Drachenzähmen leicht gemacht (7). Im Auge des Drachensturms - Cressida Cowell - E-Book

Drachenzähmen leicht gemacht (7). Im Auge des Drachensturms E-Book

Cressida Cowell

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Beschreibung

Keine Zeit zu verlieren! Hicks hat genau drei Monate, fünf Tage und sechs Stunden Zeit, den neuen Kontinent Amerika zu entdecken, seinen Vater zu retten, ein ganzes Rudel Polarschlangen zu besiegen UND das alljährliche Wikinger-Wettschwimmen zu gewinnen. Eigentlich wäre das kein Problem für Hicks und seinen Drachen - wenn in den Tiefen des Ozeans nicht noch eine viel größere Gefahr auf sie lauern würde … 

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Seitenzahl: 198

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Cressida Cowell

DRACHENZÄHMEN

LEICHT GEMACHT

Im Auge des Drachensturms

Aus dem Englischen von Karlheinz Dürr

Mit Illustrationen von Clara Vath

In der Reihe »Drachenzähmen leicht gemacht« von Cressida Cowell sind im Arena Verlag erschienen: Band 1 Drachenzähmen leicht gemachtBand 2 Drachenzähmen leicht gemacht. Wilde Piraten voraus!Band 3 Drachenzähmen leicht gemacht. Strenggeheimes DrachenflüsternBand 4 Drachenzähmen leicht gemacht. Mörderische DrachenflücheBand 5 Drachenzähmen leicht gemacht. Brandgefährliche FeuerspeierBand 6 Drachenzähmen leicht gemacht. Handbuch für echte HeldenBand 7 Drachenzähmen leicht gemacht. Im Auge des DrachensturmsBand 8 Drachenzähmen leicht gemacht. Flammendes Drachenherz

www.drachenzaehmen.de

 

 

 

Hicks der Hartnäckige vom Hauenstein der Drittewar ein Furcht einflößender Schwertkämpfer, ein Drachenflüsterer und überhaupt der größte Wikingerheld, der jemals lebte. Doch seine Memoiren entführen dich in die Zeit, als er noch ein ganz gewöhnlicher Junge war und sich überhaupt nicht vorstellen konnte, dass aus ihm mal ein Held werden würde.

Cressida Cowellverbrachte ihre Kindheit in London sowie auf einer unbewohnten Insel an der schottischen Westküste. Sie war überzeugt, dass es dort nur so vor Drachen wimmelte, und ist seither von ihnen fasziniert. Neben den Aufzeichnungen von Hicks’ Memoiren hat sie mehrere Bilderbücher geschrieben und illustriert. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern im englischen Hammersmith.

Clara Vathliebte es schon als Kind, bunten und verrückten Fantasiewesen eine Gestalt zu geben. Dass ihr dabei auch der ein oder andere Drache begegnet ist, kam ihr bei der Arbeit an Hicks’ Memoiren sehr gelegen. Seit 2012 arbeitet sie als freie Illustratorin für verschiedene Unternehmen.

Danke an Judit, Andrea und meine Schwester Emily. UND vor allem an SIMON, Maisie, Clem und Xan.

Die Originalausgabe erschien erstmals 2008 unter dem Titel »How to Ride a Dragon’s Storm« bei Hodder Children’s Books, London. © 2008 by Cressida Cowell

1. Auflage 2017 © 2017 Arena Verlag GmbH, Würzburg Alle Rechte vorbehalten Aus dem Englischen von Karlheinz Dürr Einband, Satz und Illustration: Clara Vath ISBN 978-3-401-80687-7

Besuche uns unter: www.arena-verlag.dewww.twitter.com/arenaverlagwww.facebook.com/arenaverlagfans

