Dr. Daniel 59 – Arztroman - Marie Francoise - E-Book

Dr. Daniel 59 – Arztroman E-Book

Marie Francoise

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Beschreibung

Dr. Daniel ist eine echte Erfolgsserie. Sie vereint medizinisch hochaktuelle Fälle und menschliche Schicksale, die uns zutiefst bewegen – und einen Arzt, den man sich in seiner Güte und Herzlichkeit zum Freund wünscht.   »Madame, verzeihen Sie die Störung.« Der Butler verneigte sich, ehe er fortfuhr: »Monsieur Garrivier wünscht Sie zu sprechen.«   Chantal Ferraut sah betont langsam von ihren neuesten Entwürfen hoch.   »Er wünscht?« wiederholte sie nicht ohne Schärfe. »Monsieur Garrivier hat hier nichts zu wünschen! Im übrigen habe ich kein Interesse daran, mit ihm zu sprechen. Sagen Sie ihm…«   »Sag es mir selbst!«   Wie aus dem Boden gewachsen, stand Marcel Garrivier im Raum.   Chantal zog die Augenbrauen hoch. »Was fällt dir ein, ohne Erlaubnis hier hereinzukommen?«   »Bis vor zwei Tagen hatte ich diese Erlaubnis noch«, wandte Marcel ein.   Chantal lehnte sich auf ihrem eleganten Ledersessel zurück und strich mit einer anmutigen Handbewegung ihr dichtes, kupferrotes Haar zurück.   »In zwei Tagen kann sich eine Menge ändern, Marcel.«   Verständnislos schüttelte er den Kopf. »Chantal, ich verstehe es nicht. Wir lieben uns…«   Sie verlagerte ihr Gewicht auf die andere Seite. Dabei rutschte ihr enganliegender Rock ein Stück nach oben und gab den Blick auf ein Paar wohlgeformte Beine frei. Chantal bemerkte das aufflackernde Begehren in Marcels Augen. Im selben Moment wußte sie, daß sie sich die Chance auf ein letztes, bösartiges Spiel nicht entgehen lassen würde.   Ein überhebliches Lächeln erschien auf ihrem feingemeißelten Gesicht, während sie die Lider ein wenig senkte. Sie wußte, wie verführerisch sie jetzt aussah, und erkannte mit Genugtuung, daß Marcel immer nervöser wurde. Offensichtlich war er drauf und dran, Chantal in seine Arme zu reißen und mit heißen Küssen zu überschütten. Jetzt war es an der Zeit, ihm eine Abfuhr zu erteilen, die er nie wieder vergessen würde. Chantal fühlte das altbekannte Kribbeln

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Dr. Daniel – 59 –

Abschied für immer?

Marie Francoise

  »Madame, verzeihen Sie die Störung.« Der Butler verneigte sich, ehe er fortfuhr: »Monsieur Garrivier wünscht Sie zu sprechen.«

  Chantal Ferraut sah betont langsam von ihren neuesten Entwürfen hoch.

  »Er wünscht?« wiederholte sie nicht ohne Schärfe. »Monsieur Garrivier hat hier nichts zu wünschen! Im übrigen habe ich kein Interesse daran, mit ihm zu sprechen. Sagen Sie ihm…«

  »Sag es mir selbst!«

  Wie aus dem Boden gewachsen, stand Marcel Garrivier im Raum.

  Chantal zog die Augenbrauen hoch. »Was fällt dir ein, ohne Erlaubnis hier hereinzukommen?«

  »Bis vor zwei Tagen hatte ich diese Erlaubnis noch«, wandte Marcel ein.

  Chantal lehnte sich auf ihrem eleganten Ledersessel zurück und strich mit einer anmutigen Handbewegung ihr dichtes, kupferrotes Haar zurück.

  »In zwei Tagen kann sich eine Menge ändern, Marcel.«

  Verständnislos schüttelte er den Kopf. »Chantal, ich verstehe es nicht. Wir lieben uns…«

  Sie verlagerte ihr Gewicht auf die andere Seite. Dabei rutschte ihr enganliegender Rock ein Stück nach oben und gab den Blick auf ein Paar wohlgeformte Beine frei. Chantal bemerkte das aufflackernde Begehren in Marcels Augen. Im selben Moment wußte sie, daß sie sich die Chance auf ein letztes, bösartiges Spiel nicht entgehen lassen würde.

