Die Umkehrung der Liebe - Maria Paola Colombo - E-Book

Die Umkehrung der Liebe E-Book

Maria Paola Colombo

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Beschreibung

Ein großer Roman über das zerbrechliche Glück der Kindheit.

Als ihre Mutter Selbstmord in einem Fluss beging, war Cica, wie sie von allen gerufen wird, ein kleines Mädchen. Seit jener Nacht hat sie auf ihren Schulterblättern zwei Narben, die einen Halbmond bilden – und andere, tiefere Schnitte in ihrer Seele. Denn ihr Vater ist verbittert und tilgt jede Erinnerung an seine Frau. Es wäre eine traurige Kindheit, die Cica im kahlen Norden Italiens verbringen müsste, wären da nicht ihre alte Nachbarin mit den vielen Büchern und Tomba, der Hund, der nicht mehr von ihrer Seite weicht.

Auf den ersten Blick hat es der Junge, der nur Walker genannt werden will, nach dem Helden einer TV-Serie über Texas-Ranger, noch schwerer. Er hat das Downsyndrom. Doch seine große Familie, tief im Süden Italiens verankert, gibt ihm Liebe und Unterstützung. Als er in der Pubertät auf schräge Tour nach einem Mädchen für sich sucht, droht das labile Gleichgewicht aus den Fugen zu geraten. Maria Paola Colombo gelingt das Kunststück, über Menschen, denen es das Schicksal nicht leicht machte, jenseits von Tristesse oder aber Verharmlosung einfühlsam und humorvoll zu schreiben.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 515

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Maria PaolaColombo

Die Umkehrung der Liebe

Roman

Aus dem Italienischen von Bruno Genzler

Karl Blessing Verlag

Originaltitel: Il negativo dell’amore

Originalverlag: Mondadori, Mailand

1. Auflage 2013

Copyright der Übersetzung by Karl Blessing Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: Hauptmann und Kompanie Werbeagentur, Zürich

Satz: Leingärtner, Nabburg

ePub-ISBN 978-3-641-09504-8

www.blessing-verlag.de

Für Elena, die daran geglaubt hat,

bevor es wahr wurde

ERSTER TEIL

Mein lieber Schatz,

irgendwann einmal schreibe ich Dir einen Brief. Einen richtigen Brief. Manchmal habe ich es schon versucht. Aber kaum dass ich nach Stift und Papier krame, vergesse ich alles. Und so bleibt in meinen Händen nichts als ein weißes Blatt zurück. Und auch in meinem Kopf ist nur ein weißes Blatt. Leere, kein Wort, noch nicht einmal eine Erinnerung daran, was ich Dir schreiben, wovon ich Dir erzählen wollte. Deshalb schreibe ich Dir auch jetzt wieder nur in meinem Kopf.

Mein lieber Schatz,

irgendwann einmal komme ich wieder zurück zu Dir. Ach, so gern möchte ich zu Dir zurück. Doch ich weiß nicht, wo ich bin, nur dass es hier wirklich schön ist. Es gibt hier einen großen Park mit hohen Bäumen, Rosskastanien. Aber hier ist es auch richtig schlimm. Überall sind Mauern, und die Türen sind verschlossen, und die Schlüssel fehlen.

Mauern

Norden

Cica ging nicht mit den anderen ins Meer. Die Augen halb geschlossen wegen der senkrecht stehenden Sonne, die den Strand aus bräunlichem Sand und Zigarettenkippen weiß erscheinen ließ, hockte sie da. So hätte man sie selbst für eine Kippe halten können, in den Sand gesteckt, mit dem Po auf den Fersen, als würde sie pinkeln. Auf dem Rücken, unter den spitzen Schulterblättern, trug sie zwei Male, wie Halbmonde geformt und so lang wie eine Hand breit. Wegen der beiden Narben hatten ihr die anderen auch diesen Namen angehängt: Cica, Narbe. Der zweite Name, den sie hier bei ihrer Ankunft bekommt hatte, war »21«. Es war die Nummer, die mit Permanentfilzstift geschrieben auf den Etiketten ihrer Kleider stand, damit man auch nach dem Waschen noch wusste, wem sie gehörten.

Sonnenschirme hatten sie nicht, dafür ein Gerüst aus Eisenstangen, an die sich eine grün-weiß gestreifte Plane klammerte. Das Meer warf schlappe Wellen an den Strand. Einen Meter vor Cicas Füßen kamen deren Schaumränder aus klumpigem Pflanzenschleim zum Stehen. Man hatte ihnen erzählt, dass es sich bei diesem grünen Schleim, von dem die Adria in diesem Jahr voll war, um Algen handele, die von weit her angeschwemmt würden, weil die Industrieanlagen ihr Gift ins Meer abließen, sodass es durchdrehte. So was Ähnliches wie der Schaum vor dem Mund von Verrückten. Die Frauen vom Strandbad nebenan ließen ihre Kinder gar nicht ins Wasser, sondern hüteten sie unter den Sonnenschirmen, wo sie im Sand buddelten und sich den Bauch mit Kokosnussstücken und Süßigkeiten vollschlugen. Baden durften sie ja nicht. Hin und wieder schlüpfte auch mal eins unter dem Seil hindurch, das den Strandabschnitt des Ferienlagers begrenzte, um sich dort, ein schmelzendes Eis in der Hand, ein wenig umzuschauen, und war sofort umringt von den anderen Kindern, die ihm zusahen, wie es genüsslich sein Sahneeis schleckte.

