr eine Amilio in die Finger bekamen, waren die Blumen äußerst schwer aufzutreiben, und die im Store erhältlichen künstlich gezüchteten waren nicht gut genug für die Experimente, die sein Mentor gern durchführte. Der Dekan brauchte eine echte Amilio, eine, die in der Wildnis gewachsen war, und Tailyn hielt eine ebensolche in der Hand. Forian kannte ihre Geschichte – sie war alles, was von Keran geblieben war.

Eine kaum hörbare Fanfare ertönte, als der Gott die Würdigkeit der Gabe des Jungen anerkannte.

„Ihr könnt gehen.“ Forian schickte die Kinder aus dem Büro und verriegelte sogar die Tür von innen, indem er den Schutz aktivierte, der jeden Versuch, das Geschehen im Raum zu belauschen, vereitelte.

„Ein gerissenes Kerlchen“, sagte der Dekan. Die Maske des freundlichen alten Mannes war verschwunden und er war wieder die Person, die Forian so gut kannte. „Er könnte Probleme machen. Wie auch immer, kommen wir zur Sache. Es ist lange her, seit ich das letzte Mal von Meney und Zagarad gehört habe. Du musst in den Tunnel hinuntergehen und herausfinden, was los ist. Melde dich in zwei Wochen zurück, aber nimm deine Schüler nicht mit. Ich möchte, dass sie hier geprüft werden. Hast du eine Lösung für dein Problem gefunden?“

„Ich bin auf dem richtigen Weg. Mentor, ich brauche Zugang zu Isr Kalehs Notizbuch – es sollte das Rezept für die Tränen von Alron enthalten, was meiner Meinung nach helfen wird. Könnt Ihr ein Treffen mit dem Rektor arrangieren?“

„Du kennst die Vorschriften, Forian Tarn. Der Rektor empfängt nur diejenigen, die etwas Bemerkenswertes geleistet haben, und du hast deine Sitzung für die Bibliothek verbraucht. Du brauchst eine neue Audienz. Aber du hast ein Jahr Zeit. Daher bin ich sicher, dass du es schaffen wirst. Oh, und denke daran, dass alles, was mit der Tür zu tun hat, unter uns bleibt. Nicht einmal der Rektor sollte etwas davon erfahren. Erstatte in zwei Wochen Bericht! Und lass mich nicht warten. In der Zwischenzeit werden wir sehen, was der Gott über deine Schüler zu sagen hat.“

Kapitel 2

SEINEN ZWÖLFTEN GEBURTSTAG würde Tailyn wahrscheinlich nie vergessen.

Alles begann am Abend zuvor, gleich nachdem er und Valia Forians Büro verlassen hatten. Das Mädchen wollte im nahegelegenen Park spazieren gehen, doch Tailyn schleppte sie in den Tempel. Er hatte eine Idee, die er verwirklichen wollte.

„Ich will das Hacken-Attribut freischalten!“, sagte Tailyn und legte eine Münze im Wert von 1.000 Gold auf den Altar, für alle Fälle. Sie flackerte auf und verschwand, als das System sein Geschenk annahm.

„Hacken steht nicht auf der Liste der verfügbaren Attribute, Tailyn Vlashich“, meldete sich die leblose Stimme. „Es ist für alle Kreaturen gesperrt, unabhängig von ihrer Initiationsart.“

Dieser letzte Hinweis sollte offensichtlich alle Forderungen, die Tailyn aufgrund dessen, dass er eine Ausnahme von der Regel war, stellen würde, im Vorfeld schon abblocken. Aber er hatte nicht vor, aufzugeben. Er hatte einen Plan, und er würde ihn durchziehen.

„Aber ich kann doch die Beschreibung sehen, oder nicht? Was macht dieses Attribut?“

Der Gott blieb für eine Weile stumm. Dies Frage traf das System offenbar unvorbereitet.

„Die Attributbeschreibung unterliegt keinen Beschränkungen.“

Hacken.Beschreibung: Ein Attribut, mit dem Spieler und Geräte gehackt werden können, um die Kontrolle und den Zugang zu gesperrten Bereichen zu erlangen. Ersetzt durch Marodeur.

„Lass uns gehen, Tailyn“, flüsterte Valia. Dem Mädchen war es unangenehm, im Tempel zu sein und die Stimme des Systems zu hören.

