Du wirst es schaffen - Max Lucado - E-Book

Du wirst es schaffen E-Book

Max Lucado

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Beschreibung

Sie befürchten, dass Sie es nicht schaffen werden. Dass der Schmerz niemals vergehen wird. Dass die Last auf Ihren Schultern nicht leichter wird. Doch es gibt einen Ausweg! Die alte biblische Geschichte von Josef zeigt es deutlich. Von seinen Brüdern in eine Grube geworfen. Verraten und nach Ägypten verkauft. Doch Gott hat aus Bösem Gutes gemacht. Gott ist ein Meister darin, Gebrochene wieder aufzurichten. Damals wie heute. Es gibt genug Gründe zu verzweifeln. Doch Max Lucado zufolge müssen wir das nicht. Seine Botschaft: Du wirst es schaffen. Ein Buch wie ein Kraftspender, von der ersten bis zur letzten Seite.

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Über den Autor

Max Lucado ist Pastor der Oak Hills Church in San Antonio, Texas. Er ist verheiratet, Vater von drei Töchtern und Verfasser vieler Bücher. Über 130 Millionen Exemplare seiner Bücher wurden inzwischen weltweit verkauft. Die Zeitschrift Christianity Today zählt ihn zu den bekanntesten christlichen Autoren unserer Zeit.

Für Cheryl Green.

Du bist zuverlässig und weise, voller Freude und Glauben.

Ich danke dir dafür, dass du dich so für UpWords und die

Oak-Hills-Gemeinde engagierst.

Du bist ein Musterbeispiel für echtes Dienen.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Zur Vertiefung

Kapitel 1: Du wirst es schaffen

Kapitel 2: Wenn es abwärtsgeht

Kapitel 3: Allein, aber nicht verlassen

Kapitel 4: Eine Dummheit macht noch keine andere wett

Kapitel 5: Trainingslager

Kapitel 6: Warte ab, während Gott am Werk ist

Kapitel 7: Stehaufmännchen

Kapitel 8: Wie kann Gott gut sein, wenn das Leben es nicht ist?

Kapitel 9: Bitte einen Schuss Dankbarkeit in meine schlechte Laune

Kapitel 10: Von Skandalen und Schurken

Kapitel 11: Rache ist süß, aber …

Kapitel 12: Der Prinz ist Ihr Bruder

Kapitel 13: Kein Abschied mehr

Kapitel 14: Ruhe bewahren und weitermachen

Kapitel 15: Böse. Gott. Gut.

Danksagung

Kapitel 1

Du wirst es schaffen

Sie bebte. Es war dieses leise, innerliche Beben, das man spürte, wenn man ihr die Hand auf die Schulter legte. Ich traf sie im Supermarkt. Schon seit Monaten hatte ich sie nicht gesehen. Als ich mich erkundigte, wie es ihren Kindern und ihrem Mann ginge, traten ihr die Tränen in die Augen, und ihr Kinn fing an zu zittern. Und dann sprudelte alles aus ihr heraus. Er hatte sie verlassen. Nach zwanzig Jahren Ehe, drei Kindern und einem Dutzend Umzügen war er weg. Er hatte sie gegen ein jüngeres Modell eingetauscht. Sie bemühte sich verzweifelt, die Fassung zu wahren, aber es gelang ihr nicht. Und so wurde die Obst- und Gemüseabteilung des Supermarktes zum Beichtstuhl. Mitten zwischen Tomaten und Salatköpfen fing sie an zu weinen. Wir beteten. Dann sagte ich zu ihr: „Sie werden es schaffen. Es wird nicht ohne Schmerzen abgehen. Es wird auch nicht schnell gehen. Aber Gott kann auch aus diesem Schlamassel etwas Gutes machen. Treffen Sie bis dahin keine dummen oder blauäugigen Entscheidungen. Aber verzweifeln Sie auch nicht. Mit Gottes Hilfe werden Sie es schaffen.“

Zwei Tage später rief mich ein Freund an. Er war gerade entlassen worden. Es war seine Schuld gewesen. Er hatte auf der Arbeit einige dumme, unangemessene Bemerkungen gemacht. Er hatte grobe, beleidigende Dinge gesagt. Da hatte sein Chef ihn rausgeschmissen. Jetzt ist er ein 57-jähriger, arbeitsloser Abteilungsleiter, und das mitten in der Wirtschaftskrise. Er fühlt sich mies und klingt noch viel schlimmer. Seine Frau ist wütend. Die Kinder haben Angst. Er brauchte Ermutigung, also gab ich ihm genau das. „Du wirst es schaffen. Es wird nicht ohne Schmerzen abgehen. Es wird auch nicht schnell gehen. Aber Gott kann auch aus diesem Schlamassel etwas Gutes machen. Triff bis dahin keine dummen oder blauäugigen Entscheidungen. Aber verzweifle auch nicht. Mit Gottes Hilfe wirst du es schaffen.“