Die Kinder aus dem Ferienheim gingen trotz Algen ins Wasser. Zuerst wurden sie mit Weihwasser besprenkelt, dann badeten sie. Im seichten Wasser ließ die Nonne sie in einer Reihe Aufstellung nehmen und ein Gebet anstimmen. Sie war tatsächlich eine Nonne, obwohl sie in einem geblümten Badeanzug herumlief und ihr Haar ziemlich lang war und schwarz-weiß gestreift wie ein Zebra. Sie hatte es mit einem Tuch zusammengebunden, aber hin und wieder entriss ihr der Wind eine Strähne. Mal eine weiße, dann eine schwarze. Auf diese Weise hatte Cica erfahren, dass auch Nonnen Haare hatten. Eigentlich dachte sie, sie hätten keine und würden deswegen Nonnen werden: weil sie kahl waren und kein Mann sie wollte. Nur Gott in seiner Güte nahm sie alle auf.

Die Nonne hatte nicht nur Haare, sondern auch ein Wunderwasser, in Plastikflaschen von San-Pellegrino-Limo abgefüllt. Giovanni, der Busfahrer, hatte sie vor der Abfahrt in Novara unten im Gepäckraum verstaut, eine Kiste nach der anderen, neben den Koffern und Taschen der Kinder.

»Ehrwürdige Mutter, was glauben Sie denn?«, sagte er dabei zu der Nonne. »Etwa dass sie in Misano kein Trinkwasser haben?«

»Aber das ist Wasser aus Lourdes, Giovanni«, antwortete die Braut des Herrn daraufhin und bekreuzigt sich. Ihr Schleier war ein wenig verrutscht, als habe sie ihn im letzten Augenblick aufgesetzt.

Giovanni hatte den Blick über die Kinderherde schweifen lassen: Ein paar von ihnen waren bereits heulend aus dem Auto gestiegen, das sie gebracht hatte, andere fingen an zu heulen, als ihr Gepäck im Bus verschwand, wieder andere ließen sich anstecken, als sie jene sahen, die sich jammernd an die Beine ihrer Mütter klammerten wie Lämmer bei der Verladung vor den Ostertagen. Zum Schluss war es ein Tumult aus Geschrei und Tränen gewesen, beinahe wie eine Deportationsszene. Daher hatte Giovanni der Nonne nickend zugestimmt, ja, das geweihte Wasser werde gebraucht. Und dabei dachte er an seinen kleinen Sohn und seine Frau zu Hause. Nächste Woche würde er mit ihnen nach Cesenatico ans Meer fahren, sie drei zusammen, um dort Sandburgen zu bauen und sich mit Fisch vollzufuttern. Seine Frau würde ein ärmelloses Kleid tragen, und abends, nach dem Essen, würden sie mit dem Kleinen noch zu den Karussells hinüberspazieren. Sie hatten bereits darüber gestritten, wie viel sie einpacken sollten. Anna übertrieb es gerne, und so platzte der Panda jedes Jahr, wenn sie ans Meer aufbrachen, aus allen Nähten. Und dann auch noch das Kanu und der Sonnenschirm auf dem Dachgepäckträger. Letztes Jahr hatte er die Sachen schlecht befestigt. Und auf der Autostrada del Sole hatten sie einen solchen Rückenwind, dass es einem die Ohrmuscheln aufstellte. Ihr Sohn hatte sich totgelacht, als sich der Sonnenschirm löste und wie eine Rakete über die Windschutzscheibe hinausschoss. Der Wind hatte ihn geöffnet, blähte ihn nun und trieb ihn wie einen blau-weiß gestreiften Heißluftballon dem Junihimmel entgegen. Die ganze folgende Woche hatte Giovanni morgens gespannt die Zeitung aufgeschlagen, um vielleicht auf die Meldung zu stoßen, dass jemand von einer vom Himmel herabschießenden Sonnenschirmstange aufgespießt worden war.

Jetzt dachte er gerührt an ihr Gepäck, an die Koffer, in denen die Hemdchen ihres Sohnes mit seinen Hemden und Annas Sommerkleidern zusammenliegen und sich auf der Fahrt würden Gesellschaft leisten können.

Er warf die Klappe zu, sperrte die Taschen der Ferienkinder mit all den winzigen kurzen Hosen und Pullis, die auf der Fahrt nur von fünf Kisten Weihwasser begleitet würden, im Bauch des Fahrzeugs ein.

»Meiner ist noch nicht drin!« Das Mädchen, das da mit fester Stimme gerufen hatte, schleppte mit dünnen Ärmchen einen mächtigen braunen Lederkoffer herbei.

