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Das Letzte was ich brauche, ist ein Mann der mich rettet. Aber Penn tritt trotzdem in mein Leben. Gut aussehend, schweigsam und doch so fürsorglich. Es ist lange her, seit sich jemand um mein Wohlergehen gekümmert hat. Seit meiner Heirat bin ich praktisch die Gefangene des Guerrero Clans. Mein Ehemann Nick ist kurz nach unserer Hochzeit gestorben. Und auch, wenn ich nur angeheiratet bin, einmal eine Guerrero, immer eine Guerrero. Aus diesem Clan kommt man erst heraus, wenn man tot ist. Aber ich plane nicht meinen Tod. Ich plane meine Flucht, während ich so tue, als sei ich die brave Cora, die alles macht was von ihr verlangt wird. Zumindest war es so, bis Penn auftauchte. Mich mit ihm einzulassen, kann uns beide ins Verderben stürzen. WICHTIGER HINWEIS: Vollständig überarbeitete Neuauflage von "Wahrheit oder Lügen" von Aly Martinez. Die ganze Geschichte "Truth about Lies" und "Truth about US", ohne Cliffhanger!
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Seitenzahl: 739
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Teil I
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Teil II
Prolog
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Epilog
OBO Publishing
Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages!
Im Buch vorkommende Personen und Handlung dieser Geschichte sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt.
Copyright © 2022 dieser Ausgabe Obo Publishing LLC,
alle Rechte vorbehalten.
Copyright der Originalausgabe © 2018. THE TRUTH ABOUT LIES and THE TRUST ABOUT US by Aly Martinez
OBO Publishing LLC
Fort Chambray
Apartment 20c
Gozo, Mgarr
GSM 2290
Eine Minute, nachdem ich sie verloren hatte...
“Lisa!“, brüllte ich in meinem leeren Schlafzimmer. Mein Telefon zitterte wild in meiner Hand, während ich entsetzt auf mein kleines Fünf-Zoll-Handy starrte und beobachtete, wie sie auf dem Boden aufschlug und Blut aus ihrem Hals strömte. Unfähig, meine Augen vom Bildschirm wegzureißen, lief ich auf und ab wie ein eingesperrtes Tier. "Du Scheißkerl!", schrie ich. Wut und Agonie löschten alles in mir aus, was noch menschlich war. "Ich werde dich verdammt noch mal vernichten!"
Sie konnten mich nicht hören - ihre Kopfhörer waren noch an das Telefon angeschlossen. Aber sie mussten mich nicht hören, damit das Urteil über sie gefällt werden konnte.
Mein Herz blieb stehen, als sie plötzlich hustete und Blut aus ihrem Mund kam.
"Oh Gott." Ich stöhnte und fiel auf die Knie, als ob mich das näher zu ihr bringen würde. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie groß ihre Schmerzen sein mussten. Ich war nicht derjenige, der all diese Stichwunden ertragen musste, doch der Schmerz, der sich in mir ausbreitete, fühlte sich an, als würde ich auf dem Scheiterhaufen verbrennen. "Es ist okay, Baby. Ich bin ja da. Es wird alles gut werden." Lügen. "Halte einfach nur durch." Meine Stimme wurde brüchig. "Nur noch... ein paar Minuten."
Sie lag auf der Seite, so wie sie meist schlief. Es sah aus, als könnte ich den Platz vor ihr einnehmen und bis in alle Ewigkeit schlafen. Ihr schlaffer Arm hätte auf meiner Brust gelegen, ihr Bein wäre um meine Hüfte geschlungen, ihre Brust eng an meinen Oberkörper geschmiegt. Und gemeinsam hätten wir ins Vergessen gleiten können.
Ich wäre gegangen. Bereitwillig. Aus keinem anderen Grund als einfach nur, um mit ihr zu gehen.
Mein verzweifelter Verstand drehte durch und es gelang mir zum millionsten Mal nicht herauszufinden, wie ich durch das Telefon kriechen und sie in Sicherheit bringen konnte.
Aber rationales Denken? Das riss mich in Stücke.
Ich war mir vage bewusst, dass die beiden Männer ihre Habseligkeiten durchwühlten und den Raum auf der Suche nach Gott weiß was verwüsteten, aber das Adrenalin, das meinen Verstand lahmlegte, verlieh mir einen Tunnelblick, ich war unfähig, mich auf etwas anderes als sie zu konzentrieren.
Ich konnte nicht aufhören zu blinzeln.
Als ob jede Millisekunde der Dunkelheit die letzten neunundzwanzig Minuten auslöschen würde.
Als ob ich die Zeit zurückdrehen, neu beginnen und die Gegenwart auf magische Weise verändern könnte.
Als ob ich sie tatsächlich retten könnte.
Plötzlich schlug die Tür zu ihrem Hotelzimmer auf und zwei Polizeibeamte stürmten mit gezogenen Waffen hinein.
Mein Körper, eben noch besiegt und schwach, wurde lebendig. Hoffnung strömte durch meine Adern und ließ mich aufstehen, als das Geräusch von Schüssen durch den Lautsprecher meines Telefons ertönte.
Der dunklere Blonde der beiden Männer ging sofort zu Boden. Der andere in dem schäbigen T-Shirt stürmte auf die Offiziere zu, die einen weiteren Satz Patronen auf ihn abfeuerten.
Ein siegreicher Kriegsschrei dröhnte aus meiner Kehle, als er auf die Knie sank und einen Moment lang hin und her schwankte, bevor ihm das Messer aus der Hand fiel und er darüber zusammenbrach.
"Ja!", schrie ich, Erleichterung stieg in mir auf.
"Oh, ich danke dir, Gott." Ich fing wieder an zu atmen und mir wurde schwindelig.
Das war es.
Endlich war es verdammt noch mal vorbei.
Die Polizisten stürzten herein und sicherten die beiden toten Männer, bevor sie neben ihr auf die Knie gingen. Ich sah zu, wie sie nach ihrem Puls suchten. Meine Lungen brannten vor Sauerstoffnot und Galle stieg meine Kehle hinauf.
Hoffnung donnerte in meinen Ohren, aber das Kopfschütteln, während sie sich nebeneinander über sie beugten, erzählte die traurigste Geschichte von allen.
Neunundzwanzig Minuten lang, aus über tausend Meilen Entfernung, hatte mein Herz mit ihr in diesem Raum geschlagen.
Und als er in das Funkgerät auf seiner Schulter sprach und dem Dispatcher sagte, dass sie tot sei, starb auch mein Herz in diesem Raum mit ihr.
"Neiiiiiin!", brüllte ich, mein Gesicht vibrierte, als meine Seele versuchte, sich von meinem Körper zu befreien.
Sie konnte nicht tot sein. Sie mussten sich irren. Sie mussten sich irren.
Ich hielt das Telefon so fest, dass mir die Kante des Displays in die Finger schnitt. "Nein, nein, nein."
Ich wollte, dass der Bildschirm meines Handys dunkel wurde und ich den Alptraum endlich beenden konnte.
Ich wollte, dass sie mich zurückrief und mich auslachte, weil ich zu beschützend war und überreagierte.
Ich musste aufhören, sie zu sehen, wie sie auf dem Hotelboden lag. Blut - Gott, so viel Blut, das sich überall um sie herum gesammelt hatte.
Aber ich wusste bis ins Mark, das sich wie meine verfaulenden Knochen anfühlte, wenn ich diese Verbindung trennte, würde ich sie nie wieder sehen.
Auf zittrigen Beinen stolperte ich rückwärts, fand die Bettkante und sank hinunter.
Ich starrte weiter auf das Handy.
Ich blinzelte weiter.
Und ich betete weiter für ein Wunder, von dem ich wusste, dass es niemals kommen würde.
Als die Sekunden vergingen, wurde mein Körper taub, doch gleichzeitig hatte ich größere Schmerzen, als ich jemals für möglich gehalten hätte, dass ein Mensch sie überleben könnte.
Und als das Adrenalin nachließ und die Realität einsetzte, war ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt überleben wollte.
Vier Jahre später...
„Scheiße!" Ich warf die Decken zurück und sprang aus dem Bett. Ein scheußliches Dröhnen ertönte vom Wecker am anderen Ende des Raumes. Ich wusste schon, warum ich ihn auf keinem der beiden nicht zusammenpassenden Nachttische stehen hatte. Die Schlummertaste zu drücken, war so ziemlich das Einzige, was ich um diese Uhrzeit hinbekam. Aber es schien, als beherrschte ich endlich die hohe Kunst, durch das Weckgeräusch zu schlafen.
"Scheiße", wiederholte ich, als ich über mein Lehrwerk für Buchhaltung stolperte. Ich erinnerte mich noch vage an den dumpfen Aufschlag, als es auf den Boden fiel, kurz nachdem ich beim Lernen eingenickt war.
Wie dumm. Wie dumm. Ich konnte es mir nicht leisten, diesen Fehler noch einmal zu machen. Was wäre, wenn...
Nein. Kein Was-wäre-wenn! Ich lebte im Heute. Nicht in der Vergangenheit. Nicht in der Zukunft. Im Heute.
Ich hob die Matratze vom Boden ab und schob das Buch mit dem Zeh darunter, wobei ich darauf achtete, dass es tief genug lag, damit die Wölbung, die es verursachte, nicht auffiel.
