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Im Sonnenwinkel ist eine Familienroman-Serie. Schauplätze sind der am Sternsee gelegene Sonnenwinkel und die Felsenburg, eine beachtliche Ruine von geschichtlicher Bedeutung. Mit Michaela Dornberg übernimmt eine sehr erfolgreiche Serienautorin, die Fortsetzung der beliebten Familienserie "Im Sonnenwinkel". Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen. Sie kennt den idyllischen Flecken Erlenried und die sympathische Familie Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi. Simone starrte wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf das schrillende Telefon. Sie hatte längst erkannt, wer da anrief. Und normalerweise hätte sie atemlos vor lauter Aufregung nach dem Hörer gegriffen. Sie tat es nicht. Sie war wie erstarrt. Irgendwann hörte das Klingeln auf, um nicht viel später erneut zu beginnen. Es war wieder Daniel, und wieder meldete sie sich nicht, obwohl sie sich mit jeder Faser ihres Herzens nach ihm sehnte, danach, seine Stimme zu hören. Es ging nicht! Hatte sie Angst davor, was er ihr sagen würde? Oder war es einfach nur die Enttäuschung, die in ihr überschwappte und die ihr irgendwie auch die Sprache verschlagen hatte? Sie wusste es nicht, und sie dachte auch nicht weiter darüber nach. Das Telefon hörte auf zu klingeln, und kurz darauf begann es zum dritten Mal zu läuten. Ihre Hand zuckte nach vorn, sie wollte doch mit ihm reden. Sie ließ es bleiben, wartete ab, ob er diesmal auf den Anrufbeantworter sprechen würde, was bisher nicht geschehen war. Diesmal läutete es sehr viel länger, doch dann wurde aufgelegt. Der Anrufbeantworter sprang nicht an. Simone war noch immer wie gelähmt, war unfähig, sich zu bewegen, sie wusste nicht einmal, ob sie überhaupt atmete. Auf ihrer Gefühlsskala ging es rauf und runter, und dann begannen die Gedanken in ihrem Kopf sich zu überschlagen. Es waren keine guten Gedanken, denn die gingen unter und ließen den nicht so guten den Vorrang. Wenn er sie nicht erreichen konnte, hinterließ Daniel immer Nachrichten, sprach zärtliche Worte auf den AB, und meistens sagte er ihr zum Schluss auch die drei magischen Worte, nämlich – ich liebe dich.
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Simone starrte wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf das schrillende Telefon. Sie hatte längst erkannt, wer da anrief. Und normalerweise hätte sie atemlos vor lauter Aufregung nach dem Hörer gegriffen.
Sie tat es nicht.
Sie war wie erstarrt.
Irgendwann hörte das Klingeln auf, um nicht viel später erneut zu beginnen. Es war wieder Daniel, und wieder meldete sie sich nicht, obwohl sie sich mit jeder Faser ihres Herzens nach ihm sehnte, danach, seine Stimme zu hören.
Es ging nicht!
Hatte sie Angst davor, was er ihr sagen würde? Oder war es einfach nur die Enttäuschung, die in ihr überschwappte und die ihr irgendwie auch die Sprache verschlagen hatte?
Sie wusste es nicht, und sie dachte auch nicht weiter darüber nach.
Das Telefon hörte auf zu klingeln, und kurz darauf begann es zum dritten Mal zu läuten.
Ihre Hand zuckte nach vorn, sie wollte doch mit ihm reden.
Sie ließ es bleiben, wartete ab, ob er diesmal auf den Anrufbeantworter sprechen würde, was bisher nicht geschehen war.
Diesmal läutete es sehr viel länger, doch dann wurde aufgelegt. Der Anrufbeantworter sprang nicht an.
Simone war noch immer wie gelähmt, war unfähig, sich zu bewegen, sie wusste nicht einmal, ob sie überhaupt atmete.
Daniel …
Auf ihrer Gefühlsskala ging es rauf und runter, und dann begannen die Gedanken in ihrem Kopf sich zu überschlagen.
Es waren keine guten Gedanken, denn die gingen unter und ließen den nicht so guten den Vorrang.
Wenn er sie nicht erreichen konnte, hinterließ Daniel immer Nachrichten, sprach zärtliche Worte auf den AB, und meistens sagte er ihr zum Schluss auch die drei magischen Worte, nämlich – ich liebe dich.
Heute war da nichts.
Das konnte nur eines bedeuten!
