Dienstleistungsmanagement - Wolfgang Burr - E-Book

Dienstleistungsmanagement E-Book

Wolfgang Burr

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Beschreibung

Digitalisierung und der Wandel zu servicezentrierten Geschäftsmodellen schaffen Herausforderungen und eröffnen zugleich Chancenpotenziale für Dienstleister. Im Mittelpunkt dieses neu aufgelegten und erheblich erweiterten Lehrbuchs stehen innovative Geschäftsmodelle und neue Managementansätze für Dienstleistungsunternehmen: Welche Entscheidungs- und Handlungsfelder umfasst das strategische Dienstleistungsmanagement? Wie können Dienstleistungsunternehmen ein systematisches und effizientes Innovationsmanagement implementieren? Welche neuen Wertschöpfungskonzepte (z. B. Service Engineering, Mass Customization) können Dienstleistungsanbieter realisieren, um heute und in Zukunft Wettbewerbsvorteile zu erzielen? Die Neuauflage des Lehrbuches wurde umstrukturiert, gestrafft und gleichzeitig umfassend erweitert. Neu hinzugekommen sind Ausführungen zur Digitalisierung von Dienstleistungen sowie zu neuen Geschäftsmodellen im Servicebereich und neuen Methoden in der Dienstleistungsentwicklung wie Scrum und agiles Management.

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Wolfgang Burr

Michael Stephan

Dienstleistungsmanagement

Innovative Wertschöpfungskonzepte im Dienstleistungssektor

2., überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

2., überarbeitete Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN: 978-3-17-035424-1

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-035425-8

epub:    ISBN 978-3-17-035426-5

mobi:    ISBN 978-3-17-035427-2

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Vorwort zur 1. Auflage

 

 

 

Unbestritten gibt es in der Literatur inzwischen eine steigende Anzahl von Lehrbüchern und Monographien über die besonderen Management-, Organisations- und Führungsprobleme von Dienstleistungsunternehmen, insbesondere im Vergleich zu Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe. Allerdings mangelt es an einem allgemeinen Bezugsrahmen, mit Hilfe dessen sich die vielen Detailaspekte und Probleme des Managements im Dienstleistungssektor systematisch einordnen ließen. So fokussiert ein großer Teil der Literatur zum Servicemanagement einzelne Teilgebiete, bspw. das Service Engineering oder das Qualitätsmanagement im Rahmen der Dienstleistungserbringung. In großer Zahl finden sich auch Sammelbände zum Thema Dienstleistungen, die dem Leser ein mehr oder minder breites Themenspektrum offerieren. Dieses theoretisch-konzeptionelle Defizit in der vorhandenen Lehrbuchliteratur ist umso erstaunlicher, als das Thema Dienstleistungen in den letzten Jahren sowohl in der Unternehmenspraxis, in der Forschung sowie in der Lehre an Hochschulen, Fachschulen sowie Berufsakademien stark an Interesse und Bedeutung gewonnen hat. Das vorliegende Lehrbuch ist bestrebt, zur Milderung des Theoriedefizits beizutragen und einen kohärenten, konzeptionellen Bezugsrahmen zu schaffen. Das Bestreben der Autoren ist es, mit Hilfe dieses Bezugsrahmens die Vielzahl der aktuell diskutierten Wertschöpfungskonzepte im Dienstleistungssektor (Standardisierung, Mass Customization und Innovation in Dienstleistungsunternehmen) einzuordnen, wobei der inhaltliche Schwerpunkt auf dem Aspekt der Dienstleistungsinnovation liegt, der dem Leser verständlich nahegebracht werden soll.

Das vorliegende Lehrbuch zum Dienstleistungsmanagement ist ein gesamtdeutsches Produkt. Es ist entstanden durch die enge, seit Jahren bewährte Kooperation zwischen dem Lehrstuhl für Innovationsökonomie (Universität Erfurt, Thüringen) und dem Lehrstuhl für Internationales Management (Universität Hohenheim, Baden-Württemberg). Das Autorengespann beschäftigt sich seit längerem in der Forschung mit Themen des Dienstleistungsmanagements und verfügt zudem über mehrjährige Lehrerfahrungen auf diesem Gebiet an Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen. Gerade diese Lehrerfahrungen liegen dem didaktischen Grundgerüst des vorliegenden Werkes zugrunde. Da sich die beiden Autoren bei der Zusammenarbeit stark gegenseitig beeinflusst und inspiriert haben, ist es ein Gemeinschaftswerk, für das das Autorenduo gemeinsam die Verantwortung für verbliebene Redundanzen und Fehler übernimmt.

Zum Gelingen dieses Buchprojektes haben neben den beiden Autoren mehrere gute Geister und hilfreiche Hände beigetragen. Zu nennen ist in erster Linie Frau Antje Bierwisch (MA Staatswissenschaften), Universität Kassel, die die Verfasser bei der Sammlung und Auswertung der sehr umfangreichen Literatur zum ersten Kapitel wesentlich unterstützt und auch inhaltlich zu diesem Kapitel entscheidend beigetragen hat. Des Weiteren hat sich die Verwaltungsangestellte des Lehrstuhls für Innovationsökonomie, Frau Mandy Förster, mit gewohnter Perfektion und großem Engagement der Formatierung und dem Korrekturlesen der Erfurter Buchteile angenommen. Zu nennen sind überdies auch die studentischen Hilfskräfte des Lehrstuhls für Innovationsökonomie, vor allem Frau Sandra Zeugner und Herr Markus Kubisch sowie Frau Martina Kleinknecht vom Lehrstuhl für Internationales Management, welche die Autoren bei der Erstellung von Abbildungen, bei der Recherche von Literatur und bei der Formatierung von Buchteilen tatkräftig und wirksam unterstützt haben.

Herrn Uwe Fliegauf und Frau Katrin Becker vom Kohlhammer Verlag danken wir für die sehr erfreuliche Zusammenarbeit, die professionelle Begleitung der Bucherstellung und die wertvollen Ratschläge, vor allem in der Endphase des Projektes.

 

Erfurt und Stuttgart im Oktober 2005

Wolfgang Burr & Michael Stephan

Vorwort zur 2. Auflage

 

 

 

Nach mehr als 10 Jahren ist eine Neuauflage des Lehrbuches Dienstleistungsmanagement erforderlich. Seit der Veröffentlichung der ersten Auflage gab es eine kaum noch überschaubare Flut an wissenschaftlichen Publikationen zum Thema Dienstleistungsmanagement und Dienstleistungsinnovation im In- und Ausland. Vor einigen Jahren wurde im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaftslehre eine eigene wissenschaftliche Kommission Dienstleistungsmanagement gegründet. Das Thema Dienstleistungen ist damit in der Breite der Betriebswirtschaftslehre tief verankert und endgültig etabliert, was angesichts der großen Bedeutung des Dienstleistungssektors für Wachstum, Beschäftigung und Innovation zwangsläufig war. Auch in der Unternehmenspraxis haben Dienstleistungen in den letzten 10 Jahren in vielen Unternehmen, nicht nur in Dienstleistungsunternehmen, sondern insbesondere auch in den Industriebetrieben, die produktbegleitende Dienstleistungen anbieten, erheblich an Bedeutung gewonnen. Wichtige Treiber sind dabei insbesondere die Digitalisierung und Vernetzung (Industrie 4.0), welche im verarbeitenden Gewerbe viele Potenziale für die Erweiterung traditioneller Geschäftsmodelle durch Dienstleistungen eröffnen. Gerade das Internet hat dem Themenkomplex Dienstleistungsinnovation in der Unternehmenspraxis erhebliche Impulse gegeben. Dienstleistungen sind heute zu einem wesentlichen Wachstums- und Gewinnträger in vielen Branchen und Unternehmen geworden. In der betriebswirtschaftlichen Dienstleistungsforschung wird es Jahre dauern, dies zu analysieren und wissenschaftlich zu durchdringen. Die vorliegende Neuauflage des Lehrbuchs stellt sich dieser Herausforderung und greift die Veränderungen gezielt auf.

In Anbetracht der skizzierten Entwicklungsdynamik und des steigenden Bedeutungszuwachses von Dienstleistungen war eine rein aktualisierte Fortschreibung des Lehrbuchs nicht denkbar. Gegenüber der ersten Auflage wurden tiefgreifende Änderungen vorgenommen. Deutlich gestärkt und inhaltlich um neue Methoden und Instrumente erweitert wurde das Kapitel 4 zum Innovationsmanagement. So wurden mit »Service Design Thinking« und »Scrum« agile Methoden in die Lehrbuchdarstellung aufgenommen, die vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung einen massiven praktischen Bedeutungszuwachs erfahren, aber leider nur selten wissenschaftlich reflektiert werden. Mit seiner kritischen Darstellung hierzu hebt sich das vorliegende Lehrbuch gegenüber vielen anderen Publikationen zum Thema ab! Des Weiteren wurden als neues Thema in das Buch Ausführungen zur Geschichte der Dienstleistungsforschung in der Betriebswirtschaftslehre aufgenommen. Wesentlich ergänzt wurden auch die Darstellungen zu einzelnen Theorien und Konzepten, z. B. zum Market Based View und zu Dynamic Capabilities. Daneben wurde die Überarbeitung genutzt, um zahlreiche Aktualisierungen des Textes vorzunehmen und Fehler der 1. Auflage zu beseitigen.

Uns als Autoren war es sehr wichtig, einerseits die bewährte Kompaktheit des Lehrbuches zu erhalten und andererseits dennoch Raum für neue Themen zu bieten und natürlich Aktualisierungen vorzunehmen. Das vorliegende Lehrbuch eignet sich für Studierende der Betriebswirtschaftslehre, der Wirtschaftsinformatik, des Wirtschaftsingenieurwesens und natürlich für spezielle Studiengänge der Dienstleistungswirtschaft (z. B. Medienwirtschaft oder Tourismus). Aber auch Praktiker in Dienstleistungs- und Industriebetrieben können durch die Lektüre Anstöße und Impulse für ihre tägliche Managementarbeit erhalten.

Dieses Buch wurde erst möglich durch zahlreiche Unterstützungen, die uns als Autoren die Bewältigung des Projektes ermöglichten. Frau Christel Dehlinger (Marburg) hat die Endredaktion des Buches übernommen und uns bei einzelnen Textteilen mit Formatierungen und Korrekturlesen unterstützt. Frau Claudia Schneider hat die Integration der verschiedenen Literaturverzeichnisse übernommen und uns ebenfalls bei einzelnen Textteilen mit Formatierungen und Korrekturlesen unterstützt. Diesen beiden Mitarbeiterinnen sind wir als Autoren zu großem Dank verpflichtet. Die Zusammenarbeit mit Dr. Uwe Fliegauf vom Kohlhammer-Verlag war wie bei früheren Buchprojekten sehr effizient sowie eine große Freude und Inspiration. Ohne die uns als Autoren gewährten großen Freiräume bei der Buchgestaltung und gelegentliche Erinnerungen an einzuhaltende Termine wäre das Buch in der vorliegenden Form nicht so zeitnah fertig geworden. Wir als Autoren sind all unseren Mitarbeiterinnen und Unterstützern sowie dem Kohlhammer-Verlag zu großem Dank verpflichtet. Die Verantwortung für verbliebene Fehler des Buches liegt wie immer bei uns als Autoren.

