Dionarah - Band2 - Aileen P. Roberts - E-Book

Dionarah - Band2 E-Book

Aileen P. Roberts

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Beschreibung

Nach wie vor befindet sich Ceara, die junge Weltenwanderin aus Irland, in Adamaths Gewalt, während Daron in den Katakomben des Schlosses von Huellyn um sein Leben kämpft. Krethmor schart weitere Dämonenreiter und Schattenwölfe um sich und selbst über der mächtigen Festung Druidor, die als uneinnehmbar gilt, brauen sich dunkle Wolken zusammen. Immer noch fehlen einige der geheimnisvollen Runen und Norn, der uralte Hüter des Waldes, wartet im Waldreich von Fearánn auf die Gefährten. Wird er nun endgültig Darons Leben fordern? Haben Myrthan und seine Freunde überhaupt noch eine Chance, gegen Krethmors endgültigen Schlag zu bestehen? Und welche Rolle spielen die geheimnisvollen Feen auf der wandernden Insel? Düster sind die Aussichten für Dìonàrah und die Weltenwanderer.

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Dìonàrah –

Das Geheimnis der Kelten

Band II

Aileen P. Roberts

Bereits erschienen:

Die Tochter des Mondes (Fantasyroman)

Jenseits des Nebelmeers (Fantasyroman)

Rhiann – Nebel über den Highlands (Schottland/Pferderoman)

Rhiann – Sturm über den Highlands (Schottland/Pferderoman)

Rhiann – Verschlungene Pfade (Schottland/Pferderoman)

Deana und der Feenprinz – Highlandsommer (Jugend/Pferderoman)

Deana und der Feenprinz – Ciarans Geheimnis (Jugend/Pferderoman)

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.ddb.de abrufbar.

Impressum

© Cuillin Verlag Loessl Claudia,

Überarbeitete Neuauflage 2009

Herstellung und Verlag:

Cuillin Verlag Loessl Claudia, Kirchehrenbach

Druck: PRESSEL Digitaldruck, Remshalden

Titelbild: Mark Freier (www.freierstein.de)

Vertrieb über 110th unter

EPUB ISBN 978-3-95865-123-4

MOBI ISBN 978-3-95865-124-1

Auch zu bestellen im Internet unter:

www.pferde-und-fantasybuch.de

www.cuillin-verlag.de

***

From the otherworld far

comes the first of the runes.

The second on Esgath

is the Fearánns doom.

A warrior lass will stand by his side,

from the otherworlds shores

she came, here to fight.

The third at the troll realm

to the Stonefists high throne

the heir of the fairies

and the wizard will roam.

Some day two companions to a place they will go

to a place of great evil where shadows are born.

A child of the wood realm and a wizard of light,

friends of old days for their life they will fight.

The fifth of the runes lies deep in the earth

at the dwarfs ancient realm and the fight will be worth.

The fellowship will live, or maybe will die

if not they can win, in darkness we'll lie.

The sixth of the runes is sheltered by Norn,

the eye of the guardian where magic is born.

The last lies in shadow, at the fairies green isle

just one of the friends will stand that hard trial.

To pay a high price for the freedom of all

the sceptre of dragons for peace it will call.

Kapitel 1 - Rückkehr der Hoffnung

Ceara lag in ihrem pompösen Gewand auf einem mit Gold verzierten Bett und war so verzweifelt, wie wohl noch nie in ihrem Leben. Gerade hatte sie sich mit dem grausamen Hochkönig Adamath verlobt – eine Verlobung, der sie niemals zugestimmt hatte. Ceara stammte nicht einmal aus dieser Welt. Sie war eine Weltenwanderin, die durch ein geheimnisvolles Tor in Irland nach Dìonàrah gelangt war. Mit ihren Freunden, Bran und Alan, die ebenfalls aus Irland stammten, half sie dem Zauberer Myrthan, der Fiilja-Kriegerin Fio´rah und Daron, die sieben magischen Runen zu suchen. Diese sollten das Zepter des Drachen zum Guten kehren, welches Myrthans Widersacher, der Schattenmagier Krethmor, besaß.

Es war eine gefahrvolle und beschwerliche Reise gewesen, die Ceara und ihre Freunde durch halb Dìonàrah geführt hatte. Sie dachte an den Kampf mit den Schattenwölfen im Schloss von Monalyth, die Reise auf die Insel Esgath, bei der sie und Daron beinahe ums Leben gekommen wären, und den Winter in Drago´llaman, wo Ceara das Höhlenmädchen Nara und deren Verwandte kennen gelernt hatte. Außerdem war sie mit Bran in der gewaltigen Festung von Druidor gewesen. Dort hatten sie nicht nur ein Gedicht gefunden, welches ihnen den Weg zu den restlichen Runen wies, sondern auch das Amulett mit dem Baum des Lebens. Dieses machte es möglich, dass Daron mit ihr und den anderen reisen konnte, denn auf ihm lag ein Fluch. Jeder, der länger als zwei Monate mit ihm zusammen war, starb eines qualvollen Todes.

Schon wieder traten Ceara Tränen in die Augen und sie holte das Amulett hervor. Daron liebte sie, das wusste sie jetzt endlich, aber Adamath hatte sie beide gefangen und Daron arbeitete nun als Sklave an den Geheimgängen des Schlosses. Krethmor würde ihn morgen foltern und wenn er seine Antworten hatte, höchstwahrscheinlich umbringen.

»Verdammt, Myrthan, warum bist du denn nicht mehr bei uns?«, schluchzte Ceara verzweifelt und schlug auf die weichen Kissen. Der Zauberer war beim Kampf mit Krethmor an der Feuerquelle in den Schwarzen Bergen ins Feuer gestürzt, das hatte Bran ganz eindeutig gesehen. Allerdings lebte Krethmor noch, was Ceara ein wenig wunderte, aber viel mehr Gedanken machte sie sich um Daron. Sie wusste einfach nicht, wie sie ihn retten sollte, denn ihr Zimmer wurde schwer bewacht.

Sie hörte Geräusche vor ihrer Tür, dann wurde diese aufgestoßen und ein Soldat kam herein.

»Verschwinde«, murmelte sie und drehte den Kopf zur Seite.

Doch plötzlich beugte sich Fio´rah mit blitzenden spitzen Zähnen über sie.

Ceara fuhr auf und starrte sie an.

»Na los«, meinte Fio´rah grinsend. »Zieh dir die Sachen der Soldaten an. Oder willst du wirklich Königin werden?«

Von unglaublicher Erleichterung durchströmt lachte Ceara auf, während Fio´rah die bewusstlosen Soldaten in das Zimmer zerrte und sie ihrer Kleider entledigte. Fio´rah entkleidete auch den zweiten Soldaten, da sie nicht beliebig oft die Gestalt ändern konnte, und zog sich seine Sachen an. Ceara tat es ihr gleich. Alles war ihr zu groß und zu weit, doch es musste gehen. Dann legten sie die Soldaten gefesselt und geknebelt aufs Bett. Währenddessen erzählte die Fiilja, wie sie ins Schloss gelangt war. Die Kriegerin mit den vielen silberblonden Zöpfen konnte für kurze Zeit ihre Gestalt wandeln und war so unentdeckt hierher gelangt. Als Ceara dann noch hörte, dass Bran, Alan und Gron, ein Höhlenmann, in der Nähe warteten, konnte sie ihr Glück kaum fassen.

Grinsend zog sich Ceara den Ring vom Finger und steckte ihn dem Soldaten an. »So, jetzt hat Adamath seine Verlobte.« Anschließend holte sie noch etwas aus der Kommode und ließ es unter ihrem Umhang verschwinden.

Fio´rah lachte und vorsichtig machten sich die beiden auf den Weg nach draußen.

Bevor sie die Tür öffneten, hielt Ceara Fio´rah zurück.

»Daron ist auch hier, wir müssen ihn befreien.«

Die Fiilja blickte sie überrascht an. »Er lebt noch?«, fragte sie erfreut.

Ceara nickte. »Ich weiß, wo er ist, aber es wird nicht einfach sein, hinaus zu kommen.«

Gemeinsam eilten sie durch die hallenden Gänge. Niemand war unterwegs. Aus dem großen Festsaal dröhnte Musik, alle waren mit der Feier beschäftigt.

»Fio´rah, kannst du dich in Krethmor verwandeln?« Urplötzlich war Ceara eine Idee gekommen.

Fragend blickte die Fiiljakriegerin sie an. »Ich denke schon, aber warum?«

»Krethmor lebt. Ich habe ihn selbst gesehen und er wollte Daron befragen. Wenn er bei den Sklaven erscheint, wird niemand Probleme machen.«

»Gut, eine Zeit lang kann ich die Illusion aufrechterhalten, aber dann müssen wir irgendwie zum Tor hinaus.«

Ceara war furchtbar aufgeregt − sie mussten es einfach schaffen zu fliehen. Kurz vor den Kerkern verwandelte sich Fio´rah in den kleinen Zauberer mit dem weißen Spitzbart und Ceara zuckte unwillkürlich zurück.

»Aber beeil dich, wenn ich mich schon ein paar Mal verwandelt habe, hält es nicht ewig«, flüsterte die Fiilja ihr zu.

Ceara zog sich das Visier ihres Helms herunter und beide traten vor die Wachsoldaten.

»Ich brauche einen der Gefangenen«, befahl Fio´rah mit Krethmors schnarrender Stimme. »Der Soldat hier wird ihn für mich holen.«

Der Wachsoldat nickte hektisch. Wie alle hatte er panische Angst vor dem Schattenmagier und so gab der Soldat den Weg frei. Ceara lief so schnell sie es wagen konnte die Stufen hinunter. Der Wächter begleitete sie und sagte den anderen Bescheid. Die Männer lehnten schläfrig an der Wand und warteten auf die Ablösung. Ceara hastete durch die schlafenden Sklaven und drehte einige zu sich um, bis sie Daron schließlich fand. Er blinzelte schläfrig, stand dann hektisch auf, und wich zurück.

