Dümmer als die Polizei erlaubt - Justus Richter - E-Book

Dümmer als die Polizei erlaubt E-Book

Justus Richter

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Beschreibung

Manche Verbrecher setzten ihre gesamte kriminelle Energie dafür ein, den Coup ihres Lebens zu landen - und der führt sie dann wegen ganz doofer Fehler direkt ins Kittchen. Sie verlieren ihren Ausweis am Tatort, treten mit dem gestohlenen Schmuck in Talkshows auf oder bringen einen PC voller belastendem Material zur Reparatur. Justus Richter ist der Meinung, diese Beispiele müssen der Nachwelt mahnend erhalten bleiben, und so lädt er in seinem neuen Werk die blödesten Verbrecher aus aller Welt vor.

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Seitenzahl: 238

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Über den Autor

Justus Richter ist Gerichtsreporter und bereiste auf der Suche nach kuriosen Fällen und verrückten Rechtssprüchen die Justizpaläste der ganzen Welt. Selbst hat er noch nie ein Verbrechen begangen – oder er war zumindest so schlau, sich nicht dabei erwischen zu lassen.

Justus Richter

Dümmer als diePolizei erlaubt

Die blödesten Verbrecher der Welt

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Originalausgabe

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Tobias Schumacher-Hernández, Berlin

Titelillustration: © missbehavior.de

Umschlaggestaltung: Pauline Schimmelpenninck Büro für Gestaltung, Berlin

Datenkonvertierung E-Book:

hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-8387-5864-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Inhalt

Vorwort

1. Kapitel: Bankräuber

2. Kapitel: Betrug und Unterschlagung

3. Kapitel: Raubüberfälle

4. Kapitel: Einbruch und Diebstahl

5. Kapitel: Drogen und Alkohol

6. Kapitel: Mord und Totschlag

7. Kapitel: Körperverletzung

8. Kapitel: Terrorismus

9. Kapitel: Waffendelikte

10. Kapitel: Vermischtes

Quellen

Vorwort

Man macht so einiges mit als Gerichtsreporter. Wenn man über alberne Gesetze oder seltsame Gerichtsurteile berichtet, hat man immer noch die Distanz zum Thema, zur Sache. Es geht dann in erster Linie nicht um handelnde Menschen, sondern um das, was sie anrichten. Dumme Verbrechen jedoch leben von dummen Menschen – Kriminellen, die mit ihrer sprühenden Intelligenz die Geschichten ausmachen. Es geht um Hass, Liebe, Verrat, Sex, Blut, Schießereien, Verfolgungsjagden – ganz großes Kino also.

Natürlich sind Verbrechen an sich kein Vergnügen. Die Opfer eines Banküberfalls oder eines Einbruchs leiden später nicht selten an einem Trauma, das sie nur mit Mühe überwinden können. Inmitten dieses Entsetzens gibt es aber doch auch – meist ungewollt – komische Ereignisse. Kurz gesagt: Es gibt Verbrecher, die zu dumm sind für das, was sie sich vornehmen. Ich möchte Gewalt und Kriminalität nicht verharmlosen. Manche Dumpfbacke hilft aber dabei, auch dem Verbrechen eine komische Seite abzugewinnen.

Spannende Krimis leben davon, dass die Verbrecher besonders ausgebufft sind. Sonst wäre es für die Kommissare ja auch leicht, den Fall zu lösen. In diesem Buch ist das ein wenig anders. Die Hauptpersonen unserer Fälle sind so dämlich, dass daraus ein eigenes Amüsement erwächst. Selbst Mord und Totschlag lassen sich auf diese Weise auch von ganz zartbesaiteten Lesern ertragen. Natürlich bleiben Verbrechen für die Opfer das, was sie sind: schrecklich. Aber wenn man zur Abwechslung einmal über die Täter lacht, schafft das vielleicht ein kleines Gegengewicht zu den Schreckensnachrichten, die täglich in den Medien verbreitet werden.

In der Welt der Kriminellen ist es im Grunde wie im bürgerlichen Arbeitsleben auch: Da gibt es ganz oben die Masterminds. Die werden selten oder gar nicht erwischt und geben sich nicht mit Peanuts ab, sondern sind im Bereich »klotzen, nicht kleckern« zu Hause. Dann gibt es die Entsprechung zu den »mittleren Angestellten«. Die leisten solide, anspruchsvolle Arbeit und kommen ganz ordentlich über die Runden. Darunter kommt das »Proletariat«. Diese Kriminellen müssen sich dauernd nach der Decke strecken, leben von der Hand in den Mund, aber sie kommen irgendwie durch.

