Schatten über der Felsenburg - Michaela Dornberg - E-Book

Schatten über der Felsenburg E-Book

Michaela Dornberg

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Beschreibung

Im Sonnenwinkel ist eine Familienroman-Serie. Schauplätze sind der am Sternsee gelegene Sonnenwinkel und die Felsenburg, eine beachtliche Ruine von geschichtlicher Bedeutung. Mit Michaela Dornberg übernimmt eine sehr erfolgreiche Serienautorin, die Fortsetzung der beliebten Familienserie "Im Sonnenwinkel". Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen. Sie kennt den idyllischen Flecken Erlenried und die sympathische Familie Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi. Roberta wusste, dass es unmöglich war, dass es überhaupt nicht sein konnte. Dennoch begann ihr Herz stürmisch zu klopfen. Realität und Wunschdenken vermischten sich mit­einander. Staunen und Sehnsucht machten sich in ihr breit. Geblendet vom Sonnenlicht sah sie nur die Konturen des Mannes, der auf sie zugelaufen kam. Nur wenig später holte sie die Gegenwart wieder ein. Wellen der Enttäuschung durchfluteten sie, sie konnte nichts dafür, obwohl sie wusste, dass es nicht sein konnte. Natürlich war es nicht Lars, doch mit Konstantin von Cleven, der jetzt vor ihr stand, hatte sie auch überhaupt nicht gerechnet. Zum Glück bekam Konstantin nichts von ihrer Verwirrung mit. Er umfasste ihre Schultern, freute sich: »Roberta, wie schön. Erst sehen wir uns jahrelang nicht, und nun treffen wir in so kurzer Zeit zum zweiten Mal aufeinander, und wieder am See. Zu verstehen ist es. Der See übt auf einen eine geradezu magische Anziehungskraft aus. Und wo ich gerade herkomme, dieser Platz ist beinahe mystisch, hat eine unglaubliche positive Energie. Ich fühlte mich angezogen, konnte an dieser Stelle überhaupt nicht vorübergehen.« Sie hätte ihm jetzt erzählen können, dass dort das Haus gestanden hatte, das ihr sehr vertraut gewesen war. Jetzt war nicht der Augenblick, vielleicht würde sie, wenn überhaupt, später darüber reden. Augenblicklich hatte sie Mühe, sich von dem, was da gerade gewesen war, zu erholen. Es war ein Zeichen dafür gewesen, dass ihre Gefühle in ihr noch immer tobten und dass der Verstand längst noch nicht die Oberhand gewonnen hatte, sonst hätte sie diese Vision nicht haben können. »Ich hoffe, dass du an diesem magischen Ort auch die richtigen Erkenntnisse gewonnen hast.

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Seitenzahl: 157

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Der neue Sonnenwinkel – 52 –

Schatten über der Felsenburg

… aber eine wundervolle Versöhnung: und hätte der Liebe nicht!

Michaela Dornberg

Roberta wusste, dass es unmöglich war, dass es überhaupt nicht sein konnte. Dennoch begann ihr Herz stürmisch zu klopfen. Realität und Wunschdenken vermischten sich mit­einander. Staunen und Sehnsucht machten sich in ihr breit.

Lars …

Geblendet vom Sonnenlicht sah sie nur die Konturen des Mannes, der auf sie zugelaufen kam. Nur wenig später holte sie die Gegenwart wieder ein. Wellen der Enttäuschung durchfluteten sie, sie konnte nichts dafür, obwohl sie wusste, dass es nicht sein konnte. Natürlich war es nicht Lars, doch mit Konstantin von Cleven, der jetzt vor ihr stand, hatte sie auch überhaupt nicht gerechnet.

Zum Glück bekam Konstantin nichts von ihrer Verwirrung mit. Er umfasste ihre Schultern, freute sich: »Roberta, wie schön. Erst sehen wir uns jahrelang nicht, und nun treffen wir in so kurzer Zeit zum zweiten Mal aufeinander, und wieder am See. Zu verstehen ist es. Der See übt auf einen eine geradezu magische Anziehungskraft aus. Und wo ich gerade herkomme, dieser Platz ist beinahe mystisch, hat eine unglaubliche positive Energie. Ich fühlte mich angezogen, konnte an dieser Stelle überhaupt nicht vorübergehen.«

Sie hätte ihm jetzt erzählen können, dass dort das Haus gestanden hatte, das ihr sehr vertraut gewesen war. Jetzt war nicht der Augenblick, vielleicht würde sie, wenn überhaupt, später darüber reden. Augenblicklich hatte sie Mühe, sich von dem, was da gerade gewesen war, zu erholen. Es war ein Zeichen dafür gewesen, dass ihre Gefühle in ihr noch immer tobten und dass der Verstand längst noch nicht die Oberhand gewonnen hatte, sonst hätte sie diese Vision nicht haben können.

