Drei Jahre ohne Schlaf?! - Katharina Meier-Batrakow - E-Book

Drei Jahre ohne Schlaf?! E-Book

Katharina Meier-Batrakow

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Beschreibung

Gähnen war gestern: bedürfnisorientierte Lösungen für ausgeschlafene Kinder - und Eltern! Das erste Buch von der Expertin für Baby- und Kleinkindschlaf vereint endlich alle Antworten zum Thema  Bekommt mein Kind genug Schlaf? Sind zwanzig Minuten am Nachmittag normal und wieso weckt es sich nachts selbst mit seinen Arm- und Beinbewegungen auf? Und hey, was ist eigentlich mit mir, ich will endlich auch mal wieder schlafen! Katharina Meier-Batrakow unterstützt Familien dabei, wieder in einen guten Tag-Nacht-Rhythmus zu finden. Die Psychologin ist Expertin für Baby- und Kleinkindschlaf und selbst Mama von zwei Kindern. In ihrer Praxis berät sie Eltern in allen Fragen rund um das Thema Schlaf auf der Basis bedürfnisorientierter Erziehung, neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und - je nach Alter - sanfter Verhaltenspraxis. Dabei geht sie auf unterschiedliche Schlaftypen ein, gibt fundierte Antworten auf die häufigsten Fragen und erklärt verständlich anhand von Beispielen aus ihrer Praxis. Eltern finden hier endlich Gewissheit sowie im Familienalltag einfach umzusetzende Tipps und unkomplizierte Lösungen für einen erholsamen Familienschlaf.  - Die häufigsten Fragen und Antworten zur Schlafentwicklung im Baby- und Kleindkindalter - Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse verständlich erklärt - Nützliche Tipps aus der Praxis für einen erholsamen Familienschlaf - Leicht zu erlernende Entspannungstechniken für ElternMit Katharina Meier-Batrakow kommen Sie und Ihre Kinder nachts endlich zur Ruhe Die Autorin ist klinische Psychologin (M.Sc.) in Weiterbildung zu Kinder und Jugendlichen Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). Im Frühjahr 2020 gründete sie "Elternschirm"und unterstützt seither Eltern - überwiegend bei Themen rund um den Baby- und Kleinkindschlaf. Zuvor arbeitete sie in einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie in einer Institutsambulanz. Sie ist selbst Mama von zwei kleinen Kindern. Das bedürnisorientierte Schlafbuch - ein Muss für alle übermüdeten Eltern!

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Seitenzahl: 280

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Impressum

© eBook: 2023 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2023 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Petra Bradatsch

Lektorat: Margarethe Brunner

Bildredaktion: Nele Schneidewind

Covergestaltung: ki 36 Editorial Design, München, Bettina Stickel

eBook-Herstellung: Vicki Braun

ISBN 978-3-8338-8925-7

1. Auflage 2023

Bildnachweis

Coverabbildung: Getty Images

Illustrationen: Nina Tiefenbach, Istock, Stocksy, Sergej Willer

Syndication: www.seasons.agency

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GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12

Wichtiger Hinweis

Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung der Verfasserin dar. Sie wurden von der Autorin nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

DREI JAHRE OHNE SCHLAF

Dieses Buch ist genau richtig für dich …

Wenn du dir nichts mehr wünschst als eine Mütze voll Schlaf. Für dein Baby, für die ganze Familie und natürlich für dich selbst. Wenn du verstehen willst, wie Babys und Kleinkinder in puncto Schlaf ticken und wie du mit diesem Wissen eure heimische Schlafsituation verbessern kannst.Wenn du überzeugt bist, dass ein bindungsorientierter Erziehungsstil euer Ding ist und dass Selbstfürsorge und ausgeruhte Eltern dafür essenziell sind.Wenn dich die Schlafgewohnheiten deines Babys oder Kleinkindes allmählich anstrengen und du dir eine liebevolle Veränderung wünschst.Wenn du wissen willst, wie sich Schlafgewohnheiten in kleinen Schritten und ohne Schlaftraining nach der Ferber-Methode verändern lassen.

EULE, LERCHE ODER CHAMÄLEON –

Welche Schlaftypen leben in deiner Familie?

Jeder von uns hat eine angeborene innere Uhr, die den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst. Auf die innere Uhr zu hören, kann dazu beitragen, schneller einzuschlafen, leichter aus dem Bett zu kommen und am Tag konzentrierter bei der Sache zu sein. Die folgenden Fragen helfen dir einzuschätzen, zu welchen Schlaftypen du und dein Kind (ab vier Monaten) gehören.

1.Wann wachst du morgens auf?

Wann meldet sich dein Baby am Morgen?

Ich wache früh auf und stehe auch ohne Wecker vor 6:30 Uhr auf.Mein Kind meldet sich vor 6 Uhr, egal ob es früh oder spät ins Bett gegangen ist.Ich wache zwischen 6:30 und 7:30 Uhr auf – auch ohne Wecker.Mein Kind wacht zwischen 6:30 und 7:30 Uhr auf, darauf ist Verlass!Alles vor 8 ist Nacht! Wenn ich könnte, würde ich erst vormittags aufstehen.In der Regel wecke ich mein Baby auf, sonst schläft es länger als 7:30 Uhr.

2.Zu welcher Tageszeit fühlst du dich fit und leistungsfähig?

Zu welcher Tageszeit ist dein Baby munter und bereit, die Welt zu erkunden?

