Die verlorenen Kinder - Michael Seitz - E-Book
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Die verlorenen Kinder E-Book

Michael Seitz

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Beschreibung

Ein Wiener Kriminalroman über Gerechtigkeit und Vergangenheit. Falco Brunners erster Fall. April, 2015: In Wiener Pflegeheimen werden zwei Bewohner innerhalb weniger Tage auf die gleiche Weise getötet. Privatdetektiv Falco Brunner nimmt die Ermittlungen auf. Was sich auf den ersten Blick als ein »Pflegeskandal à la Lainz« darstellt, führt den suspendierten Expolizisten in die Vergangenheit der Wiener Kinderheime – insbesondere des Heimes am Wilhelminenberg. In den Mittelpunkt von Falcos Ermittlungen rücken die Missbrauchsskandale der 60er-Jahre. Ehemalige Betroffene leiden bis heute unter den Folgen und haben verschiedene Wege gefunden, ihre Kindheitstraumata zu verarbeiten. Falco kämpft gegen eine Mauer des Schweigens. Seine Ermittlungen führen ihn in höchste Kreise. Der Preis der Gerechtigkeit ist ein hoher … »Die verlorenen Kinder« von Michael Seitz ist ein eBook von Topkrimi – exciting eBooks. Das Zuhause für spannende, aufregende, nervenzerreißende Krimis und Thriller. Mehr eBooks findest du auf Facebook. Werde Teil unserer Community und entdecke jede Woche neue Fälle, Crime und Nervenkitzel zum Top-Preis!

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Michael Seitz

Die verlorenen Kinder

Ein Wien-Krimi

Knaur e-books

Über dieses Buch

Ein Wiener Kriminalroman über Gerechtigkeit und Vergangenheit. Falco Brunners erster Fall.

April, 2015: In Wiener Pflegeheimen werden zwei Bewohner innerhalb weniger Tage auf die gleiche Weise getötet. Privatdetektiv Falco Brunner nimmt die Ermittlungen auf. Was sich auf den ersten Blick als ein »Pflegeskandal à la Lainz« darstellt, führt den suspendierten Expolizisten in die Vergangenheit der Wiener Kinderheime – insbesondere des Heimes am Wilhelminenberg. In den Mittelpunkt von Falcos Ermittlungen rücken die Missbrauchsskandale der 60er-Jahre. Ehemalige Betroffene leiden bis heute unter den Folgen und haben verschiedene Wege gefunden, ihre Kindheitstraumata zu verarbeiten. Falco kämpft gegen eine Mauer des Schweigens. Seine Ermittlungen führen ihn in höchste Kreise. Der Preis der Gerechtigkeit ist ein hoher …

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Ich widme dieses Werk meinem Sohn Konsti, der mir in Sachen Star Wars zu jedem Zeitpunkt als kompetenter Berater zur Seite stand – außerdem meiner Tochter Mausi, die mich an ihrem magischen Denken teilhaben ließ.

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Eine Untersuchungskommission über die Geschehnisse im Kinderheim am Wilhelminenberg wurde erst im Jahre 2011 durch die Stadt Wien eingerichtet. Ein Abschlussbericht liegt seit 2013 vor. Der Roman basiert unter anderem auf den Erkenntnissen der Kommission, Berichten der Medien sowie Gesprächen des Autors mit einer Betroffenen.

 

Beim vorliegenden Werk handelt es sich um einen Roman. Personen und Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zwischen real lebenden oder verstorbenen Personen sind nicht beabsichtigt und wären rein zufällig. Auch existiert keine Burschenschaft mit dem im Roman verwendeten Namen, und auch der »Partei« habe ich bewusst keinen Namen gegeben. Als Erkenntnis bleibt nur: Die Täter lassen sich keiner bestimmten politischen oder gesellschaftlichen Strömung zuordnen. Sie sind überall!

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Prolog
Wien, September 1969

Mama, wo bist du?

Wann kommst du …

 

 

Die Männer schleichen sich in die Schlafsäle zu uns herein. Bleib liegen! Die Mädchen, die sich auf der Toilette verstecken, kommen als Erstes dran, und dann – dann müssen sie in den Keller. Der Frater Benni sagt: »Sternenkinder tragen sowieso keine Unterwäsch’!« Die Nähte hinterlassen zwetschgenblaue Flecken, die auch schon für die Tanten von der Fürsorge verdächtig ausgesehen haben. Wenn man betet, dann gehen die Flecken weg, und auch alles andere, genau wie die schwarze Luft am Morgen wieder weiß wird und durchsichtig, wenn die Männer sich in Luft auflösen. Und wenn du lange genug ein braves Kind bist, darfst du an Weihnachten nach Hause. Vielleicht für immer, Herrgott. Vielleicht, Herrgott. Für immer vielleicht. Immer. Herrgott. Benni und die Tante Frieda und die Tante Ursel werden den Frommen Frauen nicht petzen, was du mit dem Onkel getan hast. Wenn du nicht artig bist, sagen sie den Fräulein, dass du die Onkel vor dem Fenster auf der Wiese berührt hast. Ich habe die Schlange gesehen. Die schwarze Luft ist überall gewesen. Ich habe die Schlange angefasst und dann … Mama, wo bist du? Wann kommst du …

»Halt still, kleine Fotze!«

Du willst es doch auch, hat der Benni gesagt.

Die Tante Frieda und die Tante Ursel werden die Zöpfe in Ordnung bringen, wenn alles wieder vorbei ist. Du wirst aussehen wie ein frommes Kind. Der Herrgott liebt dich, sagt der Frater Benni. Wenn du brav bist, wird Er dich schützen. Und du kriegst einen Schmalzkrapfen.

Dann musst du nie mehr auf die Wiese.

Und die Schlange wird dich nie mehr beißen. Und ihr Gift in dich verspritzen.

Amen.

Wien, Mittwoch, 8. April 2015

»Mord in einem Pflegeheim! Das ist nicht gerade das, was einen beruhigt«, sagte Klara oder Carola oder wie auch immer sie hieß.

»Aber auch nix, was uns was angehen könnte.«

Falco Brunner griff nach der Fernbedienung. Die Frau in seinem Bett kuschelte sich in seinen Arm. Er hatte sie in der U4 kennengelernt. Sie war bei der Station Landstraße zugestiegen und hatte ihm gegenüber Platz genommen. Seit Wochen trieb ein Stalker in der U4 sein Unwesen; er quatschte wahllos Frauen an und versuchte, sie auf ein Bier einzuladen. Falco hatte Klara oder Carola – oder wie auch immer – an der Station Meidlinger Hauptstraße angesprochen und überredet, mit ihm einen Kaffee trinken zu gehen. Alles andere hatte sich ergeben.

»Was arbeitest du eigentlich«, fragte er jetzt, »Charly?« Der Name gefiel ihm.