  Ein überhebliches Lächeln erschien auf ihrem feingemeißelten Gesicht, während sie die Lider ein wenig senkte. Sie wußte, wie verführerisch sie jetzt aussah, und erkannte mit Genugtuung, daß Marcel immer nervöser wurde. Offensichtlich war er drauf und dran, Chantal in seine Arme zu reißen und mit heißen Küssen zu überschütten. Jetzt war es an der Zeit, ihm eine Abfuhr zu erteilen, die er nie wieder vergessen würde. Chantal fühlte das altbekannte Kribbeln in sich. Sie genoß das Spiel, das sie hier trieb.

  »Marcel.« Ihre Stimme klang sehr sinnlich. Sie wußte, dieser Ton ließ den jungen Mann alles vergessen. Er war jetzt ihr Spielzeug, das sie nach Belieben benutzen oder zerbrechen konnte. Sie wollte es zerbrechen.

  Mit einem Schritt war Marcel bei ihr. In seinen Augen standen Liebe und Verlangen. In diesem Moment dachte er nicht mehr daran, daß Chantal ihm den Zutritt zu ihrem Haus verweigert hatte.

  »Du warst ein ganz passabler Liebhaber.«

  Ihre Worte fielen wie ein Guß kalten Wassers in Marcels Herz. Er stöhnte auf vor Qual.

  »Hör zu, Marcel, sollte es dir noch ein einziges Mal einfallen, mich hier zu belästigen, dann zeige ich dich wegen Hausfriedensbruch an«, erklärte sie, und ihre bernsteinfarbenen Augen waren dabei so kalt, daß Marcel unwillkürlich fröstelte.

  »Chantal, ich liebe dich!« begehrte er auf.

  Ein mitleidiges Lächeln umspielte ihren perfekt geschminkten Mund. »Dein Pech. Du warst amüsant, Marcel, aber jetzt bist du mir langweilig geworden. Und nun verschwinde.«

  Er betrachtete das schöne Gesicht, die kupferroten Haare und die Augen, die jetzt den kalten Glanz von Messing hatten. Dabei dachte er daran, wie sehr ihn dieser Kontrast bezaubert hatte… und es noch immer tat. Trotz ihrer lieblosen Worte sehnte er sich danach, sie in seine Arme zu reißen und ihr Gesicht… ihren ganze Körper mit Küssen zu bedecken.

  »Du wirst noch an mich denken«, prophezeite er mit rauher Stimme. »Irgendwann wird es dir so ergehen….«

  Chantal lachte. »Das glaube ich kaum.« Sie wurde wieder ernst. »Ich investiere kein Gefühl in meine Beziehungen. Wie gesagt, du warst amüsant, sehr amüsant sogar, und das solltest du als Kompliment auffassen.« Mit einem Ruck stand sie auf. »Jacques! Monsieur Garrivier wünscht zu gehen.« Sie sah Marcel an, sprach dabei aber zu ihrem Butler. »Und das ist das letzte, was er in diesem Haus zu wünschen hat.«

*

  Marcel Garrivier hatte die Villa im vornehmsten Stadtteil von Paris gerade verlassen, als Chantal ihre schwarze Limousine vorfahren ließ. Der Chauffeur Jules stieg eilig aus, um den hinteren Wagenschlag zu öffnen, damit Chantal einsteigen konnte.

  Eine knappe Stunde später startete ihre Privatmaschine und nahm Kurs auf München. Das Innere des Flugzeuges wirkte wie ein luxuriöses Büro, und hier breitete Chantal dann auch gleich die Entwürfe ihrer letzten Kollektion aus. Zufrieden betrachtete sie ihre Arbeit und freute sich schon auf die Modenschau, die eigens für die von ihr entworfene Frühjahrs- und Sommermode veranstaltet wurde. Es war bereits die zweite dieser Art in München, und im folgenden Jahr würden weitere in Mailand, London und Madrid stattfinden. Ein überhebliches Lächeln zeigte sich auf Chantals makellos schönem Gesicht. In den letzten beiden Jahren war es mit ihrer Karriere als Modeschöpferin steil bergauf gegangen, und Chantal war überzeugt, daß sie den Höhepunkt noch längst nicht erreicht hatte.

