Drache und Schlange - Stefan Brönnle - E-Book

Drache und Schlange E-Book

Stefan Brönnle

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  • Herausgeber: Neue Erde
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

In diesem Buch breitet Stefan Brönnle das ganze Panorama der mythischen Gestalten von Drache und Schlange vor uns aus: die Schlange und das Bewusstsein der Erde, ihre Beziehung zur Weiblichkeit und zu ihrem Antipoden, dem Vogel. Das Urbild des Drachen ist eng mit der Schlange verbunden, heißt er doch auch Tatzelwurm und ist so etwas wie eine »Schlange mit Beinen«. Hier untersucht der Autor die vielgestaltigen Bildwelten vom Drachen als Kulturbringer, als Hüter des Drachenhorts und die Bedeutung des Drachen bei Christen und in der chinesischen Überlieferung. Er erzählt von berühmten Drachen: Fafnir, Hydra und Nidhöggr etwa, um auf die Bedeutung des Drachen in der geomantischen Symbolik zu kommen. Da gibt es Drachenwege, Seelenweg und Leylines. Doch ist dieses Buch mehr als ein mythologisch-geomantischer Abriss. Vielmehr eröffnet es uns den Zugang zur urtümlichen Drachenkraft, die in der gegenwärtigen Wandelzeit für das Schicksal der Menschheit ebenso bedeutsam ist wie für jeden einzelnen von uns persönlich. Daher schließt das Buch mit einer kraftvollen Übung zur Erweckung des Drachen in uns.

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Seitenzahl: 138

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Es gibt heute unbedingt viele gute Gründe, das weibliche Geschlecht wieder besser sichtbar zu machen. Dies ist seit mehr als 40 Jahren auch Anliegen unseres Verlages. Ob dies durch Gendern erreicht wird, darf man jedoch hinterfragen, immerhin geht es um unsere Muttersprache. Sicher ist, dass der grammatische Genus nichts über das Geschlecht (Sexus) aussagt. Deswegen halten wir uns als Verlag beim Gendern bewusst zurück. Ausführliche Begründung dazu unter www.neue-erde.de/derdiedas

Stefan Brönnle

DRACHE UND SCHLANGE

in Symbolik, Geomantie und der aktuellen Wandelzeit

Bücher haben feste Preise.

1. Auflage 2023

Stefan Brönnle

Drache und Schlange

© Neue Erde GmbH 2023

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlag:

Bilder: BikerPhoto (Schlangenhaut), tmn art (Farbspektrum),

ArtoPhotoDesigno Studio (Drachenzeichnung), alle shutterstock.com

Gestaltung: Dragon Design, GB

eISBN 978-3-89060-393-3

ISBN 978-3-89060-833-4

Neue Erde GmbH

Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken

Deutschland · Planet Erde

www.neue-erde.de

Inhalt

Einleitung: Der Weg in die Drachenhöhle

Die Symbolik der Schlange

Nagas: Die Schlange und das Bewusstsein der Erde

Die Frau und die Schlange

Der Vogel und die Schlange

Das Märchen »Die Weiße Schlange«

Die Bedeutung des Drachen

Der Drache als Kulturbringer

Der chinesische Drache

Der Erbe des Drachen

Der lachende Buddha und der Drache

Der Drachenhort

Der Drache und die Sterne

Wenn Christen Drachen heilen

Gaia und der Drache

Bekannte Drachen

Fafnir

Hydra

Der rote Drache von Wales

Nidhöggr

Apophis

Nessie

Der Drache in der geomantischen Symbolik

Drachenwege

Leylines

Drachenlinien

Seelenwege

Das Seelenwasser

Wandelzeit – Drachenzeit: Wenn die Drachen sich erheben

Der Schatten des Drachen

Freie Drachen

Wandelzeit: Zeiten des Chaos

Wenn Gaia erwacht…

Die Schlangenkraft als Weg der Heilung

Wandelzeit – Öffnung der Drachenportale

Wandelzeit – Der Traum der Schlangen

Wandelzeit – Stürmische Nächte

Erwecke den Drachen in dir!