Giovanni zog noch mal die Klappe auf und streckte die Hand aus, um ihr den Koffer abzunehmen. Das Mädchen war schneller.

»Das kann ich allein«, antwortete sie und umfasste mit beiden Händen den Griff. Von der Anstrengung wurden ihre Finger ganz weiß, sodass die Dreckränder unter ihren Fingernägeln noch dunkler aussahen. Sich weit zurücklehnend hob sie den Koffer an und wuchtete ihn in die Lücke, die Giovanni ihr durch das Verschieben eines Micky-Maus-Rucksacks freigeräumt hatte. Hätte sie den Koffer auch nur einen Millimeter höher anheben müssen, so wäre sie wohl gescheitert.

Auf der Fahrt hatte Giovanni das kleine Mädchen, das sich ganz hinten einen Platz gesucht hatte, immer noch im Kopf. Er sah sie im Rückspiegel, in der Mitte der letzten Bank, die Beine übereinander geschlagen wie eine Inderin, den Blick starr geradeaus gerichtet, der wie ein Geschoss den Gang durchlief. Starr geradeaus bis zum Rechteck seines Rückspiegels und dann durch die Gläser der Enrico-Coveri-Sonnenbrille, die er sofort nach dem Anlassen des Motors aufgesetzt hatte, starr geradeaus wie ihr Sonnenschirm letzten Sommer, ein Blick wie ein Pfeil, der Giovannis großes weiches Herz durchbohrte.

Weil sie die Einzige war, die nicht geweint hatte. Das war es.

Cica ging nie ins Meer, auch jetzt blieb sie einen Meter hinter diesem schäumenden Wellenstreifen zurück.

Sie hatte Angst vorm Wasser.

Dabei war Angst eigentlich nicht das richtige Wort: Angst hatte sie zum Beispiel, wie viele andere auch, vor der Dunkelheit. Deshalb ließen die jungen Helferinnen auch Licht im Flur brennen, und wenn sich die Augen daran gewöhnt hatten, konnte man die Umrisse der Dinge schon ein wenig erkennen. Einmal hatte jemand abends das Licht ausgemacht, und als sie dann mitten in der Nacht aufgewacht war, schlug ihr das Herz bis zum Hals, aber geschrien hatte sie nicht. Ganz still war sie unter der Bettdecke liegen geblieben und hatte gewartet, dass ein anderes Kind aufwachte und losheulte, stellvertretend, für sie und all die anderen. Die Nonne musste aufstehen und Licht im Flur machen, und Cica konnte aufatmen und endlich wieder einschlafen. Das war Angst: etwas Furchtbares, das sich jedoch überwinden ließ.

Mit dem Wasser war es etwas anderes.

Wenn der Sand nicht mehr so glühte und man wieder, ohne hektisch herumzuhüpfen, darüberlaufen konnte, und auch keine Löcher mehr gebuddelt wurden, um die Füße ein wenig zu kühlen, wenn die Mütter vom Strandbad nebenan langsam damit begannen, ihre Kinder herbeizurufen und ihnen die Hemdchen überzuziehen, dann fing Cica an zu zittern. Denn der Strandtag ging zu Ende, und es wurde Abend.

Und abends wurden sie alle gewaschen. Die Duschen waren nur eine Reihe von Eisenstangen, die, ein, zwei Meter voneinander entfernt, auf einer Betonfläche aufragten. Drei Helferinnen nahmen Aufstellung, um diese Arbeit zu erledigen. Eine Art Hygienefließband: Die erste stellte die Kinder unter den Duschstrahl, die zweite seifte sie ein, die dritte spülte Sand und Shampoo ab.

Cica konnte das nicht. Sie schaffte es nicht, sich unter den Wasserstrahl zu stellen.

Beim ersten Mal, ganz hinten in der Reihe, hatte sie noch gedacht, dass sie es vielleicht überstehen würde. Doch wie die Schlange der von Sand und Sonne braunen Kinder vor ihr kürzer und kürzer wurde und unaufhaltsam weiter vorrückte, während ihr das Brausen des Wasserstrahls bald mit einem so lauten Brüllen durch die Ohren hallte, dass sie sogar zu atmen vergaß, überkam sie Panik. Als sei das Geräusch bereits das Wasser und dringe ihr in Kehle und Lunge ein und schnüre ihr die Luft ab. Sie wollte schreien, aber selbst das ging nicht mehr wie in diesen Träumen, wenn man verfolgt wurde.

Neben den Duschen stand das Klohäuschen. Drei Stehklosetts voll mit Sand- und Kotkrusten. Instinktiv war sie dorthin geflohen, die paar Meter hinübergerannt.

Gesehen hatte sie niemand: die Kinder nicht, die alle mit sich selbst beschäftigt waren, denn das Duschen mochte niemand, weil einem der Schaum in den Augen brannte, während man aufs Abspülen wartete, und die Helferinnen auch nicht, die genug damit zu tun hatten, die kleinen, wie Fische glitschigen Körper festzuhalten und zu schrubben.