»Ich hoffe, dass du an diesem magischen Ort auch die richtigen Erkenntnisse gewonnen hast. Weswegen bist du eigentlich hier, Konstantin?«

Er erklärte Roberta, dass man nun endlich eine Entscheidung von ihm haben wollte, weil man im Falle seiner Absage auf einen anderen Bewerber zurückgreifen wollte.

»Ich bin ihre erste Wahl, was schmeichelhaft für mich ist, ich kann auch verstehen, dass man auf meine Antwort wartet. Ich hatte heute einen weiteren Termin, habe mir ein paar Stunden Zeit ausbedungen, und die habe ich genutzt, an den See zu kommen, den ich in allerbester Erinnerung hatte«, er strahlte sie an, »in erster Linie natürlich, weil wir uns hier begegnet sind, meine Liebe.«

Ihr war nicht nach Komplimenten zumuten, weil sie nicht einfach den Schalter umlegen konnte. Diese Vision würde sie verfolgen, denn sie hatte wirklich geglaubt, Lars zu sehen.

»Und hast du eine Entscheidung treffen können, Konstantin?« Roberta blickte ihn fragend an, und dabei wurde ihr bewusst, dass er ein wirklich sehr attraktiver Mann war. Nicht nur das, er war, und das wusste sie ja von früher, ein sympathischer Mann, auf den man sich verlassen konnte. Nicht zu vergessen, er hatte sich als Professor der Kardiologie einen Namen gemacht, das hatte sie natürlich alles sofort nachgelesen nach ihrer ersten schönen Begegnung. »Du solltest es dir genau überlegen, denn eine solche Chance bekommt man nicht so schnell wieder geboten. Es soll wirklich ›das‹ Zentrum werden, und wenn man dir überlässt, wie du es gestaltest, was du an medizinischen Geräten haben möchtest. Besser geht es nicht.«

Er nickte. Es gefiel ihm, dass Roberta das jetzt gesagt hatte, den auf ihr Urteil legte er großen Wert. Es war eine Bestätigung für das, wofür er sich entschieden hatte.

»Ich werde zusagen.«

Sie nickte.

»Glaub mir, Konstantin, das ist eine gute Entscheidung, ich bin mir sicher, dass du das nie bereuen wirst. Gut, Hohenborn ist nicht mein geliebter Sonnenwinkel. Doch auch da wohnt man gut. Ich denke, dass du umziehen wirst, oder?«

Das bestätigte er.

»Vom Sonnenwinkel bis Hohenborn, das ist ja nur ein Katzensprung. Ich glaube, dass ich wegen des Sees hier in Erlenried wohnen werde, so heißt der Sonnenwinkel ja offiziell, das habe ich schon erfahren.«

Sie wollte ihm seine Illusionen nicht rauben.

»Konstantin, ich denke, dass es einfacher sein wird, eine Wohnung in Hohenborn zu finden. Hier bei uns ist der Wohnraum knapp, die Leute ziehen nur selten weg, und wenn, dann gehen die Objekte unter der Hand weg, kommen überhaupt nicht erst auf den Wohnungsmarkt.«

Dem widersprach Konstantin.

»Oh, da habe ich andere Informationen, wenn ich zusage, dann kann ich schon im Sonnenwinkel wohnen, das wurde mir zumindest gesagt, und warum sollte ich Fehlinformationen erhalten.«

Das musste der Fall sein. Roberta war zwar nicht ständig unterwegs, aber durch die Patientinnen und Patienten erfuhr sie eigentlich immer, was sich im Sonnenwinkel alles ereignete, und von freien Wohnungen oder Häusern hätte sie gewiss erfahren.