Sie hätte ihm gerne etwas Beruhigendes gesagt, doch der Wachmann kam jetzt hinter ihr her und fragte: »Hast du ihn endlich?«

Wortlos nickte Ceara und packte Daron am Arm. Sie merkte, wie er sich sträubte und wohl nach einer Fluchtmöglichkeit suchte, aber erst, als sie die unteren Wachmänner hinter sich gelassen hatten und auf dem Weg zum Ausgang waren, flüsterte sie: »Ich bin´s.«

Er blieb kurz stehen und schaute sie ungläubig an.

»Weiter«, zischte sie, »Fio´rah wartet oben, wir müssen uns beeilen.«

Daron nickte erleichtert und sie rannten die Treppen hinauf, bis sie auf die anderen Wachen trafen. Dem Abbild von Krethmor standen schon die Schweißperlen auf der Stirn. Offensichtlich kostete es die Fiilja große Anstrengung, die Illusion aufrechtzuerhalten.

»Sehr gut«, sagte sie in der schnarrenden Stimme des Zauberers und folgte Ceara und Daron nach draußen.

Die Wachmänner atmeten erleichtert aus. In Krethmors Nähe fühlte sich niemand wohl.

Die drei Freunde rannten über den Hof zu den Stallungen. Fio´rah hatte kurzfristig wieder ihre wirkliche Gestalt angenommen. Einen schlafenden Stallburschen schlugen sie bewusstlos und sattelten in Windeseile drei Pferde.

»Wir müssen dich fesseln«, sagte Fio´rah bedauernd.

Daron stimmte zu und es machte ihm auch nichts aus. So fesselten sie seine Hände locker und banden sie am Sattelknauf seines Pferdes fest. Ceara führte es am Zügel und Fio´rah verwandelte sich erneut seufzend in Krethmor. Zu dritt trabten sie zum Tor. Zwei schwer bewaffnete Männer stellten sich ihnen in den Weg.

»Öffnet das Tor, ich muss einen Gefangenen nach Kes´kadon bringen«, herrschte Fio´rah die Wachmänner an.

Die warfen einen Blick auf Daron, der zusammengesunken auf seinem Pferd saß und auf Ceara, die unter ihrem Helm schwitzte.

»Jetzt macht schon!« Drohend hob Fio´rah die Hand.

Die Männer öffneten das schwere Tor und Fio´rah und ihre Gefährten trabten hinaus. Als sie halbwegs außer Sichtweite waren, schnitten sie Darons Fesseln auf.

»Kannst du reiten?« Fio´rah wirkte besorgt. »Du siehst nicht sehr gut aus.«

Er grinste halbherzig. »Es wird schon gehen. Also los!«

So schnell ihre Pferde sie trugen galoppierten sie zu dem kleinen Wald, wo die anderen warteten. Es gab eine große Begrüßung, doch lange aufhalten konnten sie sich leider nicht, denn es würde sicher bald auffallen, dass Ceara fehlte.

»Zum Glück habt ihr Pferde dabei«, meinte Bran lächelnd. »Wir konnten auch einige stehlen, aber für alle hätte es nicht gereicht.« Er deutete auf die vier Kriegspferde, die an einem Baum angebunden waren.

Rasch stiegen sie auf und galoppierten wie der Wind nach Nord-Osten. Sie wollten sich in einem der Wälder in der Nähe des Nyrmensees verstecken. Doch zunächst mussten sie möglichst viel Abstand zwischen sich und das Schloss bringen. Die ganze Nacht ritten sie durch. Als es langsam hell wurde, hofften sie, genügend Strecke zurückgelegt zu haben und hielten in einem Wald mit dichtem Unterholz an. Bran half Daron, der sich nur noch mit Mühe hatte oben halten können, vom Pferd und führte ihn zu einem der Bäume. Ceara kniete sich neben ihn und nahm ihn in den Arm.

»Danke, dass du mich da rausgeholt hast«, keuchte er. »Ich bin in Ordnung, ich bin nur ein wenig müde.« Dann schloss er die Augen und schlief auf der Stelle ein.

Die anderen ließen sich ebenfalls erschöpft nieder.

»Wo ist eigentlich Gron?«, fragte Ceara und wusch Daron mit dem Wasser aus einem der Trinkschläuche den Schmutz und das alte getrocknete Blut vom Gesicht.

»Der ist nach Drago´llaman zurückgegangen«, erzählte Bran. »Wir wussten nicht, ob wir nicht noch mehr Männer brauchen würden, um dich aus dem Schloss herauszuholen.«

Ceara nickte schaudernd. »Vielen, vielen Dank, dass ihr mich befreit habt. Der Typ war ekelhaft!«

Alan betrachtete sie besorgt. »Adamath hat doch nicht … oder?«, fragte er und wurde ein wenig rot.

»Nein, ich glaube, hier macht man so etwas erst, wenn man verheiratet ist. Zumindest, falls man längerfristig etwas mit der Dame vorhat.« Jetzt, wo die Gefahr vorüber war, konnte Ceara schon wieder grinsen.

Alan seufzte erleichtert. Er war lange Zeit in Ceara verliebt gewesen, hatte jedoch akzeptieren müssen, dass sie sich für Daron entschieden hatte.

»Ihr werdet beide neue Kleidung brauchen.« Fio´rah blickte kritisch auf Cearas Uniform und Darons zerrissene und vollkommen verdreckte Kleidung. »Ich werde später losreiten und etwas besorgen.«

»Meinst du, er kommt wieder in Ordnung?« Ceara warf einen ängstlichen Blick auf Daron, der fest schlief.

»Wenn er erst geschlafen und etwas gegessen hat, dann geht es ihm besser«, versprach die Fiilja. Anschließend riss sie sein zerfetztes Hemd auf und verzog das Gesicht, als sie die vielen Blutergüsse sah.

Daron stöhnte im Schlaf auf, als sie ihn abtastete.

»Ich denke, er hat ein paar gebrochene Rippen. Aber das wird schon wieder. Er hat schon schlimmere Sachen überlebt.« Fio´rah verschwand, um Kräuter zu sammeln und als die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hatte, wachte Daron ruckartig auf. Als er seine Freunde sah, ließ er sich erleichtert zurücksinken.

»Dann war es also doch kein Traum.«

Ceara schüttelte den Kopf und gab ihm Brot und kaltes Fleisch zu essen. Mit glücklichem Gesicht biss er hinein und schloss genießerisch die Augen. Alan und Bran hielten in der Nähe Wache.

»Bist du wirklich in Ordnung, tut dir irgendetwas weh?«

»Eigentlich tut mir so ziemlich alles weh«, gab er zu, »aber das wird schon wieder.« Daron blickte sie ernst an. »Die Arbeit in den Tunneln ist grausam, wir müssen die Sklaven befreien.«

Gerade kehrte Fio´rah zurück. »Sicher, aber im Moment können wir auf keinen Fall zurück. Ich habe Kräuter mitgebracht. Wir sollten dir einen Verband um die Rippen wickeln.«

Mit einem Stöhnen stand Daron auf. »Ist hier irgendwo Wasser? Ich sollte mich dringend mal waschen.«

Fio´rah grinste. »Das sehe ich ähnlich. Da vorne, hinter den Birken, fließt ein kleiner Bach.«

Daron verschwand im Unterholz und Fio´rah rührte eine Kräuterpaste an. Wenig später kam er zurück und sah frisch rasiert und mit gewaschenen Haaren schon deutlich besser aus. Zwar wirkte Daron etwas abgemagert, aber das würde sich durch regelmäßiges Essen bald ändern. Fio´rah legte den Verband an und er verdrehte die Augen, als sie fest zuzog.

»Na, da hat Cearas Verlobter ja ganze Arbeit geleistet.«

Verwirrt blickte Daron zu Fio´rah auf und Ceara knurrte wütend: »Diese Verlobung habe ich wieder gelöst.«

»Adamath hat sich mit dir verlobt?«, fragte Daron entsetzt.

Sie verzog das Gesicht und nickte.

Gerade kam Bran zurück. »Du hättest sie in dem teuren Kleid und dem Schmuck sehen sollen, Daron. Sie war wirklich wunderschön.«

»Das weiß ich auch so«, murmelte Daron und Ceara lief knallrot an.

»Auf die teuren Kleider kann ich verzichten«, erwiderte sie wütend und ihre dunkelgrünen Augen funkelten.

»Er wird dich überall suchen …« Daron wirkte besorgt.

»Nein, ich werde nicht durch das Tor gehen, falls du das sagen willst!« Ceara hatte einen wilden Blick bekommen.

»Das will ich auch gar nicht. Was ich dir damals im Kerker gesagt habe, ist wahr.« Beruhigend nahm er sie in den Arm.

Sie lächelte glücklich und runzelte plötzlich die Stirn. »Du hast damals noch etwas sagen wollen, bevor sie dich geholt haben.«

Eine Weile blickte er sie nachdenklich an und behauptete dann: »Weiß ich nicht mehr.«

Ceara nahm das Amulett aus ihrer Tasche und gab es ihm zurück.

»Ach ja, ich habe übrigens das Zepter des Drachen«, erwähnte sie beiläufig und holte es unter ihrem Umhang hervor.

Die anderen starrten sie überrascht an und nahmen das silberne Zepter mit den sieben Vertiefungen nacheinander ehrfürchtig in der Hand. Bran holte den Beutel mit den Runen hervor und drückte vier der sieben Steine in das Zepter.