Keuchend hatte sich Cica von innen gegen die Tür zurückgelehnt. Während sich ihr Atem langsam beruhigte, schaute sie zu, wie eine Schnecke langsam die Kabinenwand hinaufkroch. Wie war die in das Klo gekommen? Sie konnte doch unmöglich über diese ganze weite Sandfläche, die das Häuschen umgab, gewandert sein? Für die Schnecke wäre das so, als wäre Cica von zu Hause zu Fuß bis nach Apulien gelaufen, wo ihre Großmutter wohnte. Zudem hätte der Sand sie, feucht und klebrig wie sie war, wie ein Kotelett paniert. Nein, ausgeschlossen. Cica kam zu dem Schluss, dass die Schnecke in dem Klo zu Hause sein musste. Die Schneckenmutter hatte hier ein Ei gelegt, aus dem sie geschlüpft war mit ihrem weißen Schneckenhaus, das wie ein Kieselstein aussah. Ja, so würde sie die Schnecke auch nennen: Pietra, Stein. Und morgen würde sie Pietra etwas zu essen mitbringen, am besten ein Salatblatt vom Mittagstisch. Unterdessen kroch die Schnecke weiter die Wand hinauf, machte ab und zu halt, streckte ein Hörnchen aus, vergewisserte sich, dass die Bahn frei war, zog es zurück, kroch weiter hinauf.

Cica streckte einen Finger zu ihr aus, und sofort zuckte die Schnecke zusammen und zog sich unter ihre Schale zurück. Diese Schale war ihre Wohnung. Das hieß, für sie war dieses Klo von der Größe her so etwas Ähnliches wie die Stadt, in der sie selbst wohnte. Wie Novara.

»Ich verstehe dich«, sagte sie zu ihr, »mir würde das auch nicht passen, wenn mir jemand den Finger ins Auge steckt.«

Mittlerweile hatte sich Cicas Atem ganz beruhigt. Sie merkte es daran, dass sie den Geruch wahrnahm, der aus dem Loch in dem Stehklo aufstieg, den Geruch von Kot, aber auch von Algen, die, so nah am Meer, wirklich überall wuchsen und sogar in dem Abfluss unten zu sehen waren.

Sie musste zurück, sonst merkten sie noch, dass sie fehlte. Doch es würde auffallen, dass ihre Haare trocken und noch nicht ausgewaschen worden waren, und dann war sie dran. Da kam ihr die Idee.

Sie hockte sich auf die Trittleiste aus gesprungenem Email, aber mit dem Gesicht nach vorn. Über die Fläche, die sich zum Abfluss hin neigte, verlief eine Sandspur und daneben die Spur von etwas anderem. Cica hielt sich nicht damit auf zu ergründen, was das war. Sie wusste es ja. Und außerdem hatte ein wenig Scheiße noch niemanden umgebracht. Sie steckte eine Hand in den Abfluss und schöpfte ein wenig von dem trüben Wasser, führte die Hand zum Kopf und ließ es über eine Haarsträhne rinnen. Die Schnecke hatte jetzt beide Hörnchen ausgestreckt, die leicht zitterten, so als wiege sie den Kopf.

»Was hast du denn?«

Dann schaute sie in die Richtung, in die der Schneckenblick ging, richtete sich auf und nahm die Kette in die Hand, die ohne Griff im Leeren baumelte. Ein Rauschen, und schäumend wie eine Meereswelle füllte sich das Klobecken mit Wasser. Erschrocken sprang Cica zurück, doch noch zweimal wiederholte sie den Vorgang und wartete dann, den Rücken an die Wand gepresst, wie nach dem Ziehen die Schüssel volllief: Das Wasser nahm einen exakt gezeichneten Weg, schwappte nicht über den Rand und lief auch nicht über, als das Becken voll war. Es war gezähmt, an die Leine gelegt, genauer an dieses Kettchen, an dem Cica zog, und konnte nicht machen, was es wollte, wie das Wasser in der Dusche oder im Meer. Immer mutiger, zog Cica zum dritten Mal. Sie schlüpfte aus dem Badeanzug, tauchte ihn ins Wasser und drückte ihn dann sanft auf Armen und Beinen aus, sogar auf dem Kopf, wobei sie gut aufpasste, dass ihr kein Wasser in die Augen kam. Doch als sie spürte, dass ein wenig davon ungehindert über ihren Körper zu laufen begann, stockte ihr sofort wieder der Atem. Auch die Schnecke hatte sich verkrochen, weil ein Spritzer ihr Haus getroffen hatte.

So, fertig, das musste reichen. Gut wäre jetzt ein trockenes Stück Stoff gewesen, mit dem sie den Tropfen vom Schneckenhaus hätte tupfen können. Sie versuchte es mit einem Finger, aber der Schneckenrücken blieb nass. Draußen war die Sonne noch nicht untergegangen, ihre letzten Strahlen fielen bis zu ihr in die Kabine hinein in einem breiten Streifen, weil die Klotür nicht bis zur Decke reichte. Schief hing sie in den Angeln, und oben war ein Stück abgesägt, damit einen der Mief nicht umbrachte. Vielleicht sollte sie die Schnecke nehmen und zum Trocknen in den Sonnenstreifen dort oben auf den Kacheln setzen?