INHALTSVERZEICHNIS

DER FLUCH VON BÄRKLAUS GROßMUTTER

1. EIN ECHTES WIKINGER-WETTSCHWIMMEN

2. MÖGE DER FETTESTE SIEGEN!

3. IST ROTZNASE NICHT EIN TOLLER KUMPEL?

4. EINE GANZ, GANZ SCHLIMME LAGE

5. EIN ALTER, ABER UNANGENEHMER BEKANNTER

6. DIE AXT DER VERDAMMNIS FÄLLT IHR URTEIL

7. DIE REISE ZUR ENTDECKUNG AMERIKAS

8. DAS SKLAVENBRANDMAL

9. IM REICH DER POLARSCHLANGEN

10. WAS OHNEZAHN IM KOCHZELT ERLEBTE

11. AUF DER FLUCHT

12. LLLLAAAAUUUUFFFF!!!

13. NUN WAREN SIE IN SEINEM REVIER

14. WAS SICH IM MORDSGEBIRGE WEITER EREIGNET HATTE

15. ICH WAR NOCH NIEMALS IN AMERIKA

16. LAND IN SIIIICHT!!!

17. DER LEVIATHORGAN REX SCHLÄGT ZU

18. AM GROSSMAST HINAUF

19. SCHWIMMT WEITER, WIR SIND NOCH LANGE NICHT ZU HAUSE

20. DAS TICKDINGS TICKT IMMER LAUTER

21. DAS ENDE DES SCHWIMMWETTKAMPFS

NACHWORT DES AUTORS, HICKS DER HARTNäCKIGE VOM HAUENSTEIN DER DRITTE, LETZTER DER GROßEN HELDENHAFTEN WIKINGER

 

 

 

DER FLUCH VON BÄRKLAUS GROSSMUTTER

Vor langer Zeit hatte ein kleiner Junge einen Traum.

In diesem Traum lief er durch die wunderschöne Wildnis, in der er aufgewachsen war. Er lief und lief immer weiter durch Schnee, der so rein und weiß war, dass man kaum wagte, ihn anzufassen. Doch plötzlich wurden seine Beine so müde, dass er sie fast nicht mehr bewegen konnte. Etwas zog ihn zurück … Aber was?

Dann erwachte er und riss die Augen auf. In Wirklichkeit war er so weit von zu Hause weg, wie man nur sein konnte – eingekerkert in einem dunklen Laderaum auf einem großen Schiff.

Der Junge hieß Bärklau. Er gehörte zu einem Stamm namens Nordwanderer und er war nicht immer ein Sklave gewesen. Nur zwei Wochen war es her, als er noch auf den unendlichen Weiten der wunderbaren Eiswüste gespielt hatte und so frei wie die Eisbären und Seehunde war, die sein Volk mit Speeren und Harpunen jagte, um sich von ihrem Fleisch zu ernähren und mit ihren Fellen zu wärmen.

Bis die Wikinger kamen.

Wie aus dem Nichts waren sie aufgetaucht und hatten die Nordwanderer im Schlaf überfallen, sie gefesselt, auf ihre Wikingerboote gezerrt und aus ihrer Heimat verschleppt. Seither hatte Bärklau kein einziges Mal etwas Vernünftiges zu essen bekommen. Und was noch schlimmer für einen zappeligen Jungen war, der es gewöhnt war, über weite weiße Felder zu rennen: Er war seither nicht weiter als ein paar Schritte gelaufen.

Bärklaus Vater war mit anderen Männern vom Stamm auf der Jagd gewesen, als die Wikinger zuschlugen, deshalb war er nicht in Gefangenschaft geraten.

»Bitte Vater …«, flüsterte Bärklau in die Dunkelheit, »bitte rette mich, Vater …«

»HA!«, krächzte Bärklaus unheilvolle, wütende Großmutter, die ebenfalls angekettet neben ihm lag. »Dein Vater kann dich nicht retten, weil er gar nicht weiß, dass du hier auf einem Schiff bist. Und die Götter müssen uns vergessen haben, sonst hätten sie das hier bestimmt verhindert. Die Wikinger sind elendes Gewürm, jeder einzelne von ihnen«, keifte sie in der Dunkelheit. »Noch nie bin ich einem guten Wikinger über den Weg gelaufen. Das ist ein böses, mörderisches Volk … Oh, wenn ich nur einen hier hätte, ich würde ihn zu Hackfleisch verarbeiten! Würde ihm die Leber herausreißen und sie roh essen! Würde ich wirklich! Ich verfluche diese Reise und alle, die sich an Bord befinden!«

»Aber WIR sind doch auch an Bord!«, sagte Bärklau. »Wenn du die Reise und das Schiff verfluchst, dann verfluchst du uns doch auch!«