Danach schnappte ich mir meinen neuen türkisfarbenen Bademantel vom alten Schaukelstuhl, der mir zusätzlich als Wäschekorb für „saubere“ Wäsche diente, und zuckte mit den Achseln. Ich hätte diesen Bademantel nicht kaufen sollen; er kostete ein kleines Vermögen, obwohl er vom Discounter war. Aber ich hasste es, in etwas mehr als einem Tank Top und einem Höschen zu schlafen. Da es so viele "Notfälle" um Mitternacht gab, darunter auch solche, bei denen ich vergaß, was ich anhatte, und praktisch nackt aus meiner Wohnung rannte, hatte ich beschlossen, dass es an der Zeit war, in etwas zu investieren, das zumindest meinen Hintern bedeckte.
Ich band mein langes blondes Haar zu einem Pferdeschwanz hoch und eilte zur Schlafzimmertür. Ich brauchte beide Hände, um den widerspenstigen Riegel mit Gewalt zu öffnen und dann die Kette beiseite zu schieben. Gleichzeitig machte ich mir eine geistige Notiz, um etwas Schmiermittel zu besorgen, und fügte es den Prioritäten meiner To-Do-Liste hinzu, die so lang war, dass man sie um die Erde wickeln könnte – zwei Mal.
Mit nackten Füßen tapste ich über den abgenutzten Hartholzfußboden des kurzen Flurs. Es war nicht die absichtlich herbeigeführte Art von Abnutzung, die diese winzige Wohnung charmant und rustikal erscheinen lassen sollte, sondern eher die Art, die besagte, dass es mindestens drei Jahrzehnte her war, dass jemand diesen Bodenbelag mit etwas anderem als Verachtung behandelt hatte. Aber selbst eine Flasche Holzöl konnte keine Wunder wirken. Und in den zwölf Jahren, die ich hier lebte, hatte ich so ziemlich alles ausprobiert.
Ich hielt meinen Bademantel mit einer Hand geschlossen und klopfte an die Tür des Mädchenzimmers. Sie hassten es, einen so kleinen Raum zu teilen, aber nachdem ich dem ständigen Gezänk und Streit in den letzten sechs Wochen zugehört hatte, war ich mir sicher, dass ich es noch mehr hasste. In einer Wohnung mit zwei Schlafzimmern und achtzig Quadratmetern waren unsere Schlafmöglichkeiten begrenzt.
"Mädchen, steht auf! Ich habe verschlafen. Ihr werdet zu spät zur Schule kommen."
Schweigen. Zum Teufel, war das nicht zwei Uhr morgens gewesen, als sie noch um einen Lockenstab kämpften?
"River. Savannah. Auf. Jetzt! Ich kann euch heute Morgen nicht fahren, wenn ihr den Bus verpasst." Ich klopfte lauter an ihre Tür, aber mit dreizehn und sechzehn Jahren hätten sie auch weiterschlafen können, wenn ich mit einer Abrissbirne im Miley-Cyrus-Stil in ihr Zimmer gekracht wäre. "Mädchen! Kommt schon, Mädels! Ich habe keine Zeit für so was. Steht auf und zieht euch an!" Ich rüttelte an dem Türknauf und stellte fest, dass er sich in meiner Hand drehte.
Panik stieg in mir auf und ich bekam eine Gänsehaut, als sich die Tür knarrend öffnete.
Keine Sperre. Kein Riegel. Keine Kette.
Nichts, um diese beiden unschuldigen Kinder vor den Monstern zu schützen, die um uns herum lauerten.
Mein Herz krallte sich in meine Kehle, als ich in den Raum stürzte. Der Anblick von Rivers dunklem Haar, das sich über ihr Kissen ergoss, und ihrer Wange, die kaum unter ihrer gepunkteten Bettdecke hervorlugte, verdrängte vorübergehend meine Ängste.
Die Matratze auf dem Boden neben ihrer war jedoch herzzerreißend leer.
"Wo ist sie?", rief ich und riss River die Decke weg. Sie war wie ein Burrito eingewickelt und fiel zu Boden.
"Jesus, Cora", klagte sie und rieb sich den Schlaf aus ihren großen, braunen Augen.
Ich hockte mich vor sie hin und drückte ihr mit einer Hand die Backen zusammen. Ich zwang sie, mich anzusehen und wiederholte langsam: "Wo...ist...sie?"
Ihre Augen richteten sich auf Savannahs Schlaflager, ein ähnlicher Schrecken, wie er auch mich ergriffen hatte, blitzte in ihrem Blick auf. "Ich... ich weiß es nicht."
"Ist jemand reingekommen?"
Sie schüttelte den Kopf.
"Bist du sicher?"
Sie klang eher wie ein Kind, so hatte sie sich seit Jahren nicht mehr angehört, und quietschte: "Ja. Glaubst du vielleicht, dass er..."
Sie brauchte es nicht zu sagen. Was diesen Alptraum anging, war ich ihr weit voraus.
Ich sog einen, wie ich hoffte, beruhigenden Atemzug ein und versuchte, mich auf die logischste Erklärung zu konzentrieren.
Aber wir führten kein logisches Leben. Das Schreckliche und Außergewöhnliche war viel normaler als das Gewöhnliche.
Savannah lebte seit sechs Wochen bei mir, aber es war nicht das erste Mal, dass sie sich hinausgeschlichen hatte. Und, Gott, ich betete, dass sie sich nur rausgeschlichen hatte.
"Es wird alles gut", beruhigte ich River mit einer Lüge.
Ihre langen, schwarzen Wimpern schlugen auf und ab, als sie nickte. "Sie hängt wahrscheinlich im ersten Stock rum."
Toll. Jetzt beruhigte sie mich.
Ich klopfte ihr auf die Wange und erhob mich. "Du ziehst dich an und ich werde sie suchen gehen. Pack eure beiden Lunchpakete ein. Okay?"
"Ja", flüsterte sie, statt wie üblich zu streiten.
Nach einem kurzen Halt, um die Gebäudeschlüssel aus dem feuerfesten Safe in meinem Schrank zu holen, ging ich zur Vordertür hinaus. Der kalte Beton war unangenehm unter meinen Füßen, als ich die Treppe hinunter marschierte. Ich hatte es erst in den zweiten Stock geschafft, als eines der neuen Mädchen, deren Namen ich mir noch nicht gemerkt hatte, versuchte, mich aufzuhalten.
"Cora!"
"Nicht jetzt", unterbrach ich sie.
Sie lehnte sich über das Metallgeländer, als ich hinunterrannte. "In meinem Zimmer tropft Wasser von der Decke."
Ich zuckte mit den Schultern. Das Gebäude war schon am Zerfallen so, wie es war; wir brauchten keine Flut, um den Prozess zu beschleunigen.
"Ruf Hugo an!", antwortete ich, ohne langsamer zu werden.
"Er ist damit beschäftigt, Kerris Klimaanlage zu reparieren."
"Vergiss die Klimaanlage. Sofern Hugo dieses Gebäude nicht mit seinen bloßen Händen aufrecht hält, hat eine Überschwemmung Vorrang vor allem anderen."
"Richtig", höhnte sie und verschwand.
In meiner Eile, in den ersten Stock zu kommen, nahm ich eine Kurve zu eng und rammte mir das Geländer in die Seite. Selbst mit der Bräune, die ich dank einer Frühlingshitzewelle hatte, würde das einen höllisch blauen Fleck hinterlassen. Aber Schmerzen waren für mich nichts Neues. Blutergüsse leider auch nicht.
"Cora!", rief Brittany, als ich an ihrer offenen Wohnungstür vorbeistürmte.
"Nicht jetzt!", antwortete ich.
Sie joggte, um mit mir Schritt zu halten. "Ava ist noch nicht zu Hause."
Ich starrte zu der Wohnung am Ende des Flurs. "Dieser reiche lateinamerikanische Typ hat sie über Nacht mitgenommen.“
"Was!", schrie sie. "Warum hat sie mir nichts gesagt?"
Ich rollte mit den Augen. "Äh, weil der erwähnte reiche Typ dich vor ein paar Wochen über Nacht mitgenommen hatte und nicht noch einmal nach dir gefragt hat, als er Marcos gestern Abend eine E-Mail schickte.“
"Diese verdammte Schlampe!"
Ich blickte über meine Schulter und sah, wie sie stock-steif mit geschürzten Lippen in der Mitte des Außenflurs stand.
Hervorragend.
"Darüber reden wir später", sagte ich und hämmerte mit den Fäusten an die Tür von Apartment 108. Der Geruch von Gras, der aus der Ritze am Boden wehte, gab mir einen Hoffnungsschimmer. "Chrissy, mach auf!" Ich fummelte an meinem Schlüsselbund auf der Suche nach dem richtigen Schlüssel.
Angela stolzierte aus ihrer Wohnung nebenan heraus und lehnte sich mit der Schulter an den Türpfosten. Sie war immer noch vollständig bekleidet, mit einem kaum vorhandenen Rock und einem bauchfreien Top.
"Alles in Ordnung, Cora?", fragte sie.
Ich klopfte erneut an Chrissys Tür, richtete meine Frage aber an Angela. "Hast du Savannah gesehen?"
"Nein, aber ich bin erst vor ein paar Minuten nach Hause gekommen." Ihre prallen, roten Lippen verzogen sich zu einem strahlenden Lächeln. "Ich war gestern Abend wahnsinnig beschäftigt."