Sie stellte sich vor die Wand und reckte den Arm in die Höhe, aber von der Spitze ihres Mittelfingers bis zu dem Licht fehlten noch ein paar Zentimeter.

Du wirst es schon alleine schaffen, Pietra, dachte sie und öffnete lautlos die Tür.

Da trat gleichzeitig ein Mädchen aus der Nebenkabine mit einem kleinen Jungen, ihrem Brüderchen, an der Hand. Sie hieß Andrea, ein Name, den Cica nur als Jungennamen kannte. Doch sie war wirklich ein Mädchen, ihre Mutter stammte aus Amerika. Ihr Brüderchen hieß Colin und hing ihr immer auf der Pelle. Deswegen hatte er hier auch den Spitznamen Colla, Leim, bekommen. Er war schuld, dass Andrea bei jedem Spiel verlor, besonders beim Verstecken, weil er den Kopf raussteckte und sich umschaute und laut brabbelte oder sich an ihr Hosenbein klammerte, wenn sie schnell im Versteck verschwinden wollte. Offenbar waren die beiden schon unter der Dusche gewesen, denn ihre Körper rochen nach Seife, und von Andreas Haarspitzen tropfte Wasser, sodass sich vor ihr ein dunkler Fleck im Sand bildete.

»Ich hab dich gar nicht beim Duschen gesehen«, sagte Andrea zu ihr.

»Dann hast du eben nicht richtig hingeschaut«, antwortete Cica.

»Schon gut, komm, Colin.« Sie entfernten sich, nach wenigen Metern drehte sich Andrea noch einmal zu Cica um. »Du hast deinen Badeanzug verkehrt herum an«, sagte sie.

»Du hast deinen Badeanzug verkehrt herum an«, plapperte Colla ihr nach.

»Den zieh ich an, wie es mir passt.« Cica hatte die Fäuste in die Hüften gestemmt und blähte beim Atmen ihren Brustkorb – als sei sie bereit, sich wegen ihres Badeanzugs auf eine Rauferei einzulassen.

»In Ordnung.« Andrea stand nur da und schaute Cica an, oder genauer, sie ließ sich anschauen, denn deren Blick war so stechend, als wären ihre Augen Igelstachel. Aber gut, Andrea hatte ja »in Ordnung« gesagt.

Und so kehrten sie zu dritt, die beiden Geschwister ein wenig voraus, sie dahinter, durch den Sand schlurfend zu den anderen zurück, die lärmend und frisch gewaschen bei den Duschen standen.

Cica konnte jetzt freier atmen, lief die letzten Schritte erleichtert, fast fröhlich: Vor Wasser hatte sie nicht nur Angst.

Wasser war der Tod für sie.

»Hurensohn«, hatte sie gebrüllt, so laut sie konnte, sodass alle es hörten. Und dann hatte sie sich auf ihn gestürzt, so schnell und mit so viel Schwung, dass er zu Boden ging, obwohl er einen halben Kopf größer und doppelt so breit war wie sie.

Zwei kräftige Klauen packten sie jetzt an der Schulter und zerrten an ihr, um sie von diesem anderen Körper zu lösen. Es war die Nonne. Sie befahl ihr loszulassen, doch Cica ließ nicht los. Den Kopf gereckt und den Mund weit aufgerissen wie ein Hund sein Maul, bleckte sie die Zähne, um etwas zu zerbeißen, egal was. Und da es der Nonne nun gelungen war, sie zurückzuhalten, wandte sie den Kopf und biss ihr in die Hand. Das wollte ich gar nicht, würde sie später denken. Sie war nur so wütend. Außerdem schmeckte die Hand der Nonne unangenehm salzig, weil die anderen schon in einer Reihe für die Verteilung der Magnesiumtabletten anstanden. Das hatte Cica wirklich nicht mit Absicht getan. Während sie nun wieder zu sich kam und unter dem Zerren und Ziehen der Nonne ihr Zorn verflog, musste sie plötzlich lachen: Sie hatte dieser Ordensschwester tatsächlich in die Hand gebissen.

»Du Teufelsköter«, schrie die Nonne außer sich vor Zorn. »Du Höllenmaul!«

Ein Junge, den sie alle Ciccio, Dickerchen, nannten, stand auf und heulte wie ein kleines Kind, obwohl er mit seinen neun Jahren zu den Ältesten hier zählte. Eine Helferin drückte ihn an sich, streichelte ihm über den Kopf und trocknete seine Tränen. Was hast du ihr denn getan, fragte sie. Nichts, sagte Ciccio noch einmal. Gar nichts habe ich ihr getan.

