Hör nie auf, neu anzufangen - Max Lucado - E-Book

Hör nie auf, neu anzufangen E-Book

Max Lucado

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Beschreibung

Gott ist ein Fachmann für Neuanfänge. Jeder, der mit Traurigkeit oder Schmerz, Enttäuschungen oder Versagen zu kämpfen hat, darf neuen Mut schöpfen. "New York Times"-Bestsellerautor Max Lucado bringt Ihnen Gottes biblische Verheißungen näher, die Heilung und ein neues Leben schenken. Er ermutigt dazu, Gottes Liebe und Versorgung zu vertrauen. Dieses Buch enthält eine Zusammenstellung von bereits veröffentlichten, aber auch neuen Texten, die zeigen, dass unsere Lebensreise zwar Hindernisse birgt, aber niemand den Weg allein gehen muss. Finden Sie zu neuer Zuversicht - Ihr Weg geht weiter! Und Gott ist an Ihrer Seite.

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Seitenzahl: 269

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Über den Autor

Max Lucado war langjähriger Pastor der Oak Hills Church in San Antonio, Texas. Er ist verheiratet, Vater von drei Töchtern und Verfasser vieler Bücher. Die Zeitschrift Christianity Today zählt ihn zu den bekanntesten christlichen Autoren Amerikas.

Zu seinen Bestsellern gehören u. a. „Leben ohne Angst“, „Du schaffst das“, „Leichter durchs Leben“ und „Wie man Riesen besiegt“.

Für Jack und Deb Graham und für O. S. und Susie Hawkins.Dieses Buch wurde an jenem Tag fertig, an dem diese beiden wunderbaren Ehepaare sowohl ihr 50-jähriges Dienstjubiläum als auch ihre goldene Hochzeit begehen durften.Wir feiern ihre Hingabe an Jesus und aneinander.

Inhalt

Einleitung: Neue Möglichkeiten entdecken

Teil I: Gott ist vertrauenswürdig

Kapitel 1: Vertrauen Sie dem Hirten

Kapitel 2: Überlassen Sie Ihre Ängste Ihrem Vater

Kapitel 3: Mit geschlossenen Augen sehen

Kapitel 4: Geben Sie nicht auf

Kapitel 5: Folgen Sie dem Gott, der Ihnen nachgeht

Teil II: Gott schenkt Ihnen gute Gaben

Kapitel 6: Nehmen Sie das göttliche Geschenk an

Kapitel 7: Verlassen Sie sich auf den Heiligen Geist

Kapitel 8: Geborgen unter seinen Flügeln

Kapitel 9: Tauchen Sie tief in Gottes Liebe ein

Teil III: Vertrauen Sie seinen Verheißungen

Kapitel 10: Der Anker Ihrer Seele

Kapitel 11: Glaube ist eine Entscheidung

Kapitel 12: Ihr Vater kämpft für Sie

Kapitel 13: Vertrauen Sie auf Gottes Verheißungen

Teil IV: Prägen Sie Ihre Welt

Kapitel 14: Seien Sie Sie selbst

Kapitel 15: Teilen Sie mit anderen, was Gott Ihnen gegeben hat

Kapitel 16: Helfen Sie Menschen in Not

Kapitel 17: Machen Sie die Welt ein Stückchen besser

Teil V: Verlieren Sie nie die Ewigkeit aus dem Blick

Kapitel 18: Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse

Kapitel 19: Halten Sie fest, was Jesus für Sie getan hat

Kapitel 20: Lauschen Sie dem Lied der Nachtigall

Eine letzte Bemerkung

Fragen zur Vertiefung

Danksagung

Quellenangaben

Anmerkungen

Einleitung Neue Möglichkeiten entdecken

Wasser. Noah sieht nur noch eines: Wasser. Die Abendsonne versinkt darin. Die Wolken spiegeln sich darin. Seine Arche ist davon umgeben. Wasser. Wasser im Norden. Wasser im Süden. Wasser im Osten. Wasser im Westen. Überall nur Wasser.

Noah sieht nichts als Wasser.

Er kann sich nicht mehr daran erinnern, wann er zum letzten Mal etwas anderes gesehen hat. Die Erde ist zerstört. Es ist das Ende von allem, was er bislang gekannt hat. Er und seine Söhne konnten gerade noch das letzte Flusspferd die Rampe hinaufschieben, als sich im Himmel tausend Löschhydranten öffneten. Innerhalb weniger Augenblicke fing das Schiff an zu schaukeln. Der Regen prasselte tagelang herunter und Noah fragte sich wochenlang: „Wie lange wird das noch dauern?“ Vierzig Tage regnete es. Seit Monaten treiben sie dahin. Sie essen immer das Gleiche, riechen immer das Gleiche und sehen die immer gleichen Gesichter. Ab einem gewissen Punkt fällt einem nichts mehr ein, worüber man miteinander reden könnte. Man verliert langsam die Hoffnung. Kann Gott diese Welt neu erschaffen? Kann er von vorn anfangen? Kann er und können wir noch einmal neu beginnen?