»Es wäre schön, wenn Myrthan das sehen könnte«, meinte er traurig.

»Ich weiß nicht«, begann Ceara, »Krethmor lebt. Vielleicht ist auch Myrthan dann nicht tot.«

»Aber dann hätte er uns doch schon gesucht«, warf Fio´rah ein.

Die anderen stimmten traurig zu. So wäre es wohl gewesen.

Am Abend ritten sie noch ein Stück und Fio´rah verschwand in der Nacht, um neue Kleidung zu organisieren. Ceara hatte etwas von dem Goldschmuck mitgenommen, den Adamath ihr geschenkt hatte und gab ihn nun Fio´rah.

»Gib es ruhig aus. Er hat es ohnehin seinem Volk gestohlen.«

Im Schutz einer Felsgruppe entzündeten sie ein Lagerfeuer und aßen gemeinsam.

Als alle satt waren, wandte sich Bran mit einem Augenzwinkern an Alan: »Komm, wir halten zusammen Wache.«

Der wollte erst widersprechen, kam dann aber mit und warf seufzend einen Blick auf Ceara und Daron, die nebeneinander an einem Baum saßen.

Ceara holte eine der Decken und legte sie über sich und Daron, dann legte sie ihren Kopf an seine Schulter.

»Du schickst mich nicht mehr weg, oder?«

Er nahm sie in den Arm und drückte sie an sich. »Nein, und es tut mir wirklich leid. Ich wollte nur nicht, dass dir etwas passiert. Außerdem war ich wegen der Hexe ziemlich durcheinander. Ich hatte so sehr gehofft, dass ich sie dazu bringe, den Fluch zurückzunehmen.« Wütend runzelte Daron die Stirn. Es ärgerte ihn noch immer, dass Zuenta, die Hexe, in den Schwarzen Bergen ins Feuer gestürzt war und er seinen Fluch nun vielleicht nie wieder loswerden würde. Er streichelte Ceara über die dicken, kupferfarbenen Haare. »Aber jetzt haben sie dich auch entführt, obwohl ich fort war. Also liegt es wohl nicht an meinem Fluch. Wir bleiben zusammen, solange es geht.«

»Wie meinst du das?« Verwirrt blickte Ceara ihn an.

»Na ja, man weiß ja nie«, antwortete er ausweichend und musste an Norn denken, dem er sein Leben im Tausch gegen ihres angeboten hatte. Eines Tages würde der Hüter des Waldes es einfordern, aber damit wollte Daron Ceara nicht belasten.

»Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dir einen Kuss gebe?«¸fragte er vorsichtig.

Kurz tat sie so, als würde sie nachdenken. »Nein«, meinte sie dann lächelnd. Als sie wieder Luft zum Atmen hatte, seufzte sie glücklich. »Das war schon etwas anderes!«

»Als was?«

»Dieser widerliche Verlobungskuss.« Ceara schauderte.

»Dafür bringe ich Adamath eines Tages um!«

»Das musst du nicht, Daron, das ist er nicht wert.«

»Doch, das muss ich. Er hat mein ganzes Volk ausgelöscht und dich wollte er gegen deinen Willen zur Frau nehmen. Ich darf gar nicht daran denken, wenn er dich wirklich geheiratet hätte.«

»Ich auch nicht«, meinte sie düster und streichelte ihm über das Gesicht. »Ich hatte solche Angst, dass er dich umbringt.«

Daron gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Es ist ja zum Glück alles gut ausgegangen«, sagte er und gähnte.

Ceara war ebenfalls müde und so schliefen sie bald Arm in Arm ein.

Als Bran und Alan zurückkamen, knurrte Alan: »Jetzt kann ich sie mir wohl ganz aus dem Kopf schlagen.«

Bran lächelte und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.

»Tut mir leid, aber das war mir von Anfang an klar.«

Alan nickte düster, doch dann grinste er schon wieder. »Na ja, wenn ich ehrlich bin, dann fehlt mir die kleine Nara sogar ein wenig. Ich hätte vielleicht doch etwas deutlicher mein Interesse an ihr zeigen sollen.«

»Dafür ist es ja noch nicht zu spät. Du kannst ja nach Drago´llaman zurückgehen«, meinte Bran.

»Dann hat sie wahrscheinlich einen anderen.« Wie meist zeigte sich Alan nicht gerade von seiner optimistischen Seite.

»Glaub ich nicht.«

Die beiden hielten in dieser Nacht abwechselnd Wache, sie wollten Ceara und Daron nicht wecken. Erst im Morgengrauen kehrte Fio´rah mit Kleidern für Ceara und Daron zurück.

Die beiden schliefen noch immer tief und fest.

»Na endlich, ich dachte schon, sie finden nie zueinander«, sagte Fio´rah grinsend zu Bran.

Der große, kräftige Mann mit den von Grau durchzogenen schwarzen Haaren nickte lächelnd. »Wie sieht es aus? Hast du Verfolger gesehen?«

Als die Fiilja den Kopf schüttelte, wirbelten ihre langen Zöpfe umher. »Nicht direkt. Ich konnte einige Reiter über die Ebenen galoppieren sehen und es sind wohl auch Schattenwölfe unterwegs. Aber ich glaube, sie suchen eher in der anderen Richtung.«

»Aber dieser Krethmor muss doch wissen, wo wir hin wollen, oder?« Bran wirkte besorgt.

»Ich weiß es auch nicht. Aber wir sollten auf jeden Fall so schnell wie möglich aufbrechen.«

Hochkönig Adamath war außer sich gewesen, als er entdeckt hatte, dass seine Verlobte verschwunden war. Linna, die Zofe, hatte es zuerst bemerkt. Sie hatte nach Ceara sehen wollen und sich noch gewundert, dass keine Wache vor ihrem Gemach gestanden hatte. Dann hatte sie den gefesselten Soldaten entdeckt. Zwar hatte die Zofe keine Ahnung, wie es Ceara gelungen war zu fliehen, doch sie wollte ihr zumindest einen Vorsprung lassen. So wartete Linna so lange sie sich traute und schlug schließlich Alarm.

Der König kam mit hochrotem Gesicht hereingestürmt, schlug den gefesselten Soldaten in seiner Wut halbtot, und ließ das gesamte Schloss durchsuchen. Von seiner Verlobten war jedoch keine Spur zu finden. Er ließ Männer ausschwärmen und beauftragte Krethmor, seine Schattenwölfe zu holen. Doch wie sollte Ceara ungesehen aus dem Schloss gekommen sein? Die ganze Nacht lang schrie und tobte Adamth, doch es half nichts. Ceara blieb verschwunden.

Der nächsten Schock erwartete den König, als Krethmor am nächsten Tag den Gefangenen befragen wollte und die verwirrten Aufseher meinten, er habe ihn doch bereits am vorigen Abend geholt. Selbst Krethmor konnte sich darauf keinen Reim machen, doch da der Aufseher selbst unter Folter bei seiner Geschichte blieb, erkannte der kleine Zauberer mit dem Spitzbart, dass Magie mit im Spiel gewesen sein musste.

»Dann haben sie doch zusammengehört!«, donnerte Adamath und schleuderte einen Kelch voll Wein gegen die Wand, wo er eine rote Spur hinterließ. Sein narbiges, grobes Gesicht war hassverzerrt. »Ich bekomme sie beide und dann schneide ich ihm vor ihren Augen die Kehle durch!« Er war außer sich und seine Augen, über denen sich graue Brauen nach oben wölbten, funkelten wahnsinnig. »Diese kleine Schlampe, sie wird meine Frau und wenn es das Letzte ist, das ich tue!«

Krethmor betrachtete den König mit Abscheu. Er konnte Leute, die die Fassung verloren, nicht ausstehen.

»Sie hatte etwas Merkwürdiges an sich, das habe ich gespürt. Wahrscheinlich ist sie eine der Weltenwanderer«, schnarrte er.

»Warum hast du das nicht gleich gesagt?« Der riesige König packte den wesentlich kleineren Krethmor am Kragen.

Dessen Augen funkelten böse auf und er fasste Adamaths Arm. Diesem versetzte es eine Art Stromstoß. Perplex torkelte er zurück.

»Vergesst Euch nicht, König«, drohte der Schattenmagier.

Adamath schluckte. Diese magischen Sachen waren ihm nie ganz geheuer gewesen, auch wenn sie ihm stets von Nutzen gewesen waren. Schließlich lebte er dank Krethmors Zauberkraft schon über dreihundert Sommer. Aber als Waffe bevorzugte Adamath ein Schwert, das er in den Körper seines Feindes treiben konnte. Er musste das Blut spritzen und die Panik in den Augen seines Opfers sehen.

Schließlich straffte er die Schultern. »Ich verlange, dass Ihr Euer Möglichstes tut, um die beiden zu finden«, sagte er herrisch. »Ich denke, wir haben beide Interesse daran.«

Mit einer Verbeugung verließ Krethmor den Raum. Er ärgerte sich noch immer, den Text über die Runen nicht ganz gelesen zu haben, als er in Druidor gewesen war. Wo würden Myrthans Gefährten als nächstes hingehen? Von einer bösen Vorahnung erfasst erstarrte Krethmor plötzlich und kehrte in den Thronsaal zurück. Ohne auf Adamaths fragendes Gesicht zu achten, blickte er zur Wand und stieß einen Fluch aus.

»Wo ist das Zepter?«, fragte er gefährlich leise.

»Das was?«

»Das Zepter, verdammt!«, schrie der Zauberer, der nun doch die Beherrschung verlor.