Er hatte ihr das persönlich am Telefon sagen wollen, was sie längst schon wusste, nämlich, dass es aus war mit ihnen, weil er den Wunsch seiner Eltern erfüllt hatte und dass aus ihm und Henriette von Achern ein Paar geworden war.
Na klar, so musste es sein und nicht anders!
Simone sank in sich zusammen, wenn sie doch wenigstens weinen könnte! Es ging nicht, es gab keine erlösenden Tränen, nur ein trockenes Schluchzen, das schnell wieder erstarb.
Sie kam sich vor, als spiele sie in einem Film, zu dem ihr niemand ein Drehbuch gegeben habe. Sie hatte in ihrem Leben bereits einiges erlebt, und da war nicht alles gut gewesen. Simone konnte sich nicht daran erinnern, sich schon einmal so elend gefühlt zu haben. Ausgerechnet Daniel …
Stopp, so war es nicht, er fügte sich nur wie eine Perle in eine Kette ein. Ihr Ex hatte sie verlassen, stehen lassen wie ein vergessenes Gepäckstück, mit Ole war es nicht anders gewesen, und nun auch Daniel.
Warum wunderte sie das jetzt eigentlich?
Es passte doch!
Vielleicht sollte sie endlich begreifen, dass ihr ganz offensichtlich ein Leben mit einem Mann nicht vorbestimmt war. Es gab unendlich viele Singles, da musste sie sich halt einreihen. Davon ging die Welt nicht unter. Und sie hatte glücklicherweise einen Beruf, den sie über alles liebte, in dem sie erfolgreich war, wo sie geschätzt wurde. Sie lebte in einer wunderschönen Wohnung, war befreundet mit der herzlichen Vermieterin, und sie hatte, und das war eigentlich das Allerschönste in ihrem Leben, das Honigtöpfchen, ihre Bella.
Ach, wenn die doch jetzt hier bei ihr wäre, dann wäre vielleicht alles ein wenig einfacher, da würde, neben allem Herzeleid, die Einsamkeit sie nicht anfallen wie ein böser Geist.
Sie wusste, dass sie aufhören musste, sie musste das Gedankenkarussell abstellen, das sich immer schneller drehte.
Es ging nicht!
Simone steigerte sich da in etwas hinein, was überhaupt nicht gut für sie war. Zu allem Übel begann sie sich jetzt auch noch darüber zu ärgern, dass sie zu feige gewesen war, ans Telefon zu gehen. Dann hätte sie es hinter sich, wüsste die ganze Wahrheit. Aber so war sie nun mal, sie ging unangenehmen Situationen gern aus dem Weg, entwickelte eine unheilvolle Aufschieberitis, und letztlich kam es so wie es kommen musste, und sie quälte sich immer unnötig lange.
Das waren keine guten Gefühle, um sich selbst zu beweisen, dass sie auch anders konnte, griff sie nach kurzem Zögern nach dem Telefon, drückte auf die Taste, bei der sie seine Nummer gespeichert hatte.
Simone begann heftig zu atmen, ihr Pulsschlag beschleunigte sich, es klingelte, und sie ließ es klingeln. Doch irgendwann brach es ab, Daniel hatte seinen Anrufbeantworter ausgeschaltet.
Das war nicht das erste Mal so, doch diese Tatsache ignorierte Simone, jetzt war für sie nur klar, dass er nicht wollte, dass sie eventuell versuchen würde, ihn zu erreichen. Es könnte für Daniel ja peinlich werden, denn gewiss wusste seine neue Flamme nicht, dass da noch eine andere als ungeklärter Fall in seinem Leben herumgeisterte. Dass es sie in Daniels Leben gab, gegeben hatte, das wusste Henriette. Schließlich hatten sie sich kennengelernt.
Nein! Nein! Nein!
Simone hielt sich die Ohren zu, dann sprang sie unvermittelt auf. Ihr Blick fiel auf die Zeitschrift, durch die alles ausgelöst worden war, sie fasste sie mit zwei Fingern an, und dann warf sie die nicht einfach in den Papierkorb. Oh nein, das ging überhaupt nicht, sie wollte damit nichts mehr zu tun haben. Wie gehetzt verließ sie die Wohnung, rannte die Treppe hinunter, aus dem Haus heraus, und dann warf sie die Zeitschrift in die blaue Papiertonne. Vergessen war der Grund, weswegen sie die Zeitschrift eigentlich gekauft hatte. Irland war in ganz weite Ferne gerückt. Sie lief wieder in ihre Wohnung hinauf, und dort glaubte sie ersticken zu müssen. Nicht, weil das Laufen sie angestrengt hatte, oh nein, Simone war ziemlich fit, und die Treppe machte ihr in ihrem Alter noch keine Beschwerden. Nein, alles stürmte auf sie ein. Und plötzlich hatte sie eine Idee, die war ihr förmlich angeflogen.