Schließlich stößt das Schiff gegen irgendetwas und das Schaukeln hört auf. Frau Noah sieht Herrn Noah bedeutungsvoll an, woraufhin dieser die Luke aufdrückt und den Kopf hinausstreckt. Der Rumpf der Arche hat auf dem Grund aufgesetzt, aber dennoch sind sie weiterhin von Wasser umgeben.

„Noah“, ruft sie zu ihm hinauf, „was siehst du?“

„Wasser.“

Er schickt einen Raben auf Erkundungstour; dieser kehrt aber nie zurück. Er sendet eine Taube los. Diese kehrt zitternd und erschöpft zurück, weil sie keinen Nistplatz gefunden hat. Und dann, heute Morgen, versucht er es noch einmal. Er holt eine Taube aus dem Bauch der Arche und steigt mit ihr die Leiter hinauf. Beide blinzeln in die strahlende Morgensonne, so hell ist es. Als er den Vogel auf die Brust küsst, spürt er sein klopfendes Herz. Würde er sich die Hand auf seine eigene Brust legen, würde er das Gleiche spüren. Er schickt ein Gebet gen Himmel und lässt sie fliegen. Nun blickt er ihr nach, bis sie nur noch ein kleiner Punkt am Horizont ist.

Den ganzen Tag über hält er nach der Taube Ausschau. Zwischen seinen üblichen Pflichten öffnet er immer wieder die Luke und blickt sich suchend nach ihr um. Die Jungen wollen mit ihm Affenschwanzfangen spielen, aber er hat keine Lust. Stattdessen klettert er in den Ausguck und hält Ausschau. Der Wind zerzaust sein graues Haar. Die Sonne wärmt sein wettergegerbtes Gesicht. Aber nichts erwärmt sein schweres Herz. Er kann nichts entdecken. Nicht am Morgen. Nicht nach dem Mittagessen. Und auch später nicht.

Jetzt geht die Sonne unter und der Himmel wird dunkel. Ein letztes Mal hält er noch Ausschau, doch er sieht nur Wasser. Wasser im Osten. Wasser im …

Sie kennen dieses Gefühl sicher auch. Sie haben ebenfalls schon dort gestanden, wo Noah gestanden hat. Sie haben auch schon Sintfluten erlebt. Sintfluten der Trauer auf dem Friedhof, der Wut über das Unvermögen Ihres Körpers, der Angst angesichts der Ungewissheit einer Pandemie. Sie haben gesehen, wie das Wasser stieg, und wahrscheinlich haben Sie auch gesehen, wie die Sonne über Ihren Hoffnungen und Träumen untergegangen ist. Sie waren dabei auf Noahs Schiff.

Und Sie haben das gebraucht, was auch Noah brauchte: Hoffnung. Hoffnung meint nicht, dass es sofort eine Lösung für unsere Probleme geben wird, sondern dass sich irgendwann eine Lösung auftun wird. Manchmal brauchen wir einfach nur ein kleines bisschen Hoffnung.

Mehr brauchte auch Noah nicht. Und genau das bekam Noah.

Der alte Seebär starrt in die Sonne, die schon halb untergegangen ist. Einen schöneren Anblick kann man sich kaum vorstellen. Aber er würde diesen Sonnenuntergang und noch einhundert weitere gegen einen Hektar trockenes Land und einen Weinberg eintauschen. In diesem Moment erklingt Frau Noahs Stimme. Sie erinnert ihn daran, dass das Abendessen auf dem Tisch steht und er doch die Luke schließen soll. Er will gerade Feierabend machen, als er das Gurren einer Taube vernimmt. Und so wird dieser Augenblick in der Bibel beschrieben: „Diesmal kehrte der Vogel gegen Abend mit dem frischen Blatt eines Olivenbaums im Schnabel zu ihm zurück“ (1. Mose 8,11).

Ein Olivenblatt. Noah wäre schon glücklich gewesen, den Vogel zurückzubekommen – aber ein Blatt! Dieses Blatt war mehr als nur Laub; es war eine Verheißung. Der Vogel hat mehr mitgebracht als nur ein Stück Olivenbaum; er hat Hoffnung gebracht. Denn ist Hoffnung nicht genau das: ein Olivenblatt – der Beweis dafür, dass wir nach der Sintflut irgendwann wieder festen Boden unter den Füßen haben werden? Der Beweis für den Träumer, dass der Traum das Risiko wert war?

Brauchen Sie etwas Hoffnung? Brauchen Sie einen Neubeginn? Eine Renovierung Ihres Lebens? Noch eine Chance? Früher oder später brauchen wir das alle einmal. Die ach so willkommene gute Nachricht der Bibel lautet: Gott ist ein Gott der Neuanfänge. Er ist der Autor, der ein neues Kapitel schreibt, der Architekt, der einen neuen Entwurf macht, und die Stimme, die ein neues Lied singt.

Gott weiß, wie es weitergeht. Ganz gleich, mit welcher Enttäuschung, Trauer oder Schwierigkeit Sie konfrontiert sind: Gott schenkt Ihnen die Möglichkeit, noch einmal von vorn anzufangen. Bei ihm erhalten verlorene Söhne ein neues Gewand, die Schwachen bekommen neue Kraft und die Einsamen finden einen Freund.

Doch die, die auf den Herrn warten, gewinnen neue Kraft. Sie schwingen sich nach oben wie die Adler. Sie laufen schnell, ohne zu ermüden. Sie gehen und werden nicht matt.

