Die verborgene Verdammnis - Monika Lautner - E-Book

Die verborgene Verdammnis E-Book

Monika Lautner

4,7

Beschreibung

Der Kerker des Vergessens wurde aktiviert. Dadurch vergisst ein ganzes Volk, dass König Kaylan noch lebt. Als Layla die Täuschung erkennt, muss sie den Pfad der dunklen Magie durchschreiten, auf welchem sie die Verdammnis hinter sich her zieht. Sie reißt nicht nur ihre Welt, sondern auch parallele Welten in den Untergang. Der Rat der Weisen schreitet ein, doch die Verdammnis ist schon zu weit fortgeschritten

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Seitenzahl: 212

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Die Autorin

Monika Lautner wurde 1976 im Bregenzerwald, Austria geboren. Nach langjähriger Tätigkeit in der EDV Branche, veränderte sie ihr Leben und entdeckte ihre Liebe zum Schreiben. Heute ist sie Mental-Energetikerin und Trainerin asiatischer Kampfkünste.

Ich wünsche euch viel Freude,

beim Eintauchen in die Welt der Magie

Monika

Widmungen

Nachdem in den ersten beiden Büchern die Widmungen nicht abgedruckt sind, werden sie hier rasch nachgeholt.

Die verlorene Legende

ist meinem fürsorglichen und unterstützenden Vater Hermann und seiner lebensfrohen Lebensgefährtin Erika gewidmet.

Der versiegelte Fluch

und der Drachenname Kiron, ist meinem wertvollen und bewundernswerten Göttibub Dominik gewidmet.

Die verborgene Verdammnis

widme ich meiner langjährigen Freundin Denise und ihrer wunderbaren Familie zur Hochzeit und wünsche ihnen ein langes Leben, Glück, Gesundheit und Liebe.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Kapitel 73

Kapitel 74

Kapitel 75

Kapitel 76

Kapitel 77

Kapitel 78

Kapitel 79

Kapitel 80

Kapitel 81

Kapitel 82

Kapitel 83

Kapitel 84

Kapitel 85

Kapitel 86

Kapitel 87

Kapitel 88

Kapitel 89

Kapitel 90

Kapitel 91

Kapitel 92

Kapitel 93

Kapitel 94

Kapitel 95

Kapitel 96

Kapitel 97

Kapitel 98

Kapitel 99

Kapitel 100

Kapitel 101

Kapitel 102

Kapitel 103

Kapitel 104

Kapitel 105

Kapitel 106

Kapitel 107

Kapitel 108

Kapitel 109

Kapitel 110

Kapitel 111

Kapitel 112

Kapitel 113

Kapitel 114

Kapitel 115

1

Im Reich von Königin Layla und König Kaylan ist die Zeit rasch vergangen. Die Beiden standen an der Brüstung ihres Schlosses. Hand in Hand blickten sie auf den Hof, auf dem mehrere Kinder spielen. Layla drehte sich zu Kaylan, der mit einem charmanten Lächeln ihren Blick erwiderte. „Unser Sohn Jess-K ist ein geborener Führer“, strahlte sie und schaute auf einen hellblonden Jungen im Alter von fünf Jahren, der gerade mit den anderen Kindern spielte. „Der Feind lauert vor den Toren. Wir schleichen uns an die Burgmauer und werden ihn ausspähen“, rief Jess-K und mit einer Handbewegung in Richtung Burgmauer, liefen die Kinder los.

„Unser Land ist so friedlich, seit wir Neveriti und den Fluch vor Jahren bezwungen haben“, sagte Layla. „Ja“, antwortete Kaylan und schaute über die Burgmauer hinaus in ihr friedvolles Land. Es war ein herrlicher Morgen und die Liebe zwischen Layla und Kaylan wuchs immer noch jede Sekunde. Heute war jedoch ein ganz besonderer Tag. Layla nahm Kaylans Hand und legte sie auf ihren Bauch. Überrascht zog er seine Augenbrauen hoch. „Wäre es nicht schön, wenn Jess-K ein Geschwisterchen bekommt?“ Kaylan strahlte. „Das wäre fantastisch“, und schaute Layla fragend an, die überglücklich nickte. Sie war schwanger. Kaylan umarmte sie. Seine Augen gefüllt mit Freudentränen.