  »Wir landen in zwanzig Minuten auf dem Münchner Flughafen, Madame«, meldete der Pilot über den Lautsprecher. »Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug.«

  Wieder lächelte Chantal. Sie genoß dieses Leben in vollen Zügen – das Leben und die Liebesabenteuer, die es ihr reichlich bescherte. Ihre bernsteinfarbenen Augen verengten sich ein wenig. Sie würde in München viel zu tun haben, trotzdem wäre sie einem kleinen Flirt absolut nicht abgeneigt. Mit Marcel war es in den letzten Tagen immer langweiliger geworden. Es wurde Zeit für ein neues Abenteuer, dessen Beginn und Ende sie allein steuern würde.

*

  »Sie ist wirklich ein Phänomen«, flüsterte der Veranstalter der exklusiven Modenschau, Franz Bergheim, seiner Frau zu.

  »Ja, ein männermordendes«, ergänzte Charlotte Bergheim.

  Ihr Mann schmunzelte. »Mordend? Na, ich weiß nicht. Meines Erachtens will sie ihre Opfer schon lebend haben.«

  »Du weißt genau, wie ich das gemeint habe«, entgegnete Charlotte. »Schau sie dir nur an. Dieser Blick, mit dem sie jedes männliche Wesen bedenkt, das in ihre Nähe kommt.« Sie betrachtete Chantal, dann schüttelte sie den Kopf. »Sie erinnert mich irgendwie an eine schwarze Witwe, oder wie immer diese Spinnen heißen, die nach der Paarung ihre Männchen fressen.«

  Franz Bergheim mußte lachen. »Lotti, du bist wirklich unmöglich! Chantal Ferraut bringt uns eine Menge Geld.«

  Charlotte seufzte. »Ungefähr ein Zehntel von dem, was sie selbst dabei verdient.« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Wie reich muß diese Frau eigentlich sein?«

  »Na ja, einige Milliönchen wird sie schon schwer sein«, urteilte Franz. Er wollte noch etwas hinzufügen, ließ es aber bleiben, als er sah, wie Chantal auf ihn und Charlotte zukam. Ihr Lächeln war ohne jede Herzlichkeit, und unwillkürlich mußte Franz denken, daß Charlottes Vergleich mit der Schwarzen Witwe vielleicht doch nicht gar so weit hergeholt war. Chantal Ferraut sah nicht so aus, als würde sie Gefühle investieren. Sie war durch und durch eine eiskalte Geschäftsfrau, und vermutlich dachte sie auch in den Armen eines Mannes immer nur an ihren eigenen Vorteil.

  »Ich bin mit der ganzen Organisation sehr zufrieden«, erklärte sie. »Alles läuft wie am Schnürchen, und Ihre Models können sich wirklich sehen lassen.«

  Franz lächelte voller Herzlichkeit, wie es seine Art war. »Danke für das Kompliment, Madame Ferraut. Gerade aus dem Mund einer so erstklassigen Modeschöpferin, wie Sie es sind, ehrt mich das ganz besonders.«

  Chantal nickte ihm gönnerhaft zu, dann wandte sie sich demonstrativ an Charlotte. Franz verstand den Wink und zog sich diskret zurück.

  »Frau Bergheim, ich bin auf der Suche nach einem Arzt… einem Spezialisten auf gynäkologischem Gebiet«, erklärte Chantal rundheraus, und dabei mußte Charlotte wieder einmal ihre Sprachgewandtheit bewundern. Es hieß, Chantal würde mindestens sechs Sprachen fließend beherrschen.