Jesaja 40,31

Ihre jetzige Situation hat nicht das letzte Wort in Ihrem Leben.

Gott verkündet allen Noahs dieser Welt, all jenen, die den Horizont nach dem berühmten Silberstreif absuchen: „Ja!“ Und er kommt. Er kommt als Taube. Er kommt mit einer Frucht aus einem fernen Land, aus unserer zukünftigen Heimat. Er kommt mit dem Blatt der Verheißung, dass er alles neu machen kann.

Das ist das Thema des Buches, das Sie gerade in der Hand halten. Es ist eine Mischung aus neuen Überlegungen und einigen Lieblingsgedanken aus früheren Büchern. Die Botschaft ist ganz simpel: Sie können neue Hoffnung schöpfen. Können neue Träume träumen. Durch Gottes Gnade können Sie den Weg zum trockenen Land finden, können zusehen, wie das Wasser zurückgeht, und neuen Boden betreten.

Wenn Sie sich Gottes Führung anvertrauen, können Sie neu anfangen.

Teil I Gott ist vertrauenswürdig

Mein Vater dekorierte unser Wohnzimmer mit einem Baumstumpf. Ich war damals noch ein Kind, vielleicht elf oder zwölf Jahre alt. Das perfekte Alter, um von der Vorstellung fasziniert zu sein, dass bei uns ein Baumstumpf neben dem Kamin stand.

Über dem Kamin hing eine Uhr.

Neben dem Kamin stand Kaminwerkzeug.

Neben dem Werkzeug – der Baumstumpf.

Genial!

Er brachte ihn mit, als er eines Tages von der Arbeit kam. Der Stamm nahm den größten Teil der Ladefläche seines Pick-ups ein. Dort lag er, als ich ihn zum ersten Mal sah. Mein Vater zerrte ihn von der Ladefläche und ließ ihn auf den Betonboden der Einfahrt fallen.

„Was ist das, Dad?“

„Das ist ein Baumstumpf“, entgegnete er. Stolz schwang in seiner Stimme mit.

Mein Vater arbeitete auf den Ölfeldern im Westen von Texas. Seine Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass die Pumpen reibungslos liefen. Und offensichtlich hatte dieser Baumstumpf seine Arbeit behindert. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, warum er ihn störte. Vielleicht hatte er ihm den Weg zu einer der Maschinen versperrt. Vielleicht hatte er zu weit über einen Fahrweg geragt. Was auch immer der Grund gewesen war: Der Stamm hatte ihn daran gehindert, seine Arbeit so zu erledigen, wie er es wollte. Also riss er ihn aus dem Boden. Mein Vater legte das eine Ende einer Kette um den Baumstumpf und das andere um seine Anhängerkupplung. Der Wettkampf war vorbei, noch ehe er begonnen hatte.

Aber es genügte ihm nicht, den Baumstumpf nur herauszureißen; er wollte ihn zur Schau stellen. Manche Männer hängen sich Hirschgeweihe an die Wand. Andere füllen ganze Zimmer mit ausgestopften Tieren. Mein Vater beschloss, unser Wohnzimmer mit einem Baumstumpf zu dekorieren.

Mutter war davon alles andere als begeistert. Während die beiden in der Einfahrt standen und einen hitzigen Meinungsaustausch hatten, nahm ich die erlegte Beute unter die Lupe. Der Baumstumpf war so dick wie meine jungenhaften Hüften. Die Rinde war schon lange vertrocknet und ließ sich leicht abschälen. Daumendicke Wurzeln hingen schlaff herunter. Ich habe mich noch nie für einen Experten in Sachen „tote Bäume“ gehalten, aber so viel wusste ich: Dieser Baumstumpf war eine echte Schönheit.

Im Verlauf der Jahre habe ich oft darüber nachgedacht, warum mein Vater einen Baumstumpf als Dekoration verwendet hat – vor allem, weil ich mich selbst auch eher für einen Baumstumpf hielt. Als Gott mich fand, war ich ein unfruchtbarer Stumpf mit tiefen Wurzeln. Ich machte die Landschaft dieser Welt kein bisschen schöner. Niemand konnte sich in den Schatten meiner Äste legen. Ich stand dem Werk des Vaters sogar im Weg. Und trotzdem fand er einen Platz für mich. Es brauchte einen kräftigen Ruck und eine gründliche Bearbeitung, aber er brachte mich aus dem Ödland in sein Haus und stellte mich als sein Werk zur Schau.

Von uns allen wurde der Schleier weggenommen, sodass wir die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel sehen können. Und der Geist des Herrn wirkt in uns, sodass wir ihm immer ähnlicher werden und immer stärker seine Herrlichkeit widerspiegeln.

2. Korinther 3,18

Und genau das ist auch das Werk des Heiligen Geistes.

Der Geist Gottes wird Sie in ein himmlisches Meisterwerk verwandeln und für alle sichtbar aufstellen. Rechnen Sie damit, vorher abgeschrubbt, geschmirgelt und ein oder zwei oder zehn Mal gestrichen zu werden. Aber am Ende wird das Ergebnis alle Unannehmlichkeiten wert gewesen sein.