»Widersprich nicht Erwachsenen, die älter und klüger sind als du!«, schrie ihn die Großmutter schrill an (es ist nicht besonders angenehm, neben einer ständig meckernden Großmutter festgekettet zu sein). »Wir sind doch schon verflucht, verloren, todgeweiht! Uns bleibt doch gar nichts anderes mehr übrig als Hass und Flüche …«

Und so sorgte Bärklaus Großmutter dafür, dass ALLE Nordwanderer andere Leute hassten und verfluchten und ihre Leber roh essen wollten und ihre Wut im Laderaum eines schaukelnden Schiffs in die Dunkelheit hinausbrüllten.

»IHR DA OBEN, PASST BLOSS AUF!«, kreischte Bärklaus Großmutter. Wie ein Wolf heulte sie zum Deck hinauf: »WENN AUCH NUR EINER VON EUCH AUSRUTSCHT UND IN DIE LUKE FÄLLT, WERDEN WIR IHN IN STÜCKE REISSEN, DARAUF KÖNNT IHR GIFT NEHMEN!«

Nur Bärklau blieb still und in der Dunkelheit sah niemand die Tränen, die ihm aus den Augen rannen. Und das war auch gut so, denn ein wahrer Nordwanderer hat ein Herz wie ein Eisbär und weint nicht.

Aber in seinen Gedanken wiederholte er immer wieder: »Bitte, Vater, bitte, hilf mir … bitte, ihr großen Götter, bitte, bitte, helft mir … irgendjemand … wer immer mich hören kann … bitte helft mir … helft mir …«

1. EIN ECHTES WIKINGER-WETTSCHWIMMEN

Es war ein kühler Frühlingstag im Barbarenarchipel. Hicks der Hartnäckige vom Hauenstein der Dritte, Erbe und Hoffnung des Stammes der Räuberischen Raufbolde, stand unglücklich am Strand im Westen des Mordsgebirges, mit nichts am Körper außer seinem Helm, seinem Schwert, seiner Weste und einem winzigen Fellbadehöschen.

Das Mordsgebirge war kein Ort, den man unbedingt besuchen sollte, nicht mal bei bestem Wetter. Sein bloßer Anblick jagte Hicks einen Schauer nach dem andern über den Rücken. Hinter dem schmalen Strand ragten hohe, zackige, grausam aussehende Klippen und Felsen senkrecht in schwindelerregende Höhen. Dazwischen hausten irgendwo unglaublich gefährliche Drachen und Krüppelwölfe, ganz abgesehen vom Totschläger-Stamm, den wildesten, brutalsten Wikingern, die es in der gesamten unzivilisierten Welt gab.

Der Totschläger-Stamm erhielt nicht oft Besuch. Was möglicherweise daran lag, dass sie gerne unwillkommene Eindringlinge auf dem Gipfel des Mordsgebirges an die Himmelsdrachen verfütterten. So was wirkt bekanntlich nicht besonders einladend.

Aber manchmal machten sie auch Ausnahmen. Heute war so ein Tag. Denn ihr Stammeshäuptling Irrwürg der Mörderische hatte es sich in den Kopf gesetzt, so richtig gastfreundlich zu sein, und zwei der anderen Wikingerstämme, nämlich die Räuberischen Raufbolde und die Sumpfdiebe, zu einem kleinen Freundschafts-Schwimmwettkampf auf seine Insel einzuladen.

Es sollte ein richtiger, echter, traditioneller Wikinger-Schwimmwettkampf werden und weil die Wikinger immer schon ein bisschen verrückt waren, fanden solche traditionellen Schwimmwettkämpfe immer bewaffnet statt – Schwerter, Kampfbeile, Dolche, solche Sachen eben.

Anscheinend war bisher noch keiner auf die Idee gekommen, dass ein Schwimmer mit solchen Geräten nicht sehr gut im Wasser lag.

Und so hatten sie sich versammelt, die gesamten Stämme der Totschläger, Raufbolde und Sumpfdiebe. Sie hüpften aufgeregt auf dem spitzsteinigen Kieselufer herum und taten so, als würden sie sich in dem eisigen Wind nicht die Hörner abfrieren. Hinter ihnen schallte das unheimliche, hohle Heulen der Krüppelwölfe und das gierige Kreischen der Himmelsdrachen auf sie herab.