Und dann ist da noch das Mädchen, das ich in dem Café getroffen habe, wo sie arbeitet. Sie ist gerade mit der Highschool fertig und möchte nächsten Monat aufs College gehen. Sie hatte kein einfaches Leben. Als sie sechs war, ließen ihre Eltern sich scheiden. Als sie fünfzehn war, heirateten sie wieder, nur um sich dann vor wenigen Monaten erneut scheiden zu lassen. Nun haben ihre Eltern sie vor die Wahl gestellt: Sie soll entscheiden, ob sie bei ihrer Mutter oder ihrem Vater leben will. Als sie mir das erzählte, bekam sie feuchte Augen. Ich kam nicht mehr dazu, ihr das zu sagen, aber wenn ich sie noch einmal sehe, werde ich ihr todsicher geradewegs in die Augen schauen: „Du wirst es schaffen. Es wird nicht ohne Schmerzen abgehen. Es wird auch nicht schnell gehen. Aber Gott kann auch aus diesem Schlamassel etwas Gutes machen. Triff bis dahin keine dummen oder blauäugigen Entscheidungen. Aber verzweifle auch nicht. Mit Gottes Hilfe wirst du es schaffen.“

Ganz schön dreist von mir, oder? Wie kann ich es wagen, so etwas zu sagen? Woher nehme ich den Mut und die Frechheit, angesichts dieser Tragödien solche Versprechungen zu machen? Ganz einfach: aus der Geschichte über ein Loch. Über ein tiefes, finsteres Loch. Das Loch war so tief, dass der Junge, der darin saß, nicht mehr allein herauskam. Und wenn er es geschafft hätte, hätten seine Brüder ihn wieder hinuntergestoßen. Sie hatten ihn nämlich dort hineingeworfen.

Als Josef bei ihnen ankam, zogen sie ihm sein Obergewand aus, das Prachtgewand, das er anhatte. Dann packten sie ihn und warfen ihn in die Zisterne. Die Zisterne war leer; es war kein Wasser darin. Dann setzten sie sich zum Essen (1. Mose 37,23–25).

Es war eine ausgetrocknete Zisterne. Spitze Steine und Wurzeln ragten aus den Wänden. Der siebzehnjährige Junge mit dem Bartflaum und den schlaksigen Armen und Beinen lag unten, auf dem Boden. Seine Arme und Beine waren gefesselt. Er lag zusammengekrümmt und mit angezogenen Knien auf der Seite und hatte kaum Platz. Der Sand unter seinem Gesicht war feucht von seinem Speichel. Seine Augen waren vor Angst weit aufgerissen. Seine Stimme war schon ganz heiser vom Schreien. Seine Brüder hörten ihn sehr wohl. Zweiundzwanzig Jahre später, als ihnen aufgrund einer Hungersnot die Prahlerei vergangen und ihr Stolz unter Schuldgefühlen begraben war, gaben sie zu: „Seine Todesangst ließ uns ungerührt. Er flehte uns um Erbarmen an, aber wir hörten nicht darauf“ (1. Mose 42,21).

Diese Männer sind Abrahams Urenkel. Die Söhne Jakobs. Die Überbringer von Gottes Bund mit den Menschen. Ganze Volksstämme werden nach ihnen benannt. Jesus Christus wird in ihrem Stammbaum stehen. Sie sind in der Bibel das, was für uns ein Königshaus ist. Aber an jenem Tag waren sie eher die bronzezeitliche Version einer ziemlich zerrütteten Familie. Wenn es damals schon Fernsehen gegeben hätte, hätte man eine Reality-Show mit ihnen drehen können. Im Schatten eines Maulbeerfeigenbaumes, in Hörweite von Josefs Hilfeschreien, aßen sie Wild und ließen den Weinschlauch herumgehen. Grausam und einfältig. Ihre Herzen waren so hart wie der kanaanäische Wüstenboden. Ihre Mahlzeit war ihnen wichtiger als ihr Bruder. Sie verabscheuten den Jungen. „… begannen sie ihn zu hassen und konnten kein freundliches Wort mehr mit ihm reden … wurde ihr Hass noch größer … hassten ihn seine Brüder noch mehr … Die Brüder waren eifersüchtig auf Josef …“ (1. Mose 37,4.5.8.11).

Und das war der Grund: Ihr Vater verhätschelte Josef, als sei dieser ein preisgekröntes Kalb. Jakob hatte zwei Frauen, Lea und Rahel, liebte aber nur eine – Rahel. Als Rahel starb, bewahrte Jakob ihr Andenken, indem er ihren erstgeborenen Sohn, Josef, mit seiner Liebe und Geschenken geradezu überschüttete. Seine Brüder arbeiteten den ganzen Tag und Josef spielte den ganzen Tag. Sie bekamen Kleidung aus dem Secondhandladen und Josef bekam von Jakob einen handgenähten, farbenfrohen Mantel mit bestickten Ärmeln. Sie schliefen in der Schlafbaracke und er hatte ein extrabreites Bett und ein eigenes Zimmer. Während sie die Herden der Familie hüteten, durfte Josef, Papas kleiner Liebling, zu Hause bleiben. Jakob behandelte seinen elften Sohn, als sei dieser der Erstgeborene. Seine Brüder grummelten, wenn sie Josef sahen.

