Die Zeitfalle - Walter Müller - E-Book

Die Zeitfalle E-Book

Walter Müller

4,4

Beschreibung

Das Ende der Welt, in der wir leben, ist unvermeidlich. Die Wissenschaft nimmt mit höchster statistischer Wahrscheinlichkeit an, dass die Menschheit früher oder später von einem Asteroidentreffer ausgelöscht wird. Doch es gibt noch andere Risikoszenarien: Supervulkan-Eruption, Mega-Tsunami durch Seebeben, Abschwächung des Erdmagnetfelds, Intensivierung der Sonnenstrahlung. Das langsame Risiko der Kontinentalverschiebung und das womöglich weit schnellere Risiko der alten Erdplatten. Das Risiko durch die Genforschung und sich daraus ergebende Veränderungen unserer Spezies. Die Risiken durch Künstliche Intelligenz. Können wir uns darauf vorbereiten? Die Antwort ist: Ja. Der Ausweg aus der Zeitfalle erfolgt über die Bildung. Das Evolutionsfenster ist ein fundamentaler Wissensbaustein, den alle Menschen erwerben sollten. Wir müssen die Beschränkungen unseres Gehirns überwinden und zu einer neuen Denkweise vorstoßen. Es ist bereits fünf vor zwölf. Wenn wir als Spezies überleben wollen, müssen wir jetzt beginnen zu handeln.

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Walter Müller war Geschäftsführer in einem führenden Handelskonzern Deutschlands und Vorstandsvorsitzender der Handelsvereinigung für den selbständigen Einzelhandel, außerdem Vorsitzender einer Volkspartei und Ratsmitglied in der seinerzeit noch selbstständigen Stadt Porz. Als Geschäftsführer des Vorstands „Schiff für Vietnam“ leistete er über mehrere Jahre einen Beitrag zur Rettung der „boat people“ im südchinesischen Meer. Nach Beendigung der aktiven Zeit als Handelsmanager ist er heute zusammen mit seinem Sohn als Gesellschafter und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Geneve Invest in Genf sowie Geneve Invest (Europe) in Luxemburg tätig. Walter Müller ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und wohnt in Köln.

Danksagung

Ich danke meiner Frau Heidi, meiner Tochter Gabriele und meinem Sohn Helge für ihre tatkräftige Unterstützung zum Gelingen dieses Buches. Sie haben mich immer bestärkt und motiviert meine Ideen aufzuschreiben.

Ebenso danke ich Herrn Dr. Helmut W. Pesch – der Austausch der Ideen und Gedanken war wichtig für die Durchführung des Projekts „Zeitfalle“.

Inhalt

Einleitung

Teil I: Die Rote Zone

1. Sind wir schon in Alarmstufe Rot?

2. Das Problem mitten im Schädel oder Warum unser Gehirn eine Falle ist

2.1 Der Kontrapunkt der Künstlichen Intelligenz

2.2 „Ich, der Robot“ steht vor der Tür, so oder so

2.3 Der Lösungsweg führt über die Selbsterkenntnis

2.4 System-Grundlagenwissen oder Warum uns so vieles nicht gelingt, schlicht weil es nicht gelingen kann

3. Risikoszenarien und Zeiträume

3.1 Die Sicherheit der langen Zeitmaßstäbe

3.2 Die Risikoszenarien der näheren und der weiteren Zukunft

4. Was würde die Zeitfalle alles zerschlagen, wenn wir sie nicht entschärfen?

4.1 Toba-Ereignis

4.2 Yellowstone-Caldera

4.3 Zurück auf null. Was heißt das?

Teil II: Die Grüne Zone

5. Erste Lösungsansätze auf der Erde

5.1 Bewusstseinsbildung

5.2 Erarbeitung der neuen planetaren Lösungen

Teil III: Die Goldene Zone

6. Die nächste Stufe

6.1 Besiedelung weiterer Planeten

6.1.1 Absicherung des Überlebens auf unserem Planeten auch im Falle erheblicher planetarer Katastrophen

6.1.2. Mögliche Entwicklungsleistung für die Realisierung interplanetarer und dann interstellarer Raumflüge

6.1.3. Parameter bei der Besiedelung neuer Planeten

6.2 Lebensformen im Weltall

6.3 Mögliche Entwicklungen der nächsten 500 Jahre

6.4 Wissenschaftliche Entdeckungen: Stehen wir am Anfang oder am Ende einer Zeit ganz großer Durchbrüche?

7. Der Blick über den Tellerrand

7.1 Der Ozean der Erkenntnis

Nachwort

Abbildungsnachweise

Weiterführende Literatur

Einleitung

Die Geological Society of London beziffert die Wahrscheinlichkeit einer Supervulkan-Katastrophe in diesem Jahrhundert mit 1:6.1 Das mag die Größe der Bedrohungen erklären, denen sich dieses Buch widmet. Dabei sind Supervulkane nur eines von etwa zwei Dutzend der letzten Endes nur noch als kolossal zu bezeichnenden Probleme der Menschheit, in anderen Worten: der kolossalen Probleme jedes Einzelnen von uns, egal ob das der Einzelne so sehen mag oder nicht.

