24,99 €
Wo bin ich – und wenn ja, wohin? Sie – und nur Sie selbst! – besitzen die Kompetenzen, die für Ihr Glück notwendig sind. Dieses Buch dient Ihnen als Kompass, um Ihren individuellen Glücksweg zu finden. Es zeigt in vielen Übungen, was in Ihnen steckt, um Ihr Leben für Sie persönlich gelingen zu lassen. Der erfahrene Coach und Bestseller-Autor Bergner erklärt mit einer einzigartigen Mischung aus Wissen, Humor und Tiefgang … • wie Ihre drei wichtigsten Glücksfaktoren funktionieren: Interesse, Selbstwirksamkeit und Liebe, • warum das kleine Glück oft viel wirksamer ist als irgendein großes, • wie Sie Unglück vermeiden, • welche Einstellung zum Beruf und welcher Umgang mit Geld Ihnen wirklich nutzt und vieles mehr. Das hat mit herkömmlichen Ratgebern wenig zu tun. Vielmehr ist dieses Buch durch den großen Erkenntnisteil ein inspirierender „Fraggeber“, der den Weg zu einem guten Leben ebnet. Keywords: Glück, Ratgeber Glück, Zufriedenheit, Selbsterkenntnis, Lebensziele, Freude, Lebensinhalt, Sinn, Achtsamkeit, Krisen überwinden, Beziehungen
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 320
Veröffentlichungsjahr: 2018
Thomas Bergner
Eigene Wege für ein gutes Lebenfinden
Wie man sich selbst zufrieden und glücklich sein lässt
Mit 40 Übungen und 9 Abbildungen
Dr. med. Thomas Bergner
Zeller Straße 56, 82067 Zell
E-Mail: [email protected]
www.bergner.cc
Ihre Meinung zu diesem Werk ist uns wichtig! Wir freuen uns auf Ihr Feedback unter www.schattauer.de/feedback oder direkt über QR-Code.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Besonderer Hinweis:
Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollten bitte im allgemeinen Interesse dem Verlag mitgeteilt werden. Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische oder therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung.
In diesem Buch sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.
Das Werk mit allen seinen Teilen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert werden.
© 2017 by Schattauer GmbH, Hölderlinstraße 3, 70174 Stuttgart, Germany
E-Mail: [email protected]
Internet: www.schattauer.de
ISBN 978-3-7945-9052-0
Garantieversprechen?
Das gute Leben verstehen
Worum es geht
Das gute Leben
Dreieinigkeit neu entdeckt: Interesse, Wirksamkeit und Liebe
Leitgefühle für ein gutes Leben: Freude, Glück, Zufriedenheit
Drei Chancen für ein gutes Leben
Die Prinzipien des Glücks
Was ein gutes Leben verhindert: Von Lügen, Unglücken und anderen Dingen
Geld oder Leben?
Die Flucht vor heute
Wie das Glück draußen bleibt
Krisen, Scheitern und das gute Leben
Extreme machen nicht glücklich
Die fundamentale Lüge von Sicherheit
Das Unglück herausfordern
Mein Schweinehund hat ’ne Peitsche in der Hand
Der innere Architekt des Unglücks
Wenn man nur noch eines zu verlieren hat
Zeit ist Glück, nicht Geld
Fluchten ins Unglück
Immer schneller, immer mehr
Keine Kröten mehr schlucken
Perfektionismus und Kontrolle
Techniken für ein gutes Leben
Schmerzfreie Entscheidungen
Das Schöne im Alltag
Beziehungen pflegen
Das richtige Tun und das Richtige tun
Prioritäten setzen und einhalten
Die Kraft der Einmaligkeit
Sex
Ein halbwegs glücklicher Umgang mit Geld
Muße und Maß
Hoffnung oder Zuversicht?
Einladen, was Glück bringt
Ein Hubschrauberflug macht glücklich
Unvermeidlich Unveränderliches
Freiheit leben
Beziehungs-Weisen
Dankbarkeit
Jetzt oder nie!
Glücksmomente erleben
Zum guten Leben gibt es Zufriedenheit
Die Einladung fürs eigene Glück vervollkommnen
Epilog
Übungsteil
Literatur
Weisheit kann man nicht kaufen, aber man muss dafür bezahlen. Ähnlich verhält es sich mit einem guten Leben. Auch das kann man nicht kaufen, aber man kann einiges dafür tun.
Wer herkömmliche Ratgeber liest, wird sich vermutlich wundern, wie schnell und mühelos einige Menschen glücklich wurden und wie einfach es ihnen fällt, dies ihren Lesern zu vermitteln. Für alle anderen aber sind Glück und ein gutes Leben durchaus immer wieder auch mit ein wenig Arbeit verbunden – und noch viel mehr mit Überlegen und konsequentem Handeln. Für diese Menschen, für Sie, wurde dieses Buch geschrieben. Sie können es natürlich einfach nur lesen. Besser wäre es jedoch, Sie würden es durcharbeiten. Das ist der effektivere, chancenreichere Weg, um zu einem guten Leben zu finden.
Es ist die Aufgabe eines jeden, sich selbst um ein gutes Leben zu kümmern.
Niemand kann zu einem guten Leben gezwungen werden, auch nicht durch ein Buch. Alles, was Sie dazu wissen und können sollten, schlummert ohnehin bereits in Ihnen. Sie selbst und nur Sie selbst besitzen die dafür notwendigen Kompetenzen. Ein Buch über den Weg zu einem guten Leben brauchen Sie nicht deshalb, weil Sie es nicht können, sondern weil Sie es können! Mit diesem Buch möchte ich Sie dazu anregen, sich Ihrem Ziel zu nähern. Deshalb ist dies kein Ratgeber, sondern eher ein Fraggeber. Es legt Ihnen Fragen vor, deren Beantwortung Ihren Weg zu einem guten Leben ebnen.