Würde man behaupten, dass es in dieser Familie ein Problem gab, dann wäre das ungefähr so, als würde man sagen, eine Strohhütte biete keinen Schutz vor einem Orkan.

Und dann bekamen die Brüder Josef weit weg von zu Hause, fast hundert Kilometer entfernt von Papas schützenden Armen, in die Hände, und sie drehten komplett durch. „Als Josef bei ihnen ankam, zogen sie ihm sein Obergewand aus, … Dann packten sie ihn und warfen ihn in die Zisterne“ (Verse 23–24).1

Das klingt entschlossen. Sie wollten Josef nicht nur umbringen, sondern auch seinen Leichnam verstecken. Die ganze Sache war von Anfang an ein Mordkomplott. „Schlagen wir ihn doch tot und werfen ihn in die nächste Zisterne! Wir sagen einfach: Ein Raubtier hat ihn gefressen“ (Vers 20).

Josef ahnte nichts von dieser Verschwörung. Er war an diesem Morgen nicht aufgestanden und hatte gedacht: Ich sollte lieber Schutzkleidung anziehen, denn heute werde ich in ein Loch geworfen. Der Angriff kam völlig unerwartet.

Genau wie bei Ihnen. Josefs „Loch“ kam in Form einer Zisterne. Das „Loch“, in dem Sie sitzen, kam vielleicht in Form einer ärztlichen Diagnose, einer Pflegefamilie oder einer schweren Verletzung. Josef wurde in ein Loch geworfen und verachtet. Und Sie? Wurden Sie in die Arbeitslosigkeit geworfen und vergessen? In eine Scheidung geworfen und verlassen? Oder in ein Bett und vergewaltigt? Das Loch, ein trockener Ort voller Entsagung. Es ist wie Sterben. Manche Menschen erholen sich nie davon. Man verfolgt nur noch ein einziges Ziel: wieder rauskommen und nie wieder verletzt werden. Doch das ist nicht so einfach. Diese Löcher haben keinen Notausgang.

Josefs Geschichte wurde noch schlimmer, bevor sie sich zum Guten wendete. Nach dem Verlassensein kamen die Sklaverei, dann eine Falle und das Gefängnis. Er wurde überfallen, verkauft, misshandelt. Andere versprachen ihm etwas und hielten nicht Wort, machten ihm Geschenke und nahmen sie wieder zurück. Wenn man Verletzungen mit einem Sumpf vergleichen wollte, dann wäre Josef zu Schwerstarbeit in den Everglades in Florida verurteilt gewesen.

Aber er gab nie auf. Die Bitterkeit konnte bei ihm nicht Fuß fassen. Die Wut bildete keine Metastasen des Hasses. Sein Herz verhärtete sich nicht und seine Entschlossenheit ließ nie nach. Er überlebte nicht nur, sondern war sogar erfolgreich. Er stieg auf wie ein Heißluftballon. Ein ägyptischer Hofbeamter machte ihn zum Aufseher über seine Sklaven. Der Gefängniswärter gab ihm die Aufsicht über die Gefangenen. Und der Pharao, damals der mächtigste Herrscher, beförderte Josef zu seinem Premierminister. Am Ende seines Lebens war Josef der zweitmächtigste Mann seiner Zeit. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass er die Welt vor dem Hungertod gerettet hat. Wie würde wohl sein Lebenslauf klingen?

Josef

Sohn des Jakob

Universitätsabschluss in Leiden mit Auszeichnung

Leiter der weltweiten Initiative zur Rettung der Menschheit

Erfolgreich durchgeführt

Wie? Wie konnte er unter diesen tragischen Umständen erfolgreich sein? Darüber müssen wir nicht spekulieren. Etwa zwanzig Jahre später waren die Rollen nämlich vertauscht. Josef war der Starke und seine Brüder waren schwach. Sie kamen voller Angst zu ihm. Sie fürchteten, er würde es ihnen heimzahlen und sie in seine Grube werfen. Aber das tat Josef nicht. Und seine Erklärung zeigt uns, was ihn dazu trieb.

Ihr hattet Böses mit mir vor, aber Gott hat es zum Guten gewendet; denn er wollte auf diese Weise vielen Menschen das Leben retten. Das war sein Plan, und so ist es geschehen (1. Mose 50,20).

In Gottes Hand wird aus bösen Absichten letztlich etwas Gutes.

Josef stützte sich auf diese Verheißung und klammerte sich mit ganzer Kraft daran. Seine Geschichte beschönigt das Böse nicht. Ganz im Gegenteil. Überall sind Blutspritzer und Tränen zu sehen. Josefs Herz war wund aufgrund des schrecklichen Verrats und der Fehlurteile. Und trotzdem verwandelte Gott seinen Schmerz immer wieder in etwas Gutes. Aus dem zerrissenen Mantel wurde ein königlicher Mantel. Aus der Grube wurde ein Palast. Und die zerrüttete Familie wurde zusammen alt. Gerade das, was diesen Diener Gottes vernichten sollte, machte ihn stark.