Es ist nämlich in der Tat egal, ob jemand die Sicht der Geological Society teilt oder nicht. Es ist auch unerheblich, ob man von Supervulkanen überhaupt weiß oder nicht. Es ist sogar völlig irrelevant, ob man eine der zahlreichen anderen Bedrohungen kennt oder anerkennt, seien es kosmische Gammastrahlenausbrüche oder sei es das globale Bevölkerungswachstum, das aktuell bei täglich etwa 220 000 – in Worten: zweihundertzwanzigtausend – neu zu begrüßenden Mitmenschen liegt. Neuen Zeitgenossen allesamt, die alle sehr gut erzogen, weltoffen, modern und tolerant sein sollten, gut ernährt und bestens versorgt.

Denn dies ist eine moderne Welt voller grandioser Errungenschaften, oder ist das vielleicht doch für die meisten der zweihundertzwanzigtausend nichts als ein frommer Wunsch und die gröbste Ungleichheit gleich ein weiteres kolossales Problem?

Irrelevant ist auf jeden Fall die eigene innere Einstellung zu unseren realen Risiken deshalb, weil Blitze auch dann einschlagen, wenn man nicht an sie glaubt oder nichts von ihnen weiß: Naturereignisse richten sich nicht danach, an was wir nicht denken oder was wir glauben oder sonst wie nicht wissen.

Nicht wissen wird der eine oder andere, dass zum Beispiel Supervulkane überhaupt existieren. Das ändert aber nichts an ihrer Existenz und auch nichts an der Tatsache, dass der nächste Ausbruch nicht nur nach Einschätzung der Londoner Experten allein eine Frage der Zeit ist.

Und wer von Supervulkanen nicht weiß, der weiß dann erst recht nicht, was einen solchen Supervulkan ausmacht und wie verheerend die Folgen eines Ausbruchs für alles Leben auf der Erde sein werden und damit auch für ihn selbst und seine eigene Familie.

Alles zusammengenommen ändert das dann nichts an der Tatsache, dass vielleicht nicht unsere Spezies als Ganzes bedroht ist, sehr wohl aber fast alle Errungenschaften des modernen Lebens schneller und gründlicher verloren werden könnten, als es uns bewusst oder lieb sein dürfte.

Ist das Gesagte eine individuelle Annahme eines einzelnen Autors, der mit einem reißerischen Buch seine Konten etwas weiter anfüllen möchte? Mitnichten, denn es ist dies zugleich die Auffassung keiner geringeren Instanz als der NASA:

„Die moderne Gesellschaft wird untergehen. Davon geht zumindest eine neue Studie der amerikanischen Raumfahrtagentur NASA aus. Das Ende sei demnach kaum noch abwendbar. Wann mit dem Untergang zu rechnen ist, das ist laut der erstmals in England veröffentlichten Studie allerdings noch unklar“, berichtete die FAZ in ihrer Ausgabe vom 24.03.2014.2

Für die umfassende Studie der NASA hatte eine Forschergruppe der Universität Maryland fünf der größten Risikofaktoren der Menschheit betrachtet: das Bevölkerungswachstum, den Klimawandel, die Wasserversorgung, die Landwirtschaftsentwicklung und den Energieverbrauch.

Für ihre Analysen verwendeten die Forscher einen Klassiker im betrachteten Zusammenhang: das seit etwa hundert Jahren anerkannte „Räuber-Beute-Modell“.

Die Menschen stellen in jeder modernen Gesellschaft die Räuber dar, deren Beute unter anderem die natürlichen Ressourcen des Planeten sind. Dabei führt gemäß der NASA-Studie allein die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen im Zusammenspiel mit der ungleichen Verteilung des Wohlstands unausweichlich zum totalen Kollaps der Zivilisation.

Das muss man sich einmal klarmachen: Allein die Ressourcenausbeutung und die ungleiche Verteilung ihrer fragwürdigen „Früchte“ führt, so die Aussage der NASA, bereits zum Untergang der Zivilisation, wie wir sie kennen und schätzen.