 

Stuttgart und Marburg 2019

Wolfgang Burr und Michael Stephan

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Vorwort zur 1. Auflage

Vorwort zur 2. Auflage

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Definition und Bedeutung von Dienstleistungen aus interdisziplinärer Sicht

1.1 Einleitung

1.2 Der Dienstleistungsbegriff

1.2.1 Der Dienstleistungsbegriff in der ökonomischen Theorie

1.2.1.1 Die Negativdefinition

1.2.1.2 Die enumerative Definition

1.2.1.3 Die Definition über konstitutive Merkmale

1.2.1.4 Die Definition der Dienstleistung über Leistungsbündel

1.2.1.5 Die Definition über Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften

1.2.1.6 Die Betrachtungsweise der Dienstleistung als Gut mit unscharf definierten Property Rights

1.2.1.7 Zwischenfazit

1.2.2 Der Dienstleistungsbegriff in der Soziologie

1.2.3 Der Dienstleistungsbegriff in der Rechtswissenschaft

1.2.3.1 Allgemeines zur Dienstleistungsfreiheit

1.2.3.2 Der Begriff der Dienstleistung in Art. 50 EGV

1.2.4 Ein Vergleich der Dienstleistungsbegriffe

1.2.5 Zum Begriff des Dienstleistungsmanagements

1.2.6 Zur Entwicklung der Dienstleistungsforschung in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre

1.3 Der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft

1.3.1 Der Umfang und Wandel des deutschen Dienstleistungssektors aus statistischer Sicht

1.3.2 Erklärungsansätze der ökonomischen Theorie

1.3.2.1 Jean Fourastié – Drei-Sektoren-Theorie

1.3.2.2 Nikolai Dimitriewitsch Kondratieff – Theorie der Kondratieff-Wellen

1.3.3 Erklärungsansätze der soziologischen Theorie

1.3.3.1 Daniel Bell – Die postindustrielle Gesellschaft

1.3.3.2 Jonathan Gershuny – Die Selbstbedienungsgesellschaft

1.3.4 Ein Vergleich der Erklärungsansätze

1.4 Abschließende Bemerkungen zum Dienstleistungsbegriff und zum Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft

1.5 Formen von Dienstleistungen

1.5.1 Investive und konsumtive Dienstleistungen

1.5.2 Investive und industrielle Dienstleistungen

1.5.3 Merkmale und Formen industrieller Dienstleistungen

1.5.4 Personal-, kapital-, wissens- und datenintensive sowie vernetzt-digitale Dienstleistungen

2 Theoretische Grundlagen zum Dienstleistungsmanagement und zur Dienstleistungsinnovation

2.1 Der Resource Based View of the Firm und seine Anwendung auf Dienstleistungsbranchen

2.1.1 Der Ressourcenbegriff und die Ressourcenkategorien im Resource Based View of the Firm

2.1.2 Ziel unternehmerischen Handelns: Aufbau verteidigungsfähiger Wettbewerbsvorteile

2.2 Der Market Based View of the Firm und seine Anwendung auf Dienstleistungsbranchen

2.3 Notwendigkeit einer integrierten Ressourcen- und Marktsicht des Dienstleistungsmanagements

3 Formen der Dienstleistungserbringung: Grundlagen zur Dienstleistungsindividualisierung, zur Dienstleistungsstandardisierung und zur Mass Customization von Dienstleistungen

3.1 Formen und Ansatzpunkte zur Dienstleistungsindividualisierung

3.2 Ansatzpunkte zur Dienstleistungsstandardisierung

3.3 Das Grundkonzept der Mass Customization im Dienstleistungsbereich

3.4 Individualisierung, Standardisierung und Mass Customization von Dienstleistungen aus ressourcen- und marktorientierter Sicht

4 Innovationsmanagement in Dienstleistungsunternehmen

4.1 Grundlagen: Begriff, Formen und Verbreitung von Dienstleistungsinnovation

4.1.1 Innovation, Innovationsmanagement und Besonderheiten von Dienstleistungsinnovationen

4.1.1.1 Innovation und Innovationsmanagement

4.1.1.2 Abgrenzung Innovations-, F&E- und Technologiemanagement

4.1.1.3 Besonderheiten von Dienstleistungsinnovationen

4.1.2 Klassifikation und Formen von Dienstleistungsinnovationen

4.1.2.1 Inhaltliche Dimension: Was ist der Gegenstand der Innovationen?

4.1.2.2 Intensitätsdimension: Wie sehr neu ist die Innovation?

4.1.2.3 Subjektive Dimension: Für wen ist die Innovation neu?

4.1.2.4 Auslösende Dimension: Woher stammt (der Anstoß für) die Innovation?

4.1.3 Ausbreitung und Diffusionsprozesse bei Dienstleistungsinnovationen

4.2 Empirische Bedeutung von Dienstleistungsinnovationen

4.2.1 Probleme der statistischen Erfassung von Dienstleistungsinnovationen

4.2.2 Gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Dienstleistungsinnovationen

4.2.3 Sektorale Innovationsschwerpunkte in der Dienstleistungswirtschaft: Die Rolle der wissensintensiven Dienstleistungen

4.2.4 Empirische Befunde zum Innovationsmanagement bei Dienstleistungsunternehmen

4.3 Theoretische Analyse der Dienstleistungsinnovation

4.3.1 Der ressourcenorientierte Erklärungsansatz zur Dienstleistungsinnovation

4.3.1.1 Für Dienstleistungsinnovationen erforderliche Ressourcen i. e. S.

4.3.1.2 Innovationskompetenz eines Dienstleistungsanbieters

4.3.1.3 Innovation und Dynamic Capabilities eines Dienstleistungsanbieters

4.3.1.4 Auswirkungen von Dienstleistungsinnovationen auf vorhandene Kompetenzen des Unternehmens und Notwendigkeit zum Aufbau neuer Kompetenzen im Unternehmen

4.3.2 Der marktorientierte Erklärungsansatz zur Dienstleistungsinnovation

4.4 Management von Dienstleistungsinnovationen

4.4.1 Grundsatzüberlegungen zum Innovationsmanagement in Dienstleistungsunternehmen

4.4.1.1 Was ist Innovationserfolg bei Dienstleistern?

4.4.1.2 Ist Innovationsmanagement in der Dienstleistungswirtschaft anders?

4.4.2 Service Engineering – Der systematische Serviceentwicklungsprozess von der Idee bis zur Implementierung der marktfähigen Dienstleistung

4.4.2.1 Überblick und begriffliche Grundlagen des Service Engineering

4.4.2.2 Service Engineering i. e. S.: Ideengewinnung, -bewertung und -selektion

4.4.2.3 Service Engineering i. e. S.: Aufnahme der Anforderungen und Dienstleistungsdesign

4.4.2.4 Implementierung der Dienstleistungsinnovation

4.4.2.5 Fazit und kritische Bewertung

4.4.3 Service Design Thinking als Ansatz zur Dienstleistungsentwicklung

4.4.3.1 Hintergrund und Grundprinzipien des Design Thinking-Konzepts

4.4.3.2 Grundprinzipien im Service Design Thinking

4.4.3.3 Prozessschritte im Service Design Thinking-Ansatz

4.4.3.4 Fazit und kritische Bewertung

4.4.4 Scrum als Ansatz zur agilen Software- und Dienstleistungsentwicklung

4.4.4.1 Überblick und begrifflicher Hintergrund

4.4.4.2 Grundprinzipien im Scrum-Ansatz

4.4.4.3 Prozessschritte und Rollen im Scrum-Ansatz

4.4.4.4 Fazit und kritische Bewertung

4.5 Organisationskonzepte zur Umsetzung von Innovationen

4.5.1 Überblick und Alternativen der organisatorischen Ausgestaltung

4.5.2 Instrumente des Projektmanagements

4.5.3 Funktionsübergreifender Wissensaustausch

4.6 Kundenintegration und Marketing von Serviceinnovationen

4.6.1 Kundenintegration bei Dienstleistungsinnovationen

4.6.1.1 Überblick und Ziele der Kundenintegration

4.6.1.2 Dialogorientierte Kommunikation und Medienwahl als Grundlage für die aktive und effektive Einbindung von Kunden

4.6.1.3 Einsatz etablierter Management- und Kundendialogsysteme im Innovationsprozess: Beschwerdemanagement, Hotlines, Online-Foren

4.6.1.4 Einsatz originärer Instrumente zur Kundeneinbindung in den Innovationsprozess: Customer Focus Groups, Workshops, Advisory Boards und das Lead User-Konzept

4.6.1.5 Organisation der Kundenintegration

4.6.2 Preisgestaltung neuer Dienstleistungsprodukte

4.6.2.1 Einführung in die Preis- und Kontrahierungspolitik bei Dienstleistungen

4.6.2.2 Strategien der nutzenorientierten Preisgestaltung von Dienstleistungsprodukten

4.6.2.3 Anwendungsfall: Parameter der Preisgestaltung digitaler Dienstleistungen

4.7 Intellectual Property Management im Dienstleistungssektor

4.7.1 Grundüberlegungen und Allgemeines zu Schutzstrategien und Schutzrechten

4.7.2 Übersicht über die formellen Schutzrechte

4.7.2.1 Patente

4.7.2.2 Gebrauchs- und Geschmacksmuster (Designschutz)

4.7.2.3 Marken (Trademarks/Warenzeichen)

4.7.2.4 Urheberrechte (Copyrights)

4.7.3 Schutzmöglichkeiten für Dienstleistungsinnovationen

4.7.3.1 Überblick über den Schutz von Dienstleistungen

4.7.3.2 Schutz von Dienstleistungsinnovationen durch Patente

4.7.3.3 Schutz von Dienstleistungsinnovationen durch Marken

4.7.3.4 Urheberrechte zum Schutz von Dienstleistungsinnovationen

4.7.3.5 Patente zum Schutz von Software?

5 Ansätze zur Messung und zum Management von Dienstleistungsqualität

5.1 Die SERVQUAL-Methode nach Zeithaml/Parasuraman/Berry

5.2 Service Level Agreements zur Messung von Dienstleistungsqualität

5.2.1 Definition und wesentliche Elemente von Service Level Agreements

5.2.2 Kategorien von Service Level Agreements

5.2.3 Problematik und Grenzen von Service Level Agreements

5.3 Online-Portale zur Bewertung von Dienstleistungsqualität

5.3.1 Einführung: Online-Bewertungsportale zur Reduktion von Informationsasymmetrien bei Erfahrungs- und Vertrauensgütern

5.3.2 Definition und Arten von Online-Bewertungsportalen

5.3.3 Kritische Würdigung von Online-Bewertungsportalen

5.4 Modell der kontinuierlichen Verbesserung der Dienstleistungsqualität nach Zeithaml, Parasuraman und Berry

6 Servicetransformation im verarbeitenden Gewerbe

6.1 Einführung: Treiber der Diversifikation in das industrielle Dienstleistungsgeschäft

6.2 Marktorientierte Sicht der Diversifikation in das industrielle Dienstleistungsgeschäft

6.3 Ressourcenorientierte Sicht der Diversifikation in das industrielle Dienstleistungsgeschäft

6.3.1 Neoklassische und produktionstheoretische Erklärungsansätze zur verbundenen Diversifikation

6.3.2 Ressourcenbasierte Erklärungsansätze zur Diversifikation in das Servicegeschäft: Statische Verbundvorteile

6.3.3 Ressourcenbasierte Erklärungsansätze zur Diversifikation in das Servicegeschäft: Dynamische Verbundvorteile

6.3.4 Von der sachgebundenen zur sachungebundenen Diversifikation: Die Transformation zum Dienstleistungsunternehmen

6.3.5 Die Berücksichtigung des externen Faktors »Kunde« bei der Diversifikation in das industrielle Servicegeschäft

6.3.6 Transformationspfad vom Industrie- zum Dienstleistungsunternehmen

6.4 Organisatorische Einbindung industrieller Dienstleistungen

7 Ausblick: Entwicklungslinien in der Dienstleistungswirtschaft

Literatur

Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

 

 

 

ADL

Arthur D. Little

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis

BMBF

Bundesministerium für Bildung und Forschung

BMWI

Bundesministerium für Wirtschaft und Industrie

bzw.

beziehungsweise

d. h.

das heißt

DB

Deutsche Bahn

DL

Dienstleistung

DPMA

Deutsches Patent- und Markenamt

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

EFI

Expertenkommission Forschung und Innovation

EG

Europäische Gemeinschaft

EGV

Vertrag der Europäischen Gemeinschaft

EPA

Europäisches Patentamt

EPÜ

Europäisches Patentübereinkommen

EU

Europäische Union

F&E

Forschung und Entwicklung

f.

folgende Seite; folgender Artikel

ff.

folgende Seiten; folgende Artikel

GATS

General Agreement on Trade in Services

GE

General Electric

IAO

Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation

IDL

Industrielle Dienstleistungen

IPC

International Patent Classification/Internationale Patentklassifikation

i. e. S.

im engeren Sinne

IT

Informationstechnologie

i. w. S.

im weitesten Sinne

JPO

Japan Patent Office/Japanisches Patentamt

KIBS

Knowledge Intensive Business Services

KMU

Kleine und mittelständische Unternehmen

MarkenG

Deutsches Markengesetz

MIT

Massachusetts Institute of Technology

Mrd.