Sie halten also einen Wegweiser in der Hand. Dieses Buch funktioniert wie eine Straßenkarte, es zeigt Ihnen den Weg auf, ohne selbst die Straße zu sein. Viele Wege führen nach Rom. Und viele Wege führen zum guten Leben. Das Wichtigste dabei ist, sich auf den eigenen Weg zu begeben. Man hat nichts davon, die vermeintlich schnelle Autobahn zu wählen, wenn es darauf keine Ausfahrt zu sich selbst gibt. Ab und zu werden Sie Beispiele anderer Menschen lesen. Wenn Sie es genauso machen wie diese, werden Sie vermutlich nicht glücklich, denn Sie sind ein Original, keine Kopie von wem auch immer. Und jene Menschen sind so einzigartig wie Sie – deshalb haben sie ihren Weg gefunden, genauso wie Sie den Ihren finden werden.
Wir alle leben in den verschiedensten Abhängigkeiten, keiner von uns kann sich seine eigene Welt einfach so erschaffen. Es gibt immer andere Menschen, Strukturen, Zwänge, Vorschriften, Gesetze, welche einem das Leben nicht unbedingt leichter machen. Kein Buch kann über diese Tatsache hinwegtäuschen. Außer es lügt. Nur, mit Lügen wird man ganz sicher nicht glücklich.
In diesem Buch fehlen deshalb jene Tipps und Tricks, die angeblich garantiert in einen Zustand des dauerhaften guten Lebens führen. Das ginge nur, wenn wir vollkommen unabhängig von äußeren Dingen wären. Man kann auch sagen, dieses Buch versucht, seriös und ehrlich zu sein. Zur Ehrlichkeit gehört eine Bestandsaufnahme. Bevor wir etwas ändern können, müssen wir erkennen, was sich ändern sollte. In einem nächsten Schritt müssen wir verstehen, wie der Weg gestaltet werden sollte. Deshalb werden Ihnen hier Übungen angeboten, die Ihrer Kenntnis über sich selbst dienen.
Sie finden alle Übungen zusammengefasst im hinteren, zweiten Teil des Buches. Das hat den Vorteil, dass Ihr Lesefluss dadurch nicht beeinflusst wird. Außerdem können Sie dort Ihre eigenen Ergebnisse konzentriert aufschreiben und später nachlesen. Es ist sinnvoll, diese Übungen zu machen. Dann kann aus dem Lese- auch ein Lebensvergnügen werden. Aber bitte beginnen Sie die Übungen immer erst dann, wenn Sie im Text dazu aufgefordert werden. Dies geschieht durch folgendes Zeichen:
Sieht fast aus wie ein Smiley – und das hat einen einfachen Grund: Wenn Sie die Übungen umsetzen, können Sie Ihr Leben mit einem Lächeln genießen. Die Übungen sind in der Ich-Form geschrieben, damit Sie sich bei der Beantwortung näher sind. Als stellten Sie sich diese Fragen selbst.
Es gibt eine unüberschaubare Vielzahl von Glücksbüchern, die Zahl geht vermutlich in die Zehntausende. Offensichtlich hält sich ihre Auswirkung jedoch in Grenzen, könnte man meinen. Umso mehr freue ich mich, dass Sie dieses Buch lesen. Warum Sie damit eine gute Entscheidung getroffen haben, finden Sie hier heraus:
Seite 150: Wie die Schere auseinanderklafft. Inhalt der Übung: Weshalb die Übungen sinnvoll sind
Dieses Buch dient vorrangig Ihnen, aber auch dem Gemeinwohl, zumindest mittelbar. Je besser es dem Einzelnen geht, umso besser geht es auch der Gemeinschaft. Gerade deshalb möchte ich zu Beginn verdeutlichen, wie wichtig es ist, nicht nur sein eigenes Glück anzustreben, sondern auch etwas zu tun, damit andere Menschen Vorteile genießen. Echte Zufriedenheit wächst auch mit dem Guten, das man anderen ermöglicht. Wer nur an sich selbst denkt, verhindert tiefe Befriedigung. Wir Menschen sind nun einmal soziale Wesen – oder wie es Amitai Etzioni ausdrückt: »Respektiere die moralische Ordnung der Gesellschaft, so wie du von der Gesellschaft die Respektierung deiner Autonomie erwartest.«
Vermutlich würden manche die Frage nach einem guten Leben spontan beantworten mit: Glück, Gesundheit und Geld. Nichts einfacher als das: Bleiben Sie einfach immer gesund, haben Sie genug Glück und verdienen Sie genug. Ende. Merken Sie was? Mit den drei großen Gs kommen wir unserem Ziel nicht näher. Diese Stichwörter sind zu allgemein und das ein oder andere von ihnen (wie etwa die Gesundheit) liegt größtenteils nicht in unserer Macht. Gewiss, es ist sinnvoll, weder zu großes Untergewicht noch zu großes Übergewicht zu haben. Es ist wirkungsvoll, sich regelmäßig zu bewegen, und bei der Ernährung sollten wir auf Ausgeglichenheit achten und darauf, möglichst viele Ballaststoffe zu uns zu nehmen oder den Verzehr von rotem Fleisch zu minimieren. Außerdem sind Sucht- und Rauschmittel möglichst ganz zu vermeiden und auch genug Schlaf sollten wir uns gönnen. Heutzutage ist das Allgemeinwissen. Doch schon daran scheitern so manche, ich eingeschlossen. Denn Wissen allein ändert überhaupt nichts. Unser Leben kann sich vielmehr erst dann ändern, wenn wir unser Verhalten tatsächlich und auf Dauer ändern. So einfach ist das – und so schwer zugleich. Aber immerhin zum Glück und auch zum Geld werden Sie in diesem Buch einiges erfahren können.
Darüber hinaus stehen die großen Gs zusammengenommen eher für ein erfolgreiches oder angenehmes, weniger jedoch für ein gutes Leben.