Charly lächelte. »Ich bin Altenpflegerin.«

»Ausgerechnet!«

Ein Mann im blauen Anzug und mit blonder Föhnfrisur trat vor die Kamera. In seiner Betroffenheit schien der Anzugträger jedoch vergessen zu haben, den Ohrring abzulegen, der keineswegs zu dem tragischen Anlass passte, über den ihn die Reporter des ORF befragten. Das kaschmirrote Jackett unterstrich noch seine Blässe. Die Kameras zeigten sein Gesicht in unbarmherziger Nahaufnahme. Falten und Mimik verrieten einen Mann, der die Fünfziger-Grenze überschritten hatte – auch wenn er sichtlich Wert darauf legte, besonders lässig auszusehen. Falco vermutete, dass er früher in jedem Edelschwulenclub der Stadt mit Handkuss Einlass gefunden hatte. Laut Untertitel handelte es sich um den Pflegedienstleiter der Einrichtung, in dem offenbar ein Mord passiert war. Natürlich galt die Unschuldsvermutung.

Der Pflegedienstleiter erklärte mit brüchiger Stimme: »… die Kollegin, die festgenommen worden ist, war im Haus für ihr Engagement bekannt … Wir sind tief betroffen! Von einem Burn-out war nie die Rede … Wir sprechen den Angehörigen unser tiefstes Bedauern aus und werden unseren Beitrag leisten, um eine lückenlose Aufklärung …«

Im letzten Moment erkannte Charly Falcos Absicht, umzuschalten. Sie riss ihm die Fernbedienung aus der Hand und drehte lauter.

»Charly, Liebes«, murmelte er, »es …« Wie wäre es, noch einmal den Pornokanal anzusehen, war er versucht, ihr vorzuschlagen.

»Urdeppert«, sagte sie, »urunleiwand, Oida.«

Es war ihre vulgäre Ausdrucksweise, die ihm von Anfang an wenig behagt hatte.

»Was regst du dich auf?«, fragte er. »Was interessiert es uns, was in einem Altenheim in Wien passiert? Wir sind doch jung! Zu jung, um zu …«

»Den Rand sollst halten, Schatzl«, sagte sie und setzte sich auf ihn. Sein Glied regte sich zwischen ihren Beinen, während Charly dem Bericht lauschte, in dem zuerst ein Bezirksvorsteher und dann ein Sachverständiger zu Wort kamen. Ein Pflegeskandal in Wien sei ja nicht gerade etwas Neues, meinte ein empörtes Pensionistenehepaar, das daraufhin vor die Kameras trat. Ein Psychologe versicherte, dass die Angehörigen zur Stunde vom psychosozialen Dienst der Stadt durch ein Notfallteam betreut würden. Bei der Tatverdächtigen handelte es sich um eine Pflegerin, die offenbar seit mehr als fünf Jahren in der Einrichtung arbeitete und bisher nicht aufgefallen war. Reporter enthüllten, dass die Frau zuvor in einem katholischen Krankenhaus gearbeitet hatte. An ihrer letzten Arbeitsstelle war sie anscheinend gemobbt worden. Der Leiter einer eigens eingerichteten Kommission versicherte Reportern und Zuschauern, dass man unverzüglich darangehen werde, auch die Leichen sämtlicher Verstorbener der letzten fünf Jahre in dem Heim zu exhumieren. Nichts als leere Versprechungen, dachte Falco, alles nur, um die Bürgerinnen und Bürger zu beruhigen!

Falco brummte: »Schalt endlich um, Charly! Fernsehschauen kannst auch noch zu Haus…« Er versuchte, ihr die Fernbedienung zu entreißen, was sich als Fehler herausstellte, da Charly sich prompt von ihm löste und aus dem Bett sprang. Ihre Rückansicht verstärkte seine Erregung. Er hechtete ihr hinterher, umgriff ihre Schultern und drückte ihr seine Lippen auf den Mund. »Einmal noch«, wollte er sagen, »nur noch dieses eine Mal, dann kannst du nach Hause gehen und fernsehen!« Ihr Mann, hatte sie ihm im Kaffeehaus erzählt, befand sich auf Geschäftsreise. Er hatte ihr angesehen, dass sie sich langweilte – und er hatte gespürt, dass sie sich nach einem Abenteuer sehnte. Nach dem dritten Wodka-Red-Bull waren sie mit der U4 zu ihm gefahren. Sie hatte den Blick über die Linke Wienzeile genossen und sich wie ein Geschenk von ihm auspacken lassen. Es fühlte sich an wie Weihnachten und Ostern gleichzeitig. Charly hatte so etwas schon öfters gemacht, wie sie ihm eingestand, nachdem sie miteinander geduscht hatten.

»Was sagt deine Frau eigentlich dazu?«, hatte sie ihn anschließend gefragt und auf das Foto mit Christina gedeutet, das auf dem Schreibtisch neben seinen alten Star-Wars-Figuren stand. Er hatte das Foto umgedreht. Anschließend hatte er ihr die Handschellen gezeigt – ein Relikt aus seiner Zeit bei der Wiener Polizei. Die Handschellen hatten sie fasziniert, und sie hatten damit gespielt.

»Der Alte kommt um halb vier. Da muss sein Essen auf dem Tisch stehen. Und jetzt lass mich in Ruhe, Falco«, sagte sie plötzlich und zeigte ihm die kalte Schulter.

Energisch löste sie sich aus seinem Griff. Kurze Zeit später hörte er das Rauschen der Dusche. Hoffentlich störte sie sich nicht an den Spinnweben über dem Alibert, dachte er, während er zur Toilette tappte – anschließend benutzte er die Klobürste. Charly gehörte offenbar zu jenen Frauen, denen es nichts ausmachte, in der Dusche ihr kleines Geschäft zu verrichten, kombinierte er, nachdem sie die Toilette nicht benutzt hatte. Christina wäre dazu niemals in der Lage gewesen! Falco schlüpfte in die Jeanshose und setzte sich an den Schreibtisch. Nervös drehte er die Darth-Vader-Figur in den Händen. Der böse Sith-Lord hielt ein rotes Laserschwert – kampfbereit – in seinen Händen. Die bösen Sith-Lords und ihre Verbündeten kämpften seit jeher mit roten Schwertern. Früher, als er noch nicht Darth Vader gewesen war, hatte der Sith-Lord auf der hellen Seite der Macht für das Imperium gekämpft. Welches Ereignis ihn auch immer dazu veranlasst hatte, sich der dunklen Seite anzuschließen, dachte Falco ….

»Ins Narrenkastl stieren macht des Kraut net fett, Darling.«

Charlys Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

Sie trug das pinke Kleid und die Boots. Sie zog ihre Lippen mit einem pinken Lippenstift nach und schaute in einen Handspiegel.

Er antwortete: »Wo kommst du eigentlich her, Charly?«

Sie lächelte und ließ den Lippenstift in ihrer Handtasche verschwinden. »Grinzing, 19. Bezirk.«

Er schüttelte den Kopf. Nie und nimmer! »Und wo hast du vorher gewohnt?«

»Favoriten.«

Kein Wunder, er nickte: sein Dienstbezirk während seiner Anfangsjahre bei der Kriminalpolizei! Nirgendwo in Wien ereigneten sich mehr Verbrechen, und nirgendwo war die Aufklärungsrate geringer. Es hatte ihn Mühe gekostet, Christina nach der Scheidung davon zu überzeugen, sich nicht dort niederzulassen. Seine ehemaligen Schwiegereltern wohnten nämlich in Favoriten; sie hatten ihrer Tochter zu verstehen gegeben, dass sie sich darauf freuten, in Zukunft öfter auf die beiden Kinder aufzupassen. Dadurch konnte Christina wieder ganztags arbeiten. Wenigstens hatte Christina sich nicht für den – nach Falcos Meinung – übelsten aller Wiener Bezirke entschieden!