Das Tierheim …
Dort war sie nicht nur willkommen, sondern dort wurde jede helfende Hand gebraucht. Sie verstand sich gut mit der Leiterin, Frau Dr. Fischer, und inmitten all der Tiere fühlte sie sich wohl. Außerdem, nicht zu vergessen, dort kam auch ihr Honigtöpfchen her, das größte Glück ihres Lebens.
Simone dachte jetzt nicht mehr nach, sie hatte es auf einmal sehr eilig, griff nach ihrer Tasche, dem Autoschlüssel, und dann verließ sie auch schon ihre Wohnung.
Erst als sie in ihrem Auto saß und bereits eine ganze Weile gefahren war, wurde ihr bewusst, wie sie aussah, die Haare nicht gekämmt, nicht geschminkt, mit einer gammeligen Hose und einem Shirt, das längst ausgedient hatte, ausgeleiert war. Für einen kurzen Augenblick war Simone geneigt, umzukehren, sich etwas Ordentliches anzuziehen. Sie ließ es bleiben, fuhr weiter. Was sollte es? Sie ging nicht zu einem Schönheitswettbewerb, zu keinem Einkaufsshopping. Und selbst wenn, an ihren Sachen war nichts auszusetzen, sie waren sauber, und, und das war das Wichtigste überhaupt, sie fühlte sich in diesem Gammellook, wie manche Leute es vielleicht bezeichnen würden, unglaublich wohl.
Das Tierheim!
Das war ihr Rettungsanker, und sie war so unendlich froh, dass ihr das in ihrem ganzen Elend eingefallen war. Sie fuhr schneller als erlaubt, und sie würde wohl auch ungeschoren davonkommen, denn ihr war noch niemals auf der Strecke vom Sonnenwinkel nach Hohenborn eine Verkehrskontrolle aufgefallen, und die ärgerlichen Blitzer gab es glücklicherweise auch nicht.
Sie fühlte sich noch immer nicht gut, in ihr waren Enttäuschung und ein ganz tiefer Schmerz, aber irgendwo am Horizont gab es einen kleinen Lichtschimmer.
Simone hatte ihr Ziel erreicht.
*
Simone parkte auf dem großen Parkplatz, auf dem eine überschaubare Menge von Autos stand, sie stieg aus, lief auf das Tierheim zu, und als sie die Tür öffnete, war es ein wenig wie ein Nachhausekommen.
Sie kannte sich hier aus wie in ihrer eigenen Westentasche, schaute auf ihre Armbanduhr. Um diese Zeit konnte sie Glück haben und Margret Fischer in ihrem Büro vorfinden. Also lief sie schnell auf das graue Gebäude zu. Und siehe da, sie hatte Glück, Margret saß an ihrem Schreibtisch und beendet gerade ein Telefonat, das wohl nicht so gut verlaufen war, denn sie hatte einen bekümmerten Gesichtsausdruck, der sich allerdings sofort veränderte, als sie Simone bemerkte. Sie waren keine Freundinnen, doch die beiden Frauen mochten und schätzten sich.
»Simone, das ist aber eine schöne Überraschung«, rief Margret Fischer, schaute ihre Besucherin an. Und auch wenn sie eine Tierärztin war, eine ganz fantastische, kannte sie sich auch bei den Menschen aus. Es war nicht zu übersehen, dass Simone neben sich stand. Sie fragte nicht, sie wusste, dass Simone von sich aus reden würde, wenn sie es wollte. Sie bot ihr einen Kaffee an, den Simone ablehnte. »Hast du was für mich zu tun, Margret?«, erkundigte sie sich stattdessen.
Eigentlich war eine derartige Frage unnötig, denn in einem großen, überlasteten, auch überfüllten Tierheim wie diesem gab es immer etwas zu tun.
Margret Fischer nickte bestätigend.
»Eigentlich kommst du wie gerufen, Simone«, sagte sie. »Wir haben einen ganz besonderen Pflegefall, um den du dich kümmern könntest. Orfana!«
Simone horchte auf, denn das war ein ungewöhnlicher Name.
Sie bekam sehr schnell die Erklärung.