Es gibt zahlreiche solcher Studien, und ihnen allen ist gemein, dass sie eben nicht den Untergang der Spezies Mensch an sich vorhersehen, wohl aber den Untergang der Errungenschaften, die den modernen Menschen ausmachen. Diese Erkenntnis zu verstehen und zu teilen setzt jedoch eine differenzierte Betrachtung voraus.

Klug zu differenzieren ist ohnehin der Kern der Sache auch dieses Buches, und nicht einfach beliebige Untergangs-Szenarien um des Gruseleffektes oder der Verkaufsförderung willen an die Wand zu malen. Differenziert ist zu analysieren, was die bekannten Fakten sind, und daraus abzuleiten, was nach logischen und wissenschaftlich kausalen Erwägungen deren Folgen sein dürften.

Und ist dabei nicht absolut kurios, dass unsere Politiker weltweit sich ausgerechnet um die größten Probleme am allerwenigsten kümmern? Stattdessen machen sie lieber noch ein paar Probleme zusätzlich, die man ohne sie gar nicht hätte, was Spanien, Stand Sommer 2016, beweist: Dort erblüht zu der Zeit, in der de facto keine Regierung im Amt ist, das ganze Land mit lange nicht mehr dagewesenem Wachstum und Fortschritt. Dies aber nur am Rande …

Das vorliegende Buch handelt also von der Zukunft.

Genauer gesagt handelt es von einer Falle, die auf uns lauert, und die uns den Weg in unsere Zukunft versperrt. Das Fatale daran ist, dass wir es drehen und wenden mögen, wie wir wollen: Wir können dieser Falle nicht ausweichen, da unser eigener Zeitstrahl in die Zukunft uns unaufhaltsam genau darauf zuführt.

Mehr noch wird derselbe Zeitstrahl uns mit der Kraft des absolut Unvermeidbaren mitten in die Falle hineinführen. Wir können nicht einmal zurückweichen, denn die Zeit selbst trägt uns unentrinnbar vorwärts, immer weiter auf die Falle zu und letztlich gnadenlos in sie hinein. Und all das mit unseren unterdessen bald 16 Milliarden Menschenfüßen.

Das Gesagte macht, nicht nur plakativ betrachtet, ein Noch-mal-Davonkommen mehr als unwahrscheinlich. Der Genickbruch der menschlichen Gesellschaft ist vorprogrammiert, und wir wollen uns ansehen, warum:

Bei der Falle handelt es sich nämlich um die erst in den vergangenen Jahrzehnten wissenschaftlich immer klarer werdende Eigenart unseres Heimatplaneten, unseres Sonnensystems und letztlich unserer eigenen Galaxis und damit auch des gesamten Universums, bei weitem nicht so stabil und friedlich zu sein, wie wir das vielleicht seit Jahrzehnten glaubten oder gerne gehabt hätten oder es aufgrund reiner Zufälle sehr lange kannten, wie wir es aber mit der absoluten Sicherheit physikalischer Kausalverkettungen nicht dauerhaft erleben werden.

Einige Beispiele der kolossalen Instabilitäten:

Auf der Erde schlummern etwa die zuvor bereits angedeuteten aktiven Supervulkane unter unseren Füßen. Allein die größten unter ihnen zählen rund ein Dutzend.

Wer sich dafür interessiert, der kann sich im Internet eine Karte der aktiven Supervulkane anzeigen lassen.

Abb. 1: Weltkarte der aktiven Supervulkane

Gehen wir vom Planeten selbst in den nahen Weltraum des Sonnensystems, so kreuzen abertausende Meteoriten unsere Bahn, von denen etliche planetares Zerstörungspotenzial haben, und auch hier ist der Eintritt der nächsten Katastrophe nicht eine Frage des Ob sondern allein eine Frage des Wann. Und in galaktischer Distanz erweisen sich Supernova-Explosionen und andere Ereignisse kolossaler Gewalt als potenzielle Planetenkiller.

Jüngste Studien fundieren hierzu eine hochgradig spannende und bedeutsame neue Erkenntnis: Dass sich nämlich Galaxien unter anderem aufgrund solcher Hochenergie-Ereignisse immer wieder selbst sterilisieren3, und das überraschend gründlich und überraschend häufig, und dass sie damit unter Umständen weit lebensfeindlicher sind, als es bisher angenommen wurde.

Die Liste der Risiken lässt sich erheblich erweitern. Je nachdem wie man zählt, kommt man auf etwa 15 bis 25 Arten von existenziellen Bedrohungen, die bereits jede für sich genommen die Errungenschaften unseres modernen Lebens und einen großen Teil der Weltbevölkerung in größte Gefahr bringen.