Gemeinsam gingen sie ins Schloss. „Lass es uns feiern. Wir veranstalten ein Fest mit der ganzen Stadt.“ Layla wurde bleich. „Nein. Dieser Gedanke löst bei mir Unbehagen aus.“ „Weshalb, Layla?“ „Ich kann es dir nicht erklären. Wir sollten es noch für uns behalten.“ Zögernd nickte Kaylan.

Die Nacht brach rasch herein und Kaylan erzählte Jess-K eine Gutenachtgeschichte, der kurz darauf einschlief. Dann legte sich Kaylan zu Layla ins Bett, dabei blickten sie sich tief in die Augen und schliefen überglücklich ein.

2

Am nächsten Morgen erwachte Layla, jedoch konnte sie sich nicht bewegen und ihr Blick schien verschwommen zu sein. Kaum wahrnehmbar bewegte sich ihr Brustkorb, doch den Rest ihres Körpers konnte sie nicht spüren. „Ich träume noch“, dachte sie. Sie hatte schon mehrmals davon geträumt, dass sie sich nicht bewegen konnte. Doch dieses Mal war etwas anders. Entsetzt starrte sie geradeaus, denn sie war umgeben von Eis, deshalb konnte sie sich nicht bewegen. Das alles erschien ihr viel zu real, als dass es nur ein Traum sein konnte. „Wach auf, Layla“, sagte sie zu sich selbst, schloss dabei die Augen und öffnete sie wieder. Immer noch Eis. „Wenn es real wäre, wäre sie schon längst gestorben durch Erfrieren oder Ersticken. Sie konnte jedoch atmen. Wie war das möglich? Es musste ein Traum sein. Sie stellte sich vor, wie sie in ihrem Bett neben Kaylan aufwachte. Doch auch das half nichts. Nochmals schloss sie ihre Augen und setzte ihre magischen Fähigkeiten ein, um sich an einen anderen Ort zu bewegen. Es funktionierte nicht. Es musste ein Traum sein, sonst würde sie ihre Kräfte einsetzen können.

3

In einer dunklen Höhle erwachte Kaylan. „Was ist das für ein Ort?“, fragte er sich. Er glaubte noch in seinem Schlafgemach mit Layla zu liegen und zu träumen, doch dann spürte er den harten und nassen Felsblock auf dem er lag. Die Berührung schien so real, dass er seine Hand zurückzog und zudem feststellen musste, dass er komplett in Schwarz gekleidet war. Es war bitter kalt und er zitterte.

Dann schaute er sich um und erblickte einen schwachen Lichtschein am Ende des Raumes. Kurzerhand sprang er vom Felsblock und schlich leise dem Lichtschein entgegen. Am Ende des Raumes angekommen, sah er gleich mehrere Tunneleingänge an der gegenüberliegenden Wand. Von hier aus war es jedoch unmöglich zu erkennen, welcher Weg zu einem Ausgang führte. Die Felsen waren schwarz und nur wenige Fackeln erleuchteten den Gang. Kaylan trat einen Schritt hinaus. In diesem Moment setzte sein Fuß nicht auf dem Boden auf, sondern fiel ins Bodenlose. Er stolperte ins dunkle Loch und prallte wenige Augenblicke später hart am Boden auf. Nachdem er immer noch annahm zu träumen, war er nicht achtsam gewesen. Er rappelte sich mühsam hoch, denn der Aufprall schmerzte höllisch. Der Raum war finster und obwohl er mehrmals blinzelte, konnte er erst kurze Zeit später verschwommene Gestalten erkennen, von denen ein schwaches Licht ausging. Sie waren sehr dünn und hatten keine wirkliche Haut, sondern sahen eher aus wie Äste. Ihr Haar war lang und wirkte wie Gestrüpp auf dem Kopf. Es mussten an die zehn Kreaturen sein, die den Raum hintereinander betraten. In ihren Händen hielten sie Dreizacks und umzingelten Kaylan.