„Ihr hattet Böses mit mir vor“, sagte Josef zu seinen Brüdern und verwendete dabei ein hebräisches Wort, das die gleiche Wurzel hat wie „weben“ oder „flechten“.2 „Ihr habt Böses gewoben“, sagte er damit, „aber Gott hat es zu etwas Gutem umgewoben.“

Gott ist der Meisterweber. Er spannt die Fäden und flechtet die Farben dazwischen, raue Fäden und Seidengarn, Schmerz und Freude. Nichts entgeht ihm. Jeder König, Diktator, jede Wetterentwicklung und jedes Molekül untersteht ihm. Er lässt das Weberschiffchen von Generation zu Generation hin und her gleiten und langsam entsteht ein Muster. Satan webt auch, aber Gott webt neu.

Und Gott ist der Baumeister. Dieser Gedanke verbirgt sich hinter Josefs Worten, als er sagte: „… aber Gott hat es zum Guten gewendet … Das war sein Plan …“3Der hebräische Begriff, der an dieser Stelle verwendet wird, kommt aus dem Baugewerbe4 und beschreibt ein Bauvorhaben ähnlich dem, an dem ich jeden Morgen vorbeifahre. Der Staat Texas erneuert eine Autobahnüberführung ganz in der Nähe meines Hauses. Drei Fahrspuren wurden auf eine reduziert, sodass der allmorgendliche Weg zur Arbeit zu einem Geduldsspiel wird. Diese Baustelle gibt es schon seit Menschengedenken. Jeden Tag schweben Kräne über unseren Köpfen. Die Bauarbeiter stehen mit Straßenschildern und Schaufeln da, Millionen Menschen schimpfen. Zumindest ich schimpfe. Wie lange dauert das denn noch?

Unsere Nachbarn sehen die Sache ganz anders. Beide sind Straßenbauingenieure und beraten das Verkehrsministerium. Sie müssen die gleichen Staus und Umleitungen ertragen wie alle anderen, aber sie haben eine positivere Einstellung dazu. Warum? Sie kennen die Bauvorhaben. „Das braucht seine Zeit“, erwidern sie auf mein Murren hin, „aber die Brücke wird fertig werden. Die werden das schaffen.“ Sie haben die Baupläne gesehen.

Durch Geschichten wie die von Josef lässt Gott uns einen Blick in seine Pläne werfen. Was für ein Wirrwarr! Brüder werden ihren Bruder los. Ansprüche. Hungersnöte und Familienfehden wie Nägel und Zementsäcke auf einem leeren Bauplatz wild verstreut. Satans Plan war einfach und böse: Wenn er Abrahams Familie zerstörte, würde er auch dessen Nachkommen zerstören – Jesus. Es scheint, als habe es die ganze Hölle auf Jakobs Söhne abgesehen.

Aber sehen Sie nur dem großen Baumeister zu. Er räumt den Schutt weg, stabilisiert das Gebäude und verschraubt die Träger, bis aus dem Chaos in 1. Mose 37,24 („… sie … warfen ihn in die Zisterne“) der Sieg in 1. Mose 50,20 wird („… vielen Menschen das Leben retten“).5

Gott ist der Meisterweber und der Baumeister. Er hat Josefs Geschichte zum Guten gewendet. Glauben Sie nicht, dass er auch Ihre Geschichte zum Guten wenden kann?

Sie werden das schaffen. Sie haben Angst, es nicht zu schaffen. Das geht uns allen so. Wir haben Angst, dass die Depression nie verschwinden wird, dass das Geschrei nie aufhört, dass der Schmerz nie weggeht. Dort unten im Loch, umgeben von steilen, hohen Wänden und wütenden Brüdern, fragen wir uns: Werden diese dunklen Wolken je verschwinden? Wird diese Last jemals wieder leichter? Wir haben das Gefühl festzustecken, in der Falle zu sitzen, eingesperrt zu sein. Versager zu sein. Werden wir je wieder aus diesem Loch herauskommen?

Ja! Befreiung ist in der Bibel das, was Jazz in New Orleans ist: unaufhaltsam und allgegenwärtig.

Daniel wird aus der Löwengrube befreit, Petrus aus dem Gefängnis, Jona aus dem Bauch des Fisches, David aus dem Schatten Goliaths, die Jünger aus dem Sturm, die Aussätzigen von Lepra, Thomas von seinen Zweifeln, Lazarus aus dem Grab und Paulus von seinen Fesseln. Gott hilft uns durch Situationen hindurch. Trockenen Fußes durch das Rote Meer (2. Mose 14,22). Durch die Wüste (5. Mose 29,5). Durch das Tal des Todesschattens (Psalm 23,4). Und mitten durch das Meer (Psalm 77,20). Durch ist eines von Gottes Lieblingsworten:

„Wenn du durchs Wasser gehst, ich bin bei dir,

und durch Ströme, sie werden dich nicht überfluten.

Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt werden,

und die Flamme wird dich nicht verbrennen“

(Jesaja 43,2; Elberfelder).6

Es wird nicht ohne Schmerzen abgehen. Haben Sie Ihre letzten Tränen geweint oder die letzte Chemotherapie-Sitzung hinter sich? Vielleicht nicht. Wird Ihre unglückliche Ehe im Handumdrehen wieder glücklich? Wohl kaum. Bleibt Ihnen der Gang zum Friedhof erspart? Verspricht uns Gott, dass wir keine Schwierigkeiten und dafür jede Menge Kraft haben werden? Nicht in diesem Leben. Aber er hat versprochen, Ihren Schmerz zu einem höheren Zweck neu zu weben.

Es wird nicht schnell gehen. Als seine Brüder ihn verkauften, war Josef siebzehn. Als er sie wiedersah, war er mindestens siebenunddreißig. Und es vergingen weitere zwei Jahre, bis er seinen Vater wiedersah.7 Manchmal lässt sich Gott Zeit: hundertzwanzig Jahre, um Noah auf die Sintflut vorzubereiten, achtzig Jahre, um Mose auf seine Aufgabe vorzubereiten. Gott berief David als Jungen zum König, sandte ihn dann aber wieder zu den Schafherden zurück. Er berief Paulus zum Apostel, aber dann war dieser etwa drei Jahre ganz allein in Arabien. Jesus hatte schon drei Jahrzehnte auf der Erde gelebt, ohne je mehr „gebaut“ zu haben als einen Küchentisch. Wie lange wird sich Gott wohl mit Ihnen Zeit lassen? Er nimmt sich vielleicht länger Zeit. Denn er schreibt nicht innerhalb von Minuten, sondern von Generationen Geschichte.

Aber Gott wird aus diesem Schlamassel etwas Gutes machen. Für uns ist es das totale Chaos, für Gott die perfekte Gelegenheit, den zukünftigen Premierminister heranzuziehen, zu prüfen und zu lehren. Für uns ist es ein Gefängnis, für Gott ein Brennofen, in dem Metall veredelt wird. Für uns ist es eine Hungersnot, für Gott die Gelegenheit, den Stammbaum, den er sich erwählt hat, umzupflanzen. Wir nennen es Exil in Ägypten, Gott nennt es eine Schutzhaft, durch die die Söhne Jakobs aus dem barbarischen Kanaan entkommen und sich in Frieden vermehren können. Wir sehen nur Satans Kniffe und Intrigen. Gott weiß, Satan ist besiegt und unterlegen.

Ich will es noch einmal ganz deutlich sagen: Sie sind der Josef Ihrer Generation. Sie sind eine Bedrohung für Satans Pläne. Sie tragen etwas von Gott in sich, etwas Edles und Heiliges, etwas, das diese Welt braucht – Weisheit, Güte, Gnade, Begabung. Wenn es Satan gelingt, Sie kaltzustellen, kann er den positiven Einfluss unterdrücken, den Sie sonst haben.

Josefs Geschichte steht aus einem ganz bestimmten Grund in der Bibel: damit Sie lernen, darauf zu vertrauen, dass Gott das Böse übertrumpfen wird. Wo Satan Böses mit uns vorhat, wird Gott, der meisterhafte Weber und große Baumeister, Gutes daraus entstehen lassen.

Josef wäre sicher der Erste, der zugibt, dass ein Leben ganz unten echt mies ist. Aber bei all dem Schlechten bewirkt es doch auch etwas Gutes. Es zwingt uns dazu, nach oben zu schauen. Es muss jemand von da oben zu uns hier runter kommen und uns helfen. Das hat Gott bei Josef getan. Und zum richtigen Zeitpunkt, auf die richtige Art und Weise wird er es auch bei Ihnen tun.

1 Hervorhebungen des Autors

2 Zodhiates, Spiros, Hrsg.: The Hebrew-Greek Key Word Study Bible: Key Insights into God’s Word, New American Standard Bible, überarb. Aufl. AMG, Chattanooga, 2008. Zu 1. Mose 50,20 s. a. „Greek/Hebrew Definitions“, Bible Tools, Strong’s Exhaustive Bible Concordance Online, Nr. 2803, chashab, www.bibletools.org/index.cfm/fuseaction/Lexicon.show/ID/H2803/chashab.htm

3 Der gleiche Begriff wird auch in 1. Mose 13,4 („… den Altar gebaut hatte“), Hiob 9,9 („Gott schuf den Großen Bären“) und Sprüche 8,26 („… die Erde gemacht“) verwendet.