Sie wartete auf anerkennende Worte. Etwas, das ich ihr gewöhnlich freiwillig gab, egal wie sehr es mich anwiderte. Aber ich war einfach nicht fähig dazu, während ich mitten in einem Nervenzusammenbruch steckte.
Nachdem ich endlich den richtigen Schlüssel gefunden hatte, schloss ich die Tür auf und stürmte hinein. Na ja, fast wäre ich hineingestürmt. Die Tür verfing sich am Kettenschloss, so dass ich mit dem Gesicht in das Holz knallte.
"Verdammte Scheiße...", rief ich aus und hob meine Hand zum Gesicht. Blut tropfte aus meiner Nase. Ohne nachzudenken, wischte ich es am Ärmel meines nagelneuen Bademantels ab.
Fan-fucking-tastisch!
Blutend und jetzt wütender als vorher, schrie ich durch die Ritze: "Chrissy! Mach die verdammte Tür auf!"
Ihr fleckiges Gesicht zeigt sich in dem engen Spalt. "Verdammt noch mal, kann ein Mädchen nicht etwas Frieden finden und... Oh, hey, Cora", schnurrte sie herablassend und enthüllte zwei Reihen gelber Zähne, als sie lächelte.
Meine Hände ballten sich zu Fäusten an meinen Seiten, und der Wunsch, ihr eine davon ins Gesicht zu knallen, übermannte mich beinahe. "Ist Savannah bei dir?"
Sie hob einen Joint an ihre Lippen, nahm einen Zug und antwortete dann in einer Rauchwolke: "Was ist mit deiner Nase passiert?“
"Ich bin nicht in der Stimmung für deinen Blödsinn, Chris. Ist sie bei dir?"
Ihre rauchige Stimme wurde zuckersüß. "Nun, du hast mir doch gesagt, ich soll sie nicht mehr hier rumhängen lassen."
Dieses Miststück.
"Das war keine Antwort auf meine Frage.“
Ruhe zu bewahren, war meine Spezialität. Wenn man so etwas wie die Hausmutter von über dreißig berufstätigen Mädchen ist, deren Zahl von Tag zu Tag variiert, lernt man, welche Kämpfe man austragen möchte. Fehlt Geld? Du ziehst in die Schlacht. Fehlt ein Lippenstift? Du hältst dich raus. Gibt es Zickenkrieg um einen Kerl? Lass sie es ausfechten. Gibt es Zickenkrieg um einen Kerl, bei dem eine Frau ein Fleischermesser zieht und die andere Frau durch das Gebäude jagt? Lerne, wie man einer Schlampe mit einem Wasserschlauch ein Bein stellt.
Gehässigkeit war etwas, an das ich mich gewöhnt hatte. Besonders von Chrissy. Aber genau in diesem Moment war ich gefährlich nahe daran, den Vulkan, der in mir brodelte, ausbrechen zu lassen. Ich hatte keine Zeit für ihre kleinen Spielchen. Aber wenn sie spielen wollte... dann würde ich verdammt noch mal gewinnen.
"Du hast zwei Sekunden, mir zu sagen, ob sie da drin ist, bevor ich Dante anrufe."
Es war keine Drohung. Es war ein Todesurteil. Und keines, das ich leichtfertig aussprach. Aber es gab nicht viel, was ich nicht für Savannah tun würde.
Sie blinzelte, aber ihr Lächeln verschwand schnell. "Sie kam mitten in der Nacht zu mir. Was hätte ich tun sollen?"
Ich stieß die Luft aus, in einer Kombination aus Erleichterung und Wut.
"Lass mich rein", forderte ich.
"Cora, im Ernst. Ich habe nicht..."
Ich brachte sie mit einem wütenden Blick zum Schweigen. "Zwinge mich nicht, es dir noch einmal zu sagen."
Die Tür schloss sich und ich hörte das Gleiten der Kette, bevor sie aufschwang.
Ich streifte sie absichtlich mit meiner Schulter, als ich sie nach innen drängte. Gott, dieser Ort war ein Höllenloch. Keine der Wohnungen in diesem dreistöckigen Gebäude, das fünfzehn Apartments enthielt, konnte man als schön bezeichnen, aber die meisten Mädchen waren stolz auf das Wenige, das sie hatten, und verwandelten ihre Räume in etwas Bewohnbares. Chrissy allerdings nicht. Ich war mir nicht sicher, ob sie jemals die Böden gewischt hatte. Ganz zu schweigen von der Küche oder, Gott bewahre, dem Badezimmer.
Mein Magen drehte sich, als der Gestank von Marihuana und Dreck in meine Nase drang.
Und dann wurde mir aus einem anderen Grund schlecht.
Auf einem Sofa, das einst braun gewesen war, bei dem aber so viel vom Leder abgeblättert war, dass es nun größtenteils aus weißem Geflecht bestand, schlief Savannah tief und fest, umgeben von Bierdosen und Fast-Food-Verpackungen, eine Pfeife noch immer in ihrer Hand.
Diese Szene wäre für jedes Elternteil der schlimmste Alptraum gewesen. Aber ich war nicht ihre Mutter, und ich war stolz zu sehen, dass sie keine neuen Einstichspuren hatte, sondern nur betrunken und high war. Zum Teufel, für einen Moment dachte ich daran, eine "Willkommen zu Hause"-Party zu geben, als sie aufwachte. Das hielt aber nur so lange an, bis ich ihr schwarzes Paillettenkleid wahrnahm, das so klein war, dass es kaum gleichzeitig ihre Brüste und ihren Arsch bedeckte, und die roten Stöckelschuhe, die auf dem Boden lagen.
Das Blut donnerte in meinen Ohren und ich drehte mich zu Chrissy um.
"Hast du sie auf die Straße mitgenommen?"
Sie winkte ab und drückte den Joint in einem Aschenbecher aus. "Sie sagte, sie wolle Erfahrungen aus erster Hand von einem Profi."
Zorn kam blitzschnell in mir hoch. "Aus erster Hand? Willst du mich verarschen? Aus erster Hand wäre gewesen, wenn sie dir hätte zusehen dürfen, wie du auf deinem Hintern sitzt und auf Marcos wartest, dass er dir endlich eine SMS mit einem Job zuschickt. Du hast seit über zehn Jahren nicht mehr an einer Ecke gearbeitet."
Sie starrte mich wütend an. "Nein. Aber damit haben wir alle angefangen. Sie wird es nicht anders machen."
Ich trat nahe an sie heran und brüllte: "Sie ist sechzehn! Sie sollte in der Schule sein, nicht auf der Straße arbeiten!"
Sie schaute zur Seite und verdrehte die Augen, ihre Lippen zuckten humorvoll. "Dann, Prinzessin Cora, gibt es gute Neuigkeiten: Sie stand nur an einer Ecke. Sie hat dort verdammt noch mal nicht gearbeitet."
Mein Körper begann zu zittern. Die Prügel, die ich einstecken musste, als Marcos herausfand, dass ich Savannah aus Dantes Haus geschmuggelt hatte, war mit das Schlimmste gewesen, was ich je einstecken musste. Aber in den sechs Wochen, die sie mir die Hölle heiß gemacht hatte, hatte ich es nie bereut. Ich hatte zwei Jahre Zeit, um das Unmögliche zu ermöglichen und ein Mädchen, das nicht mehr zu retten war, zu retten. Und ich wollte verdammt sein, wenn ich zulassen würde, dass Chrissy sie in die Flammen der Hölle führte nur aus dem Grund, dass geteiltes Leid halbes Leid bedeutete.
"Wie oft muss ich dir noch sagen, dass sie tabu ist?"
"Und wer hat entschieden, dass sie tabu ist? Ganz sicher nicht sie. Sie schleicht jede verdammte Nacht hierher und bettelt darum, zur Arbeit gehen zu dürfen. Sie gehört in die erste Etage, Cora, nicht in deinen Elfenbeinturm in der dritten."
Das dachten alle Mädchen. Sie nahmen an, dass ich nicht die gleichen Kämpfe austragen musste wie sie. Nein. Ich musste nicht auf den Strich gehen, um meine Miete zu bezahlen, aber ich war genauso sehr eine Sklavin der Guerreros wie sie.
Obwohl sie nicht ganz falsch lag. In vielerlei Hinsicht war ich eine Prinzessin. Aber nur, weil ich einen direkten Draht zum König hatte. Und das hatte mich einiges gekostet. Sogar sehr viel. Aber für Savannah...
Ohne dem herausfordernden Blick von Chrissy auszuweichen, rief ich zur offenen Tür hinaus: "Hey, Angela!"
"Ja, Cor", antwortete sie sofort und bewies damit, dass unsere Auseinandersetzung zum Tratsch des Tages werden würde.
"Tu mir den Gefallen und hilf Savannah hoch in mein Apartment."
"Ja, kein Problem", zwitscherte sie, begierig auf die Gelegenheit zu helfen.
Ich warf Chrissy ein letztes Lächeln zu - und ich meine wirklich ein letztes Lächeln – und verließ ihre Wohnung, leichter, als ich mich seit Wochen gefühlt hatte.
Ich hatte es nicht mehr als zwei Schritte geschafft, bis jemand meinen Namen rief.
"Cora, da tropft Wasser durch meine Decke."
Und jemand anderes. "Cora, Hugo geht nicht an sein Handy."
Unnnnd jemand anderes: "Cora, ich will, dass Ava, diese verlogene Schlampe, meine Wohnung verlässt!"
"Cora..."
"Cora..."
"Cora..."