Der eisige Wind kam aus dem Osten und ließ eine Gänsehaut über Hicks’ nackte Arme und Beine wandern. Er blähte die Mäntel auf, zerrte an den Schwertern und riss den Leuten die Helme von den Köpfen, um sie dann wie klapprige Fußbälle das Ufer hinunterzutreiben. Hicks’ winziger Jagddrache Ohnezahn hatte große Probleme mit dem Fliegen, weil er fast weggeblasen wurde.

Ohnezahn war ein besonders klein geratenes Exemplar der Gattung Felddrache, mit Augen, die so unschuldig dreinblickten wie große grüne Renekloden.

»Ohnezahn w-w-würde heute nicht schwimmen gehen, wenn er d-d-du wäre«, riet er Hicks. »Wasser ga-ga-ganz eklig kalt,Ohnezahn schon drin gewest, b-b-beinahe Flügel abgefroren.«

»Ja, danke für den Hinweis,Ohnezahn«, sagte Hicks. (Hicks war einer der wenigen Wikinger, die Drachenesisch sprechen konnten, also die Sprache, in der sich die Drachen verständigten.) »Sehr hilfreich. Ich werde es im Hinterkopf behalten.«

Grobian der Rülpser, Klassenlehrer des Seeräuberausbildungsprogramms auf der Insel Berk, hatte sich bis auf die Fellunterhose ausgezogen und atmete geräuschvoll und genüsslich den eisigen Ostwind ein, als sei er eine liebliche Sommerbrise. »Was für ein wunderbares Schwimmwetter!«, brüllte er begeistert und trommelte sich wie ein rothaariger Orang-Utan mit beiden Fäusten auf die dicht behaarte Brust. »Stellt euch auf und nehmt Haltung an, Jungs, damit ich euch die Wettkampfregeln erklären kann …«

Die zwölf Jungen stellten sich in einer Reihe vor ihrem Lehrer auf. Alle bibberten vor Kälte.

»Also, ihr Bibbersusen!«, brüllte Grobian. »Ein richtiger Wikinger-Schwimmwettkampf ist was ganz anderes als die lächerlichen, armseligen Wettkämpfe, die die Weicheier auf dem Festland austragen. Das hier ist ein HÄRTETEST! Getestet werden eure AUSDAUER, eure KRAFT, euer SELBSTMÖRDERISCHER WAGEMUT …«

»Oh, Mist«, stöhnte Hicks’ bester Freund Fischbein, der einzige Junge im Kurs, der bei sämtlichen Wikingeraktivitäten noch schlechter abschnitt als Hicks. Er hatte spaghettidünne Beine – und konnte nicht schwimmen. »Gefällt mir gar nicht, was er da sagt …«

»In einem echten Wikinger-Schwimmwettkampf«, donnerte Grobian weiter, »gewinnt der, der als LETZTER zurückkommt!«

Von der Reihe der bibbernden Jungen war »Aber Kommandant, das kann ja wohl nicht stimmen?« zu hören.

»Weil nämlich dann«, erklärte Rotznase, ein großer Schlägertyp, der sich die muskulösen Arme vollständig mit Skeletten hatte tätowieren lassen, »Hicks der Nutzlose völlig problemlos gewinnen würde. Er ist nämlich immer der Letzte.«

Hicks stand gerade auf einem Bein, weil das andere halb erfroren war, und versuchte zu grinsen, fiel aber prompt auf den scharfkantigen Kiesel.

»Aha«, grinste Grobian, dessen Bart vor lauter Eifer knisterte, und legte vielsagend einen Finger an die Nase, der dabei allerdings in ein Nasenloch abrutschte. »Nachdenken, Jungs! Wir gehen hier ins Wasser und schwimmen los, und was dann abgeht, ist eine Mutprobe. Wer schwimmt am weitesten, am längsten, über den tiefsten Ozean – und kommt trotzdem wieder in einem Stück und lebend zurück? Im Lauf der Jahrzehnte haben unzählige Krieger in ihrem Stolz die Strecke zurück unterschätzt und sind deshalb kläglich ersoffen …«

»Jippiii«, stöhnte Fischbein.