  »Ich bin es aus Paris gewöhnt, daß sich ausschließlich erstklassige Fachärzte um mich kümmern«, fuhr Chantal fort. »Aus diesem Grund sagt mir der hotel-eigene Arzt selbstverständlich nicht zu.«

  Charlotte nickte verständnisvoll. »Dr. Brunner ist Allgemeinmediziner, der eigentlich nur herangezogen wird, wenn Hotelgäste unpäßlich sind. Eine Kapazität, wie sie Ihnen gebührt, ist er sicher nicht.« Sie überlegte. »Hier in der Nähe praktizierte vor ein paar Jahren ein sehr guter Gynäkologe, aber soviel ich weiß, ist er schon vor einiger Zeit in seinen Heimatort zurückgekehrt. Wenn Sie sich einen Moment gedulden, werde ich mich umgehend nach ihm erkundigen.«

  »Tun Sie das«, entgegnete Chantal, und es klang wie ein Befehl.

  Charlotte entschuldigte sich, dann betrat sie das Büro ihres Mannes und hob den Telefonhörer ab. Es kostete sie nur einen Anruf, um die Adresse des Gynäkologen zu erfragen, dann kehrte sie zu Chantal zurück.

  »Dr. Robert Daniel ist ein Arzt, den ich Ihnen wirklich gu-ten Gewissens empfehlen kann«, erklärte sie, dann reichte sie Chantal einen Zettel. »Ich habe Ihnen seine Adresse notiert.«

  Chantal zog die Augenbrauen hoch. »Steinhausen. Das klingt, als wäre es das Ende der Welt.«

  »Ganz und gar nicht, Madame Ferraut«, erwiderte Charlotte. »Steinhausen ist von hier aus mit dem Auto in einer guten halben Stunde zu erreichen, und es ist ein ganz bezaubernder Gebirgsort, der sogar über eine ausgezeichnete Klinik verfügt, deren Direktor im übrigen auch Dr. Daniel ist.«

  »Nun gut«, meinte Chantal wieder in dieser gönnerhaften Art, die dazu führte, daß sich Charlotte wie ein dummes Schulmädchen fühlte. »Ich werde mir diesen Dr. Daniel einmal ansehen, und ich kann nur hoffen, daß er nicht zu weit unter dem für mich angemessenen Niveau liegt.«

*

  Gabi Meindl, die in der Praxis von Dr. Robert Daniel als Empfangsdame arbeitete, ahnte Schreckliches, als die vornehm gekleidete Frau mit dem kupferroten Haar und den bernsteinfarbenen Augen das Vorzimmer betrat.

  »Mein Name ist Chantal Ferraut«, erklärte sie von oben herab. »Dr. Daniel erwartet mich.«

  Gabi Meindl warf einen Blick in ihren Terminkalender, obwohl sie sich an den Anruf des Mannes mit dem starken französischen Akzent sehr gut erinnern konnte.

  »Wenn Sie bitte noch einen Moment im Wartezimmer Platz nehmen«, erklärte sie. »Die Sprechstundenhilfe wird Sie holen, sobald Dr. Daniel frei ist.«

  Chantal zog die perfekt geschminkten Augenbrauen hoch und musterte Gabi, als wäre sie ein Wesen von einem anderen Stern.

  »Sobald er frei ist?« wiederholte sie, und Gabi konnte den gefährlichen Unterton in ihrer Stimme unschwer heraushören. »Ich bin es nicht gewohnt zu warten! Mein Sekretär hat gestern diesen Termin vereinbart, also erwarte ich, daß er auch eingehalten wird.« Sie warf einen demonstrativen Blick auf ihre elegante und sündhaft teure Armbanduhr. »Mein Termin wurde für zehn Uhr angesetzt. Jetzt ist es eine Minute vor zehn. Sollte Dr. Daniel nicht innerhalb dieser einen Minute zu sprechen sein, dann werden Sie hier den Weltuntergang erleben.«

  Gabi konnte nur mit viel Mü-he einen tiefen Seufzer unterdrücken, dann musterte sie die arrogante Frau und beschloß ganz gegen ihre Gewohnheit einzulenken.

  »Einen Augenblick bitte.« Damit stand Gabi auf und betrat nach kurzem Anklopfen Dr. Daniels Sprechzimmer.

  Der Arzt war gerade dabei, mit seiner Patientin in den danebenliegenden Untersuchungsraum zu gehen, blieb aber abwartend stehen, als er Gabis ernstes Gesicht sah.