Sie werden dankbar sein.

Letzten Endes war meine Mutter das auch. Erinnern Sie sich an die hitzige Diskussion, die meine Eltern wegen des Baumstumpfs hatten? Mein Vater gewann. Er stellte den Baumstumpf ins Wohnzimmer – aber erst nachdem er ihn sauber gemacht, gestrichen und in großen Buchstaben „Jack und Thelma“ hineingeschnitzt hatte sowie die Namen ihrer vier Kinder. Ich kann nicht für meine Geschwister sprechen, aber ich war immer stolz darauf, meinen Namen im Familienstammbaum eines Baumstumpfentwurzlers zu lesen.

Kapitel 1 Vertrauen Sie dem Hirten

Er gibt mir neue Kraft.

Psalm 23,3 (Hfa)

Stellen Sie sich vor, Sie sind im Dschungel. Es ist ein sehr dichter und finsterer Dschungel. Ihre Freunde haben Sie davon überzeugt, dass es Zeit sei, eine einzigartige, unvergessliche Reise zu machen, und jetzt sind Sie hier. Sie haben den Trip bezahlt. Sie sind über den Atlantik geflogen. Sie haben einen Reiseführer engagiert und sich der Gruppe angeschlossen. Und Sie haben sich an einen Ort gewagt, an den Sie sich noch nie zuvor gewagt hatten – in die zugewucherte, fremdartige Welt eines Dschungels.

Klingt das interessant? Dann gehen wir noch einen Schritt weiter. Stellen Sie sich vor, Sie seien ganz allein im Dschungel und haben sich verlaufen. Sie haben sich mal kurz gebückt, um Ihren Stiefel zu schnüren, und als Sie sich wieder aufgerichtet haben, waren alle weg. Sie haben auf gut Glück den rechten Pfad genommen, aber jetzt fragen Sie sich, ob die anderen vielleicht nach links gegangen sind. (Oder sind Sie nach links und die anderen nach rechts gegangen?)

Wie auch immer: Sie sind jetzt allein. Und das schon seit einer ganzen Weile – na ja, in Wirklichkeit wissen Sie nicht, wie lange Sie schon allein sind. Ihre Uhr hängt nämlich an Ihrem Rucksack, und Ihren Rucksack trägt der nette Typ aus New Jersey, der angeboten hat, ihn zu halten, während Sie sich die Schuhe gebunden haben. Sie hatten ja nicht damit gerechnet, dass er damit weggeht. Aber er hat es getan. Und jetzt sitzen Sie mitten im Nirgendwo fest.

Sie haben ein Problem. Erstens ist Ihnen dieser Ort völlig fremd. Wenn man Sie irgendwo im Großstadtgewirr ausgesetzt hätte, hätten Sie nach Hause gefunden. Aber hier unter dem dichten Blätterdach? Mitten im Dickicht, wo kein Weg zu erkennen ist? Hier sind Sie einfach nicht in Ihrem Element. Sie sind nicht für den Dschungel gemacht.

Und was noch schlimmer ist: Sie sind nicht dafür ausgerüstet. Sie haben keine Machete, kein Messer, keine Streichhölzer, keine Taschenlampe, nichts zu essen. Und jetzt sitzen Sie hier fest und haben nicht die geringste Ahnung, wie Sie wieder rauskommen sollen.

Klingt das nach Spaß? Nein? Für mich auch nicht. Halten wir einmal kurz inne, bevor wir unserem Weg weiter folgen. Wie fühlen Sie sich? Welche Gefühle kämen in einer solchen Situation in Ihnen hoch? Mit welchen Gedanken würden Sie kämpfen?

Angst? Natürlich.

Sorge? Das ist noch milde ausgedrückt.

Wut? Das könnte ich auch verstehen. (Sie würden denen, die Sie zu dieser Reise überredet haben, am liebsten an die Gurgel gehen.)

Aber wie wäre es vor allem mit Hoffnungslosigkeit? Sie haben keine Ahnung, in welche Richtung Sie gehen oder was Sie tun sollen. Wer könnte Ihnen da einen Vorwurf machen, wenn Sie sich einfach auf einen Baumstamm setzen (aber erst nachsehen, dass keine Schlange darauf liegt!), Ihr Gesicht in den Händen vergraben und denken würden: Hier komme ich nie wieder raus? Sie haben weder Orientierung noch Ausrüstung oder Hoffnung.

Können Sie dieses Gefühl einen Augenblick festhalten? Können Sie versuchen, nur einen Augenblick nachzuempfinden, wie es ist, nicht in seinem Element zu sein? Keine Ahnung und keine Kraft mehr zu haben? Können Sie nur einen Moment lang nachempfinden, wie sich Hoffnungslosigkeit anfühlt?

Wenn Sie das können, dann wissen Sie, wie es vielen Menschen auf dieser Welt geht.