Dieses Buch möchte in dem Kontext ein dem Stand der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechendes möglichst realistisches Bild zeichnen, und es wird dazu einige der Risiken, denen wir unausweichlich gegenüberstehen, etwas genauer thematisieren. Darauf aufbauend wird erarbeitet, dass aufgrund der in jedem langen Zeithorizont risikoreichen Natur unseres Universums jede hochentwickelte Spezies nur dann eine Lebensspanne von mehreren Millionen oder gar Milliarden Jahren erreichen kann, wenn sie selbst auch zivilisatorisch ins All vorstößt, also zu einer kosmischen Zivilisation wird.

Noch sind wir jedoch eine rein planetare Gesellschaft und damit im planetaren Horizont beliebig verwundbar. Die Frage, ob wir der Falle der kolossalen Risiken im planetaren Kontext ausweichen können, stellt sich uns nicht, denn die Antwort ist bekannt und sie lautet nein.

Die einzige relevante Frage ist die, ob wir uns, wenn sie dann zuschnappt, zumindest so gut vorbereitet haben, dass wir als hochentwickelte Zivilisation ihr Zuschnappen überleben. Dass wir in anderen Worten den Genickschlag aushalten, weil wir uns Schutzvorrichtungen bauten.

Die Frage ist etwa, ob wir eine jahrelange extreme Kälte und Dunkelheit im Nachgang eines explodierten Supervulkans überstehen, weil wir uns rechtzeitig die richtige Art der Energie- und Lebensmittelversorgung sicherten. Die Frage ist, ob wir den Zusammenbruch der bisherigen Nahrungsketten verkraften, weil wir mit Maßnahmen in ungeahnter Größenordnung eine Grundlage schufen, in einer monate- bis jahrelangen Dunkelheit tadellos und langanhaltend existieren zu können.

Alles ist machbar, und am Ende wartet eine so helle Zukunft auf uns und unsere Kinder, dass wir vermutlich keine Vorstellung davon haben, wie lohnend diese Zukunft sein wird. Sofern die Menschheit sie erreicht, das heißt sofern wir die dringend erforderlichen Vorbereitungen nicht nur meistern, sondern sie als das erkennen, was sie tatsächlich sind, nämlich technologische wie ökonomische Chancen einer bisher nie dagewesenen Dimension.

Nun muss man aufpassen, dass das nicht klingt wie der Witz des ratlosen Psychiaters, dem sein neuer Patient soeben erklärt: „Mein Minderwertigkeitskomplex ist der größte und schönste auf der ganzen Welt.“ Es hat in der Tat, in dieser Wucht der gegensätzlichen Extreme des fast totalen Untergangs auf der einen und der grandiosen Zukunft auf der anderen Seite, die sich in unserer Gegenwart treffen, etwas von dem Schizophrenen des besagten Patienten: Wir sind es, die am Scheideweg stehen.

Das Szenario der beiden vorausliegenden Wege ist so kontrastreich, dass es kontrastreicher nicht sein kann: Auf der dunklen Seite der Abgrund von Millionen bis Milliarden Todesopfern einer multitraumatisch verletzten menschlichen Spezies und ein Rückfall in die graue Vorzeit, aus Gründen, die wir noch genauer erörtern, und auf der hellen Seite der Schutz von Milliarden Leben und die Sicherung der unsagbar wertvollen Hochtechnologie-Plattform die wir bis heute erreicht haben, und darauf aufbauend nach dem Abklingen der schwersten Symptome einer Superkatastrophe die umso energischere Weiterentwicklung in ungeahnte Höhen der Zivilisation.

Da bei alldem, wie geschildert, die Zeit in mehrfacher Hinsicht das entscheidende Momentum ist, trägt das Buchprojekt den Titel „Die Zeitfalle“.

Das Thema ist hochkomplex, und so wollen wir uns ihm mit Sorgfalt nähern, damit möglichst viele verstehen, wie kritisch unsere Lage tatsächlich ist, und damit darauf aufbauend auch möglichst viele erkennen mögen, dass wir, wenn wir nicht untergehen wollen, sehr zielgerichtet aktiv werden müssen. Und zwar heute, und nicht erst morgen.

Anmerkung: Wenn wir im Buch entweder auf Zusammenhänge stoßen, die besonders wichtig sein könnten, oder am Ende eines Kapitels dessen Inhalte nochmals kurz zusammengefasst werden sollen, wird der zugehörige Text in Fettschrift und einem eigenen kleinen Rahmen wiedergegeben.