Milliarden

NBER

National Bureau of Economic Research

OECD

Organization for Economic Cooperation and Development/Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

OEM

Original Equipment Manufacturer/Industrieller Erstausrüster

o. g.

oben genannt

PatG

deutsches Patentgesetz

PCT

Patent Cooperation Treaty

SB

Selbstbedienung

SLA

Service Level Agreements

TRIPS

Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights/Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums

UNCTAD

United Nations Conference on Trade and Development/Welthandels- und Entwicklungskonferenz

u. v. m.

und vieles mehr

WIPO

World Intellectual Property Organization/Weltorganisation für Geistiges Eigentum

WTO

World Trade Organization/Welthandelsorganisation

ZEW

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

ZfbF

Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

Abbildungsverzeichnis

 

 

 

Abb. 1

:

Informationsökonomische Gütermerkmale von Sachgütern und Dienstleistungen

Abb. 2

:

Entwicklungsphasen der Dienstleistungsforschung in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre

Abb. 3

:

Bruttowertschöpfung 2017 in Deutschland

Abb. 4

:

Anteile der Wirtschaftsbereiche an der Bruttowertschöpfung in Deutschland

Abb. 5

:

Erwerbstätige im Inland nach Wirtschaftsbereichen in Prozent in 2017

Abb. 6

:

Selbstständige im Inland nach Wirtschaftsbereichen

Abb. 7

:

Entwicklung der Erwerbstätigen nach Wirtschaftsbereichen im Zeitraum 1882–2001

Abb. 8

:

Phasen der Wirtschaftsentwicklung in Anlehnung an

Jean Fourastié

Abb. 9

:

Kondratieffzyklen und ihre jeweiligen Basisinnovationen

Abb. 10

:

Allgemeines Schema des sozialen Wandels von Daniel Bell

Abb. 11

:

Anteil einzelner Dienstleistungsarten am Gesamtumsatz mit industriellen Dienstleistungen

Abb. 12

:

Ressourcenkategorien im ressourcenorientierten Ansatz

Abb. 13

:

Kernkompetenzen als Fundament der Dienstleistungsentwicklung und Dienstleistungsproduktion

Abb. 14

:

Ressourcenmerkmale und verteidigungsfähiger Wettbewerbsvorteil

Abb. 15

:

Fünf Wettbewerbskräfte und Branchenstruktur nach Michael E. Porter

Abb. 16

:

Wettbewerbskräfte in Dienstleistungsmärkten

Abb. 17

:

Komplexe Strategiemuster für Dienstleistungsmärkte

Abb. 18

:

mehrstufiges Vorgehen bei der Mass Customization von Dienstleistungen

Abb. 19

:

Standardisierung, Individualisierung und Mass Customization bei Dienstleistungen aus marktorientierter Sicht

Abb. 20

:

Linear-sequentielles Modell des Innovationsprozesses

Abb. 21

:

Technologiemanagement, F&E-Management und Innovationsmanagement

Abb. 22

:

Ergebnisorientierte Dimensionen der Innovation

Abb. 23

:

Anteil des DL-Sektors an den gesamten privatwirtschaftlich finanzierten F&E-Aufwendungen in ausgewählten OECD-Ländern in Prozent (2015)

Abb. 24

:

Anteil der (Fach-)Hochschulabsolventen an den Beschäftigten in % in Dienstleistungssektoren

Abb. 25

:

Erfolgsfaktoren im Prozess der Serviceentwicklung

Abb. 26

:

Verantwortung für die Entwicklung neuer Dienstleistungen in deutschsprachigen Unternehmen

Abb. 27

:

Bedeutung verschiedener Informationsquellen für Innovationen im Dienstleistungssektor

Abb. 28

:

Externe Innovationshemmnisse in der deutschen Dienstleistungswirtschaft

Abb. 29

:

Die sieben Prozessphasen bei der Neuentwicklung und Markteinführung von Dienstleistungen

Abb. 30

:

Methoden der Ideengewinnung

Abb. 31

:

Service Blueprint am Beispiel einer Hotelübernachtung mit Essen auf dem Zimmer

Abb. 32

:

Rahmenkonzept für das Service Engineering

Abb. 33

:

Formen und Instrumente zur Integration des Kunden in den Innovationsprozess in Abhängigkeit der Rollendefinition

Abb. 34

:

Medien zur effektiven Kommunikation im Modell der Media Richness

Abb. 35

:

Modell der aufgabenorientierten Medienwahl

Abb. 36

:

Einsatz interaktiver Medien in deutschen Dienstleistungsunternehmen

Abb. 37

:

Segmentierung von Zielgruppen nach Dialogfähigkeit und -bereitschaft

Abb. 38

:

Formelle und informelle Instrumente zum Schutz von Innovationen

Abb. 39

:

Top 30 Markennamen im Jahr 2018 gemessen an ihrem Wert

Abb. 40

:

Grauzone aufgrund unklarer Rechtslage bei der Patentierung von Software

Abb. 41

:

Einflussfaktoren auf die Qualitätswahrnehmung von Dienstleistungskunden

Abb. 42

:

Gesamtmodell zur Verbesserung der Dienstleistungsqualität

Abb. 43

:

Modell zur kontinuierlichen Messung und Verbesserung der Dienstleistungsqualität

Abb. 44

:

Service-Diversifikation im Rahmen der alternativen Formen unternehmerischer Wachstumsstrategien

Abb. 45

:

Wachstum und Profitabilität im Erstausrüstungsgeschäft (OEM) und im Bereich industrieller Dienstleistungen (IDL) in ausgewählten Branchen

Abb. 46

:

Gründe für die Ausdehnung des industriellen Servicegeschäfts in ausgewählten Branchen (Abb. 45)

Abb. 47

:

Verbundvorteile bei sachgebundenen Dienstleistungen durch gemeinsame Nutzung von Ressourcen

Abb. 48

:

Dynamische Verbundvorteile durch Ressourcenakkumulation

Abb. 49

:

Dynamische Verbundvorteile durch Verbesserung und Veredelung der angestammten kompetenzbasierten Ressourcenbasis

Abb. 50

:

Modell zur Erklärung der Diversifikation von Industrieunternehmen in den Dienstleistungssektor

1          Definition und Bedeutung von Dienstleistungen aus interdisziplinärer Sicht

 

 

 

1.1       Einleitung

Wir leben heute in einer Gesellschaft, die sich von der Agrar- über die Industriegesellschaft hin zu einer Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft entwickelt hat. Dieser Trend ist in allen hoch entwickelten Volkswirtschaften zu beobachten. Die Begriffe Dienstleistung und Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft werden heute in der Umgangssprache, aber auch in der Wissenschaft vielfach verwendet, ohne eine genaue Darstellung dessen vorzunehmen, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt.

Die Aufgabe dieses einleitenden Abschnitts ist es zunächst, die Definition des Dienstleistungsbegriffs in der ökonomischen Theorie, der Soziologie und der Rechtswissenschaft darzulegen. Im Anschluss daran wird ein Vergleich zwischen dem Begriffsverständnis der unterschiedlichen Disziplinen vorgenommen.

Im zweiten Teil des Abschnitts wird dargelegt, inwieweit die unterschiedlichen Disziplinen, der Schwerpunkt wird auf der ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Betrachtung liegen, den Wandel der Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft erklären. Auch hier wird ein Vergleich zwischen den Erklärungsansätzen vorgenommen und nach dem möglichen Auslöser für den Wandel in den einzelnen Ansätzen gesucht.

Es wird festzustellen sein, dass die Definition des Dienstleistungsbegriffs nicht existiert und der Wandel der Gesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft zumindest statistisch nachvollziehbar ist.

1.2       Der Dienstleistungsbegriff

Im folgenden Abschnitt wird der erste Schwerpunkt der Arbeit, d. h. der Dienstleistungsbegriff in den verschiedensten Disziplinen erläutert. Zunächst werden die Ansätze in der ökonomischen Theorie und im Anschluss die Definitionsansätze in der Soziologie und in der Rechtswissenschaft dargelegt.

1.2.1     Der Dienstleistungsbegriff in der ökonomischen Theorie

Die Definitionen des Begriffs der Dienstleistung sind vielfältig und geprägt durch die verschiedensten Ansatzpunkte. Festzustellen ist, dass der Dienstleistungssektor unabhängig von seiner Abgrenzung durch Heterogenität geprägt ist und eine Unterscheidung von Dienstleistung und Sachgut sich häufig als schwierig erweist. Im Folgenden werden die verschiedensten Definitionsansätze der ökonomischen Theorie vorgestellt, hierzu sind zu zählen:

•  die Negativdefinition,

•  die enumerative Definition,

•  die Definition über konstitutive Merkmale,

•  die Definition der Dienstleistung über Leistungsbündel und

•  die Betrachtungsweise der Dienstleistung als Gut mit unscharf definierten Property Rights.

1.2.1.1    Die Negativdefinition

Folgt man diesem Definitionsansatz, so wird der Dienstleistungsbegriff in der Art und Weise erarbeitet, in dem alles das als Dienstleistung verstanden wird, was nicht den Sachleistungen zugeordnet werden kann und somit weder dem primären noch dem sekundären Sektor zuzurechnen ist (zur Einteilung der Sektoren vgl. Statistisches Bundesamt 2003).

Demzufolge wird bei diesem Ansatz alles das aufgezählt, was nicht zur Dienstleistung zu zählen ist. Als Beispiele dienen unzählige Sachleistungen, die nur ansatzweise hier aufgeführt werden können, z. B. Kraftfahrzeuge, Möbel, Gebäude, Nahrungsmittel als Produkte des primären Sektors etc. Eine solche Negativdefinition, die Begriffsbestimmung der Dienstleistung durch das, was sie gerade nicht ist, ist als nicht zufrieden stellend zu betrachten. In der Literatur wird diese Vorgehensweise u. a. als »wissenschaftliche Verlegenheitslösung« (Corsten 2001, S. 21) bezeichnet.

Durch diesen Ansatz wird das Wesen einer Dienstleistung nicht herausgearbeitet, so dass keine konstitutiven Merkmale nachgewiesen werden, die eine Abgrenzung der Dienstleistung von der Sachleistung ermöglichen. Kritisch ist weiterhin zu bemerken, dass Kombinationen von Dienstleistungen und Sachleistungen, die in der Praxis häufig vorzufinden sind, von diesem Erklärungsansatz entweder gar nicht erfasst werden oder aber die Zuordnung einer solchen Kombination zu einem Sachgut oder zu einer Dienstleistung als willkürlich erscheint (vgl. Haller 2001, S. 5).