Vormittags kann ich am besten arbeiten und mich konzentrieren. Unser Baby macht morgens die Augen auf und ist sofort »voll da«.Ich fühle mich vormittags und nachmittags gleich leistungsfähig.Unser Kind ist ausgeglichen und munter, da gibt es keine besonderen Zeiten. Ich brauche Zeit, um wach zu werden, nachmittags und abends bin ich fit.Vormittags wird unser Baby schnell wieder müde, nachmittags möchte es spielen und etwas erleben und am Abend ist es richtig munter.

3.Wann wirst du abends müde und schlafbereit?

Wann schläft dein Baby für gewöhnlich ein?

Ich könnte schon mit meinem Baby schlafen gehen. Einschlafen ist kein Problem. Mein Kind ist um 18 Uhr durch und könnte schon am Abendbrottisch einschlafen.Ich habe keine feste Schlafenszeit, mal länger aufzubleiben ist kein Problem.Unser Kind wird jeden Abend ungefähr zwischen 19 und 20 Uhr müde, genießt die Abendroutine und schläft recht zügig ein.Ich gehe spät ins Bett und brauche lange, um einzuschlafen. Abends ist unser Baby richtig munter, schläft erst nach 20 Uhr ein und würde gern noch länger wach bleiben.

Auflösung

LERCHE

Wenn du überwiegend mit a geantwortet hast, gehörst du oder dein Kind zu den Lerchen.

Tipp:Wenn möglich, plane für Lerchen den Tag so, dass Aktivitäten am Vormittag oder frühen Nachmittag stattfinden. Gestalte eure Abende möglichst ruhig und entspannt und läute rechtzeitig das Abendritual ein. So hat dein Kind Zeit, runterzukommen und sich auf die Nachtruhe einzustellen. Rechne damit, dass dein Kind zeitweise früh einschläft – und auch früh erwacht, und versuche, deinen eigenen Rhythmus ein wenig daran auszurichten. Nur bedingt lassen sich Baby-Lerchen dazu bewegen, etwas länger zu schlafen.

EULE

Wenn du überwiegend c gewählt hast, gehörst du oder dein Kind zu den Eulen.

Tipp: Action ist am frühen Morgen eher ein Stressfaktor, denn Eulen fällt es schwer, früh aufzustehen und dann gleich Gas zu geben. Lege eure Aktivitäten daher besser auf den späten Vormittag oder den Nachmittag und lasse es morgens gemütlich angehen. Als Eulen-Mama oder -Papa darfst du dich dann damit arrangieren, dass die abendliche Me-Time ein Stündchen nach hinten verlegt wird. Denn »früh ins Bett« ist mit einer Eule meistens nicht drin. Eulen-Kinder profitieren von abendlichen Routinen, damit sie zur Ruhe kommen können.

CHAMÄLEON

Wer überwiegend mit b geantwortet hat, gehört zu den ausgeglichenen Schlaftypen.

Tipp:Du kannst das Chamäleon unterstützen, indem du Termine und Aktivitäten in diese regelmäßigen Schlaf- und Wachstrukturen einbettest. Schaffe auch am Tag Raum für einen Wechsel zwischen aktiven und entspannten Phasen und biete Chamäleon-Babys Zeiten an, in denen sie ihren Bindungstank füllen können. Wenn du mal von der Schlafroutine abweichen musst, stellt das für das Chamäleon in der Regel kein Problem dar – Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.

Wie wohl fühlst du dich mit eurer aktuellen Schlafsituation?

Bewerte, ob folgende Aussagen auf eure Schlafsituation zutreffen UND ob dich dieser Status quo belastet. Befrage auch deinen Partner/deine Partnerin, um seine/ihre Haltung kennenzulernen. Die Auflösung findest du auf der rechten Seite. Hier kannst du auch nachlesen, welche nächsten Schritte du unternehmen kannst, damit das »Thema« Schlaf von allen Familienmitgliedern als positiv empfunden werden kann.

Trifft zu

Trifft nicht zu

Belastet mich

Belastet mich nicht

Die Einschlafbegleitung dauert regelmäßig länger als 30 Minuten.

Nachts möchte dein Baby regelmäßig an der Brust nuckeln und wacht auf, wenn du versuchst, die Verbindung zu lösen.

Dein Baby oder Kleinkind schläft nur mit Bewegung ein (Trage, Auto, Kinderwagen, Federwiege)

Dein Baby oder Kleinkind besteht zum Schlafen auf Körperkontakt. Wenn du es ablegen möchtest oder das Bett verlässt, wacht es auf.

Nach dem ersten Einschlafen wird das Baby oder Kleinkind in regelmäßigen Abständen wach und ruft nach dir.

Das Baby meldet sich jede Nacht mehrmals, um zu trinken.

Dein Kleinkind schläft im eigenen Bett und kommt jede Nacht ein- oder mehrmals zu dir, weil es nicht allein sein möchte.

Zum Einschlafen möchte dein Kind an deinen Haaren ziehen, deine Brust anfassen oder deine Hand halten.

Das Einschlafen am Abend zögert dein Kind hinaus, es wehrt sich förmlich dagegen.

Das Einschlafen ist häufig mit Weinen verbunden.

Wenn du eine oder mehrere Fragen mit »trifft zu« beantwortet hast, sagt das zunächst rein gar nichts über euch und eure Schlafsituation aus! Denn all das sind typische Verhaltensweisen und Situationen, die im Baby- und Kleinkindalter auftreten können. Hast du hingegen zusätzlich ausgewählt, dass dich eine oder mehrere dieser Situationen belasten, wäre hier die Chance, genauer hinzusehen, denn die Bedürfnisse sowie Grenzen aller Familienmitglieder verdienen es, beachtet zu werden. Wenn du dann beschließt, eure Schlaf- und Einschlafgewohnheiten verändern zu wollen, gibt es zum Glück viele einfühlsame und bedürfnisorientierte Möglichkeiten – ein Schlaftraining ist hierfür weder notwendig noch empfehlenswert.