Hurensohn, dachte Cica wieder, als die Nonne sie vom Strand wegschleifte und die Treppe des Ferienheims hinaufschleppte, bis hinter das Betttuch, das wie eine Stoffwand von der Decke hing und den Schlafsaal von dem heiligen Bezirk ihres Bettes trennte, zu dem niemand Zutritt hatte.

»Weißt du, was das bedeutet, was du da gerufen hast? Weißt du das?«, fragte die Nonne, die unter dem Bett suchte und schließlich ein Stück Marseiller Seife hervorholte.

»Ja, das weiß ich«, log sie. Cica wusste nur, dass es etwas sehr Schlimmes, etwas Entsetzliches war, so etwas wie: Du bist Dreck für mich.

In der Ecke zwischen Nachttisch und Schrank war ein Waschbecken angebracht. Cica sah es jetzt zum ersten Mal. Sie wich zurück.

»So, jetzt werden wir diesen dreckigen Mund mal richtig sauber waschen«, erklärte die Nonne, packte Cica im Genick und zerrte sie vor das Becken. Die strampelte, zappelte und trat aus, aber es nützte nichts – sie blieb nur, während sie sich wehrte, mit der Ferse im Riss einer zersprungenen Fliese hängen und schnitt sich, doch den Schmerz spürte sie nicht.

So furchtbar, wie die Seife schmeckte, konnten die Worte, die sie gesagt hatte, gar nicht gewesen sein. Das schaumige Wasser rann ihr die Kehle hinunter, sie glaubte zu ersticken, hustete und spuckte.

Dann war es vorbei. Keuchend standen beide da nach dem heftigen Kampf. Die Nonne lockerte den Griff, und Cica fiel auf die Knie.

»Was hat er dir denn angetan, dass du so etwas zu ihm sagst? Warum hast du das gemacht«, fragte die Nonne erst jetzt, während sie sich die verletzte Hand unter dem noch laufenden Wasser abspülte. Ein wenig bereits geronnenes Blut löste sich von dem kleinen perfekten Halbrund der Bissspuren.

»Weil …« Cica hob den Kopf, und als sie die Nonne anschaute, lag in ihrem Blick etwas Wildes, Hartes. »Weil er ein Hurensohn ist.«

Die Ordensschwester versteifte sich, schnappte nach Luft, bückte sich dann und holte unter dem Bett eine Rolle Paketklebeband hervor

Von dort, wo sie lag, konnte Cica das Bett der Nonne am Ende des Schlafsaals jenseits des Betttuchs sehen. Durch das Fenster mit den weit geöffneten Läden schien die Nachmittagssonne herein, sodass das Betttuch durchsichtig geworden war und das Mädchen erkennen konnte, was sich dahinter befand: das schmale Bett, den Nachttisch mit der Bibel darauf und den Schrank. Auf dem Schrank lag der Koffer der Nonne, und unter dem Bett waren ihre geheimsten Dinge verborgen.

Das wäre jetzt genau der richtige Zeitpunkt: Die anderen Kinder, die Helferinnen und die Nonne waren draußen am Strand. Ihr Lärmen drang durchs Fenster herein, es klang nach Hitze, Planschen und Strandspielen.

Sie konnte praktisch sehen, was draußen los war: den Sand, der bis unters Sonnendach glühte, dann den Schatten, der ihn ein wenig abkühlte, und dann wieder ein glühendes Stück bis zur Wasserlinie. Genau einen Meter davor machte ihr Auge halt, und wie im Film öffnete sich ihr Blick zu einer reglosen Totalen: vom Meer, das fast vollkommen flach war, den schaumigen Wellen, den Körpern ihrer Kameraden, die die Wasserlinie durchbrachen. Und mittendrin die Nonne, bis zu den Oberschenkeln im Wasser, die sich immer wieder die Arme nass machte und aufpasste, dass niemand ertrank und alle in ihrer Nähe blieben.

Cicas Blick hatte dort haltgemacht, wo auch sie immer haltmachte. Denn weiter ging es nicht.

Dahinter lag das Meer.

Ihr Blick folgte jetzt dem breiten Strich aus grüner Farbe, der die Wände des Schlafsaals der Länge nach durchlief wie eine gerade Fährte, ein Band, das sich bis hinter das durchsichtige Betttuch zog.

Unter dem Bett bewahrte die Schwester ihr Wunderwasser auf. Den Kindern hatte sie erzählt, Wissenschaftler hätten etwas davon in eine Wanne mit toten Fischen gegeben, die mit dem Bauch nach oben leblos an der Oberfläche trieben, und das Wunderwasser habe sie wieder zum Leben erweckt: Zunächst hätten die Fische eine Flosse bewegt, dann auch die anderen, und bald seien sie wieder munter hin und her geschossen, aus dem Wasser gesprungen, um Pirouetten zu drehen wie die Delfine im Freizeitpark Gardaland. Deswegen kippte die Nonne das magische Wasser aus den Flaschen ins Meer: weil es Wunder wirkte und die Algen vertrieb, die das Meer zur Strecke brachten.