1.2.1.2    Die enumerative Definition

Bei der enumerativen Definition wird versucht, über die Aufzählung von Dienstleistungsbeispielen das Wesen der Dienstleistung zu charakterisieren. Über diese Aufzählung von Beispielen erfährt der Dienstleistungsbegriff eine Präzisierung. Dies bedeutet, dass sämtliche Dienstleistungsarten, die zum Dienstleistungssektor gehören könnten, aufgelistet werden. Als Beispiele sind folgende Wirtschaftsbereiche bzw. -branchen zu nennen (vgl. Kleinaltenkamp 2001, S. 30):

•  Beherbergung, Bewirtung,

•  Bankwirtschaft, Versicherungswirtschaft,

•  Datenverarbeitung,

•  Energieversorgung,

•  Erholung, Ernährung, Hotel- und Gaststättengewerbe,

•  Nachrichtenübermittlung,

•  Rechts- und Wirtschaftsberatung,

•  Werbung u. v. m.

Die Aufzählung der Wirtschaftszweige bzw. -branchen verdeutlicht die Problematik einer enumerativen Definition, denn aufgrund der Heterogenität des Dienstleistungssektors und der permanenten Hervorbringung innovativer Dienstleistungen kann eine vollständige Auflistung nicht gelingen (vgl. Haller 2001, S. 5). Dem enumerativen Ansatz mangelt es ebenfalls an der Ausarbeitung von Kriterien, auf deren Grundlage im konkreten Fall entschieden werden kann, ob eine Dienstleistung vorliegt oder nicht. Im Grunde wird hierbei von vornherein unterstellt, dass eine intuitive Vorstellung darüber besteht, was eine Dienstleistung ist (vgl. Corsten 2001, S. 21). Somit kann eine Definition durch eine enumerative Aufzählung von möglichen Tätigkeiten als zu weitgehend betrachtet werden oder aber auch zu eng gefasst werden, indem bestimmte Randbereiche, wie gemischte Formen von Dienstleistungen und Sachgütern, nicht erfasst werden.

Aus der wissenschaftlichen Perspektive kann daher eine solche Auflistung als nicht ausreichend angesehen werden, da es zwangsläufig zu keiner präzisen Trennung der Dienstleistungsbereiche von allen anderen Wirtschaftssektoren kommen kann (vgl. Kleinaltenkamp 2001, S. 30).

1.2.1.3    Die Definition über konstitutive Merkmale

Die am häufigsten in der Literatur vorzufindende Abgrenzung des Dienstleistungsbegriffs basiert auf der Ausarbeitung konstitutiver Merkmale (vgl. Rück 2000, S. 177 ff.; Corsten 2001, S. 21 ff.; Haller 2001, S. 5 ff.). Ein konstitutives Merkmal ist eine prägende Eigenschaft, die den Wesenskern einer Dienstleistung grundlegend beschreibt. Demzufolge ist dieser Ansatz ein Versuch, die Charakteristika von Dienstleistungen herauszuarbeiten und die Definition festzumachen, indem man sich auf die Gemeinsamkeiten aller Services konzentriert (vgl. Haller 2001, S. 5). Eine Ausarbeitung von wirklich trennscharfen Kriterien zur Unterscheidung von Sach- und Dienstleistungen konnte bisher nicht identifiziert werden. Am häufigsten werden in der Literatur die konstitutiven Dienstleistungsmerkmale

•  der Immaterialität,

•  der Integration eines externen Faktors,

•  der Nichtlagerbarkeit der Dienstleistung und

•  das Uno-actu-Prinzip

akzeptiert, welche im Weiteren näher erläutert werden.

Immaterialität

Das Begriffspaar materielle und immaterielle Güter ist auf die Arbeit von Jean-Baptiste Say zurückzuführen, der als erster sowohl den Guts- als auch den Produktivitätsbegriff »entmaterialisiert« und auf die nichtkörperlichen Güter ausgedehnt hat (vgl. Maleri 1997, S. 9 u. 49; Rück 2000, S. 187 f.). In Abgrenzung zur Materialität führt das Merkmal der Immaterialität dazu, dass eine Dienstleistung die Sinne des Menschen wie Tastsinn, Geschmack, Sehvermögen und Gehör nicht anzusprechen vermag. Infolgedessen ist die Dienstleistung vielfach eine unkörperliche, also unsichtbare und ungreifbare, eine geistige Leistung, ein substanzloses Gut (vgl. Maleri 1997, S. 97 f.). Als Synonyme werden in der Literatur die Begriffe der Unstofflichkeit, Körperlosigkeit, Substanzlosigkeit oder Intangibilität verwendet (vgl. Haller 2001, S. 5; Maleri 1997, S. 95 ff; Rück 2000, S. 187 ff.).

Die Sichtweise von Dienstleistungen als immaterielle Leistungen kann aus verschiedensten Gründen als problematisch angesehen werden. Zum einen ist das Merkmal der Immaterialität für die Dienstleistung als ein konstitutives, aber nicht als exklusives Merkmal zu sehen. Die Gütersystematik zeigt auf, dass Nominalgüter wie Geld, Darlehens- und Beteiligungswerte oder Realgüter wie Rechte (Patente, Lizenzen) und Informationen immaterielle Güter sind, aber keine Dienstleistungen darstellen (vgl. die Gütersystematik bei Corsten 2001, S. 20 oder bei Maleri 1997, S. 56). Maleri führt hierzu aus: »Zwar sind alle Dienstleistungen zu den immateriellen Gütern zu zählen, nicht jedoch sind umgekehrt alle immateriellen Güter Dienstleistung.« (Maleri 1997, S. 49).

Zum anderen weisen als Dienstleistungen eingeordnete Leistungen häufig materielle Bestandteile auf, so dass die wenigsten Services als »reine« Dienste auftreten. Im Regelfall besteht eine Leistung aus materiellen und immateriellen Komponenten. Betrachtet man bspw. das fertig gestellte Essen in einem Restaurant oder aber funktionsfähige Bremsen eines Autos nach Abschluss der Reparatur, so können Dienstleistungen im Ergebnis materiell ausgeprägt sein. Teilweise ist die materielle Leistung als ausschlaggebend zu bezeichnen, denn die virtuelle Übernachtung in einem Hotel kann nicht als wünschenswert gesehen werden, genauso wenig wie ein fiktiver Urlaub (vgl. Haller 2001, S. 6). Der fließende Übergang zwischen der Immaterialität und Materialität wird in dem Marketing-Verbund-Kasten von Wolfgang Hilke (vgl. Hilke 1989, S. 8; zur Kritik hieran vgl. Rück 2000, S. 191) veranschaulicht. Hiernach ist eine Sachleistung ohne jegliche Dienstleistung nicht denkbar, da ein Sachgut zumindest immer mit einem Minimum an Vertriebsleistungen verbunden ist. Umgekehrt ist eine reine Dienstleistung und daher die Existenz vollständig immaterieller Leistungen nach dieser Darstellung vorstellbar. Kritisieren lässt sich an dieser Position aber, dass eine reine Dienstleistung oftmals nicht vorstellbar ist, da bspw. ein Friseur eine Schere benötigt, um sein Handwerk auszuüben.

Eine Unterscheidung in Sach- und Dienstleistungen anhand des Kriteriums der Immaterialität kann daher, wenn überhaupt, nur durch die Einführung einer stets mit Willkür behafteten Trennlinie erfolgen (vgl. Kleinaltenkamp 2001, S. 33). Die meisten Güter stellen eher ein Bündel aus Sach- und Dienstleistungskomponenten dar, so dass die Unterscheidung zwischen Sachgut und Dienstleistung anhand des Kriteriums der Immaterialität unzweifelhaft erschwert ist und daher nur graduell erfolgen kann.

Integration eines externen Faktors

Der Begriff des externen Faktors bezeichnet einen Produktionsfaktor, der von außen, d. h. vom Abnehmer oder Verwerter der Dienstleistung, in den Leistungsprozess eingebracht wird und daher vom Dienstleister nicht autonom disponiert werden kann (vgl. Rück 2000, S. 180).

Die Notwendigkeit eines externen Faktors besagt, dass eine Produktion und somit der Verkauf der Dienstleistung nur dann stattfinden kann, wenn entweder der Nachfrager oder aber ein ihm gehörendes Objekt in den Leistungsprozess integriert wird (vgl. Haller 2001, S. 7). Der externe Faktor ist folglich das Leistungsobjekt, auf das im Zuge der Dienstleistung eingewirkt wird. Er wird daher in der Literatur auch als conditio sine qua non – eine unabdingbare Voraussetzung – jeder Dienstleistung angesehen (vgl. Rück 2000, S. 180; Hilke 1989, S. 12). Als Beispiele für die Erbringung der Leistung am Nachfrager selbst sind die Hotelübernachtung, der Haarschnitt oder die Weiterbildung zu nennen. Hingegen sind die Schuhreparatur, der Tierarztbesuch, die Computerwartung oder der Frachttransport als Beispiele für eine Dienstleistung an dem eingebrachten Objekt aufzuführen.

Das Integrationsausmaß des externen Faktors kann vielfach variieren. So ist bei der Objekteinbringung durch den Nachfrager der Anbieter in der Lage, die geforderte Leistung relativ autonom zu erbringen. Andere Dienstleistungen können hingegen nur dann als erfolgreich erbracht angesehen werden, wenn der Kunde sich stark in den Leistungserstellungsprozess mit einbringt, bspw. bei Weiterbildungsveranstaltungen durch physische und geistige Präsenz oder bei Beratungsdienstleistung durch Benennung von Mitarbeitern des eigenen Unternehmens, die für den Berater als Ansprechpartner fungieren. Hierbei ist der Nachfrager an der Erstellung der Leistung selbst mit beteiligt und wirkt auf diese mit ein, so dass sich aufgrund dieser Abhängigkeit die Standardisierung und die Qualitätskontrolle von Dienstleistungen als schwierig erweisen (vgl. Haller 2001, S. 7, 16 ff.).

Demnach wird das Merkmal der Integration eines externen Faktors in der Literatur grundsätzlich als das konstitutive Merkmal für die Dienstleistung in Abgrenzung zur Sachleistung herangezogen. In Teilen der Literatur wird dies aber mit dem Hinweis darauf bestritten, dass auch bei der Produktion von Sachgütern externe Faktoren auftreten, vor allem in der Ausprägung des externen Faktors als Information (vgl. Rück 2000, S. 208 ff.; Kleinaltenkamp 2001, S. 36).

Nichtlagerbarkeit der Dienstleistung

Als das dritte Charakteristikum der Dienstleistung, welches hier aufgeführt wird, ist die Nichtlagerbarkeit von Dienstleistungen zu nennen. Unter der Nichtlagerbarkeit von Dienstleistungen wird verstanden, dass eine Vorratsproduktion von Dienstleistungen (Dienstleistungsergebnissen) nicht möglich ist. Eine mögliche Entkopplung von Absatz und Produktion und eine damit verbundene Steigerung der betrieblichen Flexibilität zur Erhöhung der Anpassungsfähigkeit an Nachfrageschwankungen sind daher bei Dienstleistungen grundsätzlich nicht möglich (vgl. Rück 2000, S. 230 f. und Maleri 1997, S. 107). Die Möglichkeit der Vorratsproduktion wird vorwiegend auf Grund der Unstofflichkeit bzw. der Immaterialität von Dienstleistungen verneint. Somit ist bspw. weder der Haarschnitt auf Vorrat zu erstellen noch eine vorgefertigte Computerreparatur zu erzeugen. Im Gegensatz zur Sachgüterproduktion ist die Ausgleichsmöglichkeit zwischen Produktions- und Absatzmengen nur beschränkt möglich. Leistungen, die produziert und nicht umgehend abgenommen werden, sind in der Regel verloren (vgl. Maleri 1997, S. 106 f.).

