Du glaubst noch an Gott? Weißt du nicht ... - Paul C. Jaeger - E-Book

Du glaubst noch an Gott? Weißt du nicht ... E-Book

Paul C. Jaeger

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Beschreibung

Ein Essay, ein sehr persönliches Buch, in dem der Autor, Lehrer, Künstler, untersucht, warum möglicherweise Menschen immer noch "glauben", und was aus der Sicht moderner Archäologie, Geschichtswissenschaft, Biologie und Psychologie dagegen spricht. Teilweise bezieht er sich auch auf Inhalte seines ersten Buches zum Thema (500000 gottlose Jahre). Viele der Sachverhalte sind schon länger bekannt, werden aber von Kirche, Schule, Politik ignoriert. Der Autor bedauert seine eigene katholische Erziehung, die tiefgreifende Ängste produziert hat, als unnötig und schädlich.

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Seitenzahl: 103

Veröffentlichungsjahr: 2022

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John Lennon, „GOD“

God is a concept by which we measure our pain

Lennon, 1972

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Ockhams Rasiermesser

2 Die Bibel

3 Der Jesus-Mythos

4 Jesus in der Geschichtsschreibung

3 Jahwe – Evolution eines Gottes

5 Gnadenlose Konditionierung

6 Der Sinn des Lebens

7 Soul Food

8 Nahtod oder Auferstehung

9 Aber wir brauchen doch die Werte …

10 Gott – einer für alle

11.1 Monotheismus – Entstehung des …

11.2 Jahwe, Karriere eines Gottes

12.1 Kreuzestod und Erlösung

12.2 Schuld und Sühne

13 Der Hl. Gral

14 Fazit

15 Statt eines Nachwortes

Anhang, Lehrsätze nach den Konzilen

Literatur

Für die „heiligen Drei“:

Jörg Westhoff

Mike Piskorz

Wilhelm Mellmann

Einleitung

Glaubst du immer noch an Gott? Möglicherweise hast du deine Gründe:

es reicht dir völlig zu „glauben“ und du lehnst es rundweg ab, irgendetwas zu hinterfragen

du vertraust der Bibel in ihren Kernaussagen über einen allmächtigen Schöpfergott. Du kannst dir die Entstehung des Menschen und der Welt nicht genau erklären und meinst, da müsse jemand zumindest den Anstoß gegeben haben und die Wissenschaft hinke hoffnungslos hinterher, sie könne nicht bis vor den Urknall blicken und wir würden nie alle Rätsel der Natur lösen können

du bist schlichtweg so erzogen worden und folgst blind alten Gewohnheiten

du siehst ohne Gott und Jenseits keinen Sinn im Leben

du fürchtest den Tod und willst gerne den Versprechungen des Christentums nach „ewig“ leben, dazu besäßest du eine Seele, meinst du

du hältst die sogenannten „Nahtoderfahrungen“ für Beweise, dass es ein Jenseits gibt

du meinst, das Christentum sei notwendig, weil sonst der Gesellschaft die nötigen Werte fehlen

du meinst, dass fast alle Menschen an irgendetwas, an irgendwelche Gottheiten glauben, also müsse da was dran sein

du glaubst „Gott“ sei halt Gott … ewig, unwandelbar, er sei immer da gewesen, werde immer da sein, er sei mithin das einzige, woran man sich festhalten könne

du glaubst an „Jesus, den Erlöser

du vertraust darauf, dass die Bibel insgesamt Recht habe und dass sie von konkreten Dingen, Arche, Gral usw., berichte, die zum Teil, wie die Bundeslade, sogar heilig und zaubermächtig seien, die jedenfalls durch ihre Existenz die Korrektheit der Bibel beweisen würden

Dem halte ich entgegen: Weißt du nicht, dass Archäologen, Historiker und moderne Theologen die Bibel als weitgehend erfunden einstufen? Und dass auch die Erkenntnisse der Biologie, Physik, Medizin und Psychologie einer Existenz Gottes widersprechen?

In meiner Jugend hatte ich selber noch inbrünstig geglaubt, unter heftigsten Schuldgefühlen gelitten und den Rosenkranz in die verhasste Schule mitgenommen - ich war einem Hirngespinst aufgesessen, einem „Gotteswahn“1.