Bevor du startest, mag ich dir einige Impulse mitgeben:

Schritt eins:Überlege, was GENAU du ändern willst, und warum. Wo werden deine Grenzen missachtet, welche Bedürfnisse sind nicht erfüllt?

Schritt zwei:Nimm die Perspektive deines Kindes ein: Welche Bedürfnisse könnten hinter den Gewohnheiten deines Kindes stehen?

Schritt drei:Überlege, wie du diese Bedürfnisse anderweitig erfüllen könntest und/oder aktiviere bisher ungenutzte Ressourcen (z. B. Freunde, Familienmitglieder …).

Schritt vier: Schmiede einen Plan. Wann, wie und wo möchtest du diesen umsetzen? Wer soll die Veränderung begleiten?

Schritt fünf:Begleite dein Kind liebevoll und fürsorglich durch den Veränderungsprozess. Wie das genau ablaufen kann, liest du detailliert in diesem Buch.

VORWORT

Als wir unser erstes Baby erwarteten, absolvierte ich gerade mein Masterstudium in klinischer (Kinder-)Psychologie und war bestens ausgestattet mit Information zur kindlichen Entwicklung. Ich hatte schon in der Schwangerschaft einen ausgeklügelten Plan: Zeitnah führe ich eine kleine Schlafroutine ein, kuschle das Baby müde und lege es dann noch wach im Schlafsack in das neu angeschaffte Beistellbett, wo es friedlich einschläft, während ich das Köpfchen streichle und die Spieluhr Brahms Wiegenlied summt. Mit rund einem halben Jahr haben wir dann so viel Routine und Übung, dass auch das Durchschlafen in der Nacht gelingt.

Manch einer wird schon an dieser Stelle über meine Naivität schmunzeln, doch ich war überzeugt: ICH kriege das hin!

Und dann war es so weit, unsere wundervolle Tochter wurde geboren und brüllte uns förmlich ins Gesicht, dass SIE mit meinem Plan so gänzlich nicht einverstanden war. Noch in der ersten Nacht zu Hause wurde das Beistellbett zum Nachttisch umfunktioniert, der Schlafsack gegen ein Pucktuch getauscht und ich saß wach im Bett und hielt sie im Arm, damit sie schlafen konnte. Ich weinte, weil mir dämmerte, dass mein neues Leben vor allem eines sein würde: schlaflos. Und damit hatte ich zwar die richtige Intuition, aber keinen Plan mehr parat.

Alles, was ich wusste, kannte oder las, half uns nicht weiter. Dieses Baby wollte nicht im Bett einschlafen, wachte nach 30 Minuten auf und wechselte am Abend stundenlang zwischen Stillen und Weinen hin und her. Wir übten uns in Akzeptanz und Durchhaltevermögen, wobei von außen immer wieder an unserer elterlichen Intuition gerüttelt wurde. Bei der U5 schaute unser Kinderarzt skeptisch, als ich berichtete, dass sich das Einschlafen weiterhin schwierig gestalte und ich unsere Tochter jeden Abend in den Schlaf tragen würde. Er machte sich Notizen und gab uns zum Abschied ein Buch mit, das ein Schlaftraining beschrieb. Dieses Buch hieß: »Jedes Kind kann schlafen lernen«.

Als Psychologin wusste ich, dass dies nicht unser Weg sein würde, doch die Mutter in mir war verunsichert und suchte weiter nach Antworten und möglichen Lösungen für friedlicheres Einschlafen und längere Schlafphasen in der Nacht.

Wir hakten beim Kinderarzt nach. Heraus kamen wir mit einer Überweisung zur Schreiambulanz. Nach einiger Wartezeit bekamen wir tatsächlich einen Termin und ich erhoffte mir neue Erkenntnisse darüber, wie ich unsere Schlafsituation verbessern könnte und wir alle wieder mehr Ruhe abbekommen würden. Aber es war ernüchternd: Wir kamen aus dem stundenlangen Termin mit einer Anleitung für die Durchführung eines Schlaftrainings heraus.

Scheinbar gibt es tatsächlich nur diese Einbahnstraße, wenn sogar die Expertinnen in der Schreiambulanz ein Schlaftraining nahelegen. Mein Körper und mein Kopf sagten »Nein«, doch die Müdigkeit rief laut »Ja!«. Wir probierten das empfohlene Vorgehen aus und legten unsere damals einjährige Tochter abends ins Gitterbett.Ich gestaltete alles so angenehm und gemütlich wie möglich, und doch kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem sie begriff, dass sie nun tatsächlich dort bleiben und schlafen sollte. Ohne Körperkontakt, ohne Stillen, ohne das gewohnte Tragen. In ihren Augen sah ich die pure Verwirrung – »Wie soll das denn gehen? Mama, sag es mir!« Ich streichelte und tröstete. Natürlich half alles nicht: Sie begann bitterlich und untröstlich zu weinen.

Ich brach das Experiment ab, denn mir wurde klar, dass ein vorgefertigtes Schlaftraining unsere Schlafprobleme nicht lösen würde. Ich kannte mein Kind wie niemand anders, ich kannte ihre Bedürfnisse, ihre Wünsche und Vorlieben, ich kannte ihre Entwicklung – die Lösung konnte also nur individuell sein. Und ja, ich fand eine Lösung, die sich heute als bedürfnis- und entwicklungsorientierte Schlafbegleitung beschreiben lässt.