»Eine Tierliebhaberin, die uns auch sehr unterstützt, hat sie mit aus Spanien gebracht. Und sie hat dem Tier auch den Namen gegeben, weil sie früher mal eine Hündin mit diesem Namen hatte, eine, die ebenfalls aus Spanien kam.«
Jetzt wollte Simone doch einen Kaffee, und Margret Fischer schenkte sich auch gleich einen ein.
Dann erfuhr Simone die ganze bittere Geschichte.
»Monika Klinger, so hieß die Frau, hatte das Tier angebunden an einen Baum in der Nähe von Malaga in einem Wald entdeckt. Angebunden mit einem dünnen Draht, der sich in den Hals des Tieres nicht nur eingeschnitten hatte, sondern die Hündin war auch vollkommen erschöpft, das allerdings nicht wegen des Drahtes, der bereits vom Fleisch überwuchert war. Monika Klinger befreite das kraftlose, apathische Tier, brachte es zu einem Tierarzt, dort wurden fünf tote Föten aus der Hündin herausoperiert. Es war ein Wunder, dass die Hündin das alles überstanden hat.« Margret Fischers Stimme klang bewegt.
Simone konnte nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte. Das war so heftig, dass sie für einen Augenblick ihr eigenes Elend vergaß. In südlichen Ländern ging man nicht immer pfleglich mit Tieren um, sie besaßen keinen hohen Stellenwert.
Eine Frage beschäftigte Simone, nachdem sie sich voller Mitleid geäußert hatte.
»Und wie kam … äh …«
»Orfana«, half Margret Fischer ihr weiter.
»Danke, Orfana, wie kam sie hierher?«
»Nun, eines stand für Frau Klinger fest, sie konnte das arme Tier, das wie durch ein Wunder alles überlebt hatte, nicht in Spanien zurücklassen. Das wäre dann wirklich der Tod gewesen, sie hat Orfana impfen lassen, noch mal ganz gründlich untersuchen, und als das Tier transportfähig war, hat sie es mit nach Deutschland genommen.«
»Aber hier kann sie Orfana nicht behalten«, stellte Simone fest. »Oder will sie es nicht.«
Margret Fischer schüttelte den Kopf.
»Nein, so ist es nicht, Simone. Sie ist geschäftlich sehr viel auf Reisen, sie kann überhaupt kein Tier halten, und ein so traumatisiertes wie Orfana schon gar nicht. Orfana braucht Liebe, Aufmerksamkeit und ganz viel Geduld. Es war richtig, sie erst einmal herzubringen, und sie hat Orfana auch nicht einfach abgegeben, sondern kommt für deren Aufenthalt bei uns vollkommen auf, sie gibt mehr als genug.«
»Es ist dieser Frau auf jeden Fall sehr hoch anzurechnen, sich um das Tier zu kümmern, es zu befreien, die Kosten für den Tierarzt zu übernehmen. Was sind das nur für Menschen, die so etwas tun?«
Margret Fischer seufzte.
»Davon gibt es viele, doch es lohnt sich nicht, darüber nachzudenken.«
Sie hatte recht.
»Darf ich Orfana sehen?«, erkundigte Simone sich, die auf einmal ganz aufgeregt wurde. In ihr war unendlich viel Mitleid für das Tier, und hoffentlich würde sie das auch rüberbringen können. »Wo ist sie eigentlich untergebracht? Geht das denn mit anderen Tieren?«
»Nein, das geht noch nicht, und das nicht, weil Orfana bösartig oder so was ist, sondern weil sie Angst vor allem hat, vor Menschen, vor ihren Artgenossen. Du weißt doch, Simone, hinter dem neuen Freigelände haben wir doch eine kleine Krankenstation für besonders schwierige Fälle untergebracht. Dort befindet sie sich, und auch wenn sie Kontakt zu den drei anderen Tieren, die wir dort untergebracht haben, haben könnte, will sie es nicht. Sie ist für sich und weicht schon bei dem kleinsten Geräusch ängstlich zurück und beginnt zu zittern.«
»Oh Gott, Margret. Das ist alles ja ganz schrecklich. Glaubst du, dass dieses arme Tier jemals wieder Vertrauen zu Menschen haben kann?«
»Ja, das kann sie, nicht nur zu Menschen, Simone. Doch dazu gehört sehr viel Geduld, vor allem auch sehr viel Liebe.«
Simone war erschüttert, sie dachte nicht einen Augenblick mehr an das, was ihr widerfahren war. Sie dachte an das arme Tier Orfana.
»Margret, ich möchte sie sehen.«
Man sah der engagierten Leiterin des Tierheims von Hohenborn an, dass sie eigentlich auf eine derartige Reaktion gewartet hatte.