»Die gute Nachricht ist aber, dass jeder, der bei einem Schwimmwettkampf absäuft, direkt in die Walhalla aufgenommen wird.« Grobian lächelte so wohlwollend, als hätte er den Jungen gerade einen Eimer voller Gold versprochen.

»Ooohhh!«, seufzten die Jungen hingerissen.

»Durchgeknallt«, stöhnte Fischbein und schwankte dabei im Wind wie ein kleiner, mickriger Baum, der jeden Augenblick abbrechen konnte. »Wir sind die einzig vernünftigen Leute in einem Stamm von hirnamputierten HALBAFFEN.«

»Fragen?«, bellte Grobian.

Hicks’ Finger ging in die Höhe. »Nur eine winzig kleine Frage, Kommandant. Werden wir nicht innerhalb von fünf Minuten erfrieren?«

»Sei kein Weichei!«, röhrte Grobian. »Wenn ihr euch dick mit Blubberflüglerschleim eingeschmiert habt, wird euch schon warm genug bleiben, damit ihr nicht VÖLLIG ABKRATZT … Das gehört alles mit zum Spiel. Ihr müsst euch immer überlegen: Halte ich es noch so lange aus, dass ich den Wettkampf gewinne, aber NICHT SO LANGE, dass ich erfriere?«

Grobian ging an der Reihe entlang und inspizierte die Jungen, bevor sie mit ihren Gegnern zusammentrafen. »Sehr schick, Rotznase, Kinn hoch, Taubnuss Junior … Hast du nicht noch was vergessen, Planlos?«

»Ich hab doch mein Schwert, Kommandant?«, sagte Planlos verwundert.

»Dein Schwert schon«, gab Grobian zu, »aber NICHT deine Schwimmfellhose. Zieh sie schnell an, Junge. Ich glaube nicht, dass Thor dich splitterfasernackt in die Walhalla hineinlassen würde. Will ich mir gar nicht erst vorstellen …«

Er ging weiter an der Reihe entlang, bis er vor Fischbein wie angewurzelt stehen blieb. »WAS«, röhrte Grobian mit furchtbarer Stimme, »WAS in Thors Namen sind DIESE DINGER?«

»Schwimmflügel, Kommandant«, antwortete Fischbein zackig und schaute geradeaus.

»Fischbein kann nämlich nicht schwimmen, Kommandant«, verteidigte Hicks seinen Freund. »Deshalb haben wir ihm die Schwimmflügel gebastelt. Sie sind aus Schweineblasen. Sonst säuft er ab wie ein Stein.«

»Wie ein Stein«, bekräftigte Fischbein eifrig.

»UM WOTANS WILLEN«, donnerte Grobian, »was wird wohl der Totschläger-Stamm von uns denken, wenn sie DIESE DINGER sehen? Die lachen sich doch tot über uns! Ich leihe dir meinen Umhang, Fischbein, damit du sie darunter verstecken kannst. Hoffen wir, dass es niemandem auffällt. Thor, gib mir Kraft …«

»So – hat jeder seinen Jagddrachen dabei?«, bellte Grobian dann.

Natürlich hatten die Jungen ihre Jagddrachen mitgebracht. Sie hockten auf dem Sand, die Flügel über die Köpfe geschlagen, um sich gegen Wind und Regen zu schützen.

»Während ihr schwimmt, sollten eure Jagddrachen direkt über euren Köpfen fliegen, dann kann man euch vom Strand aus besser erkennen. Nebenbei können sie euch auch vor Raubtieren warnen – Haie, Feuerquallen, eben Viecher, die da draußen herumschwimmen … Okay – ihr könnt jetzt abtreten und euch bereit machen. In ungefähr fünf Minuten seid ihr am Start, ist das klar?«

Die Jungen trafen ihre letzten Vorbereitungen, wobei sie aufgeregt miteinander plauderten.

»Hallo, ihr Loser«, spottete Rotznase, ein großer, fieser Junge mit so riesigen Nasenlöchern, dass man eine Salatgurke hätte hineinschieben können (was Ohnezahn TATSÄCHLICH mal getan hatte), und den widerlichen ersten Härchen eines Schnurrbarts auf der Oberlippe, die wie eine kleine, haarige Raupe aussahen. »Ich hoffe, die Zimperliese Hicks hat ihren Hündchenkraulstil gut genug trainiert …«

Dabei schlug er Hicks so kräftig auf den Rücken, dass dieser der Länge nach auf den Strand fiel.