Es nahm kein Ende.
Ich schloss die Augen und machte mich auf den Weg die Treppe hinauf, wobei ich mental die Prioritäten für die morgendliche Liste der Dramen setzte. Es war immer die gleiche Rangfolge: Lebensbedrohliche, bautechnische und zwischenmenschliche Probleme. Da das Leben von niemandem unmittelbar in Gefahr war, stand die Überschwemmung an erster Stelle.
Mit einem Seufzer fragte ich die Gruppe: "Wo ist Hugo?“
Drei Stimmen antworteten unisono: "Bei Kerri."
Jemand anderes fügte hinzu: "Obwohl ich nicht glaube, dass ich da reingehen würde, es sei denn, du möchtest Hugos haarigen Hintern aus nächster Nähe sehen."
Ich erstarrte mitten im Schritt, ein Druck wie von einem Schraubstock presste meine Brust zusammen, als ich mich umdrehte. "Wie bitte?"
Es war die Neue -Verdammt, ich musste mir wirklich ihren Namen merken -, die sich an die Spitze der Meute drängte. "Cora, im Ernst? Ich weiß, ich bin noch nicht lange hier, aber keines unserer Klimageräte funktioniert. Und du glaubst wirklich, dass Hugo um sieben Uhr morgens seinen faulen Arsch hochgekriegt hat, um die von Kerri zu reparieren? Tut mir leid, ich... Ich weiß, dass meine Wohnung überschwemmt ist und so weiter, aber ich werde mir einen Satz Flossen und ein Paar Kiemen wachsen lassen, bevor ich vor diesem fetten, verschwitzten Schwein auf die Knie gehe.“
Ich war neunundzwanzig Jahre alt und seit vierzehn Jahren in der Sexindustrie tätig. Nichts sollte mich mehr schockieren. Schon gar nicht ein Mann, der eine Frau manipulierte, um sich einen blasen zu lassen. Das war eine Selbstverständlichkeit. Trotzdem fragte ich: "Warum zum Teufel solltest du vor ihm auf die Knie gehen?“
Sie warf einen Blick zu den anderen Mädchen. "Äh... weil es der einzige Weg ist, wie du ihn dazu bringen kannst, etwas zu reparieren."
Ich blinzelte, völlig schockiert.
Sie alle blinzelten zurück, völlig schockiert, dass ich schockiert war.
Scheiße! Sie dachten, ich wüsste es. Und, schlimmer noch, dass ich es tatsächlich zugelassen hatte.
Mir wurde schlecht und mein Kopf begann zu pochen.
Jeden Tag.
Jede Nacht.
Das war mein Leben.
Der Stress, die Verantwortung, das Versagen.
Die Last, alles für alle zu sein, war erstickend. Der verzweifelte Wunsch, aufzugeben, verspottete mich mit jedem Sonnenaufgang. Aber dies war kein Leben, vor dem ich einfach davonlaufen konnte.
Vertrau mir. Ich hatte es versucht.
Meinen Nasenrücken kneifend, starrte ich auf den betonierten Durchgang und flehte um Hilfe, die niemals kommen würde.
Zumindest nicht für mich.
"Cora?"
Ich schreckte auf und sah River auf der Treppe stehen, einen Becher Kaffee in meine Richtung gestreckt.
"Wasser tropft aus der Wand in unserer Küche. Ich habe bereits einige Handtücher hingelegt. Aber vielleicht könntest du Hugo bald nach oben schicken."
Ich suchte in ihren Augen nach einem Hinweis, der darauf hindeutete, dass seine bevorzugte Währung ein Blowjob war. Glücklicherweise fand ich keinen.
Ich hatte getan, was ich konnte, um sicherzustellen, dass sie in die Schule ging, und versuchte mit allen Mitteln, sie vom Rest dieser Hölle fernzuhalten, aber sie war alles andere als unschuldig. Ihr braunes Haar war zu einem unordentlichen Dutt hochgesteckt, und sie trug einen Rucksack über einer stilvoll zerrissenen Jeans und ein lockeres T-Shirt mit der Aufschrift "I really don't care". Dieses junge, süße Mädchen wurde von dem aufgezogen, was die meisten Amerikaner den Abschaum der Gesellschaft nennen würden. Huren. Nutten. Prostituierte. Wie auch immer man sie momentan nannte. Aber wir waren alle nur Menschen, die in einer beschissenen Situation steckten und niemanden hatten, an den sie sich anlehnen konnten.
Außer, dass sie sich alle an mich lehnten.
Plötzlich erinnerte ich mich, warum ich täglich meine Seele opferte.
Weil ich verdammt noch mal gehofft hatte, dass sie ihre nicht opfern müssten.
Nachdem ich tief eingeatmet hatte, was nicht nur meine brennenden Lungen entspannte, sondern auch meine Entschlossenheit stärkte, nahm ich ihr den Kaffee aus der Hand und teilte ihr mit, dass Savannah in Ordnung sei.
"Ich habe es gehört." Ihr Blick schweifte über meine Schulter zu den Frauen, die bereits auseinander gingen. Ihre Probleme waren größtenteils noch immer ungelöst, aber in den meisten Fällen war das der Zustand, der bei ihnen ständig vorherrschte.
Ich deutete mit dem Kinn zur Treppe. "Komm schon. Ich begleite dich nach unten."
Sie zog eine dunkle Augenbraue hoch. "Was ist mit der Küche?"
"Oh, bitte. Es wird mindestens fünf Minuten dauern, bis Hugo seinen Arsch die Treppe hochgehievt hat. Die Zeit habe ich."
Sie visierte mit gespitzten Lippen ihre schwarzen Chucks an und machte sich auf den Weg zur Treppe. "Warum blutest du?"
Ich berührte meine Nase mit der freien Hand. Wenigstens war das Blut schon angetrocknet. "Willst du die Wahrheit oder eine Lüge hören?"
"Die Wahrheit."
"Ich rannte gegen die Tür. Aber hättest du eine Lüge verlangt, hätte ich gesagt, dass ich einen Ellbogen in die Nase bekam, als ich Chrissy zu Boden rang, kurz bevor ich sie in Fesseln legte und dann ihr Haar als Wischmopp benutzte, um ihre ekelhafte Wohnung zu reinigen.“
Sie lachte leise, als wir Seite an Seite zur Vorderseite des Backsteingebäudes gingen. Wir blieben am Ende der Hauswand stehen, der unsere Hölle vom Rest der Welt trennte. Als sie ihren Kopf nach hinten kippte, um meinen Blick zu erhaschen, stockte ihr Lächeln. Ich konnte fast die Angst sehen, die über die sanften Kurven ihres olivfarbenen Teints kroch.
"Hey", beruhigte ich und drückte ihre Schulter. "Was ist los?"
"Du weißt, dass Chrissy nicht aufhören wird", flüsterte sie.
"Die anderen, die lassen sich von Savannah nichts gefallen. Aber Chrissy..."
Der Schraubstock in meiner Brust drohte mir die Rippen zu brechen. Sie sollte sich keine Sorgen um Leute wie Chrissy machen müssen. Aber das war ihre Realität, unabhängig davon, wie sehr ich es hasste.
"Ich werde mich darum kümmern."
Ihr Gesicht verblasste. "Bitte ruf nicht Marcos an."
Ich rollte mit den Augen. "Entspann dich. Ich habe nichts über Marcos gesagt."
Ihre großen Rehaugen suchten mein Gesicht nach einer Lüge ab. Sie würde sie nicht finden, aber sie war definitiv da, geschickt unter der Oberfläche versteckt, direkt neben dem Berg meiner Ängste und meines Bedauerns.
Ich legte meinen Arm um ihre Schultern und drückte sie an mich, leider nicht annähernd lang genug – für keinen von uns. Aber das war alles, was ich ihr geben konnte. "Geh! Verschwinde von hier, bevor du den Bus verpasst. Ich kümmere mich um Chrissy. Du kümmerst dich um Geometrie."
"Coooora", mahnte sie warnend.
"Riiiiver", machte ich sie nach und gab ihr einen sanften Schubs in Richtung des schmutzigen Parkplatzes.
Sie ging rückwärts und hielt ihre braunen Augen auf meine blauen gerichtet. "Du wirst hier sein, wenn ich nach Hause komme, oder?"
Ich spöttelte: "Bin ich das nicht immer?"
"Jedenfalls bis jetzt", murmelte sie.
Schuld brannte wie ein Inferno in meiner Brust, aber ich lächelte durch den Schmerz hindurch. "Ich sehe dich um drei Uhr."
Sie starrte mich an.
Ich starrte zurück.
Eine Million Worte wurden in diesem Moment der Stille gesprochen: Versprechen, Bitten, Entschuldigungen, Erklärungen und alles dazwischen.
All das war die absolute Wahrheit.
Genau aus diesem Grund rollten ihr zwei Tränen über die Wangen, als sie ihre Hand hob, sich umdrehte und zur Bushaltestelle rannte.
„Ich möchte, dass Chrissy verschwindet!" Die Rückseite von Marcos` Hand landete in meinem Gesicht.
Savannah schrie von der Couch aus, als mein Kopf zur Seite schlug und mein Kinn schmerzhaft auf meine Schulter krachte.
Sein schlaksiger Körper war etwas nach vorne gebeugt, und sein Gesicht verzerrte sich wie das eines Monsters, das er auch tatsächlich war. "Es ist mir scheißegal, was du willst!"