Ich hoffe, dass auch du mit diesem Buch Verständnis, Ideen und Zuversicht gewinnst, euren Familienschlaf individuell nach euren Bedürfnissen zu gestalten.

Deine Katharina

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Besser schlafen

MEIN ANSATZ

So wie dein Fingerabdruck ist auch dein Schlaf einzigartig. Es gibt nicht die eine richtige Art einzuschlafen, es gibt nicht die eine optimale Schlafdauer und nicht die eine beste Schlafumgebung – es gibt nur die zu dir passende. Und das gilt auch für dein Kind.

JEDES KIND SCHLÄFT ANDERS

Wie dein Kind schläft, ist individuell und wird beeinflusst von verschiedenen übergeordneten Faktoren wie der Biologie deines Kindes, seinem Entwicklungsstand, seinen bisherigen Lernerfahrungen und seiner Gesundheit. Auch tagesaktuelle Einflüsse wie Licht, Bewegung, Ernährung und Stress können sich auf den Schlaf auswirken (siehe Abbildung >). Ebenso wichtig sind die Bedürfnisse: »Mama, ich hab’ noch Hunger!«, »Mama, ich muss noch mal Pipi.« Wer noch offene Bedürfnisse hat, kann nicht gut schlafen, und unsere Kleinsten brauchen bei der Erfüllung ihrer Bedürfnisse (noch) unsere Hilfe.

Gerade weil es so viele Einflussfaktoren sind, die sich kurz- oder langfristig auf den Schlaf auswirken, ist es mir wichtig zu zeigen, dass es für einen erholsamen Familienschlaf kein Instant-Rezept zu kaufen gibt. »Alle Zutaten richtig zusammengemischt und alle Schritte befolgt, und dein Kind wird mit Sicherheit durchschlafen.« Das ist zwar ein schönes Werbeversprechen – aber nein, so funktioniert das nicht! Einen Behandlungsplan, mit dessen Hilfe sich alle Schwierigkeiten rund um das Thema Schlaf in drei, vier oder zehn Schritten lösen lassen, gibt es nicht. Wobei ich mich korrigieren muss: Pläne und Methoden gibt es zuhauf. Sie basieren meist auf Verhaltenskonditionierung (siehe ab >), also der Idee, dass guter Schlaf lediglich eine Übungssache ist, und werden auch heute noch in einigen Ländern (meist Industrienationen) als Status quo der erfolgreichen Schlafberatung angesehen. Klassische Schlaftrainings und abgewandelte, »sanfte« Formen finden hierzulande aber immer weniger Anklang bei Eltern, Experten und Expertinnen. Auch ich unterstütze diesen Trend, denn Schlaftrainings sind keine Patentlösung für alle Probleme rund um den Schlaf, vor allem auch weil das Schlafverhalten von mehr Faktoren abhängt als dem Erziehungsverhalten der Eltern und den Gewohnheiten des Kindes. Ich finde es ein wenig anmaßend und gleichzeitig auch typisch für uns Erwachsene, zu meinen, wir könnten mit einem knackigen Trainingsplan jahrtausendelange Evolution austricksen.

Aus meiner Sicht geht es hier nicht darum, verschiedene Erziehungsmethoden, Beratungsschulen oder die Meinung von Experten und Expertinnen zu beurteilen, sondern darum, das viele und gute Wissen, das wir heute haben, für einen entwicklungs- und bedürfnisorientierten Umgang mit dem kindlichen Schlaf zu bündeln und in den familiären Alltag zu übersetzen. Denn das sollte doch unser Ziel sein: Uns und unseren Kindern einen positiven und gesunden Umgang mit einem der wichtigsten Grundbedürfnisse überhaupt zu ermöglichen – dem Schlaf!

Bedürfnisorientierung

Du denkst jetzt vermutlich, dass die Formulierung »einen positiven und gesunden Umgang mit dem Thema Schlafen finden« ganz gut klingt, und fragst dich, was genau du nun tun könntest, um euren Familienschlaf entwicklungs- und bedürfnisorientiert zu gestalten. Lass uns zunächst eine gemeinsame Sprache schaffen, indem wir uns ansehen, was die Begriffe Bedürfnis- und Entwicklungsorientierung für mich in Bezug auf den Familienschlaf bedeuten und welche Bedürfnisse in puncto Schlaf eine Rolle spielen.

Wenn du schon Kinder hast oder bald eines bekommst, hast du vermutlich bereits bemerkt, dass wirkliche alle Menschen in deinem Umfeld eine eigene Meinung zum Thema Erziehung haben. Die einen setzen auf Regeln und Strenge, andere empfehlen dir, die Kinder einfach machen zu lassen oder dir mal die bedürfnis- oder bindungsorientierte Erziehung anzuschauen. Erziehungsstile gibt es viele und welcher davon gerade »en vogue« ist, verändert sich im Laufe der Generationen immer wieder.

Aktuell erlebt in westlichen Kulturen die »bedürfnisorientierte Erziehung« einen großen Boom. Dieser Stil hat sich unter anderem aus dem amerikanischen Ansatz des ATTACHMENT PARENTING entwickelt, bei dem es darum geht, eine positive und starke Bindung zwischen Mutter und Kind zu fördern, indem viel körperliche Nähe, Stillen und gemeinsames Schlafen praktiziert wird.