Die Gestalten zeigten mit den Spitzen der Dreizacks auf Kaylan. „Wer seid Ihr?“ Die Kreaturen antworteten nicht auf seine Frage, sondern sprachen gleichzeitig mit einer metallischen Stimme: “Ihr glaubt wohl, dass Ihr von hier fliehen könnt.“ Und kicherten. „Was ist das hier?“, fragte Kaylan. „Das ist der Kerker der Vergessenen. Hier gibt es kein Entrinnen. Ihr werdet hier für alle Ewigkeiten verweilen. Keiner wird kommen, um Euch zu retten. Keiner außer uns weiß, dass es Euch gibt?“ Kaylan musste lachen. Layla wird nach ihm suchen, Jess-K wird seinen Vater nicht vergessen, geschweige denn ein ganzes Reich weiß, dass es ihn gibt. Ein Dreizack wurde ihm direkt an den Hals gehalten. „Hört auf“, zischte die Kreatur. „Euer Reich ist mit einem Zauber belegt, niemand erinnert sich an Euch. Sie glauben Ihr seid vor Jahren von einem Drachen getötet worden.“ Das Wesen grinste und zeigte dabei einige eklige vergilbte Zähne. Kaylan stockte der Atem, jedoch nicht von der hässlichen Kreatur, sondern aus Angst davor, durch einen Zauber vergessen worden zu sein.

4

Jess-K erwachte fröhlich an jenem Morgen, als die ersten Sonnenstrahlen, welche durchs Fenster fielen, auf sein Gesicht schienen. Er war ein aufgeweckter Junge. Schwungvoll zog er die Decke zur Seite und sprang aus seinem Bett. Er liebte es am Morgen mit seinen Eltern zu frühstücken, dabei hatten sie immer viel Spaß zusammen. Danach dürfte er in den Hof, um mit den anderen Kindern zu spielen. Heute wollten sie einen Ritterkampf veranstalten. Bei diesem Gedanken strahlte er übers ganze Gesicht, denn er ging meist als Sieger hervor. Sein Vater lehrte ihn das Schwert, seit er zu laufen gelernt hatte. Sogar die älteren Kinder hatten keine Chance gegen ihn.

Er rannte in den Speisesaal und zu seiner Verwunderung waren seine Eltern noch nicht da. Abrupt blieb er stehen und schaute umher. Der Tisch war für alle drei gedeckt und es duftete nach frischem Brot. Kurzerhand setzte er sich, doch wusste nicht so recht, ob er schon anfangen durfte. Also hüpfte er vom Stuhl und sauste zum Schlafgemach seiner Eltern. Mit viel Kraft stemmte er die Tür auf und sah, dass das Bett unversehrt war. „Hallo“, sagte er zaghaft in den Raum hinein, dabei zog sich sein Magen zusammen. Er hatte das Gefühl, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.

Jess-K sah sich nochmals im Raum um und zog dann die Tür wieder zu. Rasch lief er zurück in den Speisesaal. Es war noch immer keiner da. Der Tisch war nicht mehr für drei gedeckt, sondern nur noch für zwei. Jess-K schien diese Tatsache nicht zu wundern. Seine Mutter, die noch ziemlich blass aussah, erschien gerade am Eingang und Jess-K sprang auf und umarmte sie. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er Layla. „Ja, mein Schatz, ich habe nur schlecht geträumt.“ Sie nahm ihn an der Hand und setzten sich an den Tisch. „Was hast du denn geträumt?“, wollte der Kleine wissen. Für einen Moment starrte sie regungslos an die Wand. „Dein Vater war hier und wir haben dir beim Spielen im Hof zugesehen.“ Dabei fasste sie sich an ihren Bauch und hatte das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. „Aber Vater ist damals vom Drachen getötet worden.“ Tränen stiegen Layla in die Augen. Dann legte Jess-K seine Hand auf die seiner Mutter. „Du musst nicht traurig sein, wir haben ja noch uns.“ „Ja, mein Schatz“, flüsterte Layla und griff nochmals mit ihrer Hand an ihren Bauch, wusste jedoch nicht wieso. Dabei erinnerte sie sich an das Bild, in dem sie eingefroren im Eis steckte und sich nicht bewegen konnte. „Ich habe mich gefühlt, als wäre ich von Eis umgeben“, sagte sie. Jess-K riss seine Augen weit auf. „Das ist wie das Märchen, das uns ein Zauberer erzählt hat“, und er fiel vor Aufregung fast vom Stuhl. Layla blickte ihn verwundert an. „Was für ein Märchen?“ „Er sagt, dass ein Zauber auf dem Land liegt und der König vergessen wurde. Dieser jedoch eingesperrt im Kerker des Vergessens am Leben ist.“ „Das wäre schön“, dachte sich Layla. Dann wäre Kaylan noch am Leben.