Bildnachweis

Über den Autor

Einleitung: Der Weg in die Drachenhöhle

Ich schreibe dieses Buch Ende 2021 unter den Eindrücken der vergangenen zwei Jahre, in der sich die Gesellschaft meiner Meinung nach sowohl von der Vernunft als auch von der Natur abgewandt hat. Manche Passagen mögen daher zu einem späteren Zeitpunkt überholt sein (was ich nicht glaube) oder von Ereignissen überholt worden sein (was ich schon eher für möglich halte). In unserem Verhalten und den aufgebürdeten politischen Maßnahmen, von denen die wenigsten »medizinisch« zu nennen sind, kommt für mich auf der symbolischen Ebene viel vom Verhältnis des Menschen zur Erde und eben auch den Drachen zum Vorschein. Der Kampf gegen das Virus gleicht dem vielbeschworenen Drachenkampf.

Drachen kennen wir aus unseren Märchen und Mythen. In Büchern und Filmen wie Der Hobbit der Drache Smaug oder Die Herrschaft des Feuers werden sie bekämpft, in Eragon oder Dragonheart werden sie zu guten Freunden des Menschen. Das Gesicht des Drachens wandelt sich, so viel steht fest. Aber lohnt es sich in einer Zeit der Computerchips und digitaler Welten überhaupt über Drachen nachzudenken? Sind Drachen und riesige Urschlangen nicht einfach Rudimente der Märchen und Kinderbücher? Mythen einer Zeit, in der man sich bestimmte Naturerscheinungen nicht anders vorstellen konnte?

Ich meine, das wäre zu kurz gegriffen! Drache und Schlange sind tief mit den Menschheitsmythen verbunden und damit ein Teil des Menschseins selbst. Sie stellen in der Tat eine höhere Realität dar – aber so weit sind wir noch nicht. Ich möchte daher – zunächst – den Drachen als eine Metapher, als ein archetypisches Symbol darstellen, um genau diese enge Verbindung von Mensch und Drache, Mensch und Schlange, zu erläutern. Betrachten wir also zunächst den Drachen als ein zwar wichtiges Symbol, aber eben doch »nur« so.

Wenn Sie mir auf diesem Wege folgen können, möchte ich Sie ein wenig tiefer in die Drachenhöhle führen und das Drachensymbol in der Geomantie als eine doch real wahrnehmbare Kraft erlebbar werden lassen, um aus diesem Verständnis heraus Drache und Schlange als Schöpfungskräfte darzustellen, die sich aktuell in einem starken Wandel befinden und damit Mensch und Erde in eine neue Verbindung führen. Und damit wird die Drachenkraft zu einem Kollektivbewusstseinsfeld, das heute mehr denn je gebraucht wird. Denn mit der Erde befindet sich auch der Mensch in einer Wandelzeit.

Folgen Sie mir also nach auf meinem Weg in die Tiefen der Drachenhöhle, um dort – hoffentlich – den Drachenhort zu finden, jenen kostbaren Schatz in den Tiefen der Erde.

Drache und Schlange – was verbindet diese beiden Tiersymbole? Drache und Schlange (beide sind im griechischen Wort »drakon«« vereint) waren der Erdmutter, der »Großen Göttin«, geheiligte Tiere. In Tempeln der Göttin wurden oft große Schlangen gehalten. Neueste Funde in Anatolien weisen nun auf eine bis zu 11.000 Jahre zurückreichende Tradition der Schlangenverehrung hin. In Göbekli Tepe ausgegrabene mit Schlangenreliefen verzierte Steinpfeiler werden auf 9000 v. Chr. datiert. Die mesopoatimischen Götter Ereschkigal, ihr Sohn Ninazu, dessen Sohn Ningizzida, Tischpak, dem Nachfolger Ninazus, dem Stadtgott von Susa und schließlich Ischtaran sind alle mit der Schlangensymbolik verbunden. Wir werden im Folgenden noch viele solcher Götter kennenlernen, die eng mit dem Schlangen- und Drachenbild verwoben sind! Der Drache repräsentierte den alljährlichen Vegetationszyklus und wurde damit zum Symbol der Wiedergeburt, wie auch die Schlange, die ihre Haut wechselt. So stellte die Sage vom Drachen – aber eben auch die von der Schlange – oft die Urkraft der Erde, den Jahreszeitenzyklus dar…

Die Symbolik der Schlange

Natürlich kennen wir die »böse Schlange« aus dem Paradies, die Schlange als Bild des Bösen an sich in der christlichen Ikonografie, wenden wir uns daher zunächst nach Asien, wo bis heute in vielen Fällen eine positive Beziehung zwischen Mensch und Schlange besteht.

