Die Wunder der heiligen Jüngerinnen Maria Jakobea und Maria Salome - Marie Johanne Croteau-Meurois - E-Book

Die Wunder der heiligen Jüngerinnen Maria Jakobea und Maria Salome E-Book

Marie Johanne Croteau-Meurois

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Beschreibung

Leben und Wirken der Jüngerinnen Christi. Nach dem Tode Jesu und auf der Flucht vor den Römern machen sich eine Gruppe Jünger, unter ihnen die Jüngerinnen und späteren Heiligen Maria Jakobea und Maria Salome, auf eine Reise ins Ungewisse. Salome erzählt von der Schiffsfahrt von Galiläa in die französische Camargue, wo sie selbst sowie Martha, Miriam von Magdala und vor allem Jakobea die Heilkunst, die Jesus selbst sie gelehrt hat, praktizieren werden. Indem sie durch die Augen von Salome (Shlomit) präzise in das Gedächtnis der Zeit eindringt, lädt die Autorin uns ein, die wahre Natur des Atems zur Heilung von Körper und Seele besser zu verstehen. Eines Atems, der uns auch zweitausend Jahre später noch immer fasziniert und verzaubert. Sie lässt uns an den wahren Ereignissen teilhaben, beantwortet zahlreiche Fragen und schließt zugleich eine historische Lücke. Dank seiner Sanftheit und subtilen Informationen ein therapeutisches Buch. Ein tröstendes Werk. Antrieb zum Wachstum und leuchtender Zeuge in unserer Welt voller Zweifel und Ängste. Dieses Buch trägt uns in eine Erzählung, die in vielerlei Hinsicht liebevoll auf unser Rufen im Heute antwortet. Ein zeitloses Werk, das den Horizont erweitert und eine noble Empfindsamkeit weckt, die in jedem von uns verborgen liegt …

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Seitenzahl: 253

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MARIE JOHANNE CROTEAU-MEUROIS

MIT EINEM VORWORT VON DANIEL MEUROIS

DIE WUNDER DER HEILIGEN JÜNGERINNEN

Maria Jakobea & Maria Salome

Aus dem Französischen von Anja Schmidtke

Alle Rechte vorbehalten.

Außer zum Zwecke kurzer Zitate für Buchrezensionen darf kein Teil dieses Buches ohne schriftliche Genehmigung durch den Verlag nachproduziert, als Daten gespeichert oder in irgendeiner Form oder durch irgendein anderes Medium verwendet bzw. in einer anderen Form der Bindung oder mit einem anderen Titelblatt als dem der Erstveröffentlichung in Umlauf gebracht werden. Auch Wiederverkäufern darf es nicht zu anderen Bedingungen als diesen weitergegeben werden.

Copyright der Originalausgabe © Éditions Le Passe-Monde - Québec, 3e trimestre 2020 Imprimé au Canada; Titel der Originalausgabe: »Le Don du Souffle – De la Galilée à la Camargue, une disciple du Christ raconte …«

Veröffentlicht in Partnerschaft mit Maurice Baldensperger und Francis Hoffmann GbR »Publish Vision«; [email protected], www.publishvision.de

Copyright der deutschen Ausgabe © 2022 Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN: 978-3-96933-023-4

eISBN: 978-3-96933-965-7

1. Auflage 2022

Übersetzung aus dem Französischen: Anja Schmidtke

Umschlaggestaltung & Satz: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung verschiedener Motive von © Hanna Kh; www.shutterstock.com; Coverbild: Adaption eines nicht identifizierten Werkes : Christophe Saulière; Karte “Die Reise der ersten Jünger”: Thomas Haessig

Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstraße 1 · D-56593 Güllesheim

www.silberschnur.de · E-Mail: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Vorwort von Daniel Meurois

Kapitel1:Die Gemeinschaft der Überlebenden

Kapitel2:Die Erschütterung

Kapitel3:Die Überfahrt

Kapitel4:Erste Schritte im Land Kal

Kapitel5:Die Gabe der Lebensessenz

Kapitel6:Der Vollmond von Belisama

Kapitel7:Heilungen

Kapitel8:Zusammenführerinnen

Kapitel9:Wiedersehen

Kapitel 10:Feuer und Wasser

Kapitel 11:Bangen der Seele

Kapitel 12:“Trink deinen Kelch nicht nur zur Hälfte”

Epilog – Entflogen

Über die Autorin

Für Zebedäus, Jakobea und Subrona.

Für meine Mutter, stolz auf meine Feder,

während sie die Flügel schwang.

Für all die Seelen, denen ich in diesen

so kostbaren Zeiten begegnet bin.

Für alle, die Christus lieben.

Für Daniel, in Liebe

für seinen beständigen Rückhalt

beim Schreiben dieses Berichtes

und in Dankbarkeit

für seine liebevolle Gegenwart.