Wir alle kennen Menschen, von denen wir sagen: »Na, dem geht es aber nun wirklich gut. Warum ist der denn so unzufrieden mit allem?« Weil Gefühle nicht einfach so entstehen oder dauerhaft manipulierbar sind. Nun lachen Sie aber mal! Kein Mensch wird auf diesen Befehl hin lachen. Versuchen wir es mit einem Witz:
Die Frau erwacht aus dem Koma. Die Ärzte hatten zuvor schon das Schlimmste befürchtet. Sie sieht ihren Mann, wie er gerade die schwarze Krawatte ablegt. Dann sagt er zu ihr: »Es ist wie immer! Auf dich ist aber auch gar kein Verlass!«
Sogleich ein zweiter und – versprochen – letzter Versuch:
Ein Ostfriese fährt nach Österreich in den Urlaub und sieht in seinem Hotel einen Spiegel an der Wand. Er packt ihn ein und schickt den Spiegel seinen Eltern mit einer Karte, auf der steht: »Schaut nur wie nett die Österreicher sind! Die haben hier sogar ein Bild von mir aufgehängt!«
Der Vater sieht sich den Spiegel an und sagt zu seiner Frau: »Meine Güte, ist unser Sohn alt geworden!«
Die Mutter schaut nun selbst hinein und sagt: »Das ist kein Wunder, wenn er mit so einer hässlichen alten Frau zusammen ist.«
Einige werden über den ersten Witz gelacht haben, andere über den zweiten, wenige über beide und vermutlich viele über keinen von beiden. Es ist eben individuell, was bei wem welches Gefühl auslöst. Das gilt für jedes Gefühl, auch für das eines guten Lebens. Deshalb gibt es keine Patentrezepte, sondern nur individuelle Lösungen.
In einem guten Leben empfinden wir immer wieder Glück. Glück ist nicht gleichzusetzen mit Glücksgefühlen. Andere Autoren (20) unterscheiden zwischen eingebildetem und wahrem Glück. Aber was ist nach deren Einschätzung das Glück? Es soll letztlich aufgrund der Überwindung von Grenzen entstehen, die jedem Menschen von Natur aus gesetzt sind. Die Beispiele, die hierfür angeführt werden, sind hoch, sehr hoch gegriffen. Wer mag und will sich mit Friedrich Bonhoeffer oder Mutter Teresa vergleichen? Deshalb finden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, in diesem Buch nur Hinweise für normale Menschen.
Ab und zu kann man vom wahrhaftigen, echten Glück lesen, das sich angeblich von banalen Glücksgefühlen unterscheidet. Zufriedenheit erreicht man jedoch nicht durch irgendwelche schrulligen Glückskonstruktionen, sondern nur durch das Fühlen von Glück. Und Glück ist, wenn ich es fühle!
Was bei Glück und anderen positiven Gefühlen im Gehirn passiert, kann mit diversen neurophysiologischen Methoden untersucht werden. Irgendwann kommen dann die Forscher an einer bestimmten Hirnregion namens Nucleus accumbens an, aber wollen Sie da wirklich hin? Dopamin, Serotonin, neuronale Verschaltungen usw. – im Alltag spielt dies für uns keine Rolle. Deshalb möchte ich Ihnen dazu nur Folgendes mit auf den Weg geben:
Die Hirnforschung hat inzwischen viel über Neurotransmitter und die Verbindungen zwischen einzelnen Hirnregionen verstanden. In diesem Buch werden Sie fast nichts darüber finden, weil es am Thema vorbeiführt. Sich glücklich zu fühlen und zufrieden zu sein geht weit über Neurotransmitter hinaus. Warum? Weil die Seele des Menschen nicht stofflich ist.
Was hat Glück damit zu tun, einen Schornsteinfeger anzufassen? Oder wollte man sich mit diesem Griff nur versichern, dass der Schornsteinfeger tatsächlich noch nicht vom Dach gefallen ist? Vermutlich finden Katzen Schornsteinfeger sehr attraktiv, reiben sich deshalb ununterbrochen an ihnen und bekommen auf diese Weise ihre schwarze Farbe. Aber wehe, sie laufen uns von links nach rechts über den Weg. Oder war es von rechts nach links? Rennen sie dabei vor Glück bringenden Schweinen davon oder trampeln sie über vierblättrige Kleeblätter? Eines ist wohl klar: all diese Glückssymbole haben absolut nichts mit unserem eigenen Glück zu tun. Jeder darf selbstverständlich seinen Glücksklee auf dem Fensterbrett stehen lassen – Schaden wird er dort nicht anrichten. Vermutlich wäre ein Meerschweinchen jedoch glücklicher darüber.
Sich den Weg zum guten Leben selbst zu bereiten, das ist der Erfolg versprechende Ansatz. Es ist sinnlos, darauf zu warten, dass einem andere den Weg ebnen werden. Diese Wege sind letztlich die Bedingungen, unter denen wir glücklich oder zufrieden werden können. Positive Gefühle können nicht einfach so erschaffen werden, aber man kann viel vorbereiten, damit sie leichter zu einem finden. Glück z.B. gehört eindeutig zu den Dingen, die man nur dann findet, wenn man darauf verzichtet, sie zu suchen. Eine gezielte Planung, die direkt und zuverlässig zum Glück führt? Gibt es nicht. Grundsätzliche Chancen bestehen darin, sich ein wenig Wissen über sich selbst und über den Menschen im Allgemeinen anzueignen.
Es ist wichtig, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse, aber auch die Grenzen und Wertvorstellungen zu kennen. Stellen wir uns einmal Karl vor, einen erfolgreichen Notar. Ein Notariat wird mitunter als Gelddruckmaschine bezeichnet – und bei Karl ist das tatsächlich auch so. Andere wüssten nicht, wohin mit den ganzen Einnahmen. Nicht so Karl, der schafft immer alles sofort rauf aufs Konto. Karl ist vollkommen verzückt, wenn er abends den neuen Kontostand abfragt. Der Anblick kommt für ihn einem visuellen Orgasmus gleich. Er liebt seine Kontoauszüge – nichts, was geiler wäre.
Ganz anders Julian. Der verdient viel weniger als Karl, aber das kümmert ihn nicht weiter. Er überlegt sich nur, wie er sich selbst und anderen mit diesem Geld helfen kann – und Hilfe kann durchaus auch bedeuten, das Geld auszugeben. Der Kontoauszug als Höhepunkt? Keine Chance. Karl ist ein Betrachtungs- und Fantasieorgiastiker. Julian ist ein Empfindungs- und Erlebnisgetriebener. Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Vorstellungen vom persönlichen Glück.