Cica hatte die anderen gefragt, ob es stimmte und das Wasser aus Lourdes tatsächlich Wunder bewirken konnte. Ja, vielleicht ein wenig, erhielt sie zur Antwort. Wo sie es ausschütte, breite sich immerhin ein Kreis aus. Allerdings sei das Meer eben sehr groß und voller Tiere, da werde das Wunderwasser sicher nicht für alle ausreichen. Über kurz oder lang würde die Nonne das ganze Wunderwasser für diese blöden Fische aufgebraucht haben. Das hieß, sie musste sich unbedingt eine Flasche davon besorgen, bevor es zu spät war.

Nur konnte sie sich nicht bewegen. Die Nonne hatte sie mit dem braunen Paketklebeband an Händen und Füßen gefesselt und ihr sogar einen Streifen über den Mund geklebt. An Klebeband war noch niemand gestorben, und so stramm saß es ja gar nicht, doch es klebte auf der Haut, und wenn sie daran zerrte, wurde es fest wie ein Seil. Cica kam sich wie MacGyver vor – in der Folge, als dieser entführt worden war. Dem findigen Geheimagenten der Phoenix Foundation war es allerdings gelungen, ein Schweizer Messer in seiner Tasche zu verstecken, es mit verschnürten Händen hervorzuholen und damit seine Fesseln aufzuschneiden. Ein Taschenmesser hatte sie nicht, aber vielleicht würde es auch mit einem Haarkamm gehen. Es war wirklich zum Verzweifeln, weil der Moment so günstig war, sich eine Flasche Wunderwasser zu besorgen, und sie kam einfach nicht heran. Sie meinte sogar, eine der Plastikflaschen höhnisch glitzern zu sehen.

Nein, was da tatsächlich glitzerte, waren ihre Augen. Eine Träne löste sich und kullerte auf ihre Wange, verlangsamte sich dort und wurde rasch wieder schneller auf der wasserundurchlässigen Rutschbahn des Klebebands über ihrem Mund. Als sie merkte, dass sie weinte, weinte sie sogleich noch heftiger. Es war wie mit der Dusche oder dem Meer: Auch dieses Wasser hier bekam man nicht in den Griff, und so brachte es einen um. Die Tränen liefen, und sie weinte wegen des Wunderwassers, an das sie nicht herankam, und wegen Pietra, die nie mehr Salat essen würde.

Cica war eine Meisterin im Murmelspielen und gewann fast immer, ohne zu schummeln. In Söckchen, die sie hier ohnehin niemals anzog, bewahrte sie jene Glaskugeln auf, mit denen sie gewonnen hatte: Sie besaß bereits mehr als sechzig, in allen Farben des Regenbogens. Ihre Lieblingsmurmel hatte innen eine goldene Maserung, die wie der Schweif eines Sterns aussah. Mit der spielte sie am liebsten und machte fast immer fette Beute.

Wenn sie ihre Klickerbahn im Sand zogen, setzten sie Colla mit seinem schmalen Hintern als Traktor ein. Sie packten ihn an den Beinen und spurten eine Rinne durch den trockenen Sand, füllten diese dann mit nassem Sand, der mit den flachen Händen festgeklopft wurde. Manchmal wurden Stöckchen oder Muscheln als Hindernisse eingebaut, um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen.

Cica hatte schmale Finger und schmutzige Fingernägel, aber sie schnippte, als besäße sie anstelle ihrer Hand eine Schleuder. Deswegen genoss sie auch Respekt bei den anderen Kindern, obwohl sie sich abseits hielt und nicht sehr beliebt war. Die meisten fanden es gut, dass sie auf Ciccio losgegangen war, der beim Murmelspielen nach eigenen Regeln gewann und die Kleinsten zum Flennen brachte.

»Du hattest recht«, sagte Andrea zu ihr. Sie hockte neben Cica im Sand, wo sie ein Loch für eine Falle aushoben, und fuhr fort, ohne aufzublicken, wie bei einer Verschwörung chinesischer Arbeiter. »Ich hab auch gesehen, wie er die Schnecke getötet hat.«

Ciccio hatte Pietra umgebracht, und deswegen hasste sie ihn und hatte seinetwegen vorgestern diese Strafe aufgebrummt bekommen.

Mit eigenen Augen hatte sie gesehen, wie er Pietra, die nur noch Schale war, weil sie sich ins Haus verkrochen und ihren glitschigen Körper versteckt hatte, von der Klowand löste. Sofort war Cica zu ihm gerannt.

»Was machst du denn mit der Schnecke?«, fragte sie ihn, obwohl sie da schon ahnte, dass es nur etwas Gemeines sein konnte.

»Das, wozu ich Lust habe mit dem ekligen Vieh«, gab der Dicke zur Antwort.

»Komm, lass sie runter, sie hat dir nichts getan.« Cica wollte es zunächst im Guten versuchen, vielleicht konnte sie ihn überzeugen.

»Doch, die tut mir was. Die ekelt mich an.« Und damit streckte der Bastard den Arm aus.