4 Zodhiates. 1. Mose 50,20, s. a. Strong’s Exhaustive Bible Concordance Online, Nr. 6213, www.biblestudytools.com/lexicons/hebrew/nas/asah.html

5 1. Mose 50,20

6 Hervorhebungen des Autors

7 Josef war wahrscheinlich siebzehn, als er an die Ismaeliter verkauft wurde (1. Mose 37,2). Er war achtundzwanzig, als der Mundschenk, der ihm zu helfen versprach, entlassen wurde (40,21.23). Zwei Jahre später, als er dreißig war, deutete Josef die Träume des Pharaos (41,1+46). Und Josef war etwa neununddreißig, als seine Brüder zum zweiten Mal nach Ägypten kamen (45,1–6); dies war im zweiten Jahr der Hungersnot, die auf die sieben fetten Jahre folgte.

Kapitel 2

Wenn es abwärtsgeht

Josefs Probleme fingen mit seinem losen Mundwerk an. Eines Morgens kam er zum Frühstück, plapperte einfach wild drauflos und erzählte haarklein, was er geträumt hatte: Es war Erntezeit und Getreidegarben lagen fertig gebunden im Kreis. An jeder stand der Name einer seiner Brüder: Ruben, Gad, Levi, Sebulon, Juda … Genau in der Mitte des Kreises stand Josefs Garbe. In seinem Traum stand nur seine Garbe aufrecht. Damit war angedeutet: Ihr werdet euch vor mir verbeugen.

Hatte er allen Ernstes erwartet, dass seine Brüder sich darüber freuen würden? Dass sie ihm auf die Schulter klopfen und sagen würden: „Gerne verbeugen wir uns vor dir, süßer, kleiner Bruder“? Das taten sie nicht. Sie warfen mit Dreck nach ihm und sagten, er solle sich verkrümeln.

Aber er verstand den Wink mit dem Zaunpfahl nicht und erzählte ihnen noch einen weiteren Traum. Diesmal waren es keine Getreidegarben, sondern Sterne, die Sonne und der Mond. Die Sterne waren seine Brüder; die Sonne und der Mond waren Josefs Vater und seine verstorbene Mutter. Alle verbeugten sich vor Josef. Josef! Der Kleine mit dem schicken Mantel und den zarten Händen. Und sie sollten sich vor ihm verneigen?

Er hätte seine Träume lieber für sich behalten sollen.

Vielleicht dachte Josef das auch, als er da unten in der Zisterne saß. Seine Hilfeschreie waren vergebens gewesen. Seine Brüder hatten die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, um ihn ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen.

Aber da unten im Loch hörte Josef plötzlich noch ein anderes Geräusch – das Geräusch eines Wagens und eines Kamels oder auch zweier. Und dann kamen Stimmen hinzu. Fremde Stimmen. Sie sprachen mit seinen Brüdern und hatten einen ausländischen Akzent. Josef spitzte die Ohren, um etwas zu verstehen.

„Wir verkaufen ihn euch …“

„Wie viel?“

„… für eure Kamele …“

Als Josef aufblickte, schaute er in einen Kreis von Gesichtern, die zu ihm herunterstarrten.

Schließlich ließen sie einen seiner Brüder an einem Seil zu ihm herunter. Er legte beide Arme um Josef und die anderen zogen sie hoch.

Die Händler begutachteten Josef von Kopf bis Fuß. Sie steckten ihm die Finger in den Mund und zählten seine Zähne. Sie prüften seine Armmuskeln. Seine Brüder priesen ihn an. „Da ist kein Gramm Fett dran. Er ist stark wie ein Stier. Er kann den ganzen Tag arbeiten.“

Die Händler steckten die Köpfe zusammen, und als sie ihr Angebot unterbreiteten, wurde Josef klar, was hier vor sich ging. „Halt! Hört sofort auf! Ich bin euer Bruder! Ihr könnt mich doch nicht verkaufen!“ Seine Brüder stießen ihn zur Seite und fingen an zu feilschen.

„Was zahlt ihr für ihn?“

„Wir geben euch zehn Münzen.“

„Mindestens dreißig.“

„Fünfzehn und keine mehr.“

„Fünfundzwanzig.“

„Zwanzig. Das ist unser letztes Angebot.“

Seine Brüder nahmen die Münzen, schnappten sich den schicken Mantel und gingen weg. Josef fiel auf die Knie und jammerte. Die Händler banden das eine Ende eines Stricks um seinen Hals und das andere an den Wagen. Dreckig und mit tränenverschmiertem Gesicht blieb Josef nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen. Er reihte sich hinter den Wagen mit den quietschenden Rädern und den klapperdürren Kamelen ein. Er warf noch einen letzten Blick über die Schulter zurück auf seine Brüder, die ihm den Rücken zuwandten und langsam am Horizont verschwanden.

„Helft mir!“

Keiner drehte sich um.

„Seine Brüder … verkauften ihn für zwanzig Silberstücke an die Ismaeliten, die ihn mit hinunter nach Ägypten nahmen“ (1. Mose 37,28; „The Message“).