Wir werden maßgeblich von unseren Gefühlen geleitet, nicht von dem, was wir als Verstand bezeichnen. Unser Gehirn ist deshalb so groß, damit wir kreativ und ausgefeilt intellektuell begründen können, warum wir unseren Gefühlen folgen – die wir zum großen Teil noch nicht einmal wahrnehmen und die wir oft genug auch nicht wahrhaben wollen.
Bevor wir einen Gedanken erkennen, also bewusst über etwas nachdenken, haben die Regionen, welche für unsere Gefühle zuständig sind, bestimmte Impulse gesendet. Man kann also sagen, vor jedem Gedanken kommt ein Gefühl. Meistens läuft in uns Folgendes ab:
Gefühl → Gedanke → Verhalten → Gefühl → Gedanke → Verhalten → …
Trotzdem können Gedanken selbstverständlich auch unsere Gefühle beeinflussen. Denken Sie jetzt einmal ganz intensiv an all das Elend auf dieser Erde: Flüchtlinge, Bürgerkriege, Kindersterblichkeit, leidende Tiere, Umweltverschmutzung, Klimakatastrophen – um nur wenige Beispiele zu nennen. Fühlen Sie sich noch genauso wie eben, bevor Sie diesen Satz lasen? Also haben Gedanken eine gewisse Macht über unser Gefühlsleben. Graue Gedanken machen graue Gefühle. Es ist also durchaus wichtig, sich helle und bunte Gedanken zu machen, sofern sie keinen Selbstbetrug darstellen.
Dauerndes Glück kann es nicht geben. Das hat mit der Wortbedeutung zu tun. Das Wort »Glück« meint ursprünglich die Art, wie etwas endet oder gut ausgeht. Glück bezieht sich also ursprünglich auf das Ende von irgendetwas. Das Ende unseres Lebens ist der Tod. Gewiss, der kann auch mal eine Erlösung sein, aber viele Menschen würden gerne noch ein wenig länger auf der Erde verweilen. So kann es schon deshalb kein dauerhaftes Glück geben, weil es kein wirklich gutes Ende (in der Bedeutung des Endgültigen) gibt.
Außer dem tatsächlichen Ende gibt es jedoch keine fixen Endpunkte im Leben. Dies gilt erst recht für das Gefühlsleben: Jedes Gefühl kann immer wieder neu aufgebaut werden.
Nun einige Hinweise darauf, für wen dieses Buch vermutlich nicht geeignet ist. Es soll ja niemand unglücklich werden! Lesen Sie dieses Buch nicht, wenn Sie
glauben, bereits durch Lesen Ihr Lebensglück zu finden.
glauben, Ihr Lebensglück sei ein ersehnter Partner.
eine nette Nebenbei-Lektüre suchen.
meinen, es in einem Ruck durchlesen zu können und zugleich davon zu profitieren.
sich für das Thema nicht interessieren und das Buch nur aus Gründen in der Hand halten, die mit Ihren tatsächlichen Wünschen nichts zu tun haben (War es ein Geschenk? Meinen Sie, es beruflich zu brauchen?).
Jeder muss für sich selbst entscheiden, was ein gutes Leben ist. Ich kann und werde dies nicht für Sie tun. Ein gutes Leben ist kein Automatismus. Eine kühle Limonade kann ein Hochgenuss sein und bei Durst und Sommerwetter ein kurzes Glücksgefühl auslösen. Sie kann aber auch zu Diabetes beitragen. Eine Fahrradtour kann große Freude darüber auslösen, etwas gemeinsam mit anderen zu erleben oder sich der eigenen Kraft bewusst zu werden oder die Landschaft zu genießen. Aber eine Fahrradtour kann eben auch zu einem Sturz und einer Verletzung führen. Das bedeutet:
Es kann kein allgemeingültiges Rezept für ein gutes Leben geben.
Was das gute Leben ist? Ganz einfach: Ein fetter Schweinebraten auf dem Tisch, eine Zigarre im Mundwinkel und eine adrette Frau, die glücklich ist, wenn sie Vanillepudding kocht und ihrem Mann die Puschen bringt. Nein? Glauben Sie nicht? Also gut, ein zweiter Versuch: Gutes Leben, das bedeutet, mit einem kaum gefederten, offenen Wagen über den Strand von Sylt zu brettern und Toast Hawaii zu schmausen. Auch nicht Ihres? Auf ein Neues: Ein gutes Leben bedeutet, immer den Tiger im Tank zu haben, möglichst auch zu Hause, um das eigene Schwimmbad zu heizen und dabei Abba zu hören. Der vierte Versuch: Ein gutes Leben, das heißt Bewusstsein für das eigene Talent, und ein bisschen Drama gehört auch dazu. Sie merken, es wird schon realistischer. Gutes Leben? Bananen! Immer! Und immer mehr! Und auf die Malediven und nach Mauritius, mit grünem Flugzeug und Ökostrom. Wird schon wärmer, oder? Also gut, eine letzte Variante: Ein gutes Leben, das bedeutet, mit den eigenen Freunden beisammen zu sitzen, friedvoll und tiefgründig. Und das bei einem veganen Essen ohne Gluten. Das steht jedem zu, oder?
Aber was ist das denn nun wirklich, ein gutes Leben? Hat das etwas mit dem Zeitgeist zu tun? Oder dem persönlichen Geschmack? Oder ist es gar eine philosophische Frage für die Herren Hesse, Gandhi und Mitscherlich? Nein, nein, nein. Was ein gutes Leben für Sie ist, das müssen Sie schon selbst herausfinden. Ich bin nicht so vermessen, Ihnen die Antworten auf eine der wichtigsten Fragen des Lebens vorschreiben zu wollen. Sicherlich, den einen oder anderen Hinweis finden Sie natürlich in diesem Buch. Wirkungsvoll werden jedoch Ihre eigenen Erkenntnisse und Erfahrungen sein. Finden Sie für sich selbst Ihren ganz individuellen Weg zu einem guten Leben. Einem Leben, in dem Sie immer wieder glücklich und meistens zufrieden sind. Mit oder ohne Schweinebraten – oder Gluten.
Deshalb hat dieses Buch im Übungsteil (ab S. 150) einigen Weißraum. Der Weißraum, also ein leerer (linierter) Bereich auf dem Papier, kennzeichnet wesentliche Abschnitte dieses Buches. Er ist ein Geschenk, das Sie sich selbst geben. Zumindest dann, wenn Sie den Weißraum füllen – mit Ihren Antworten und Ergänzungen.