Vorwort von Daniel Meurois

»Seele und Herz haben ihren eigenen Mund, und wenn man sie ihre Geheimnisse preisgeben lässt, entströmen ihnen Worte, wie sie auf diesen Seiten zu finden sind …”

Dieser Gedanke kam mir, als ich das Manuskript von Die Wunder der heiligen Jüngerinnen zum ersten Mal las, und seitdem ist mir nichts Zutreffenderes in den Sinn gekommen, um den Duft dieser Worte zu beschreiben. Natürlich braucht es Ohren, die zu hören wissen, um ihre wesenhafte Sprache zu verstehen … aber so ist es ja mit allem, was rein ist.

Was ist unfassbarer als der Atem? Und erst recht der Atem des Lebens … Denn genau um ihn geht es in diesem Buch, das uns verstehen und fühlen lassen möchte, was die ersten Jüngerinnen Christi beseelt und bestärkt haben mag, als sie vor zwei Jahrtausenden an der Mittelmeerküste Galliens anlandeten.

Doch warum sollte man nach so langer Zeit eine Geschichte überhaupt noch einmal aufleben lassen? Ich glaube, die Antwort ist ganz einfach: Weil sie genährt wird von etwas, das uns heute so sehr fehlt – es ist der Atem, mit anderen Worten die Macht zu lieben, sich vertrauensvoll von etwas tragen zu lassen, das berufen ist, das menschliche Wesen zu sublimieren, die Suche und Weitergabe eines ewigen Lichts.

Mit diesen Seiten, die in der Akasha-Chronik erfasst sind, tauchen wir ein in die lehrreiche Heraufbeschwörung großer Wahrheiten, die die Universalität jeder spirituellen Dimension berühren.

Natürlich wurde zu diesem Thema schon geschrieben, doch sicher nicht auf diese Weise und auch nicht mit der Beantwortung von Fragen, zu denen die Geschichte schweigt.

Denn was bewog Frauen wie Maria Magdalena, Salome, Jakobea, Martha und andere im Gefolge von Joseph von Arimathia eigentlich dazu, Galiläa zu verlassen, um ein unbekanntes Land zu betreten und dort zu verbreiten, was in ihren Herzen war?

“Sie wollten evangelisieren”, lautet dazu die Antwort der Kirche. Nein, gewiss nicht, denn: Es gab keine Schriften, es war noch kein Wort verfasst worden, Christus war noch nicht als solcher erkannt, und für jene, die seine Liebe und Weisheit erfahren hatten, kam es gar nicht infrage, eine neue Religion zu gründen.

Man war inmitten einer spontanen, plötzlichen Ausdehnung des spirituellen Bewusstseins. Heute würde man sagen, dass ein echter Quantensprung stattfand …

In Wahrheit ging es darum, die Liebe neu zu erfinden, ihr eine nie da gewesene Dimension zu verleihen, in ihr den Antrieb von allem, was ist, zu erkennen, einen Sturm in den Köpfen zu entfachen und sie die unendliche Freiheit kosten zu lassen, die sie verheißt.

Und so begeben wir uns mit diesem Bericht, den Marie Johanne Croteau uns durch die Augen der Jüngerin Shlomit, heute unter dem Namen Maria Salome bekannt, zuteilwerden lässt, auf eine Reise “abseits der ausgetretenen Pfade” ohne jede Verbindung zur dogmatischen Sichtweise der Kirche.

Wir sind hier daher sehr weit entfernt von den “Heiligen”, die von einer Tradition ohne wirkliche Grundlage geschaffen wurden. Stattdessen gehen wir Hand in Hand mit oft fragilen Frauen, die zweifelten, litten, Ängste ausstanden und dennoch den liebenden Atem der christlichen Ursprungswelle in ihrer Brust zu nähren wussten.

Während wir sie auf ihrer Reise begleiten, finden wir wieder, was wir größtenteils vernachlässigt oder verloren haben: die Einfachheit des Lebendigen, bedingungslose Liebe zu allem, was ist, und das innige Wissen um die fundamentale Natur des Göttlichen.

Uns wird offenbar: Jenseits der Zeit reichen diese Frauen die Staffel ihrer Bewusstwerdung an uns weiter. Es liegt an uns, sie zu ergreifen und für die kommende Welt “etwas” daraus zu machen.

Meines Erachtens sind in dieser Frage nur wenige Bücher so offen, erfrischend und wahrhaftig wie Die Wunder der heiligen Jüngerinnen.

Seine verwandelnde Kraft möchte zu Stille und Klarheit einladen, mit einer unverkennbaren, sanften Energie, die uns umhüllt und tröstlich und anspornend zugleich ist. Unmerklich treten wir in einen lebendigen meditativen Zustand ein, der uns einen unermesslichen inneren Raum voller vergessener Freude wiederentdecken lässt.

Wenn die Vergangenheit die Gegenwart erhellt und ihr ihre heilige Dimension zurückgibt, erhält das Leben ungeahnten Wert. Darin liegt ein guter Teil des Zaubers und Feinsinns dieses Werks von Marie Johanne Croteau.