„Warte“, sagte Tailyn, bevor er sich wieder an den Gott wandte: „Mit dem Marodeur-Attribut kann man keinen Zugang zu Maschinen bekommen, und es funktioniert nur bei toten Spielern. Es ist also nicht das richtige Attribut. Ersetzt bedeutet nicht gelöscht, richtig? Das heißt, das Attribut ist immer noch in der Welt vorhanden. Ich habe einen benannten Stern, den ich gegen Hacken eintauschen möchte.“

Diesmal dauerte das Schweigen noch länger. Während es sich hinzog, tauschte Valia den Stern, den sie erhalten hatte, gegen eine Magierwaffe ein. Ihre Rüstung sei gut genug, verkündete sie, und Mathilda würde sich immer als nützlich erweisen, vor allem, um Tailyn zur Vernunft zu bringen.

„Das reicht nicht aus, Tailyn Vlashich“, antwortete das System schließlich, bevor es wiederholte: „Das Attribut ist für alle Kreaturen gesperrt, unabhängig von ihrer Initiationsart.“

„Ihr könnt alle meine Level auf das erste zurücksetzen“, spielte Tailyn seinen Trumpf aus. Valia starrte ihn schockiert an. Er redete wirres Zeug – welche Level? Was passierte hier?

„Dies ist ein würdiges Angebot. Ich nehme dein Geschenk an, Tailyn Vlashich“, sagte der Gott und versetzte den Jungen in wilde Begeisterung. Er machte einen Freudensprung und warf seine Arme um das entgeisterte Mädchen, das keinen Schimmer hatte, was vor sich ging.

Es hatte funktioniert. Tailyn konnte es kaum glauben, doch es hatte funktioniert.

Du hast einen benannten Stern, 1.000 Gold und alle deine Level außer dem ersten dafür eingetauscht, ein Attribut freizuschalten.

Achtung! Fehler...

Fehlfunktion des Algorithmus zur Verarbeitung von Ausnahmen – ein Level-1-Spieler in der ersten Initiationsphase hat die Möglichkeit erhalten, nicht vorhandene Level auszugeben.

Systemanfrage nach Aktualisierung der Funktionalität gestellt. Systemanfrage genehmigt, Algorithmus geändert.

Du hast einen Fehler in der Spielfunktionalität entdeckt und dir eine Belohnung verdient.

Der Schöpfer gibt dir deinen benannten Stern zurück und gestattet dir, ein gesperrtes Attribut zu erhalten.

Mission „Geschichte der Vorzeit“ aktualisiert.Du hast einen anderen Namen des Gottes erfahren: der Schöpfer. Das ist derjenige, der das Spiel geschaffen und es mit Magie gefüllt hat.

Du hast 1.000 Gold ausgegeben, um ein Attribut freizuschalten.

Du erhältst Hacken (1).

Hacken.Beschreibung: Ein Attribut, mit dem Spieler und Geräte gehackt werden können, um die Kontrolle und den Zugang zu gesperrten Bereichen zu erlangen. Integration mit Scanner für den Fernzugriff sowie mit Verstärkung. Kombination mit Marodeur bei der Analyse von Leichen.

Die Beschreibung hatte sich geändert, aber so gefiel sie Tailyn noch besser. Mittels Hacken konnte der Junge nun eine Verstärkung auf seinen Marodeur anwenden. Es spielte keine Rolle, wie kompliziert es war, solange es funktionierte.

„Hättest du vielleicht die Freundlichkeit, mir zu erklären, was hier vorgeht?“, platzte Valia heraus, kaum dass sie den Tempel verlassen hatten. „Was ist ein Schöpfer? Und was war das für ein Unsinn, den du da von dir gegeben hast?“

„Das habe ich heute in diesem Buch gelesen, und ich wollte herausfinden, ob es stimmt. Das Ganze war ähnlich – die Hauptfigur war ein Mädchen auf Level 4, das dem Gott alle seine Level gegeben hat, um einen Regenerationstrank zu bekommen. Natürlich hat sie noch die nächsten Kapitel lang über den horrenden Preis gejammert und alle haben sie bedauert, aber ich dachte, das könnte auch jetzt funktionieren. Wie auch immer, ich habe nichts riskiert, da ich ja gar keine Level habe. Und es hat geklappt. Ich habe das Attribut, und jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie ich es benutzen kann.“

„Warte mal, du willst mir also sagen, dass du das Buch tatsächlich gelesen hast? Du hast es nicht nur durchgeblättert?“, fragte Valia mit einem verschmitzten Lächeln. „Worum ging es darin?“