Hinunter nach Ägypten. Noch vor wenigen Stunden war es in Josefs Leben bergauf gegangen. Er hatte einen neuen Mantel bekommen und war zu Hause verwöhnt worden. Er hatte geträumt, seine Brüder und seine Eltern würden zu ihm aufsehen. Aber wo es bergauf geht, geht es irgendwann auch wieder bergab, und in Josefs Leben ging es jetzt steil bergab. Von seinen Geschwistern gedemütigt. In einen trockenen Brunnen hinuntergeworfen. Von seinen Brüdern hängen gelassen und als Sklave verkauft. Schließlich nach Ägypten hinuntergebracht.

Es ging nur noch bergab. Sein guter Name, sein Status und sein Stand wurden ihm genommen. Alles, was er hatte, und alles, was er je glaubte, haben zu können, war weg. Verschwunden. In Luft aufgelöst. Einfach so.

So wie bei Ihnen? Haben Sie den Kopf hängen lassen? Haben Sie sich unterkriegen lassen? Sind Sie in der Hackordnung ganz unten gelandet? Sind Sie bei anderen unten durch? Unten … noch tiefer … ganz unten in Ägypten?

Das Leben zieht uns runter.

Josef kam in Ägypten an und hatte nichts. Er hatte keinen Cent mehr und sein Leben war keinen Cent mehr wert. Seine Herkunft war hier bedeutungslos, sein Beruf verachtet.8 Das glatt rasierte Volk der Pyramidenbauer machte einen Bogen um die haarigen Wüstenbeduinen.

Kein Empfehlungsschreiben, kein Beruf, keine Familie. Er hatte alles verloren, bis auf eine Sache: seine Bestimmung.

Jene seltsamen Träume hatten Josef gezeigt, dass Gott etwas mit ihm vorhatte. Natürlich wusste er nichts Näheres. Josef hatte keine Ahnung, wie seine Zukunft genau aussehen würde. Aber die Träume hatten ihm eines gezeigt: Er würde eine wichtige Stellung in seiner Familie einnehmen. Josef klammerte sich an seine Träume wie an einen Rettungsring.

Wie sonst ließe sich erklären, dass er alle Widrigkeiten überstand? In der Bibel steht nichts von einer besonderen Ausbildung, großem Wissen oder überragenden Gaben und Fähigkeiten. Trotzdem macht der Verfasser eine Titelgeschichte aus Josefs Schicksal.

Der junge Hebräer verlor Familie, Würde und Heimat, aber er verlor nie den Glauben an den Gott, der an ihn glaubte. Als er sich so durch die Wüste in Richtung Ägypten schleppte, beschloss er: Das ist nicht das Ende. Gott hat einen Traum für mein Leben. Während er die schweren Ketten der Sklaventreiber trug, dachte er: Ich bin zu mehr berufen als hierzu. Als er in eine Stadt voller fremder Laute und glatt rasierter Gesichter kam, erinnerte er sich: Gott hat noch etwas mit mir vor.

Gott hatte eine Bestimmung für Josef und daran glaubte der Junge.

Glauben Sie, dass Gott eine Bestimmung für Sie hat?

Ich bin jetzt seit drei Jahrzehnten Pastor. Viel Zeit, um solche Josefsgeschichten zu hören. Ich habe viele Menschen kennengelernt, die auf dem Weg nach Ägypten waren. Abwärts, abwärts, immer weiter abwärts. Und ich habe gelernt, jene eine Frage zu stellen. Wenn Sie und ich uns bei einer Tasse Kaffee unterhalten würden, dann würde ich mich genau jetzt herüberbeugen und fragen: „Was bleibt Ihnen, das Sie nicht verlieren können?“ Die Probleme können einem vieles rauben. Ich weiß. Aber es gibt eine Sache, der Ihre Schwierigkeiten nichts anhaben können: Ihre Bestimmung. Lassen Sie uns einmal darüber sprechen.

Sie sind ein Kind Gottes. Er hat Sie gesehen, sie erwählt und Sie an einen bestimmten Punkt gestellt. „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Johannes 15,16). In allererster Linie sind Sie nicht Metzger, Bäcker, Schreiner, Mann oder Frau, Asiate oder Europäer, sondern Gottes Kind. Nur Ersatzspieler? Wohl kaum. Sie sind seine erste Wahl.

Im Leben ist das nicht immer so. Einmal kam der Bräutigam wenige Minuten vor der Trauung, die ich halten sollte, auf mich zu und meinte: „Sie waren nicht meine erste Wahl.“

„Tatsächlich?“

„Nein, der Pastor, den ich haben wollte, hatte keine Zeit.“

„Ach so.“

„Aber danke, dass Sie eingesprungen sind.“

„Gern geschehen.“ Ich überlegte kurz, ob ich die Heiratsurkunde mit „Ersatzpastor“ unterschreiben sollte.

Gott wird niemals so etwas zu Ihnen sagen. Er hat Sie erwählt. Er war nicht dazu verpflichtet, wurde nicht gezwungen oder genötigt, Sie zu wählen. Er hat Sie ausgesucht, weil er es so wollte. Es war seine bewusste, willentliche, freie Entscheidung. Er kam zur Auktionsbühne, wo Sie standen, und verkündete: „Das ist mein Kind.“ Und er hat Sie erkauft „mit dem kostbaren Blut eines reinen und fehlerlosen Opferlammes, dem Blut von Christus“ (1. Petrus 1,19). Sie sind Gottes Kind.