Daniel Meurois

1. Kapitel

Die Gemeinschaft der Überlebenden

Es war etwa das Jahr 40 unseres Zeitalters, und Jerusalem hatte gerade das vierte Paschafest gefeiert, nachdem Meister Jeshua gekreuzigt worden war. Vier Jahre schon … Vielleicht auch noch etwas mehr, ich weiß es nicht mehr genau.

Es kam mir vor, als würde die Zeit jetzt anders vergehen nach dem Schock, den dieses entsetzliche Ereignis und die darauffolgende Trennung in uns allen hinterlassen hatten.

Nachdem Er sich in dem Grab, das sein Onkel Joseph1 ihm zur Verfügung gestellt hatte, hatte regenerieren können und uns danach auch zwei- oder dreimal wiedergesehen hatte, herrschte sehr viel Unklarheit um die Person des Meisters. Wo würde Er nun leben? Was würde Er tun?

Manchmal hörte man dieses, dann jenes und oft genau das Gegenteil. Nur eines war sicher: Wir fühlten uns schrecklich verwaist. Gewiss nicht als Waisen des Wortes, das Er uns anvertraut hatte, sondern als Waisen seiner Gegenwart. Denn sie allein war so unendlich größer als die eines Menschen!

Ja, vier Jahre mussten wir nun wohl schon auf den Wegen Galiläas, Judäas und Samariens unterwegs sein, in der Hoffnung, nur ein wenig von dem auszusäen, was Er uns geschenkt hatte. Was sonst sollten wir mit unserem Leben anfangen?

Vier Jahre, in denen wir uns fast ständig versteckten und in Angst vor einer Festnahme lebten …

Die Römer begannen langsam, das Ausmaß des Windes der Freiheit zu begreifen, den Meister Jeshua entfacht hatte, und ihre Jagd auf die “Galiläer”, wie sie uns oft nannten, wurde immer erbitterter. Mit “wir” meine ich alle, die Ihm bis zur Erschöpfung auf Schritt und Tritt von Dorf zu Dorf gefolgt waren.

Ich weiß nicht, wie viele genau wir waren, ich habe nie nachgezählt. Aber wie hätte das auch gehen sollen? Manchmal kam es mir vor, dass wir nur wenige waren, dann wieder viele, wenn mir bewusst wurde, wie viele Herzen berührt worden waren und auch den Mut hatten, es zuzugeben.

“Shlomit”, fragten sie mich, “stimmt es, dass du Ihn kanntest und Ihn wirklich begleitet hast? Wie war Er zu dir? Und stimmt es, dass Er zwischen den Toden zurückgekehrt ist? Hast du es mit eigenen Augen gesehen? War Er der ‘Gesegnete’?”

Es war alles zu viel auf einmal … Mitunter wusste ich nicht genau, was ich sagen sollte und vor allem wie. Alle diese Fragen, diese mir zugewandten Gesichter machten mich schwindelig und schüchterten mich ein. Daher kam es oft vor, dass in diesen Momenten im stillen Winkel eines öffentlichen Platzes, im Schatten eines Olivenhains oder an einem Strand meine Seelenschwester Jakobea2 versuchte, Worte zu finden, die ihr in den Sinn kamen und die zu uns passten …

Jakobea redete laut, während ich wie ein kleines verletztes Tier Ruhe brauchte und mich unauffällig hinter ihrer Stärke verbarg, die es mir überhaupt erst ermöglichte, die Prüfung Seines Fortgangs zu bestehen.

Reflexartig senkte ich immer eilig meinen Schleier auf mein Gesicht und versuchte, einfach mit den Händen zu lieben und zu heilen. Das hatte Er mich ganz zu Anfang gelehrt, vor allem anderen … zu heilen und zu trösten.

Und so reihten sich Leidende von ich weiß nicht woher vor mir auf, und ich legte ihnen die Hände auf und ließ die heilende Welle ihr Werk tun.

Jakobeas melodische Stimme begleitete mich und beruhigte mich, aber noch viel mehr waren es Jeshuas Augen, die innerlich bei mir waren und mir zulächelten. Und dieses Lächeln, Sein Lächeln, gab mir die Kraft, den Atem der Heilung bis ins Unendliche derer zu verlängern, die man die anderen nennt.

Wenn meine Schwester und ich zusammen waren, wussten wir immer, wann “etwas” vor sich ging. Jeshua hatte immer von der flüchtigen Erscheinung einer Art Wolke gesprochen, die alle einhüllte, die liebten. Sicherlich war es das, was wir in solchen Momenten immer wieder erahnten und sogar wahrnahmen, sodass wir mitunter weinen mussten …

Anfangs waren wir in recht kleinen Gruppen von Dorf zu Dorf geirrt und hatten uns immer wieder zerstreut, um die Aufmerksamkeit der Römer nicht auf uns zu ziehen. Dennoch waren ganz allmählich Treffpunkte in Ställen und Fischerhütten entstanden.