Nagas: Die Schlange und das Bewusstsein der Erde

Die Erde, die Materie, trägt ein Bewusstsein in sich. Dieses Bewusstsein trägt das Potential der eigenen Göttlichkeit. In Asien wird dieses Bewusstsein durch die Naga symbolisiert. Naga heißt zunächst »Schlange« (die weibliche Form ist nagini; wir erinnern uns an die Schlange dieses Namens als Begleittier von Lord Voldemort aus den Harry-Potter-Romanen). Die Nagas sind in der indischen Volksreligiosität hochverehrte chthonische (unterweltliche) Gottheiten. Auch sind sie Hüterinnen des Hauses. In Südindien zeichnen die Frauen als magischen Akt das verschlungene Muster vor die Haustür, das kalam genannt wird. Es dient dazu, die Naga einzuladen, um ihre glücks- und fruchtbarkeitsbringende Kraft herbeizurufen.

Die Verehrung der Naga hat sich im ganzen asiatischen Raum verbreitet: Sie werden als Schlange, als Mensch mit Schlangenkopf, als Mensch mit Schlangenschwanz oder als mehrköpfige Schlange dargestellt.

Abb. 1: Nagas als Schwellenhüter

Die Naga als Kraft der Erde und des Ortes

Nagas haben oft konkrete Orte als Wohnsitz. Shesha, einer der bekanntesten Nagas, trägt die Erde selbst (und lässt eine Verbindung zu Jörmungandr, der germanischen Midgardschlange, erahnen). So gilt der Yanzhog Yumco, der größte See Tibets, als Wohnstätte der Naga-Könige. In Thailand dagegen leben sie in den Bergen, aber auch auf dem Grund von Flüssen, Seen und Meeren bewohnen sie reich verzierte Paläste. Sie werden hier zu den Beschützern des Bewusstseins der Erde selbst, ihrer geistigen Schätze. Der mythische Berg Meru, der Weltenberg, verbindet als axis mundi, als Weltenachse, die verschiedenen Seinsebenen. In ihm hausen auch die Nagas als Beschützer; ganz ähnlich wie bei den Germanen Nidhöggr an den Wurzeln des Weltenbaums lebt. Bevor in Indien der Grundstein eines Hauses gesetzt wird, erforscht ein Geomant den Punkt, der auf dem Haupt der Naga liegt. Mit einem Pfahl wird er am Ort fixiert. Durch die Nutzung als Ort des Grundsteins ist das Haus mit der Kraft der Erde verbunden.

»Naga« kann aber auch die Bedeutung von »Berg«, »Pflanze«, oder »Baum« annehmen, denn die Naga wohnt ihnen inne.

Die Naga als Symbol des Bewusstseins

Auf der Schlange Ananta (»der Unendlichen«) ruht Vishnu in seiner Form als Narayan im kosmischen Schlaf. Der Nagakönig Mucalinda dagegen beschirmt Buddha in seiner vielwöchigen Meditation und beschützt ihn vor dem Regen. In seiner Gestalt als Pasupathinath ist Shiva Herr aller Geschöpfe. Auch er ist von Schlangen umwunden. Die Schlange Vasuki wickelt sich um seinen Nacken, aber auch Armbänder aus Schlangen schmücken Shiva. Nach der Legende verwandelten diese sich bei seiner Vermählung mit Parvati zu Körpertätowierungen. Die Schlange ist eng mit dem Schöpfergott verbunden, so wie auch im Alten Testament eine Schlange den Baum der Erkenntnis bewacht. Die Naga ist damit ein göttliches Bewusstseinssymbol, das der Materie innewohnt. Eines der stärksten Bewusstseinssymbole ist die Sonne, und so kann Naga auch in seiner Bedeutung als »Sonne« gemeint sein.