»Ich komme mit«, rief sie, trank nicht einmal ihren Kaffee auf, sondern sprang auf, »und unterwegs sage ich dir, wie du dich verhalten sollst.«
Auch in Simones Tasse befand sich noch Kaffee, doch auch sie sprang auf.
Gemeinsam verließen die beiden Frauen das Büro und traten hinaus in den Sonnenschein. Ja, so war es nun mal, die Sonne schien auch, wenn eine Welt scheinbar zusammengebrochen war, sie beleuchtete Grausamkeiten, Elend, Verbrechen, aber auch Glück, sie schien auf alles, und daran würde sich niemals etwas ändern. Und eines stand fest, alle Menschen mochten lieber die Sonne als den Regen.
Gemeinsam gingen die beiden Frauen über den breiten Kiesweg. Das Tierheim des Tierschutzbundes von Hohenborn platzte wirklich aus allen Nähten. Dabei hatte die großartige Frau von Roth es doch geschafft, einen störrischen alten Mann dazu zu bewegen, dem Tierheim ein Grundstück zu verkaufen. Und Dr. Rückert und seine Frau spendeten unendlich viel Geld für das Tierheim. Es war ein Fass ohne Boden. Und es würde sich auch nichts ändern, solange man Tiere kaufen konnte wie ein paar Socken oder sonst etwas. Kleine Kätzchen, entzückende Welpen waren keine Kuscheltiere, sondern sie benötigten Aufmerksamkeit, man musste sich ständig um sie kümmern, und sie kosteten Geld. Manchmal mussten auch sehr hohe Tierarztrechnungen bezahlt werden. Viele Tierfreunde und Tierfreundinnen sorgten sich um ihre Tiere, taten alles für sie, doch dann gab es leider noch die schwarzen Schafe unter ihnen, für die Tiere so etwas wie Wegwerfartikel waren, die man in die Tonne warf, an Autobahnen aussetzte, leider manchmal auch tötete. Man konnte froh sein, wenn sie die ihnen lästig gewordenen Tiere ins Tierheim brachten. Und Dr. Fischer nahm sie alle auf, nicht nur das, sie engagierte sich auch für die Tiere, die als Ware mit Tiertransportern aus dem Ausland gebracht worden, um sie für viel Geld zu verkaufen. Und weil sie bekannt dafür war, brachte man ihr auch die zufällig beschlagnahmten Tiere, zum Teil verwahrlost, ausgehungert, krank.
Margret Fischer müsste man einen Orden verleihen, sie war Tag und Nacht im Einsatz, arbeitete nicht nur ohne Gehalt, sondern half auch mit ihrem Privatvermögen aus, wenn Not am Manne war. Und das war es oft.
Um das alles zu tun, hatte sie eine große, eine stark frequentierte Tierarztpraxis aufgegeben, mit der sie sehr viel Geld verdient hatte und in der sie auch nicht beinahe rund um die Ohr arbeiten musste. Geld war für Margret nicht wichtig, das bewies sie immer wieder. Zumindest Geld für sich, ihre eigenen Bedürfnisse. Was das Tierheim betraf, da war sie sich für nichts zu schade, da wuchs sie über sich hinaus. Das Tierwohl allein zählte für sie. Das spürten alle Leute, die mit ihr zu tun hatten, deswegen unterstützten sie sie. Ganz vorne dabei waren mit die Rückerts, sowohl Heinz Rückert als auch seine Frau Rosmarie. Und nicht zu vergessen diese großartige, bewundernswert Teresa von Roth, die machte Werbung für das Tierheim und war sich nicht zu schade dafür, selbst mit der Sammeldose herumzulaufen.
Und eines hatte sie mit Erfolg eingeführt, es war ihr gelungen, junge Menschen zu motivieren, sich gleichfalls einzusetzen. Teresa war längst schon nicht mehr so etwas wie eine Aushilfslehrerin, eher wohl Stundengestalterin, im Gymnasium. Aber man sprach heute noch über sie, und, wie gesagt, die Mädels und die Jungen sammelten weiter eifrig für das Tierheim. Teresa von Roth konnte sehr überzeugend sein, vor allem war sie beeindruckend, und Simone würde niemals vergessen, was diese Frau auch für sie getan hatte, obwohl …
Nein!
Daran wollte sie jetzt nicht mehr denken, die diesen dämlichen Brief geschrieben hatte, das konnte nicht sie gewesen sein.