Es gab eine Zeit, als ich bewunderte, wie schön Marcos war. All die glatten, schwarzen Haare und die dichten Wimpern, die die Augen so dunkel färbten, dass man die Pupillen nicht sehen konnte. Abgesehen davon waren die Guerrero-Brüder alle wunderschön.
Dante, Marcos und Nicolás waren die Verkörperung des Traums jedes armen Mädchens. Groß und schlank mit gemeißelten Kiefern und starken Schultern, die nicht nur sexy waren, sondern auch vor Kraft strotzten. Dazu kamen die auffälligen Autos, die teure Kleidung und die nicht enden wollende Reihe von Versprechungen, die sie zum Glückstreffer machten. Aber dieses Gold war nur allzu schnell matt geworden, als ich das eigentliche Übel entdeckte, das alle Mitglieder dieser Familie geerbt hatten.
Alle außer Nic.
Nachdem ich das Gleichgewicht wiedergefunden hatte, straffte ich meine schmerzenden Schultern und sah ihn an. "Ich kann nicht mehr mit ihr umgehen. Ich habe sie gewarnt, Marcos. Wiederholt. Entweder ist sie heute Abend weg oder..."
Seine geballte Faust schnellte nach vorne und traf mich auf der Stirn. Mein Haaransatz brannte wie Feuer und fühlte sich an, als würde mir die Kopfhaut runtergerissen. Ich unterdrückte einen Schrei, als er meinen Kopf gewaltsam zur Seite drückte.
"Oder was? Was zum Teufel willst du dagegen tun, Cora?"
Nichts. Das war alles, was ich tun konnte.
Aber genau so, wie seine Hand meine Haare hielt, hatte ich die Macht, Marcos in die Mangel zu nehmen. "Was wird Dante wohl sagen, wenn er Savannah mit Chrissy auf der Straße sieht und anfängt, Fragen darüber zu stellen, wie sie hierher gekommen ist?“
Sein Gesichtsausdruck wurde starr und seine schwarzen Augen verengten sich.
Dante Guerrero. Er war jedermanns Trumpf. Die Mädchen benutzten seinen Namen, um die Freier in Schach zu halten, Marcos benutzte seinen Namen, um mich in diesem Gefängnis zu halten, und ich benutzte seinen Namen, um Marcos auf Kurs zu halten.
Wir alle fürchteten Dante auf die eine oder andere Weise. Einschließlich Savannah, die auf der Couch saß und die Beine an die Brust gedrückt hatte. Make-up lief ihr über die Wangen. Ihr Körper versteifte sich schon bei der bloßen Erwähnung seines Namens.
Dante war besonders ihr Problem, seit sie auf seinem Radar aufgetaucht war. Er liebte schöne rothaarige Frauen, unabhängig von ihrem Alter.
Glücklicherweise hatte er genug Frauen und Drogen, um sich für den Rest seines natürlichen Lebens abzulenken. Und solange ich Savannah aus seinem Blickfeld halten konnte, standen die Chancen gut, dass er sie vergessen würde.
Genauso gut könnte es aber auch sein, dass er mitten in der Nacht betrunken oder high auftauchte und sie fand, wenn ich allein und hilflos war und nichts anderes tun konnte, als zuzusehen, wie er sie mitnahm.
Ich hatte zwei Jahre Zeit, sie außerhalb seiner Reichweite zu halten. Zwei Jahre, bis sie in den Augen des Gesetzes erwachsen war. Zwei Jahre, in denen ich sie prägen und formen konnte, so dass sie daran glauben konnte, dass sie ein besseres Leben als dieses führen kann. Zwei Jahre, in denen sie vermeiden konnte, zu ihren noch schlimmeren Eltern zurückgeschickt zu werden. Zwei Jahre, bis sie sich endlich davon befreien konnte - so wie ich es nie konnte.
Marcos blickte mich an. Und trotz des Schmerzes, der durch meinen Körper strahlte, blickte ich furchtlos zurück.
Er wusste, dass ich nicht unbedacht genug war, Dante anzurufen. Aber er wusste auch, wie verzweifelt ich sein musste, um die Drohung überhaupt auszusprechen.
"Fuck!", donnerte er und gab mir einen harten Schubser, der mich quer durch den Raum stolpern ließ.
Savannah sprang auf, um mich abzufangen, bevor ich an die Wand knallte. "Cora", flüsterte sie schluchzend.
Ich hielt mich an ihr fest, um mein Gleichgewicht wiederzuerlangen. Der Versuch eines Lächelns ließ meine kaputte Lippe vor Schmerz schreien. "Es ist okay. Es geht mir gut. Entspann dich."
Sie nickte, ihr unordentliches, rotbraunes Haar streifte ihre Schultern. Mit 1,68 Meter überragte sie mich um mindestens 10 Zentimeter, aber als wir uns beide Marcos zuwandten, verschränkte sie wie ein kleines Mädchen ihre Finger mit meinen, was mir noch mehr das Herz brach.
Unerschütterlich beharrte ich auf meinem Standpunkt. "Sie muss weg, Marcos. Nicht für mich. Nicht für Savannah. Aber für die Sicherheit jedes Mädchens in diesem Gebäude.”
Seufzend streifte er sich über den Nasenrücken. "Um Himmels willen, Cora. Ich habe keine Zeit, mich mit deinem belanglosen Schwachsinn zu befassen."
"Glaub mir, wenn das etwas wäre, was ich selbst regeln könnte, hätte ich niemals deine Nummer gewählt. Aber sie fährt schon lange auf dieser Schiene und das weißt du. Es wird Zeit, dass wir sie loswerden."
Seine böswilligen Augen trafen auf meine, und die Luft wurde eiskalt, als er flüsterte: „Wir?“
Ich atmete tief ein. Das eine Wort brannte wie ein Lauffeuer, das noch nicht einmal meine Lippen erreicht hatte. Ich wollte nicht mehr, dass es wahr war. Ich wollte es seit über einem Jahrzehnt jeden Tag ändern.
Aber ohne den Schatten eines Zweifels war es der einzige Grund, warum ich noch am Leben war.
Ich schluckte die Säure hinunter und erlaubte mir dann, die schmutzige Wahrheit auszusprechen. "Mein Name ist Cora Guerrero, hast du das vergessen?"
Meine Tränenkanäle brannten, aber sie wussten genau, dass es besser war, keine Feuchtigkeit abzugeben. Weinen war nur in meinem Schlafzimmer erlaubt, mit einem Kissen über dem Gesicht, dem Hintern auf dem Boden, dem Rücken zur Wand, einem Stuhl gegen die Tür gelehnt und drei verriegelten Schlössern. Niemand - vor allem kein Guerrero - durfte das sehen.
Meine Kehle schwoll an, als ich fortfuhr: "Wenn Nic noch am Leben wäre, wüsstest du, was er tun würde.“
Marcos' Zurückschrecken war subtil, aber es war da.
Ich sah es nicht nur, sondern fühlte es auch.
Und ich schwelgte darin.
Er konnte mich schlagen.
Er konnte mich kontrollieren.
Er konnte mich für den Rest seines Lebens in seiner Welt gefangen halten.
Aber mit einer Silbe konnte ich ihn bis auf die Knochen aufschlitzen, ohne auch nur einen Finger zu rühren. Es war dreizehn Jahre her, dass Nic gestorben war, und er war immer noch mein einziger Schutz.
Marcos ließ ein lautes Knurren hören. "Zieh Nic da verdammt noch mal nicht mit rein."
"Das habe ich bereits getan", schoss ich zurück.
Sein Kinn fiel nach unten, und seine Nasenlöcher weiteten sich. "Weißt du, dass es mein kleiner Bruder war, der Chrissy rekrutiert hat?"
"Ja, und ich weiß, dass es mein Mann wäre, der sie wegen Missachtung eines direkten Befehls eines Familienmitglieds auf die Straße werfen würde.“
Mit zur Seite geneigtem Kopf stolzierte er auf mich zu.
Ich schubste Savannah hinter mich. Mein Herz raste, und Adrenalin strömte durch meine Adern. Aber ich zeigte ihm nichts.
Er blieb vor mir stehen, beugte sich tief herunter und brachte sein Gesicht nahe zu meinem. "Du warst seine Hure, Cora. Eine von vielen. Nur weil er dir einen Ring an den Finger gesteckt hat, gehörst du noch lange nicht zu meiner Familie."
"Du hast keine Ahnung, wie sehr ich mir wünsche, dass das wahr wäre."
Plötzlich bäumte er sich auf, seine Handfläche zielte erneut auf mein Gesicht.
Innerlich kauerte ich.
Innerlich schrie ich.
Innerlich flehte ich ihn an, mich endlich gehen zu lassen.
Aber nach außen hin ließ ich mir nichts anmerken.
Ich wagte es nicht einmal zu zucken. Nicht einmal zu blinzeln. Jede Schwäche, die ich zu erkennen gäbe, würde er gegen mich verwenden. Er würde mich so lange schlagen, bis ich in Millionen Stücke zerschmettert wäre. Und wenn alles vorbei wäre, würde ich aufstehen, um einen Weg zu finden, mich wieder zusammenzusetzen und weiterzumachen, denn niemand sonst würde es jemals für mich tun.
Ich war auf mich allein gestellt und das schon die meiste Zeit meines Lebens. Zu oft war ich emotional zu einem nicht wiederzuerkennenden Wrack verdreht worden. Aber kein Mann würde mich jemals brechen.