Die Naga als Schwellenhüterin

Nagas bewachen traditionell Türen und Schwellen, die Orte des Übergangs. Jeder Übergang ist ein Bewusstseinswechsel. In der indonesischen Provinz Kalimantan Tengah wird eine Nagamaske im Totenritual (tiwah) getragen. Während des Totentanzes wird der Sargdeckel gehoben, und an den Füßen des Verstorbenen wird ein Nagakopf sichtbar. Der Schwanz der Naga verlängert das Kopfende des Sargs. So ist die Naga ein Psychopompos, ein Seelenführer in das Reich der Ahnen. Das Bewusstsein der Erde dient als Ahnenraum, ja, ist dieser gar selbst.

Die Naga als Lebensenergie

Tod und Leben sind keine Antipoden, sie entstammen derselben Quelle. Die Naga ist so nicht nur Führerin ins Jenseits, sondern auch Bringerin der Fruchtbarkeit, ja der Lebenskraft an sich, des Prana! Der Schlangenkönig Vasuki half den Göttern das Lebenselexier Amrita herzustellen. Als Fünfköpfige Schlange symbolisiert die Naga die fünf Sinne, sowie die »Elemente« (Tattvas), wobei sie auch die Quinta Essentia, das fünfte Element, vertritt: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther. Ihr Zischen steht für die fünf Pranas. Die fünf Köpfe werden daher auch als die Tanmatras (als Urelement) betrachtet, die fünf subtilen Elemente. »Tan« kann hierbei die Bedeutung von »Mutter« haben und »matra« die der Materie. Die fünf Kräfte sind zugleich Mutter Erde selbst. So gebiert sich das Bewusstsein aus dem Schoß der Erde, ergießt sich in die konkrete Natur – in Berge, Flüsse, Seen und Bäume – und steigt auf als Bewusstseinskraft. All dies ist Naga!

Nicht zuletzt kann Naga auch die Bedeutung von »Blei« bekommen. Sie ist damit das dichteste Element. Die Naga ist Sonne (Gold) und Erde (Blei) in einem Wesen, sie ist das Bewusstsein der Materie und die Quinta Essentia des »Steins der Weisen«.

Wir sehen, dass die Schlange eng mit dem Schöpfungsmythos und dem Leben auf der Erde verbunden ist. Erst aus der Abwendung der patriarchalen Religionen von der Körperlichkeit, der Sexualität und der Erde selbst, wird die Schlange, insbesondere im Christentum, zu einem Symbol des Bösen. Sie wird zu unserem Schatten im Jung‘schen Sinne, der all das Verdrängte enthält und sich damit gegen uns zu wenden scheint. Und so bekämpfen männliche Götter und Heroen die Schlange und den Drachen als Symbole des Chaos, ja des Bösen: Jahwe besiegt die Urdrachenschlange Rahab, Herkules besiegt Hydra und Ladon, Thor die Midgardschlange, Re obsiegt über Apophis und Apoll tötet Python.

Die Frau und die Schlange

Wir sehen also, dass in Asien die Schlange als ein Symbol verstanden wird, das zutiefst mit der Erde, der Materie, verbunden ist, aber ebenso mit seinem Gegenpol, dem Geist. Die Schlange ist Lebensund Schöpfungskraft.

Ich möchte hier schlicht einmal zwei Mythen gegenüberstellen:

Eine junge Frau ging einmal in den Wald. Da begegnete ihr eine Schlange. »Komm!« sagte die Schlange. Aber die junge Frau zierte sich: »Wer will dich zum Manne haben? Du bist eine Schlange. Ich will dich nicht haben.« Da entgegnete die Schlange: »Mein Leib ist zwar der einer Schlange, aber meine Sprache ist die eines Menschen. Komm!« Da ging die junge Frau mit, heiratete den Schlangenmann und gebar ihm ein Mädchen und einen Jungen. Danach schickte die Schlange sie mit den Worten fort: »Geh! Ich werde für die Kinder sorgen und ihnen zu essen geben.«

Die Schlange ernährte die Kinder, und die beiden wurden groß. Eines Tages sprach die Schlange: »Geht Fische fangen!« Sie taten es. Da sagte die Schlange: »Kocht die Fische!« Die Geschwister aber erwiderten: »Die Sonne ist noch nicht aufgegangen.« Sie warteten bis Sonnenaufgang und darauf, dass die Sonne die Fische mit ihren Strahlen wärmte. Dann aßen sie die Fische roh und blutig.