Wenn man tausend Menschen danach fragen würde, was konkret für sie ein gutes Leben bedeutet, bekäme man tausend verschiedene Antworten. Nichts ist so individuell wie der Mensch – und das ist gut so. Deshalb sollte die Frage nach einem guten Leben von einer allgemeineren Position aus betrachtet und beantwortet werden. Ich denke, ein gutes Leben ist ein Leben, welches wir als gelungen betrachten – sowohl während des Lebens selbst als auch in einer letztlich nur in der Theorie möglichen Gesamtschau.
Ein gutes Leben ist immer ein gelungenes und gelingendes Leben und manchmal ein erfolgreiches.
Erfolg, zumindest in dem Sinne, in welchem er uns seit Jahrzehnten weisgemacht wird, gehört nicht zu einem guten Leben. Damit meine ich Erfolg als Ansammeln von Gut und Geld, von Auszeichnungen und Ehrungen, von Titeln und Positionen, von One-Night-Stands, von Fernreisen und Smartphones: Das ist nichts, was unsere Seele wirklich nährt. Das ist etwas, das nicht uns, sondern unserem Wirtschaftssystem dient oder einem geringen Selbstwertgefühl. Immer mehr, immer Neues, immer weiter – das ist Gier, vielleicht auch Strebsamkeit. Aber bringen uns solche Inhalte wirklich dem Gefühl näher, ein gutes Leben zu haben? Wohl kaum, allenfalls als vorübergehende Illusion, die keiner selbstehrlichen Überprüfung Stand hielte.
Schauen wir uns drei konkrete Beispiele an, anhand derer wir verstehen können, was grundsätzlich ein gutes (also gelungenes) Leben ausmacht:
Zuerst kommt die 19-jährige Aline zu Wort, die gerade ihr Abitur bestanden hat: »Ein gutes Leben? Das bedeutet für mich die Freiheit, die ich nun habe. Zuerst will ich die Welt sehen. Ein Jahr Auszeit gönne ich mir dafür. Das Around-the-World-Flugticket habe ich zum Abitur geschenkt bekommen. Ich bin schon gespannt, was ich sehen und erleben werde. Über die Zeit danach mache ich mir jetzt noch keine Gedanken. Das wird sich schon finden.«
Der 42-jährige Manuel, der gerade in Trennung von seiner Frau lebt, hat eine ganz andere Vorstellung von einem guten Leben: »Die letzten Jahre mit zwei kleinen Kindern und den dauernden Streitigkeiten mit meiner Frau haben mich viel gekostet. Ein gutes Leben – das kann ich mir kaum vorstellen, nur erträumen. In diesem Traum habe ich eine neue Frau gefunden und oft Kontakt mit meinen Kindern, außerdem gehören sichere Einnahmen zu einem guten Leben.«
Auch die 68-jährige Doris hat ihre ganz eigenen Vorstellungen von einem guten Leben: »Was habe ich noch zu erwarten? Letztes Jahr die neue Hüfte und schon vor fünf Jahren der Herzinfarkt. Gut, ich habe mit dem Rauchen aufgehört. Aber habe ich deshalb ein gutes Leben? Mir wäre es wichtig, wenn mir der Rollator erspart bliebe. Na ja, einen Herzenswunsch habe ich schon. Ich habe mich Jahrzehnte mit dem Züchten von Rosen beschäftigt. Meine Erfahrungen habe ich in einem Buch mit wunderschönen Bildern zusammengefasst. Es wäre mir wichtig, dafür einen Verlag zu finden.«
Aktuelle Ereignisse beeinflussen recht stark die jeweilige Definition dessen, was ein gutes Leben ist – ebenso wie das Lebensalter. Man kann im Allgemeinen beobachten, wie es bei vielen in der Mitte des Lebens zu einem deutlichen Sinneswandel kommt. Bis etwa zum 42. Lebensjahr stehen Konsum, Karriere, Erfolg, Ziele und Effizienz auf der Liste der To-dos. Danach ändern sich bei vielen die ihnen wichtigen Lebensinhalte. Nun kommt es eher darauf an, einen Beitrag zu leisten, sinnerfüllt zu leben, den Sinn hinter den eigenen Zielen zu erfragen und neu festzulegen. Nun spielt Effektivität die zentrale Rolle, auch weil man merkt, nicht mehr Bäume ausreißen zu können. Wofür auch? Schließlich gibt es Bagger.
Die drei Aussagen aus den Beispielen erscheinen daher sehr unterschiedlich. Dennoch können wir aus ihnen herauslesen, worum es grundsätzlich geht. Aline brennt vor Interesse. Sie will die Welt kennenlernen. Manuel sehnt sich nach Liebe und materieller Sicherheit. Doris möchte erleben, wie ihre Erfahrungen Wirkung zeigen, ihr geht es um Selbstwirksamkeit. Sie will ihre Erfahrungen an andere weitergeben. Ein gutes Leben hat all diese Elemente als Basis:
Interesse, eigene Wirksamkeit und Liebe formen ein gutes Leben.
Materielle Sicherheit ist damit eng verwoben und oft eine Folge dieser drei Inhalte. Aber lassen wir auch noch Knut zu Wort kommen, er erlitt gerade den bald lebensbeendenden, zweiten Schlaganfall und stellt fest, ein gutes Leben gehabt zu haben. Denn er habe oft Sex gehabt, täglich seine Biere genossen und sich ebenso täglich mindestens sechs Stunden am Fernsehprogramm gelabt. Dieses – theoretische – Beispiel dürfte den meisten als vertanes und nicht als gutes Leben erscheinen. Denn Sex ist nicht gleich Liebe, Alkoholismus keine eigene Wirksamkeit und Fernsehschauen hat mit echtem Interesse wenig zu tun. Eine gewisse Portion Selbstehrlichkeit gehört also schon dazu, wenn Sie sich nun überlegen, was für Sie selbst ein gutes Leben ausmacht. Wenn die drei Komponenten Interesse, Liebe und Selbstwirksamkeit dabei vorkommen, dürften Sie richtigliegen. Wie also sieht Ihr gutes Leben konkret aus?