Und dann gibt es noch die Knallchargen. Um die geht es in diesem Buch. Das sind die, bei denen man sich wundert, wie sie intellektuell in der Lage sind, ihren Stoffwechsel am Laufen zu halten. Leute, für die sich jeder anständige Kriminelle mit ein wenig Berufsethos in Grund und Boden schämt.

Ich habe dieses Mal darauf verzichtet, die Geschichten nach Ranglisten zu ordnen, lade aber jeden Leser herzlich dazu ein, seine persönlichen Top Ten zu küren. Wer ist dümmer: derjenige, der sich nach der Tat quasi selbst an den Pranger stellt oder der, der sich bei der Ausführung so selten dämlich anstellt, dass es einfach danebengehen muss?

Bei der Recherche habe ich festgestellt, dass die Dummheit bei Verbrechern weltweit gleich verteilt ist. Auf dem ganzen Erdball versuchen sich Menschen mit geradezu erschütternder Idiotie daran, auf krummen Touren zu Geld zu kommen, ihre Rache auszuleben oder sonst wie ihren Vorteil zu nutzen. Dieses World Wide Web an Dösbacken hat schon etwas Völkerverbindendes.

Nach der Recherche zu diesem Buch stand für mich zumindest diese eine Erkenntnis: Auch Verbrechen erfordern Professionalität. Man überfällt eben nicht mal einfach so zwischen Frühstückspause und Mittagessen eine Bank.

Daher unser erster Tipp an alle, die mit deutlich mehr Erfolg in die Fußstapfen unserer Protagonisten treten wollen: Unterschätzen Sie weder die Intelligenz Ihrer Opfer noch die der Polizei!

Tipp Nummer zwei lässt sich auf die simple Formel bringen: Hinterlassen Sie niemals Spuren! Dann ist es an sich egal, ob Sie eine Bank überfallen, in ein Haus einbrechen oder sich mal kurz etwas Drogennachschub besorgen wollen, das Procedere ist immer dasselbe – die Fehler von Amerika über Australien bis Europa sind es übrigens auch. Was Dummheit betrifft, scheint es einen internationalen Konsens zu geben.

Noch eine Anmerkung zur Vorgehensweise:

Leser, die meine anderen Bücher kennen, werden feststellen, dass ich mich dieses Mal für eine andere Form der Präsentation entschieden habe: Anders als in den Vorgängerbüchern »Sitzproben auf öffentlichen Bänken sind eigenständig durchzuführen«, das sich mit absurden Gerichtsurteilen beschäftigt, und »Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell belästigt werden«, dem Buch zu den abstrusesten Gesetzen, geht es hier um das Verhalten der Möchtegern-Kriminellen. Darum lasse ich den berichtenden Ton der früheren Bücher hinter mir. Aus Gründen des Datenschutzes habe ich dabei sämtlichen Figuren Pseudonyme gegeben. Was auch heißt: Die Identitäten der Personen sind dieses Mal geschützt, dementsprechend fehlen auch die Quellenangaben zu den Fällen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß!

Ihr Justus Richter

Kapitel 1

Bankräuber

Ba-Ba-Banküberfall

George, Phil und Gordon sitzen morgens im Pub und läuten den Tag mit einem Pint ein. Wäre das schön, wenn man viel Geld hätte! Und zwar ohne sich anzustrengen. In welchem Land müsste man wohl eine Bank überfallen, um möglichst viel zu erbeuten?

»Die Schwaben in Deutschland sollen so sparsam sein«, sagt Phil, »die haben bestimmt viel auf der hohen Kante.«

Die drei nehmen einen Schluck. Dummerweise sind sie nicht in Schwaben.

Dann hellt Gordons Gesicht sich auf: »Hey! Wir sind doch Schotten. Wir sind auch geizig. Und wir haben hier die Royal Bank of Scotland. Da ist bestimmt massig was zu holen!«

Es ist Mitte August 1975 im schottischen Rothesay, als die drei ihren verhängnisvollen Entschluss fassen. Verhängnisvoll für sie. Die Armen. Mag sein, dass ihnen das Bier zu Kopf steigt, als sie in der schottischen Hitze auf die Straße treten. Mag sein, dass sie sich schlicht nicht einigen können, wer zuerst die Bank betritt. Mag sein, dass George, Phil und Gordon nur doof sind wie Bullrich-Salz. Jedenfalls scheitern sie bereits an der Drehtür der Königlich-Schottischen Bank: Sie gehen alle drei gleichzeitig hinein, verkeilen sich in der Tür und bleiben stecken. Nichts geht vor oder zurück.