»Und hat mir dir auch gesagt, wo das sein soll?«

»Aber ja, eines der Häuser kann man mieten, ungefähr in einem Monat, das andere soll zum Verkauf stehen, das allerdings ist noch nicht ganz sicher.«

Nun wurde Roberta neugierig, obwohl das eine Eigenschaft war, die man ihr normalerweise nicht zuschreiben konnte. »Und wo soll das sein?«

»Mieten kann man ein Haus auf einem Finkenweg, und kaufen eines auf dem Seeweg. Dieses Haus soll gerade erst komplett umgebaut worden sein, man hat es noch nicht bezogen.«

Zu einem Haus auf dem Finkenweg konnte Roberta nichts sagen. Sie wusste, dass man da sehr angenehm wohnte, doch das ließ sich über alle Straßen im Sonnenwinkel sagen. Es war etwas Besonderes. Aber auf dem Seeweg gab es nur ein einziges Haus, das umgebaut worden war. Und dieses Haus kannte sie nicht nur, sondern sie wusste auch, wer es beziehen würde. Und deswegen konnte das, was Konstantin da gerade gesagt hatte, überhaupt nicht stimmen.

Und das sagte sie ihm auch. »Konstantin, da musst du dich wirklich verhört haben.«

Er tat es ab.

»Ehrlich mal, Roberta, das Haus interessiert mich auch überhaupt nicht, denn kaufen möchte ich derzeit nichts. Ich weiß noch nicht, wohin meine Reise gehen wird, und da bindet man sich keinen Klotz ans Bein, ich lebe allein, und …« Er beendete seinen Satz nicht, doch der Blick, den er ihr dabei zuwarf, irritierte sie ein wenig. Konstantin machte sich doch wohl keine Hoffnungen?

»Nun, nimm erst einmal den Job an, dann kannst du dich um ein Haus oder eine Wohnung kümmern. Ich bin überzeugt davon, dass man noch weitere Optionen für dich in der Tasche haben wird. In der Nähe der Klinik gibt es übrigens sehr schöne Personalwohnungen, die …«

Er winkte ab, ließ sie ihren Satz nicht beenden.

»Roberta, bitte hör auf. So etwas wäre die allerletzte Option für mich. Dann würde ich lieber ins Hotel ziehen. Aber du hast recht, das ist jetzt nicht das, worüber ich mir den Kopf zerbrechen muss.«

Er blickte auf seine Armbanduhr.

»Ich muss zurück nach Hohenborn«, sagte er, »schade, sonst wäre ich gern mit dir in dieses großartige Restaurant gegangen.«

»Das können wir immer noch tun, und wenn du magst, ein Gästezimmer ist frei für dich.«

Roberta war großzügig, und er hätte das Angebot auch sehr gern angenommen, doch er musste noch heute zurück, wenn er sich mit der Klinikleitung und dem Bauträger für das Zentrum geeinigt hatte.

Er erklärte ihr, warum das nicht ging, und Roberta war ein bisschen enttäuscht. Konstantin war ein angenehmer Gesellschafter, sie war allein. Alma hatte mit ihrem Gospelchor einen Auftritt, und Pia hatte sie begleitet. Seit Alma mit ihr zu diesem Verkehrsübungsplatz ging, folgte Pia Alma wie ein kleines Hündchen, treu und ergeben. Es freute Roberta, dass es Alma gelungen war, das Vertrauen des Mädchens ganz zu gewinnen und dass Pia immer zutraulicher wurde.

Roberta und Konstantin gingen den Weg zusammen zurück, und sie unterhielten sich, was bei zwei Medizinern nicht verwunderlich war, über das neue Projekt. Roberta hatte da noch ein paar zusätzliche sehr gute Argumente, die er vorbringen musste.

Sie waren bei den ersten Häusern angekommen, Konstantin parkte dort, Roberta begleitete ihn, und dann verabschiedeten sie sich voneinander.

Er umarmte sie ein wenig zu lange, doch das war überhaupt nicht unangenehm. Bei ihm konnte man sich sicher sein, dass Konstantin niemals Grenzen überschreiten würde.