  »Was ist los, Fräulein Meindl?« wollte er wissen, dann lächelte er. »Droht vielleicht der Weltuntergang?«

  Gabi nickte ernsthaft. »Sie haben es erfaßt, Herr Doktor. Draußen steht so eine Zimtzicke… ich meine, eine äußerst elegante Dame, die für zehn Uhr angemeldet ist. Ihr Sekretär hat diesen Termin gestern telefonisch vereinbart«, fügte sie in einem Ton hinzu, als wäre es bereits eine Todsünde, einen Sekretär zu haben. »Ich glaube, wenn die Dame nicht in einer Minute hier im Sprechzimmer sitzt, wird sie einen Aufstand machen, der sich gewaschen hat.«

  Dr. Daniel schmunzelte. »Fräulein Meindl, Sie überraschen mich. Seit wann lassen Sie sich von exzentrischen Damen einschüchtern? Normalerweise beharren Sie doch immer auf Ihrem Standpunkt ›Wer zuerst kommt, mahlt zuerst‹.«

  »Ich weiß«, gab Gabi zerknirscht zu. »Aber ich glaube, in diesem Fall sollte man tatsächlich eine Ausnahme machen. Es nützt ja niemandem, wenn die da draußen anfängt, Zeter und Mordio zu schreien. Wahrscheinlich ist es besser, man fertigt sie so schnell wie möglich ab.«

  Dr. Daniel nickte. »In Ordnung, Fräulein Meindl. Bringen Sie die Dame herein. Vielleicht hat sie ja sogar einen triftigen Grund, auf der Einhaltung ihres Termins zu bestehen. Da sie offenbar über einen Sekretär verfügt, scheint sie Geschäftsfrau zu sein, da wollen wir ihr keine Unannehmlichkeiten bereiten. Im übrigen sollen Ausnahmen ja die Regel bestätigen, nicht wahr?«

  Gabi atmete auf. »Danke, Herr Doktor.« Sie verließ das Sprechzimmer und bat Chantal, ihr zu folgen.

  »Dr. Daniel wird gleich hier sein«, versprach sie.

  »Hoffentlich«, entgegnete Chantal spitz.

  Es dauerte dann wirklich nicht lange, bis Dr. Daniel durch die Zwischentür ins Sprechzimmer trat, und ein erster Blick auf die elegante Dame zeigte ihm nur zu deutlich, daß Gabi Meindl mit ihrer Einschätzung richtig gelegen hatte.

  »Guten Tag, mein Name ist Daniel«, grüßte er höflich und mit dem ihm eigenen, warmherzigen Lächeln, das von Chantal allerdings nicht erwidert wurde. Für sie war ein Arzt nichts weiter als ein Dienstbote, der ihre Anweisungen zu befolgen hatte.

  »Chantal Ferraut«, stellte auch sie sich vor, doch wenn sie gedacht hatte, dieser Name würde Dr. Daniel etwas sagen, dann sah sie sich getäuscht. »Die Modeschöpferin«, fügte sie daher bedeutungsvoll hinzu.

  »Freut mich, Sie kennenzulernen«, meinte Dr. Daniel und zog sich damit geschickt aus der Affäre, denn seinen Worten war nicht zu entnehmen, ob ihm der Name nun ein Begriff war oder nicht. »Was führt Sie zu mir, Madame Ferraut?«

  »Ich habe seit einigen Tagen unerträgliche Unterleibsschmerzen, und man sagte mir, Sie wären als Gynäkologe ganz passabel.«

  »Das freut mich zu hören«, entgegnete Dr. Daniel mit einer Spur Sarkasmus. »Wie äußern sich diese Schmerzen?«

  Chantal zog die Augenbrauen hoch, dann seufzte sie: »Ich denke doch, es ist Ihre Aufgabe, das herauszufinden.«

  »Die Ursache herauszufinden, ja«, berichtigte Dr. Daniel. »Die Symptome müssen allerdings Sie mir beschreiben. Also, Madame Ferraut, ist es ein ziehender, drückender oder ein schneidender Schmerz?«

  »Meine Güte, was weiß ich denn!« brauste sie auf. »Es tut weh, sonst nichts.« Sie drückte die Fingerspitzen gegen die Schläfen. »Ich wünschte, ich wäre in Paris bei Professor de Brecheville.«