Ihre Blödheit ist für die drei erst einmal ein Glück. Planlos wie sie sind, tragen sie keine Masken oder Waffen oder irgendetwas anderes, das sie als Räuber ausweist. Darum sind gleich ein paar nette Bankangestellte zur Stelle, die die Pechvögel befreien. Was den dummen Verbrechern ganz schön peinlich ist. George spricht aus, was die beiden anderen denken: »Jetzt können wir die ja schlecht gleich überfallen, so freundlich wie sie waren.« Man wechselt also erneut die Straßenseite und leert drei weitere Pints im Pub. Mit dem Bierpegel steigt auch der Mut wieder. »Diesmal kommen wir rein!«

Also nichts wie raus aus dem Pub und wieder auf die andere Straßenseite. Und wirklich – diesmal kommen sie durch die Drehtür und gelangen sogar bis zum Schalter. Meredith hatte eben noch geholfen, die Männer aus der Drehtür zu befreien. Bevor sie aufblickt, erschnüffelt sie schon die Bierfahnen und lächelt die drei an. »Oh, wie schön, Sie wiederzusehen. Was kann ich diesmal für Sie tun?«

Das nimmt unseren Helden kurzzeitig den Wind aus den Segeln. Sie geben aber nicht auf.

Phil macht sein verbrechermäßigstes Gesicht und krächzt: »Du kannst uns 5000 Pfund geben, Schätzchen, aber dalli. Das ist ein Überfall.«

Meredith blickt ihn an. Eine Sekunde, zwei, drei. Und bricht in schallendes Gelächter aus. Prustend ruft sie einen Kollegen: »Hey Sean, die Suffköp…, ich meine, die Gentlemen von eben sagen, sie wollen uns überfallen!«

Sean ist wie immer um britische Haltung bemüht, muss aber ebenso ein Lachen unterdrücken.

Das verunsichert George, Phil und Gordon dann doch. George setzt neu an: »Wir würden uns auch auf 500 Pfund herunterhandeln lassen.« Schließlich ist man in einer Bank, und im Kapitalismus gelten besondere Regeln. Meredith ist so perplex, dass sie ihr Prusten unterbricht und George ungläubig ansieht. Das interpretiert Gordon anders, als es gemeint ist. Neuer Versuch: »50 Pfund. Aber das ist unser letztes Wort.«

Man kann eine Stecknadel fallen hören in der Bank. Dann brüllt Meredith vor Lachen, der seriöse Sean kann auch nicht mehr an sich halten, und dann stimmen die anderen Angestellten und Kunden mit ein. Die Royal Bank of Scotland dröhnt vor Gelächter.

Was genug ist, ist genug. Das geht gegen die Ehre von ehrlichen Bankräubern. Wer nicht hören will, muss fühlen. Also macht Phil einen sportlichen Satz über den Tresen, um sich das Geld mit Gewalt zu holen. Dummerweise bricht er sich bei der Landung den Knöchel, windet sich am Boden und schreit vor Schmerzen. Jetzt verlieren George und Gordon jeden Mut und wollen flüchten. Sie stürmen in die Drehtür – nur leider in die falsche Richtung. Die Polizei hat keine Mühe, die dummen Räuber zu verhaften. Das Ende vom Lied: Einer liegt am Boden, und zwei stecken wieder in der Drehtür fest.

Dick oder Doof?

In unserem Fall definitiv doof. Eines schönen Morgens im Mai wacht Charlotte P. (41) auf, und ihr fällt ein, dass sie Geld braucht. Das geht vielen so, aber Charlotte ist eine Frau der Tat. Außerdem ist heute ihr kreativer Morgen. Also überlegt sie beim Frühstück, was für Möglichkeiten es wohl gäbe, ihren Kontostand aufzubessern. Und zwar entscheidend aufzubessern. Und da ihr bei »Kontostand« als Nächstes das Wort »Bank« einfällt, entschließt sie sich, eine Bank zu überfallen. Die Entscheidung fällt auf eine Filiale in ihrer Nähe. Nur: Erkennen sollte sie natürlich niemand. Auch für dieses Problem muss eine Lösung her. Aber es ist ja ihr kreativer Morgen. Und so beschließt sie, das zu tun, was die Bankräuber auch in den Filmen immer tun: Sie macht sich auf den Weg in den nächsten Kostümverleih und organisiert sich eine Maske. Und zwar die Maske von Stan Laurel, auch bekannt als dünne Hälfte des Komiker-Duos »Dick und Doof«. Die Maske, mehr aber vermutlich die gezückte Pistole, beeindruckt die Kassiererin so sehr, dass Charlotte die Bank mit 42 000 DM (also immerhin 21 000 Euro) verlassen kann. Die Ausbeute hätte zwar besser sein können, findet Charlotte, aber besser als gar nichts und vor allem: besser als der Kontostand beim Frühstück ist das schon. Und so könnte es auch bleiben. Wenn … ja, wenn Charlotte daran gedacht hätte, dass das, was in der Bank ihre wahre Identität schützen sollte, nämlich die Maske, draußen genau diesen Zweck nicht mehr erfüllt.