»Ich drück dir die Daumen, Konstantin, und bitte ruf mich an, wie es gelaufen ist.«

»Du wirst es als Erste erfahren, liebe Roberta«, versprach er. »Aber es kann nichts schiefgehen, die Entscheidung liegt bei mir, und wenn da nicht in letzter Sekunde Hürden auftauchen, werde ich bald ganz in deiner Nähe leben. Und weißt du was? Darauf freue ich mich …, sehr sogar.«

Eine letzte Umarmung, dann stieg er in sein Auto, fuhr los, Roberta winkte ihm nach, bis sein Auto um die Ecke gebogen war und nicht mehr zu sehen war.

Ein wenig nachdenklich machte sie sich auf den Heimweg. Und jetzt allein, gingen ihre Gedanken zurück zum See, zu dem Moment, da sie wirklich geglaubt hatte, Lars zu sehen. Mehr noch, sie hatte es gespürt. Was war bloß los mit ihr gewesen?

Mit ihrer Freundin Nicki musste sie überhaupt nicht darüber reden, denn deren Antwort glaubte sie zu kennen. Die würde ihr sagen, dass es ein Zeichen war, dass sie und Konstantin immer wieder aufeinander trafen, Nicki würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass Konstantin die Nachfolge von Lars antreten sollte.

Nein!

In diese Richtung durften sich ihre Gedanken überhaupt nicht verlieren. Sie mochte Konstantin, sie freute sich wirklich, dass sie sich nach so vielen Jahren ausgerechnet am See getroffen hatten, dass er nun sogar ganz in ihrer Nähe arbeiten würde. Aber mehr war da nicht, und mehr würde es auch nicht werden. Roberta gehörte nicht zu den Menschen, die da anknüpften, wo sie einmal aufgehört hatten. Und zwischen ihr und Konstantin war nicht einmal richtig etwas gewesen, sie hatten scheue Küsse und Umarmungen getauscht, nichts, was mit Leidenschaft zu tun hatte. Roberta fühlte sich in seiner Nähe einfach nur wohl, sie waren vertraut miteinander, sie verbanden schöne Erinnerungen, wenn man es bildhaft betrachten wollte, war es wie ein schöner, warmer Sommertag, den man unbeschwert genießen konnte.

So, und jetzt genug davon. Wegen Konstantin wollte sie sich keine weiteren Gedanken mehr machen.

Roberta beschleunigte ihre Schritte, weil sie wieder ganz schnell in ihr gemütliches Haus wollte, das sie über alles liebte, in dem sie angekommen war und das sie, solange sie lebte, niemals mehr verlassen wollte. Da war sie sich ziemlich sicher, wenngleich man niemals nie sagen sollte. Das Schicksal ging oftmals die seltsamsten Wege und es geschah plötzlich etwas, womit man nie gerechnet hätte.

Ob sie es wollte oder nicht, ihre Gedanken gingen zu dem Zwischenfall oder wie man es auch nennen wollte, da am See zurück. Wenn sie nur daran dachte, passierte bereits etwas mit ihr, ihren Gefühlen.

Sie wurde allerdings aus ihren Gedanken herausgerissen, weil sie jemanden angerempelt hatte. Das war allerdings etwas, womit man im verträumten Sonnenwinkel nicht rechnen musste, hier war schließlich nicht die Fifth Avenue in New York, wo die Menschen durcheinanderwuselten wie Ameisen. Wo man aufpassen musste, wohin man ging.

Sie blickte auf, wollte sich entschuldigen.

Das konnte jetzt nicht wahr sein!

Es war ausgerechnet Angela von Bergen, die sie angerempelt hatte.

»Frau Doktor, so in Gedanken?«, wollte Angela wissen.

Roberta warf ihr einen Blick zu, registrierte, und das tat man als Ärztin wohl ganz automatisch, dass Angela ziemlich blass war, dass sie schlecht aussah.

»Es tut mir leid, ich war wirklich ganz in meine Gedanken versunken und habe nicht auf den Weg geachtet.«

Angela von Bergen gab zu, dass auch sie in Gedanken gewesen war, weil sie sonst ausgewichen wäre. Damit hätte jetzt alles gut sein können, beide Frauen hätten ihrer Wege gehen können. Sie blieben stehen, als warteten sie darauf, dass noch etwas gesagt werden musste. Und Roberta tat etwas, was sie außerhalb der Sprechstunde, wo es angebracht war, niemals tat, sie stellte Fragen.