»Was ist los?«, fragte Charly. Er hörte deutlich die Gereiztheit in ihrem Unterton.

Er half ihr in den Mantel, dachte ein letztes Mal an die Formen ihres Körpers und daran, wie er sich angefühlt hatte. Er hatte nicht vor, sie nach Hause zu fahren.

»Komm gut heim«, sagte er und begleitete sie bis zur Wohnungstür. Sie sahen einander nicht in die Augen. Es gab auch keine Küsse und keine heißen Umarmungen zum Abschied. Sie würden einander nicht wiedersehen.

Und es war okay so.

Wien, Freitag, 10. April – Gerichtsmedizin, Sensengasse, 9. Bezirk

Der Seziertisch ließ sich mit einem Pedal nach oben fahren. Kriminaloberinspektor Bruno Horvath betrachtete die zierlichen Hände, mit denen Christina Brunner das weiße Tuch beiseitezog. Der Anblick des Leichnams ließ ihn im ersten Moment erstarren. Nach der obligatorischen Schrecksekunde trat jedoch rasch der altbekannte Gewöhnungseffekt ein. Er war nicht erst seit gestern bei der Mordkommission, pflegte er Kritikern zu antworten. Und bereits zu der Zeit, als er noch gewöhnlicher Streifenpolizist gewesen war, hatte er Dinge gesehen, die ihn manchmal bis in seine nächtlichen Träume verfolgt hatten. Schon als Gendarm hatte er alles, was mit Gefühlen und Schwäche zu tun hatte, mit sich selbst ausgemacht. Außerdem handelte es sich diesmal um einen achtundachtzigjährigen Pensionisten, der ohnehin über kurz oder lang das Zeitliche gesegnet hätte. Wie kam ein Mensch nur auf die Idee, einen anderen zu töten, wenn dieser ohnehin die Monate, die ihm noch blieben, wahrscheinlich an seinen Fingern abzählen konnte?

»Kann man etwas über den Todeszeitpunkt sagen, Christina?«, fragte Bruno.

Christina Brunner, seit fünf Monaten geschieden, antwortete: »Die Leiche war am Morgen noch warm, Bruno – als die Kollegin der Nachtschwester sie gefunden hat. Bei der Umgebungstemperatur und anhand der eingesetzten Totenstarre muss der Tod kurz nach Mitternacht eingetreten sein, schätze ich.«

Christina Brunner, geborene Dalik, hatte ihren Mädchennamen nach der Scheidung nicht wieder angenommen. Bruno kannte Christina seit den Tagen, in denen sie Kinder gewesen waren. Sie hatte in der Wolkersbergenstraße, bei Lainz, in einem Gemeindebau gewohnt. Ihre Mutter arbeitete damals als Bedienerin im Krankenhaus, das auf der anderen Straßenseite lag. Sie hatte Christina alleine großgezogen und erst kurz vor ihrer eigenen Pension wieder geheiratet, nachdem die Tochter ihr Medizinstudium mit Auszeichnung absolviert hatte.

Bruno betrachtete nachdenklich Christinas hübsches Profil »Warum bist du eigentlich ausgerechnet Pathologin geworden?«, fragte er.

Christina zog die Decke zurück und antwortete mit einem Lächeln: »Wie lange sind wir jetzt eigentlich zusammen, Bruno?«

»Meinst du …« Bruno Horvath räusperte sich. »Ich meine … eigentlich … du weißt, dass ich dich immer schon geliebt habe … und immer schon ein Auge auf dich gehabt habe, aber …« Er spürte die heiße Röte, die ihm ins Gesicht stieg. Wie sollte er ihr sagen, wie sehr er sie bewunderte? Immer schon bewundert hatte? Und dass sie jahrelang mit einem Mann verheiratet gewesen war, der sie eindeutig nicht verdient hatte!

Er räusperte sich erneut und konnte seine Verlegenheit nur schlecht verbergen. »Kann man auch schon was über die Todesursache sagen?«, fuhr er fort.

Christina strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie streifte Handschuhe über, hob das Tuch an einer Seite an und zeigte ihm eine Naht, die längs entlang des Brustkastens verlief. Eine Wundheilung an dieser Stelle ist wohl nicht mehr zu erwarten, dachte Bruno in einem Anflug von Zynismus.

»Er hatte ziemlich viel Wasser in der Lunge«, sagte Christina.

»Ist das bei alten Leuten nicht häufig der Fall?« In den Monaten, in denen sie jetzt ein Paar waren, hatte sie ihm vieles erzählt, was mit ihrem Beruf als Gerichtsmedizinerin zu tun hatte. Er hatte Falco Brunner – seinen Exkollegen – immer um diese Frau beneidet, nicht zuletzt wegen des Wissensvorsprungs, den Christina ihm verschafft hatte.

»Normalerweise ist Wasser in der Lunge bei alten Menschen mit einer Herzschwäche wirklich nichts Ungewöhnliches«, stimmte Christina ihm zu. Zweifellos genoss sie es, in ihm einen gelehrigen Schüler gefunden zu haben. »Oft stößt man auf Entzündungsherde in der Lunge, in der Folge entstehen Pneumonien. Schluckstörungen im fortgeschrittenen Lebensalter sind nichts Besonderes. In diesem Fall gibt es jedoch keinen einzigen frischen Entzündungsherd. Es gibt nichts, was auf eine Schluckstörung hinweisen könnte. Die Lungenbläschen sind mehr oder weniger geplatzt, weil sie mit so viel Flüssigkeit vollgepumpt sind, dass der Tote schließlich daran erstickt ist. Man nennt das auch ein Lungenemphysem!«

»Mhm.« Er legte einen Finger ans Kinn. Diese Grüblermiene, die sich um seine dunklen Augen und die Lippen legte, war es, in die sich Christina als Erstes verliebt hatte. Sie hatte sich nach ihrer Scheidung im 9. Bezirk niedergelassen – von ihrer Wohnung aus blickte sie direkt zum alten Narrenturm. Sie mochte den Riesen aus dem 18. Jahrhundert und liebte es, sich bei seinem Anblick Gedanken zu machen über die geheimen Verschwörungen der Rosenkreuzer und anderer Geheimbünde, die sich um das Gebäude rankten. Ihr Arbeitsplatz lag zwei Stationen mit der Bim von ihrer Eigentumswohnung entfernt. Mit der Ganztagsstelle und den Alimenten, die Falco ihr regelmäßig überwies – dazu ein wenig Erspartes –, hatte sie eine Bank gefunden, die ihr einen Kredit gewährt hatte.

»Aber eins verstehe ich nicht«, sagte Christina plötzlich.