Fraglich ist, ob das Argument der Nichtlagerbarkeit ohne Einschränkungen als ein konstitutives Merkmal der Dienstleistung angesehen werden kann. Aus technischer Perspektive kann die Nichtlagerbarkeit der Dienstleistung widerlegt werden, da teilweise die Leistungen durch Trägermedien bzw. Speichermedien erfasst werden können. Zu diesen Trägermedien gehören bspw. Disketten, CDs, DVDs und Papier, auf denen sich Musik, Software, Schriftstücke/Literatur und andere Informationen befinden können. Somit sind die Leistungsergebnisse auf Trägermedien speicherbar, so dass die technische Lagerbarkeit und damit die Marktfähigkeit von Dienstleistungen gegeben sind (vgl. Rück 2000, S. 230). Zu beachten ist hierbei, dass es sich nur bei der Erstellung dieser Medien um eine nicht lagerfähige Dienstleistung handelt, danach werden diese dem Bereich des Sachgutes zugeordnet (vgl. Haller 2001, S. 7).

Folglich kann das Merkmal der Nichtlagerbarkeit nicht als ein exklusives konstitutives Merkmal der Dienstleistung herangezogen werden.

Uno-actu-Prinzip

Das Uno-actu-Prinzip kennzeichnet die Simultanität oder auch Synchronisation von Produktion und Absatz. Dies bedeutet, dass die Leistungserstellung und die Leistungs-inanspruchnahme von Dienstleistungen identisch sind (vgl. Haller 2001, S. 6; Rück 2000, S. 238). Demzufolge wird die Dienstleistung in dem Moment, in dem sie produziert wird, angeboten und vom Nachfrager konsumiert. Als ein Beispiel kann hier die Aufführung eines Konzertes herangezogen werden. In dem Moment, in dem das Orchester ein Stück spielt, erbringt dieses seine erforderliche Leistung und gleichzeitig konsumiert das Publikum durch das Zuhören. Da die Dienstleistungen nicht zeitversetzt abgegeben werden können, müssten die Leistungsabgabe durch den Dienstleister und die Leistungsannahme durch den externen Faktor unmittelbar und gleichzeitig erfolgen. Als Kritik an diesem Merkmal wird u. a. angeführt, dass sich diese Simultanität nicht auf alle Phasen einer Dienstleistung beziehen kann, so dass man nur von einer partiellen Simultanität von Leistungserstellung und Leistungsinanspruchnahme sprechen kann (vgl. Corsten 2001, S. 28).

Aus diesem Uno-actu-Prinzip können weitere Besonderheiten von Dienstleistungen als Resultat dessen gesehen werden. So existiert im Dienstleistungsbereich zu keiner Zeit ein Transferobjekt wie im Sachgüterbereich, d. h. ein Produkt, welches vom Anbieter zum Nachfrager wechselt. Ebenso wenig findet mit dem Leistungserwerb ein Eigentumstransfer wie bei einem Sachgut statt, denn hierbei erwirbt der Konsument Eigentum an der Sache.

Als Fazit zur Vorgehensweise der Definition über konstitutive Merkmale kann daher festgehalten werden, dass die Ausarbeitung von Dienstleistungsspezifika möglich, aber gleichzeitig mit der Einschränkung verbunden ist, dass die Aussagefähigkeit bzw. die Eignungsfähigkeit eines Merkmals unterlaufen werden kann, da zu jedem konstitutiven Merkmal einer Dienstleistung ebenfalls Ausnahmen zu finden sind. Demzufolge kann man nicht von prinzipiellen, sondern eher von graduellen Merkmalen sprechen. Die Unterschiede zwischen einer Dienstleistung und einem Sachgut können daher auch unter Anwendung konstitutiver Merkmale nur graduell und eben nicht prinzipiell festgestellt werden.

1.2.1.4    Die Definition der Dienstleistung über Leistungsbündel

Bisher wurde verdeutlicht, dass keiner der dargestellten Definitionsversuche zu einer eindeutigen Abgrenzung von Sach- und Dienstleistungen führt. Daher gibt und gab es verschiedenste Autoren, die es für unmöglich halten, eine klare Definition des Dienstleistungsbegriffs und damit eine klare Abgrenzung zum Begriff der Sachleistung zu finden (vgl. Engelhardt et al. 1993, S. 404 f.; Belz et al. 1991). Aufgrund der Komplexität des Dienstleistungsbegriffs wird durch diesen Ansatz die traditionelle Differenzierung zwischen Dienstleistung und Sachgut grundsätzlich in Frage gestellt.

Folgt man dieser Ansicht, dann stellen die von Unternehmen angebotenen Absatzobjekte immer Leistungsbündel dar, deren Teilleistungen auf der Basis eines vordisponierten Leistungspotenzials in unterschiedlichem Ausmaß durch die Integration externer Faktoren in den Leistungserstellungsprozess zustande kommen und durch unterschiedlich hohe Anteile von immateriellen und materiellen Komponenten im Leistungsergebnis gekennzeichnet sind (vgl. Kleinaltenkamp 2001, S. 36). Als Ausgangspunkt dieses Ansatzes dienen die Bedürfnisse des Kunden bzw. der zu erzielende Kundennutzen, die durch die sog. Leistungsbündel oder Leistungssysteme befriedigt werden. Diese Leistungsbündel kombinieren Sachleistungen und Dienstleistungen zu einer umfassenden Problemlösung für den Kunden. Beispielsweise werden dem Kunden häufig Sachgüter mit bestimmten Versicherungs- oder Serviceleistungen im Kompaktpaket angeboten. Hierbei hängt der Grad der Immaterialität sowie der Grad der Integrativität von der konkreten Ausgestaltung der Leistungsbündel ab und kann daher stark variieren (vgl. Engelhardt et al. 1993, S. 407 ff.). Dienstleistungen werden somit als Teil von umfassenden Leistungssystemen definiert.

Auch wenn diese Anknüpfung an die Leistungssysteme oder Leistungsbündel die Realität in der Wirtschaftspraxis widerspiegelt, so ist zu bemängeln, dass eine Ausarbeitung eines konsistenten Dienstleistungsbegriffs unter Bezugnahme auf den Begriff des Leistungssystems nicht erfolgt. Eine präzise Aussage zu dem Begriff der Dienstleistung wird daher nicht getroffen.

1.2.1.5    Die Definition über Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften

Neben der Definition über konstitutionellen Merkmale, die Sachgüter von Dienstleistungen unterscheiden ( Kap. 1.2.1.3), können Dienstleistungen auch durch Bezugnahme auf abstrakte Kategorisierungen, abgeleitet aus einer Theorie, definiert und von Sachgütern allgemein abgegrenzt werden. Eine solche abstrakte Kategorisierung bietet die Informationsökonomie.

In der Informationsökonomie werden folgende grundlegende Gütertypen unterschieden (vgl. zum folgenden Burr/Stephan/Werkmeister 2011, S. 459 f.; Ding/Keh 2016, S. 24):

•  Suchgüter(search goods/Suchmerkmale) (vgl. Nelson 1970): Der Nachfrager kann bereits vor dem Kauf die Qualität inspizieren und mit geringen Informationskosten anhand leicht erfassbarer Merkmale (Form, Material, Farbe, Leistungsdaten etc.) beurteilen (z. B. bei Kleidung, Möbeln).

•  Erfahrungsgüter(experience goods/Erfahrungsmerkmale) (vgl. Nelson 1970): Der Nachfrager kann erst nach dem Kauf und gegebenenfalls erst nach wiederholter Inanspruchnahme ein Urteil über die Qualität fällen (z. B. Restaurant- oder Friseurdienstleistung).

•  Vertrauensgüter(credence goods/Vertrauensmerkmale) (vgl. Darby und Karni 1973): Eine Beurteilung der Qualität ist auch nach der Inanspruchnahme der Leistung nicht möglich (z. B. bei einer medizinischen Diagnose, einer psychotherapeutischen Beratung oder Anwaltsleistungen im Falle komplexer Rechtsstreitigkeiten), der Käufer muss daher auf eine Leistungserbringung in guter Qualität und in seinem Interesse vertrauen.

Ein Gut, sei es ein Sachgut oder eine Dienstleistung, ist üblicherweise nicht ausschließlich durch Such- oder Erfahrungs- oder Vertrauensmerkmale gekennzeichnet. Bei jedem Gut treten diese Merkmale in unterschiedlicher Konfiguration und Gewichtung gemeinsam auf (vgl. Weiber/Adler 1995). So werden bei Sachgütern im Regelfall die Such- und Erfahrungseigenschaften überwiegen. Dienstleistungen zeichnen sich demgegenüber durch ein Überwiegen von Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften aus.

Bspw. kann ein Kleidungstück als Sachgut neben Sucheigenschaften (Stoffqualität, Verarbeitung der Nähte, Haptik, Schnitt, Passform, Preis) auch durch gewisse Erfahrungseigenschaften (Farbechtheit nach mehrmaligem Waschen) und sehr wenige nicht überprüfbare Vertrauenseigenschaften (z. B. Fair Trade Textilien, Textilien ohne Kinderarbeit und ohne schädliche Chemikalien) gekennzeichnet sein. Allerdings werden die Sucheigenschaften die Kaufentscheidung bei den meisten Käufern sehr stark beeinflussen.

Bei komplexen und stark individualisierten Dienstleistungen überwiegen hingegen die Vertrauenseigenschaften. Der Kunde wird bei ärztlichen Operationen oder komplexen Steuerberaterdienstleistungen im Regelfall nie verifizieren können, ob der Dienstleister sich optimal angestrengt und für den Kunden das auch in langfristiger Betrachtung maximale Ergebnis erzielt hat. Aber auch diese komplexen und individualisierten Dienstleistungen enthalten Erfahrungseigenschaften (Freundlichkeit des Krankenhauspersonals, effiziente und patientenorientierte Organisation der Leistungserstellung) und in begrenztem Umfang Sucheigenschaften (Sauberkeit des Krankenhauses beim ersten Betreten, aufgeräumtes Sprechzimmer und telefonische Erreichbarkeit des Arztes).

Diese informationsökonomische Unterscheidung wesentlicher Gütermerkmale kann für eine allgemeine und abstrakte Unterscheidung von Sachgütern und Dienstleistungen nutzbar gemacht werden. Auf diesen informationsökonomischen Gütermerkmalen aufbauend, hat Zeithaml (1981) Hypothesen zur Unterscheidung von Sach- und Dienstleistungen formuliert. Seine Grundaussage ist, dass Sachleistungen typischerweise vorwiegend mit Such- und Erfahrungsmerkmalen, Dienstleistungen hingegen überwiegend mit Vertrauens- und Erfahrungsmerkmalen ausgestattet sind ( Abb. 1).

Abb. 1: Informationsökonomische Gütermerkmale von Sachgütern und Dienstleistungen (Quelle: Vgl. Zeithaml (1981) sowie Burr/Stephan/Werkmeister (2011), S. 560)

Dass Dienstleistungen überwiegend durch Vertrauens- und Erfahrungsmerkmale charakterisiert sind, kann letztlich auf die konstitutiven Eigenschaften von Dienstleistungen zurückgeführt werden (vgl. Burr/Stephan/Werkmeister 2011, S. 560). Erfahrungs- und Vertrauensguteigenschaften sind bei Dienstleistungen dann stark ausgeprägt, wenn die Immaterialität und die Integration des externen Faktors in die Leistungserstellung als konstitutive Merkmale eine große Rolle spielen. Dienstleistungen, die in starkem Maße durch Wissensarbeit und Expertentum gekennzeichnet sind (Immaterialität) oder bei denen der Kunde entscheidend zur Leistungserstellung beiträgt (Integration des externen Faktors, z. B. bei individuellen Dienstleistungen), weisen überwiegende Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften auf. Dann wird es für den Kunden sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich, die angebotenen Leistungen mit Leistungsangeboten anderer Anbieter zu vergleichen und die Qualität der Leistungsausführung vor und insbesondere nach der Leistungsinanspruchnahme zu beurteilen.