Seite 151: Mein eigener Standpunkt. Inhalt der Übung: Was ist für Sie ein gutes Leben?
Es gibt ziemlich viel, was wir nicht und niemals ändern können. Unsere Ehepartner z.B., das Schicksal, andere Menschen ganz allgemein, Naturphänomene, aber auch Inhalte, die uns nicht sofort in den Sinn kommen. Zu großen Teilen können wir unsere Gesundheit oder bestimmte Krankheiten nicht ändern. Alles andere wären Allmachtfantasien. Körperliche Gesundheit wird in diesem Buch kein konkretes Thema sein. Aber ich mag gleich hier zu Beginn kurz etwas dazu schreiben: Wenn wir krank sind, spüren wir, wie abhängig ein gutes Lebensgefühl von unserer Gesundheit ist. Das sollten wir nie vergessen. Wer krank ist, wird mehr Mühe haben, um zu einem guten Leben zu finden.
Auch unsere Persönlichkeit können wir nicht ändern. Das wäre fatal, wenn dieser Fels in der Brandung des Lebens einfach so zu beeinflussen wäre. Es gibt folglich letztlich nur zwei Dinge (neben unseren Muskeln), die wir ändern können: Unsere eigene Einstellung oder Haltung und unser Verhalten. Sie zu ändern sind durchaus schwierige Leistungen. Immerhin gehört das Eingeständnis dazu, sich bisher geirrt zu haben, bisher das Falsche getan zu haben. Es gehört ein wenig Demut dazu, dem anderen, dem neuen Inhalt der geänderten Einstellung das Recht zur Existenz zu verleihen.
Seit Langem gibt es die Idee, der Mensch sei dafür geschaffen, um glücklich zu werden. Ich mag zu bedenken geben, für wie viel anderes der Mensch noch geschaffen wurde. Um zu lieben, zu trauern, mitzufühlen, auch um zu hassen oder zu verachten. Bei unserer Suche nach Wegen zum eigenen Glück sollten wir nie vergessen, wie viele andere Gefühle in uns entstehen können. In meinem Buch Gefühle habe ich knapp 500 menschliche Gefühle angegeben (6). Wer sich damit genauer beschäftigt, versteht, wie wenige unserer Gefühle von uns letztlich positiv empfunden und bewertet werden. Offenbar sind wir also auch geschaffen, um unangenehme Gefühle zu erleben.
Kennen Sie das Gefühl, wenn Ihnen jemand beim Handschlag seine weiche Hand hinhält, ohne angenehm fest zu drücken? Vermutlich mögen Sie das Gefühl nicht. Denn Ihr Gegenüber erwidert Ihren Gruß nicht richtig. Ihre hingehaltene Hand nicht zu ergreifen, kann fehlendes Interesse an einem Kontakt mit Ihnen bedeuten (oder Angst). Sie werden zu diesem Menschen nicht unbedingt eine Beziehung aufbauen wollen. Eine andere Situation: Sie sind auf einer Stehparty eingeladen und müssen ununterbrochen Small Talk ertragen – wie furchtbar doch das Wetter dieses Jahr ist, wie wenig die Politiker verstanden haben, dass der rosa Champagner einfach am besten schmeckt … Sie werden froh sein, von diesen Menschen fortzukommen. Auch hier haben Sie kein wirkliches Interesse an einem Beziehungsaufbau. Denn eine Beziehung führt zu einer Form von Bindung, auch wenn sie anfangs noch so schwach ist. Interesse, Beziehung und Bindung entwickeln sich jedoch ausschließlich, wenn Sie selbst und Ihr Gegenüber in Resonanz treten, wenn Sie und Ihre Art gespiegelt werden.
Bindung entsteht durch Resonanz und Akzeptanz.
Einen offensichtlichen, nachvollziehbaren Grund für das gegenseitige Interesse muss es nicht geben. Interesse ist für eine Bindung das Erste, was auf beiden Seiten vorhanden sein muss. Eine Ausnahme von dieser Grundtatsache gibt es: Wenn das Objekt des Interesses nicht in Kontakt treten kann, etwa eine Briefmarke bei einem Philatelisten oder ein Fisch im Aquarium, dann genügt einseitiges Interesse. Aber dann muss der zweite, für eine Bindung maßgebliche Faktor erfüllt sein, die Selbstwirksamkeit. Wir müssen also spüren, etwas bewirken zu können. Das kann bedeuten, Sammlungen zu vervollständigen oder Tiere zu füttern und deren Lebensraum sauber zu halten. Übrigens gehören zur Wirksamkeit immer Ziele, bewusste und weniger bewusste. Denn wenn wir ein Ziel haben, beschäftigen wir uns damit, ob wir etwas bewirkt haben. Letztlich erkennen wir daran, welchen Unterschied es macht, ob es uns gibt oder nicht.
Da ich Menschen sowohl Briefmarken als auch Fischen vorziehe, zurück zu diesen: Etwas zu bewirken, das kann ein kurzes, scheues Lächeln ebenso sein wie eine stundenlange Diskussion über tiefschürfende, weltbewegende Themen. Sowohl aus den körperlichen Signalen wie aus den geistigen Welten kann sich mal rasch, mal langsam etwas Drittes entwickeln: Liebe zu einem Menschen oder zu einem Wesen, ebenso Liebe zu Inhalten oder Themen. Liebe ist der stärkste Faktor in einer Bindung. Entsprechend stark hängt sie mit Resonanz zusammen. Wer andere nur einseitig liebt, der schwärmt einfach nur (wie das pubertäre Anhimmeln eines Stars) oder betrügt sich selbst. In der Realität äußert sich das dann z.B. als Stalking. Aber das ist eben das Gegenteil von Liebe. Dennoch ist Liebe, wie sie hier verstanden wird, nicht beschränkt auf die Liebe zwischen zwei Menschen (Abb.1).
Abb.1 Resonanz und Akzeptanz
Bindung basiert auf Interesse, Wirksamkeit und Liebe: Erreichen und erreicht werden, berühren und berührt werden, lieben und geliebt werden.
Das sind genau die drei Bereiche, die bereits als Grundpfeiler des guten Lebens beschrieben wurden:
Ein gutes Leben ist ein Leben voller Bindungen.