Ich hatte lange Zeit grausige Ängste vor dem Tod und der Hölle auszustehen und davor, möglicherweise doch einem Gott gegenübertreten zu müssen, an den ich nach der Pubertät eigentlich nicht mehr geglaubt hatte.

Jahrzehnte später schaue ich mich um und plötzlich hat man genug „Argumente kontra Religion“2, der Glaube ist „entzaubert“3 und man ist endlich „Gottlos glücklich“.4

In diesem Essay versuche ich meine Argumentation, warum es schlichtweg keinen Gott geben kann, in erster Linie für mich selber so klar, systematisch und einfach wie möglich darzustellen, damit ich und jeder dahin kommen kann, weder Gott noch Teufel oder Höllenfeuer zu fürchten.

Ich betone: Dies ist keine wissenschaftliche Arbeit, sondern der Versuch, mein Wissen und meine Gedanken für mich selber optimal zu ordnen und meine Gefühle angemessen wiederzugeben! Teilweise beziehe ich mich dabei auf mein erstes Buch zum Thema „500000 gottlose Jahre“.

Die folgenden Kapitel arbeiten systematisch die Spiegelstriche von Seite 7 ab.

Viel Spaß!

1 Der Gotteswahn, Richard Dawkins, 2016, Ullstein

2 Argumente kontra Religion - Werkzeugkasten für Religionskritik, TB, Gottfried Beyvers, 2018

3 Der entzauberte Glaube: Eine Kritik am theistischen Weltbild aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht, TB, Peter Kamleiter, 2016

4 Gottlos glücklich: Warum wir ohne Religion besser dran wären, broschiert, Philipp Möller 2017

1

Ockhams Rasiermesser oder der gesunde Menschenverstand

Wie komme ich eigentlich zu meinen Ansichten, wie urteile ich? Was halte ich für plausibel? Was weiß ich? Was muss ich nicht glauben?

Das Fernsehen zeigt mir Leute, die schütteln im Ernst ganz inbrünstig in einem gewissen Rhythmus ansehnliche Glasballons mit 5 Litern Trinkwasser, um ihm Energie zuzuführen. Das Wasser wird zum Aufgießen von Heil-Tees und zum Verdünnen von homöopathischen Rezepturen genutzt. Gefragt, ob man den Schüttelrhythmus nicht auch von einer Maschine imitieren lassen könnte, ist die Antwort folgende: „Nein, denn das kann nur ein Mensch, er muss dabei an etwas Positives denken und aktiv dem Wasser Energie zuführen!“5

Es gibt viel zu viele Leute, die glauben, dass ein homöopathischer, „hoch potenzierter“ Wirkstoff stärker wirkt als der Stoff, sagen wir Frauenmantel oder Salbei, in seiner Grundkonzentration. Hoch potenziert bedeutet u.U., er ist so weit verdünnt, dass gar kein Salbei mehr in der Pille enthalten ist.

Erwartungsgemäß zeigte eine Studie der Stiftung Warentest, dass die Wirksamkeit im Bereich von Placebos lag. Es helfen allein der Glaube an die Wirkung und das Auftreten des Arztes. Die Meldung wurde eine Zeit lang in der Presse plattgetreten – dann verstummte die Kritik wieder und die meisten Befürworter der Homöopathie blieben bei ihren angeblich so guten Erfahrungen.

Es gibt auch Leute, die nicht wissen, dass Strahlungsstärke oder Magnet- oder Gravitationsfelder mit dem Quadrat zur Entfernung in ihrer Stärke abnehmen! Die glauben tatsächlich, die Mehrfachsteckdose mit Uhr und Lampe neben dem Bett störten den Schlaf und seien ungesund! Oder der Funk-Sendemast nebenan verursache rasende Kopfschmerzen. Ranga Yogeshwar verfrachtete eine ach so bedauernswerte strahlungsgequälte Frau, deren Alltag, deren Leben durch die Handystrahlung völlig zerstört war, in ein strahlungsfreies Bergwerk und baute im Stolleneingang einen Funkmast auf. Dazu eine rote und eine blaue Lampe. Sie sollte dann notieren, bei welcher Farbe sie etwas spüren konnte vom ein- oder ausgeschalteten Sendestrom.