Mit anderen Worten: Man sollte nach dem Banküberfall die Maske abnehmen.

Was Charlotte nicht tut. Aber dort draußen gibt es nur genau einen Menschen, der mit dem Gesicht von Stan Laurel herumläuft: sie selbst. Mit diesem Gesicht macht sie es dem ärgsten Feind jedes Bankräubers sehr leicht, der Polizei. Die muss nur nach einem »Doof« fahnden, was sich als keine allzu schwierige Aufgabe erweist. Und schon haben sie ihre Bankräuberin samt der 42 000 DM gefasst.

Wo habe ich denn nur geparkt?

Man macht sich gar keinen Begriff davon, was bei einem Banküberfall alles schieflaufen kann. Die Horrorvorstellung jedes Bankräubers: Kein Parkplatz frei vor der Bank. Was sich die Kommunen da erlauben mit den Parkplätzen, ist einfach unglaublich! Die gesamte Logistik eines Raubes gerät doch durcheinander. In Filmen haben die Gangster solche Probleme natürlich nie – aber Maik D. aus Chemnitz passiert genau das: Er will die Sparkasse überfallen und findet keinen Parkplatz.

Aber Maik D. aus Chemnitz wäre nicht Maik D. aus Chemnitz, wenn er sich davon entmutigen ließe. Ein Mann, ein Ziel. Maik kurvt herum. Und Bingo! In einer Nebenstraße findet er eine Parklücke. Zwar schleicht gerade eine männliche Politesse herum, aber Maik geht kalt lächelnd zur Parkuhr und wirft Geld ein. Zehn Minuten, länger braucht er nicht. Er muss nur mal kurz rein zur Bank.

Die Stadtverwaltung kann sich schon mal auf einen gepfefferten Brief wegen der Parkplatzsituation freuen. Doch erst kommt die Arbeit. In der Bank läuft alles wie geschmiert. Immerhin 2400 Euro, mit denen er wieder rausspaziert. Nicht gerade der Jackpot, aber mehr hatten sie eben nicht da. Doch – wo zum Geier steht jetzt noch mal das Auto?

Einsamer als Maik in diesem Moment kann kein Mensch sein. »Bin ich denn doof?«, fragt er sich. Wir kommentieren das nicht. Maik irrt durch das wogende Straßengewirr von Chemnitz. Ein Bankräuber ohne Fluchtauto. Männer fragen nie nach dem Weg und Ganoven auf der Flucht erst recht nicht. Der arme Maik. Ziellos irrt er umher.

Zusätzlich nervös wird er, als er Sirenen hört. Ein Polizist bemerkt den verwirrt herumlaufenden Mann. Der Ordnungshüter macht sich Sorgen um ihn. Vielleicht kann man ihn als Zeugen zum Raub in der Sparkasse befragen. Also tritt der Polizist auf Maik zu und fragt, ob er von dem Überfall etwas mitbekommen habe.

»Ei-einen Mann mit einer auffälligen Sporttasche? Nee, den habe ich nicht gesehen«, stottert Maik und hält die knallbunte Tasche hinter seinen Rücken. »Aber wissen Sie zufällig, wo mein Auto steht, Herr Wachtmeister?« Das weiß der Polizist nicht. Er lässt sich aber die Tasche zeigen. Danach bietet er Maik an, ihn mit seinem eigenen Wagen mitzunehmen. Zur Polizeiwache.

Hier finden Sie mich, Ihren Bankräuber

Wer plant, eine Bank zu überfallen, muss vorher eine ganze Menge bedenken: Welche Bank soll es sein? Welche Waffe ist am besten geeignet, um zu vermeiden, dass die Angestellten Zicken machen? Und vor allem: Wie verhindere ich, dass ich erkannt werde? Banküberfall nach Punkteplan sozusagen.

Es ist besonders dieser dritte Punkt, der den 30-jährigen Isaac Doodley am meisten beschäftigt. Und dabei geht es nicht einmal um sein Äußeres, das eventuell vom einen oder anderen Mitarbeiter des Geldinstituts erkannt werden könnte. Nein, es ist seine Stimme, die ihm besonderes Kopfzerbrechen bereitet. Sicher, man könnte die Stimme ganz einfach verstellen. Man könnte schreien oder flüstern.