Simon, der Sohn des Töpfers, war sehr emsig und präsent. Thaddäus, Thomas und Bathseba waren meist bei Jakobea und mir, um Kranke zu pflegen und zu den Suchenden von Dem zu sprechen, was wir empfangen hatten. Auch Meryem, die Mutter des Meisters, hatte ihre kleine Gruppe, die sich spontan aus Miriam, der Ehefrau ihres Sohnes, und ihrem Enkel Markus sowie Martha und manchmal Joseph gebildet hatte.

Oft flüchteten sie sich in eine kleine Fischerhütte in einer Talmulde nicht weit von Tiberias, wo so viele Römer waren, dass niemand darauf gekommen wäre, sie dort zu suchen.

Johannes war zwar immer in der Nähe von Meryem, suchte aber immer wieder auch den Kontakt zu Philippus und Bartholomäus. Simon-Petrus, sein Bruder Andreas und Levi3 wiederum hielten sich mehr abseits, als wären sie besonders vertraut miteinander …

Es gab also seelische Verbundenheiten, aber unsere kleinen Gruppen waren nicht in Stein gemeißelt, und oft trafen sich Miriam aus Migdel, Meryem und Joseph mit Simon, seiner Ehefrau, Jakobea und mir. Wir versammelten uns, übernachteten selten zwei- oder dreimal hintereinander am selben Ort und wanderten von einer Gruppe zur anderen. Manchmal wurden Behausungen vor uns verschlossen, wo man bisher immer gastfreundlich zu uns gewesen war, und man hieß uns aus Angst vor Repressalien nicht mehr willkommen. Doch zum Glück taten sich auch immer wieder andere Unterkünfte auf.

In dieser Zeit zeigten sich allen Erwartungen zum Trotz manche Zeloten sehr hilfsbereit, denn sie beherbergten uns und warnten uns sogar vor Orten, die wir besser meiden sollten.

“Allen Erwartungen zum Trotz”, weil schon das bloße Aussprechen ihres Namens und die Erwähnung ihrer Existenz eine Art unbewusstes Tabu für uns geworden waren.

Barabbas’ Befreiung hatte uns so zugesetzt, dass sie eine klaffende Wunde in uns hinterlassen hatte. Deshalb wagte niemand, von den Zeloten zu sprechen, wenn wir zusammen waren. Es war eine Art Scham, die Unfähigkeit, uns einzugestehen, dass wohl doch nicht alle von ihnen mordende Berserker waren.

Dennoch hatten viele von uns akzeptiert, dass einige Zeloten vom Wort und von der inneren Kraft des Meisters berührt worden waren.

Ja, wir fürchteten uns lange davor, das anzuerkennen, wahrscheinlich, weil wir dann das Gefühl gehabt hätten, Jeshua irgendwie verraten zu haben.

Aber irgendwann mussten wir uns der Tatsache stellen, dass immer mehr von ihnen, auch wenn sie sehr in der Minderheit waren, uns respektierten und versuchten, uns so gut es ging zu schützen, auch wenn manche verstanden hatten, wie sie Nutzen aus dem Einfluss ziehen konnten, den der Meister weiter durch uns ausübte.

Ich glaube, es war in dieser Zeit der allgemeinen Verwirrung, als immer mehr Römer begannen, auch sie “Galiläer” zu nennen. Das hatte zur Folge, dass wir nicht mehr wirklich wussten, wem wir vertrauen sollten, zumal sich einige Türen, die wir für wohlgesinnt gehalten hatten, plötzlich vor uns geschlossen hatten.

Immer war da die Angst, und einige hatten sogar das Gefühl, dass der Meister uns schlicht angelogen hatte. Warum sonst, fragten sie, war er wohl als einfacher Lestai4 ans Kreuz genagelt worden?

Trotz unserer eindringlichen Zeugenberichte glaubten sie überhaupt nicht an seine Regeneration und auch nicht an seine Wiederauferstehung, wie sie von einigen verbreitet wurde. Aus allen diesen Gründen beschlossen wir, nichts zu erzwingen. Denn war das schließlich überhaupt so wichtig?

Eines Tages in den frühen Morgenstunden, als ich gerade sorgfältig Kräuter pflückte, mit denen ich meine Salben herstellte, so gut es unter den Gegebenheiten eben ging, spürte ich plötzlich jemanden hinter mir. Ich wandte mich um.

Es war Zebedäus, mein Ehemann. Er stand dort, ein wenig vornübergebeugt, mit unruhigem Blick, flüsternd. Offenbar fürchtete er, gesehen und gehört zu werden.

Seit ich beschlossen hatte, sein Haus in Bethsaida zu verlassen, um durch das Land zu ziehen, hatte ich ihn ab und zu unter den Zuhörern gesehen, als der Meister noch unter uns geweilt und gelehrt hatte. Dann näherte er sich mir manchmal unauffällig, um mir etwas in die Hand zu drücken, damit ich mir Bedürfnisse erfüllen konnte, die ich nicht zugeben wollte – Wolle zum Weben, Leinen, um zwei oder drei Kleider zu reparieren, oder Schleier. Er hatte mich niemals im Stich gelassen, obwohl ich von ihm fortgegangen war. Ja, so war er …

Diesmal allerdings wusste ich sofort, dass er wegen etwas anderem gekommen war: Er wollte uns einen Ort vorschlagen, wo wir vor Denunzianten geschützt übernachten konnten.