Nach dem Frühstück sauste Jess-K in den Hof hinaus. Layla blieb sitzen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Nachdem sie sich beruhigt hatte, schritt sie hinaus auf dem Balkon und beobachtete Jess-K, wie er mit dem Holzschwert einen größeren Jungen besiegte. „Wo hatte er nur so kämpfen gelernt?“, dachte Layla. Norgat trat an ihre Seite: „Er kämpft wie einst sein Vater“, sagte er und blickte zu Layla. Sie lächelte. „Ja“, antwortete sie und schaute auf den Hof hinunter. Norgat begleitete Layla schon seit Jahren. Er war ihr Heeresführer und der Sprecher zu ihrem Volk. Seit Jahren gab es immer wieder Versuche des benachbarten Landes Ruenra, in ihr Land einzudringen. Norgat sorgte für Sicherheit und mischte sich gerne unters Volk, um zu sehen, was es brauchte. Sie war sehr darauf bedacht, dass es allen in ihrem Reich gut ging. Layla war bekannt als eine sehr großzügige Königin und ihr Volk stand ganz hinter ihr. Norgat selbst war dankbar für seine Position an der Seite von Layla, denn es lenkte ihn vom Tod seiner Frau Serena ab, die vor fast einem Jahr bei der Geburt ihres Kindes gestorben war, nachdem sie zu viel Blut verloren hatte. Layla wusste, dass Norgat ihren Tod bis heute nicht überwunden hatte. Leider konnte auch Laylas Magie daran nichts ändern. Serena war für sie eine sehr gute Freundin gewesen und hatte sie im Schwertkampf ausgebildet.

„Gibt es etwas Neues zu den Friedensverhandlungen mit König Kesta?“, fragte Norgat. „Nein, wir haben noch keine Botschaft erhalten, ob er unser Friedensangebot annimmt. Wir haben ihm diesbezüglich eine Mondlänge Zeit gegeben. Es ist erst eine halbe Mondlänge vergangen. Wir werden sehen“, antwortete Layla. „Ich habe die Truppen an der Grenze verstärkt, falls Kesta nochmals versucht in unser Land einzufallen.“

Norgat hatte in den letzten Jahren ein großartiges Heer aufgebaut. In jedem größeren Dorf befand sich ein Krieger aus ihrem Heer und lehrte jeden, Mann oder Frau, die Kunst des Kämpfens. Somit könnten sich Bewohner der Dörfer auch selbst verteidigen, sofern es unerwartet zu irgendwelchen Angriffen kam. Sehr viele sind bereits im Kampf ausgebildet und es werden jeden Tag mehr. Sie hatte keine Angst vor einem Angriff von König Kesta, der sein eigenes Land mit Gewalt und Schrecken regierte. Jeder der nicht gehorchte wurde eiskalt niedergemetzelt. Norgat hingegen schätzte die Art und Weise, wie Layla mit der derzeitigen Situation umging, sehr. Sie suchte den Frieden zwischen den Ländern. Seit ihr Mann Kaylan von einem Drachen getötet worden war, herrschte sie allein über ihr Königreich.

5

Nach einem ereignisreichen Tag voller Ritterspiele war Jess-K stolz, als Sieger hervorgegangen zu sein, deshalb hüpfte er müde ins Bett. Layla erzählte ihm noch eine kurze Geschichte und nachdem er eingeschlafen war, wollte sie etwas allein sein. Deshalb begab sie sich in die Bibliothek, setzte sich an ihren Lieblingsplatz am Kamin und starrte ins knisternde Feuer. Es spendete angenehme Wärme, während draußen die Tage kälter wurden. Layla dachte an die Zeit mit Kaylan zurück. Weshalb hatte der Drache ihn ihr weggenommen? Ein seltsames Gefühl überkam sie bei diesem Gedanken, denn es war, als wäre diese Erinnerung nicht echt. Vermutlich lag es daran, dass sie Kaylans Tod bis heute nicht akzeptiert hatte. Gemütlich lehnte sie sich in den Sessel und lauschte dem Prasseln des Regens.