»Harr, harr, harr!«, lachte Stinker der Dussel, Rotznases Kumpel, der nicht weniger fies war als Rotznase. Mit seiner Schwimmbrille sah Stinker eher wie ein Gorilla aus, der sich Donuts auf die Augen gelegt hatte.

»Irre komisch, Rotznase«, antwortete Hicks und spuckte Sand und Kieselsteine aus.

»Ihr beide seid doch normalerweise unschlagbar, wenn es darum geht, als Letzte ans Ziel zu kommen«, schnaubte Rotznase. »Das hier könnte eure einzige Chance sein, endlich mal was zu GEWINNEN. Gebt euch ein bisschen Mühe und schwimmt wenigstens so weit hinaus, dass euch das Wasser über die Knie geht, bevor ihr wie jämmerliches Plankton ans Ufer zurückkriecht! Wir ECHTEN Raufbolde wollen uns nicht mit euch blamieren! Jedenfalls nicht mehr, als unbedingt nötig. Übrigens: hübsche Schwimmflügel, Fischbein …«

Da nahm Stinker der Dussel den Topf mit schleimig-grünem Blubberflüglerfett, den Fischbein dummerweise noch in der Hand hielt, und goss ihn über Fischbeins Kopf aus. Dann schlenderten er und Rotznase davon, wobei Rotznase vor Lachen die Schenkel zusammenpressen musste. Rotznases Sinn für Humor war ziemlich schlicht.

»Ich hoffe, dass ihn ein Todesschnaufer holt«, murmelte Fischbein düster, nahm die Brille ab und versuchte, mit einer Ecke eines Schwimmflügels das schmierige Zeug von den Gläsern zu wischen. Aber damit verschmierte er das Fett nur noch mehr, sodass er jetzt durch die Brille überhaupt nichts mehr sehen konnte.

»Der würde ihn doch gleich wieder ausspucken«, meinte Hicks sogar noch düsterer, während er versuchte, Sand und Kiesel von sich abzuwischen, was ihm aber nicht gelang, weil er sich vollständig mit Blubberflüglerfett eingeschmiert hatte und das Zeug sehr klebrig war. »Ich wette, er schmeckt grauenhaft.«

PAAAAAA-PAPAPAAA PAA-PAPAPAAAAA!

Ein Musiker vom Totschläger-Stamm blies ins Horn, um die Wettkämpfer zum Start des Wettschwimmens zu rufen …

2. MÖGE DER FETTESTE SIEGEN!

Hicks’ Vater und Großvater kamen zum Start, um ihm alles Gute zu wünschen.

Hicks’ Vater, Haudrauf der Stoische – ERBEBT BEI SEINEM NAMEN! – war der Häuptling des Stammes der Räuberischen Raufbolde. Er war ein Wikinger wie aus dem Bilderbuch, sechseinhalb Fuß groß, mit einem Bauch so bauchig wie ein Schlachtschiff und einem Bart, der so stachelig aussah wie ein vom Blitz getroffenes Schneestachelschwein. Heute war er ausnahmsweise bester Laune, denn die Freuden des Frühlings waren ihm in sämtliche Knochen gefahren.

»Sagenhafter Tag für ein Wettschwimmen!«, dröhnte Haudrauf fröhlich.

»Da bin ich nicht so sicher«, schnaufte Alt Faltl, Hicks’ Großvater, der einer der Schiedsrichter des Wettkampfs war. Alt Faltl war so faltig, wie sein Name sagte, faltiger als eine Austernschale. Im Lauf seiner neunzig Jahre war sein Rücken vom unerbittlichen Wind, der im Barbarenarchipel herrschte, krumm und schief geblasen worden. Sein weißer Bart war so lang, dass er ihn hinter sich herschleppte, sodass er ständig mit kleinen Muscheln und Seetang verfilzt war.

Alt Faltl hatte vergeblich versucht, Haudrauf davon abzubringen, beim Wettkampf mitzumachen.