“Zebedäus, warum flüsterst du so? Bitte sprich normal mit mir und sorge dich nicht, niemand beobachtet uns …”

“Glaubst du wirklich? Du bist nicht vorsichtig genug. Ich weiß, dass ihr Orte zum Übernachten sucht. Zu viele Türen haben sich schon vor euch geschlossen, oder nicht? Viele haben Angst. Aber ich … ich kann euch mein Haus anbieten. Es gehört ja auch immer noch dir. Meine Söhne sind fortgegangen, wie du weißt, daher würden wir kein Aufsehen erregen. Jakobea, du und die paar anderen, die euch begleiten, ihr könnt alle kommen und dort Unterschlupf finden. Auch Chalphi bietet euch dort oben gerne seine Schafställe an. Niemand kommt jemals dorthin. Wir wollen unseren Teil beitragen, Shlomit! Ich will nicht, dass du leidest oder es dir an irgendetwas fehlt. Du bist mir wichtig, du wirst mir immer wichtig sein. So ist es nun mal … du bist in meinem Herzen.”

Ich blickte Zebedäus in die Augen. War er nicht immer noch mein Ehemann? Fast hatte ich ihn vergessen, als würde er zu einem anderen Leben gehören. Er brachte mich völlig durcheinander …

“Du bist mir auch wichtig”, antwortete ich ihm mit Tränen in den Augen. “Wir nehmen deine Gastfreundschaft freudig an. Immer von einem Ort zum nächsten zu wandern, ist anstrengend.”

“Gut, das ist gut”, sagte er einfach, und auf seinem hageren Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus.

Ich sah ihn fortgehen, leicht gebeugt, aber leichteren Schrittes, wie befreit von etwas, das er zu lange mit sich herumgetragen hatte.

Hatte ich, ohne es jemals zu beabsichtigen, ihn dazu gebracht, sich zu verschließen? Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken und stand auf, um zu Jakobea zu gehen.

Ich habe nie gewusst, ob Zebedäus nur einen Moment lang geglaubt hat, ich würde seine Einladung annehmen, aber noch am selben Abend traten meine Schwester und ich tief bewegt durch die Tür meines alten Hauses.

Zebedäus erwartete uns gemeinsam mit Chalphi. Bei ihrem Anblick im Halbschatten spürte ich Jakobea neben mir hochschrecken. Es kam so unerwartet, als hätten unsere Ehemänner gleichzeitig den Wunsch gehabt, uns fernab von den Blicken der anderen wiederzusehen.

Hatten wir je wirklich begriffen, wie sehr sie gelitten hatten, als sie uns hatten gehen sehen, als wir sie verließen, um uns dem Meister anzuschließen? Und hatte uns gekümmert, welches Gerede sie unweigerlich mitangehört und ertragen hatten? Zweifellos hatten sie auf ihre Art genau verstanden, welche Rolle ihnen zukam und was der Ruf Jeshuas bedeutete.

An all das dachte ich, an ihr Stillschweigen und ihren großzügigen Verzicht, als Zebedäus schüchtern meine Hand nahm, um mit mir auf die große Terrasse zu gehen, auf der wir einst vor meinem Fortgehen wunderschöne, friedliche Momente der Zweisamkeit verbracht hatten.

Wie viele andere fragte auch er mich, was seit der Regeneration des Meisters alles geschehen war. Aber war es wirklich das, was ihn mehr als alles andere beschäftigte? Im tanzenden Schein der Öllampe sprachen seine Augen zu mir immer noch in der Sprache der Liebe, wie früher, auch wenn er versuchte, es zu verbergen.

Ich erinnere mich noch gut daran … Es war ein wundervoller Abend unter Sternen, an dem wir uns zuflüsterten, was wir alles erlebt hatten und was sich hier und da ereignet hatte. Es war auch eine Nacht mit langen Momenten des Schweigens, Hand in Hand, bevor wir einschliefen. Es gab nur Zärtlichkeit, und sie war wie Balsam für meine und auch für Zebedäus’ Seele, da bin ich mir sicher …

Und als ich Jakobea lachend und mit lauter Stimme Chalphi von ihren letzten Jahren beim Rabbi erzählen hörte, wusste ich, dass auch sie glücklich über diese Ruhepause in unserem so gefährlich gewordenen Leben war.

Auch wenn Liebe auf verschiedene Weisen gelebt werden kann, ist sie. Und sie bleibt bestehen, über die Illusion der Trennung hinaus, wenn sie auf Respekt und Authentizität beruht.