Oder man schreibt, wie nun Isaac Doodley, seine Botschaft auf. So etwa: Machs schnel unt sei stiel. Gip mier Geld oder ich schiße. Der Bankangestellte versteht die Botschaft trotz der nicht unerheblichen orthografischen Mängel und gibt ihm Geld. Wenn auch nicht viel, gerade 400 Dollar kann Isaac Doodley erbeuten. Damit geht er. Und verliert seinen Zettel direkt vor der Bank. Das freut nun wiederum die Polizei ganz ungemein. Denn Isaac hatte die Rückseite einer alten Gehaltsabrechnung für seine Botschaft gewählt.

Statt 400 Dollar winken zwanzig Jahre in einem US-amerikanischen Gefängnis. Ross Rice, Sprecher des FBI, kommentiert den Vorfall mit diesen Worten: »Es ist relativ ungewöhnlich, dass wir so etwas Dummes erleben.«

Bankomatklau für Anfänger!

Banküberfälle haben einen entscheidenden Nachteil – man muss Menschen dazu bringen, das Geld rauszurücken. Das macht keiner freiwillig, also braucht man eine Wumme. Kalle und Atze aber sind zutiefst friedfertige Menschen und anerkannte Kriegsdienstverweigerer. Sie können keiner Fliege etwas zuleide tun.

Gott sei Dank gibt es Geldautomaten. Im August 1995 starten Kalle und Atze in Saarmund bei Potsdam ihren großen Coup. Sie haben alles detailliert geplant.

Schritt 1: Sie klauen einen LKW. Genial. Erstens haben sie keinen eigenen, und zweitens bringt man den Laster nachher nicht mit ihnen in Verbindung.

Schritt 2 hat Atze mal in einem Western gesehen, in dem Ganoven ihren Kumpanen aus dem Knast befreien: ein Loch in die Mauer rammen, und ab geht die Luzie.

Es ist Nacht in Saarmund-City. Vor einer einsamen Bank steht ein 7,5-Tonner, mit Kalle am Steuer. Er spielt mit dem Gas und genießt die Macht des Motors und der Tonnenmasse. Er und Atze grinsen sich an. Kalle gibt Gas. Der Laster bricht rückwärts mit Wucht durch die Glasfront der Bank. Jetzt muss alles schnell gehen. Sie wickeln ein Stahlseil um den Geldautomaten, befestigen es an der Anhängerkupplung – Vollgas!

Wumms! Dieses Geräusch ist Musik in den Ohren jedes Panzerknackers. Der Geldautomat ist aus seiner Verankerung gerissen. Kalle und Atze laden ihn auf den LKW und brausen davon. Freiheit. Sonne. Mauritius. Wir kommen! Jetzt noch ab in eine Garage, den Zaster raus aus dem Automaten und ab zum Flughafen – es hätte so schön sein können. Die beiden hätten sich nur besser vorher anschauen sollen, wie ein Geldautomat aussieht. Sie haben nämlich den Kontoauszugsdrucker geklaut.

Geldautomat auf Amerikanisch

Nicht nur in Brandenburg kommen Bankräuber offenbar auf die geniale Idee mit dem Geldautomaten, ihre Kollegen im US-Bundesstaat Kentucky haben denselben Einfall. Und ähnlich viel Erfolg. Der Pick-up fährt vor, der Bankautomat wird mit einer Kette an der Stoßstange befestigt. Bis hier verläuft in Brandenburg wie auch in Kentucky alles nach Plan, mal abgesehen davon, dass Pick-up und beide Fahrer von der Überwachungskamera festgehalten werden. Der entscheidende Unterschied zeigt sich aber erst jetzt in der unterschiedlichen Qualität der Geldautomaten: Die aus den USA sind eindeutig stabiler! Der erste Versuch, den Automaten aus seiner Verankerung zu lösen, geht schon mal schief. Gut, so was kann vorkommen. Aber zweimal, dreimal, viermal? Dann, endlich: Etwas reißt. Etwas. Nur nicht das, was hätte reißen sollen. Der Geldautomat steht nämlich, wo er immer schon stand. In der Bank. Als flexibler erweist sich da schon die Stoßstange des Pick-ups. Sie hängt nun samt Seil am Geldautomaten. Unsere beiden Bankräuber sind wirklich geduldige, ausgeglichene Menschen. Aber irgendwann reicht es. Ein Versuch, gut. Ein zweiter. Auch gut. Aber ab einem bestimmten Zeitpunkt haben die Dinge zu laufen, wie sie sollen. Tun sie das immer noch nicht … Pech für Geldautomat und Stoßstange. Die beiden verhinderten Bankräuber fahren weg. Was sie besser nicht gemacht hätten. Denn an der Stoßstange prangt natürlich das Nummernschild. Zusammen mit den Bildern von der Überwachungskamera ergibt das eine ganz, ganz schlechte Kombination. Sieht fast nach versuchtem Bankraub aus.