»Das habe ich dieser Schlampe, die meine Verlobte ist, gegeben. Ihr hat es gefallen.«

Fluchend schlug Krethmor mit seinem Stock gegen die Säule.

So hatte Adamath den Zauberer noch nie gesehen und es verwunderte ihn sehr. »Was ist denn mit Euch los?«

Der Schattenmagier kam näher und blickte Adamath mit irr funkelnden Augen an. »Jetzt habt Ihr ihnen den Schlüssel zu unserer Vernichtung gegeben.«

Kapitel 2 - Das Felsenreich

Ceara wachte auf, als ihr die Sonne warm ins Gesicht schien. Fio´rah stand am Feuer und kochte Tee.

»Ich habe Kleider für euch besorgt. Probier sie an.«

Ceara streckte sich und stand vorsichtig auf, um Daron nicht zu wecken, der etwas im Schlaf murmelte und sich wieder umdrehte. Anschließend probierte sie die Lederhose und das Leinenhemd an, das Fio´rah ihr gebracht hatte. Es passte beinahe perfekt.

»Danke, Fio´rah und vor allem, dass du mir geholfen hast zu fliehen.«.

»Es war mir eine Ehre, aber ich weiß auch, dass du das Gleiche für mich getan hättest.«

Ceara nickte, dann überzog ein spitzbübisches Grinsen ihr Gesicht.

»Na ja, der Platz als Königin ist ja jetzt wieder frei, also, wenn du willst …«

Fröhlich lachend schüttelte Fio´rah den Kopf und hunderte silberblonder Zöpfe wirbelten um sie herum. »Nein danke, selbst wenn wir Fiiljas uns mit Menschen einlassen würden, dann wäre Adamath der Letzte, der mir in den Sinn käme.«

»Ich habe dich ja noch nie gefragt, aber hast du eigentlich einen Freund?«, fragte Ceara.

»Natürlich habe ich Freunde«, erwiderte Fio´rah verständnislos. »Daron, du, Alan ...«

Ceara unterbrach sie lächelnd. »Ich meinte, eben etwas mehr, als nur Freundschaft. Einen Mann, mit dem du zusammen sein willst.«

Nun schien Fio´rah zu verstehen, aber dann seufzte sie und schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, wir verbinden uns nicht mit Menschen. Wir Fiiljas sind nur noch eine sehr kleine Gruppe von Frauen. Es gab früher auch männliche Fiiljas, aber an die kann ich mich nicht mehr erinnern. Es war lange vor meiner Geburt, da wurde unser Volk von Trollen und Menschen beinahe ausgerottet. Nur einige wenige Frauen blieben übrig, damals haben sie noch nicht gekämpft. Doch als der letzte Mann getötet wurde, bildeten sie die Schwesternschaft und erlernten das Kämpfen. Ich bin eine der Letzten, die geboren wurde.«

»Das ist traurig«, sagte Ceara. »Aber hast du denn nie versucht, mit einem menschlichen Mann zusammenzusein?«

»Nein, das würde nicht funktionieren. Aber es ist auch nicht so schlimm. Wir glauben, dass die Männer in der nächsten Welt auf uns warten.«

»Ja aber«, plötzlich kam Ceara ein erschreckender Gedanke, »dann wird es ja irgendwann keine Fiiljas mehr geben!«

Fio´rah nickte traurig. »Da hast du leider Recht.« Sie legte Ceara eine Hand auf den Arm. »Aber wir können sehr alt werden, falls wir nicht ermordet werden.« Ceara wirkte sehr betrübt, aber Fio´rah meinte aufmunternd: »Sei nicht traurig. Wir haben uns vor langer Zeit damit abgefunden.«

Etwas später wachte Daron auf, blinzelte verschlafen, und streckte sich, wobei er das Gesicht verzog. Ihm tat immer noch alles weh.

»Es ist schon spät, ihr hättet mich wecken sollen«, sagte er anklagend, stand etwas steif auf und setzte sich ans Feuer.

»Wir wollten dir noch etwas Schlaf gönnen.« Fio´rah gab ihm eine Schale mit Tee.

»Aber wir müssen weiter.« Er blickte sorgenvoll auf die Sonne, die durch die Bäume schien.

»Und du müsstest dich eigentlich noch ein paar Tage ausruhen«. Fio´rah betrachtete ihn kritisch.

Dem konnte Ceara nur zustimmen, doch Daron schüttelte entschieden den Kopf. »Wir müssen weiterreiten. So lange wir in Huellyn sind, ist es zu gefährlich.«

Das konnten seine Freunde leider nicht bestreiten. So packten sie ihre Sachen zusammen, verwischten die Spuren, und ritten im Schutz des Waldes in Richtung Norden. Immer wieder hörten sie das Geheul von Schattenwölfen und einmal konnten sie sich gerade noch rechtzeitig vor einer Gruppe Soldaten verstecken. Daron erholte sich relativ schnell wieder, er war heilfroh, dem Kerker entkommen zu sein. Am Rande des Nyrmensees umgingen sie die Dörfer, die im Norden Huellyns lagen, ritten das kurze Stück ins Grasland, und erreichten bald das Felsenreich.

»Wir werden die Pferde bald zurücklassen müssen. Je weiter man nördlich kommt, umso felsiger wird es«, sagte Daron eines Tages bedauernd. »Wir können es nicht wagen, über die Straße zu reisen.«

»Wir wissen ja nicht einmal, wo wir hin müssen«, knurrte Alan missmutig. Nachdem er sich damit abgefunden hatte, dass Ceara und Daron nun ein Paar waren, wollte er unbedingt zurück nach Drago´llaman, um das Höhlenmädchen Nara zu besuchen. Aber das würde, wie es aussah, noch dauern.

»Ich denke, es handelt sich bei der Rune, die in dem Gedicht genannt wird, um einen Platz in den unterirdischen Höhlen, die den gesamten Norden durchziehen. Dort wird Eisen und Silber abgebaut. Wir können es wohl nur versuchen.« Daron blickte nach Norden. »Das Gedicht war ja leider nicht ganz eindeutig.«

Auch Fio´rah hatte sich bereits ihre Gedanken gemacht, wo sie die nächste Rune finden sollten. Wieder einmal wurde ihnen der Verlust von Myrthan schmerzlich bewusst. Vielleicht hätte er ihnen helfen können.

Am Abend lagerten sie im südlichen Teil des Felsenreichs und entzündeten ein rauchloses Feuer. Es war ziemlich warm und blieb lange hell. Ceara und Daron saßen auf einem der hohen Felsen, die das Land bedeckten und hielten gemeinsam Wache. Unter ihnen zupften die Pferde friedlich das spärliche Gras.

»Weißt du noch, das erste Mal, als du hier warst, haben wir nicht weit von hier gelagert.« Daron schlang von hinten seine Arme um sie.

Ceara lehnte den Kopf an ihn. Im Westen ging die Sonne gerade blutrot unter und die Monde begannen langsam aufzugehen. »Es ist ziemlich viel passiert seitdem.«

Daron lachte leise auf. »Ich habe dich wirklich für einen Mann gehalten. Ich weiß gar nicht mehr, wie mir das passieren konnte.« Liebevoll fuhr er ihr durch die langen Haare, welche die Farbe von dunklem Bernstein hatten.

Verträumt drehte Ceara den Kopf zu ihm. »Tja, ich hätte mir damals auch nicht vorstellen können, so mit dir hier zu sitzen.«

Sie schauten beide dem Sonnenuntergang zu und Ceara seufzte irgendwann: »Ich könnte für immer hier sitzen bleiben.«

Stumm drückte Daron ihr einen Kuss auf die Stirn und war einfach nur glücklich, mit ihr hier zu sein.

»Was machen wir eigentlich, wenn wir alle Runen haben und Adamath besiegt ist?«, fragte Ceara plötzlich.

Daron zuckte leicht zusammen. »Darüber sollten wir uns erst Gedanken machen, wenn es soweit ist.«

»Hmm.« Ceara wirkte nicht sehr zufrieden. »Wo würdest du denn gerne leben, wenn es keinen Adamath mehr geben würde?«

»Ich weiß nicht«, murmelte er und blickte zu Boden. Daron wusste nicht, wie viel Zeit ihm noch mit Ceara blieb, bis Norn sein Leben einforderte.

»Also in Drago´llaman hat es mir schon ganz gut gefallen, obwohl es dort wohl auf Dauer ziemlich kalt ist. Myth´allan ist auch wunderschön. Oder die Westküste in Monalyth …«, fuhr sie unbekümmert fort.

»Dann werden dir die nördlichen Hügel von Fearánn gefallen.« Darons Stimme klang ein wenig belegt. »Dort ist es nicht so düster wie im südlichen Teil und es gibt viele Wasserfälle und Seen. Im Nordwesten liegen sehr schöne Buchten mit weißem Sand.«

»Na, dann könnten wir vielleicht dorthin gehen«, erwiderte Ceara gut gelaunt und blickte sich dann mit einer hochgezogenen Augenbraue zu ihm um. »Oder willst du nirgends mit mir zusammen leben?«

Mit einem etwas traurig wirkenden Lächeln schüttelte er den Kopf. »Es gibt niemanden, mit dem ich lieber irgendwo leben würde, wo auch immer. Ich weiß nur nicht …«, begann er, brach dann aber ab.

»Was ist denn?«

»Nichts.« Daron nahm sie fest in den Arm. »Lass uns einfach abwarten, was kommt und die Zeit genießen, die wir zusammen haben.«

Ein wenig verwundert war Ceara schon. Sie wusste nicht, was er eigentlich mit seinen Worten ausdrücken wollte, doch sie fragte nicht weiter nach. Daron machte sich oft zu viele Sorgen. Die Nacht war mild und sternenklar. Es herrschte eine so friedliche und magische Stimmung, dass man gar nicht glauben mochte, dass es überhaupt etwas Böses in dieser Welt geben konnte.