»Was?«, fragte Bruno.

»Wenn die Nachtschwester ihren Mord vertuschen wollte, warum stand dann auf dem Nachtkästchen die Nierenschale mit der Alexanderspritze und der Nasensonde, die sie ihrem Opfer in die Luftröhre gelegt hatte?« Wie es aussah, hatte die Täterin dem achtundachtzigjährigen Pflegling fachgerecht eine Magensonde – statt in den Magen – in die Lunge gelegt, sie mit einem Pflaster ordentlich über der Nase fixiert und dann das Wasser in die Lungen gepumpt. Es handelte sich um einen künstlich herbeigeführten Ertrinkungstod. – Die Täterin hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihre Spuren zu verwischen!

Bruno hob die Schultern und dachte an die Burn-out-Gerüchte, die er im ORF gehört hatte. »Das muss der Psychologe klären«, entschied er.

»Warum?«, fragte Christina.

»Vielleicht wollte die Pflegerin, dass man ihre Tat entdeckt. Vielleicht war ihre Tat eine Art Hilfeschrei. Man liest so was ja in den Zeitungen.«

Christina rümpfte die Nase. »Ich habe ja keine Ahnung von Psychogrammen, aber klingt das alles nicht ein bisschen weit hergeholt. Ich meine …«

»Du sagst es! Du hast keine Ahnung!«, unterbrach er sie. Er hasste es, wenn sie seine Ermittlungsarbeit kommentierte. In solchen Fällen war er schon mehrmals dankbar gewesen, dass Christina auf getrennten Wohnungen bestand. »Lass mich meine Arbeit machen! Und mach du deine!«, herrschte er sie an.

»Hör mal, was soll dieser Ton?«, entgegnete sie. Christina hob das Kinn und blickte ihn auf ihre Weise, obwohl sie einen Kopf kleiner war, von oben herab an. Dadurch erreichte sie jene Aura der Unnahbarkeit, die ihn dreißig Jahre lang davon abgehalten hatte, ihr seine Zuneigung zu gestehen.

»Entschuldige«, sagte er. »Entschuldige, ich wollte nur … du weißt …«

»Burn-out!«, wiederholte sie. »Wenn ich eins nicht mag, ist es Reizbarkeit und Impulsivität bei Männern. Ich habe lange genug mit einem launischen Mann zusammengelebt! Ein zweites Mal tue ich mir das nicht mehr an.«

Er atmete tief, um sich zu beruhigen. »Du musst verstehen. Der alte Gruber, unser Dienststellenleiter, sitzt mir buchstäblich im Genick! Wird Zeit, dass er endlich in die Pense geht und sich sein eigenes Grab gräbt, der Gruber. Und die Öffentlichkeit noch dazu – alle wollen sie Ergebnisse. Und am liebsten sofort!«

Christina zeigte ihm die Hände des Toten und offenbarte ein Röhrchen mit kaum erkennbaren Partikeln. »Sind das Hautfetzen, die du unter den Fingernägeln gefunden hast?«

Christina nickte.

»Von wem?«

»Wahrscheinlich nicht vom Toten selbst«, erklärte sie. »Ich habe keine großen Kratzspuren bei ihm gefunden.«

»Das heißt …« Es würde also noch schneller gehen, die Altenpflegerin zu überführen.

»Es hat wohl einen Kampf gegeben zwischen Opfer und Täter«, sagte Christina. »Der alte Herr hat sich gewehrt. Sie hat ihm zwar Arme und Beine im Bett festgebunden, aber den geringen Bewegungsradius, den sie ihm gelassen hat, den hat er wohl genutzt. Bis zuletzt!« Sie wies auf Blutergüsse hin, die sich wie Armbänder um seine Extremitäten zogen.

Bruno Horvath erschauderte. »Wie brutal! Da wünscht man sich glatt, jung zu sterben.«

»Der alte Mann muss bei Bewusstsein gewesen sein, als sein Mörder ihm das Wasser in die Lungen gepumpt hat, an dem er letztlich ertrunken ist.«

Die Art und Weise, in der Christina ihre Erklärungen abgab, erinnerte Bruno an einen Buchhalter, der in nüchternem Ton eine Jahresabrechnung präsentierte. Gleichzeitig wusste er, dass es sich um ein Zeichen ihrer Konzentriertheit und ihres wachen Verstandes handelte. Christina war die beste Gerichtsmedizinerin, die er kannte. Falco hatte sie viel zu lange davon abgehalten, ihre Tätigkeit ganztags auszuüben. Dadurch hatten die Kollegen oft unnötig lange im Dunkeln getappt. Im Grunde hatten Bruno und das Dezernat – durch Falcos Suspendierung – zwar einen langjährigen Kollegen verloren, aber durch Christinas Scheidung hatte die Gerichtsmedizin eine mehr als kompetente Pathologin hinzugewonnen. Das eine wog das andere irgendwie auf, versuchte Bruno sich einzureden.

»Von wem sind die Hautschuppen?«, fragte Bruno.

»Das wird die Laboranalyse zeigen. Wir brauchen noch eine Speichelprobe von eurer Nachtschwester. Glaubst du, dass ihr das zustande bringt?«

Er nickte. »Warum nicht?«, antwortete er. »Immerhin hat die Dame ja nichts unternommen, um die Tat zu vertuschen. Warum sollte sie uns jetzt ihre DNA-Probe verweigern? Manchmal fällt es mir schwer, zu begreifen, wozu die Lebenden imstande sind!«

»Siehst du«, sagte Christina. »Jetzt weißt du, warum ich lieber Gerichtsmedizinerin geworden bin! Für dich die Mörder, für mich die Leichen – oder wie es in der Bibel steht: Die Toten öffnen den Lebenden die Augen, mein Lieber – und die Männer den Frauen, oder umgekehrt!«

Samstag, 11. April, abends

»Es ist Samstagabend! Der Tag des Herrn, zumindest fast! Was wollen Sie überhaupt von mir?« Falco Brunner zog den Gürtel seines Morgenmantels zu. Die Frau stand mit einem ihrer Pumps in seiner Wohnung und verhinderte, dass er ihr die Tür vor der Nase zuschlagen konnte.

»Kann ich reinkommen?«, fragte sie.

Falco schaute über seine Schulter nach hinten in die Wohnung. Tanja, eine alte Jugendfreundin, war zu Besuch. Nach seiner Scheidung hatte er sie zufällig via Facebook wiedergefunden. Tanja räkelte sich noch in seinem Bett.

»Es ist gerade schlecht«, antwortete Falco. Er bohrte mit dem rechten großen Zeh im Boden.

Die ungebetene Besucherin gab sich unbeeindruckt. Sie trug ein Abendkleid, rot, einen Lippenstift, rot, die Haare schimmerten rotblond in einer aufregenden Tönung. Alles an dieser Frau schien perfekt zusammenzupassen. Er konnte sich nicht erinnern, ihr jemals begegnet zu sein.

Falco zwinkerte ihr spitzbübisch zu. »Wenn Sie noch einen Begleiter suchen für heute Abend, dann muss ich Sie auf nächste Woche vertrösten«, fügte er hinzu.