»Sind Sie auf dem Weg zu ihrem wunderschönen Haus? Ihre Mutter erzählte mir voller Stolz, dass Sie dort bald einziehen werden. Ich freue mich sehr für Sie.«

Und das tat Roberta wirklich.

Angela wurde verlegen, und Roberta hätte sich jetzt am liebsten die Zunge abgebissen. Was war denn in sie gefahren? »Ich …, äh …, nein …«

Da stimmte etwas nicht, Roberta war es peinlich, diese nette Frau in eine derartige Situation gebracht zu haben. Sie erzählte ihr, was sie von Konstantin erfahren hatte. Eigentlich hätte sie jetzt überhaupt nichts mehr sagen sollen, es machte alles nur noch schlimmer.

»Frau von Bergen, am Seeweg gibt es ja nur dieses eine Haus, das umgebaut worden ist, und das ist das, in welches Sie einziehen werden. Ich weiß nicht, wer da dieses dumme Gerücht in die Welt gesetzt hat. Das sollten Sie mal herausfinden. Es wird schnell aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Jemandem ist die Fantasie durchgegangen, und das ist als scheinbare Wahrheit irgendwo gelandet.«

Angela schluckte.

Sie blickte die Frau Doktor an, der sie vertraute, die ihrer Mutter so großartig geholfen hatte und auch ihr, als sie von dieser schmerzhaften Gürtelrose geplagt gewesen war. Sie hätte es jetzt leichthin abtun können, es war nicht ihre Art, deswegen sagte sie nach einiger Überwindung, weil niemand gern ein Scheitern zugab: »Es sind keine Gerüchte. Ich weiß allerdings nicht, wieso bereits darüber geredet wird. Vielleicht war es der Architekt, der seinen Mund nicht halten konnte.«

Wie schade, dass es hier keine Bank gab, auf die man sich setzen konnte, doch eine Gartenmauer schon, und auf die setzte Roberta sich erst einmal. Was hatte Angela von Bergen da gesagt?

Angela setzte sich neben Roberta, und die vereinzelten Fußgänger warfen den beiden Frauen erstaunte Blicke zu, doch das registrierten sie kaum.

»Berthold und ich haben beschlossen, nicht in das Haus einzuziehen. Er wollte es mir zwar schenken, doch das möchte ich nicht. Ich wohne gut bei meiner Mutter, und in diesem Haus am See müsste ich immer an Berthold denken und daran, dass wir die geplante gemeinsame Reise abbrechen mussten. Gerade noch rechtzeitig, ehe es zu einem Crash gekommen wäre.«

Roberta war eine kluge Frau, doch jetzt verstand sie überhaupt nichts mehr. Alle hatten sich über Angelas Glück mit diesem Mann gefreut, der an Angelas Seite wieder Lebensmut gefasst hatte. Und der Kauf des Hauses, der Umbau nach den eigenen Wünschen war perfekt gewesen, denn dann hätte Angela immer in der Nähe ihrer Mutter bleiben können. Es war wirklich perfekt gewesen, nicht allein wegen des Hauses, sondern weil sich da zwei Menschen gefunden hatten, beide vom Leben gebeutelt, der eine mehr, der andere weniger.

Roberta konnte zunächst einmal überhaupt nichts sagen. Was hatte Angela von Bergen da für eine Andeutung gemacht? Beide Frauen schwiegen, hingen ihren Gedanken nach.

Es war schon eine sehr merkwürdige Situation. Zwei schweigende Frauen auf einer Gartenmauer, beide betroffen wirkend. Für Gespräche dieser Art gäbe es wahrhaftig einen besseren Platz, zumal sie beide ganz in der Nähe in wunderschönen Häusern wohnten. Aber so war es halt im Leben, manches ergab sich einfach, ungeplant und unvorbereitet.

Und warum wunderte Roberta das jetzt eigentlich? Es war ein Tag der denkwürdigen Begebenheiten, und es passte.

»Frau von Bergen«, durchbrach Roberta das Schweigen, »möchten Sie darüber reden?«

Fast machte es den Eindruck, als habe Angela auf diese Aufforderung gewartet. Es sprudelte nur so aus ihr heraus. Sie erzählte Roberta von dieser Beziehung, die von Anfang an schwierig gewesen sei.

Sie blickte Roberta an, in ihren Augen standen Tränen, ihre Traurigkeit war nicht zu übersehen.