In vielen Dienstleistungsmärkten haben sich Institutionen, technische oder organisatorische Lösungen herausgebildet, um die aus Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften von Dienstleistungen resultierenden Probleme der Qualitätsbeurteilung für den Kunden besser handhabbar zu machen. So haben sich im Internet Vergleichs- und Bewertungsportale (wie z. B. Yelp, HRS oder Tripadvisor) sowie einfach zu handhabende Bewertungsschemata (z. B. 5 Sterne-Bewertung mit Kommentarfunktion) etabliert, damit Kunden ihre Erfahrungen mit einer Dienstleistung auch anderen potenziellen Kunden zugänglich machen können. Die Nützlichkeit dieser Bewertungsportale wird jedoch dadurch relativiert, dass zunehmend gefälschte Bewertungen in diesen Portalen verbreitet werden. Die Probleme infolge Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften von Dienstleistungen werden auch durch Zulassungs- und Zertifizierungssysteme, die den Marktzutritt kontrollieren (z. B. Notwendigkeit der Absolvierung des Wirtschaftsprüferexamens, das von der Wirtschaftsprüfungskammer durchgeführt wird, als Zulassungsvoraussetzung für den Beruf des Wirtschaftsprüfers), durch Gütesiegel (z. B. Akkreditierung von Studiengängen an Hochschulen) und Auszeichnungen (z. B. Wettbewerbe, die besonders innovative Dienstleistungen und Dienstleistungsanbieter honorieren) reduziert, können aber auch durch diese Lösungsansätze nicht völlig eliminiert werden.

Das Überwiegen von Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften bei Dienstleistungen hat Implikationen für das Dienstleistungsmarketing und die Kommunikationspolitik der Dienstleistungsanbieter. Die genannten Eigenschaften von Dienstleistungen führen zu Problemen der Qualitätswahrnehmung und Qualitätsbeurteilung beim Nachfrager der Dienstleistung. Weil Dienstleistungen oftmals den Charakter von Erfahrungs- und Vertrauensgütern haben, ist ihre Qualität im Vergleich zu Sachgütern vor dem Kauf schwerer beurteilbar, was das Kaufrisiko für den Dienstleistungskunden erhöht (vgl. Burr 2016, S. 249). Dies kann dazu führen, dass der Kunde vom Kauf Abstand nimmt. Daher müssen die Dienstleistungsanbieter den mit Qualitätsunsicherheit konfrontierten Kunden mit Hilfe ihrer Marketing- und Kommunikationspolitik und durch Betonung von Ersatzindikatoren für hohe Dienstleistungsqualität (z. B. Markenname des Dienstleisters, Referenzkunden, Reputation des Dienstleisters, vgl. Burr/Richter 2005) von der Qualität der angebotenen Dienstleistungen überzeugen, um einen Kaufabschluss zu erreichen. Ebenso sollen zahlreiche, in der Praxis vorzufindende Garantien für die Qualität von Dienstleistungen (z. B. in Form von garantierten Service Levels, vgl. Burr 2003) die Probleme der Qualitätsbeurteilung und die Konsequenzen schlechter Dienstleistungsqualität für den Kunden abmildern, um die Kaufunsicherheit für den Kunden zu reduzieren und den Kunden zum Kauf zu motivieren. Die Konsequenz daraus ist, dass in vielen Dienstleistungsmärkten der Wettbewerb zwischen Dienstleistungsanbietern zunehmend nicht über niedrigere Preise (der Kunde könnte niedrige Preise mit niedriger Qualität assoziieren), sondern über Qualitätssignale, Dienstleistungsgarantien und den Verweis auf erhaltene Auszeichnungen, Prämierungen und Zertifizierungen bestritten wird.

1.2.1.6    Die Betrachtungsweise der Dienstleistung als Gut mit unscharf definierten Property Rights

Dieser Ansatz wird von Franck und Bagschik (Franck/Bagschik 2001) vorgeschlagen und ist in der institutionenökonomischen Theorie verwurzelt. Derart wird eine theoriegeleitete Herangehensweise an eine abstrakte Definition des Dienstleistungsbegriffs möglich. In diesem Beitrag betrachten die Autoren die Dienstleistung als ein Gut mit unscharf definierten Property Rights (vgl. Franck/Bagschik 2001, S. 162). Die Handlungs- und Verfügungsrechte an einem Gut (Property Rights) lassen sich in folgende Teilrechte untergliedern (vgl. Burr et al. 2005, S. 6):

1.  Recht, ein Gut zu gebrauchen und gemäß den Zielsetzungen des Verwenders einzusetzen (usus);

2.  Recht, an einem Gut wesentliche Veränderungen, z. B. in stofflicher oder qualitativer Hinsicht vorzunehmen (abusus);

3.  Recht, sich die Erträge aus der Nutzung des Gutes anzueignen bzw. die Verpflichtung, Verluste aus dem Einsatz des Gutes zu tragen (usus fructus);

4.  Recht, das Gut als Ganzes oder einzelne Teilrechte auf Dritte zu übertragen (Veräußerungsrecht).

Typisch für das Angebot von Dienstleistungen ist, dass der Dienstleistungsanbieter dem Kunden nicht alle Property-Rights an der erbrachten Dienstleistung überträgt. So erbringen zwar die Mitarbeiter des Anbieters die Dienstleistung beim Kunden, der Kunde kann die Dienstleistung aber z. B. nicht weiterveräußern oder teilweise auf Dritte übertragen (Veräußerungsrecht). Der Kunde kann allenfalls ausgewählte Ergebnisse der Dienstleistungserbringung (z. B. Projektberichte eines Unternehmensberaters) an Dritte weitergeben. Auch das Recht auf abusus ist bei Dienstleistungen differenziert zu Sachgütern zu sehen. Während der Käufer eines Sachgutes dieses verändern (ggf. auch zerstören) kann, kann der Kunde einer Dienstleistung, wenn sie erstmal erbracht ist, substanzielle Veränderungen an ihr selbst nicht mehr vornehmen, allenfalls sind noch einzelne Ergebnisse der Dienstleistung korrigierbar. Natürlich kann der Kunde eines Friseurs, der mit dem Haarschnitt nicht zufrieden ist, diesen bei einem anderen Friseur verändern lassen, aber die eigentliche Schneide- und Waschaktivität des Friseurs ist nicht mehr änderbar. Auch das Recht auf usus fructus ist bei Dienstleistungen differenziert zu sehen. Der Kunde kann sich nie alle Früchte aus einer Dienstleistung exklusiv aneignen, weil der Dienstleistungsanbieter immer das Problemlösungswissen und eine Kopie der Dienstleistungsergebnisse (z. B. Präsesentationsfolien, Projektberichte, Daten über den Kunden) behält und dieses Wissen gegebenenfalls an weitere Kunden offerieren könnte.

Aufgrund dessen, dass Franck und Bagschik ihren Ansatz bisher nicht weiterverfolgt haben, kann man nur von einer möglichen neuen Herangehensweise sprechen, Dienstleistungen zu definieren und abzugrenzen, die aber noch weiterer Elaborierung harrt.

1.2.1.7    Zwischenfazit

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass man allein in der ökonomischen Theorie von einer unbefriedigenden Definitionsvielfalt sprechen kann. Der Grund, warum man sich mit der Definition und Erklärung von Dienstleistungen und der Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft so schwertut, wird häufig in der Vielfalt gesehen, in welcher Dienstleistungen in der Realität anzutreffen sind.

1.2.2     Der Dienstleistungsbegriff in der Soziologie

Viele Arbeiten in der Soziologie beschäftigen sich vorwiegend mit Untersuchungen zum Strukturwandel der Gesellschaft. Der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft wird in vielen Abhandlungen erläutert, wobei hier aber nicht die Aufmerksamkeit auf dem Begriff der Dienstleistung an sich liegt. Häufig beruft man sich auf die Unbestimmbarkeit oder die Unfassbarkeit des Dienstleistungsbegriffs oder man konstatiert, dass der Begriff der Dienstleistung verschwommen und vieldeutig geblieben ist.

So hat bspw. der Soziologe DanielBell in seinem Werk zur postindustriellen Gesellschaft den Begriff der Dienstleistung an sich nie eindeutig bzw. direkt erläutert (vgl. die Kritik von Gershuny 1981, S. 69). In seinem Werk konzentriert sich Bell auf die Aufzählung von Tätigkeiten, die er unter den Begriff der Dienstleistung subsumiert. Dienstleistungsberufe in der postindustriellen Gesellschaft teilt Bell ein in:

•  persönliche (Einzelhandelsgeschäft, Wäscherei, Garagen, Schönheitssalons),

•  geschäftliche (Banken und Finanzen, Immobilien, Versicherungen),

•  Transport, Verkehr und Versorgung,

•  Gesundheit, Ausbildung, Forschung und Verwaltung (vgl. Bell 1985, S. 33).

Somit bedient sich Bell der Aufzählung einzelner Dienstleistungen, so dass hier der enumerative Definitionsansatz verfolgt wird, der, wie bereits dargestellt wurde, nicht zu einer Definition des Begriffs der Dienstleistung führt. Ausführliche Beiträge zum Begriff der Dienstleistung an sich, wie sie in der ökonomischen Theorie vorzufinden sind, sind in soziologischen Beiträgen so nicht existent. Daher werden im Folgenden zwei Definitionen präsentiert, die in einschlägigen Nachschlagewerken vorzufinden sind.

In dem Soziologie-Lexikon von Reinhold/Lamnek/Recker wird die Dienstleistung als eine Aktivität von Personen oder Organisationen verstanden, die – ohne selbst Güter zu produzieren – einen individuellen und/oder allgemeinen Nutzen erzielen. Dienstleistungen können hiernach unentgeltlich oder gegen Bezahlung erbracht werden. Die Angehörigen des Dienstleistungssektors leisten »Dienst am anderen« und produzieren demnach keine Güter (vgl. Reinhold/Lamnek/Recker 2000, S. 118, Spalte 1).

Eine weitere und detailliertere Dienstleistungsdefinition lautet wie folgt:

»Dienstleistungen [sind] Tätigkeiten, die in immateriellen Leistungen bestehen, welche nicht unmittelbar der materiellen Gütererzeugung (Landwirtschaft, Handwerk, Industrie) oder der materiellenGüterverteilung (Handel, Güterverkehr) dienen, sondern primär auf Individuen oder Gruppen von Menschen abzielen.« (Bauer 1996, S. 142, Spalte 1)

Diese Erläuterung erfährt eine Ergänzung durch die Aufzählung von bestimmten Tätigkeiten, die als Dienstleistungen bezeichnet werden können. Daher heißt es:

»Solche Tätigkeiten sind z. B.: Beköstigen, Beherbergen, Pflegen, Begleiten, Beraten, Verkaufen, Erziehen, Unterrichten, Heilbehandlung, Schönheitsbehandlung, Personentransport/ Befördern, Rechtsvertretung, Verwalten, Organisieren, Kontrolle/ Bewachen, Unterhalten/ Entertainment, Informieren u.s.w.« (Bauer 1996, S. 142, Spalte 1)

Deutlich wird, dass hier die Negativabgrenzung gewählt und im Anschluss daran die enumerative Definitionsweise herangezogen wird, um eine Abgrenzung zwischen dem Begriff der Dienstleistung und dem Begriff des Sachguts vornehmen zu können. Aber auch hier wird deutlich, dass es sich nicht um eine vollständige Aufzählung von Dienstleistungstätigkeiten handelt und eine konkrete Abgrenzung zum Sachgut auch hier nicht erfolgen kann.