Ich stand also da, Savannah zitternd hinter meinem Rücken, den Kopf hoch erhoben, und starrte in die Abgründe seiner dämonischen, schwarzen Augen, bereit, seinen Zorn zu akzeptieren, aus keinem anderen Grund als dem, dass dies der einzige Weg war, um zu überleben.
Kurz vor dem Aufprall verharrte seine Hand, nur Zentimeter von meiner Wange entfernt. Ein finsteres Lächeln hob eine Seite seines Mundes an, als er mit dem Kinn zu Savannah deutete. "Bist du sicher, dass sie das alles wert ist?"
Ihr Körper presste sich an meinen Rücken, und ihre Hände umfassten meine Hüfte unerträglich hart. Wahrscheinlich hatte noch nie jemand in ihrem Leben gesagt, dass sie etwas wert sei.
Aber andererseits war sie sechzehn Jahre lang ohne mich zurechtgekommen.
"Davon bin ich überzeugt."
Ihre Schultern zitterten mit einem Schluchzen, und ich streckte eine Hand nach hinten, klopfte ihr auf den Oberschenkel und hielt meinen Blick auf Marcos gerichtet.
Mehrere Sekunden lang hielt er meinem Blick stand. Jedes Blinzeln von ihm war eine Herausforderung - und Beherrschung.
Aber solange ich ihn kannte, ich hatte nie gebettelt.
Nie geweint.
Nie gefeilscht.
Aber ihm immer das gegeben, was er wollte.
Ich richtete meinen Blick auf den Boden, ließ meine Schultern hängen und fuhr mir mit einer Hand über die geprellte Wange.
Es war nicht viel, und es kostete mich nichts, aber diese einzige unterwürfige Geste reichte aus, um ihm die Kontrolle zurückzugeben, die er so verzweifelt brauchte.
Trotzdem: Lass dich nicht täuschen, ich war der Sieger.
Seine schwarzen Schuhe, die mehr als meine gesamte Garderobe kosteten, verschwanden aus meinem Blickfeld, als er zur Tür schlenderte.
"Ich werfe Chrissy raus", kündigte er an, als wäre es seine Idee.
Stille Erleichterung durchflutete meinen Körper, und ich tat verdammt nochmal alles, um mein Lächeln zu verbergen. "Okay."
Und dann, nur einen Moment später, hatte ich keinen Grund mehr, mein Lächeln zu verbergen.
"Schau, dass du die Mädchen umquartieren kannst. Ich schicke in ein paar Tagen zwei weitere rüber, die ihren Platz einnehmen werden."
Mein Magen zog sich zusammen. Neue Mädchen bedeuteten neue Probleme. Neue Schwierigkeiten. Neue Kämpfe. Aber das Schlimmste war, dass neue Mädchen bedeuteten, dass er wieder Frauen gefunden hatte, die er in diese Hölle hineinziehen konnte.
So sehr es mich auch fertig machte, ich konnte nichts tun, um das zu verhindern. Alles, was ich tun konnte, war, meinen Kopf hoch und meine Urteile klein zu halten und sie mit offenen Armen in dem Leben aufzunehmen, aus dem zu entfliehen ich mit meiner Seele bezahlen würde.
Außerdem brächte Mitleid die neuen Mädchen auch nicht in Sicherheit.
Was mich daran erinnerte...
"Du musst Hugo ersetzen."
Er drehte sich langsam um und sah mich mit einem finsteren Blick an. "Fordere dein Glück nicht heraus."
Ich zuckte die Achseln. "Okay. Aber er vögelt die Mädchen als Gegenleistung für Reparaturen."
Sein Körper zuckte. Seine Nackenmuskeln spannten sich an und drückten gegen den Kragen seines gebügelten weißen Hemdes.
Hätte ich mit diesem Problem begonnen, wären wir nie zu Chrissy gekommen. Marcos war es scheißegal, dass eines der Mädchen ausgenutzt wurde. Es war ihm jedoch nicht egal, dass sein Cousin eine seiner kostbaren Regeln brach.
Für die Männer der Guerreros waren Stolz und Kontrolle alles. Und Respektlosigkeit - ob Familie oder nicht - war eine Todsünde.
Um Chrissy würde er sich kümmern. Sie würde auf die Weide gebracht werden, wie Nic es oft genannt hatte. Genauer gesagt, würde man sie an einer Ecke zurücklassen und ihr befehlen, nie wieder zurückzukommen. Aber so wie ich diese Frau kannte, würde sie, bevor die Sonne untergegangen war, in einem anderen Stall untergekommen sein. Hugo hingegen... Tja, sein Leben hing davon ab, wie großzügig sich Marcos an diesem Nachmittag fühlte.
Mit großen Schritten stolzierte er aus meiner Wohnung. Draußen stürmten vier Männer hinter ihm her. Sein Gefolge änderte sich so schnell, dass ich mir nicht die Mühe machte, mir ihre Namen zu merken. Nicht, dass ich das nötig gehabt hätte. Sie sprachen sowieso nicht mit mir.
"Vergiss Chrissy nicht!", rief ich ihm nach.
Er reagierte nicht direkt darauf, aber er schnippte mit dem Finger in Richtung des kräftigen Mannes zu seiner Linken, der ihm die Treppen hinunter folgte.
"Oh, mein Gott." Savannah atmete erst auf, als wir allein waren. "Es tut mir so leid, Cora. Geht es dir gut?"
"Ja, mir geht's gut", antwortete ich aus reinem Instinkt, bevor ich die körperliche Bestandsaufnahme machte. Mein Kopf hämmerte, mein Auge schmerzte, mein Sehvermögen war teilweise durch schwarze Punkte beeinträchtigt und meine Nase war immer noch vom frühen Morgen lädiert. Aber insgesamt ging es mir so gut wie nie zuvor.
"Geh in dein Zimmer und schließ die Tür ab", befahl ich.
"Ich... ich... ähm", stammelte sie.
Ich zog mein blass-rosa Tank Top zurecht und fauchte sie an: "Wir reden später."
"Aber-"
"Später", wiederholte ich. "Geh jetzt."
Zum Glück - für meinen Kopf und meine schwindende Geduld - argumentierte sie nicht weiter. Hinter meinem Rücken hörte ich ihre Schritte den Flur hinuntergehen. Dann schloss sich ihre Tür mit einem Klicken, gefolgt vom Ticken des Schlosses, dem Klacken des Riegels und dem Verschieben der Kette. Erst dann verließ ich die Wohnung.
Der Klang von Schreien war zu hören, als ich nach draußen trat. Normalerweise geht mir Chaos gewaltig auf die Nerven, aber nach dem Tag, den ich hinter mir hatte, war es Musik in meinen Ohren.
Chrissy schrie.
Marcos fluchte.
Hugo log.
Das waren die wütenden Winde des süßesten Sturms.
Und wie die Prinzessin, die ich angeblich war, stand ich an dem verrosteten Geländer, das den Parkplatz meines Schlosses überblickte, und ließ meine langen, blonden Locken im Wind peitschen. Mein Körper schmerzte, aber nicht annähernd so sehr wie mein Herz. Ich atmete tief ein und verlor mich im Strudel meines Königreichs.
Ich fühlte nichts, als ich Marcos beobachtete, wie er Faust um Faust in Hugos Gesicht donnerte. Das Einzige, was noch besser hätte sein können, wäre gewesen, wenn Hugo selbst ein paar Schläge gelandet hätte.
"Cora!", schrie Chrissy, als der Mann von Marcos sie mit der Hand in den Haaren zu einem Auto führte. "Cora, bitte!"
Ich wollte mich schuldig fühlen. Vielleicht hatte ich mich nicht genug angestrengt, um ihr klarzumachen, wie ernst es mir mit Savannah war, aber ich weigerte mich, mich in der Jauchegrube des Was-wäre-wenn zu ertränken.
Ich konnte nicht alle retten, egal wie sehr ich es versuchte. Frauen wie Chrissy waren dazu bestimmt, sich selbst zu zerstören, und ich wollte nicht tatenlos zusehen, wie meine Mädchen durch ihren Einfluss mit in die Tiefe gezogen wurden.
Emotionslos sah ich zu, wie sie Chrissy auf den Rücksitz eines schwarzen Mercedes schleuderten. Sekunden später wurde Hugos bewusstloser Körper kurzerhand in den Kofferraum geworfen.
Dank des Tumults waren die meisten Mädchen aus ihren Wohnungen herausgekommen.
Keine von ihnen sprach.
Genauso wenig trat eine von ihnen für Chrissy ein.
Die wenigen, die ich im unteren Stockwerk sehen konnte, waren wie ein Team im Pyjama zusammengekauert, die Haare hochgesteckt, die Gesichter sauber abgeschminkt.
Alle Streitigkeiten waren vorübergehend verziehen.
Probleme vergessen.
Feinde, die zu Schwestern wurden.
Und als das Auto eine Staubwolke aufwirbelte, hatten wir eine von uns verloren, aber wir waren stärker als je zuvor.
Oder zumindest waren sie es.
"Cora", rief jemand.
"Cora", kam eine weitere Stimme.
Und dann noch eine. "Cora."
Mein Kopf drehte sich in eine Million verschiedene Richtungen. Ich ignorierte sie, ging zurück in meine Wohnung und machte mich auf den direkten Weg zu meinem Schlafzimmer.