„Frag gar nicht erst“, antwortete Tailyn errötend. „Hätten sie die ganzen Umarmungen und Küsserei weggelassen, wäre nur ein Drittel des Textes übrig gewesen.“

Valia lachte, fasste sich jedoch wieder, trat vor den Jungen und platzte mit den schlechten Nachrichten heraus, ohne ihm in die Augen zu sehen. „Vater gibt eine Dinnerparty, um deine Initiation zu feiern. Morgen um sechs.“

„Noch einmal?“, fragte Tailyn und machte ein langes Gesicht. „Du hattest mir versprochen, es wäre das erste und letzte Mal gewesen.“

Tailyns Einführung in Valias Familie war ein Fiasko gewesen. Das geplante Treffen hatte eine Woche zuvor stattgefunden, und der Junge schämte sich noch immer. Natürlich hatte Valia ihr Möglichstes getan, um ihn darauf vorzubereiten, indem sie ihm all die verschiedenen Gabeln, Löffel und Schüsseln erklärt hatte, aber seine provinzielle Erziehung hatte sich dennoch bemerkbar gemacht. Wie einer der Gäste bemerkt hatte: Man konnte den Jungen aus dem Dorf herausholen, nicht aber das Dorf aus dem Jungen.

„Noch einmal.“ Valia seufzte. „Ich konnte mich nicht rauswinden. Und dieses Mal hat Vater vor, den ganzen Clan einzuladen, damit er dich vorstellen kann. Kommst du?“ Das Mädchen sah Tailyn flehend an.

„Ich habe ja wohl keine andere Wahl, oder?“, fragte der Junge traurig. Die einzige Antwort war ein Kopfschütteln des Mädchens. „Gut, ich werde da sein. Wenn ich eines aus diesem Buch heute gelernt habe, dann ist es, dass man immer hinter seinem Mädchen stehen muss, so schwierig es auch sein mag.“

„Zusammen?“ Valia trat einen Schritt näher und schmiegte sich an Tailyn.

„Fürs Leben“, antwortete der Junge und gab ihr einen Kuss. „Wir sehen uns morgen.“

Dank der Empfehlung des Dekans der Abteilung hatte Tailyn ein Zimmer in der Akademie bezogen. Während der Ferien durfte jedoch niemand das Hauptgebäude betreten, und die Schüler wurden in kleinen Dienstbotenunterkünften untergebracht. Tatsächlich wurden sie als allgemeine Arbeiter eingestuft und kümmerten sich um den inneren Garten. Jeden Morgen von neun bis zwölf mussten ein paar Dutzend der weniger Betuchten des Reiches das Laub zusammenharken, den Rasen mähen und andere Kleinigkeiten erledigen. Der Rektor wollte, dass sie sofort an die Arbeit gingen – nur so konnte er einen Teil der Ausgaben für ihre Vorbereitung wieder herausholen.

Der einzige Unterschied zwischen Tailyn und den anderen war, dass sie bereits zwölf Jahre alt waren und eine Aufnahmeprüfung absolviert hatten, zu der auch ein sehr ausführliches Gespräch mit dem internen Sicherheitsdienst gehört hatte. Aber da Tailyn und Valia das Grab des Gründers der verfluchten Meuchelmörderschule zerstört hatten, hatte der Rektor beschlossen, dass es dumm wäre, sie einer solchen Prüfung zu unterziehen.

Der nächste Tag stand daher zu Tailyns freier Verfügung. Der Meister, der die morgendliche Arbeit beaufsichtigte, hatte etwas von schmutzigen Harken gemurmelt und gesagt, der Junge könne etwas Zeit für sich haben. Als er in seinem Bett lag, versuchte Tailyn in der Vorfreude auf den morgigen Tag einzuschlafen, an dem er als neuer Mensch aufwachen würde. Aber es wollten sich keine Träume einstellen. Er wälzte sich hin und her, und die Ereignisse der Vergangenheit jagten durch seinen Kopf, während er immer wieder auf die virtuelle Uhr schaute, die seine letzten Sekunden herunterzählte.