Auf diese Weise fühlen wir uns verbunden und eingebunden und nicht mehr allein. Das ist eine schlechte Nachricht für Freiheitsfetischisten. Denn Bindungen kosten uns Freiheit, zumindest zum Teil. Wenn wir diesen Gedanken weiterführen, folgt daraus:
Ein gutes Leben ist kein Leben voller Freiheit.
Wem dies so gar nicht passt, dem sei folgendes Bild ans Herz gelegt: Sie sitzen völlig allein im Schlaraffenland, wo Milch und Honig fließen, Ihnen alles zur Verfügung steht, was Sie nur begehren, wo Sie über alles allein entscheiden und tun und lassen können, was Sie wollen. Streben Sie das an? Ist das für Sie ein gutes Leben? Dann legen Sie dieses Buch aus der Hand und schauen, ob nicht irgendwo der Job eines Diktators vakant ist.
Aber zurück zur Bindung und der Basis für ein gutes Leben: Zum Interesse gehört, sich aktiv anderen und anderem zuzuwenden – ebenso auch, selbst diese Zuwendung von anderen zu spüren. Das bedeutet, berührt zu werden, nicht kalt und desinteressiert sein Leben abzuwickeln. Interesse bezieht sich nicht nur auf Menschen, sondern auch auf soziale, wissenschaftliche, philosophische oder gesellschaftliche Themen. Denn:
Interesse für Kultur ist eine Chance für ein gutes Leben.
Zur Wirksamkeit gehört, bewusste und nicht bewusste Ziele zu erreichen, aber ebenso, von Zielen anderer Menschen erreicht zu werden. Liebe ist ein weites Feld, aber was einen selbst betrifft, so will man meistens geliebt werden, so wie man ist.
Geben und Nehmen machen ein gutes Leben aus.
Nun geht kein Mensch durchs Leben und fragt sich täglich, ob er noch genug Interesse hat, oder auch heute ausreichend viel bewirkt hat oder wie es mit der Liebe steht. So analytisch-verkopft sind wir nicht. Aber wir verfügen ja noch über andere, überaus exakte Messmethoden für diese drei Grundpfeiler des guten Lebens, die wir automatisch nutzen. Es sind unsere Gefühle. Für ein gutes Leben stehen die Freude, das Glück und ganz vorrangig die Zufriedenheit (s. Kap. Die Einladung fürs eigene Glück vervollkommnen). Sie sind quasi die Leitgefühle des guten Lebens.
Ein gutes Leben ist eines, in dem wir und mit dem wir zufrieden sind.
Damit entscheiden unser »Herz« und unser »Bauch« viel eher als unser »Kopf«, wann uns das Leben passt.
Resonanz und Akzeptanz führen zur Bindung. Das gilt auch im Negativen. Wenn Sie sich täglich über Ihren Nachbarn ärgern, weil der ab drei Uhr nachts die Belastungsgrenze seiner Surround-Anlage testet und Sie nicht mehr schlafen können, bauen Sie mit Ihren Anrufen (die er ohnehin nicht hören kann) eine Form von Bindung auf. Es gibt viele solche Bindungen, die uns zwar im Leben begleiten, auf die wir aber gerne verzichten würden. Sie tragen nichts zu einem guten Leben bei. Es kommt also darauf an, die Spreu vom Weizen zu trennen. Vieles außerhalb von uns selbst, belebt und unbelebt, ist die eine Chance, Bindungen aufzubauen. Die andere liegt in uns selbst (Abb.2).
Abb.2 Die zwei Resonanz- und Bindungsebenen
In unserem Inneren, in unseren Erinnerungen, Vorstellungen, Wünschen, aber auch in unseren Projektionen, liegen zahlreiche Chancen für unser Interesse. Damit können wir unsere eigene Wirksamkeit erleben und auch lieben lernen. Projektionen (also etwas Eigenes in andere/s hineinzuinterpretieren) ermöglichen uns, vieles aus der unbelebten Welt als liebenswert zu erfahren. Dafür stellen zahlreiche Hobbys den Beweis: Mineralienliebhaber, Oldtimerfanatiker, Philatelisten, Archäologen, Altgermanisten. Ein wesentlicher Teil unserer Kultur beruht genau darauf. Man kann sogar sagen, unsere Fähigkeit zu projizieren hat einen entscheidenden Impuls für unsere Entwicklung gegeben.
Die Beziehung zu uns selbst ist wesentlich für ein gutes Leben.
Der Beziehungsaufbau und eine sichere Bindung sollten deshalb nicht nur nach außen erfolgen, sondern ebenso nach innen, zu sich selbst.
Die Welt des Glücklichen ist eine andere als die des Unglücklichen.
Ludwig Wittgenstein
Nun haben wir einiges über Bindungen und Beziehungen, über Interesse, Wirksamkeit und Liebe erfahren. Das alles bildet die Basis eines guten Lebens. Ein solches Leben wird durch drei Gefühle bestimmt, die ich »die Leitgefühle für ein gutes Leben« nenne: die Freude, das Glück und die Zufriedenheit. Wie wir diese Gefühle erreichen, darum geht es ab jetzt in diesem Buch. Dabei werde ich den Bezug zum Interesse, zur Wirksamkeit und zur Liebe nicht mehr im Detail nennen, einfach weil die Arbeit mit unserer Gefühlswelt effektiver und uns selbstverständlicher ist. Seien Sie sicher, fast alles, was folgt, hat mit diesen Metathemen zu tun. Ein Beispiel: Wir werden noch einiges zum Genuss erfahren. Genuss ist nur möglich, wenn wir Interesse für das Genussmittel haben und wir es uns beschaffen können, wofür wir unsere Wirksamkeit benötigen.
Freude ist in der Regel ein recht kurz andauernder Zustand, der sehr nah am Vergnügen ist. Beispielsweise empfinden wir Freude oder Vergnügen, wenn wir Achterbahn fahren. Glück empfinden wir dabei in der Regel nicht – allenfalls beim Aussteigen, weil es vorbei ist. Wir können Freude als ein relativ oberflächliches, uns aber dennoch einnehmendes Gefühl beschreiben. Glück hingegen empfinden wir in uns selbst deutlich tiefer als Freude. Zufriedenheit kann sehr tief wirken und kann auch lange Zeit anhalten. Man kann sagen, Zufriedenheit ist das am wenigsten auffallende und zugleich am meisten befriedigende Gefühl in dieser Dreiergruppe (Abb.3).