Die Schlange sagte: »Ihr seid zwei Teufel! Ihr esst eure Nahrung roh. Vielleicht werdet ihr mich essen. Du, Knabe geh in meinen Bauch!« Der Knabe fürchtete sich und fragte: »Was soll ich machen?« Aber der Schlangenmann sagte zu ihm: »Komm!« Und da ging der Knabe in den Bauch der Schlange. Da sagte die Schlange: »Nimm das Feuer und bring es zu deiner Schwester hinaus! Komm heraus, sammle Kokosnuss, Yams, Taro und Banane!« Da ging der Knabe wieder aus dem Bauch und brachte das Feuer mit, und sie kochten ihr Essen.

Dieser Mythos stammt von den Admiralitätsinseln vor der Nordküste Neuguineas, und wir erkennen mit dem Bild des Feuers im Bauch der Schlange bereits die starke Verbindung zum Drachen.

Ein anderer – uns bekannter – Mythos liest sich so:

Und die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde, die Gott der Herr gemacht hatte, und sprach zu der Frau: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten? Da sprach die Frau zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet! Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: An dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.

Abb. 2: Eva und die Schlange. Relief an der Kathedrale in Orvieto/Umbrien

Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von seiner Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon, und er aß. Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze. Und sie hörten Gott den Herrn, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des Herrn zwischen den Bäumen im Garten. Und Gott der Herr rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot, du solltest nicht davon essen? Da sprach Adam: Die Frau, die du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß. Da sprach Gott der Herr zur Frau: Warum hast du das getan? Die Frau sprach: Die Schlange betrog mich, sodass ich aß (…).

Da wies ihn Gott der Herr aus dem Garten Eden, dass er die Erde bebaute, von der er genommen war. Und er trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens.

Obwohl beide Mythen vollkommen verschiedenen Kulturen, Erdregionen und Zeiten entspringen, gleichen sie sich doch verblüffend. Legen wir alle Wertungen beiseite, so ist es die Verbindung von Frau und Schlange, die den Menschen Bewusstsein bringt. In beiden Fällen ist dies mit Ernährungsverboten bzw. -geboten verbunden. Im einen bringt die Schlange die Erkenntnis, im anderen das Feuer. In beiden wird der Mensch erst durch die mit der Schlange verbundenen Handlung zum eigentlichen Menschen.

Auch in China gibt es einen vergleichbaren Mythos, die »Legende der weißen Schlange«. Hier ist es eine weiße Schlange, die sich durch tausend Jahre Übung in den Körper einer Frau verwandelt. Sie nennt sich Suzhen. Sie heiratet einen Heiler… Im chinesischen Urmythos von Nü-Kua und Fuxi (legendären Herrschern) dagegen begegnet uns das Urpaar mit Schlangenschwänzen.

Im Palast von Knossos auf Kreta wurden Frauenstatuetten mit offenem Mieder und Schlangen in beiden Händen gefunden, bei den Kanaanäern wurde die Muttergöttin Ashera verehrt. Auch sie wurde mit Schlangen dargestellt. Sie bildet die Brücke zur Muttergottes Maria, die auf der Schlange thront. So ist auch Eva die Mutter, denn ihr Name leitet sich von »hawwa« ab, der »Mutter allen Lebens«. Hawwa war auch das semitische Wort für Schlange. So sind die Mutter und die Schlange eins. Im griechischen Mythos vereint sich Gaia mit Uranos (dem Himmel). Sie gebiert unter anderen die Erinnyen, die Schlangen auf dem Kopf tragen, und später gebiert Gaia Typhon, eine riesige Schlange. Die Gebieterin der Erinnyen ist Hekate, die nach Hesiod über Himmel, Erde und Unterwelt – also die drei Welten des Schamanismus (obere, mittlere und untere Welt) – herrscht. Auch sie wird in Schlangengestalt dargestellt.

Im Sabazioskult (einer dem Dionysoskult nahestehenden Version) ließen sich Frauen eine Schlange über ihre Vulva ziehen. Die Schlange galt hier als die schöpferische Naturkraft selbst. Von Alexander dem Großen herrschte schon zu seinen Lebzeiten der Mythos, er sei das Kind einer menschlichen Mutter und eines Schlangenvaters.