23:55

23:59

00:00

Das war‘s. Jetzt konnte er sich endlich als echten Menschen bezeichnen und –

Doch er kam nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu bringen. Mit seinem zwölften Lebensjahr kam ein brennender Schmerz auf, der ihn an eine Zeit erinnerte, die tief in seinem Unterbewusstsein begraben gewesen war. Die Zeit, als er die erste Initiationsstufe durchlaufen hatte. Sein Körper bog sich in Krämpfen, und der Junge stöhnte, kaum fähig, die Qualen zu ertragen. Aber sie hörten nicht auf. Mit jeder Sekunde, die verstrich, sah er mehr Sterne, während in seiner Statusleiste Schaltflächen aktiv wurden. Schließlich hatte das alles doch noch ein Ende. Tailyn hatte schon fast jeglichen Kontakt zur Realität verloren, als der Schmerz verschwand. Sein Körper entspannte sich. Und im selben Moment versank er in dunkler Leere – sein Geist brauchte Ruhe.

Glückwunsch!

Du hast deine Initiation abgeschlossen und Zugang zu allen Eigenschaften erhalten.

Mission „Initiation mit zwölf Jahren“ abgeschlossen. Du hast die von deinem Mentor gestellte Aufgabe erfüllt.

Die einfache Mitteilung war das Erste, was Tailyn sah, als er wieder zu sich kam. Doch kaum hatte er sie weggewischt, setzte sein Herz für einen Schlag aus. Die Welt um ihn hatte sich verändert. Sein gesamtes Blickfeld war von Bedienfeldern, Schaltflächen, Anzeigen, Statusmeldungen, Inventarstatus und anderen Informationen erfüllt, die ihm plötzlich zur Verfügung standen. Die Liste der Zutaten, die er für die Alchemie zur Verfügung hatte, nahm ungeheuer viel Platz ein. Es waren sogar so viele Fenster, dass Tailyn nicht einmal die Decke sehen konnte.

Möchtest du die Standardeinstellungen anwenden?

Tatsächlich wollte er das nicht. Tailyn wusste, was das bedeutete – einen leeren Raum mit ein paar Haupticons. Er hatte von Forian einige Lektionen über das Interface und die Zusammenstellung der idealen Ausrüstung für einen Magier erhalten, einschließlich der Liste der Fenster, die er immer vor sich haben sollte. Nach den Worten seines Mentors brachte einem das niemand an der Akademie bei. Alle dort waren der Meinung, die Schüler sollten das selbst herausfinden, anstatt mit derart läppischen Problemen zu ihren Lehrmeistern zu rennen. Forian aber hatte dem Jungen wesentliche Tipps gegeben: Wie man die Gruppenfenster so anordnete, dass sie nicht im Weg waren, wie man sie skalierte, wenn viele Leute in einer bestimmten Gruppe waren, wie man seine persönlichen Daten beim Einrichten einer Gruppe verbarg und wie man es schaffte, dass andere Leute nicht einmal den eigenen Namen sehen konnten. Die Verschleierung machte sogar das möglich. Obwohl Tailyn den Verdacht hatte, dass sein Mentor ein wenig übertrieb – wer musste schon den eigenen Namen verbergen?

Endlich konnte der Junge die Logs sehen, nach denen alle ständig fragten. Und ihre Detailliertheit war verblüffend. Sie waren in Jahre, Monate, Tage, Stunden, Minuten und sogar Sekunden unterteilt. Tailyn konnte sogar sehen, wie oft er geatmet, was er gesagt und gehört hatte. Alles, was mit ihm und um ihn herum geschah, war aufgezeichnet. Sogar Änderungen der Temperatur. Es war, als säße eine ganze Armee von Chronisten um ihn herum, die jeden seiner Schritte aufzeichneten – das Ganze überstieg fast seinen Verstand.

Es war erschreckend. Vermutlich existierten für alle anderen die gleichen Aufzeichnungen, ob Menschen oder Lixe, oder vielleicht sogar Monster. Was, wenn jemand in der Lage wäre, sie gegen Tailyns Willen zu seinem Vorteil zu nutzen? Was, wenn es Spezialisten gab, die die Logs anderer lesen und darin bestimmte Informationen finden konnten? Soweit Tailyn es verstand, funktionierte das Hacken genau so: Es ermöglichte Zugriff auf Dinge, auf die eigentlich niemand Zugriff haben sollte. Panik ergriff den Jungen, und er setzte sich sogar auf. Dieser Frage musste er unbedingt nachgehen.

Nachdem er die Einstellungen festgelegt hatte, brummte Tailyn zufrieden. Ihm gefiel, was er sah. Es war kompakt, seine wichtigsten Parameter waren direkt vor ihm, und besonders gefiel ihm die neue Tabelle mit Zahlenwerten, die seinen potenziellen Schaden anzeigten. Ein prüfender Blick auf einen Gegner, und seine Wahrnehmung würde ihm sagen, wie hart er ihn treffen konnte.