Für viele Menschen ist das Leben wie dieser Dschungel. Kein Dschungel mit Bäumen und Tieren. Wenn es denn so einfach wäre. Es wäre schön, wenn sich unser „Dschungel“ mit der Machete durchdringen ließe oder wir unsere Feinde in einem Käfig fangen könnten. Aber unser „Dschungel“ ist dichter und besteht aus ansteckenden Krankheiten, gebrochenen Herzen und leeren Geldbeuteln. Unsere „Wälder“ sind umgeben von Krankenhauswänden und Familiengerichten. Wir vernehmen nicht das Kreischen von Vögeln oder das Brüllen des Löwen, sondern das Jammern der Politiker und die Forderungen unserer Chefs. Die Raubtiere sind unsere Gläubiger, und das Dickicht um uns herum ist die Unsicherheit, die uns Angst einjagt.

Das Leben da draußen ist wie ein Dschungel.

Und manche, ja sogar viele, haben kaum Hoffnung. Die Hoffnungslosigkeit ist ein seltsamer Rucksack. Er ist nicht voll, sondern leer, aber gerade diese Leere macht ihn so schwer. Sie können ihn öffnen und alle Taschen durchsuchen. Sie können ihn auf den Kopf stellen und kräftig ausschütteln. Der Rucksack der Hoffnungslosigkeit ist auf schmerzliche Weise leer.

Das ist kein sehr schöner Anblick, oder? Schauen wir mal, ob wir ihn etwas aufhübschen können. Eben haben wir uns vorgestellt, allein zu sein. Ob wir uns wohl auch vorstellen können, gerettet zu werden? Was wäre nötig, um Ihnen neue Hoffnung zu schenken? Was brauchen Sie, um wieder neue Kraft für Ihre Reise zu bekommen?

Es gibt zwar unzählige Antworten auf diese Frage, aber drei kommen einem sofort in den Sinn.

Die erste wäre ein Mensch. Nicht irgendein Mensch. Sie brauchen niemanden, der genauso verloren ist wie Sie. Sie brauchen jemanden, der den Weg aus dem Dschungel kennt. Jemanden, dem Sie vertrauen können.

Und dieser Jemand muss Ihnen eine Vision vermitteln. Sie brauchen eine Person, die Sie aufheitert. Sie brauchen jemanden, der Sie ansieht und sagt: „Das ist nicht das Ende. Gib nicht auf. Du kannst von vorn anfangen. Es gibt einen besseren Ort und ich werde dich dort hinbringen.“

Und vor allem brauchen Sie eine Richtung. Wenn Sie zwar einen anderen Menschen, aber keine neue Vision haben, dann haben Sie nur jemanden, der Ihnen im Dschungel Gesellschaft leistet. Wenn der Betreffende wiederum eine Vision hat, aber die Richtung nicht kennt, dann haben Sie einen Träumer, der Ihnen Gesellschaft leistet. Aber wenn Sie jemanden haben, der die Richtung kennt – der Sie von dort an den richtigen Ort bringen kann –, dann haben Sie jemanden, der Ihnen neue Hoffnung schenken kann.

Oder um es mit Davids Worten auszudrücken: „Er gibt mir neue Kraft“ (Psalm 23,3; Hfa).

Unser Hirte ist ganz groß darin, uns neue Hoffnung zu schenken. Ganz gleich, ob Sie ein Schaf sind, das sich in Felsspalten verirrt hat, oder ein Großstadtmensch allein mitten im Dschungel: Alles wird anders, wenn der Retter auf den Plan tritt.

Ihre Einsamkeit schwindet, weil Sie Gemeinschaft haben.

Ihre Verzweiflung lässt nach, weil Sie jetzt Weitblick besitzen.

Ihre Verwirrung klärt sich, weil Sie die richtige Richtung kennen.

Man beachte: Sie sitzen immer noch im Dschungel fest. Die Blätter verdecken immer noch den Himmel und die Dornen zerkratzen immer noch Ihre Haut. Tiere liegen auf der Lauer und Nager huschen im Unterholz davon. Der Dschungel ist immer noch der Dschungel. Er hat sich nicht verändert, aber Sie. Sie haben sich verändert, weil Sie wieder Hoffnung haben. Und Sie haben Hoffnung, weil Sie jemanden getroffen haben, der Sie hinausführen kann.

Ihr Hirte weiß, dass Sie nicht für diesen Ort geschaffen wurden. Er weiß, dass Sie nicht für diesen Ort ausgerüstet sind. Deshalb ist er gekommen, um Sie hinauszuführen.

Er ist genau der Richtige dafür.

Er hat die richtige Vision. Er erinnert Sie daran, „dass ihr in dieser Welt Fremde seid; sie ist nicht eure Heimat“ (1. Petrus 2,11; Hfa). Und er spornt Sie an, den Blick vom Dschungel um Sie herum zu lösen und nach oben in den Himmel zu schauen. „Schlurft nicht mit gesenktem Blick durch die Gegend, völlig versunken in die Dinge um euch herum. Seht auf, und achtet auf das, was um Christus herum passiert. … Seht die Dinge aus seiner Perspektive“ (Kolosser 3,2; Übertragung von The Message).

David drückte es so aus: „Ich schaue hinauf zu den Bergen – woher wird meine Hilfe kommen? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird nicht zulassen, dass du stolperst und fällst; der dich behütet, schläft nicht. … Der Herr selbst behütet dich! … Die Sonne wird dir am Tag nichts anhaben noch der Mond bei Nacht. Der Herr behütet dich vor allem Unheil und bewahrt dein Leben“ (Psalm 121,1–3.5–7).