Sie trat einen Schritt von der Tür weg; er löste die Kette und machte auf, um ihr wenigstens hinterherzuschauen. Anstatt der erwarteten Reaktion ging die Frau einfach an ihm vorbei und betrat die Wohnung. Falcos Kinn klappte vor Fassungslosigkeit nach unten. Im Flur stapelten sich alte Ausgaben der Kronenzeitung. Einen vollen Müllsack hatte er, eigens wegen Tanjas Besuch, hinter einem Stummen Diener versteckt, der unter dem Gewicht von Jacken für alle möglichen Jahreszeiten ohnehin bald zusammenzubrechen drohte.

»Habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt?«, fragte Falco.

»Falco«, tönte Tanjas Stimme – jetzt aus Richtung der Dusche, »wer ist das, Darling?«

»Niemand, Darling.«

Die Dame setzte sich hinter seinen Schreibtisch, betrachtete die Darth-Vader-Figur. Eine leere Pizzaschachtel und eine halbvolle Flasche Rotwein standen neben zwei Gläsern im Schatten unzähliger Ringordner und Kuverts mit unbezahlten Rechnungen.

»Mit Ihrer Privatdetektei scheint es ja bestens bestellt«, sagte die Besucherin mit süffisanter Miene.

»Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.«

»Schaaatz, reichst du mir mal ein Handtuch?«

Tanjas Stimme verhieß eine aufregende Nacht. Eigentlich hatte er vorgehabt, mit ihr zusammen zu duschen, um ihre Körpersäfte vom ersten Geschlechtsverkehr dieses Abends loszuwerden. Seit ihrer Scheidung vor einem halben Jahr hatte Tanja es sich zur Gewohnheit gemacht, ihn jeden zweiten Samstag im Monat zu besuchen. Zwei gebrannte Kinder, die eine Scheidung hinter sich hatten, die einander ihr Leid klagten, um anschließend miteinander zu schlafen. Jedoch ohne miteinander zu frühstücken – darauf legten sie beide größten Wert!

»Wie lange ist es jetzt eigentlich her, seit Sie vom Polizeidienst suspendiert worden sind, Herr Brunner?«, fragte die Fremde, die sich an Tanjas Anwesenheit anscheinend nicht im Geringsten zu stören schien.

»Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.«

In diesem Moment trat Tanja durch die Tür in sein »Wohn-Schlaf-Arbeits-Zimmer«. Sie hatte ein Handtuch gefunden, das sie über ihrer Brust mit einer Hand zusammenhielt, als handelte es sich um einen Vorhang – als wollte sie ihm sogleich ein Bühnenstück präsentieren. Ihr nasses Haar hing ihr ins Gesicht – sie blickte gekonnt lasziv aus ihren dunklen Mandelaugen. Ihr Blick änderte sich jäh, als sie der Dame im roten Abendkleid und mit den Pumps gewahr wurde.

Tanja schüttelte den Kopf. Ein absurder Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Falco erkannte es an ihrer Reaktion.

»Nein, nein, mein Lieber«, sagte Tanja und trat einen großen Schritt Richtung Flur, »davon war nie die Rede, dass du hier noch andere mit ins Boot holst. Ich hab so was noch nie gemacht! Ich hab auch kein Interesse an einem flotten …«

»Tanja, Darling, lass mich erklären! Du verstehst das völlig falsch.« Falco folgte ihr zur Tür. Die Fremde blieb seelenruhig am Schreibtisch sitzen, anscheinend amüsierte sie die Situation. »Da sehen Sie, was Sie angerichtet haben!«, fuhr Falco sie an. Er versuchte, auf Tanja einzuwirken; er redete sich den Mund fransig. Mit einer derartigen Reaktion hatte er nie und nimmer gerechnet. Immerhin war von Liebe und Treue niemals die Rede gewesen – allein aus dem Grund fand er Tanjas Reaktion völlig überzogen. Es gelang ihm jedoch nicht, sie umzustimmen. Das Erscheinen der Fremden schien irgendeine Reaktion in ihr ausgelöst zu haben, mit der sie selbst nicht gerechnet hatte.

»Was bildest du dir eigentlich ein?«, fragte sie.

Er sah eine Träne in ihrem Auge. »Was soll ich mir schon einbilden?«, fragte er, während sie in ihr Hautenges schlüpfte. Er liebte ihre Brüste. Er mochte das Kleid. Ihre Brüste zeichneten sich in dem Kleid jedes Mal ab, wie bei einem Scherenschnitt, bei dem der Künstler die Formen ihres Körpers um jeden Preis zu betonen versuchte. Falco kannte wenige Frauen, die an der Vierzigmarke kratzten und es an Attraktivität mit ihr aufnehmen konnten.

Er versuchte, seinen Arm um sie zu legen. »Ich kann dir alles erklären, Tanja. Wir sind doch Freunde und …«

»Du musst mir nichts erklären, Falco«, sagte sie mit leiser Stimme.

»Was?«

Sie hob die Schultern. »Ich denke, du weißt, wovon ich rede.«

Das waren ihre letzten Worte, bevor sie seine Wohnung verließ. Falco blieb sprachlos im Wohnungsflur stehen und versuchte, zu begreifen, welchen Fehler er begangen hatte. Seit seiner Scheidung hatte er für keine Frau mehr dieses Gefühl gehabt, das er bei Christina während der ersten Jahre ihrer Ehe immer empfunden hatte. Er machte den Frauen gegenüber kein Geheimnis aus seinen Absichten: Liebe war gestern, hatte er Tanja erklärt – und heute … Dafür fehlte ihm noch das richtige Wort.

Falco ging zurück in sein Wohn-Arbeits-Schlaf-Zimmer, das den Großteil seiner 45-Quadratmeter-Wohnung ausmachte. Er setzte sich auf sein Bett. Einen Moment war er versucht, die fremde Frau einfach hinauszuschmeißen. Das Drama, das sie soeben verursacht hatte, schien sie nicht im Geringsten zu irritieren, wie ihm das Lächeln um ihre vollen roten Lippen verriet.

»Da sehen Sie, was Sie angerichtet haben«, sagte er.

»Ich?« Ihre Unschuldsmiene glich jener, wie er sie auf alten Postern mit Marilyn Monroe manchmal gesehen hatte. »Wenn Sie wirklich vorgehabt haben, zu heiraten, dann laufen Sie Ihrer Angebeteten doch hinterher, Herr Brunner.«

Sie hielt ihm ihre Schachtel mit Zigaretten hin.

Er winkte ab. »Danke, den Dreck hab ich mir abgewöhnt.«

»Seit wann?«

Sie steckte sich genüsslich eine Zigarette in den Mund und entzündete sie mit einem Benzinfeuerzeug.