Mit jedem neuen Level erhältst du einen freien Punkt, den du für ein Attribut oder einen Skill ausgeben kannst. Wenn du den Punkt nicht innerhalb von 24 Stunden ausgibst, wird er automatisch zugewiesen. Plane also deine Entwicklung im Voraus.

Du hast einen freien Punkt.

Da war es – das große Geschenk, das jeder nach der Initiation vom System erhielt. Tailyn hatte es als einen Tropfen auf den heißen Stein abgetan, aber Forian nahm seine Parameter sehr ernst. Das war vor allem deshalb richtig, weil die Verstärkung des Jungen von nun an nicht mehr automatisch wachsen würde. Zumindest hatte sein Mentor seine Verstärkung hervorgehoben und Tailyn versprechen lassen, dass er alles, was er bekam, in sie investieren würde, sobald er Level 20 erreicht hätte. Bis dahin lag die Priorität auf der Verbesserung der Attribute, die er für seine benannten Items brauchte. Und da es ein paar davon gab, wählte er einfach irgendeines.

Anatomiemeister +1 (7)

Damit endeten die Veränderungen. Der Junge betrachtete sich selbst noch einmal und stellte fest, dass nicht viel anders war. Er war noch derselbe Tailyn wie am Tag zuvor, nur ein paar seiner Parameter hatten einen Sprung gemacht, weil er ein Jahr älter war. Mit einer routinierten Geste aktivierte er seine Statustabelle. Genau dort musste er mit seiner Ausbildung beginnen. Nach dem, was der Dekan gesagt hatte, hatte Tailyn das niedrigste Level in der ganzen Geschichte der Akademie, und er war nicht sicher, ob ihn das stolz oder beschämt machen sollte.

StatustabelleAllgemeine CharakterinformationenTailyn Vlashich, mit Valia Levor verlobt.AlchemistLevel1Alter12Jährliche Steuer (Kristalle)1 (ab dem Alter von 16 Jahren)Münzen32770Gold70970HauptparameterSchildlevel5332 (5332)Manalevel7012 (7012)Physischer Angriff576Magischer Angriff1576Level des benannten Items:5Gefährten-Level:3AttributeVerstärkung15Mystik11Intellekt9Rüstung9Weisheit10Wahrnehmung9Regeneration9Beweglichkeit9Stärke8Verschleierung8Kartograf7Integration6Robustheit9Marodeur15Monsterwissen6Anatomiemeister7Scanner6Hacken1SkillsAlchemist Investierte Punkte:80Kräuterkunde Investierte Punkte:38Linguist Investierte Punkte:1Bergbau Investierte Punkte:6

Tailyn erreichte den Palast des Herzogs von Carlian eine halbe Stunde vor dem geplanten Beginn der Dinnerparty. Valia hatte versprochen, ihn vorzubereiten, ihm zu sagen, wer wer war, und zu erklären, warum ihr Vater alle eingeladen hatte. Und obwohl Tailyn wirklich wenig Lust hatte zu kommen, erschien er dort in bester Laune. Endlich war er auf Augenhöhe mit allen anderen. Er war Schüler an der Akademie, unter den Fittichen eines würdigen Mentors und hatte ein bezauberndes Mädchen zur Verlobten. Was konnte sich ein Zwölfjähriger noch wünschen?

Aber Valias finsterer Blick verriet ihm, dass etwas nicht stimmte, lange bevor sie zu ihm herangekommen war.

„Was machst du für ein Gesicht?“, fragte der Junge ohne Begrüßung. „Ist etwas passiert?“

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, murmelte das Mädchen. „Tailyn, ich wusste nichts davon. Vater hat alles hinter meinem Rücken arrangiert.“

„Danke, aber könntest du mir einfach sagen, was los ist? Soll ich gehen?“

„Nein, sie werden dich nicht gehen lassen. Es ist nur so, dass er eine Einladung für... Ich habe schon mit Vater darüber diskutiert, aber er weigert sich, seine Meinung zu ändern. Er hat endlich die Maske fallen gelassen und mir gesagt, was er wirklich von unserer Verlobung, von dir und davon hält, was ich mit meinem Leben vorhabe. Also, kurz gesagt, er hat den Vizekönig des Kaisers und dessen Sohn eingeladen. Vater möchte den Status des Clans erhöhen, indem er unsere Familien zusammenführt. Und er hat keine anderen Töchter.“