1http://www.Spiegel.de/wissenschaft/natur/supervulkane-forscher-enthuellen-rezept-fuer-mega-eruptionen-a-1103682.html (15.11.2016).

2http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/studie-die-modernegesellschaft-wird-untergehen-12861424.html (15.11.2016).

3http://www.wissenschaft.de/erde-weltall/astronomie/-/journal_content/56/12054/6399262 (15.11.2016).

Teil I

Die Rote Zone

1. Sind wir schon in Alarmstufe Rot?

Viele Menschen gehen erfahrungsgemäß davon aus, dass die Menschheit als Ganzes nicht in Gefahr ist. Sie sehen das auf jeden Fall so, sofern sie überhaupt darüber nachdenken.

Wenn jemand irgendwo ein Risiko erkennt, dass die Dinge sich nicht so entwickeln wie gewünscht, dann ist das viel eher im privaten Bereich der Fall: Ob man es vor dem Urlaub noch schafft, die Dachrinne zu reinigen, oder ob die Tochter oder der Sohn wohl die Abschlussarbeit fertigbekommt, das sind dann Einzelfragen, die man sich in der Art hin und wieder stellen mag.

In einem etwas größeren Kontext wird sich mancher um die Zustände in seinem Land sorgen. Darüber hinaus jedoch glaubt die Menschheit gemeinhin, so hat man zumindest vielfach den Eindruck, dass im Gesamtbild für unsere Spezies eher keine Gefahr im Verzug sei.

Man sieht vor allem die zur Verfügung stehende Zeit als hinreichend groß und die vorhandenen Risiken als hinlänglich klein, um alles zu erreichen, was man noch vor sich hat: etwa die Weiterentwicklung der Ökonomie und der Wissenschaften und den weiteren Ausbau von Organisationen und Strukturen oder die medizinisch-technologische Verlängerung des Lebens, womöglich sogar die Entwicklung künstlicher Intelligenz (es drängt einen zu witzeln: Wenn schon die natürliche Intelligenz ein so knappes Gut ist …) und insgesamt einen anhaltenden Fortschritt – kurz gesagt, eine glorreiche Zukunft unserer Art. So viel Zeit scheint es dafür zu geben, dass man sich nicht einmal besonders beeilen muss.

Für diese sehr beruhigte und entspannte Haltung werden u.a. Argumente wie die Folgenden angeführt – oder sagen wir besser: Annahmen wie die Folgenden, denn Argumente sind es bei genauem Hinsehen nicht unbedingt, geschweige denn besonders gute:

„Es gibt immer einen nächsten Tag.“

Die Sonne steht der Erde noch mehrere Milliarden Jahre zur Verfügung, woher also sollte bitte ein Grund zur Eile stammen?

„Das Risiko einer wirklich großen Katastrophe geht gegen null.“

Dahinter verbirgt sich die Annahme, die Menschheit würde Katastrophen wie zum Beispiel Meteoriten- oder Asteroiden-Einschläge, Supervulkan-Ausbrüche oder erneut wiederkehrende Eiszeiten nicht einmal durch ihre Intelligenz und Kreativität überleben, sondern schlicht dadurch, dass diese Dinge in überschaubaren und relevanten Zeiträumen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht eintreten.

Und dann kommt da noch das Totschlagargument:

„Es ist bisher ja auch immer noch alles gutgegangen.“

Dieses Sich-in-Sicherheit-Wiegen klingt plausibel, ist aber exakt so unlogisch und so absolut verquer wie die Aussage:

„Mich wird der Tod nicht ereilen, denn bisher bin ich ja auch noch nie gestorben. “

So oder so: Man beruhigt sich lieber selbst, sei es nun in Form mantraartiger Formulierungen, die man ganz einfach so lange wiederholt, bis sie irgendwo in unseren verzwirbelten Gehörgängen und in unseren nicht minder verwinkelten Gehirnwindungen den Anschein ihrer Abwegigkeit verloren haben und zur scheinbaren, indes trügerischen Wahrheit mutieren, oder sei es auch in den Schattenspielen reiner Illusionen, denen ebenfalls von Anfang an die Fakten fehlten. Man tut das alles auf jeden Fall weitaus lieber, als sich mit den oftmals unbequemen wirklichen Fakten auseinanderzusetzen.