Am Tag darauf, als Jakobea und ich ausgeruht und zufrieden unsere Taschen nahmen, um uns wieder den anderen anzuschließen, sprachen wir noch einmal über die, die Jeshuas Regeneration abstritten und für die Idee seiner Wiederauferstehung eintraten.

Meiner Seelenschwester und mir fiel es sehr schwer zu verstehen, warum wir nun Seine Regeneration verschleiern sollten und “man” uns immer öfter aufforderte, sie zu verhehlen.

Warum wollten sie das? Und wer waren überhaupt “man” und “sie”? Ich musste an Worte von Johannes denken, der studiert hatte und uns immer wieder zum Staunen brachte, und erinnerte meine Schwester daran.

“Erinnere dich, Jakobea, was Johannes uns allen einmal erklärt hat. Seine Worte kommen mir immer wieder in den Sinn.

Er wollte uns zu verstehen geben, dass die Idee oder das Prinzip der Wiederauferstehung schon seit jeher ins Gedächtnis aller Männer und Frauen eingepflanzt ist. Er versicherte uns sogar, dass es so auch im Land der Roten Erde5 war und der Meister es ihn lehrte, während ein Teil von Ihm schon ahnen musste, was geschehen konnte.

Damals hat Johannes uns auch gesagt: ‘Es gibt einige, die den Meister vergöttlichen wollen, was ihnen vielleicht auch gelingen wird, denn sie können nicht verstehen, dass Er nicht deswegen gekommen ist. Sie können es nicht, weil es zu groß für sie ist. Deshalb müssen sie Ihm einen Thron, eine Statue errichten. So ist es immer. Blickt in sie hinein, ihr werdet sehen …’

Erinnere dich, wie sehr uns diese wenigen Worte geprägt haben”, fügte ich hinzu. “Wir waren mit Martha dabei, und wir alle drei, das ist jetzt so klar, wollten uns nicht die Namen derer merken, die sich plötzlich von uns abgewandt hatten, und auch nicht, wo die Häuser lagen, deren Türen sich nie mehr für uns geöffnet hatten.

Dadurch, dass wir uns nicht die Bilder von Furcht, Feigheit und sogar Verrat einprägten, blieben wir Dem treu, Der uns so vieles gelehrt hatte und von Dem wir wussten, dass Er noch irgendwo lebte …”

Doch auch wenn ich es noch nicht zu sagen wagte, sogar nicht zu Jakobea, spottete ich insgeheim ziemlich darüber, welchen Unterschied man zwischen Regeneration und Wiederauferstehung machte.

Meiner Ansicht nach kamen Jeshuas Macht und Licht nicht daher, sondern von der Großartigkeit dessen, das Er in uns allen wecken wollte. Er hatte niemals gewollt, dass man ihn verehrt, und auch nicht, dass man Lügen verbreitete, vor allem nicht darüber, was Er war oder nicht war.

Seine Großartigkeit kam von dem unbeschreiblichen Atem, der mehr war als menschlich, uns jeden Tag mehr durchdrang und uns oft das Gefühl gab, trotz der Gefahren des Lebens, für das wir uns entschieden hatten, unbesiegbar zu sein.

Es war folgerichtig, vernünftig und unsinnig zugleich. Ich weiß noch, dass ich manchmal mitten in der Nacht mit der Empfindung aufwachte, dass meine Gedanken nicht mehr existierten und durch einen Blick ersetzt worden waren, der alles von oben sah und vieles verstand, weit über die kleine Shlomit am Wegesrand hinaus. Es war eine Intelligenz, die mehr war als Intelligenz … eher ein formloses Wissen, das jedes Verständnis überstieg.

Bei unseren Treffen liebte Johannes es sehr, über diesen Seins- oder eher Bewusstseinszustand zu sprechen, den nicht nur ich erfuhr und der einige von uns mitunter beunruhigte. Für ihn war es der Beweis dafür, dass das Siegel, das Jeshua unseren Seelen aufgeprägt hatte, sein Werk vollbrachte und durch es alles geschehen würde.

Aber was war dieses alles?

1Joseph von Arimathia (s. Daniel Meurois: “Jesus’ Jüngerinnen – Das geistige Erbe der drei Marien” und “Le livre secret de Jeshua”, Band 1 und 2); Silberschnur Verlag.

2Maria-Jakobea (s. Daniel Meurois: “Jesus’ Jüngerinnen – Das geistige Erbe der drei Marien”); Silberschnur Verlag.

3Matthäus

4Bandit

5S. Mythos um Osiris, der mit Isis’ Hilfe aus dem Totenreich zurückkehrte. Heute würde man von Archetypen sprechen.

2. Kapitel

Die Erschütterung

Und dann kam dieser Tag, dieser so seltsame Tag, den niemand von uns sich hätte vorstellen können, an dem ein Mann auf einem Maultier vor einer Scheune in der Nähe des inzwischen unbewohnbar gewordenen Hauses von Miriam in Migdel auftauchte. Es war ein annehmbarer Unterschlupf, wo wir manchmal für ein paar Nächte Zuflucht suchten.