„Ich verstehe nicht... Das System hat uns verlobt. Es hat gesagt, niemand könne etwas daran ändern, es sei denn, wir wollen es. Moment mal, ist es das, was du willst?“

„Ich?“, keuchte Valia entgeistert. „Bist du nicht bei Trost? Hier stehe ich und schütte dir mein Herz aus, und du...“

Das Mädchen wandte sich ab. Es konnte die Tränen kaum zurückhalten. Eine weitere Episode aus dem Buch kam Tailyn in den Sinn, und er beschloss, es auszuprobieren.

Er schlang seine Arme um Valia, beugte sich zu ihr herunter und flüsterte in ihr Ohr: „Bitte verzeih mir. Ich verstehe nur nicht, wo das Problem liegt – du hast eben leider einen Dummkopf zum Verlobten. Kannst du mir erklären, was sie tun können? Du gehörst zu mir, und ich werde nicht zulassen, dass dich jemand anderes bekommt.“

Das wirkte. Valia wandte sich wieder zu ihm, Hoffnung flackerte in ihren Augen. „Der Vizekönig will unsere Verlobung annullieren. Es heißt, er könne das, und danach will Vater meine Verlobung mit Ronan bekannt geben. Ich kann nichts dagegen tun – ich gehöre nicht mir, bevor ich 16 bin.“

„Warum laufen wir nicht weg?“ Es war das Erste, was Tailyn einfiel.

„Hinter mir sind zwei Magier und vor mir noch zwei und eine Armee von Wachen. Das würde nicht klappen. Und sie werden dich auch nicht entkommen lassen – Vater will nicht, dass Forian Tarn auftaucht. Um ihn kümmert er sich später. Tailyn, bitte, lass dir etwas einfallen.“

Valia hatte so lange durchgehalten, wie sie konnte, doch schließlich brachen die Tränen aus ihr heraus, und sie warf sich in Tailyns Arme. Keine der Optionen, die sie sich ausgedacht hatte, würde funktionieren.

„Du hast gesagt, dass du nicht dir selbst gehörst, bis du 16 bist. Wer hat dir das gesagt?“ Wie so oft in Krisensituationen war eine seltsame Ruhe über Tailyn gekommen.

„Das ist das Gesetz, es gibt dem Kaiser und seinem Vizekönig das Recht, unsere Verlobung aufzuheben.“

„Schön, es ist das Gesetz des Reiches, aber unsere Verlobung steht über dem Reich“, antwortete der Junge gleichmütig. „Sie wurde vom System abgesegnet, was bedeutet, dass der Vizekönig nichts damit zu tun hat. Niemand kann uns zwingen, etwas gegen unseren Willen zu tun. Also gut, gib mir eine Sekunde.“

Zum ersten Mal tippte Tailyn auf die Schaltfläche zum Erstellen einer Gruppe. Ein Fenster öffnete sich und forderte ihn auf, einen Namen und ein paar weitere Einstellungen anzugeben, von denen sein Mentor ihm schon erzählt hatte.

Valia Levor ist „Zusammen“ beigetreten.

Tailyn Vlashich hat Valia Levor zur Anführerin der Gruppe gemacht.

„Der Schöpfer braucht unsere Schwüre nicht ausgesprochen zu hören“, sagte der Junge. „Nur, was wir wollen, zählt, und das ist viel wichtiger als Gesetze, die Menschen gemacht haben. Genauer gesagt, nicht mal Menschen, sondern Funktionen. Weißt du, was zu tun ist?“

Gruppe umbenannt. Neuer Name: Fürs Leben.

„Wir haben nur ein paar Versuche“, antwortete Valia, und ein zaghaftes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, weil sie wohl eine Chance sah, aus der Misere herauszukommen.

„Also, lasst sie uns richtig nutzen.“ Tailyn drückte das Mädchen fester an sich. „Es ist mir egal, wenn der Schöpfer sich persönlich gegen uns stellt. Ich lasse dich trotzdem nicht gehen.“

Was zum Geier war das denn? Warum musste ihm dieses blöde Buch immer wieder durch den Kopf spuken? Er musste es aus seinem Gedächtnis ausradieren.