Es geht dabei gar nicht um die Frage, woher die drohenden Gefahren kommen, ob also etwa der Klimawandel tatsächlich stattfindet, weil er menschengemacht ist, oder ob er andere, natürliche Ursachen hat. Es geht nicht einmal darum, ob eine solche Krise mit absoluter Sicherheit eintreten wird oder nicht. Die einzige Frage ist, ob es ein Risiko gibt, dass sie eintreten könnte, und ob es besser wäre, wir würden alles tun, um einerseits dieses Risiko zu senken und um sich andererseits irgendwie auf diese Krise vorzubereiten, falls das Risiko gegen hundert Prozent tendiert und damit zur nackten Tatsache wird.

Die reinen Fakten und die kausalen Verkettungen dieser Welt sind es in jedem Fall, die sich durch unsere argumentativen Schattenspiele noch am allerwenigsten beeindrucken lassen. Das gilt für die bereits bekannten Fakten ebenso wie für die, die sich unserem Wissen entziehen. Und so stehen die Fakten der existenten Bedrohungen auch weiterhin unseren selbstgefälligen Annahmen diametral gegenüber und widersprechen unserer entspannten und sich in Sicherheit wiegenden Haltung grundsätzlicher, als wir es weithin annehmen. So lassen wir wertvolle Zeit ungenutzt verstreichen und tragen dadurch selbst dazu bei, dass die Bedrohungen faktisch eher noch zunehmen als abnehmen.

Es gibt daneben noch eine andere und ebenfalls kaum hilfreiche Form der psychologischen Verdrängung. Diese Variation besteht in einem nur scheinbar diskussionsbereiten Aufgreifen unbequemer Wahrheiten, dem dann aber sofort die mit der Inbrunst der Überzeugung vorgetragene Einstellung in der Art folgt: „Ich bin aber daran nicht schuld und die Menschheit auch nicht, und wir können sowieso nichts daran ändern. Wieso sollten wir auch, wenn wir nicht die Ursache sind. Es sind alles die natürlichen Schwankungen. Es hat schon immer Katastrophen gegeben, das ist nun mal so.“

Diese Einstellung trifft man besonders häufig in Foren, in denen es um die Klimaveränderungen geht. Da heißt es dann sinngemäß wie folgt: „Alles Quatsch, die Sonnenkraft pendelte schon immer durch verschiedene Intensitäten, und das Wetter macht auch schon seit jeher, was es will“, oder: „Die zigtausend Klima-wissenschaftler (von denen weltweit über 95 Prozent auf der Basis von tausenden Einzelstudien zur eindeutigen Schlussfolgerung kommen, dass der erhöhte CO2-Gehalt in der Atmosphäre eindeutig durch die mit dem Industriezeitalter der Menschen einhergehende Verbrennung von Kohle, Gas und Öl zur massiven Erwärmung der Erde beiträgt), die haben alle überhaupt keine Ahnung. Ich weiß das besser (denn ich habe nicht Klimawissenschaften studiert und habe auch sonst überhaupt keinerlei wissenschaftliche oder mathematische Kenntnisse, worauf ich besonders stolz bin, und ich bin daher weit besser im Bilde), und deshalb ist mir klar, dass wir Menschen am Klimawandel keine Schuld haben. Es sind die natürlichen Schwankungen.“

Das legendäre Bild vom „Mount Stupid“ (dem „Berg der Dummen“) verdeutlicht hier sehr schön den Zusammenhang zwischen der Bereitschaft von Menschen, sich zu einem Thema zu äußern und der Fundiertheit des Wissens, das sie tatsächlich haben. Dabei ist die Bereitschaft der Nicht- oder Wenigwissenden, sich zu allen möglichen Themen zu äußern, von denen sie eben gar keine Ahnung haben, beklagenswert hoch.

Abb. 2: Mount Stupid

Die Darstellung, die auf einen Comic von Zach Weinersmith aus dem Jahre 2008 zurückgeht, stammt aus einem Artikel mit dem bezeichnenden Titel „Diese Grafik erklärt endlich, warum es so viele Dummschwätzer gibt“.4

Der Mount Stupid ist eine Darstellung der in der Psychologie als „Dunning-Kruger-Effekt“ bezeichneten Konstellation: Absolute Laien sind in ihrer fundamentalen Inkompetenz die besseren Wissenschaftler und „widerlegen“ auch noch die Erkenntnisse der Evolutionslehre. Und bei großen Fußballturnieren sind natürlich alle Fußballfans bessere Bundestrainer als Jogi Löw.