Sie sind für immer sein Kind.

Glauben Sie nicht, was später einmal auf dem Grabstein steht. Sie sind mehr als der Bindestrich zwischen zwei Jahreszahlen. „Wenn dieses irdische Zelt, in dem wir leben, einmal abgerissen wird – wenn wir sterben und diesen Körper verlassen –, werden wir ein ewiges Haus im Himmel haben, einen neuen Körper, der von Gott kommt und nicht von Menschen“ (2. Korinther 5,1; Neues Leben). Lassen Sie sich nicht von Ihrem begrenzten Blickwinkel gefangen nehmen. Ihre Probleme bleiben nicht ewig – Sie schon.

Gott wird seinen Garten Eden hervorbringen. Er erschafft ein Paradies, in dem die Adamssöhne und Evastöchter Anteil an seinem Wesen und seiner Liebe haben werden und in Frieden miteinander, mit den Tieren und der Natur leben werden. Wir werden mit ihm über Länder, Städte und Nationen herrschen. „Wenn wir mit ihm geduldig leiden, werden wir auch mit ihm herrschen“ (2. Timotheus 2,12).

Glauben Sie daran. Klammern Sie sich daran. Tätowieren Sie es sich ins Herz. Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass Ihr ganzes Leben durch diese Katastrophe weggeschwemmt wurde, aber das stimmt nicht. Ihnen bleibt immer noch Ihre Bestimmung.

Mein Vater musste diese Straße nach Ägypten auch gehen. Es war nicht die Familie, die ihn im Stich ließ, sondern seine Gesundheit. Er war gerade in den Ruhestand gegangen. Meine Mutter und er hatten gespart und Pläne geschmiedet. Sie wollten mit ihrem Wohnmobil alle Nationalparks abklappern. Und dann kam die Diagnose: Amyotrophe Lateralsklerose (auch ALS oder Lou-Gehrig-Syndrom genannt), eine grausame, degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems, die die Muskelfunktion beeinträchtigt. Innerhalb weniger Monate konnte er nicht mehr allein essen, sich anziehen oder waschen. Das Leben, wie er es bis zu diesem Zeitpunkt gelebt hatte, existierte nicht länger.

Damals bereiteten meine Frau Denalyn und ich uns auf einen Missionseinsatz in Brasilien vor. Als wir von der Krankheit erfuhren, wollte ich meine Pläne ändern. Wie konnte ich ins Ausland gehen, wenn er bald sterben würde? Vater antwortete umgehend und sehr bestimmt. Er war kein Freund von langen Briefen, aber dieser war vier Seiten lang und enthielt folgende Anweisung:

Was meine Krankheit und deinen Umzug nach Rio betrifft, fällt mir die Antwort nicht schwer: Geh! … Ich habe keine Angst vor dem Tod oder der Ewigkeit … also mach dir um mich keine Sorgen. Geh einfach. Tu, was Gott will.

Mein Vater hatte viel verloren: seine Gesundheit, seinen Ruhestand, Jahre mit seinen Kindern und Enkeln, Jahre mit seiner Frau. Es war ein herber Verlust, aber er hatte nicht alles verloren. Wenn ich ihn gefragt hätte: „Papa, gibt es etwas, das du nicht verlieren kannst?“, dann hätte er geantwortet, dass er immer noch Gottes Bestimmung für sich hatte.

Wenn wir auf dem Weg nach Ägypten sind, vergessen wir das oft. Der Wegesrand ist gesäumt von Skeletten – vergessenen Bestimmungen. Wir lassen zu, dass die tragischen Ereignisse in unserem Leben uns definieren. „Ich bin eine geschiedene Frau, ein Drogenabhängiger, ein pleitegegangener Geschäftsmann, das behinderte Kind, der Mann mit der hässlichen Narbe.“ Und dann geben wir uns mit einer minderwertigen Bestimmung zufrieden: Geld verdienen, Freunde finden, bekannt werden, Muskeln bekommen, Sex haben.

Fällen Sie den Entschluss, diesen Fehler nicht zu machen. Glauben Sie, dass Sie alles verloren haben? Das ist ein Irrtum. „Denn Gott fordert weder seine Gaben zurück, noch widerruft er die Zusage, dass er jemanden auserwählt hat“ (Römer 11,29; Hoffnung für alle). Beherzigen Sie das auch hinsichtlich Ihrer eigenen Bestimmung.

Wie kann das ganz praktisch aussehen? In Ihrer Firma kommt es zu Entlassungen. Schließlich ruft Ihr Chef Sie zu sich ins Büro. So sehr er sich auch bemüht, freundlich zu sein, eine Entlassung ist immer noch eine Entlassung. Und plötzlich müssen Sie Ihren Schreibtisch räumen. Die Stimmen der Angst und des Zweifels werden immer lauter.