»Du kannst ja auf ein anderes Klo gehen. Hier sind drei.« Cica sah die Schnecke über dem Abfluss des Stehklos schweben. »Gib sie mir einfach, dann setz ich sie irgendwohin, wo sie niemanden stört.«

»Nein.« Ciccio hockte sich hin und schaute sie von unten an mit seinem runden, fetten Gesicht. Er war wirklich ein Drecksack.

»Warum denn nicht? Pass auf, wir machen einen Tausch: Ich geb dir von meinen Murmeln ab …«, das mit den Murmeln war eine spontaner Geistesblitz, »und dafür bekomme ich die Schnecke.«

»Ich will sie alle.« Und während er das sagte, verzog sich sein Gesicht zu jenem dreckigen Lächeln, das sie schon öfter an ihm gesehen hatte.

»In Ordnung.« Da musste Cica nicht lange überlegen, in drei Tagen würde sie sie wieder zurückgewonnen haben.

Unterdessen hatte Pietra zu schäumen begonnen, sie streckte einen Fühler aus, der wie eine Hand wirkte, die einen Halt im Leeren suchte. Konnten Schnecken schwimmen?

Natürlich, dieser Klickerbeutel hätte Ciccio schon gereizt. Aber es war stärker als er. Vor allem gefiel es ihm, zu beobachten, wie sich dieses seltsame Mädchen, dem sonst alles egal zu sein schien, plötzlich aufregte. Die Schnecke in seiner Hand wand sich. Er hätte sich ja gerne auf den Handel eingelassen, doch er konnte nicht. Sein Lächeln ging wie ein Riss durch sein Gesicht, zeigte einen Schlund aus Zähnen. Cica sah, wie Ciccio die Hand öffnete.

»Ich hab gesagt, du kriegst alle Klicker«, schrie sie. »Gib mir die Schnecke!«

Zu spät. Wie ein Geschoss flog Pietra in das Becken, prallte am Email ab, verfehlte das Abflussloch und kullerte über die schlammigen Kacheln neben dem Stehklo.

Schon war Ciccio bei ihr und sprang mit beiden Füßen drauf. Man hörte ein Eierschalenknirschen, sah ein letztes Zucken von weicher Materie, die sich unter der Sohle eines Badeschlappens wand.

»Hurensohn!« Cica stürzte sich auf ihn, und ihr Herz war so voller Wut und so schwer, dass sie ihn zu Boden warf. Und sie schlug zu, voller Verzweiflung wegen Pietra, die sterben musste, und wegen all der anderen Dinge, die so furchtbar ungerecht waren.

»Wir könnten es ihm heimzahlen«, flüsterte Andrea ihr zu, während sie mit der flachen Hand den weichen Sand aufpeitschte.

»Heimzahlen«, plapperte Colla nach und streichelte den Sand.

Cica war überrascht und fragte sie, was sie denn damit zu tun habe.

»Ciccio ist ein Böser. Ich bin bei den Guten.« Andrea überlegte einen Moment. »Weißt du, meine Mutter fährt zu diesen Märschen, damit keine Füchse mehr getötet werden. Manchmal nimmt sie mich mit. Da sind so viele Leute, und alle marschieren nur für Füchse oder Robben. Und das, obwohl wir überhaupt keine Füchse oder Robben zu Hause haben. Macht deine Mutter das auch?«

»Was?« Auf diese Frage war Cica nicht vorbereitet.

»Marschieren.« Mit zwei Fingern deutete Andrea jemanden an, der ein paar Schritte machte.

»Nein, meine Mutter geht nirgendwohin.« Lange schaute Cica Andrea schweigend an. Dann stand sie auf, um bei den Sonnendachstangen ein wenig feuchten Sand zu holen.

Das Püree war ein grauer Brei, der auch grau schmeckte. Die Helferinnen bedienten die Kinder aus großen Töpfen. ›Pfloff‹ machte es, wenn sich der volle Schöpflöffel auf die Teller leerte, die wie aus Keramik aussahen, aber aus Hartplastik waren. Im ganzen Speisesaal waren diese Pfloffs zu hören, als würden große Tauben das unausgesetzte Lärmen, Lachen und Weinen im Saal überfliegen und Kothäufchen ablassen. Das ging Cica durch den Kopf, außer dem Gedanken, wie sie an eine Flasche Wunderwasser von der Nonne herankommen könnte.

Seit zwei Wochen war sie jetzt im Ferienlager und hatte es bisher immer geschafft, das meiste von dem Essen, das sie ihr hier auf den Teller klatschten, in eine Papierserviette zu spucken. Die knüllte sie zusammen und steckte sie ein, um sie tierischen Hunger. Bevor sie abends zum Spaziergang aufbrachen, gab die Nonne an alle ein Taschengeld aus, unterschiedlich hoch, je nachdem, wie viel die Eltern ihnen für die Ferien um sich mit Lakritzschnecken und Schokoriegeln vollzustopfen. Und mit der Marmelade aus den Döschen, die sie beim Frühstück einsteckte.

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