»Ich hab in die Zukunft geblickt und das Omen ist nicht günstig«, flüsterte der Alte.

»UNSINN!«, höhnte Haudrauf. »Jeder weiß doch, dass du beim In-die-Zukunft-Blicken ein total hoffnungsloser Fall bist, Alt Faltl. Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass ICH das Wettschwimmen gewinne!«, verkündete Haudrauf, der Bescheidenheit nicht im Programm hatte. »Und von dir, Hicks, erwarte ich, dass DU diesen Rotznase Rotzgesicht besiegst und so weiter …«

Rotznase Rotzgesicht war Hicks’ Vetter. Er war gute eineinhalb Fuß größer als Hicks, unglaublich muskulös, knallhart und Hicks in praktisch allem überlegen. Hicks hatte absolut keine Chance, ihn bei dem Wettschwimmen zu besiegen.

Aber Haudrauf hatte keinen Sinn für solche Feinheiten. Er schlug seinem Sohn aufmunternd auf die Schulter. »Ich WEISS, dass du es kannst, Sohn!«, rief er begeistert. »Du bist vielleicht klein, aber du bist zäh! Deine Beine mögen vielleicht ein bisschen zu dünn sein, aber du hast den alten Kampfgeist der Hauensteins in deinen kleinen Knorpelknochen! Du musst dir nur immer eins sagen, mein Junge«, verkündete Haudrauf, packte Hicks an beiden Schultern und schaute ihm in die Augen, »nämlich: NICHT AUFGEBEN! Sag’s mir nach!«

»Nicht aufgeben«, sagte Hicks langsam und bibbernd.

»LAUTER!«, bellte Haudrauf und stieß die geballte Faust in die Luft.

»NICHT AUFGEBEN!«, schrie Hicks und stieß ebenfalls die geballte Faust (na ja, das Fäustchen) in die Luft.

»GENAU! DAS IST DER RICHTIGE KAMPFGEIST!« Haudrauf strahlte über das ganze behaarte Gesicht. »Ich weiß, dass du mich stolz machen wirst, mein Sohn, also enttäusche mich bloß nicht!« Und nach einem weiteren herzhaften Schlag auf Hicks’ Schulter marschierte Haudrauf davon.

Alt Faltl und Hicks schauten ihm seufzend nach.

»Er hat ein gutes Herz … eigentlich«, murmelte Alt Faltl schließlich. »Nur hört er eben NIE zu.«

»Stimmt«, nickte Hicks betrübt. »Zuhören kann er nicht. Ich hab doch nicht die GERINGSTE CHANCE, Rotznase zu besiegen.«

Alt Faltl betrachtete seinen Enkel nachdenklich mit seinen hellen, rasiermesserscharfen Augen. »Wir werden sehen«, sagte er. »Hör mal zu, Hicks, das ist sehr wichtig. Hast du dein Tickdings dabei?«

»Ja«, antwortete Hicks überrascht.

Das Tickdings war ein seltsamer, runder Gegenstand. Die Oberseite bestand aus einer harten Scheibe, die so durchsichtig war wie Eis. Und darunter waren seltsame Runen zu sehen, die in verschiedenen Kreisen angeordnet waren, und dazu mindestens sieben Pfeile in völlig verschiedenen Farben, die so befestigt waren, dass sie sich drehen konnten.

Hicks hatte bereits entdeckt, dass das Tickdings bei ganz unterschiedlichen Sachen hilfreich sein konnte. Zum Beispiel schien ein Pfeil die Zeit anzuzeigen. Ein anderer wies immer nach Norden, was wirklich sehr nützlich war, wenn man sich verlaufen hatte. Und weil heute sehr wechselhaftes Wetter herrschte und die Gefahr bestand, dass man von dem starken Ostwind vom Kurs abgetrieben wurde, war sich Hicks sicher, dass das Tickdings heute besonders nützlich sein würde. Und wasserdicht war es auch.

Hicks’ einzige Sorge war, dass er es VERLIEREN könnte, deshalb hatte er es an eine lange Schnur gebunden und dann in die Wamstasche geschoben.

»Ausgezeichnet!«, sagte Alt Faltl, »gib es mir doch für einen Moment, Hicks.«

Hicks nahm das Tickdings aus der Tasche. Alt Faltl öffnete die Rückseite und fummelte an den winzigen Knöpfen im Innern herum.