Irgendwann kam Bran zu ihnen hinauf. »Ich wollte euch ablösen. Aber so wie ich das sehe, möchtet ihr gar nicht abgelöst werden«, sagte er lächelnd.

Ceara lächelte glücklich zurück. »Eigentlich bin ich schon ein wenig müde, aber diese Nacht ist so wunderschön, dass man sie eigentlich gar nicht mit Schlafen vergeuden möchte.«

Bran setzte sich auf den Felsen. »Auf jeden Fall werde ich jetzt aufpassen. Ihr könnt ja tun, was immer ihr wollt.«

Ceara und Daron nickten, dann standen sie auf. Hand in Hand schlenderten sie über die Felsen und blickten hinauf in den Sternenhimmel. Der Mond im Osten leuchtete silbern auf sie herab, während der im Westen ein eher rötliches Licht abstrahlte.

Plötzlich drückte Daron Ceara ganz fest an sich. »Ich möchte, dass du dich für immer an diesen Moment erinnerst, egal was passiert. Jetzt bin ich glücklich.«

»Natürlich«, sagte sie und blickte ihn verwirrt an. »Was ist denn mit dir?«

»Nichts, aber falls wir einmal getrennt werden, dann sollten wir diese Nacht in uns bewahren.«

»Aber wir lassen uns nicht mehr trennen!«

»Das weiß man nie.« Daron seufzte.

Ceara piekste ihn in die Seite und sagte betont fröhlich: »Du sollst nicht immer alles so negativ sehen.«

Mit bedrücktem Gesichtsausdruck nickte er und gab ihr einen langen Kuss.

Am nächsten Tag kamen sie noch recht gut mit ihren Pferden voran. Doch dann wurde es derart felsig, dass sie absteigen mussten. Alle nahmen ihren Pferden Zaumzeug und Sattel ab und ließen sie frei. Dann kletterten sie über die glatten Felsen und durch tiefe Schluchten. Das ganze Felsenreich wirkte wie ein gigantisches Labyrinth.

»Haben hier früher wirklich Zwerge gelebt?«, fragte Bran schnaufend, als sie mal wieder eine hohe Felswand überwunden hatten.

»Das erzählt man sich zumindest«, bestätigte Fio´rah. »Die vielen Höhlen und Stollen, die den gesamten Norden durchziehen, können fast nur Zwerge gebaut haben. Die Gänge sind sehr niedrig und um an das Silber und Eisen zu kommen, haben Adamaths Leute sie sehr viel höher machen müssen.«

»Und wo sind die Zwerge jetzt hin?« Alan wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es wurde jeden Tag wärmer, doch zum Glück wehte hin und wieder eine erfrischende Brise.

»Ich denke, sie sind durch das Weltentor verschwunden, ebenso wie die Elfen«, vermutete Fio´rah und Alan nickte halbwegs befriedigt.

Es war ein mühseliger Weg durch das felsige Land und es schien ihnen, als kämen sie ihrem Ziel kaum näher. Das Schloss, von dem die Felsengänge abzweigen sollten, ragte zwar hoch über dem Land empor, doch irgendwie schien sich die Distanz einfach nicht merklich zu verringern.

An einem warmen Sommerabend saßen alle gemeinsam am Feuer, als plötzlich eine unnatürliche Stille eintrat. Ihnen stellte sich die Gänsehaut auf.

Fio´rah, die sich als Erstes gefangen hatte, löschte rasch das Feuer und schrie: »Versteckt euch!«

Alle hasteten in den Schutz einiger Felsen und schon erschien ein unheilverkündender Schatten am Himmel, kreiste über ihnen, und stieß einen entsetzlichen, lautlosen Schrei aus, der allen das Blut in den Adern gefrieren ließ. Kurz darauf waren jedoch zum Glück wieder die normalen Geräusche der Abenddämmerung zu hören.

Ceara kauerte kalkweiß unter einem Felsen und zuckte zusammen, als Daron sie in den Arm nahm.

»Der Krăădan ist weg, keine Angst.«

Ceara stand zittrig auf. Die schrecklichen Gefühle, die diese Kreatur schon einmal bei ihr hervorgerufen hatte, waren plötzlich wieder da. Der geflügelte Dämon hatte sie damals in den Schwarzen Bergen verletzt und Ceara war nur knapp mit dem Leben davongekommen. Sie hatte schon lang keine Albträume mehr gehabt, doch in dieser Nacht schoss sie schweißgebadet und mit einem leisen Schrei auf. Sie bemerkte gar nicht, wie Tränen ihre Wangen herunter liefen.

Bran, der neben ihr geschlafen hatte, nahm sie in den Arm.

»Das war nur ein Traum, Ceara.«

Sie nickte, konnte aber nicht aufhören, zu zittern. Auch Daron hatte ihren Schrei gehört und kam von seinem Wachposten heruntergerannt.

»Was hat sie denn?« Erschrocken zog sie zu sich herüber.

»Sie hat nur schlecht geträumt«, meinte Bran und legte sich wieder hin.

Daron streichelte sie und Ceara drückte ihr Gesicht schluchzend an seine Schulter.

»Ist doch nicht so schlimm, alle ist gut.« Immer wieder streichelte er beruhigend über den Kopf. »Was hast du denn geträumt?«

Verzweifelt umarmte sie ihn und sagte unter Tränen: »Ich habe geträumt, dass Adamath dich umbringt. Ich will nicht, dass dir etwas passiert!«

Er runzelte die Stirn. »Es war nur ein Traum. Das kam wahrscheinlich von dem Krăădan. Du weißt doch, dass er Albträume verursacht.«

Endlich beruhigte sich Ceara ein wenig, schauderte aber noch immer beim Gedanken an ihren Traum.

»Ich bin sowieso gleich mit der Wache dran«, sagte sie seufzend. »Einschlafen kann ich ohnehin nicht mehr.« Ceara erhob sich zittrig.

»Warte, ich komme mit!«

Dankbar nahm sie sein Angebot an sie, denn allein wollte sie jetzt nicht sein. Daron blieb den Rest der Nacht bei ihr und nach und nach verblassten die Schrecken des Krăădan.

»Geht´s wieder?«, fragte Daron und streichelte ihr über die Wange.

Ceara nickte und lehnte sich an seine Schulter. »Daron, ich habe damals, als ich das erste Mal bei euch war, Fio´rah etwas von meinem Freund erzählt, der mich betrogen hat.«

»Ja?!« Daron nickte mit gerunzelter Stirn und Ceara fuhr fort.

»Sie fragte mich, ob er mein Seelengefährte gewesen wäre.«

»Ja, bei den Fiiljas heißt es«, erinnerte sich Daron, »dass jeder Menschen eines Tages seinen Seelengefährten treffen kann, den er auch dann nicht verliert, wenn er stirbt und in die nächste Welt geht. Ich finde diesen Gedanken sehr schön.« Nun betrachtete er sie eindringlich und seine unergründlichen dunklen Augen wirkten ein wenig sorgenvoll. »Und, war dieser Mann dein Seelengefährte?«

Ceara schüttelte den Kopf, dann lächelte sie ihn verliebt an. »Nein, ich denke nicht.«

»Das ist gut, denn ich glaube, dass du meine Seelengefährtin bist.« Erleichtert drückte Daron sie an sich.

Mit vor Glück strahlenden Augen, die im Abendlicht weich funkelten, nickte Ceara und war einfach nur froh, dass er wieder bei ihr war.

Nacheinander gingen die Monde unter und der blutrote Aufgang der Sonne versprach einen heißen und schwülen Tag. Nach einem Frühstück aus Beeren und frischem Quellwasser ging es weiter. Der Tag wurde immer drückender und dunkle Gewitterwolken hingen am Himmel. Daron und Fio´rah liefen nebeneinander her und unterhielten sich leise.

»Wenn wir nur wüssten, wo genau die Rune versteckt ist«, meinte Fio´rah seufzend.

Daron wischte sich den Schweiß von der Stirn. » ›Das alte Reich der Zwerge‹, von dem in dem Gedicht die Rede ist, das können doch nur die Zwergenminen sein, oder?«, fragte er hoffnungsvoll.

»Sicher, aber soweit ich weiß, kann man sie nur vom Schloss aus betreten. Die anderen Eingänge wurden wohlweißlich verschlossen«, warf Fio´rah ein.

»Ich weiß, König Assan ist Adamath treu ergeben, aber sein Sohn soll angeblich gegen ihn sein. Ich habe ihn flüchtig kennen gelernt, als ich mich im Felsenreich versteckt habe. Er wäre beinahe von einem Ork getötet worden, doch den habe ich mit dem Bogen erschossen. Also schuldet Prinz Trian mir noch etwas.«

Fio´rah runzelte die Stirn. »Können wir uns wirklich darauf verlassen?«

Daron wirkte unsicher. »Das ist schon einige Sommer her, aber er hat mir damals versprochen, wenn ich Hilfe benötige, würde er sich erkenntlich zeigen.«

»Wo wir gerade von Orks sprechen, je weiter wir nördlich kommen, umso mehr Orks werden unseren Weg kreuzen«, befürchtete die Fiilja.

»Ja, leider.« Durstig nahm Daron einen Schluck aus seinem Trinkschlauch.