Dunning und Kruger wiesen die Effekte in Studien selbst bei harmlosen Dingen nach, etwa beim Autofahren, beim Kartenspielen oder beim Erfassen von Texten. Das krankhafte „Ich weiß alles besser“ zieht sich unterdessen bis zu den Mittelschulen durch: Lehrer etwa müssen längst zusätzliche Zeit einplanen, um ihren Schülern zu erklären, warum diese den Text nicht bereits bewerten können, bevor sie ihn gelesen, geschweige denn verstanden haben. Sie haben es aber bereits gegoogelt … autsch!

Und ist es in dem Kontext nicht auch von einer gewissen Ironie, dass in so vielen Religionen ausgerechnet Berge eine besondere Rolle spielen? Berge, auf denen alle möglichen „Berufenen“ sich wiederfanden, und von denen sie seither lauthals rufen? Dunning-Kruger lässt schön grüßen. Mal ganz ehrlich: Einstein brauchte doch keinen Berg, um zu Wahrheit und Geltung zu gelangen.

Der „Mount Stupid“ ist scheinbar so alt wie die Unfähigkeit so vieler vom Berg und auf den Berg Berufener, ihr eigenes Gehirn zu etwas Anderem zu nutzen als dazu, ihre faktische Inkompetenz durch rhetorisch geschliffenes Geschwätz zu kaschieren, als ihr Unwissen durch Psalmen und Verse zu ersetzen und ihre mangelnde eigene Bedeutung, Größe und Menschlichkeit durch ein rezitierendes Bezugnehmen auf den Gesang von den Anhöhen des … Sie wissen schon.

Wenn wir das alles doch endlich einmal überwunden hätten! Haben wir aber längst nicht, und so ist der aktuelle Zeitgeist also alles andere als ideal für ein Vorhaben wie das, dem sich dieses Buch widmet.

Und dennoch gibt es Menschen, die umsichtiger sind als unsere Mount-Stupid-Kandidaten, und den Umsichtigen sind die großen Gefahren der Zukunft bewusst. Aber auch bei diesen Menschen überwiegt immer noch zumindest eine gewisse Passivität; denn die Anzahl derer, die wirklich ihr Leben dafür einsetzen, einen Unterschied herbeizuführen, und beginnen, in Anbetracht der großen Bedrohungen der Zukunft konkrete Vorkehrungen für sich und für andere zu treffen, ist erschreckend klein.

Von besonderer Klugheit oder auch nur von besonderer Anpassungsfähigkeit der Menschheit zeugt das alles eher nicht. Und so soll in diesem Buch auch der Frage nachgegangen werden, ob wir uns nicht einfach zu passiv zurücklehnen. Ob nicht nur die tatsächlichen Risiken existenzbedrohender Szenarien de facto weitaus größer sind, als die meisten glauben, sondern auch, ob nicht die Zeiträume, die uns noch zur Verfügung stehen, dramatisch kleiner sind, als wir es gemeinhin annehmen.

Um einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der Lage zu leisten, stellen wir in diesem Buch sieben Kernfragen. Diese Kernfragen lauten:

Erstens: Wie wichtig ist eine erneut auch philosophisch bzw. wissenschaftsphilosophisch geprägte Epoche, um die Zukunft zu erreichen und der Spezies Mensch einen Fortbestand zu ermöglichen? Eine Epoche, die uns, plakativ gesprochen, vom Mount Stupid holt. Diese Frage nach einer neuen Lebensphilosophie wird uns an unterschiedlichen Stellen in allen Kapiteln beschäftigen.

Zweitens: Wie können wir den „IWAN-Zyklus“, das Phänomen der reflexhaften Verweigerung von Innovationen, durchbrechen? Die Reaktion auf Veränderungen vollzieht sich nämlich bei Menschen immer wie folgt:

I für „Ignorieren“, solange eine sich anbahnende Veränderung noch weit weg ist.

W für „Widersprechen“ und Ableugnen, wenn es dann unaufhaltsam näher kommt.

A für „Auseinandersetzen“ mit dem Unvermeidlichen erst, wenn es bereits „mitten im eigenen Garten steht“ und

N für die „Neue Welt“, als letztliches Akzeptieren erst dann, wenn die Veränderung nicht mehr rückgängig zu machen und mitten im eigenen Leben angekommen ist.

Diese Neue Welt wird dann im nächsten „IWAN-Zyklus“ wiederum zur Ausgangsbasis, die man dann erneut zu halten und zu verteidigen versucht, sobald die nächsten großen Veränderungen ins Haus stehen.

