Ehrenmord in Amerika - David McConnell - E-Book

Ehrenmord in Amerika E-Book

David McConnell

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Beschreibung

Eine Serie von Morden an schwulen Männern erschüttert die Vereinigten Staaten. David McConnell untersucht die Gründe für den Hass, der diese Verbrechen möglich macht. Er zeichnet intime Porträts der Täter, die ebenso schockieren wie faszinieren. Anhand bisher unbekannter Details und Fakten sowie beeindruckender Gefängnisinterviews arbeitet der Autor die grausamen Fälle minutiös auf. Die so entstandenen Geschichten sind verstörend wie die Taten, die ihnen zugrunde liegen. Mit eindringlicher Präzision und einer bisweilen unheimlichen Unbeschwertheit verwandelt McConnell die untersuchten Kriminalfälle in atemberaubende Literatur.

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Für Edmund White

Vorwort des Autors

Vielleicht ist es von Interesse, wie ich bei der Recherche und beim Schreiben dieses Buches vorgegangen bin. In den ersten Kapiteln konzentriere ich mich auf Fälle, die ein breites Medienecho gefunden haben. Keine Darstellung tatsächlicher Begebenheiten kommt ohne die Verwendung literarischer Techniken aus, doch geht es mir nicht darum, meiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Vielmehr glaube ich, dass ihre Fiktionalisierung zu einem besseren Verständnis der Fakten führen kann. Unredlich wäre es allerdings, die investigative Arbeit, die andere geleistet haben, als meine eigene auszugeben. Wo immer ich mich auf die Ergebnisse anderer stütze, sind die Quellen angegeben. Hervorzuheben sind, was den Fall der Williams-Brüder betrifft, eine Reihe von Artikeln, die Sam Stanton und Gary Delsohn für die Sacramento Bee und den Salon verfasst haben. Über den Mord an Billy Jack Gaither hätte ich ohne die Sondersendung von News 20/20 (ABC) und einen für Frontline produzierten Fernsehbeitrag nicht schreiben können. Für die Darstellung des Schmitz/Amedure-Falls konnte ich nicht nur auf eine Vielzahl von Zeitungsberichten zurückgreifen, sondern auch auf die Gerichtsreportagen des Senders Court TV. Viele dieser Berichte und Reportagen enthalten Unstimmigkeiten, und das gilt für andere ebenso. Doch habe ich, bei aller Kritik an Auswahl, Gewichtung und Interpretation der Fakten, nicht vergessen, wie viel ich den umfangreichen Vorarbeiten meiner Kollegen zu verdanken habe. Wenn ich diesen und andere Fälle in mein Buch aufgenommen habe, so deswegen, weil ich hoffte, ihren Erkenntnissen mehr hinzufügen zu können als ein paar schöne Worte.

Vielen Fällen aus jüngerer Zeit ist weit weniger Aufmerksamkeit zuteil geworden. Obwohl ich mich auch hier auf öffentlich zugängliche Informationen stützen konnte, beruhen die entsprechenden Kapitel größtenteils auf eigenen Recherchen. Jeden der vielen Schauplätze, die im Buch erwähnt werden, habe ich selbst aufgesucht (mit Ausnahme einiger weniger in Nordkalifornien und Idaho, die im Fall Williams eine Rolle spielen). Ich habe mich bemüht, jedes Zitat, jedes Detail wahrheitsgemäß wiederzugeben, nach bestem Wissen und Gewissen. Wo meine Deutung über die gesicherten Fakten hinausgeht, ist dies kenntlich gemacht.

Gelegentlich erschien es mir sinnvoll, die Ereignisse aus Sicht der Beteiligten darzustellen. Wenn im Text davon die Rede ist, jemand habe dieses oder jenes »gedacht« oder »gefühlt«, stütze ich mich in der Regel auf Interviews, die ich und andere mit den Beteiligten geführt haben. Wo dies nicht der Fall ist, handelt es sich um literarische Spekulationen, die jeweils als solche ausgewiesen sind.

In der Danksagung im Anhang finden Sie nähere Angaben zu meinen Informanten; sie sind, ebenso wie die Autoren der wichtigsten schriftlichen Quellen (soweit sich die Verfasser feststellen ließen) namentlich angeführt. Sollten Sie sich näher für mein Quellenmaterial interessieren, können Sie eine kleine Auswahl auf der Webseite zum Buch finden, americanhonorkillings.com. Auf meiner eigenen Webseite, davidmcconnell.com, habe ich zu jedem Kapitel ein kommentiertes Dossier mit Fotografien, Links und Dokumenten zusammengestellt.