In aller Ruhe schloss ich die Tür, verriegelte alle drei Schlösser, und dann - vorsichtig, damit Savannah mich nicht hören konnte - schob ich den Schaukelstuhl hinüber und klemmte ihn unter den Türknauf.
Kaum hatte ich mir ein Kissen vom Bett geholt und es mir vors Gesicht gehalten, öffneten sich die Schleusen.
Ich rutschte die Wand hinunter, meine Schultern zitterten heftig, als mich ein Schluchzen überkam. Es war gekonnt still. Wild, und doch perfekt beherrscht von viel zu vielen Jahren der Übung. Die plötzliche emotionale Befreiung war eine Qual, obwohl ich eigentlich nur eine einzige Sekunde der Erleichterung brauchte.
Jede meiner Tränen war erderschütternd, alles verzehrend und meiner Seele entrissen.
Und dennoch veränderten sie nach all dieser Zeit absolut nichts. Das würden sie wohl nie tun.
„Penn", rief Drew von der anderen Seite der Tür aus. „Bist du fertig?“
Ich schaute auf den billigen Teppich unter meinen nackten Füßen. Ich befand mich in einem Hotel zu einer Zeit, die sich wie ein anderes Leben anfühlte. Gott weiß, ich war ein anderer Mensch. Aber der Teppich war genau derselbe.
Hässlich. Schmuddelig. Grobmaschig.
Wunderschön, herzzerreißend... Sie.
Ich wischte mir die Schweißperlen von der Stirn und rief: "Es ist offen!" Ich war gerade dabei, meine Socken anzuziehen, als die Tür aufging und Drews schlaksige Gestalt erschien. In seinen Händen hielt er je eine Tasse Kaffee.
Er lehnte sich mit der Schulter an den Türrahmen. "Konntest du schlafen?"
Ich erhob mich vom Bett und ging ins schwach beleuchtete Badezimmer, um meine Schuhe zu holen. "Ein paar Stunden im Truck."
"Mm", sagte er. "Um Mitternacht war sie weg. Du hättest zurückkommen können..."
"Ich kann nicht in einem Hotelzimmer schlafen. Das weißt du." Ich setzte mich auf die Ecke des Bettes und zog meine braunen Boots an, ohne meinen Blick wieder auf den Teppich zu richten. "Außerdem würde ich dich, wenn ich hier drin schlafe, daran hindern, dich durch die weibliche Bevölkerung Chicagos zu vögeln."
Er lachte, kam herein und trat mit seinem Fuß die Tür hinter sich zu. "Ich habe die letzten zwei Jahre hinter Gittern verbracht, wo die einzigen Titten, die ich gesehen habe, an einem dreihundert Pfund schweren Mann namens Bubba hingen. Ich muss einiges aufholen."
Ich nahm den Kaffee und stellte ihn auf den Nachttisch. "Sollte es mir Sorgen machen, dass du Bubba in der Dusche angestarrt hast?"
Er verharrte mit dem Becher auf halbem Weg zum Mund. "Jesus Christus. War das ein Witz?"
Ich schnürte meine Schuhe und setzte mich dann auf, legte meine Ellbogen auf meine Oberschenkel und ließ die Hände zwischen den Beinen herunterhängen. "Ich weiß nicht. Ich schätze, das hängt davon ab, wie du seine Titten fandest."
Er starrte mich einige Sekunden lang ehrfürchtig an, dann breitete sich ein langsames, typisches Drew Walker-Lächeln auf seinem Gesicht aus, aber seine Augen wurden dunkel. "Scheiße, ist das schön, dich wiederzuhaben, Bruder", sagte er mit erstickter Stimme.
Ich blickte zur Seite, um zu verbergen, wie sein Glück mich fertigmachte. Es fühlte sich verdammt noch mal nicht gut an, mich zu sehen, wenn ich in den Spiegel schaute. "Hör zu, ich gehe frühstücken. Um wie viel Uhr müssen wir dort sein?"
Ich fühlte, wie er näher kam, aber ich tat so, als sei es ungeheuer wichtig, meine Brieftasche und den Schlüssel aufzunehmen, um Augenkontakt zu vermeiden.
"Du musst das nicht tun, Penn."
Ich schaute auf. "Du weißt, dass ich das tun muss."
Er trat mir in den Weg und zwang mich, stehen zu bleiben. "Geh nach Hause. Du hast doch noch das Haus, oder?"
Drew war zwei Jahre jünger als ich, aber, was die Körpergröße anbetraf, hatte dieser kleine Scheißer mich überholt.
Ich hatte ihn überall sonst überholt.
Ich drückte ihm eine Handfläche auf die Brust und gab ihm einen harten Stoß. "Beweg dich, Arschloch."
Er schüttelte den Kopf. "Ich weiß es zu schätzen, dass du mich abholen kommst, aber du solltest zurückgehen. Eine neue Firma gründen."
"Du meinst wie die, die ich verloren habe? Ja, spektakuläre Idee."
"Nein. Ich meine wie die, die du an dem Tag aufgabst, an dem sie starb." Meine Hand auf seiner Brust wurde zu einer Faust um sein T-Shirt.
"Halt dein verdammtes Maul!"
"Du weißt, dass es wahr ist."
"Nein. Was ich weiß, ist, dass ich einen verdammten Job brauche, Drew. Genau wie du. Und vor nicht mal vierundzwanzig Stunden hast du gesagt, dass dein Knastkumpel einen Job für uns hat. Fang jetzt nicht mit diesem ‚Geh nach Hause’-Scheiß an!"
Seine braunen Augen hielten meinem Blick stand, keiner von uns war bereit, einen Rückzieher zu machen. "Du gehörst nicht hierher."
"Ich gehöre nirgendwo hin, verdammt!", brüllte ich und schüttelte ihn hart, bevor ich ihn freiließ.
Als wäre ich angeschossen worden, löste sich die Wut von der Taubheit und ließ mich alles fühlen, wie an dem Tag, an dem ich sie im Stich gelassen hatte. Meine Brust verengte sich und mein Herz zog sich zusammen. Ich verschränkte die Finger hinter meinem Nacken, drückte mein Kinn an die Brust und starrte auf den verdammten Teppich.
Rein. Raus.
"Bitte!", schrie sie, als die silberne Klinge seines Messers in ihrem Bauch verschwand.
Rein. Raus.
"Du wirst nie allein sein", hatte sie an dem Tag, an dem wir heirateten, in ihrem Ehegelübde versprochen.
Rein. Raus.
"Nur noch ein bisschen länger", hatte sie mich an dem Tag besänftigt, an dem ich ihr zum allerletzten Mal beim Wegfahren zugesehen hatte.
Rein. Raus.
Ich drückte die Augen zu und konzentrierte mich auf die Leere, die meine Vision füllte.
Rein. Raus.
Langsam begann sich die vertraute Taubheit wieder über mich zu legen, wie ein Kraftfeld, das meine Abwehrkräfte erneuerte und mir erlaubte, wieder zu atmen.
"Ich brauche das, Drew."
"Okay. Scheiße, Mann. Entspann dich. Es ist nur... Es ist nur ein Wartungsjob in einem Haus voller Huren und du hast einen Ingenieursabschluss von der MIT. Ich denke, du bist ein wenig überqualifiziert."
Ich öffnete die Augen und schüttelte den Kopf. "Ich bin nicht mehr dieser Mann. Dieser Mann ist vor langer Zeit gestorben. In einem genauso beschissenen Hotelzimmer wie diesem."
"Dann hol ihn wieder ins Leben zurück." Er grinste mir schief zu.
"Jesus hat es auch geschafft." Verdammter Drew.
Ich beugte den Kopf von einer Seite zur anderen und holte zitternd Luft. "Tu das nicht. Nicht heute."
Er blies seine Wangen auf und stieß einen tiefen Seufzer aus. "In Ordnung. Ich lass es bleiben." Er drückte meine Schulter. "Aber fürs Protokoll: Sie würde dir in den Arsch treten, wenn sie dich so sähe."
"Ich weiß", würgte ich halb erstickt und halb lachend hervor. "Ich weiß es, verdammt noch mal. Und es ist an der Zeit."
Drew schnappte sich meinen Kaffee vom Nachttisch und gab ihn mir. Er hob seinen Becher in die Luft und lächelte - ein echtes, aufrichtiges Lächeln, das ich seit Jahren nicht mehr hatte aufbringen können - und stieß mit mir an. "Auf einen Neuanfang."
Ich berührte seine Tasse mit meiner. "Bis zum bitteren Ende."
„Oh, yeah, Hugo ist offiziell weg", sagte ich in das Telefon, das ich zwischen Schulter und Ohr geklemmt hatte, während ich die Treppe zu meiner Wohnung hochging. Schwere Einkaufstüten baumelten von meinen Armen. Der dritte Stock war am sichersten, aber, Gott, es war im wahrsten Sinne des Wortes nervtötend, jede Woche die Lebensmittel über drei Stockwerke die Treppe hinauf zu schleppen.
"Gut", antwortete Catalina und hielt inne; eine unangenehme Pause entstand.
Ich wusste, was kommen würde. Das passierte jedes Mal, wenn ein Anruf mit Rufnummernunterdrückung auf meinem Handy einging. Ich hatte keine Möglichkeit, sie zu kontaktieren. Alles, was ich besaß, war eine Adresse und die Kombination zu einem Schließfach am anderen Ende der Stadt, wo ich ihre Umschläge mit Bargeld deponieren konnte.