Das Gesicht des Mannes war uns nicht unbekannt, aber er musste sich erst vorstellen, bevor wir wussten, wer er genau war, und ihm unser Vertrauen schenken konnten. Seinen Namen weiß ich nicht mehr, aber er stellte sich als Bote von Joseph vor, der, offenbar fiebrig und im Wissen, beobachtet zu werden, sich nicht selbst hatte aufmachen wollen, um auf gut Glück unsere Verstecke nach uns abzusuchen.

Zuerst glaubten wir dem Mann kein Wort. Ich erinnere mich auch, dass er so unbeholfen sprach, dass wir ihn mehrmals baten, sich zu wiederholen. Die Botschaft lautete: Joseph forderte uns auf, ihn unverzüglich in der Nähe von Akkon aufzusuchen, weil wir das Land schnellstmöglich verlassen mussten.

Zuerst dachten Jakobea, ich und ein paar andere, dass er nur zu Miriam gesprochen hatte. Aber weit gefehlt: Er meinte uns alle.

Spontan wies ich alles von mir, und ich weiß, dass ich nicht die Einzige war, denn ich sah zwei oder drei von uns mit den Schultern zucken. Das konnte doch nicht sein! Es war unsinnig! Joseph verlangte also von uns, sozusagen zu fliehen?

Das würde bedeuten aufzugeben, unser Land, unsere Ufer zu verlassen, denjenigen zurückzulassen, den ich endlich wiedergefunden hatte, meinen geliebten Zebedäus, aber vor allem, den Atem aufzugeben, zu dessen Trägern der Meister uns gemacht hatte … Das war unmöglich!

Natürlich war die Lage sehr schwierig und gefährlich geworden. Wir alle wussten, dass man die Scharmützel und Toten in den Dörfern schon gar nicht mehr zählte. Noch dazu wollten einige sich mit den Römern anlegen und verkündeten laut, dass der “Rabbi in Weiß” noch lebte. Was natürlich zu noch mehr Blutvergießen führte.

Glaubten die lautstarken Rufer auf dem Land, in den Dorfgassen und am Ufer des Sees Genezareth wirklich daran? Wie konnte man sich da sicher sein? Wir bezweifelten, dass sie ehrlich waren.

Uns schien es eher eine Art Schlachtruf zu sein, mit dem die gewalttätigsten Zeloten zum Widerstand aufriefen. Zweifellos war “Jeshua, der Wiederauferstandene” für sie zu einem Argument geworden, zu einer unverhofften Waffe, die das Schicksal ihnen beschert hatte. Doch wo war Sein Wort in all dem? Die meisten scherten sich kaum darum, denn sie hatten endlich ihren Messias gefunden, sogar gegen Seinen eigenen Willen.

Von Barabbas sprach man gar nicht mehr. Einige behaupteten, er sei in einem Hinterhalt bei Bethanien gestorben, andere, in der Nähe von Jericho, und wieder andere, er sei unweit der Küste an einem Galgen aufgehängt worden.

Sicher war, dass hier und da kleine Anführer aufgetaucht waren, wie um ständige Spannungen mit Rom und seiner Armee aufrechtzuerhalten.

Und da verlangte Joseph von uns zu fliehen! Ich war mutlos und wurde noch mutloser und ohnmächtiger, als ich die Empörung in Miriams Augen sah. Also verstand auch sie das alles nicht …

In all der Bestürzung und Verzweiflung konnte ich der Idee nicht widerstehen, einen eigenen Boten zu Zebedäus zu schicken, um ihn zu bitten, uns in Akkon zu treffen, und vor allem, um ihm zu sagen, niemandem etwas davon zu erzählen und absolut verschwiegen zu bleiben … und dass ich ihm alles erklären würde.

Ich musste ihn benachrichtigen. Ja, es musste sein, unbedingt, auch um ihm zu sagen, dass ich seine Nähe brauchte, und sei es nur, um mich von ihm zu verabschieden, wenn es denn sein musste. Es sei denn, dass auch er … Ich hoffte es insgeheim in meinem Herzen.

Ihm diese Botschaft zu übermitteln, war ein Risiko, das ich eingehen wollte, und ich vertraute dem Gesandten, den ich dafür im Sinn hatte. Er war ein Mann, den ich mit seiner kleinen Tochter einmal behandelt hatte. Er war mir immer sehr gut gesinnt gewesen, und zufällig lebte er nicht weit entfernt. Ich fand ihn auf seinem Feld, und er las wohl eine Art Flehen in meinen Augen, denn er versprach mir sofort, schnellstmöglich Zebedäus aufzusuchen und dafür direkt einen Fischer mit einem Boot ausfindig zu machen.