So dargestellt wirkt der Ansatz zwar durchaus lobens- und erstrebenswert, allerdings nicht mehr ganz zeitgemäß, denn ein Baby kann auch eine sichere und starke Bindung entwickeln, wenn es beim Vater in der Trage schläft, mit der Flasche ernährt wird oder eben nicht im gemeinsamen Bett, sondern in einem Beistellbett in der Nähe der Eltern schläft. Hierzulande wird deshalb eher von der BEDÜRFNISORIENTIERTEN ERZIEHUNG gesprochen. Auch hier geht es im Kern darum, die sichere Bindung zwischen Kindern und Bezugspersonen zu fördern und aufrechtzuerhalten, in dem die kindlichen Bedürfnisse gesehen und angemessen beantwortet werden.

Stillen nach Bedarf

Ein bekanntes Beispiel ist sicherlich das Stillen und Füttern nach Bedarf. Wenn das Baby Hunger signalisiert, dann wird es sobald wie möglich gestillt beziehungsweise gefüttert. Dies gilt auch für das In-den-Arm-Nehmen, Näheschenken und für alle anderen Bedürfnisse.

Klingt für dich logisch? Ist es auch. Und doch war es nicht immer so. Noch meiner Mutter wurde empfohlen, mich nur alle vier Stunden anzulegen und mich in der Zwischenzeit weinen zu lassen. Auf den Arm nehmen, wenn das Baby weint? Nein, auch das wurde nicht empfohlen, denn so gewöhnt man das Baby daran, getragen zu werden. Zum Glück hat meine Mutter mich trotzdem gestillt und aus dem Bett genommen. Vier Stunden auf Essen und Nähe zu warten, wenn man Hunger hat und/oder sich allein unwohl fühlt, ist ja auch gemein.

Auf das Thema Schlaf übertragen bedeutet Bedürfnisorientierung, dass du die Bedürfnisse DEINES Kindes beim (Ein-)Schlafen kennst, wahrnimmst und wenn möglich erfüllst. Es gibt dabei keine »Vorgaben« zur Vorgehensweise. Babys haben zwar generell ein Bedürfnis nach körperlicher und emotionaler Nähe, aber es unterscheidet sich in seiner Ausprägung. Es gibt Babys, die kannst du nicht einen Zentimeter von dir entfernt ablegen, und andere, die kein Problem damit haben, im eigenen Bett zu schlafen. Auf diese Individualität angemessen zu reagieren, heißt für mich, bedürfnisorientiert zu handeln.

Grundbedürfnisse

Es gibt eine große Anzahl verschiedener Bedürfnisse, die teilweise lebensnotwendig sind. Diese nennen wir Grundbedürfnisse. Die Forschung ist sich heute uneins, welche Grundbedürfnisse genau festgelegt werden sollten. Aber die meisten Theorien sind sich einig, dass es sowohl körperliche als auch psychische Grundbedürfnisse gibt, wobei unumstritten ist, dass gerade in der Kindheit der Bindung ein besonders hoher Stellenwert beizumessen ist (vgl. Abbildung >).

Ist ein Bedürfnis im Mangel, entsteht eine innere Anspannung und du wirst in der Regel den Wunsch verspüren, etwas zu unternehmen, um diese Spannung zu lösen. Wenn du müde bist, legst du dich schlafen und die Anspannung löst sich.

Interessant ist für mich, und das macht das Thema Baby- und Kleinkindschlaf nicht einfacher für uns Eltern, dass vor und während des Schlafens ziemlich viele Bedürfnisse aktiv werden können. Kinder möchten sowohl vor als auch während des Schlafens satt sein, frei von Schmerzen, es warm haben, sich sicher fühlen, emotional und körperlich verbunden sein und, wenn sie älter werden, auch autonomer sein, mitbestimmen und Kontrolle gewinnen. Und nun folgt das, was wir häufig als herausfordernd erachten: Babys und Kleinkinder brauchen für die Erfüllung all dieser Grundbedürfnisse unsere Präsenz und unsere Hilfe!

Wünsche

Darüber hinaus ist die Unterscheidung zwischen Bedürfnissen und Wünschen hilfreich: Wünsche sind Dinge oder Verhaltensweisen, die man gern möchte, zum Beispiel weil sie gewisse Bedürfnisse befriedigen. Wünsche sind wichtig und sollten beachtet beziehungsweise hinterfragt werden, sind aber nicht »überlebensnotwendig«. Hinter Wünschen stecken oft unerfüllte Bedürfnisse, die es zu verstehen gilt.

Welches Bedürfnis steckt dahinter?

Du stehst in der Dusche und das Kleinkind äußert den Wunsch: »Mama, ich möchte sofort einen Kakao.« Welche Bedürfnisse könnten hinter diesem Wunsch stehen? Spontan fällt mir ein, dass das Kind Durst oder Hunger haben könnte. Vielleicht mag es aber auch einfach nicht länger allein sein und sucht Kontakt beziehungsweise Bindung zu dir. Vielleicht ist ihm auch langweilig und der Zucker bietet eine Form des Lustgewinns. Du verstehst sicherlich, was ich meine … Achtung: Nicht zu verwechseln sind Bedürfnisse mit Gefühlen wie Freude, Liebe, Wut, Trauer, Enttäuschung.