Pinkelpause

Bobby L. Lamont aus Florida ist aus dem Training. Vier Jahre hat er wegen Raubes gesessen. Im Gefängnis hat er aber gute Tipps aufgeschnappt, und dieses Mal wird alles besser laufen. Als er jedoch im Februar 2011 nach langer Abwesenheit erneut die kriminelle Bühne betritt, wird er nervös. Laien haben keine Vorstellung, welches Lampenfieber einen Räuber vor der Tat packen kann. Man steht völlig nackt da vor seinem Publikum, wenn man eine Bank überfällt. Da hilft nur gute Vorbereitung. Regel Nr. 1: gutes Equipment. Regel Nr. 2: Das gute Equipment unauffällig wieder loswerden. Regel Nr. 3: Das Risiko eines Bankraubs muss sich finanziell lohnen.

Bobby besorgt sich eine Warnweste, eine Luftpistole und schreibt auf einen Zettel: »Das ist ein Banküberfall.« Regel Nr. 1 abgehakt. Wo könnte sich ein Raub mehr lohnen als in der Bank of America? Und vor der Filiale in Ocala/Florida steht auch noch ein Klohäuschen. Ideal zum Wechseln der Klamotten hinterher! Regel Nr. 2 und 3 abgehakt. Es kann losgehen. In Amerika hat nur der Tüchtige Glück.

Eine allgemeine Regel gibt es noch, die hat mit Raub nichts zu tun, die hat Bobby im Kopf: viel trinken. In Florida ist es schwül, Trinken ist wichtig, und gerade bei großen Auftritten machen sich Durst und eine trockene Kehle gar nicht gut.

Da ist immer dieser Nervenkitzel, bevor Bobby eine Bank betritt. Er hat Lampenfieber, spürt ein Kribbeln – und auch die Blase meldet sich. Aber jetzt ist er schon drin. Die Blase kann noch warten. Bevor er dem Mann am Schalter die Luftpistole vor die Nase halten kann, stehen aber noch drei Kunden vor Bobby in der Schlange. Das dauert! Die Blase drückt heftig.

Endlich ist er an der Reihe. Er zückt die Pistole, schiebt den Zettel rüber, und der Mann am Schalter händigt ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, 1320 Dollar aus. Was soll das denn sein? Ist das hier die Bank of America oder eine poplige Postfiliale? Der Angestellte zuckt mit den Schultern. Wenn nur die Blase nicht so drücken würde! Dann würde Bobby dem was erzählen. Inzwischen muss er aber wirklich ganz, ganz dringend.

Gottlob gibt es das Dixi-Klo gegenüber. Dahin muss Bobby sowieso, um die Klamotten zu wechseln. Zuerst legt er aber eine kurze Sitzung ein und lässt einen langen, kräftigen Strahl los. Das tut gut. Leider bleibt Bobby kaum Muße. Jederzeit kann die Polizei anrücken. Außerdem ist es in dem Häuschen verflucht eng. Bobby bricht kurzerhand ab, pfeffert die Weste in die Ecke, windet sich aus Jeans und T-Shirt, schlüpft in die neuen Sachen und verlässt die Dixi-Filiale.

Die Polizei steht schon vor der Bank. Und ein Officer schaut ihn so misstrauisch an. Mist. Und die Blase drückt schon wieder. Doppelmist. Jetzt kann er ja schlecht zurück ins Klohäuschen. Um die Ecke jedoch gibt es diesen Inder mit dem leckeren Curry. Die haben auch eine Toilette. Nichts wie hin.

Der Officer folgt Bobby unauffällig ins Restaurant. Erleichtert kommt Bobby von der Toilette und wird gleich festgenommen. Zuerst bestreitet er noch alles, aber er trägt ja die 1320 Dollar bei sich, und vor allem findet sich im Klohäuschen sein Räuberzettel. Vielleicht hätte er doch nicht zwei große Cola vor dem Raub trinken sollen.

Meine Daten? Bitte sehr!

Ein Missgeschick alleine ist bereits ärgerlich. Wer sich aber gleich mehrmals dumm anstellt, dem kann nicht einmal die Polizei helfen – die das in diesem Fall allerdings auch nicht unbedingt vorhat.

Es ist ein wunderschöner Aprilmorgen, als sich Victor Chamsky (35) aus Harrisburg/Pennsylvania überlegt, dass es eine gute Idee sein könnte, ein Bankkonto zu eröffnen. Er macht sich also auf in die Filiale der Metro Bank und teilt dem Kundenberater seinen Plan mit. Fein, sagt der Bankmitarbeiter, das sei weiter kein Problem, wenn ihm Victor nur bitte zwei Dokumente vorlegen könne, aus denen hervorgehe, dass er auch wirklich der sei, als der er sich ausgebe.