6

Zur gleichen Zeit tastete Kaylan jeden Teil in seiner dunklen Höhle ab, denn hier gab es keinen Tag und keine Nacht. Es war fortwährend dunkel. Kaylan hoffte, eine Möglichkeit zu finden, aus dem Kerker auszubrechen. Vielleicht gab es versteckte Türen oder Schächte. Dabei dachte er viel an Layla und ihren Sohn. Er hatte schon viel Magie erlebt, jedoch ein Zauber, der die Erinnerung an einen Menschen auslöscht und das gleich in einem ganzen Land? Er kannte keinen Zauber, der so mächtig war. Kaylan, Layla und Jess-K hatten die Fähigkeit entwickelt, in Gedanken miteinander zu kommunizieren. Deshalb setzte er sich auf den Boden und versuchte eine Verbindung zu Layla und Jess-K herzustellen.

7

Layla stand auf und blickte durchs Fenster hinaus. Verschwommen sah sie noch einige Lichter in der Stadt. Sie würden bald ausgehen und die Menschen wiegten sich in den Schlaf. Layla ging ebenfalls zu Bett, doch schlief sie in jener Nacht sehr unruhig.

Sie träumte davon, vor Kaylans Grab zu stehen. Der Sarg erhob sich von selbst aus der Erde empor bis er über dem Boden schwebte. Mit zittrigen Händen wollte sie den Sarg berühren, doch plötzlich sprang der Deckel auf und vor lauter Schreck taumelte sie einige Schritte rückwärts. Vorsichtig näherte sie sich erneut dem Grab.

In diesem Moment klopfte jemand an die Tür. Erschrocken riss sie ihre Augen auf und setzte sich im Bett auf. Nochmals klopfte es. Es musste mitten in der Nacht sein. „Wer könnte das sein?“, fragte sie sich und öffnete, als ihr sogleich Jess-K entgegen sprang. Layla hatte nicht bemerkt, wie sie die Tür verriegelt hatte. Der Kleine kroch manchmal in ihr Bett, wenn er einen bösen Traum hatte. „Hast du schlecht geträumt?“, fragte sie ihn sanft. Er nickte. „Möchtest du mir davon erzählen?“ „Ich habe Vater gesehen“, sagte er. Layla atmete tief durch. „Er kam mich besuchen. Er sah genauso aus, wie du ihn immer beschrieben hast. Es war als wäre er nie weggewesen. Er nahm mich in den Arm.“ Dabei fing er an zu weinen. Liebevoll umarmte Layla ihn. Auch sie vermisste Kaylan sehr und gemeinsam legten sie sich hin und schliefen ein.

8

Kaylan wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte. Der Boden war hart und kalt und sein Körper schmerzte. Keinesfalls wird er sein Leben hier drinnen verbringen. Außerdem hatte er noch nichts zum Essen und zum Trinken erhalten. In diesem Moment erschien ein Teller in der Mitte des Raumes, der ein leichtes Licht von sich ausstrahlte. Dann sah er, dass sich darauf etwas Wasser und Brot befand.

9

Bei Tagesanbruch kam ein Bote aus dem Land Ruenra. Norgat hatte ihn bereits empfangen und ins Schloss gebracht als Layla dazu stieß. Sie hörte gerade den Boten sprechen: „König Kaylan ist nicht zu den Friedensverhandlungen erschienen. Deshalb ist König Kesta sehr wütend und erklärt hiermit den Krieg.“ Dabei übergab er ein offizielles Schreiben an Norgat. Layla und Norgat schauten wie versteinert auf den Boten, der für einen Moment über deren Reaktion selbst überrascht war. „Kaylan“, sprachen Norgat und Layla gleichzeitig aus. „Wie könnt Ihr es wagen!“, schrie Layla und brach in Tränen aus. Norgat übernahm das Gespräch. „Kaylan ist seit Jahren tot. Weshalb sollte er an den Verhandlungen teilnehmen? Wir hatten einen Boten mit dem Friedensvertrag losgeschickt und warten seither auf eine Botschaft von Eurem König Kesta.“ Nun war der Bote verwirrt. „Kaylan war vor kurzem persönlich beim König. Was ist das hier für ein Spiel, mein Herr?“ „Dreckiger Lügner“, schrie Norgat. „Wachen, werft ihn in den Kerker.“