»Berthold und ich waren von der ersten Sekunde an voneinander fasziniert, haben uns ineinander verliebt. Doch auch mit allen Gefühlen dieser Welt lässt sich nicht alles überbrücken. Vielleicht sind wir uns zu früh begegnet, vielleicht hätte noch mehr Zeit ins Land gehen müssen.

Wie auch immer. Ich habe es mir nicht leicht gemacht, ich habe Berthold verlassen.«

Das konnte Roberta nicht glauben. Sie erinnerte sich an die Gespräche, die sie mit Angela, mit deren Mutter geführt hatte, auch Teresa von Roth hatte darüber gesprochen, was für ein wundervolles Paar Angela von Bergen und Berthold von Ahnefeld doch waren, wie sehr sie sich liebten.

Hatte sie das gerade richtig verstanden? Angela von Bergen hatte den Mann, den sie liebte, mit dem sie eine gemeinsame Zukunft geplant hatte, verlassen?

Das berührte Roberta so sehr, dass sie dazu erst einmal überhaupt nichts sagen konnte. Das wollte sie auch nicht, denn es ging sie nichts an. Wenn jemand über seine Gefühle sprach, dann fragte man auch nicht nach, es sei denn, man wurde darum gebeten. Ansonsten war es eine Sache zwischen den beiden Menschen, die es betraf.

Angela von Bergen und Berthold von Ahnefeld waren kein Paar mehr!

Es schien fast so, als sei Angela froh, endlich mal mit einem Menschen über das sprechen zu können, was sie so sehr bewegte. Häufig war das jemand, der nicht in alles involviert war, wie beispielsweise Sophia, Angelas Mutter. Wie glücklich war die gewesen, einen Schwiegersohn wie Berthold zu bekommen. Es war nach dem Mann, mit dem Angela verheiratet gewesen war, sehr zu verstehen.

Und nun das Aus!

Erst einmal hörte Roberta Angela zu, und fast schien es, dass es kein Zufall gewesen war, dass sie sich getroffen hatten. Allmählich erfuhr Roberta, was zu der Trennung geführt hatte, warum diese Liebe zerbrochen war.

»Berthold kam einfach nicht von seiner Vergangenheit los. Ich weiß, dass er mich liebt, dass er ein neues Leben mit mir anfangen wollte, und gewiss hätte ich an seiner Seite auch ein schönes Leben gehabt, weil er ein ganz wunderbarer, ein einfühlsamer Mann ist. Aber das reicht nicht, ich habe niemanden gesucht, der mir ein sorgenfreies Leben bietet. Ich wollte einen Platz in seinem Herzen.« Sie blickte Roberta traurig an. »Dort war es überfüllt. Für mich gab es nur eine ganz kleine Ecke, und das …, das reicht mir nicht. Ich habe eine schreckliche Ehe hinter mir, in der ich nur draufgezahlt habe, in jeder Hinsicht. Das wäre mir zwar bei Berthold nicht so ergangen, aber ich möchte gleichberechtigt neben ihm stehen, und vor allem möchte ich seine Liebe, nicht nur ein bisschen Liebe …, wenn etwas fehlt, dann kann man es auf Dauer nicht überbrücken. Jetzt respektieren wir uns, sind noch in Liebe und Respekt verbunden bleiben. Und ich werde Berthold und die Zeit mit ihm als etwas Schönes, als etwas Besonderes im Herzen behalten. Ich wünsche ihm, dass er diesen Schmerz, den er in sich trägt, irgendwann loslassen kann und dass es dann jemanden gibt, der ihn auffängt. Ich kann es nicht sein, denn ich wäre, sollte es dazu kommen, viel zu zermürbt. Wir haben uns sehr geliebt, hatten Wünsche und Träume, auch Pläne …, der Alltag hat uns eingeholt.« Sie stand auf. »Das Haus ist wunderschön, Berthold kann es mit Gewinn verkaufen. Die Auerbachs sind ja gute Freunde von ihm. Es ist durchaus möglich, dass er sie hin und wieder besuchen wird.«

Roberta erhob sich ebenfalls.

»Und haben Sie keine Angst vor diesen Begegnungen?«, wollte sie wissen, sie war sehr berührt von dem, was Angela ihr da anvertraut hatte.

Angela schüttelte den Kopf.