1 – Einleitung: Männer und Männlichkeiten

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Einleitung:Männer und Männlichkeiten

Als Kind hatte ich große Angst vor einer bestimmten Seite meines Lexikons, einer Farbtafel, auf der verschiedene Wespen- und Bienenarten abgebildet waren. Beim Durchblättern des Buches wusste ich stets, wo die Insekten auf mich warteten; schon Seiten zuvor hielt ich mir die Augen zu und zwang mich dann doch weiterzublättern. Das Lexikon war sehr alt, doch ließ das brüchige, halbdurchsichtige Schutzblatt, unter dem die Bilder nur schemenhaft zu erkennen waren, die Insekten noch furchteinflößender erscheinen. Dass es sich bloß um Abbildungen handelte, beruhigte mich keineswegs. Für mich spielte der Unterschied zwischen Abbildung und Wirklichkeit keine Rolle, und die intensive Angst, die ich beim Anschauen empfand, übte eine derart starke Faszination auf mich aus, dass ich immer wieder zu meinem Lexikon greifen musste. Legte ich es darauf an, meine Fingerspitzen dem Stachel dieser monströsen Insekten auszusetzen? Eingestehen wollte ich mir das nicht.

Auch von den Geschichten, die in diesem Buch geschildert werden, habe ich mich zugleich angezogen und abgestoßen gefühlt. So beunruhigend und brutal sie sind, ich empfand den Drang, so viel wie möglich über sie in Erfahrung zu bringen, und ich habe mich bemüht, in meiner Darstellung genauso präzise und informativ zu sein wie jener Grafiker in meinem Lexikon. Nur hat mein Thema den Nachteil, dass es sich nicht durch Zuschlagen des Buches zum Verschwinden bringen lässt. Denn mein Thema sind Männer, ihre Ängste und die Gewalt, zu der sie fähig sind.

Im Zuge der Recherchen für dieses Buch ist mir klar geworden, dass man über Gewalt zwischen Männern nur schreiben kann, wenn man nach dem Verhältnis von Gewalt und Sexualität fragt. Schon die Alltagserfahrung lehrt, dass alles, was sich zwischen Männern abspielt, Freundschaften, Rivalitäten, aber eben auch Morde, in sexuelle Metaphern gekleidet ist. Wenn Männer, um die Oberhand zu gewinnen, um sich besser in Szene zu setzen, andere Männer beschimpfen und beleidigen, braucht man nach sexuellen Untertönen nicht umständlich zu suchen. Wir wissen nur zu gut, was das alles mit Konkurrenzverhalten, mit Aggression und Gewalt zu tun hat. Dennoch schrecken wir häufig davor zurück, über die Implikationen sexualisierter Sprache nachzudenken.

Ich habe einen Bekannten, der sich in einem betont maskulinen Milieu bewegt; als dieser Bekannte zu einem Abendessen ausnahmsweise nicht nur seine Kollegen, sondern auch einen schwulen Freund einlud, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: »Mir war überhaupt nicht bewusst, dass wir uns andauernd über Schwulitäten unterhalten.« Aufgefallen war ihm das nur, weil er sich durch die Anwesenheit seines schwulen Freundes seltsam befangen gefühlt hatte.

Auch für mich gab es, beim Schreiben dieses Buches, einen solchen Moment plötzlicher Einsicht. Wenn das Aufeinandertreffen heterosexueller und schwuler Männer so oft zu Konflikten führte (und in diesen Fällen zu Mord) – war ich hier vielleicht auf etwas gestoßen, das schlaglichtartig den verdrängten Zusammenhang von Männlichkeit und Gewalt erhellte? Metapher und Wirklichkeit, hingen sie nicht enger miteinander zusammen, als man sich gemeinhin eingestand?

Vielleicht wird dieses Buch bei einigen Lesern Ekel oder Aversionen auslösen, nicht nur wegen der heiklen Thematik. In diesen Geschichten geht es um Männer, von denen rund die Hälfte (und der weit überwiegende Teil der Opfer) schwul sind. Doch so schwer es fallen mag, diese einfache Tatsache zu akzeptieren: Was Männlichkeit ist, lässt sich nur verstehen, wenn man die Erfahrungen homosexueller Männer berücksichtigt; die Geschichten, die in diesem Buch erzählt werden, werden nur dann verständlich, wenn man Homosexuelle nicht länger aus der Geschichte der Männlichkeit ausklammert. Es gibt viele verschiedene Arten von Männern; aber alle gehören sie derselben Gattung, der Gattung Mann an.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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