Anhand der aufgeführten Definitionen wird das Kriterium der Immaterialität als Anknüpfungspunkt einer Dienstleistungsdefinition verdeutlicht. Die Definitionen in der Soziologie sprechen daher häufig der Dienstleistung die Eigenschaft zu, immateriell zu sein. Ein weiteres Merkmal der Dienstleistung wird häufig darin gesehen, dass bei einer solchen Leistung stets bzw. grundsätzlich ein Bezug zum Individuum oder einer Gruppe von Menschen festzustellen ist. Hierin manifestiert sich die soziologische Betrachtungsweise des Dienstleistungsphänomens.

Durch diese Ausführungen wird deutlich, dass die Soziologie in verschiedensten Abhandlungen zu Dienstleistungen und zur Dienstleistungswirtschaft auf die Definitionsansätze in der Ökonomie zurückgegriffen hat. So finden sich in soziologischen Arbeiten zum Beispiel eine Negativdefinition, eine Definition über die Aufzählung von Tätigkeitsbereichen oder aber eine Definition mit Hilfe bestimmter Eigenschaften. Als wesentliche Merkmale der Dienstleistung werden die Immaterialität oder aber auch das Uno-actu-Prinzip herangezogen (so bspw. Herder-Dorneich 1996, S. 442 ff.).

Im Ergebnis ist anzumerken, dass auch in den soziologischen Ansätzen kein Konsens darüber besteht, wie der Begriff der Dienstleistung zu bestimmen ist, so dass ein einheitlicher Dienstleistungsbegriff nicht existiert. Als eine sehr gute Umschreibung dieser Situation wird in der Literatur auch von einem »endlosen Kampf um die Definition« (Häußermann/Siebel 1995, S. 148) gesprochen.

1.2.3     Der Dienstleistungsbegriff in der Rechtswissenschaft

Die Begriffe wie Dienstleistungen, Dienste oder auch Dienstverhältnis an sich sind in verschiedensten Gesetzestexten vorzufinden. Als Beispiele lassen sich hier im Zivilrecht die §§ 611 ff. BGB heranziehen, die den Dienstvertrag und seine Besonderheiten umschreiben oder aber im Öffentlichen Recht der Art. 87 f. des Grundgesetzes, der die Dienstleistungsgewähr von Postwesen und Telekommunikation beinhaltet. Auf europarechtlicher Ebene befassen sich die Artikel 49 ff. des EG-Vertrages mit der Dienstleistungsfreiheit. Im Völkerrecht ist das GATS (General Agreement on Trade in Services aus dem Jahr 1995) – das Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen – als multilaterales Handelsabkommen zu nennen, das eine wesentliche Grundlage des WTO (World Trade Organization)-Abkommens darstellt. Im Folgenden wird der europarechtliche Begriff der Dienstleistung im Rahmen der Artikel 49 ff. EGV näher erläutert.

1.2.3.1    Allgemeines zur Dienstleistungsfreiheit

Auf der Ebene des Europarechts ist der Begriff der Dienstleistung vor allem durch die Artikel 49 ff. des EG-Vertrages erfasst, die die Dienstleistungsfreiheit auf der Ebene der Europäischen Union gewährleisten. Die Dienstleistungsfreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil des gemeinschaftlichen Binnenmarktes. Gemäß Art. 14 Abs. 2 des EG-Vertrages heißt es:

»Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages gewährleistet ist.«

Aufgrund ihrer konstituierenden Bedeutung für die freien Verkehrsströme und insbesondere den freien Wirtschaftsverkehr werden die Gewährleistungen des freien Warenverkehrs, des freien Personenverkehrs, des freien Dienstleistungsverkehrs und des freien Kapitalverkehrs als die »vier« Grundfreiheiten des EG-Vertrages bezeichnet (vgl. Herdegen 2003, S. 224, Rn. 281). Die europarechtlichen Vorschriften der Grundfreiheiten dienen dem Integrationsziel, welches in Art. 2 EGV enthalten ist. Sie tragen dazu bei, die innerstaatlichen Grenzen der Gemeinschaft in wirtschaftlicher Hinsicht abzubauen und damit die Märkte in den einzelnen Ländern zu öffnen. Aus dieser Definition kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass für die EU der Kapitalverkehr (z. B. Bankdienstleistungen, Zahlungsverkehr) und möglicherweise der Warenverkehr (Transport- und Logistikdienstleistungen) anscheinend nicht zu den Dienstleistungen zu zählen sind.

Die Notwendigkeit, den grenzüberschreitenden Markt für Dienstleistungen zu liberalisieren, gewann im Laufe der Zeit immer mehr an Bedeutung. Nicht nur die Vielfältigkeit der als Dienstleistungen einzustufenden Tätigkeiten, sondern auch die erkennbaren Tendenzen im Wirtschaftsbereich zum Outsourcing können als Elemente betrachtet werden, die die Bedeutung der Dienstleistung auch im Rechtsbereich hervorgehoben haben. Richtlinien, die zur Liberalisierung des Dienstleistungssektors beigetragen haben, sind bspw. diejenigen, die die gegenseitige Anerkennung berufsqualifizierender Diplome und Befähigungsnachweise sowie die Koordinierung der Berufsausübung zum Inhalt haben (vgl. Herdegen 2003, S. 265, Rn. 327). Die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 ff. des EG-Vertrages umfasst folgende Anwendungsfälle:

•  die aktive Dienstleistungsfreiheit durch die Erbringung der Leistung in einem anderen Mitgliedstaat (Beispiele: Rechtsanwalt, Versicherungsunternehmen, Wirtschaftsprüfung);

•  die passive Dienstleistungsfreiheit bei Entgegennahme der Leistung durch den Empfänger in einem anderen Mitgliedstaat (Beispiel: Touristen als Empfänger von Dienstleistungen, Inanspruchnahme von Kuren und ärztlichen Behandlungen);

•  die Grenzüberschreitung nur durch die Dienstleistung selbst – Korrespondenzdienstleistung (Beispiele: Rundfunk- und Fernsehsendungen, Telekommunikation) (vgl. Herdegen 2003, S. 261, Rn. 324 und Holoubek 2000, Art. 49, Rn. 47 ff.).

1.2.3.2    Der Begriff der Dienstleistung in Art. 50 EGV

In Artikel 50 EGV ist die Legaldefinition des Begriffs der Dienstleistung zu finden:

»Dienstleistungen im Sinne dieses Vertrages sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.

Als Dienstleistungen gelten insbesondere:

a)  gewerbliche Tätigkeiten

b)  kaufmännische Tätigkeiten

c)  handwerkliche Tätigkeiten

d)  freiberufliche Tätigkeiten.

Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt.«

Der Begriff der Dienstleistung in Art. 50 I EGV wird in der Literatur als ein genuin gemeinschaftsrechtlicher Begriff bezeichnet, der nicht durch die Übernahme zivilrechtlicher oder volkswirtschaftlicher Definitionen konkretisiert werden kann (vgl. Kluth 2002, Art. 50, Rn. 5; Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 6). Die Begriffsabgrenzung bzw. -bestimmung in dem Art. 49 ff. EGV erfolgt aus einem anderen Blickwinkel heraus, denn für die Zuordnung zu den verschiedensten Freiheiten ist entscheidend, in welcher Gestalt eine Leistung die Grenze überschreitet. Nicht alle Beteiligten, die im tertiären Sektor tätig sind, erbringen Dienstleistungen im Sinne dieser Artikel (vgl. das Beispiel von Anwaltsdienstleistungen bei Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 6).

Betrachtet man den Artikel 50 EGV, so wird deutlich, dass hierdurch keine trennscharfe Definition für den Dienstleistungsbegriff geliefert wird. Die in Art. 50 Abs. 2 EGV aufgeführten Tätigkeiten, die typischerweise als Dienstleistungen einzustufen sind, sind nicht abschließend, sondern beispielhaft.

Nimmt man im Hinblick auf die Legaldefinition in Art. 50 EGV eine positive Abgrenzung vor, so werden hiervon Dienstleistungen erfasst, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden. Demzufolge sind diejenigen Dienstleistungen aufgegriffen, die dem Wirtschaftsleben im Sinne des Art. 2 EGV zuzurechnen sind (vgl. Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 34). Die Entgeltlichkeit setzt voraus, dass für die geleistete Tätigkeit eine geldwerte Gegenleistung erbracht wird. Das Entgelt muss für die betreffende Leistung im Regelfall entrichtet werden, so dass der Umstand, dass im zu beurteilenden Einzelfall ausnahmsweise kein Entgelt erhoben wurde, ohne Bedeutung bleibt (vgl. Kluth 2002, Art. 50, Rn. 11. Eine andere Auffassung ist zu finden bei Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 37). Demzufolge fehlt es grundsätzlich an der Entgeltlichkeit bei rein karitativen Leistungen oder der Weitergabe von Informationen ohne wirtschaftliche Motivation (vgl. Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 35). Ebenso wenig wird die Entgeltlichkeit bejaht, wenn die Leistung im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln finanziert und ohne geldwerte Gegenleistung erbracht wird, wie bspw. der Unterricht an Hochschulen, der vorwiegend aus Steuermitteln finanziert wird (vgl. Holoubek 2000, Art. 50 EGV, Rn. 8).

In negativer Hinsicht scheiden nach Art. 50 Abs. 1 EGV alle Leistungen als Dienstleistungen aus, die den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen. Hierbei geht man von einer Negativdefinition des Dienstleistungsbegriffs aus, indem eine Bestimmung der Leistung als Dienstleistung in Abgrenzung zur Warenverkehrsfreiheit, der Niederlassungsfreiheit, der Kapitalverkehrsfreiheit und der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorgenommen wird. Demnach sind Dienstleistungen alle sonstigen entgeltlichen Leistungen, die nicht den anderen Grundfreiheiten zuzurechnen sind.

Die Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 28 ff. EGV erfasst den Handel mit beweglichen Sachen. Folglich sind Dienstleistungen nicht solche Tätigkeiten, die primär den innergemeinschaftlichen Handel mit körperlichen Gegenständen beinhalten, sondern vielmehr Wirtschaftsvorgänge, die in erster Linie auf den grenzüberschreitenden Austausch von Leistungen ausgerichtet sind (vgl. Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 25–29, 134 f.; Kluth 2002, Art. 50, Rn. 13 ff.). Die Dienstleistung bezieht sich folglich auf den Austausch nicht-körperlicher Leistungen. Die Probleme, die dieses Abgrenzungskriterium mit sich bringt, sind auch in der Rechtswissenschaft höchst umstritten (siehe bspw. Holoubek 2000, Art. 50 EGV, Rn. 15 ff.; Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 25–29).

In Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit wird das Kriterium der vorübergehenden Tätigkeit herangezogen. Die Niederlassungsfreiheit gibt dem Unionsbürger die Möglichkeit, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates als seines Herkunftsstaates teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen (vgl. Randezlhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 31). Im Gegensatz dazu erfolgt die Erbringung einer Dienstleistung nur vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat. Der vorübergehende Charakter ist nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität zu beurteilen (vgl. Holoubek 2000, Art. 50 EGV, Rn. 12). Somit geht es bei der Dienstleistungsfreiheit nur um den vorübergehenden Ortswechsel unter Beibehaltung des Standortes im Herkunftsstaat.

Im Hinblick auf die Abgrenzung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit ist das Merkmal der selbständigen Leistung heranzuziehen (vgl. Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 136). Ist die betreffende Tätigkeit als selbständig außerhalb eines Arbeitsvertrages zu betrachten, so findet die Dienstleistungsfreiheit ihre Anwendung. Handelt es sich hingegen um eine abhängige, innerhalb eines Arbeitsvertrages vorgenommene Tätigkeit, so kommen die Art. 39 ff. EGV der Arbeitnehmerfreizügigkeit in Betracht.