Abb.3 Schalenmodell positiver Gefühle
Wer mit der Tiefe in sich nichts anzufangen weiß, dem hilft vielleicht ein anderes Bild: Zufriedenheit kann sich sehr weit im Hintergrund unseres Erlebens verbergen, Glück irgendwo in der Mitte und Freude oder Vergnügen im Vordergrund.
Eine Sandwichposition wie die des Glücks hat manchmal auch Vorteile: Denn so kann Glück sowohl nach außen als auch nach innen strahlen.
Die Deutsche Post kann nicht nur die Portogebühren erhöhen, nein, sie hat im Jahre 2013 auch einen sogenannten »Glücksatlas« berechnet, der gezeigt hat, dass die Deutschen mit vielen Aspekten ihres Lebens immer zufriedener werden (12). So etwas nennt man eine systematische Verzerrung, weil Zufriedenheit und Glück zwar in einer Verbindung zueinander stehen, jedoch unterschiedliche Gefühle sind. Übrigens hat dieser Glücksatlas auch gezeigt, dass immer weniger Menschen in unserem Land mit ihrem Leben sehr zufrieden und immer weniger sehr unzufrieden sind. Es findet also eine Nivellierung statt.
Es ist sinnvoll, sich zu überlegen, ob es einem selbst wirklich um Glück geht, das man erreichen will. Oder ist einem die Zufriedenheit wichtiger? Oder genügt einem gar Freude? Denn alle drei sind von uns als anstrebenswert empfundene Gefühle, aber es sind sehr wohl unterschiedliche Bedingungen, durch welche diese Gefühle möglich gemacht werden. Wonach streben Sie?
Seite 152: Was Glück ist. Inhalt der Übung: Die individuelle Festlegung
Freude ist so leicht zu erreichen, dass hier wenige Sätze genügen sollen. Wie man sich eine Freude macht, wissen wir alle. Schon allein die Frage im normalen Alltag »Womit kann man Ihnen denn eine kleine Freude machen?« kann jeder spontan beantworten und damit auch für sich selbst lösen. Manche machen sich über Einkäufe eine Freude und hätten es gerne, dass sie damit auch glücklich würden. Wie später noch detailliert beschrieben wird, funktioniert das allerdings nicht. Wie die großen Konsumverführer auch heißen mögen: Sie alle sind Freudenhäuser, keine Glücksbringer.
Freude hat viele mögliche Gefühle, die zu ihr führen. Oft sind wir aufmerksam, wenn wir uns freuen, das bedeutet, wir konzentrieren uns auf etwas. Auch Erfolg und Spaß gehören zur Freude. Fröhlichkeit, Humor, Lebendigkeit und eine gewisse Gelassenheit sind ihr nah. Nicht zuletzt motiviert es uns, wenn wir Freude erwarten können. Freude macht Spaß. Alles in allem gehört zur Freude meistens etwas Aktivität – wie beim Sport oder beim Fernsehen.
Glück hingegen ist oftmals stärker und zugleich ruhiger als Freude, eben auch nach innen gerichtet. Deshalb gehören Einverständnis und Erfüllung zum Glück, und ebenso Interesse und Lust. Betrachten wir das Glück etwas näher – und zwar Ihr eigenes.
Woran merken Sie selbst, dass Sie glücklich sind? Vermutlich werden Sie sagen, das sei eine dumme Frage. Denn Glück ist ja einfach nur ein Gefühl, und wenn es da ist, kann man es auch wahrnehmen. Aber ganz so einfach ist das nicht unbedingt. Viele Menschen sind grundsätzlich zufrieden, wenn auch nicht glücklich, und finden diesen Zustand so üblich oder normal, dass sie ihn nicht mehr wirklich wahrnehmen. Gerade wenn man zufrieden ist, wird es irgendwann völlig selbstverständlich. Wie ist das bei Ihnen?
Seite 153: Was Glück ist. Inhalt der Übung: Das eigene Glück im Alltag
Die Frage nach dem eigenen Glück ist weder egozentrisch noch dumm. Es ist eine Frage, welche sich die Menschheit seit einigen tausend Jahren stellt, und auf die fast jeder Mensch eine Antwort erhalten möchte. Aber eigentlich steckt eine Vielzahl von Fragen hinter dieser einen:
Was macht mich wirklich glücklich?
Was macht mich nur für einen kurzen Moment glücklich?
Gibt es etwas, wodurch mein Glück sicher verhindert wird?
Oder auch etwas, mit dem ich immer glücklich sein kann?
Wie finde ich zu meinem Glück?
Auf was muss ich vielleicht verzichten?
Was muss ich ändern?
Gibt es Einstellungen, die mein Glück schwächen?
Was habe ich bei anderen Menschen zu beachten, damit mein Glück eintreten kann?
Diese Liste von Fragen könnte über viele Buchseiten fortgeführt werden. Ich will sie aber hier beenden, weil ich darstellen wollte, dass ein Thema wie Glück sehr viele Facetten hat und gar nicht so leicht aufzuschlüsseln ist, wie es vielleicht auf den ersten Blick erscheint.
Die deutsche Sprache ist sehr bildlich, besonders exakt und vielfältig. Ausgerechnet was das Glück angeht versagt sie jedoch, denn Glück als zufälliges, positiv bewertetes Ereignis (im Sinne von: Glück haben) hat nichts mit Glück als Gefühl, als innere Befindlichkeit zu tun. Was für die deutsche Sprache das Wort »Glück« ist, ist im Englischen das Wort »cry«. Es bedeutet dort sowohl »Schreien« als auch »Weinen« – ziemlich unterschiedliche Aktivitäten. Folgerung: Die Deutschen haben ein Problem mit dem Glück, die Angelsachsen eines mit dem Weinen. Vermutlich spiegelt sich hierin die von uns manchmal empfundene Oberflächlichkeit der anderen Kultur.