Verletzte Bedürfnisse

Dein Kind ist wütend und haut dich, weil du etwas verboten hast. Sein Bedürfnis ist hier sicherlich nicht, dich zu verletzen, gemein zu sein oder Ärger zu machen. Eines seiner psychischen Bedürfnisse wurde (aus seiner Perspektive) verletzt, zum Beispiel Autonomie erleben. Es entstand eine Anspannung, die sich in Wut äußerte. Nun weiß dein Kind nicht, wohin mit dieser Anspannung, und versucht, sie körperlich abzubauen. Du möchtest natürlich nicht gehauen werden, weil dir deine Bedürfnisse nach körperlicher Unversehrtheit und liebevollem Umgang wichtig sind. Natürlich darfst du dann die Wut deines Kindes ernst nehmen und gleichzeitig das Hauen unterbinden oder dir Abstand zu deinem Kind verschaffen. Später könnt ihr besprechen, welche Möglichkeiten es gibt, mit Wut umzugehen.

PRAXIS-ÜBUNG

Was braucht dein Kind?

Beobachte und notiere erst deine und dann die Bedürfnisse deines Kindes, die rund um den Schlaf aktiv werden. Vergleiche sie miteinander und überlege, wie viele Gemeinsamkeiten und/oder Unterschiede du findest.

Entwicklungsorientierung

Der Begriff Entwicklungsorientierung ist schnell erklärt. Ich plädiere dafür, die bereits angesprochene Individualität des Kindes auch im Hinblick auf sein Alter und seine Entwicklung zu berücksichtigen. Dies wird meiner Erfahrung nach beim Thema Schlaf schnell vergessen und eine rasche Autonomieentwicklung angestrebt, auch wenn die Reife oder die Lernerfahrungen des Kindes dies noch gar nicht zulassen. Eltern berichten in den Beratungen, dass sie (genau wie ich damals) davon ausgehen, dass ein Baby im Alter von sechs bis zwölf Monaten, spätestens im zweiten Lebensjahr, durchschlafen und allein schlafen würde. Werden diese Erwartungen nicht erfüllt, entsteht enormer Handlungsdruck. Dann wird »am Gras gezogen«, obwohl es bekanntlich dadurch nicht schneller wächst. Ein Großteil der Konflikte entsteht also durch die fehlende Passung zwischen den Erwartungen von uns Erwachsenen einerseits und den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Kinder andererseits.

Vielen Kulturen sind beispielsweise Schlafprobleme bei Kindern ziemlich fremd, denn es wird per se davon ausgegangen, dass Kinder in den ersten Lebensjahren bei den Eltern schlafen und deren Hilfe benötigen. Und auch das Durchschlafen wird erst nach mehreren Jahren erwartet, wodurch die Eltern auf nächtliches Erwachen ganz anders reagieren und ihren Alltag danach ausrichten. Zum Vergleich: Hierzulande erwarten viele Eltern, dass die Kinder zum Ende des ersten Lebensjahres durchschlafen – spätestens. Du wirst im nächsten Kapitel lesen, warum gerade das meistens nicht hinhaut.

Ja, aber …

Wenn du dich mit bedürfnisorientierter Erziehung beschäftigst, wirst du früher oder später von innen oder außen beziehungsweise von beiden Seiten mit »Ja, abers« konfrontiert:

Ja, aber ich kann doch nicht alles tun, was mein Kind verlangt!Ja, aber was, wenn ich es zu sehr verhätschle?Ja, aber was ist denn mit meinen Bedürfnissen?Ja, aber ich habe keine Kraft, alle Bedürfnisse sofort zu befriedigen.

Keine Sorge, diese »Ja, abers« haben wir sicherlich alle durchdacht und durchlebt und tun es immer noch und immer wieder, schließlich sind viele von uns selbst in einem sozialen Umfeld groß geworden, in dem die Angst vor dem Verwöhnen des Kindes omnipräsent war.

Gleich welchen Erziehungsstil du wählst, es wird immer Zweifel, Sorgen oder Ängste geben und niemals werden wir als Eltern alles richtig oder perfekt machen – brauchen wir auch nicht, denn unsere Kinder lieben uns trotzdem oder gerade deswegen. Sie werden uns lieben, wenn wir autoritär erziehen, sie werden uns lieben, wenn wir laissez faire erziehen und sie werden uns lieben, wenn wir bedürfnisorientiert erziehen. Der große Vorteil einer bedürfnis- und entwicklungsorientierten Betrachtung liegt also woanders, und zwar für mich eindeutig in dem gegenseitigen Respekt und der Akzeptanz des jeweiligen Seins und seiner Bedürfnisse. Wenn du deinen Kindern vorlebst, dass Bedürfnisse und Gefühle wichtig sind und beantwortet werden, werden sie später selbst die Fähigkeit entwickeln, ihre Bedürfnisse und Gefühle wahrzunehmen, mitzuteilen und auch empathisch gegenüber ihren Mitmenschen zu sein.

Ein unbefriedigtes Bedürfnis verschwindet ja nicht einfach, nur weil es missachtet oder unterdrückt wird. Das Gegenteil ist der Fall: Es zeigt sich in Spannungen, Gefühlen oder körperlichen Symptomen und in dem Wunsch, dieses Bedürfnis doch noch zu befriedigen.

Bedürfnisorientierung bedeutet auch, meine Bedürfnisse beziehungsweise die aller Familienmitglieder zu sehen.