»Was wollen Sie? Sagen Sie endlich, was Sie von mir wollen, und dann gehen Sie in Gottes Namen.«

»Ich habe einen Auftrag für Sie.«

»Wie heißen Sie überhaupt?«

»Gestatten, Susanne«, sie hielt ihm ihre Hand hin und blickte ihm tief in die Augen, »Susanne Markhof.«

Ihr vornehmer Tonfall wirkte aufgesetzt. Vielleicht täusche ich mich auch, dachte Falco. Wahrscheinlich gehörte sie zu jenen Frauen, die nach außen hin die feine Madame gaben. Wenn man sie auspackte, offenbarten sie einem dann ein Intimpiercing, das sie sich ohne Wissen ihres Gatten hatten stechen lassen. Frauen von ihrem Kaliber traf ein Mann im Karpfenbad, wo die betuchtere Gesellschaft einander anschmachtete. Falco mied diesen Umgang.

»Kann mich nicht erinnern, Ihren Namen jemals gehört zu haben, Frau Markhof«, sagte er. Er entschied sich, das Gespräch möglichst kurz zu halten und alles Nötige auf den Montag zu verschieben. Erst gestern hatte eine Anwaltsgattin aus Hietzing ihm den Auftrag erteilt, ihren Mann mit seiner Geliebten zu observieren und in flagranti zu ertappen. Mit derartigen Fotos ließ sich bei Scheidungen gutes Geld machen. Sein Freund Gregor arbeitete als Scheidungsanwalt. Falco würde das Fotomaterial liefern, Gregor sich an der Trennung eine goldene Nase verdienen. Mit der Observierung des untreuen Ehemannes wäre Falco für eine Weile beschäftigt. Er hatte keinen Bedarf, einen Parallelauftrag von der gleichen Sorte an Land zu ziehen, umso mehr überraschte ihn Susanne Markhofs Antwort.

»Um es kurz zu machen, Herr Brunner, es geht um Mord.«

Sie sog genussvoll an ihrer Zigarette. Falco suchte in einer Schublade nach einem Aschenbecher, einem Relikt aus der Zeit, in der er selbst noch täglich seine Lungen mit Nikotin geteert hatte.

»Ich wüsste nicht, wie ich Ihnen helfen könnte«, antwortete er. »Dafür ist doch die Polizei zuständig!«

»Haben Sie nicht früher im Morddezernat gearbeitet, Herr Brunner? Ich habe gehört, Sie verfügen über eine legendäre Spürnase – das erzählt man sich zumindest über Sie.«

»Wer behauptet das?«

»Ich möchte, dass Sie den Mord an meinem Mann aufklären.«

»An Ihrem Mann?«

Er maß sie von Kopf bis Fuß. Die Hand mit der Zigarette, die roten Fingernägel, die Art, wie sie rauchte – all das schien ihm wie ein Teil aus einer Burleske-Show. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie aus seinem Bürosessel aufgestanden wäre und begonnen hätte, sich auszuziehen. – Diese Frau wirkte von Kopf bis Fuß billig.

»Wann ist er denn gestorben, Ihr werter Gatte?«

»Sie haben davon sicher in den Medien gehört – in den Zeitungen, im Fernsehen – oder wo auch immer.«

Er versuchte sich zu erinnern. »Der Pflegeskandal?«, mutmaßte er.

Sie nickte.

Es gibt doch bereits eine Untersuchungskommission, wollte er erklären – die Medien schreiben schließlich über kaum ein anderes Thema. Ein Pflegeskandal in Wien war ein gefundenes Fressen, immerhin sollte im Oktober gewählt werden!

»An dem Fall scheint doch alles klar zu sein«, sagte Falco und lehnte sich zurück. »Die Nachtschwester war’s!« Die Öffentlichkeit hatte die Schuldige längst entlarvt. Der Job der Polizisten bestand einzig und allein darin, Beweise für ihre Schuld zu sammeln. Die Pflegerin hatte bisher kein Geständnis abgelegt, wie Falco in einer Gratiszeitung in der U-Bahn gelesen hatte. Seine Exkollegen würden die Frau »weichkochen«; so hatte der alte Gruber, seines Zeichens Oberkriminalrat und sein ehemaliger Dienststellenleiter, diese stundenlangen Verhöre immer genannt. Bruno Horvath hatte als einfacher Streifenpolizist begonnen – sein Ehrgeiz kannte keine Grenzen. Horvath gehörte zu denjenigen, die es durch ihr Engagement und ihr außerordentliches Talent nach oben geschafft hatten. Horvath würde den Pflegeheimskandal aufklären – vielleicht ermöglichte ein Ermittlungserfolg in einem derart populären Fall am Ende dem Exkollegen noch den Aufstieg ins LKA. Falco hatte keine Lust, dem Mann ins Gehege zu kommen, den er viele Jahre lang für seinen besten Freund gehalten hatte.

»Für eine Witwe sind Sie, mit Verlaub, Madame, etwas sehr jung«, sagte Falco. »Ich kann nicht glauben, dass Ihr Mann in einem Altenheim verstorben sein soll.«

»Ich bin nicht die erste Frau meines verstorbenen Mannes.«

»Wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf?«

»Fünfunddreißig. Mein Mann war fünfzig Jahre älter als ich.«

»Fünfzig …«, murmelte er. Ihn gierte nach einer Zigarette.

Sie hielt ihm das Päckchen hin, aber er lehnte wiederum ab.

»Ich wüsste nicht, was der Altersunterschied für eine Rolle spielt«, sagte sie. »Wenn es Liebe ist!«, fügte sie hinzu und setzte wieder ihren verträumten Marilyn-Blick auf. Er fragte sich, inwieweit selbst ihr Blick einstudiert sein mochte.

»Dann erben Sie jetzt wahrscheinlich«, sagte er.

Sie bildete Rauchringe mit ihren Lippen. »Sie meinen wohl auch, dass ich der Nachtschwester in dem Pflegeheim meines Mannes dankbar sein müsste?«, fragte sie. Demonstrativ schlug sie ein Bein über das andere und lehnte sich nach vorne.

»Sie sagen es«, antwortete er.

Sie drückte die Zigarette aus. »Wissen Sie, Herr Brunner, ich bin an der Wahrheit interessiert. Die Wahrheit ist alles!«

Sie nahm eine Fotografie aus ihrer Handtasche, die aussah, als hätte dafür ein Krokodil sein Leben lassen müssen. »Nicht, was Sie denken, Herr Brunner«, sagte sie, »das ist ein Imitat.«

Wie passend, schoss es ihm durch den Kopf, aber er verkniff sich eine Antwort. Das Bild zeigte einen jungen Mann in einer Uniform. Er besaß ein markantes Gesicht und ein auf den ersten Blick gewinnendes Lächeln. Ein Hakenkreuz zierte seine Brust – die Fotografie stammte zweifellos aus einer anderen Zeit. Eine Narbe auf der rechten Wange, die von einem Schnitt stammen mochte, bildete den zweiten Schönheitsfehler.

»Mein Mann war achtzehn, als er in den letzten Kriegstagen zur Wehrmacht eingerückt ist, an die Ostfront. Zurückgekehrt ist er erst 1950. Das Foto entstand kurz vor seinem Aufbruch nach Russland.«

»Was ist das?« Falco zeigte auf die Wange.