Der Bote zog sofort sein Schwert und ging geradewegs auf die beiden Wachen los. Schwertklingen prallten aufeinander. Norgat war noch wie erstarrt und sah zu, wie der Bote beide Wachen niederstreckte und aus dem Schloss stürmte. In diesem Moment erblickte Norgat den Bogen an der Seite des Raumes. Er griff danach und hetzte auf die Brüstung. Der Bote war gerade auf sein Pferd gesprungen und wollte aus der Stadt reiten. Norgat legte an, zielte und traf den Boten in die Schulter. Dieser taumelte vom Pferd und wand sich vor Schmerzen am Boden. Zwei Soldaten packten ihn an den Armen und zogen ihn hoch. „Werft ihn in den Kerker!“, schrie Norgat und ging wieder zurück ins Schloss. Layla saß immer noch weinend auf dem Stuhl und er setzte sich neben sie. „Was, wenn Kaylan noch lebt?“, schluchzte Layla. Norgat spürte einen Stich in seiner Brust. Es war unmöglich. Er hatte seinen Freund selbst begraben. „Wir werden herausfinden, was dieser Bote damit bezwecken wollte. Ich werde ihn selbst solange Foltern, bis dieser die Wahrheit spricht.“

„Das Verhör des Boten würde sicher einige Zeit dauern“, dachte Layla. Deshalb ging sie aus dem Schloss. Sie wollte nur noch weg. Jess-K spielte wieder mit den anderen Kindern im Hof und war gut versorgt. Deshalb ging sie zu den Stallungen, sattelte ihr Pferd und machte sich auf den Weg zu den Bergen.

Oben angekommen zügelte sie ihr Pferd und stieg ab. Von hier aus hatte man einen schönen Ausblick auf das ganze Reich, wobei im hinteren Teil ihres Reiches Wolken zu sehen waren. Ein kleiner Weg führte bis zur Spitze des Berges Phrei, welcher der Höchste ihres Landes war und für Layla stets ein magischer Ort war. Vorsichtig trat sie über die größeren Steine, die auf dem Weg lagen und kletterte das letzte Stück hinauf zur Spitze. Sie blickte hinab und sah einen dünnen, dunklen Dunst über ihrem ganzen Land liegen. „Kaylan“, schoss es ihr in diesem Moment. Sie sah plötzlich alles ganz klar. „Er lebt“ und dabei begann sie zu lächeln. Wie konnte sie das nur vergessen. Mehrmals atmete sie tief durch und machte sich rasch wieder auf den Weg nach unten. Dabei tauchte sie durch die dünne Schicht hinab. Durch einen Ruck blieb sie stehen, denn ihr Kleid hatte sich an einem spitzen Stein verfangen. „Was mache sie hier?“, fragte sie sich und hatte das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Wieder überzog sie diese Trauer, weil Kaylan Tod war. Sie hatte bereits wieder vergessen, dass dieser lebte. Layla zog an ihrem Kleid, doch es löste sich nicht. Deshalb ging sie einige Schritte zurück und kam mit ihrem Körper über die dünne Schicht hinauf. Da war es wieder. Diese Gewissheit, dass Kaylan lebte. Erst jetzt erkannte sie, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Bevor sie ihr Kleid vom Stein zog, duckte sie sich nochmals unter die Schicht. „Kaylan ist Tod“, ging es ihr durch den Kopf. Sie erhob sich „Kaylan lebt.“ Sie ging zurück auf die Spitze des Berges und setzte sich.