Chancen und Herausforderungen einer neuen Zeit können wir jedoch nur dann schneller erkennen und uns besser auf sie einstellen, wenn wir uns als Opfer unserer eigenen kontraproduktiven „IWAN“-Verhaltensweise verstehen lernen. Die Verhaltensweise ist deshalb schädlich, weil sie eben nicht proaktiv und konstruktiv gestaltet, sondern Veränderungen ablehnend und verharrend-passiv auf sich zukommen lässt. Damit ist jedoch Risikoszenarien Tür und Tor geöffnet, deren Ankunft man nicht überleben wird.

Wir werden erkennen, dass wir, um Selbstblockaden wie den Dunning-Kruger-Effekt und „IWAN“ zu überwinden, vor allem unser eigenes Gehirn etwas besser verstehen müssen, und zwar insbesondere seine tief verborgenen ältesten Bestandteile, die von einigen Experten als „Reptilien-“ oder „Krokodilgehirn“ bezeichnet wurden, weil sie in der Evolution den Stand der Reptilien verkörpern. Alternativ kann man auch vom „Dinosauriergehirn“ sprechen, zumal dieses Wort sehr schön assoziiert, dass man damit untergehen wird.

Der Begriff „Krokodilgehirn“ trifft es aber auch, weil er instinkthafte Reflexorientierung symbolisiert, die ähnlich wenig für komplexe Diskussionen taugt wie die von Alligatoren.

Unser eigenes Reptilien- oder Dinosauriergehirn sehen wir uns also in Kapitel 2 an, nebst einigen weiteren Betrachtungen, die mit zugehörigen kognitiven Funktionen unseres Gehirns zu tun haben.

Es wird danach ein Unterkapitel eingeschoben, das systemtechnischer Natur ist, und das sich mit einigen fundamentalen Zusammenhängen beschäftigt, die, fernab jeder ideologischen oder politischen Betrachtung, grundsätzlich für jedes komplexe System gelten.

Drittens: Wenn wir uns heute nur für überschaubare Zeiten interessieren, was ist dann solch eine „überschaubare“ Zeit? Die Gefahr ist nämlich, dass wir bei weitem zu kurzfristig orientiert sind. So kurzfristig, dass wir nicht einmal erkennen, dass wir alle auch heute noch in der Steinzeit leben würden, wenn unsere Vorfahren auch so kurzsichtig gehandelt hätten, wie wir es heute weithin tun. Kapitel 3, „Risikoszenarien und Zeiträume“, wird dazu den Beweis anzutreten versuchen und der Frage nachgehen, in welchen Zeiträumen wir denken und handeln müssten, damit wir nicht im rein dinosaurierhaften hängenbleiben. Und Kapitel 3 ordnet den Zeiträumen die Risiken zu, die entlang des Zeitstrahls auf uns lauern.

Viertens: Wenn wir den Titel dieses Buches betrachten, was ist dann eine „Zeitfalle“? Was würde sie alles zerschlagen, wenn wir nicht aufpassen? Wir gehen dazu in Kapitel 4 eine mögliche Supervulkan-Katastrophe genauer durch und gehen dabei in der Tat und fast selbstverständlich davon aus, dass einige sie überleben würden.

Die eigentliche Frage ist jedoch, welches Zeitalter der Menschheitsentwicklung die Sonne erblicken wird, sobald die Kontinente unseres Planeten sie nach Jahren, Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten eines vulkanischen Winters ganz langsam wieder zu Gesicht bekommen und ihre Strahlen sie allmählich wieder aufzuwärmen beginnt? Und das könnte erneut eine sehr deutlich vorindustrielle Zeit sein, die keine einzige Errungenschaft unserer modernen Welt für sich erhalten konnte und somit um Jahrhunderte, wenn nicht um Jahrtausende zurückgeworfen wurde.

Es wäre dies übrigens, wie wir sehen werden, nicht das erste Mal, dass der Menschheit etwas in dieser Art passiert. Der Untergang von Thera (Santorin) und anderer früher Hochkulturen im Mittelmeerraum ist da nur eines von vermutlich sehr vielen Beispielen.

Fünftens: Welche ersten langfristigen Lösungsansätze sind auf der Erde nicht nur denkbar, sondern zwingend notwendig? Was muss getan werden, damit eine Plattform geschaffen wird, um erstens eine große Katastrophe auf dem Niveau einer modernen Zivilisation zu überstehen und um zweitens darauf aufbauend weitere Schritte in die kosmische Zukunft unserer Spezies zu unternehmen? Diese Fragen werden in Kapitel 5 angerissen.

Sechstens: Was muss darüber hinaus konkret und in unterschiedlichen Teilgebieten getan werden, um nach einer Krise nicht zurückzufallen, sondern in die nächste deutliche Höherentwicklung einzusteigen?

Diesen Fragen widmet sich Kapitel 6