Susanne Mierau beschreibt bedürfnisorientierte Erziehung in ihrem Blog »geborgen-wachsen« auf eine für mich sehr sympathische und treffende Art: »Bedürfnisorientiert mit Kindern zu leben bedeutet vor allem, die Individualität aller in den Blick zu nehmen und ein ›individual parenting‹ zu gestalten mit den Werten, Bedürfnissen und Vorstellungen, die uns persönlich wichtig sind. Orientiert an den Grundbedürfnissen von Menschen.«1

Die »Ja, abers« haben sich für mich übrigens aufgelöst, als ich genau das verstanden habe: Dieser Satz und Ansatz sind essenziell für dieses Buch, denn auch beim Thema Schlaf ist es wichtig, die Familie GANZHEITLICH zu betrachten und Lösungen zu finden, die individuell passen. Denn keine Familie gleicht der anderen.

Alle Bedürfnisse zählen

Es kann doch nicht sein, dass die eine Fraktion von Ratgebern und Experten und Expertinnen den Fokus auf die elterlichen Bedürfnisse legt und empfiehlt, am Verhalten der Babys und Kinder zu arbeiten und diese im Zweifel schreien zu lassen, damit sie uns Erwachsene nachts weniger häufig stören, und die andere Fraktion empfiehlt, die Bedürfnisse der Kinder in den Vordergrund zu stellen, diese so lange zu erfüllen wie möglich und dabei die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Solche dogmatischen und einseitigen Betrachtungen bringen nur Verlierer hervor, modern ist für mich, die Familie als ein System zu betrachten, das nur gesund sein kann, wenn es allen Beteiligten gut geht.

Natürlich, nicht immer kann es gelingen, alle Bedürfnisse gleichzeitig und vollumfänglich zu befriedigen. Dann gilt es abzuwägen, wer gerade seine Bedürfnisse am ehesten aufschieben kann.

Viele Eltern sind sicherlich bereit, eine Zeit lang das Bedürfnis nach Schlaf aufzuschieben beziehungsweise nur teilweise zu befriedigen, wenn sie ein Baby bekommen, doch irgendwann spüren sie womöglich eine körperliche oder psychische Grenze. Ihr Bedürfnistank neigt sich dem Ende zu.

Und dann heißt Bedürfnisorientierung für mich, alle Karten auf den Tisch zu legen: Welche Bedürfnisse hat mein Kind? Welche Bedürfnisse habe ich? Welche Ressourcen haben wir noch? Wo können wir Kompromisse schließen? Wo können wir bereits erworbene Fähigkeiten des Kindes nutzen, wo kann es vielleicht schon neue Dinge erlernen? Ja, das ist sicherlich nicht der einfachste und schnellste Weg, doch für mich ein sehr sinnvoller und nachhaltiger – und vor allem gesunder. Und mit diesem Buch möchte ich dich und euch motivieren und unterstützen, diesen Weg zu finden.

Was dich nun erwartet

Mein Herzenswunsch ist, dass du selbst zur Expertin oder zum Experten für den Schlaf deines Kindes wirst und es dadurch so begleiten kannst, wie es zu seiner Entwicklung und euren familiären Bedürfnissen passt. Hierfür empfehle ich dir, zunächst das Kapitel zu den Grundlagen des Baby- und Kleinkindschlafes zu lesen. Hier erfährst du, wie der Schlaf unserer Kinder aufgebaut ist und wie er sich in den ersten Lebensjahren entwickelt. Im Besonderen gehe ich danach darauf ein, dass Babys und Kleinkinder neben ihren Grundbedürfnissen wie Hunger und Durst noch eines ganz besonders brauchen: ihre Bezugspersonen. Du liest über Bindung, Nähe, Körperkontakt und die unterschiedlichen Möglichkeiten, einen physisch und psychisch sicheren und bedürfnisorientierten Schlafplatz zu gestalten.

Als angehende Verhaltenstherapeutin liegt mir das Thema LERNEN besonders am Herzen. Was gibt es rund um den Schlaf zu lernen und was hat es mit den viel besagten Schlafassoziationen auf sich? Sind Gewohnheiten beim Ein- und Weiterschlafen gut oder schlecht und wie können wir diese verändern, wenn sie uns lästig werden?

Nicht vergessen habe ich einen wesentlichen Teil des Baby- und Kleinkindschlafes – die nächtlichen Mahlzeiten. Hier erfährst du mehr über die magische Verbindung von Stillen (Trinken) und Schlafen. Außerdem gehe ich darauf ein, wie lange Kinder nachts Nahrung benötigen und ob du als Elternteil Möglichkeiten hast, das Trinkverhalten in der Nacht zu beeinflussen.

Zum Schluss widme ich mich der Frage, wie sich ein Schlafproblem von einer Schlafstörung unterscheiden lässt, und gebe dir einige Handlungsimpulse für den Umgang mit besonders fordernden Zeiten. Immer wieder findest du in den jeweiligen Kapiteln neben Fachwissen auch Quicktipps, also kleine praktische Hinweise oder Impulse, Beispiele aus meinem Alltag und aus den Schlafberatungen, Praxis-Tools wie das Schlaftagebuch und Antworten auf die meist gestellten Fragen rund um den Baby- und Kleinkindschlaf.

Ich wünsche dir und euch alles Gute und natürlich – entspanntes Schlafen!

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Mach dich schlau!

SCHLAFEINMALEINS

Eigentlich die selbstverständlichste Sache der Welt: Schlafen. Aber wie geht das eigentlich? Hier findest du die wichtigsten Grundlagen zum Baby- und Kleinkindschlaf, die dir helfen, dein Kind besser zu verstehen und liebevoll zu begleiten.