Gott, Ihr Retter, hat den Weitblick. Und er kennt die richtige Richtung. Er hat die gewagteste Behauptung überhaupt aufgestellt, als er verkündete: „Ich bin der Weg“ (Johannes 14,6). Die Menschen fragten sich, ob das stimmte. Und er hat ihre Fragen beantwortet, indem er einen Weg durch das dichte Unterholz von Sünde und Tod gebahnt hat … und lebendig wieder aus dem Dschungel herauskam. Er ist der Einzige, der das je geschafft hat. Und er ist der Einzige, der Ihnen und mir helfen kann, es auch zu schaffen.

Er hat Weitblick, denn er hat die Heimat gesehen. Er kennt auch die richtige Richtung: Er hat den Weg gebahnt. Aber vor allem ist er die richtige Person dafür, weil er unser Gott ist. Wer kennt den Dschungel besser als der, der ihn erschaffen hat? Und wer kennt die Gefahren auf den Trampelpfaden besser als der, der ihn schon einmal gegangen ist?

Es gibt eine Geschichte über einen Mann, der sich im Rahmen einer Safari tief im afrikanischen Dschungel befindet. Der Führer geht voraus und hackt mit der Machete einen Weg durch die hohen Gräser und das dichte Gestrüpp. Der Reisende ist müde, und ihm ist heiß, und entnervt will er wissen: „Wo sind wir hier? Wissen Sie denn überhaupt, wo Sie mich hinführen? Wo ist der Weg?“ Der erfahrene Führer bleibt stehen, wirft dem Mann einen Blick zu und erwidert: „Ich bin der Weg.“

Wir stellen die gleichen Fragen, nicht wahr? Auch wir wollen von Gott wissen: „Wohin führst du mich? Wo ist der Weg?“ Und genau wie dieser Führer verrät er es uns nicht. Er gibt uns vielleicht ein, zwei kleine Hinweise, aber mehr nicht. Und wenn er es täte, würden wir es dann verstehen? Würden wir unseren Standort begreifen? Nein, genau wie jener Reisende sind wir mit dem Dschungel nicht vertraut. Statt einer Antwort gibt uns Jesus also etwas viel Besseres: Er gibt uns sich selbst.

Rodet er den Dschungel? Nein, die Vegetation ist immer noch genauso dicht.

Rottet er die Raubtiere aus? Nein, die Gefahr lauert weiterhin.

Jesus schenkt uns nicht etwa dadurch neue Hoffnung, dass er den Dschungel verändert. Er schenkt uns neue Hoffnung, indem er uns sich selbst schenkt. Und er hat versprochen, bis ganz zum Schluss bei uns zu bleiben: „Ich versichere euch: Ich bin immer bei euch bis ans Ende der Zeit“ (Matthäus 28,20).

Daran müssen wir immer wieder erinnert werden. Wir alle müssen immer wieder darauf hingewiesen werden. Denn wir alle brauchen Hoffnung.

Vielleicht brauchen Sie sie in diesem Augenblick nicht. In Ihrem Dschungel ist gerade eine Lichtung aufgetaucht und Ihre Reise ist angenehm. Wenn das der Fall ist, dann: Herzlichen Glückwunsch! Aber denken Sie daran, dass wir nicht wissen, was morgen geschieht. Wir wissen nicht, wo uns unser Weg hinführt. Vielleicht befindet sich gleich hinter der nächsten Biegung ein Friedhof, ein Virus oder ein leeres Haus. Vielleicht folgt nach der nächsten Kurve schon der nächste Dschungel.

Auch wenn Sie heute keine Portion Hoffnung brauchen, dann vielleicht morgen. Und dann müssen Sie wissen, an wen Sie sich wenden können.

Oder vielleicht brauchen Sie ja auch heute neue Hoffnung. Sie wissen, dass Sie nicht für diesen Ort geschaffen wurden. Sie wissen, dass Sie nicht dafür ausgerüstet sind. Sie wünschen sich jemanden, der Sie hier herausführt.

Wenn das der Fall ist, dann setzen Sie Ihr Vertrauen auf den Hirten. Er kennt den Weg, der zu Ihrem Neuanfang führt. Und er wartet nur darauf, dass Sie mit ihm dorthin gehen.

Kapitel 2 Überlassen Sie Ihre Ängste Ihrem Vater

Auch wenn ich durch das dunkle Tal des Todes gehe, fürchte ich mich nicht.

Psalm 23,4

Dieser Gesichtsausdruck von Jesus – wir sind etwas verwirrt. So haben wir ihn noch nie gesehen.

Ein lächelnder Jesus – ja.

Ein weinender Jesus – natürlich.

Ein streng dreinblickender Jesus – auch das.

Aber Jesus in Todesangst? Tränen laufen ihm über die Wangen? Der Angstschweiß steht ihm auf der Stirn? Blut rinnt von seinem Kinn? Sie erinnern sich doch bestimmt an jene Nacht:

Dann verließ Jesus zusammen mit seinen Jüngern den Raum und sie gingen wie gewohnt zum Ölberg. Dort forderte er sie auf: „Betet, damit ihr der Versuchung nicht erliegt.“ Er entfernte sich etwa einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete: „Vater, wenn du willst, dann lass diesen Kelch des Leides an mir vorübergehen. Doch ich will deinen Willen tun, nicht meinen.“ Da erschien ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. Aber er war von Angst erfüllt und betete noch heftiger und kämpfte so sehr, dass sein Schweiß wie Blut auf die Erde tropfte.