10

Währenddessen im Kerker des Schlosses. Der Bote Isask wurde an den Händen aufgehängt. Seine Füße berührten lediglich mit den Zehenspitzen den Boden. Norgat kam hinzu und sah, dass die Pfeilspitze noch in dessen Schulter steckte, jedoch der Pfeil bereits abgebrochen war. Er ging geradewegs auf ihn zu und schlug ihm seine Faust mit voller Wucht ins Gesicht. Blut strömte aus Isasks Mundwinkel. Er fragte: „Warum lasst ihr Eure Wut an mir aus. Ich bin nur der Überbringer der Botschaft.“ „Ihr sagt, Kaylan war bei Euch?“ „Ja“, nickte Isask. „Wann?“ „Es ist ungefähr eine Mondlänge her.“ „Kaylan ist schon lange gestorben. Ich habe ihn selbst begraben.“ „Das kann nicht sein. Ich habe ihn ganz persönlich kennengelernt“, sprach Isask und Norgat schlug nochmals zu. „Lügner. Beschreibt ihn mir!“ Isask sprach sehr ruhig. „Lasst mich herunter, dann werde ich alle Eure Fragen beantworten.“ Widerwillig gab Norgat einer Wache ein Zeichen und sie lösten seine Fesseln ein wenig, damit er mit beiden Beinen auf dem Boden stehen konnte. „Jetzt redet!“ Isask begann zu erzählen. „König Kaylan erschien in einer eleganten Königstracht. Er ist groß, dunkelhaarig, ein Krieger. Auffallend war sein Schwert, dessen Schaft mit Diamanten besetzt war, welche das Symbol eines Drachen bildeten.“ Norgat wich zurück. „Des Königs Schwert. Es wurde mit Kaylan begraben. Woher könnt Ihr davon wissen?“ „Euer König meinte, es sei ein Symbol des Friedens.“ „Der Drache hat Kaylan getötet“, glühten Norgats Augen. Er nahm eine Eisenstange und stach zu. Sie bohrte sich in den Bauch von Isask, dessen Augen aufgerissen auf Norgat starrten. „Ihr macht einen großen Fehler“, keuchte Isask. Norgat war fast außer sich. Eine solche Wut hatte er in seinem Leben nur einmal gespürt. Es war beim Tod seines Freundes Kaylan. Norgat ließ die Eisenstange los und ging aus dem Kerker. Auf dem Weg nach draußen, sauste er an Cara vorbei. Sie bemerkte seine blutverschmierten Hände, doch Norgat war zu schnell verschwunden, als dass sie ihn hätte ansprechen können. Sie blickte zum Eingang des Kerkers, von dem Norgat gekommen war und ging hinein. Entsetzt sah sie den Mann mit einer Eisenstange im Leib. Die Wache hatte ihn gerade an den Fesseln ganz heruntergelassen, bis er am Boden zu liegen kam. Cara, welche sich normalerweise um die Verletzten und Kranken kümmerte, schnappte sich ihren Beutel mit Kräutern und kniete neben den verletzten Mann. Seit Jahren gab es keinen Toten mehr, der durch eine Folterung starb. „Was war passiert? Was hat Norgat so zornig gemacht?“, fragte sie sich. Sie zog die Eisenstange aus dem Leib des Mannes und sagte den Wachen, dass sie allein gelassen werden möchte, die sogleich den Raum verließen. Cara legte einige Kräuter auf die Wunde, sprach einige machtvolle Worte und die Wunde begann sich zu schließen. Nach Atem ringend kam Isask zu sich und sah in das Gesicht dieser bezaubernden Schönheit. „Bin ich Tod?“, fragte er. „Nein“, lächelte sie und schüttelte den Kopf. Er griff an seine Wunde, welche bereits fast vollständig verheilt war. In diesem Moment entdeckte Cara die Pfeilspitze in Isasks Schulter. Das muss herausgezogen werden. „Warum helft Ihr mir?“ „Seit Jahren gab es keine Toten mehr durch Folterungen und dies sollte auch so bleiben. Ich weiß, Ihr seid der Bote aus dem benachbarten Reich. Was ist passiert, dass Norgat versucht hat, Euch zu töten?“ Isask sah sie an und erzählte von Kaylan, der nicht zu den Friedensverhandlungen erschienen ist und deshalb hat König Kesta den Krieg erklärt. Cara stand der Mund offen. „Das kann nicht sein“, stammelte sie. „Kaylan ist schon vor langer Zeit gestorben.“ Isask meinte, dass Norgat ihm das bereits schlagfest vermittelt hatte. Cara schüttelte den Kopf, denn sie hatte ein sehr gutes Gespür für Leute und interessanterweise hatte sie nicht das Gefühl, dass von Isask eine Gefahr ausging. „Kommt, ich werde Euch zuerst einmal in Sicherheit bringen.“ Sie führte Isask über einen alten Geheimgang aus dem Schloss und brachte ihn in einer Hütte am Rande des Waldes unter.

11

Norgat hatte sich auf die Suche nach Layla gemacht, konnte sie jedoch nicht finden. Die Wachen am Stadttor teilten ihm mit, dass sie mit dem Pferd ausgeritten sei. Deshalb ging er wieder zurück ins Schloss, packte einige Sachen zusammen und machte sich auf den Weg zu den Stallungen. Nachdem er sein Pferd gesattelt hatte, ritt er los, denn es stand eine lange und gefährliche Reise nach Ruenra zu König Kesta bevor, aber er war bereit sie zu anzutreten.

12

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