BABY- UND KLEINKINDSCHLAF

Durchschlafen – oder überhaupt mal ein bisschen schlafen ist für viele Eltern das größte Thema nach der Geburt ihres Kindes. Das ist nur verständlich, denn Schlaf ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wenn wir zu wenig davon bekommen, hat das sowohl körperlich als auch psychisch gesundheitliche Auswirkungen. Wir merken, dass wir gereizt sind, schneller als gewohnt aus der Haut fahren, weniger konzentriert sind, wegen Kleinigkeiten aneinandergeraten und einfach nicht wir selbst sind. Der bekannte Slogan »Du bist nicht du, wenn du Hunger hast« lässt sich 1:1 auf unser Bedürfnis nach Schlaf übertragen.

Infektanfälligkeit, erhöhter Blutdruck, Kopfschmerzen und ein Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen gehören zu den langfristigen Beschwerden, die durch Schlafmangel begünstigt werden. Auf zu wenig Schlaf reagiert der Körper schnell und sensibel und alarmiert uns zurecht, dass er mehr davon benötigt.

Wie aber soll das gehen, wenn man einfach nicht zur Ruhe kommt? Wenn das Neugeborene nachts weint, das Baby stündlich stillen möchte oder man nach jedem Fläschchen eine Stunde lang vergeblich versucht, wieder einzuschlafen?

Wie Babys schlafen

Auf der Suche nach Antworten bin ich darauf gestoßen, wie wichtig es ist, zunächst den Baby- und Kleinkindschlaf zu verstehen und die Entwicklung des kindlichen Schlafs nachzuvollziehen. Ein Grundverständnis für die Physiologie des Schlafs ist meiner Meinung nach das Fundament für:

Vertrauen in dein Kind und seine EntwicklungHandlungskompetenz bei Schwierigkeiten oder Veränderungen der BedürfnisseStärkung deiner Selbstwirksamkeit als Mama oder PapaFriedliches und gewaltfreies Miteinander

Tag-Nacht-Rhythmus

In den ersten Wochen nach der Geburt haben Babys noch keinen Tag-Nacht-Rhythmus. Sie schlafen unregelmäßig rund um die Uhr mit kurzen Wachphasen, so wie sie es bereits in den letzten Wochen der Schwangerschaft getan haben. Die Regulation ihres (und auch unseres) Schlafverhaltens wird von zwei Prozessen beeinflusst: vom zirkadianen Rhythmus und von der Schlafhomöostase. Der zirkadiane Rhythmus ist eine circa 24 Stunden andauernde innere Uhr, die verschiedene Körperfunktionen wie den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Verdauung und die Körpertemperatur steuert. Unsere innere Uhr ist angeboren und individuell, sodass ein Tag für deine Uhr womöglich weniger als 24 Stunden und für meine mehr als 24 Stunden dauert.

Wie lange sollte es dauern, bis mein Kind eingeschlafen ist?

Darauf gibt es tatsächlich keine pauschale Antwort, denn es kommt zunächst darauf an, welche PERSÖNLICHKEIT dein Kind hat. Kann es sich schnell und gut entspannen oder dreht es im Bett erst mal noch eine Runde auf? Hat es heute etwas Besonderes erlebt, ist es gesund oder drückt irgendwo ein Zahn?

Auch der SCHLAFDRUCK spielt eine Rolle. Wenn wir von einem gesunden Kind sprechen, das einen »normalen« Tag durchlebt hat, würde ich sagen, dass das Einschlafen zwischen zehn und 30 Minuten dauern kann. Es mag Tage geben, an denen es schneller geht, und Tage, an denen es länger dauert. Auch das ist ganz normal.

Wenn das Kind regelmäßig in den Schlaf fällt, wenn es das Bett berührt, oder viel länger als eine halbe Stunde im Bett wühlt ohne einzuschlafen, könntest du tatsächlich die Bettgehzeit überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Hier hilft dir sicher das SCHLAFTAGEBUCH auf >.

Mit Glück haben dein Kind und du eine ähnliche innere Uhr, ansonsten kann es sein, dass du als Eule unfreiwillig zur Lerche wirst (siehe Kasten >). Ob dein Kind also schon beim Abendessen seinen Kopf in die Schüssel fallen lässt oder Abend für Abend klar machen möchte, dass es noch überhaupt nicht müde ist, ist keine Erziehungssache, sondern schlicht die angeborene innere Programmierung des Körpers. Wir Eltern können insbesondere die Eulen unterstützen, indem wir ihnen täglich den Rahmen für einen gleichen Tag-Nacht-Rhythmus bieten – bestenfalls auch am Wochenende.

Während der zirkadiane Rhythmus schon vor der Geburt seine Arbeit aufgenommen hat und sich nun mit eurem Tag-Nacht-Rhythmus synchronisiert, beginnt die Schlafhomöostase erst mit zwei bis drei Monaten ihre Arbeit zu verrichten. Während des Wachseins häuft sich eine Schlafschuld an, das heißt Schlafbereitschaft und Schlafdruck nehmen soweit zu, dass wir schließlich einschlafen. Der Schlafdruck wird dann im Verlauf des Schlafes wieder abgebaut. Je länger wir wach sind, desto größer werden Schlafschuld und Schlafbereitschaft und umso tiefer und länger schlafen wir in der Folge. Der Schlafdruck kann über die Schlaflatenz erfasst werden, das ist die Zeitspanne, die jemand zum Einschlafen benötigt. Vielleicht hast du schon mal erlebt, dass du dein Kind hingelegt hast und es dir quasi noch beim Hinlegen im Arm eingeschlafen ist – hier war die Zeit bis zum Einschlafen sehr kurz und der Schlafdruck somit sehr hoch.