Lukas 22,39–44

In meiner Kinderbibel gab es damals auch ein Bild, das Jesus im Garten Gethsemane zeigte. Sein Gesichtsausdruck war sanft, und er hatte die Hände ruhig gefaltet, während er neben einem Felsen kniete und betete. Jesus wirkte friedlich. Doch die entsprechenden Berichte in den Evangelien zerstören diese schöne Bild. Markus schrieb, er „warf sich zu Boden“ (Markus 14,35). Matthäus berichtete: „Er war sehr traurig, und schreckliche Angst quälte ihn“ (Matthäus 26,37). Lukas zufolge war Jesus „von Angst erfüllt“ (Vers 44).

Wie würden Sie die Szene malen, wenn Sie diese Bibelverse im Hinterkopf haben? Jesus ausgestreckt am Boden? Das Gesicht im Staub? Ausgestreckte Hände, die sich an Grasbüschel klammern? Ein Körper, der vor Schluchzen bebt? Das Gesicht verzerrt wie in einem kaputten Spiegel?

Was fangen wir mit diesem Bild von Jesus an?

Ganz einfach: Wir schauen es uns an, wenn es uns genauso geht. Wir lesen diese Verse, wenn wir uns genauso fühlen. Wir lesen sie, wenn wir Angst haben. Ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass Jesus unter anderem Angst verspürte? Man könnte sogar behaupten, dass Jesus hauptsächlich Angst verspürte. In seiner Zukunft erwartete ihn etwas so Grimmiges, so Düsteres, dass er um eine Planänderung flehte. „Vater, wenn du willst, dann lass diesen Kelch des Leides an mir vorübergehen“ (Vers 42).

Wann würden Sie solche Worte beten? Wenn Sie das Haus verlassen? Wenn Sie von einer Menschenmenge umgeben sind? Wenn Sie ins Krankenhaus müssen? Wenn Sie in ein Flugzeug steigen? Wenn Sie vor Menschen sprechen müssen? Wenn Sie eine neue Arbeitsstelle antreten? Wenn Sie heiraten? Wenn Sie auf der Autobahn unterwegs sind? Was Ihnen Angst bereitet, kommt anderen vielleicht wie eine Kleinigkeit vor. Aber Sie sind vor Angst ganz erstarrt, Ihr Herz pocht und treibt Ihnen das Blut ins Gesicht. Genauso ging es Jesus.

Er hatte solche Angst, dass er blutete. Ärzte haben einen Fachbegriff dafür: Hämhidrose. Starke Ängste bringen eine extreme innere und äußere Anspannung mit sich, was wiederum zum Platzen von Hautäderchen führt. Das austretende Blut fließt mit Schweiß vermischt über die Poren ab.

Jesus war mehr als nur angespannt; er hatte Angst. Todesangst. Angst ist der große Bruder der Sorge. Wenn Sorge ein Seesack ist, dann ist Angst ein mit Beton gefüllter Reisekoffer. Sie können ihn keinen Millimeter bewegen.

Es ist schon erstaunlich, dass Jesus solche Angst verspürte. Aber es ist sehr nett, dass er uns davon erzählt. Bei uns ist das eher andersherum: Wir verdrängen unsere Ängste. Wir unterdrücken sie. Wir stecken unsere verschwitzten Hände in die Hosentaschen und erzählen niemandem davon, dass wir ein mulmiges Gefühl im Bauch und einen trockenen Mund haben. Bei Jesus ist das anders. Er tut nicht so, als sei er stark. Und wir lesen davon, dass er Gott um Kraft bittet.

„Vater, wenn du willst, dann lass diesen Kelch des Leides an mir vorübergehen.“ Der Erste, der von seiner Angst erfährt, ist sein Vater. Er hätte ja auch zu seiner Mutter gehen können. Er hätte sich seinen Jüngern anvertrauen können. Er hätte ein Gebetstreffen einberufen können. All das wäre sinnvoll und angemessen gewesen, aber nichts davon hatte für ihn Priorität. Er wandte sich zuerst an seinen Vater.

Im Gegensatz dazu neigen wir dazu, überall hinzugehen – nur nicht zu Gott. Wir gehen in die Kneipe oder zu einem Freund, wenden uns an den Seelsorger oder lesen ein Selbsthilfebuch. Jesus nicht. Der Erste, der von seiner Angst erfuhr, war sein Vater im Himmel.

Tausend Jahr vor diesen Ereignissen drängte David diejenigen, die Angst haben, es genauso zu machen:„Auch wenn ich durch das dunkle Tal des Todes gehe, fürchte ich mich nicht.“ Wie konnte David so etwas behaupten? Weil er wusste, wohin er seinen Blick richten musste. „… du bist an meiner Seite. Dein Stecken und Stab schützen und trösten mich“ (Psalm 23,4).