Susanne Markhof antwortete: »Können Sie sich das nicht denken? Haben Sie noch nie was von schlagenden Burschenschaften gehört?«

Er strengte sein Gedächtnis an. Solarienbraune Politiker mit Hang zum Körperkult kamen ihm in den Sinn, die zum Teil ebenfalls nicht mehr unter den Lebenden weilten. »Sie meinen, es handelt sich um einen sogenannten Schmiss?«

Susanne Markhof antwortete: »Mit dem Säbel zugefügt. Mein Mann hat seinen Schmiss mit Stolz getragen, müssen Sie wissen. Gerade deswegen sind wir es ihm schuldig, seinen Tod aufzuklären. Immerhin hat er dieses Land gegen die Feinde mit seinem Leben und seiner Ehre verteidigt!«

Falco schauderte. »Gibt es denn irgendeinen Zweifel an der offiziellen Mordversion?«

Sie präsentierte ihm ein zweites, vergilbtes Foto, das ebenfalls einen Soldaten in Wehrmachtsuniform zeigte. Dieser trug seine Narbe an derselben Stelle wie der Verstorbene.

»Ein Freund von Ihrem Mann?«, fragte Falco.

»Hans-Jürgen Grifczek«, antwortete sie. »Haben Sie noch nie von ihm gehört?«

Er gab ihr das Bild zurück. »Klingt nicht gerade besonders deutsch, wenn Sie mich fragen: Grifczek … ein echter Zungenbrecher!«

Sie zündete sich eine zweite Zigarette an. Er stand auf und öffnete ein Fenster. Angenehme Luft strömte herein. Das Thermometer hatte zum ersten Mal in diesem Jahr die 20-Grad-Marke erreicht. Wenn der Sommer hielt, was dieser Tag versprach, stand ihnen ein heißes Jahr bevor.

Susanne Markhof erhob sich ebenfalls. Falco stellte sie sich jetzt in Uniform vor, mit vor Stolz geschwellter Brust, wie eine jener Frauen, die in den letzten Kriegstagen die sogenannte Heimatfront verteidigt hatten, und er wünschte plötzlich, Susanne Markhof hätte niemals seine Wohnung betreten. Im Geist sah er ein Totenkopf-Tattoo über ihrem Intimbereich oder SS-Runen, an denen der Verstorbene seine Freude gehabt haben mochte.

»Hans-Jürgen Grifczek war der Vorstand der Burschenschaft der Ariana Austrica«, erklärte Susanne in todernstem Ton. »Wenn Sie jetzt immer noch nicht wissen, um wen es sich handelt, dann empfehle ich Ihnen, Nachhilfe über die Geschichte unseres österreichischen Vaterlandes zu nehmen, Herr Brunner.«

»Was ist mit diesem Herrn …«

»Grifczek«, half sie ihm.

»Er ist ebenfalls in einem Altenheim verstorben.«

»Ist es denn nicht mehr üblich, dass alte Menschen in Altenheimen versterben?«

»Grundsätzlich schon«, antwortete sie gereizt und ließ die Fotografien in ihrer falschen Krokodilledertasche verschwinden.

»Wenn Sie einen Ermittler suchen, der in deutsch-österreichischer Geschichte bewandert ist, sind Sie bei mir an der falschen Adresse, Frau Markhof, und jetzt möchte ich Sie bitten, zu …«

Sie ließ ihn nicht aussprechen. »Hans-Jürgen Grifczek ist vor fünf Jahren verstorben. Er gehörte ebenfalls der Ariana Austrica an, derselben Burschenschaft wie mein Mann. Bevor er starb, vertraute er meinem Mann an, dass ihn jemand umbringen wollte – dass sein Leben in Gefahr sei.«

»Haben Demente nicht oft auch Wahnvorstellungen?«, versuchte Falco sich aus der Affäre zu ziehen.

»Hans-Jürgen Grifczek war alt, aber er war nicht dement. Mein Mann hat ihn damals regelmäßig besucht. Immer am Donnerstag haben sie gegeneinander Schach gespielt. Hans-Jürgen Grifczek war ein wandelndes Lexikon, müssen Sie wissen. Er hätte Ihnen über sämtliche Siege der deutschen Wehrmacht Vorträge halten können. Er war Ehrenmitglied der Ariana. Einmal im Monat ist er in das Vereinslokal gebracht worden. Die Kameraden haben ihn auf Schultern getragen – im wahrsten Sinne des Wortes, Herr Brunner.«

»Und wer hat ihn dann umgebracht – beziehungsweise Ihren Mann, Frau Markhof?«

»Das sollen Sie eben herausfinden, Herr Brunner.«

»Wie kommst du eigentlich darauf, dass ich an der Geschichte Interesse haben könnte!«, brach es aus ihm heraus. Falco hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt. Er hoffte, sie mit seinem abrupten Wechsel zum »du« gegen sich aufzubringen und zu verscheuchen.

Tatsächlich zeigte seine rhetorische Finte Wirkung, jedoch nicht die gewünschte. »Wir waren beim ›Sie‹, Herr Brunner, stehen geblieben! Ich schätze es nicht, wenn Menschen, die mich nicht kennen, ›du‹ zu mir sagen«, erwiderte sie gereizt, machte jedoch nicht die geringsten Anstalten, ihre Handtasche von seinem Schreibtisch zu nehmen und entrüsteten Schrittes seine Wohnung zu verlassen.

»Verzeihen Sie, Madame.« Er öffnete eine Schublade, nahm eine der Star-Wars-Figuren heraus und stellte sie neben Darth Vader. Es handelte sich um einen Sturmtruppler. Soldaten mit weißen Rüstungen und Helmen, mit tödlichen Blastern bewaffnet. Er begann sich zu fragen, ob auch die Sturmtruppler unter ihren Helmen Narben trugen, damit sie einander als Verbündete erkannten.

Auch der Anblick der Spielzeugfigur veranlasste Susanne Markhof nicht dazu, endlich zu verschwinden.

»Ich zahle Ihnen zwanzigtausend Euro, Herr Brunner, wenn es Ihnen gelingt, den Mord an meinem Mann aufzuklären. Und ich zahle Ihnen noch mal dreißigtausend Euro, wenn es Ihnen gelingt, den Mörder von Hans-Jürgen Grifczek zu finden.«

»Warum tun Sie das?«

»Meinem Mann ist die Wahrheit stets heilig gewesen«, antwortete sie. »Er war ein Ehrenmann, wie Sie sich denken können. Es wäre in seinem Sinne, dass der wahre Mörder gefunden wird und nicht eine unschuldige Frau für sein Verbrechen büßen muss.«

Er beschloss, sie mit der offensichtlichen Wahrheit zu konfrontieren. »Und wenn sich alles als Trugschluss herausstellt, Frau Markhof?«

Sie ignorierte seinen Einwand. »Ich biete Ihnen die einmalige Gelegenheit, fünfzigtausend Euro zu verdienen, Herr Brunner. Wie lange ist es eigentlich her, seit Sie vom Polizeidienst suspendiert worden sind?«

Er versuchte ein letztes Mal, sie gegen sich aufzubringen. »Ich nehme an, Sie rechnen sich auch eine Chance auf das Erbe aus. Was ist, wenn Ihr Mann in seinem Testament für eine unangenehme Überraschung gesorgt hat, Frau Markhof?«

Anstatt einer Antwort nahm sie ein Kuvert aus ihrer Handtasche – das Imitat sah wirklich täuschend echt aus – und legte ein Bündel 500-Euro-Noten zwischen Darth Vader, den Sturmtruppler und den Aschenbecher, in dem die beiden von ihr gerauchten Zigaretten lagen.

»Das sind zehntausend Euro, Ihr Vorschuss, Herr Brunner! Entscheiden Sie sich, auf welcher Seite Sie stehen – gehören Sie zu den Guten oder zu den Bösen?«

Sonntag, 12. April – Evangelisches Altenheim, 14. Bezirk

Die Tschuschin[1] versteht ka Mensch!

Warum kommt sie net endlich?

Waas sie denn net, dass ich in der Brunz’n lieg?

Von den Kindern hat aa kaans für mich Zeit!

Die Sophie hat gheiratt. Sie is geschieden. Sie hat sich verdresch’n lass’n von ihr’m wert’n Göttergatt’n. Die Eleonore hat sich gleich kaan g’funden …

Und der Bub, der Mike, der soll hingehen, wo der Pfeffer wächst!

An mir kann’s net liegen.

I hab sie alle zu aufrecht’n deitsch’n Österreichern erzogen!

Warum kommt den kaaner?

Ich hab schon gläut’. Die Tschuschin muss jeden Moment kommen. Oder die Pollakin. – Armes Österreich!

Die Sophie war da, weil sie Geld braucht hat. Weil der Werner ihr keinen Unterhalt zahlt für die Kinder. Geht lieber pfuschen, der Lump! Und treibt sich mit einer Slowenin rum. Die Sophie is viel z’blaaht word’n. Kommt nach ihrer Mutter.

Wenn die Tschuschin net glei’ kommt, dann schrei ich!

Dann kann sie was erleb’m.

Endlich – do steht sie, joa …

Dem Führer sei Dank!

Die Tschuschin sieht heut anders aus. Eh klar, jed’smal hat sie andere Haar. Hauptsache blond, diese slwawischen Weiber. Dafür lassen sie si’ gern pudern.

Was ist mit ihrem Gesicht heit los?

Is ihr der Lippenstift ausganga?

Die Glocke! Wo ist die Glocke?

Da – warum funktioniert das verdammte Ding net?

Was soi des?

Net grob werden! Finger weg von mei’m Nachtleiberl! Ich kenn Sie net …

Wer sind Sie?

Hilfe …

»Adriana …«

»Krystyna …«

Montag, 13. April, 8 Uhr

»Ich verstehe auch nicht, warum der alte Herr nicht nach der Nachtschwester geläutet hat«, sagte Bruno Horvath.

»Wie denn?«, entgegnete Katharina Burger von der Spurensicherung. Sie zeigte ihm ein Kabel mit einer losen Buchse. »Die Glocke war ausgesteckt.«

»Seltsam«, warf Matthias Schweiger ein, Horvaths junger Kollege, der erst im Februar seiner Abteilung zugeteilt worden war. »Genau wie bei dem Mord im Altenheim, in dem Albert Markhof umgebracht worden ist. Wenn es sich da mal nicht um einen Serientäter handelt.«

Bruno Horvath fuhr den neuen Kollegen an: »Lernt man das heutzutage auf der Uni? Dass es sich immer gleich um einen Serientäter handeln muss! Wir leben hier nicht in Amerika. Wir sind hier in Wien – hier gibt es keine Serienmörder!«

Der junge Mann ließ sich nicht beirren. »Im Krankenhaus Lainz haben Pflegerinnen in den 1980er-Jahren über vierzig Menschen umgebracht. Die größte Mordserie in der österreichischen Nachkriegsgeschichte …«

»Es reicht!« Bruno trat um das Krankenbett herum, um den Leichnam des alten Mannes von einer anderen Seite zu betrachten. Um drei Uhr morgens hatte die Nachtschwester den Mann zuletzt lebend gesehen. Der Frühdienst hatte den Toten gefunden. Auf dem Nachtkästchen standen die Alexanderspritze, das Stethoskop, mit dem die Magensonde fälschlich in die Lunge eingeführt worden war, und eine Flasche mit einer Kochsalzlösung.

»Wenn hier noch mal jemand etwas von einem Serienmord faselt, dann kann er sich in ein anderes Dezernat versetzen lassen«, sagte Bruno.

Katharina Burger stellte sich demonstrativ neben Schweiger, der mit seinem sauber gezogenen Seitenscheitel und der Hornbrille wie ein besonders strebsamer Schüler aussah. Pickel und Mitesser auf der Nase rundeten den Eindruck des Milchgesichts ab.

»Das Opfer wurde fixiert«, sagte Katharina Burger. »An Armen und Beinen, damit es sich nicht bewegen konnte. Genau wie Albert Markhof!«

»Na und?«, knurrte Bruno, obwohl er wusste, dass Katharina recht hatte. »Eine Trittbrettfahrerin eben! Wer weiß, welcher riesigen Belastung diese Pflegerinnen in ihrer Arbeit ausgesetzt sind? Liest man doch dauernd in den Zeitungen. Da ist es kein Wunder, dass mal die eine oder andere durchdreht.«

»Was ist eigentlich aus den Lainzer Mordschwestern geworden?«, fragte Katharina nebenbei. Sie trug ihren weißen Schutzanzug. Mit sterilen Handschuhen und einer Pinzette sammelte sie ein Haar auf, das noch auf der Bettdecke lag.

»Die sind längst entlassen worden«, sagte Schweiger.

»Was machen sie wohl heute?«

»Wen interessiert das schon!«, sagte Bruno dazwischen, ehe Schweiger auch mit der Antwort auf diese Frage vor der Chefin der Spurensicherung brillieren konnte.

»Fakt ist«, sagte Katharina – oder Kathrin, wie die Kollegen sie nannten – und deutete auf die Gurte, mit denen das Opfer an Händen und Füßen ans Bett gefesselt worden war: »Dieses Detail wurde nicht an die Öffentlichkeit gegeben, oder?«

»Ja«, bestätigte Bruno. »Davon wissen nur die Angehörigen der SoKo ›Pflegeheim‹. Es sei denn, jemand hat vor der Presse gesungen.« Er maß den neuen Kollegen mit einem abschätzenden Blick.

»Und der Täter!«, fügte Schweiger hinzu.

Bruno Horvath nickte. Er betrachtete den Hals und die nackte, grau behaarte Brust des Mannes. Würde ihn nicht wundern, wenn Christina bei der inneren Leichenschau zu einem ähnlichen Ergebnis kam wie bei Markhof. Verdammt, Schweiger hatte vielleicht sogar recht! Doch Schweiger war ein blutiger Anfänger. Wie sehr hasste er diese Typen, die frisch von der Uni kamen, ohne sich jemals als Streifenpolizist ihre Hände schmutzig gemacht zu haben!

»Waltraud Wagner!«, sagte Katharina plötzlich wie aus der Pistole geschossen.

»Was?«, fragte Schweiger verdutzt.