Hochkönig Adamath saß mit wütendem Gesicht in seinem Schloss in Huellyn. Sein neues goldenes Schloss hatte er verlassen. Die düsteren Mauern der alten Festung entsprachen eher seiner Stimmung. Noch immer war keine Spur von seiner Verlobten zu finden gewesen. Krethmor war mittlerweile vollkommen wiederhergestellt, bis auf die Brandnarben, die seine linke Gesichtshälfte verunstalteten. Adamath hatte den Zauberer schon vor zwei Tagen zu sich zitiert und wartete nun ungeduldig auf dessen Ankunft.

Die Tür zum Thronsaal schwang auf und ein Wachsoldat kündigte das Erscheinen des Schattenmagiers an. Mit einem donnernden Geräusch sprang Adamath von seinem Thron und eilte mit großen Schritten auf den Zauberer zu.

»Na endlich!«

Krethmor verbeugte sich und fragte mit leicht gereiztem Unterton: »Was wünscht Ihr von mir, Eure Majestät?«

»Meine Verlobte ist noch immer nicht aufgefunden worden.« Adamath blickte den Zauberer auffordernd an. »Ich hoffe, Ihr habt bessere Neuigkeiten, was diese Aufrührer betrifft!?«

Krethmors Miene verfinsterte sich noch mehr. »Nein, ich habe Schattenwölfe gesandt und auch der Krăădan fliegt immer wieder über das Land, um sie ausfindig zu machen. Ich weiß nicht, wo sie sich herumtreiben.«

Der König trat mit dem Fuß gegen einen der Stühle, sodass dieser gegen die Wand krachte.

»Wir müssen sie finden«, rief er fiebrig. »Wo können sie sein?«

Ungerührt setzte sich Krethmor auf einen der Stühle. Er hatte nachgedacht. Seitdem er sicher war, dass Myrthan nicht mehr lebte, glaubte er nicht, dass der Rest der Gruppe große Aussicht auf Erfolg hatte, Zepter hin oder her. »Ich denke, sie sind nach Norden aufgebrochen. Myth´allan, Fearánn oder das Felsenreich. Ich habe Schattenwölfe ausgesandt.«

»Das reicht nicht!«, polterte der König los. »Wir werden Dämonenreiter ausschicken. Was glaubt Ihr, wo sie am ehesten sind?«

Betont gleichgültig zuckte der Schattenmagier die Achseln und strich sich bedächtig über den weißen Spitzbart. »In Myth´allan werden wir nicht allzu viel ausrichten können. Ob sich eine Rune in Fearánn befindet, das weiß auch ich nicht. Ich denke, wir sollten im Felsenreich beginnen.«

Adamaths verbitterte Miene hellte sich ein wenig auf. »Die Dämonenreiter können Orks zusammentreiben und für unsere Sache einsetzen. Außerdem werde ich Harakoel nach Wyrrd schicken. Er sitzt ohnehin nur noch selbstgefällig in seiner Residenz herum. Er kennt diese verfluchten Rebellen.«

»Macht das, mein König. Ich werde eine Weile hier bleiben, wenn es Euch recht ist, dann kann ich alles besser überwachen.«

Adamath stimmte zu. Am nächsten Tag sandten der König und der böse Zauberer den Hauptmann als Boten zu Harakoel. Hauptmann Sigurd war etwa in der Mitte seines Lebens angelangt und obwohl er sich stets sehr bemühte, war er noch nicht so weit in der Gunst des Königs aufgestiegen, wie es ihm gefallen hätte. Er wollte in den Adel erhoben werden und es gierte ihm nach einem Landsitz in Huellyn.

Der Hauptmann fuhr in einer der schnellsten und teuersten Kutschen des Landes, die von vielen Pferden gezogen wurde, hinauf zum Schlossberg, um Harakoel in seinem großen und fürstlich ausgestatteten Haus aufzusuchen. Ein verschreckter Page öffnete die Tür.

»Ich begehre, Harakoel zu sprechen«, verlangte Hauptmann Sigurd in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.

Der Page machte eine tiefe Verbeugung und beeilte sich, seinen Herrn zu holen.

Harakoel erschien. Obwohl er mittlerweile ein beträchtliches Vermögen angehäuft hatte, schien es ihm noch immer zu belieben, seine alte ausgewaschene Hose und das fleckige Hemd zu tragen, welches er bereits im Turm von Keradann angehabt hatte. Damals, als Krethmor Myrthan gefangengehalten hatte, war Harakoel der Turmwächter gewesen.

»Guten Tag, Hauptmann«, sagte Harakoel mit einem falsch wirkenden Lächeln. »Ich hätte Euch gern zu einem Mahl eingeladen, doch leider sind wir gerade fertig.«

Hauptmann Sigurd winkte ab und Harakoel grinste hinterhältig. Er hatte selbstverständlich nicht vorgehabt, dem Hauptmann etwas zu essen zu geben, dafür war er viel zu geizig. Harakoel führte den Soldaten in einen pompösen Salon. Eine Dienerin war gerade mit Staubwischen beschäftigt.

»Du dummes Geschöpf«, fuhr Harakoel sie an. »Ich sagte doch, du sollst von der rechten Seite anfangen zu wischen!«

Die Dienerin zuckte zusammen und machte sich daran, von der anderen Seite den Staub von den Holzregalen abzuwischen.

»Doch nicht jetzt! Lass uns allein!«

Mit einer verängstigten Verbeugung verschwand die Dienerin. Nun wandte sich Harakoel mit falschem Lächeln dem Hauptmann zu. »Das Personal heutzutage«, sagte er kopfschüttelnd, »die nehmen sich wirklich Sachen heraus!«

Der Hauptmann hob nur die Augenbrauen und sagte mit befehlsgewohnter Stimme: »Hochkönig Adamath befiehlt, dass Ihr ins Felsenreich reist, um die Aufrührer, die unser aller Wohlstand gefährden, zu überführen.«

Harakoel begann zu zucken und rang nach Worten. »Ich … nein … ich kann nicht«, stammelte er mit verzogenem Gesicht, dann hellten sich seine Züge auf. »Nehmt meinen Leibdiener, er kann für mich gehen.«

Harakoel schrie nach einem Pagen, der hereingehuscht kam, nur um sofort wieder zu verschwinden und einen gelangweilt dreinblickenden Mann zu holen. Der Mann stellte sich neben Harakoel und machte ein finsteres Gesicht, während sich der Page in eine Ecke drückte. Er wusste nicht, ob er noch bleiben sollte.

»Er kann ins Felsenreich reisen«, sagte Harakoel erleichtert. Nun begann Harakoel seinen Diener in den Hintern zu treten, was dieser merkwürdigerweise gar nicht zur Kenntnis nahm und nur vor sich hin starrte.

Skeptisch betrachtete Hauptmann Sigurd den großen, hageren Mann. »Der Hochkönig sagte ausdrücklich: Harakoel!«

Harakoel wand sich und begann nun, den kleinen Pagen zu treten. »Nein, nein, nein … er soll gehen! Ich kann hier nicht weg … Ich werde gebraucht!«

Mit einem Achselzucken packte Sigurd Harakoels Diener am Arm. »Gut, ich werde ihn mitnehmen.«

Erleichtert seufzend verbeugte sich Harakoel. »Meine hochachtungsvollsten Grüße an den werten König.« Dann ließ er sich auf einen der mit Samt überzogenen Sessel sinken und nahm eine Schriftrolle in die Hand. Seine Miene verfinsterte sich.

»Page!«, schrie er und der noch immer am Boden liegende Junge erhob sich mühsam. »Hol sofort den Schreiber! Er hat einen Fehler gemacht. Die Ausgaben für das Mehl stehen auf der falschen Seite der Schriftrolle.« Harakoels Züge wurden immer angespannter. »Das darf nicht passieren!«

Der Tag verging und Harakoel war am nächsten Morgen gerade dabei, seinem Schreiber einen Vortrag zu halten, als es an der Tür klopfte. Der Page führte den wutschnaubenden Hochkönig herein.

Harakoel verbeugte sich tief. »Eure Majestät, was für eine Ehre …«

Adamath baute sich in seiner ganzen Größe von zwei Metern auf und blickte den buckligen kleinen Mann mit vor Wut glitzernden Augen an. »Sagte man Euch nicht, ich verlange, dass Ihr ins Felsenreich reist?«

Harakoel begann zu zucken. »Ja, ja aber …« In letzter Zeit war er immer damit durchgekommen, all seine Aufgaben und Pflichten an seine Untergebenen weiterzuverteilen. Er saß nur noch faul in seinem Herrenhaus. » ... ich dachte nur, für einen Mann in meiner Stellung geziemt es sich nicht, in ein Land zu reisen, in dem es Gerüchten nach vor Orks nur so wimmelt.«

»Die Orks unterstehen mir, du Narr, wie alles andere auch!«, schrie der König und Harakoel wurde immer kleiner und buckliger.

»Ähm, aber … ich habe hier wichtige Aufgaben zu erfüllen«, versuchte Harakoel es weiter. »Natürlich würde ich mich gerne dieser ehrenwerten Aufgabe annehmen, doch ich dachte, ich könnte Euch hier besser dienen.« Unterwürfig verbeugte er sich.

Adamath packte Harakoel am Kragen. Der hing nun mit den Füßen zappelnd in der Luft. »Wenn du deinen Hintern weiter in diesem prächtigen Haus wissen willst, dann reise ins Felsenreich – und zwar sofort!« Plötzlich war die Stimme des Königs gefährlich ruhig.

»Natürlich, natürlich, mein Herr«, stammelte er kriecherisch. Als der König ihn wieder auf den Boden ließ, wagte er jedoch zu fragen: »Wäre es wohl möglich, eine Kutsche zu bekommen? Meine sind, äh, momentan nicht verfügbar.«

Missbilligend zog Adamath die Augenbrauen zusammen, nickte dann jedoch. »Nehmt die Kutsche eines der Lords und sagt, ich hätte es befohlen.« Mit donnernden Schritten verließ der Hochkönig den Saal und Harakoel begann auf seinen Schreiber einzutreten.