Natürlich wusste er nicht im Geringsten, was uns nach Akkon trieb, aber ihm genügte meine Bitte, Zebedäus auszurichten, dass ich ihn dort treffen wollte. Und meine Bitte enthielt noch eine weitere: Könnte Zebedäus mir wohl ein Kleid mitbringen, Sandalen, einen wärmeren Mantel oder auch eine kleine Decke, denn die wenigen Kleidungsstücke, die ich besaß, waren nur noch Lumpen, die ich unmöglich noch einmal reparieren konnte.

Aber vielleicht war es ja gar nicht mein Körper, dem so kalt war. Vielleicht war es vor allem meine wehmütige Seele, mein sorgenvolles Herz, denen vor all dem Ungewissen bangte. Ich war immer so sehr dem Meister gefolgt! Und nun mussten wir diese von ihm durchdrungene Natur verlassen, wo ich so gerne lebte. Dieses Land war wie ein Fundament für meine Seele, es war ich, und es war auch, was Er mir übermittelt hatte. Mein Nährboden … Meine Seele war so empfindsam, vielleicht zu sehr …

Wie viele Trennungen würde ich noch erleben müssen? Ich wusste es nicht. Niemand konnte das für sich sagen, denn jeder rang mit seinem eigenen Schmerz. Wohin sollte das führen, ständig geliebte Menschen verlassen zu müssen? Es kam keine Antwort …

In jener Nacht brauchte ich lange, um einzuschlafen. Auch Jakobea, die neben mir lag, hatte eine unruhige Nacht, und ein paar Schritte entfernt hörten wir Bathseba weinen.

Für einen kurzen Moment machte ich mir Vorwürfe, Jakobea nichts über meine Nachricht an Zebedäus erzählt zu haben. War es die Angst, zu viel preiszugeben? Etwas zu verraten? Schließlich hatte auch sie ihren Chalphi wiedergefunden, und ich hatte ihre Augen öfter als früher lächeln sehen, wenn er da war. Ich spürte wohl, dass sie losgelöster von ihrer Vergangenheit als Ehefrau war als ich.

Ich gestand es mir wie mit einem lauten inneren Schrei ein. Es war wie eine Ohrfeige nach all der Zeit ohne Zebedäus. Wie großzügig er gewesen war! Selbst nach all den Jahren, ob ich es wollte oder nicht, war ich noch immer seine Ehefrau und liebte ihn weiterhin, diesen frommen, guten Mann. Ich liebte ihn zutiefst, vor allem, seit Jeshua begonnen hatte, die Wunden zu heilen, die die Männer in mir hinterlassen hatten. Das machte sein Fehlen noch schmerzhafter.

Während ich neben Jakobea und den anderen in der alten Scheune lag, die uns vor der nächtlichen Kälte schützte, kamen mir Teile eines Gesprächs in den Sinn, das der Meister und ich einmal geführt hatten, und mir rannen Tränen wie Sturzbäche über die Wangen, die sich mit meinen langen Haarsträhnen vermischten. Auch manche Bilder kamen wieder hoch …

Ich sah Zebedäus in einem winzigen Innenhof auf einer Matte Jeshua gegenübersitzen. Mein Ehemann war durcheinander, erschüttert, wie auch ich, die mit gesenktem Kopf unter einem nachtblauen Schleier neben ihm saß. Wir waren am Boden zerstört.

Bei dieser Erinnerung musste ich etwa neun Jahre zurückdenken, an unser Dorf am Seeufer, Bethsaida. Neun, vielleicht auch etwas mehr oder weniger, denn ich weiß nicht mehr genau, wie viel Zeit oder Jahreszeiten ich mit meinen Freunden an der Seite Jeshuas gewandert war, nicht einmal, wie viele Jahre seit seiner Regeneration und seinem streng geheimen Fortgang aus Galiläa vergangen waren. Zu zählen war wie eine offene Wunde, seit Er in die Ferne gezogen war. Viel lieber hielt ich Ihn in mir lebendig. Und war er das nicht auch weiterhin? Lebendig!

Ja … Ich erinnerte mich, dass jener Tag in jenem Innenhof das allererste Mal war, dass ich wirklich Dem begegnete, Der zum “großen Rabbi in Weiß” geworden war. Zebedäus zufolge wünschte Er uns zu sehen. War das wirklich wahr? Mein Ehemann hatte mich schon viel zu oft seufzen und weinen gehört, um nicht zu verstehen, dass ich mir sehr wünschte, Ihn zu treffen und zu erfahren, warum Er seine Zuhörer so faszinierte.

Aber nein, ich durfte mich nicht von diesen Bildern von früher, aus einer anderen Zeit, heimsuchen und überwältigen lassen. Tief in der Nacht hörte ich Bathseba noch immer weinen. Ich ging, um ihre Hand zu halten.

Einen Tag nachdem wir die Botschaft erhalten hatten, brachen wir im frühesten Morgengrauen auf, liefen in der feuchten Kühle über Wege, die uns vertraut waren. Wie Jakobea hatte auch ich vom Schlafmangel geschwollene Augenlider und fühlte mich wie zerschlagen. Gemeinsam mit den anderen versuchten wir, dankbar für unser Leben zu sein.