Statt sich an die anderen Schafe zu wenden, wandte David sich an den Hirten. Statt auf die Probleme zu starren, sah er auf den Stecken und den Stab des Hirten. Weil er wusste, wohin er schauen musste, konnte David sagen: „Ich fürchte mich nicht.“

Wie konnte Jesus die Todesangst vor der Kreuzigung ertragen? Er wandte sich mit seiner Angst zuerst an den Vater. Er lebte die Worte aus Psalm 56,4 vor: „Doch wenn ich Angst habe, vertraue ich dir.“

Machen Sie es genauso. Machen Sie keinen Bogen um den „Garten Gethsemane“ in Ihrem Leben. Gehen Sie hinein. Aber gehen Sie nicht allein hinein. Und wenn Sie drin sind, dann seien Sie ehrlich. Sie dürfen mit der Faust auf den Boden hauen. Tränen sind Ihnen ebenfalls gestattet. Und wenn Sie Blut und Wasser schwitzen, dann sind Sie nicht der oder die Erste, denen es so geht. Machen Sie es wie Jesus: Machen Sie Ihrem Herzen Luft.

Und nennen Sie die Dinge beim Namen. Jesus hat das jedenfalls getan. „Lass diesen Kelch des Leides an mir vorübergehen“, betete er. Nennen Sie Gott das Datum des Ereignisses. Sagen Sie ihm die Flugnummer. Erzählen Sie ihm von dem Arzttermin. Berichten Sie ihm in allen Einzelheiten von der neuen Stelle. Er hat viel Zeit. Und er hat viel Mitgefühl.

Er hält Ihre Ängste nicht für dumm oder albern. Er wird nicht sagen, dass Sie sich zusammenreißen oder die Zähne zusammenbeißen sollen. Er war schon dort, wo Sie jetzt sind. Er weiß aus eigener Erfahrung, wie Sie sich fühlen.

Und er weiß, was Sie brauchen. Deshalb unterstreichen wir unsere Gebete oft so wie Jesus mit den Worten „… wenn du willst“ – „Wenn es dein Wille ist …“.

Wollte Gott? Ja und nein. Er hat ihm das Kreuz nicht erspart, aber er hat ihm die Angst genommen. Gott hat zwar den Sturm nicht gestillt, aber den Seemann beruhigt.

Wer kann behaupten, dass er das Gleiche nicht auch für Sie tun wird?

„Sorgt euch um nichts, sondern betet um alles. Sagt Gott, was ihr braucht, und dankt ihm“ (Philipper 4,6).

Messen Sie nicht nach, wie groß und hoch der Berg ist, der sich vor Ihnen auftürmt, sondern sprechen Sie mit dem, der diesen Berg versetzen kann. Statt die ganze Welt auf Ihren Schultern zu tragen, sollten Sie mit dem sprechen, der das Universum in seinen Händen hält. Die Hoffnung ist nur einen Blick weit entfernt.

Wohin werden Sie Ihren Blick richten?

Kapitel 3 Mit geschlossenen Augen sehen

Was ist nun also der Glaube? Er ist … die Überzeugung, dass das, was man nicht sieht, existiert.

Hebräer 11,1

Als meine Töchter noch klein waren, habe ich ein Experiment mit ihnen gemacht, um ihnen beizubringen, mit geschlossenen Augen zu sehen. Ich forderte Jenna, die damals acht war, auf, auf die eine Seite des Wohnzimmers zu gehen. Die sechsjährige Andrea sollte sich auf die andere Seite des Raums stellen. Die dreijährige Sara und ich saßen währenddessen auf dem Sofa in der Mitte und sahen ihnen zu. Andrea hatte die Aufgabe, für Jenna zu sehen und sie mithilfe von Anweisungen sicher durch den Raum zu führen.

Mit Anweisungen wie „Zwei kleine Schritte nach links“ und „Jetzt vier große Schritte geradeaus“ steuerte Andrea ihre Schwester erfolgreich durch ein gefährliches Labyrinth aus Stühlen, einem Staubsauger und einem Wäschekorb.

Dann wurden die Rollen vertauscht und Jenna war an der Reihe. Sie führte Andrea an der Lieblingslampe ihrer Mutter vorbei und stieß gerade noch rechtzeitig einen Warnruf aus, bevor ihre Schwester gegen die Wand lief, weil sie den rechten und den linken Fuß verwechselt hatte.

Nach mehreren Durchgängen machten wir Pause und unterhielten uns über das Erlebte.

„Mir hat es nicht gefallen“, beklagte Jenna sich. „Es macht mir Angst, irgendwo hinzugehen, ohne etwas zu sehen.“

„Ich hatte Angst, dass ich hinfallen würde“, pflichtete Andrea ihr bei. „Ich habe immer nur ganz kleine Schritte gemacht, um sicher zu sein.“

Das kommt mir bekannt vor – Ihnen auch? Wir Erwachsenen mögen die Dunkelheit auch nicht, aber gezwungenermaßen müssen wir darin umhergehen. Genau wie Jenna beklagen wir uns häufig darüber, dass es uns Angst macht, wenn man nichts sieht. Und genau wie Andrea machen wir oft aus Furcht nur ganz kleine Schritte, damit wir nicht stolpern.