Das tut Victor, und der Bankangestellte beginnt, die nötigen Formulare auszufüllen. Doch da kommt Victor ins Grübeln: Ist ja eigentlich blöd. Da hat er dann ein funkelnagelneues Bankkonto, aber kein Geld, um es einzuzahlen. Stopp! Planänderung! Doch kein Bankkonto. Ihm sei da ein Irrtum unterlaufen. In Wirklichkeit sei er nämlich hier, um die Bank auszurauben. Der Kundenbetreuer stutzt erst, dann zuckt er mit den Schultern. Na gut, wenn das so sei …

Victor bekommt eine kleine Menge Bargeld und verlässt hochzufrieden die Bank. Hat ja alles wunderbar geklappt. Er setzt sich ins Auto und fährt beschwingt los. Dabei rammt er ein parkendes Auto. Dumm für den anderen Autobesitzer, aber solche Kleinigkeiten meldet man nicht. Schon gar nicht nach einer derart erfolgreichen »Verhandlung« in der Bank.

Erfolgreich finden die Polizisten die Verhandlung in der Bank auch, erfolgreich für ihre Arbeit. Denn der Bankräuber hatte sich ja vorher einwandfrei ausgewiesen. Mit Namen, Adresse und allem. Und so schauen sie am Nachmittag ganz gemütlich bei Victor vorbei, um ihm einerseits das Geld wieder abzuknöpfen und ihm andererseits mitzuteilen, dass er wegen Bankraubs angeklagt werde.

»Juhu, ich habe eine Bank überfallen.«

Lieber Brian Holmes,

entschuldigen Sie bitte, dass wir uns nicht zeitgemäß an Sie wenden, aber gerade streikt unser Facebook-Account. Das soll uns aber nicht davon abhalten, Ihnen auf diesem Wege zu schreiben. Sie zählen wirklich unter vielen dummen Verbrechern zur absoluten Weltspitze.

Wenn man ein Verbrechen verübt, Mister Holmes, dann sollte das oberste Ziel darin bestehen, die eigene Täterschaft geheim zu halten.

Spielen wir diese Maxime anhand Ihres Falles durch: Sie betreten also am 21. September 2010 eine Bank in Tualatin/Oregon. So weit, so gut. Dann überreichen Sie dem Kassierer einen Zettel, auf dem steht:

2000 Dollar in 5ern und 10ern (keine Farbmarkierungen, oder es knallt!). Ich habe eine Bombe in meinem Rucksack. Wenn ich weg bin, werde ich sie deaktivieren. Macht keinen Blödsinn, und Finger weg vom Alarm. Danke.

Das ist schon strafbar, Brian. Darf ich Sie Brian nennen? Mit so etwas geht man später nicht hausieren. Anscheinend ist es dem Kassierer zu viel Aufwand, 5er- und 10er-Noten abzuzählen, aber wahrscheinlich hat er so viele kleine Scheine auch gar nicht vorrätig. Jedenfalls verlassen Sie die Bank mit 505 Dollar. Dafür muss eine alte Frau zwar lange stricken, aber die Summe kriegen Sie doch auch mit ehrlicher Arbeit zusammen, oder?

Im Gegenzug lassen Sie Ihren Rucksack in der Bank zurück. Nun wird erst einmal das Gelände großräumig evakuiert. Das in voller Kampfkraft anrückende Bombenentschärfungskommando findet keinen Sprengstoff. Das spricht für Ihre Friedfertigkeit, Brian.

Sehen wir weiter. Auf der Überwachungskamera der Bank kann man Sie ganz hervorragend erkennen. Nicht nur gestochen scharf, sondern auch ohne jede Verkleidung, Maske oder Kapuze. Sie lächeln sogar nett in die Kamera. Kann man machen, darf sich dann nur hinterher nicht wundern. Das Foto landet in der Presse und im Internet.

Normale Verbrecher unterziehen sich nach so einem Malheur einer Gesichtsoperation oder lassen sich wenigstens einen Bart stehen. Nicht Sie, Brian. Es tut uns leid, aber es muss jetzt raus: Sie sind doof wie Stulle. »Wozu gibt es soziale Netzwerke?«, fragen Sie sich und posten bei Facebook prompt einen Link zu einer Nachricht über den Bankraub. Dann teilen Sie das Video zum Song »Scooby Snacks« von den Fun Lovin’ Criminals, in dem es um einen Bankraub geht. Dazu schreiben Sie: »Ich bin jetzt ein Bankräuber.« Doch damit nicht genug: Sie ändern bei Facebook auch noch Ihr Profilfoto. Dort prangt jetzt das Bild, das die Überwachungskamera der Bank von Ihnen aufgenommen hat.