Die beiden betraten den Palast wie auf dem Kriegspfad, Hand in Hand und erhobenen Hauptes. Tailyn hatte die Tarnung seiner Rüstung aufgehoben, und Vargot zeigte sich in ihrer ganzen Pracht. Neben ihm schwebte sein Drache, der den Dienern, die das seltsame Paar aus dem Augenwinkel beäugten, eine Heidenangst einflößte. Hatten sie jemals gesehen, wie die junge Dame die Hand eines Fremden hielt? Wo waren ihre Eltern?

Tatsächlich waren ihre Eltern in diesem Moment beim kaiserlichen Vizekönig und dessen vierzehnjährigem Sohn. Ronan startete gerade in sein drittes Jahr an der Fakultät für Kampfmagie, wo er ein guter Schüler war. Er war zwar nicht der Beste – Miranda Stvils Meinung dazu konnte niemand widersprechen – aber er war immer noch weit über dem Durchschnitt. Immerhin gehörte er zu der Gruppe, die in seinem zweiten Lehrjahr den Gruppenwettbewerb in der Arena gewonnen und dabei sogar einige Schüler in ihrem dritten Jahr geschlagen hatte. Das einzige Problem war, dass sie als Nächstes gegen einige Absolventen hatten antreten müssen, die den Boden mit den Kindern aufgewischt hatten.

Ronan war eine imposante Erscheinung. Sein Vater hatte ihn von klein auf trainiert, ihm den Umgang mit Stab und Dolch beigebracht und ihn gelehrt, seinen Körper wie ein guter Kämpfer zu beherrschen. Die besten Lehrer, die besten Ausbilder, das Beste von allem - es gab nicht viele, die mehr für ihre Kinder tun konnten als der Vizekönig.

„Verbannt ihn aus dem Reich, und setzt dem ein für alle Mal ein Ende!“, sagte der Vizekönig barsch.

„Er ist ein Magier“, antwortete der Herzog. „Die Gesetze des Reiches gelten für ihn nicht.“

„Er ist ein Schüler! Und soweit ich weiß, werden Schüler oft aus der Akademie geworfen und ihnen der Titel aberkannt. Nach dem heutigen Tag möchte ich kein Wort mehr über den Jungen hören. Oh, und wessen geniale Idee war es, dass deine Tochter mit Forian Tarn arbeiten soll? Ein kleiner Botenjunge, der von seinem Herrn herumgeschubst wird. Die Abteilung für Magische Karten, ja? Im Ernst? Welche Überraschung, dass sie nicht in die Artefakt- oder Kräuterkundeabteilung gewechselt ist... Wie auch immer, morgen melden wir sie wieder in der Abteilung für Kampfmagie an – ich habe es schon mit dem Dekan besprochen.“

„Tailyn Vlashich!“, dröhnte die Stimme des Herolds.

„Endlich.“ Der Vizekönig starrte zur Tür und erstickte fast vor Wut. „Was machen die da? Herzog, beende diesen Unsinn!“

Alle im Raum verstummten, als sie die Neuankömmlinge sahen. Die Feierlichkeit sollte in wenigen Minuten beginnen, und alle Anwesenden wollten sehen, wer dabei sein würde. Es kam nicht jeden Tag vor, dass der Herzog von Carlian ein Abendessen zu Ehren eines Kindes gab, das niemand kannte.

Tailyn hielt den Blicken, die ihn schier durchbohrten, mit Bravour stand. Noch ein paar Wochen zuvor hätte er sich geschämt und unwohl gefühlt, aber in diesem Moment war er bereit für den Kampf. Es war nicht nur ein Treffen mit Valias Eltern. Er kämpfte auch um das Mädchen.

„Schätzchen, kommst du bitte mal her? Um Tailyn wird sich gekümmert.“ Valias hinreißend schöne Mutter führte ihre Tochter gemäß den Anweisungen des Vizekönigs weg. Ein paar Augenblicke lang war Tailyn verunsichert. Doch er fasste sich schnell wieder – es war noch nicht an der Zeit, zu verzweifeln. Der Junge fand eine freie Bank und ging zu ihr, während er geistesabwesend mit seinem Drachen spielte.

„Ist das ein legendärer Gefährte?“ Der Vizekönig konnte die Augen nicht von den goldenen Funken lassen. „Wie ist es möglich, dass ein Kind so eine Karte besitzt?“

Er erhielt jedoch keine Antwort – der Herzog war nicht sicher. Er hatte seine Tochter nur einmal gefragt, was in der Stadt der Toten geschehen war, und sie hatte ihm nur gesagt, dass der Gott sie töten würde, wenn sie es ausplauderte. Es war nicht gerade die Antwort gewesen, die er sich gewünscht hatte.