Der Versuch zeigte, dass ihre Schmerzen und ihre ganze schreckliche Irritation, bis zur Arbeitsunfähigkeit und chronischen Krankheit, reine Einbildung waren. Sie konnte Sendephasen und Pausen auch nicht annäherungsweise bestimmen. Wen wunderts? Der Mensch hat keinen Sinn für Elektromagnetismus! Hätten wir ihn, bräuchten wir keine Leitungsfinder vor dem Bohren und keine Kompasse beim Wandern. Übrigens: Wenn ich da, wo ich schlafe, also im Bett, das Magnetfeld der Leitungen auf dem Fußboden messen wollte, bräuchte ich schon ein ziemlich empfindliches Gerät! Im Baumarkt finden wir das nicht!

Es gibt Leute wie W., die mir Schlafzimmer und Bett pendeln wollen, um mir bei Schlafstörungen zu helfen: „Die Erde ist in ein Energieraster unterteilt. Wenn du Pech hast, liegst du auf einer Energielinie oder einem Knotenpunkt.“ Diese „Energie“ habe die klassische Wissenschaft noch nicht gefunden, aber er merke ja am Pendeln, dass es funktioniere. Ich wollte ihn, W., einen empfindsamen jungen Mann („feinstofflich“ nannte er das selber), nicht kränken, aber nachdem ich meine feste Überzeugung geäußert hatte, dass es außer Magnetismus, Gravitation und elektromagnetischer Strahlung keine weiteren Grundkräfte, Energien oder Strahlungen gebe und Pendeln reiner Aberglaube sei, ging er recht schnell …

Meiner Erfahrung nach hängen besonders solche Mitmenschen gerne abseitigen Theorien nach, die keine ausreichend gute wissenschaftliche Schulbildung haben, die z.B. nicht mal eben aus dem Stegreif die zwei erdumkreisenden Flutberge bei Ebbe und Flut oder den radioaktiven Zerfall oder das Zusammenspiel von Variation und Selektion in der Evolution erklären können.

Traurig, dass im angeblichen Land der Dichter und Denker kaum jemand meint, Bildung sei Selbstzweck. Unsere Gesellschaft schult Arbeiter auf Hauptschulen, Angestellte, die ein wenig besser kommunizieren und rechnen können müssen, auf Real- und Berufsschulen und wenn es um anspruchsvolle Karrieren geht, ja, dann darf man ein wenig länger das Gymnasium besuchen und später sogar studieren. Völlig falsch und zu kurz gegriffen. Eine ideale Gesellschaft würde Bildung höher schätzen und zunächst jeden zumindest zum Abitur motivieren wollen! Bildung erhöht die Lebensqualität, ja, Bildung stellt überhaupt erst Lebensqualität her!

Um auf Ockham zurückzukommen: Der mittelalterliche Mönch ist eher im englischsprachigen Raum bekannt und er liefert zwei Richtlinien, um zu Entscheidungen zu kommen, ohne sich zu verrennen:

1) Von mehreren möglichen Erklärungen für ein Problem ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen!

2) Eine Theorie ist einfach, wenn sie möglichst wenige Variablen, Voraussetzungen oder Hypothesen enthält, und wenn die Elemente der Theorie in einfachen klaren Beziehungen zueinander stehen, aus denen der zu erklärende Sachverhalt logisch folgt.

Es verbietet sich, all diese versponnenen mystischen, magischen Annahmen zu machen über unentdeckte Energien, Geister, Telepathie, Jenseits, Heilige, übernatürliche Vorgänge und Fähigkeiten oder darauf gar ein Weltbild aufzubauen, wenn es einfachere Erklärungen gibt.

Piggy aus dem Nobelpreis-Roman „Herr der Fliegen“ von William Golding sagt an einer Stelle: „Das Leben ist was Wissenschaftliches.“

Und der Theologe Rudolf Bultmann dazu 1941: „Man kann nicht das elektrische Licht einschalten und gleichzeitig an Engel glauben" (Neues Testament und Mythologie)

„Sapere aude!“ Wage zu wissen, war das Credo der Aufklärung, oder nach Immanuel Kant: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“

Interessanter- und ironischerweise geht der Spruch auf Horaz zurück, der vor Jesus gelebt hat (8 vor Chr. gestorben).