In Anbetracht dieser aufgeführten Gesichtspunkte hängt die Zuordnung einer Leistung oder Tätigkeit im Regelfall vom Ergebnis einer Einzelfallwürdigung ab, die zum einen auf dem Tätigkeitsschwerpunkt und zum anderen auf dem Gesamtverhalten eines Beteiligten (Person, Unternehmen) beruht.

Der EuGH hat in seiner ständigen Rechtsprechung folgende Beispiele als Dienstleister oder Dienstleistung anerkannt: die Verbreitung von Fernsehsendungen, Versicherungsmakler, Fußballprofis, Radrennfahrer, Architekten, Ärzte und sonstige medizinische Berufe, Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Arbeitsplatzvermittlungen u. v. m. (Eine umfangreiche Aufzählung mit Nachweisen ist zu finden bei Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 38; Holoubek 2000, Art. 50 EGV, Rn. 20). Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Dienstleistung im Sinne des Artikels 50 EGV alle sonstigen entgeltlichen Leistungen erfasst, die nicht den anderen Grundfreiheiten unterliegen. Erst durch die Abgrenzung von diesen Grundfreiheiten des EG-Vertrages gewinnt der Begriff der Dienstleistung an Konturen.

Dienstleistung im Sinne der Art. 49 ff. EGV ist daher jede selbständige Leistung, die üblicherweise gegen Entgelt erbracht wird und nicht nur eine Begleiterscheinung bei der Verwirklichung einer Tätigkeit darstellt, deren Schwerpunkt vom Anwendungsbereich einer anderen Grundfreiheit erfasst wird.

1.2.4     Ein Vergleich der Dienstleistungsbegriffe

Die Untersuchung der drei aufgeführten Wissenschaftsdisziplinen verdeutlicht, dass im Verständnis des Dienstleistungsbegriffs Unterschiede zwischen den drei Disziplinen bestehen und auch innerhalb einer einzelnen Disziplin (z. B. der Ökonomie) kein gefestigtes und einheitliches Begriffsverständnis vorherrscht. Innerhalb der Disziplinen werden verschiedenste Ansätze verfolgt, um eine Spezifizierung des Dienstleistungsbegriffs vorzunehmen, jedoch gelingt dies nie vollständig.

Bei dem Vergleich der Dienstleistungsbegriffe der unterschiedlichen Disziplinen fällt auf, dass ein Merkmal bzw. konstitutives Kriterium immer wieder zur Abgrenzung der Dienstleistung vom Sachgut herangezogen wird. Dieses Kriterium ist die Immaterialität oder ihre Synonyme der Unstofflichkeit bzw. der Unkörperlichkeit der Leistung. Demzufolge ist ein Konsens dahingehend festzustellen, dass die Dienstleistung weder zu sehen noch zu hören, zu fühlen oder zu schmecken ist, also im Vergleich zu einem Sachgut nicht greifbar ist. Wie bereits dargelegt, ist das konstitutive Kriterium der Immaterialität im Hinblick auf die Dienstleistung widerlegbar, so dass es sich nicht als ein ausschließliches Kriterium zur Abgrenzung eignet.

Im Ergebnis werden weder von der ökonomischen Theorie, der Soziologie noch von der Rechtswissenschaft trennscharfe Kriterien für die Abgrenzung entwickelt, die es ermöglichen, eine allgemeine Definition des Dienstleistungsbegriffs vorzunehmen. Bei der Aufführung der einzelnen Disziplinen lässt sich feststellen, dass die Modelle der ökonomischen Theorie am geeignetsten sind, eine Abgrenzung zwischen einem Sachgut und einer Dienstleistung vornehmen zu können. Zumindest bieten die Ansätze der konstitutiven Merkmale Hilfsmittel und mögliche Abgrenzungskriterien, die sich bei den anderen Vorgehensweisen nicht herausfiltern lassen.

Die Ansätze in den Sozialwissenschaften greifen meist nur auf die Aufzählung von möglichen Tätigkeiten zurück, die als Dienstleistungen gewertet werden können. Auf die Kritik an einer solchen Vorgehensweise der enumerativen Aufzählung wurde bereits hingewiesen.

Der hier aufgeführte Begriff der Dienstleistung im EG-Vertrag lässt deutlich werden, dass dieser rechtswissenschaftliche Ansatz von einer ganz anderen Basis ausgeht als die ökonomischen und soziologischen Theorien. Der EG-Vertrag sieht die Dienstleistungen nicht als einen Wirtschaftssektor, sondern als einen Bereich, in welchem unternehmerische Leistungen, die keine Waren sind, die Grenzen überschreiten, ohne dass das leistende Unternehmen seinen Produktionsstandort verlegt, so dass der Dienstleistungsbegriff des Vertrages dem ökonomischen Begriff vom »tertiären Sektor« nicht gleichzustellen ist, auch wenn sich beide Ansätze in gewisser Weise überlagern (vgl. Randelzhofer/Forsthoff 2004, Art. 49/50 EGV, Rn. 6).

1.2.5     Zum Begriff des Dienstleistungsmanagements

Dienstleistungsmanagement im Sinne dieses Lehrbuches bezeichnet alle Entscheidungen und Maßnahmen der autorisierten Akteure, die den Besonderheiten der zu erstellenden Dienstleistung (Immaterialität, Integration eines externen Faktors) Rechnung tragen und

•  die Entwicklung und den Einsatz von Ressourcenpotenzialen (Ressourcenperspektive),

•  die effizienzorientierte Gestaltung unternehmensinterner und unternehmensübergreifender institutioneller Strukturen (Institutionenperspektive) und

•  die Beeinflussung der Wettbewerbsverhältnisse in einem Dienstleistungsmarkt durch Auswahl geeigneter Wettbewerbsstrategien sowie die Anpassung des Unternehmens an die Gegebenheiten seiner Branche (Markt- bzw. Branchenperspektive) sowie

•  die Abstimmung dieser drei Perspektiven zur Verbesserung der Zielerreichung des Unternehmens

bezwecken (in Anlehnung an Burr et al. 2005, S. 1).

1.2.6     Zur Entwicklung der Dienstleistungsforschung in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre

Bereits in den Anfängen der Betriebswirtschaftslehre zeichnete sich die spätere Orientierung des Faches in Richtung Dienstleistungen ab. Sieht man die Anfänge der älteren Betriebswirtschaftslehre im Rechnungswesen begründet (z. B. Pacioli 1494), so wird bereits damals eine Beschäftigung mit immateriellen und wissensintensiven Leistungserstellungsprozessen deutlich, die heute als unternehmensinterne Dienstleistungen verstanden werden. Im 19. Jahrhundert untersuchten die Handelslehre und die Handelswissenschaft als Vorläufer der modernen Betriebswirtschaftslehre die Strukturen und Abläufe in Handelsunternehmen sowie typische Aktivitäten und Problemstellungen von Handelskaufleuten (vgl. Leuchs 1804–1818, Sonnleithner 1819). Auch hier zeichnet sich der spätere Dienstleistungsbezug der Betriebswirtschaftslehre bereits ab. Die industrielle Produktion wurde hingegen erst relativ spät zum Gegenstand betriebswirtschaftlicher Forschung (Emminghaus 1868). Ab 1898 etablierte sich die moderne Betriebswirtschaftslehre im deutschen Sprachraum. Frühe Werke mit Dienstleistungsbezug sind das Buch von Hans Hauptmann »Das Bankgeschäft« (Hrsg.) 1892 sowie das »Lehrbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens« von Georg Obst (1900). Das letztgenannte Buch wird nach 40 Auflagen heute immer noch verwendet (Obst/Hintner 2000). Nach 1910 erschienen mehrere Abhandlungen, die spezifische Dienstleistungsbranchen, wie z. B. Fluggesellschaften (Haack 1928), Hotels (Glücksmann 1917) und Banken (Taueber 1911; Christ 1920) erforschten. Eine verallgemeinerte, übergreifende Betrachtung von Dienstleistungen, die mehrere Dienstleistungsbranchen integrierte, erfolgte jedoch noch nicht. Entscheidend zur relativ späten Entfaltung des Dienstleistungsmanagements als betriebswirtschaftlicher Teildisziplin dürfte auch der seit 1951 vorherrschende faktortheoretische Ansatz von Erich Gutenberg beigetragen haben (Gutenberg 1951). Gutenberg ging in seinen Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre vom Beispiel eines Werkzeugmaschinenbetriebs aus und befasste sich schwerpunktmäßig mit Fragen der Optimierung der industriellen Produktion. Dementsprechend war zwischen 1950 und 1970 eine Dominanz der Forschung zu Industriebetrieben und industrieller Produktion in der Betriebswirtschaftslehre zu konstatieren. Als in der Betriebswirtschaftslehre das Gutenbergsche Paradigma durch den nach 1970 aufkommenden Theoriepluralismus (vgl. Burr 2011) überwunden wurde, ermöglichte dies auch neue Impulse für die Dienstleistungsforschung in der Betriebswirtschaftslehre.

Am Beginn dieser neueren Dienstleistungsforschung in der modernen Betriebswirtschaftslehre standen Fragestellungen der Dienstleistungsproduktion (Maleri 1973; Corsten 1985; Gerhardt 1987). Zeitgleich wurden auch vermehrt Fragen des Dienstleistungsmarketings behandelt (Koch 1973; Feldbausch 1974; Kaufmann 1977; Falk (Hrsg.) 1980; Scheuch 1982; Meyer 1983; Hermann 1984; Stoor 1989; Hilke (Hrsg.) 1989; Peters 1992; Kleinaltenkamp (Hrsg.) 1994; Friege 1995; Kühnapfel 1995; Pepels 1995; Meffert/Bruhn 1995; Bieberstein 1995; Reinecke 1996; Meyer (Hrsg.) 1996; Schlömer 1997; Engelhardt (Hrsg.) 1998; Grund 1998; Schnittka 1998; Bühler 1999; Woratschek (Hrsg.) 2000; Wegmann 2000). Zu den frühen Themenfeldern der deutschsprachigen Dienstleistungsforschung gehörten auch bereits Forschungsarbeiten zu industriellen Dienstleistungen (Koch 1973; Kaufmann 1977; Schwab 1984; Weiber 1985; Uhlenbruck 1986; Simon 1991; Grassy 1993; Simon (Hrsg.) 1993; Strambach 1995; Olemotz 1995; Fassott 1995; Hausmann 1996; Reinecke 1996; Niemand 1996; Beaucamp 1996; Töpfer/Mehdorn (Hrsg.) 1996; Grüner 1997; Nicolai 1998; Müller 1998; Garbe 1998; Paul 1998; van Well 2001; Busse 2005; Emmrich 2005; Hoffmann 2008; Schniering 2009; Niederauer 2009). In den späten 1980er Jahren entwickelten sich auch erste Ansätze zu einem umfassenderen Dienstleistungsmanagement (Lehmann 1989; Benölken/Greipel 1990; Biehal (Hrsg.) 1993; Lehmann 1993; Corsten (Hrsg.) 1994; Hempe 1997; Berkel 1998; Lehmann 1998; Bruhn/Meffert (Hrsg.) 1998; Bieger 1998; Berkel 1998; Fueglistaller 1999; Hub (Hrsg.) 1999; Biermann 1999; Nowicki 2000).

Dienstleistungsproduktion, Dienstleistungsmarketing, industrielle Dienstleistungen und Ansätze zu einem allgemeinen, branchenübergreifenden Dienstleistungsmanagement waren somit die Kernfragestellungen in der ersten Entwicklungsphase der deutschsprachigen betriebswirtschaftlichen Dienstleistungsforschung bis 1990.