„Wie auch immer“, sagte der Vizekönig und winkte herablassend ab. „Zuerst nehmen wir Valia und dann die Karte. Ich werde das Bürschlein leersaugen. Fein, fangt an. Meine Zeit ist kostbar, und ich verschwende sie nicht gern.“

Der Herzog gab ein Zeichen, dem sogleich das leise Läuten einer Glocke folgte. Große Türen taten sich auf, und die Gruppe betrat einen zweiten Saal mit einem reich gedeckten Tisch. Der Abend hatte begonnen.

„Bitte, Meister, ich zeige Euch den Weg“, sagte ein Diener zu Tailyn.

Als er den Speisesaal betrat, sah sich der Junge um. Die vielen Gäste hatten bereits um einen t-förmigen Tisch Platz genommen. Der Herzog, seine Familie, der Vizekönig und sein Sohn saßen am Kopfende, sodass sie alle anderen sehen konnten, ohne auch nur den Kopf zu drehen.

„Nehmt bitte Platz“, sagte der Diener und zog den Stuhl vom Tisch weg. Der Junge nahm seinen Platz am gegenüberliegenden Ende von den Gastgebern ein. Selbst Tailyn, der nichts von Etikette verstand, erriet, dass sein Platz der am wenigsten ehrenvolle war, höchstens noch unterboten von einem Stehplatz bei den Dienern. Trotzdem setzte er sich.

Der Herzog eröffnete die Versammlung. Um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, erhob er sich.

„Ich möchte den Clan der Carlians willkommen heißen und allen danken, dass sie Zeit gefunden haben, mit uns zu feiern“, sagte er. „Der heutige Anlass ist der zwölfte Geburtstag von Tailyn Vlashich, dem jungen Mann, mit dem sich meine Tochter gegen den Willen des Clans verlobt hat. Wie allen bekannt ist, fiel es mir schwer, ihre Entscheidung zu akzeptieren, aber schließlich konnte ich den Schlag verwinden, den das Schicksal uns versetzt hat. Ich fand mich damit ab, dass ein niedriggeborener Bauer unserem Clan beitreten würde. Aber der Gott hat heute ein Wunder für uns vollbracht, und zwar in der Person des Vizekönigs des Kaisers und seines Sohnes. Und nun darf ich ohne weitere Umstände unserem geschätzten Gast das Wort erteilen.“

Der Vizekönig machte sich nicht die Mühe, aufzustehen. „Der Carlian-Clan steht in der Gunst des Kaisers. Ihr seid eine Bastion des Reiches, ein Garant für Stabilität und Wohlstand, und viele Söhne und Töchter Carlians haben ihr Leben für den Dienst an ihrem Land gegeben. Nun ist es an der Zeit, dass ihr euren gerechten Lohn erhaltet. Kraft der mir vom Kaiser und Gott verliehenen Macht erkläre ich die Verlobung von Valia Levor und Tailyn Vlashich für null und nichtig. Der Junge ist eines Platzes im Carlian-Clan nicht würdig! Hebt ihre Hände und seht den Willen des Gottes.“

Deine Verlobung mit Valia Levor wurde für ungültig erklärt.

Ein Diener, der hinter Tailyn stand, hob Tailyns rechte Hand, und die um den Tisch sitzenden Gäste brachen in Jubel aus. Der Armreif, der Tailyns Verbindung zu dem Mädchen symbolisierte, verschwand. Am anderen Ende des Tisches geschah das Gleiche – Valias Hand wurde hochgehoben, und plötzlich war ihr Armband weg.

„Der Gott hat seinen Willen erklärt!“, verkündete der Vizekönig großspurig. „Valia Levor ist frei und wird die Gattin meines Sohnes. Der Carlian-Clan wird der einflussreichste Clan des Reiches werden. Ich habe gesprochen!“

Die Diener ließen die Hände der Kinder los, doch sie blieben erhoben. Tailyn hielt seine für alle sichtbar hoch. Ihr Gegner hatte seinen Zug gemacht, nun waren sie an der Reihe.

Gruppe umbenannt. Neuer Name: Zusammen.

Neuer Anführer der Gruppe: Tailyn Vlashich.

Gruppe umbenannt.

---ENDE DER LESEPROBE---