»Ich muss in das verfluchte Felsenreich – und du bist schuld!«, schrie er.

Der Schreiber machte sich ganz klein und wagte zu fragen: »Warum denn ich?«

»Weil du alles falsch aufschreibst! Ihr seid alle unfähig!«, tobte Harakoel und sein Gesicht verzerrte sich bei jedem Wort.

So reiste Harakoel in einer geliehenen Kutsche (und das obwohl er drei eigene besaß) am nächsten Tag in Richtung des Schlosses von Wyrrd inm Felsenreich. Er wurde von drei Dämonenreitern eskortiert, welche die Orks sammeln sollten.

Der König von Wyrrd, ein weißhaariger, dicklicher Mann im sechzigsten Lebensjahr, empfing Harakoel in seinem Thronsaal. Dieser war sehr viel weniger pompös ausgestattet als der in Huellyn.

»Hattet Ihr eine angenehme Reise?«, fragte König Assan.

Harakoel verzog das Gesicht. »Diese Kutsche war nicht sehr bequem, aber was tut man nicht alles für seinen König. Er hat natürlich mich gesandt, da er nur mir die verantwortungsvolle Aufgabe übertragen kann, die Rebellen zu überführen, die sich wohl hier herumtreiben.«

König Assan winkte einem Diener. »Bringt reichlich Speisen.«

Sofort begannen Harakoels Augen zu glänzen und als das Festmahl aufgetragen wurde, verschlang er alles so gierig, als hätte er mehrere Tage gehungert. König Assans Sohn, Prinz Trian, dessen Gattin Seora, eine hübsche blonde Frau, und ihr kleiner Sohn Ergon waren ebenfalls anwesend.

»Wer sind denn diese Rebellen?«, fragte Prinz Trian interessiert. Er war Anfang dreißig, hochgewachsen und schlank, mit kurzgeschnittenen, dunkelblonden Haaren.

»Oh, widerliche Geschöpfe. Sie haben den Zauberer Myrthan aus dem Turm von Keradann befreit und nun, nun wollen sie wohl irgendwelche Runen an sich bringen und unseren werten Hochkönig stürzen.«

Für einen Augenblick überzog Prinz Trians Gesicht ein Anflug von Begeisterung, den er jedoch rasch wieder verbarg. Im Gegensatz zu seinem Vater, der um ihren Wohlstand zu sichern, stets König Adamath die Treue gehalten hatte, war Prinz Trian mit den Machenschaften des Hochkönigs alles andere als einverstanden. Doch er hatte bisher nie gewusst, wie er sich gegen Adamath stellen sollte, ohne seine Familie zu gefährden.

»Und was sollen sie ausgerechnet hier wollen?«, fragte der Prinz.

Harakoel trank gierig einen Becher Rotwein und die Reste liefen ihm über das Kinn. »Es könnte sein, dass im Felsenreich eine dieser Runen versteckt ist, die sie suchen. Ich weiß es nicht genau. Mein Diener ist schuld, er hat mich nicht ausreichend informiert.« Harakoels Gesicht zuckte nervös. »Auf jeden Fall sammeln Hochkönig Adamaths Dämonenreiter nun Orks und suchen nach diesen Weltenwanderern und den anderen Aufrührern.«

»Was ist ein Weltenwanderer, Vater?« Der kleine Prinz Ergon blickte seinen Vater mit großen blauen Augen an.

Bevor Prinz Trian jedoch antworten konnte, beugte Harakoel sich zu dem Kleinen hinunter. »Sie sind Abschaum, sie gehören nicht hierher.« Mit seiner feuchten Aussprache befeuchtete er das Gesicht des kleinen Prinzen, der angeekelt den Mund verzog.

König Assan unterhielt sich noch eine Weile mit Harakoel, der immer wieder nervös seine Nase putzte und kurz darauf das Taschentuch ausschüttelte und es zum Trocknen über seinen Stuhl hängte. Seora machte ein angeekeltes Gesicht und wandte den Blick ab.

Als Harakoel mit seiner dritten Portion Wildschweinbraten beschäftigt war, flüsterte Ergon seinem Vater zu: »Ich mag diesen Harakoel nicht, er sondert Schleim ab.«

Nur mühsam konnte sich Prinz Trian das Lachen verbeißen und nickte Ergon grinsend zu.

Später, in seinem Privatgemach, sagte Trian zu seiner hübschen jungen Frau: »Ich werde diese Weltenwanderer suchen und ihnen helfen.«

Seora stieß einen erstickten Schrei aus. »Das ist gefährlich. Wenn das herauskommt, wird König Adamath uns vernichten«, flüsterte sie.

»Aber sonst bleibt alles, wie es ist. Natürlich, uns geht es einigermaßen gut. Aber die vielen unterdrückten Sklaven, die in unseren Minen arbeiten, die Landbevölkerung in Huellyn, und die Orks, gegen die wir uns nicht zur Wehr setzen dürfen, weil sie Adamath unterstehen ― das sind doch alles keine Zustände!« Der Prinz hatte sich richtig in Rage geredet.

Seine Frau legte ihm beruhigend eine schlanke blasse Hand auf den Arm.

»Das weiß ich alles. Aber wir müssen auch an unsere Kinder denken!« Seora war wieder schwanger und würde im Winter ihr Kind bekommen.

»Natürlich«, antwortete Trian, nun etwas besonnener. »Aber sie sollen nicht zu Kriechern heranwachsen, wie mein Vater. Er versucht Ergon ohnehin schon viel zu sehr zu beeinflussen.«

»Aber bitte sei vorsichtig und handle nicht unüberlegt«, bat Seora eindringlich.

Prinz Trian versprach es und wanderte in den folgenden Tagen häufig im Schutze der Nacht durchs Felsenreich, um eine Spur der angeblichen Rebellen zu finden.

Die Gesuchten liefen etwa zur selben Zeit, als Harakoel in Wyrrd eintraf, in der Hitze des Tages durch die Felsenlandschaft. Jetzt schien das Schloss zumindest ein wenig näher zu sein. An einem breiten Bach, der sich in ein natürliches Becken ergoss, machten sie Rast und genossen abwechselnd ein Bad in dem kalten, frischen Wasser. In dieser Schwüle war das eine wahre Wohltat. Als sich der Tag langsam dem Ende zuneigte, begannen in der Ferne Blitze vom düsteren Himmel zu zucken.

Alan und Daron hielten gerade gemeinsam Wache. Alan zupfte gelangweilt an einem Busch herum, kniff dann die Augen zusammen, und blickte angestrengt nach Nord-Osten. Er sah einige merkwürdige Bewegungen und lief rasch zu Daron hinüber, der die Umgebung von der anderen Seite aus beobachtete.

»Schau mal bitte. Ich glaube, ich habe etwas gesehen«, rief Alan schon von weitem. Daron beeilte sich aufzustehen, kniff ebenfalls die Augen zusammen und fluchte dann. »Orks – schnell, wir müssen zu den anderen.«

Alan rannte hinter Daron her. Alle packten so schnell es ging ihre Sachen zusammen und beeilten sich, auf ein Felsplateau zu gelangen, das sie einigermaßen gut verteidigen konnten.

Bald tauchten die ersten Orks auf. Es waren grobschlächtige Kreaturen mit derben Gesichtern, in schmutzige Lederpanzer gekleidet und mit riesigen, schartigen Schwertern bewaffnet.

»So schlecht haben sie die Orks in den Filmen gar nicht getroffen«, murmelte Alan Bran zu, der halbherzig grinste und mit seinem Bogen einige der Kreaturen erlegte. Schon in den Schattenbergen hatten sie gegen sie gekämpft, doch damals war es finster gewesen.

Nach und nach wurden sie eingekreist und immer mehr Orks versuchten, auf das Felsplateau zu gelangen. Erst jetzt sahen sie, dass im Hintergrund ein Dämonenreiter wartete, der bewegungslos und düster auf seinem Pferd saß. Alle kämpften gut und tapfer, doch es waren so viele Orks, dass die schiere Übermacht wohl bald das Ende der Gefährten bedeuten würde. Bisher hatte zwar noch niemand eine ernsthafte Verletzung, aber der Strom der finsteren Wesen wollte nicht abreißen.

Ceara schwang ihr Schwert nach allen Seiten. Die starken, wenn auch teilweise etwas unbeholfenen Schläge der Orks machten ihr schwer zu schaffen. Nun war sie um die vielen Stunden Schwertkampftraining mit Fio´rah und Daron froh. Daron versuchte ihr so gut es ging den Rücken freizuhalten, aber auch er wurde hart bedrängt. Aus dem Augenwinkel sah Alan bewundernd, wie gut Bran trotz seines Alters kämpfte. Er selbst kam immer wieder in arge Not und plötzlich stürzte er vom Felsen, als er einem Ork auswich. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen und nur einen Augenblick später stand ein Ork mit erhobener Klinge über ihm. Alan hörte nur noch, wie Ceara entsetzt seinen Namen schrie.

Er dachte schon, seine letzte Stunde hätte geschlagen, aber urplötzlich legte sich ein Schatten über den Kampfplatz. Sowohl die Orks, als auch die Gefährten, erstarrten und einen schrecklichen Augenblick lang glaubten sie, der Krăădan wäre zurückgekehrt. Aber das lähmende Gefühl blieb aus.