»Und jetzt hör mir genau zu, Hicks«, sagte Alt Faltl schließlich. »Es bleibt leider nicht mehr genug Zeit, es dir genau zu erklären, aber du musst UNBEDINGT innerhalb von DREI MONATEN, FÜNF TAGEN und SECHS STUNDEN an den Strand hier zurückkommen. Hast du das verstanden?«

»DREI MONATE, FÜNF TAGE UND SECHS STUNDEN!«, stöhnte Hicks auf. »Was meinst du denn DAMIT? Ich werde es da draußen nicht mal fünfzehn Minuten lang aushalten!«

»Ich hab den Wecker gestellt«, erklärte Alt Faltl und schob das Tickdings wieder in Hicks’ Tasche zurück. »Sobald dir nur noch sechs Stunden bleiben, fängt es an, lauter zu ticken. Und wenn der Wecker losgeht … na ja, dann weißt du wenigstens, dass du zu spät dran bist … ABER SEI NICHT ZU SPÄT DRAN, Hicks, verstanden? Ich zähle auf dich, Junge …«

Und damit eilte Alt Faltl zum Tisch der Kampfrichter hinüber. Hicks starrte ihm sprachlos hinterher und brachte nur noch ein »Verrückt wie eine durchgeknallte Miesmuschel« hervor.

Inzwischen hatten sich sämtliche Wettkampfschwimmer an der Startlinie versammelt, die dreißig Fuß von der Wasserlinie entfernt in den Sand gezogen worden war. Alle plapperten aufgeregt miteinander.

Berta die Prallbusige, Häuptling des Stammes der Sumpfdiebe, klatschte ganze Wagenladungen von Blubberflüglerfett auf ihre massiven Arme und ihren gigantischen Busen. Ihre Brüste wogten so freudig im Wind, dass es aussah, als würden sie mit Berta jeden Moment wie zwei prall aufgeblasene Heißluftballons in den Himmel steigen.

Berta hatte eine Stimme wie ein Nebelhorn, die so weit schallte, dass sie noch auf den übernächsten Inseln zu hören war. Gerade erklärte sie allen, die sich im Umkreis von zwei oder drei Meilen aufhielten, wer SIE war, nämlich Berta die UNSINKBARE, die ultimative Schwimmmeisterin des Archipels, und dass die anderen Wettkampfteilnehmer gleich einpacken könnten.

Währenddessen reichten sich die Totschläger ihre Schwerter, Streitäxte, Speere und Totschlaghämmer von Hand zu Hand weiter. Das sah so gut geplant und wohlüberlegt aus, dass sie Hicks an eine Bande haariger Kannibalen erinnerten, die nur auf ihr Abendessen warteten.

Irrwürg der Mörderische, Häuptling des Totschläger-Stammes, stand ebenfalls an der Startlinie und dehnte und streckte die Arme, an denen ein gewaltiger Bizeps drohend zuckte. Selbst in diesem starken Wind roch er wie ein drei Wochen alter Seehundkadaver – ein stinkender Riese, volle sieben Fuß groß, mit höchst widerlichen blauschwarzen Totenschädel-Tätowierungen auf beiden Wangen.

Irrwürgs grausigste Eigenschaft war, dass er niemals sprach. NIEMALS. Warum, wusste niemand genau. Manche Leute behaupteten, er habe bei einem Ringkampf mit einem Sturmdrachen seine Zunge zurücklassen müssen. Andere glaubten, eine schwere Erkältung habe ihm die Stimme geraubt, als er noch ein Baby war. Was auch immer die Ursache gewesen sein mochte, war also unklar; fest stand nur, dass niemand jemals von ihm mehr als nur ein Grunzen zu hören bekommen hatte. Deshalb hatte er immer seinen Helfershelfer Faulzahn dabei, der neben ihm wie ein widerlicher kleiner Eiterpickel aussah und das Reden für ihn erledigen musste.

Das Hohe Schiedsgericht des Schwimmwettkampfs bestand aus drei Richtern; einer von ihnen war Alt Faltl, Hicks’ Großvater. Er war für die Zeitnahme des Wettschwimmens zuständig.