"Du weißt, ich frage das nur ungern, aber Isabel war letzte Woche krank und..."
"Wie viel?", flüsterte ich und sah mich um, als ob jemand sie hören könnte.
Ihre Stimme war emotionsgeladen und zittrig, als sie antwortete: "Vielleicht nur zweihundert Dollar oder so. Ehrlich gesagt, was immer du entbehren kannst."
Ich würde ihr fünfhundert geben.
"Ja. Das ist kein Problem. Ich bringe es heute Abend vorbei, wenn die Mädchen ins Bett gegangen sind."
Ich konnte hören, wie sie zitternd Luft holte, und wusste, dass Tränen aus ihren rotbraunen Augen rannen. "Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll."
"Bleib am Leben. Mehr musst du nicht tun."
"Ich liebe dich, Cora."
"Ich liebe dich auch", sagte ich. Ich traute mich nicht, ihren Namen zu sagen.
Seit dem Tag, an dem sie gegen ihren Vater, Manuel Guerrero, ausgesagt hatte, war sie auf der Flucht. Und das nicht nur, weil ihre Brüder, Dante und Marcos, nie aufhören würden, nach ihr zu suchen. Ihr Ehemann, der einst mit Manuel eng befreundet war, ihn aber später als Staatsanwalt hinter Gitter brachte, war wild entschlossen, sie ebenfalls zu finden. Sollte ihre Deckung jemals auffliegen, wäre das ihr Todesurteil.
Catalina war mein einziger Rettungsanker außerhalb dieses Gebäudes. Mein Überleben hing von ihrer Fähigkeit ab, sich verborgen zu halten. Und ich würde alles tun, was nötig war, um sie von ihren Verfolgern fernzuhalten. Und das schloss ein, mein Leben zu riskieren, um ihr Geld zu bringen.
Weil sie eines Tages mein einziger Ausweg aus diesem Alptraum sein würde.
Catalina beendete das Gespräch, gerade als ich den Treppenabsatz im dritten Stock erreichte. Ich atmete tief durch und verdrängte die Emotionen, die diese Anrufe in mir weckten. Wenn ich zu lange darüber nachdachte, würden sie mich zerstören.
Im Rahmen des Krafttrainings für diesen Tag hob ich meine Hand und die gefühlten siebentausend Pfund an Tüten, um mein Handy vom Ohr zu nehmen und mit dem Fuß gegen die Tür zu treten. "Ich könnte ein wenig Hilfe gebrauchen!"
Sämtliche Schlösser klickten auf, dann öffnete Savannah die Tür.
Ein muffiger Geruch schlug mir entgegen. "Mein Gott, stinkt das hier drin."
"Du hast mir gesagt, ich soll die Fenster nicht öffnen, während du weg bist." Savannah nahm mir die Taschen von meinen ausgestreckten Armen ab.
Sie hatte sich in den zwei Tagen, seit Chrissy rausgeworfen worden war, von ihrer besten Seite gezeigt. Und wenn man bedachte, dass das Wasser wegen der verrosteten Rohre in der Hälfte des Gebäudes abgestellt werden musste, wollte ich mich nicht beschweren. Mit dreißig Frauen, die sich zwei Badezimmer teilen mussten, und der Gefahr, dass der durch die überfluteten Fußböden und feuchten Wände entstandene Schimmel meinen Mädchen eine schwarze Lunge verpassen konnte, brauchte ich jede zusätzliche Hilfe, die ich bekam.
Als ich an River vorbeiging, hob sie den Kopf nicht von ihrer Müslischale. Im Gegensatz zu Savannah mied River mich seit Chrissys Abreise. Oder, genauer gesagt, seit sie zum ersten Mal den riesigen Bluterguss gesehen hatte, den Marcos auf meiner Wange hinterlassen hatte.
Ich kannte das Schweigen nur zu gut – und auch, wie es enden würde.
Sie würde mich für ein paar Tage ignorieren, und dann gäbe es von mir selbstgemachte Lasagne und Knoblauchbrot. Sie würde in der Küche sitzen, während ich kochte. Sie würde nichts sagen, aber mir auch nicht mehr ausweichen. Und dann, wenn unsere Teller leer gegessen waren und wir beide fast im Koma lagen, würde sie mir die Wahrheit sagen: Wie sehr sie es hasste, wenn ich Marcos erlaubte, mich zu schlagen, um die anderen Mädchen zu beschützen.
Und dann würde ich ihr die Lüge erzählen: dass ich das nie wieder tun würde.
Wahrheit und Lüge - so kamen wir miteinander zurecht.
"Hey, Riv", rief ich ihr zu und legte die Taschen auf den Tresen. "Kannst du mir einen Gefallen tun und das Bleichmittel aus meinem Kofferraum holen? Und lass die Tür offen. Hier stinkt's."
Sie sagte kein Wort, als sie aufstand, ihre Schüssel zur Spüle trug, sie mit lautem Krachen hineinwarf und aus der Wohnung stampfte.
"Okay, gutes Gespräch!", rief ich ihr hinterher. "Das sollten wir öfter tun."
Savannah war sofort an meiner Seite und half mir beim Auspacken der Lebensmittel. "Ich werde heute Abend mit ihr reden. Sie wird sich wieder einkriegen. Ich verspreche es."
Ich lachte und stellte die Milch in den Kühlschrank. "Ich bin mir nicht sicher, ob du mit irgendjemandem reden solltest."
Sie hielt zwei Erbsendosen in meine Richtung und blitze mich wütend an, eine perfekt gezeichnete, rotbraune Augenbraue nach oben gezogen. "Was soll das bedeuten?"
Ich räumte die Sachen in den Kühlschrank. "Das heißt, wir haben noch nicht einmal über neulich gesprochen."
"Wieso? Ich sagte, es tut mir leid."
"Eine Entschuldigung reicht diesmal nicht aus", antwortete ich, während ich den Behälter mit Minz-Schokoladen-Eiscreme hinter einem Beutel gefrorenen Brokkolis versteckte, in der Hoffnung, dass das Eis später in der Nacht noch da sein würde.
"Was willst du denn noch von mir?", maulte sie.
Ich ging in die Speisekammer und versteckte die Schokokekse hinter einer Packung Rosinenmüsli, die dort seit mindestens drei Jahren lag. "Nun, zuerst möchte ich, dass du deine beschissene Art mir gegenüber ablegst."
"Ich habe keine beschissene Art!"
Ungeduldig warf ich ihr einen Blick zu, schnippte mit den Fingern und deutete auf die Erbsen.
Sie klatschte mir eine Dose nach der anderen in die Hände. "Ich weiß nicht, was du von mir hören willst... Ich dachte nicht, dass Chrissy..."
"Und genau das ist dein Problem!", sagte ich.
Ihr Körper versteifte sich.
Ich knallte die Erbsendosen auf das Regal - eine weitere Front, um meinen geheimen Keksvorrat zu verstecken - und gab ihr dann meine volle Aufmerksamkeit.
Ihre tiefgrünen Augen waren weit aufgerissen und mit Tränen gefüllt. Was untypisch für sie war. Seit dem Tag, an dem sie meine Auseinandersetzung mit Marcos miterlebt hatte, war dies das erste Mal, dass sie Emotionen zeigte.
Ich ergriff die Gelegenheit ihr zu sagen, was sie hören musste. "Savannah, seit du hier eingezogen bist, hast du an niemanden außer an dich gedacht. Das Rausschleichen nachts! Die Streitereien mit mir! Die ständigen Streitereien mit River! Es drehte sich alles immer nur um Savannah."
"Das ist nicht wahr! Du gibst mir für alles die Schuld. Ich wollte von vornherein nicht hierherkommen."
"Und du denkst, ich wollte hierherkommen?" Ich drehte mich um und streckte meine Arme weit aus, meine Fingerspitzen streiften auf beiden Seiten an der Theke entlang. "Glaubst du auch nur eine Sekunde lang, dass ich hier sein möchte? Wir haben Entscheidungen getroffen, Savannah. Vielleicht nicht die konkrete Entscheidung, hierher zu kommen, aber dennoch Entscheidungen, die uns zu diesem Moment geführt haben.“ Ich deutete mit einem Finger in ihre Richtung. "Du vergisst, dass ich da war, wo du jetzt bist. An dem Tag, als du zu Dante in das Auto gestiegen bist, wurden viele Entscheidungen für dich getroffen. Es waren dieselben Entscheidungen, die Nic für mich traf. Und ich stehe hier und sage dir, dass sie totalscheiße sind. Aber ich bin nicht Dante. Ich bin nicht Marcos. Ich bin nicht deine beschissenen Eltern. Und vor allem... bin ich nicht dein Feind."
Ich trat zu ihr, umrahmte mit meinen Handflächen ihr Gesicht und senkte meine Stimme. "Keiner von uns will dieses beschissene Leben, Babe. Aber das ist es, was wir haben. Und so sehr ich es auch hasse, es zuzugeben, das ist wahrscheinlich alles, was ich jemals haben werde. Aber du? Du bist sechzehn."
Sie öffnete den Mund, um zu widersprechen, aber ich schnitt ihr das Wort ab.
"Und ich sage das nicht so, als ob es etwas Schlechtes wäre. Du hast Zeit. Du kannst immer noch hier rauskommen. Und ich schwöre bei meinem Leben, dass ich mich bis zu diesem Tag um dich kümmern werde, aber du musst mit mir zusammenarbeiten. Du