Doch auch so stockte ihnen der Atem. Ein gewaltiger Drache erschien am Himmel und spie Feuer. Daron riss Ceara zu Boden und versuchte sie mit seinem Körper zu schützen, als der Drache, einen gewaltigen Feuerstrahl ausstoßend, über das Plateau hinwegfegte. Aber der Drache schien es gar nicht auf die Gefährten abgesehen zu haben. Zunächst vernichtete er den Ork, welcher Alan beinahe getötet hätte, dann wandte er sich den anderen Kreaturen zu und verbrannte sie zu Dutzenden mit einem einzigen Atemstoß. Die Orks und auch der Dämonenreiter begannen zu fliehen, wobei sie einige ihrer Kumpane zu Tode trampelten. Der Drache verfolgte sie eine Weile, kehrte dann um und ließ sich nicht weit von den staunenden Gefährten auf einem Felsen nieder.

Alan war bereits wieder mit zitternden Beinen zu seinen Freunden hinaufgeklettert. Ihm steckte der Schrecken noch gehörig in den Knochen.

Der mächtige rote Drache klappte seine ledrigen Flügel ein und blickte herüber. Bran stand mit dem Bogen in der Hand unschlüssig vor den anderen. Seine Hände zitterten.

»Was soll ich denn jetzt tun?«, flüsterte er und Ceara sagte mit zittriger Stimme: »Sch… schieß ihn ab.«

»Nein!«, rief Fio´rah bestimmt und betrachtete den Drachen eingehend. Kurz hatte sie das Gefühl gehabt, sein Umriss würde flackern.

Zum Entsetzen aller sprang die Fiilja leichtfüßig in die Nähe des Drachen und blickte ihm direkt in die Augen.

»Was macht sie denn?«, flüsterte Ceara ängstlich, aber niemand wusste eine Antwort darauf.

Dann – ganz plötzlich – verzerrte sich die Gestalt des Drachen, flackerte kurz, und ein großer Mann mit langen eisengrauen Haaren und einem ebensolchen Bart stand vor Fio´rah. Erleichtert lachend umarmte sie Myrthan. Die anderen konnten es nicht glauben, aber Fio´rah und der Zauberer kamen auf sie zu.

Myrthan schüttelte sich und wirkte selbst ein wenig ungläubig. »Diese Rückverwandlung ist noch etwas mühsam, aber langsam bekomme ich Übung.«

Bran, Alan, Daron und Ceara sahen ausnahmslos aus, als ob sie gleich in Ohnmacht fallen würden. Sie starrten den Zauberer ungläubig an und brachten keinen Ton heraus.

»Myrthan?«, fragte Bran schließlich etwas krächzig.

Der Zauberer nickte, kam mit wehendem Gewand auf ihn zu, und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich bin euch wohl eine Erklärung schuldig.«

»Das kannst du laut sagen«, meinte Alan aus tiefstem Herzen.

Sie setzten sich auf den von der Sonne gewärmten Stein, während in der Ferne Blitze zuckten.

Myrthan begann zu erzählen. »Ich nehme an, das Letzte, das ihr gesehen habt, war, wie Krethmor und ich in die Feuerquelle gestürzt sind?« Bran bestätigte dies und Myrthan fuhr fort. »Nun gut. Zuerst war das natürlich ein Schock, aber dann konnte ich mich an einen Zauber erinnern, den ich gelernt hatte, als ich noch sehr jung war. Ich wusste nicht, ob er mir gelingen würde, aber es war meine einzige Chance – ich war im Feuer, also musste ich mich in eine Kreatur des Feuers verwandeln – ich wurde ein Drache.«

Alle bis auf Fio´rah blickten ihn fassungslos an.

»Es ist etwas schwierig, wenn man das Gestaltwandeln nicht gewohnt ist. Zunächst verlor ich mich in der Gestalt des Drachen und wusste nicht mehr, wer ich eigentlich war. Es sind ziemlich verwirrende Gedanken und Gefühle, die man als Drache hat. Aber nach und nach fand ich wieder zu mir. Ich konnte mich in meine wahre Gestalt zurückverwandeln und so begann ich, nach euch zu suchen. Ich bin sehr froh, dass es euch allen gut geht«, sagte er ernst.

Noch immer waren alle durcheinander, doch allmählich wagten sie es wirklich, sich zu freuen. Mittlerweile war das Gewitter näher gekommen und es begann zu regnen. So suchten sie sich einen Unterschlupf und erzählten Myrthan von ihren Erlebnissen, während draußen der Regen prasselte.

»Krethmor lebt auch noch«, berichtete Ceara, »allerdings hat er hässliche Brandnarben.«

Myrthan seufzte. »Das dachte ich mir beinahe. Wahrscheinlich war er zu Anfang auch schockiert von dem Sturz ins Feuer, aber dann hat ihn wohl sein widerwärtiger Krăădan gerettet.« Der Zauberer sah Ceara ernst an. »Adamath wird sehr wütend sein, dass du fort bist, Ceara. Er wird dich zurückhaben wollen.«

»Das werden wir aber nicht zulassen.« Besitzergreifend legte Daron Ceara einen Arm um die Schultern.

Zunächst hob Myrthan überrascht die Augenbrauen, dann lächelte er jedoch zufrieden. Ceara und Daron waren nun ein Paar, das war gut.

»Jetzt sind wir wieder komplett und können die nächste Rune suchen«, sagte Myrthan zum Schluss.

Ceara nickte lächelnd und holte das Drachenzepter aus ihrem Bündel. Eine Augenblick lang erstarrte Myrthan, doch sofort zeichnete sich auf seinem Gesicht ein freudiges Lächeln ab.

»Das ist wunderbar!« Ehrfürchtig nahm er das Zepter in die Hand. »Dass wir es haben, macht vieles leichter.«

»Na, dann hat sich meine ›Verlobung‹ wohl doch gelohnt«, meinte Ceara grinsend.

Später, als Daron und Myrthan allein waren, erzählte er von seiner Auseinandersetzung mit Zuenta.

»Das tut mir sehr leid, Daron«, Myrthans Stimme war voller Mitgefühl, »aber Zuenta war keine sehr mächtige Hexe, wie ich glaube zu wissen. Vielleicht ist der Fluch doch mit ihr gestorben.«

»Darauf kann ich mich wohl nicht verlassen«¸ erwiderte Daron düster.

»Wir werden einen Weg finden«, versprach der Zauberer und lächelte. »Ich freue mich sehr, dass Ceara und du zusammengefunden habt.«

»Ich hoffe nur …«, begann Daron unsicher und blickte zu Ceara hinüber, die gerade mit Fio´rah über irgendetwas lachte.

Myrthan unterbrach ihn bestimmt. »Ihr wird nichts geschehen, zumindest nicht durch deine Schuld.«

Daron holte das Amulett unter seinem Hemd hervor. »Das wird sie hoffentlich lange genug schützen.«

Zwar wusste Myrthan nicht, was Daron damit meinte, aber er nickte und erhob sich. »Ich werde mich mal ein wenig umsehen.«

Staunend beobachtete Daron, wie sich der Zauberer in den Drachen verwandelte und lautlos durch den Regen davon schwebte.

Während der nächsten Tage herrschte Hochstimmung. Alle freuten sich sehr, dass Myrthan noch lebte. Die Orks ließen sie zwar in Ruhe, doch allen war bewusst, dass Adamath jetzt wohl gewarnt war. Myrthan war sich nicht ganz sicher, ob er den Dämonenreiter wirklich getötet hatte. Vorsichtig näherten sie sich der Burg, die am westlichen Rande des Felsenreichs auf einem hohen Felsplateau thronte. Von weitem konnte man sehen, dass die Zugänge zu den Höhlen und Minen streng bewacht wurden und dass eine Menge Orks in der Nähe herumlungerten.

Myrthan wirkte besorgt. Auch er wusste nicht, wie sie in die Höhlen gelangen sollten.

»Ich muss den Prinzen aufsuchen«, stellte Daron schließlich resigniert fest, als sie am Abend zusammensaßen. Sie hatten sich nicht getraut, ein Feuer zu entzünden. Die Gefahr entdeckt zu werden war zu groß.

»Bist du verrückt?«, rief Ceara entsetzt aus. »Du wirst doch gesucht!«

Auch die anderen sahen nicht sehr begeistert aus.

»König Assan ist ein treuer Anhänger Adamaths, es ist riskant«, stimmte Myrthan zu.

Daron machte eine ungeduldige Handbewegung. »Das ist mir schon klar, aber ohne Hilfe gelangen wir nicht in die Höhlen. Der Prinz schuldet mir noch etwas. Das ist unsere einzige Chance.«

»Du weißt doch überhaupt nicht, ob sich dieser Prinz überhaupt noch an dich erinnert.« Wut und Angst spiegelten sich in Cearas Miene wider.

Daron fuhr sich durch die Haare und wollte etwas erwidern, aber Fio´rah unterbrach ihn. »Ich muss Daron zustimmen.«

»Was?«, rief Ceara entsetzt aus, doch Fio´rah schüttelte den Kopf.

»Warte!«

Die anderen blickten sie erwartungsvoll an.

»Daron hat Recht. Aber er sollte nicht alleine gehen. Ich kann mich in Adamath verwandeln, dann gelangen wir wahrscheinlich ungehindert ins Schloss von Wyrrd. Auf Daron wird dann niemand achten.«

»Das könnt ihr nicht tun«, sagte Ceara entrüstet. »Was ist, wenn sie euch fangen, oder …« Mit Schaudern dachte sie an die Zeit im Gefängnis von Huellyn.

Fio´rah unterbrach sie. »Wir werden vorsichtig sein. Sobald es uns gelingt, mit dem Prinzen unter vier Augen zu sprechen, haben wir gewonnen. Wenn er uns nicht helfen will, können wir ihn immer noch als Geisel nehmen.«