Okay, Brian, das hätten Sie auch einfacher haben können. Warum sind Sie nicht direkt zum FBI gegangen, in eine Zelle spaziert und haben die Tür hinter sich zugezogen? So mussten die Herrschaften der Bundespolizei extra bei Ihnen vorbeikommen und Sie festnehmen. Beim nächsten Mal machen Sie der Polizei die Arbeit bitte etwas einfacher.

Etwas erreicht haben Sie aber doch: unseren Platz 1 als dümmster Bankräuber der Welt. Mit Abstand.

Viele Grüße, Ihr Justus Richter

Diese Bank erfüllt auch ungewöhnliche Kundenwünsche

Art Taylor (21) hat sich gerade einen frischen Kaffee aufgesetzt. Nachher will er noch eine Bank überfallen, aber das hat Zeit. Denn das ist bereits perfekt vororganisiert. Deshalb jetzt also erst mal in aller Ruhe den Kaffee trinken. Art ist ein Mann der Planung, und bei so einem Banküberfall kann schließlich eine Menge schiefgehen. Man stelle sich das einmal vor: Man geht in die Bank, hält dem Angestellten seine Pistole vor die Nase und bittet höflich darum, jetzt mal zackzack 100 000 Dollar einzupacken. Das ist eine Menge Geld, und was kann in der Zeit, die der Angestellte zum Zusammensuchen des Geldes braucht, nicht alles schiefgehen?

Bei den Kollegen vielleicht, aber nicht bei ihm. Es ist März 2010, und er hat sich vorgenommen, die Filiale der People’s United Bank in Fairfield/Connecticut auszurauben, und dieses Vorhaben geht er höchst effizient an. Er nimmt sich das Telefon und ruft bei der Bank an. In genau einer Stunde werde er vorbeikommen, und bis dahin mögen die Mitarbeiter doch bitte 100 000 Dollar ordentlich in Taschen verpackt für ihn bereithalten. Wenn nicht, gäbe es ein höchst unerfreuliches kleines »Blutbad«.

Szenenwechsel: Klasse, denkt sich Lucy M., Kundenbetreuerin in besagter Bank, als sie den Hörer auflegt. Sie nimmt sich eine Plastiktüte und legt 900 Dollar hinein. Schließlich darf es nicht nach gar nichts aussehen. Dann nimmt sie wieder das Telefon zur Hand, ruft die Polizei an und kündigt nun ihrerseits den Bankraub an.

Und da Pünktlichkeit zu einer von Arts herausragenden Tugenden gehört, parkt er auf die Minute genau vor der Bank. Um aber ganz sicherzugehen, dass die Sache wie geplant funktioniert, geht er nicht selber in die Bank, sondern schickt seinen 16-jährigen Komplizen vor. Ihm hat er einen Zettel mitgegeben, der ihn unmissverständlich als den ausweist, der die 100 000 Dollar abholen solle. Und tatsächlich, keine Minute später ist sein Kompagnon wieder beim Auto. Mit dem Geld. Doch in dem Moment, als er Art das Geld geben möchte, tauchen zwei weitere Männer neben ihm auf, auch sehr pünktlich, und geben sich ihrerseits unmissverständlich als Polizisten zu erkennen. Zugegeben, denkt Art, es läuft heute doch nicht so ganz nach Plan.

Auch der Zeitpunkt für seinen perfekt ausgeklügelten Raub war nicht besonders clever, denn er war gerade auf Bewährung draußen. Erst kürzlich war er wegen eines vermutlich ebenso raffiniert geplanten Banküberfalls festgenommen und verurteilt worden. Besonderes Talent für das kriminelle Geschäft kann man Art nicht zuschreiben.

Kapitel 2

Betrug und Unterschlagung

Möchtegern-Rockstar

Was ist das größte Kapital eines Betrügers? Dass er überhaupt nicht so aussieht und wirkt. Der professionelle Betrüger macht den Anschein des seriösesten, ehrlichsten Menschen auf der Welt. Eines Menschen, dem Sie bedenkenlos Ihr Baby auf den Schoß legen und Ihre sämtlichen Ersparnisse anvertrauen können. So ein Mensch ist das. Er heißt etwa Dietrich Schmittke, Alfons Ehrlicher oder Paul Schicklhuber. Bei englischen Namen bietet sich etwas vergleichbar Unauffälliges an wie John Smith oder Peter Taylor.