All denjenigen, die sich daran klammern, dass man ihren „Gott“ ja nicht sehen, anfassen, dingfest machen kann, so dass man nicht beweisen könne, dass er nicht hier oder dort oder überall und nirgends sei, all denen sei der berühmte Wissenschaftler Bertrand Russell ans Herz gelegt, der mit seinem Kaffeekannenparadoxon erklärte: Hinter Jupiter schwebt, für uns von der Erde aus unsichtbar, eine kleine Porzellan-Kaffeekanne im Weltraum. Beweise mir das Gegenteil!

Bertrand Russell hat damit sehr schön gezeigt, auf welch naivem und willkürlichem Niveau sich die Überzeugung von Glaubensanhängern bewegt.

Was soll ich überhaupt glauben? Ganz einfach: Möglichst wenig! Als Negativbeispiel dient mir mein Vater, der die Familie dauernd mit wissenschaftlich aufgemachten Anzeigen aus Zeitschriften terrorisierte: mit diesen alternativen Therapien für so gut wie alles. So musste meine Mutter täglich Muskat, Zimt und Kurkuma schlucken, ich sollte bei andauerndem chronischem Hustenreiz Thymian kauen, dabei halfen nur noch Codein und Kortisonspray(!), er selber glaubte monatelang statt unter Magenschleimhautentzündung unter „Laxtose“-Intoleranz (haha) zu leiden und mied alle Milchprodukte! Er - und wir - hätten es einfacher haben können!

5 Rudoph Steiner, der Begründer der Anthroposophie, kommunizierte mit dem Kosmos. Ein hochgradiger Spinner, ein Rattenfänger, dem die Anhänger nur so zuströmten. Wissenschaftlich ist das, was er vertritt, unhaltbar – aber doch ganz lustig, wenn biodynamische Landwirte ein Kuhhorn, mit Mineralien gefüllt, im Winter an der Ecke eines Feldes vergraben, damit die „ungeheuren kosmischen Kräfte“, die darin stecken, in den Boden übergehen!

2

Die Bibel

Ich folge strikt den Erkenntnissen der neueren Geschichtsforschung und Archäologie, die davon ausgehen, dass König Joshija die Niederschrift des Alten Testaments in Auftrag gegeben hat, um seine Herrscherqualitäten und sein Vorrecht auf den Thron des Nachbarstaates zu legitimieren. Zieht man die vielen anderen Geschichtsverdrehungen, Irrtümer und Erfindungen hinzu, entlarven sich die Bibel und die Glaubensgrundlagen des Christentums insgesamt weitgehend als Erfindung, als schriftstellerisches Werk, als fiktive Literatur mit leicht historisierendem Charakter.

ALTES TESTAMENT

Genesis – Erschaffung der Welt

Irgendwo habe ich es mal auf die Kurzformel gebracht: Es gab keine Schöpfung und keinen Adam, Urknall und Evolution machen Gott wohnungs- und arbeitslos!

Wenn ich mit der Auffassung konfrontiert werde, wie neulich durch einen guten Freund, „dies alles“, die Welt, das Universum, müsse aber doch irgendwoher kommen, also jemand muss es hergestellt haben, verweise ich auf drei Argumente:

1) Warum muss das Universum „irgendwoher kommen“ – im subatomaren Bereich zeigen die Nebelkammern doch auch das grundlose Aufscheinen und Vergehen von verschiedensten Teilchen!

2) Es ist in den letzten Jahrzehnten geradezu Mode geworden, Gott hinter den Urknall zu verschieben. Lennon reichte es noch zu singen „above us only sky“. Womit er darauf abhob, dass wir als moderne Menschen, die den Himmel längst erobert und gesehen haben, wie die ersten Menschen den Mond betraten, sehr genau wissen, dass er da oben nicht ist.

Vor Jahrtausenden noch, als hohe Berge für den Menschen unzugänglich waren, machte es Sinn, die Götter dort anzusiedeln, auf dem Olymp etwa. Später, als die Gipfel erobert waren, mussten die Götter in den Himmel weichen. Mittlerweile kann Gott nur noch weit entfernt im All schweben oder er befindet sich gar außerhalb unseres Universums, in anderen Dimensionen. Das nennt man die „Wohnungsnot Gottes“.

Zur Orientierung: