Die Welt und die Erde - David Van Reybrouck - E-Book

Die Welt und die Erde E-Book

David Van Reybrouck

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Beschreibung

Sogenannte Doppelleucht-Globen zeigen die Welt und die Erde. Man knipst ein Licht an, und es erscheinen Länder, Grenzen, Hauptstädte – die politische Welt. Licht aus, und man sieht Wüsten, Wälder, Meeresströmungen – die physische Erde. Einen solchen Globus hatte in seinem Elternhaus der belgische Schriftsteller David Van Reybrouck. Licht aus, Licht an.

Für Van Reybrouck ist dieses kugelförmige Modell eine Metapher für die globalen Herausforderungen unserer Zeit: Wir müssen die Erde retten – versuchen dies aber mit einer Form der Diplomatie, die Denker und Politiker wie Richelieu und Metternich in vergangenen Jahrhunderten entwickelt haben: Weltpolitik, bei der letztlich doch die Staatsraison den Ausschlag gibt. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe müssen wir neue, planetare Formen der Erdpolitik erfinden, bei denen die Erdraison im Zentrum steht. Modelle wie beispielsweise einen globalen Klimarat, bei dem per Los bestimmte Erdenbürger über die Geschicke des Planeten beraten.

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Seitenzahl: 53

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Cover

Titel

3David Van Reybrouck

Die Welt und die Erde

Wie können wir sie bewahren?

Aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert

Suhrkamp

Impressum

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Die niederländische Originalausgabe erschien unter dem Titel De wereld en de aarde. Hoe houden we het veilig? 2025 bei De Bezige Bij (Amsterdam).

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2025

Der vorliegende Text folgt der deutschen Erstausgabe, 2025.

© der deutschsprachigen Ausgabe Suhrkamp Verlag GmbH, Berlin, 2025© David Van Reybrouck, 2025

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Umschlaggestaltung nach einem Konzept von Willy Fleckhaus: Rolf Staudt

Umschlagfoto: © Philippe Llanes

eISBN 978-3-518-78496-9

www.suhrkamp.de

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Informationen zum Buch

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Der Globus

Ein Sommertag auf der Fasaneninsel

Wie Foie gras und Diplomatie die Welt eroberten

Gemeinsam für das Eigeninteresse: Diplomatie seit dem 19. Jahrhundert

In der Vergangenheit erreichte Ergebnisse bieten keine Garantie für die Zukunft

Raison de Terre

Von der Weltpolitik zur Erdpolitik

Das Geräusch eines Gletschers

Danksagung

Anmerkungen

Informationen zum Buch

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Der Globus

Es fühlt sich seltsam an. Ich gehe durch die Räume meiner Kindheit – das beige Wohnzimmer, das kühle Arbeitszimmer, das moosgrüne Badezimmer, mein altes Schlafzimmer am Ende des Flurs –, alles ist noch da, alles hat noch einen Namen, nur gibt es jetzt gerade keine Sprache. Das Haus ist auf einmal so kalt und still. Meine Mutter liegt seit einigen Tagen im Krankenhaus, ich hole rasch ein paar Sachen für sie. Aus der Hauptstadt bin ich in die Landgemeinde gefahren, in der sie schon ein Leben lang wohnt, und trödle nun herum in der leblosen Leere des Hauses, das ich so gut kenne. Draußen vor dem großen Fenster: Reihen von Pappeln, Reihen von Kopfweiden, klumpige Erde, verrottetes Laub, Januar.

Hier lebte einmal eine Familie, mit einem Hund, der über die Abdeckroste der Bodenheizung wetzte, wenn er im Garten eine Katze erblickt hatte, mit dem Rauschen des Herds und dem Seufzen einer Bierflasche, die geöffnet wurde. Im Geiste höre ich, wie sich meine Eltern unterhalten, nachdem der Rundfunksprecher seine ernsten Nachrichten im Wohnzimmer hinterlassen hat, ich höre, wie mein Bruder einen Witz reißt und ich lospruste, im Dialekt, denn sogar das Lachen klang damals herzhafter. Nun aber ertönt hier nicht einmal die Stimme meiner Mutter, der letzten Bewohnerin dieses guten Hauses.

Ich gehe in mein altes Jugendzimmer und ziehe die 8Schubfächer der beiden Schränke heraus. Ich weiß, dass da nicht mehr viel drinliegt – ein Hemd, das ich nie mehr trage, ein kleiner Teppich, den ich einmal geknüpft habe, Seminarunterlagen Vorgeschichte, Bodenkunde, Philosophie.

Im untersten Fach finde ich ihn: den Globus aus Plastik, den ich als Kind geschenkt bekam. Ich muss sieben oder acht gewesen sein, als ich diese pure Magie zum ersten Mal in den Händen halten durfte. Stundenlang lag ich auf dem orangebraunen Teppich, den Daumen auf dem Lichtschalter. Licht aus: Ozeane, Flüsse und Gebirgszüge. Blau bis dunkelblau getönt das Meer, dunkelgrün bis hellorange das Land. Licht an: Oh Wunder der Technik! Die »Politische Einteilung« der Welt! Jedes Land in einem anderen Farbton. Brasilien Gelb, Argentinien Rot, Chile Grün. Westeuropa war ein dicht bedrucktes Mosaik aus Farben und Buchstaben. In den Niederlanden und in Belgien drängelten sich die Städtenamen. Rotterdam schmiegte sich an Antwerpen, Amersfoort und Gent. Auch andernorts war es beengt. Lyon klebte an Genf, Hamburg an Bremen. Sogar Brügge war verzeichnet, die Stadt, zu der wir als Landgemeinde offiziell gehörten. Licht aus: die Alpen, der Himalaya, die Gangesebene. Licht an: Tokio, Kyoto, Osaka. Licht aus: der dunkelblaue Hinterkopf des Pazifischen Ozeans, mit nicht zu entziffernden, winzigen Punkten, die sich, Licht an, als Französisch-Polynesien entpuppten.

Alles war scheinbar so gut sortiert. Es gab die Welt und es gab die Erde. Die Welt, das war Licht an: das helle Farb9spiel von Grenzen und Menschen und Hauptstädten und Autobahnen. Die Erde, das war Licht aus: die dunkle Masse der Kontinente, Meeresströmungen, Gebirgsmassive, Tundren, Taigas, Äquatorialwälder und Polkappen. So hatten wir es geregelt.

So war es, und so würde es immer sein. Die Erde war die konkrete, raue Materie, zum Zweck der Verwaltung fein säuberlich in Länder unterteilt, die zusammen ein buntes Puzzle aus zweihundert Teilen mit viel Blau dazwischen bildeten. Die Erde war etwas Physisches, die Welt etwas Politisches. »Politische Einteilung«, allein schon der Begriff. Die Politik begann offensichtlich erst in dem Moment, in dem von Einteilung die Rede war. Erst teilen, dann herrschen.