Ein dickes Fell fürs Leben - Frank Kralemann - E-Book

Ein dickes Fell fürs Leben E-Book

Frank Kralemann

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Beschreibung

Ein dickes Fell zu haben bedeutet nicht, gefühllos oder abgestumpft zu sein. Es geht nicht darum, eine emotionale Rüstung anzulegen, die nichts mehr an Sie heranlässt. Im Gegenteil ,wahre emotionale Stärke zeigt sich darin, berührbar zu blei-ben und trotzdem nicht bei jedem Windhauch um-zufallen. Ein dickes Fell im besten Sinne ist wie die Rinde eines Baumes: Sie schützt das empfindsame Inne-re, ohne den Austausch mit der Umwelt zu unter-binden. Der Baum kann weiterhin Nährstoffe aufnehmen, auf Jahreszeiten reagieren, wachsen und gedeihen aber er übersteht auch Stürme, ohne entwurzelt zu werden. In der Psychologie sprechen wir von Resilienz ,der Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen und an Herausforderungen zu wachsen. Und hier kommt die gute Nachricht: Resilienz ist keine angeborene Eigenschaft, die man hat oder nicht hat. Sie ist eine Fähigkeit, die sich entwickeln lässt.

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Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

INHALT

Ein dickes Fell für's Leben

Wie Sie innere Stärke entwickeln und an Herausforderungen wachsen

Einleitung: Warum ein "dickes Fell" heute wichtiger denn je ist

Die Kunst, sensibel zu bleiben und trotzdem stark zu sein

Was bedeutet es wirklich, ein "dickes Fell" zu haben?

Die Revolution der Resilienzforschung

Ihre Reise zu mehr emotionaler Stärke

Wie Sie dieses Buch optimal nutzen

Eine persönliche Einladung

Kapitel 1: Die Wissenschaft der Resilienz – Was macht Menschen widerstandsfähig?

Die Kauai-Studie: Die Geburtsstunde der Resilienzforschung

Das Geheimnis der "unverwundbaren" Kinder

Aaron Antonovskys Revolution: Von der Pathogenese zur Salutogenese

Neuroplastizität: Die biologische Grundlage der Resilienz

Die sieben Säulen der Resilienz

Die Resilienz-Gene: Veranlagung trifft Entwicklung

MERKKASTEN: Die 7 Schlüsselfaktoren der Resilienz

Kapitel 2: Kränkungen verstehen – Warum treffen uns manche Dinge so tief?

Die Anatomie einer Kränkung: Was in unserem Gehirn passiert

Die vier Ebenen der Verletzlichkeit

Warum Hochsensible besonders betroffen sind

Der Kränkungs-Kreislauf: Wie aus kleinen Stichen große Wunden werden

Alte Wunden, neue Trigger: Die Rolle unserer Biografie

Kulturelle Unterschiede im Umgang mit Kränkungen

Die versteckten Funktionen von Kränkungen

Der Unterschied zwischen Kränkung und konstruktiver Kritik

MERKKASTEN: Erste Hilfe bei akuten Kränkungen

Kapitel 3: Die Macht der Perspektive – Wie Bewertungen unsere Gefühle steuern

Das ABC-Modell: Der Schlüssel zu unseren Emotionen

Die drei Dimensionen des Erklärungsstils

Kognitive Verzerrungen: Die Saboteure unseres Denkens

Die Kunst des Reframings: Neue Rahmen für alte Bilder

Praktische Übungen zur Perspektivänderung

Fallbeispiele aus der Praxis: Transformation durch Perspektivwechsel

Die Grenzen des positiven Denkens

Die Neurobiologie der Perspektive

Integration in den Alltag: Die 3-2-1 Methode

MERKKASTEN: Die 5 häufigsten Denkfallen und ihre Gegenmittel

Kapitel 4: Emotionsregulation lernen – Praktische Techniken für den Alltag

James Gross' Revolution: Das Prozessmodell der Emotionsregulation

Die Hierarchie der Wirksamkeit

Achtsamkeitsbasierte Techniken nach Jon Kabat-Zinn

Matthias Berkings ART: Ein umfassendes Trainingsprogramm

Körperbasierte Methoden: Die Weisheit des Körpers nutzen

Der Notfallkoffer für emotionale Krisen

Integration in den Alltag: Das emotionale Fitnessstudio

Häufige Fallen und wie Sie sie vermeiden

Die Verbindung von Emotion und Bedürfnis

MERKKASTEN: Ihr persönlicher Emotionsregulations-Werkzeugkasten

Kapitel 5: Grenzen setzen ohne Schuldgefühle

Warum Grenzen für Sensitive besonders wichtig sind

Die Angst vor Ablehnung überwinden

Kommunikationstechniken für klare Grenzen

Der Unterschied zwischen Egoismus und Selbstfürsorge

Energievampire erkennen und meiden

Nein sagen lernen: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

Die körperliche Dimension von Grenzen

Grenzen in verschiedenen Lebensbereichen

Der Umgang mit Grenzüberschreitungen

Schuldgefühle transformieren

Die Geschenke klarer Grenzen

MERKKASTEN: Die goldenen Regeln gesunder Grenzen

Kapitel 6: Kritik als Geschenk – Feedback konstruktiv nutzen

Die zwei Gesichter der Kritik: Destruktiv vs. Konstruktiv

Warum unser Gehirn auf Negatives fokussiert

Die Trennung von Person und Verhalten

Techniken zur emotionalen Distanzierung

Aus Feedback lernen ohne sich zu verbiegen

Der Umgang mit unfairer Kritik

Kritik in verschiedenen Kontexten

Die Kunst, Kritik zu geben

Vom Feedback zur persönlichen Entwicklung

Die versteckten Geschenke der Kritik

MERKKASTEN: Der 5-Schritte-Prozess zur Kritikverarbeitung

Kapitel 7: Die Kunst des Loslassens – Wenn Festhalten schadet

Warum wir an Verletzungen festhalten

Die Neurobiologie des Grübelns

Vergebung als Befreiung (nicht als Schwäche)

Praktische Loslassübungen

Rituale des Abschließens

Die Balance zwischen Verarbeiten und Weitergehen

Wann Festhalten angebracht ist

Die Freiheit des Loslassens

Petra's Transformation

Die tägliche Praxis des Loslassens

MERKKASTEN: Wann Loslassen angebracht ist und wann nicht

Kapitel 8: Selbstmitgefühl statt Selbstkritik

Die Forschung von Kristin Neff: Eine Revolution des Selbstbezugs

Die drei Komponenten des Selbstmitgefühls

Der innere Kritiker: Ursprung und Transformation

Selbstmitgefühl vs. Selbstmitleid: Der entscheidende Unterschied

Praktische Übungen für mehr Selbstfreundlichkeit

Die Verbindung zu anderen durch gemeinsame Menschlichkeit

Häufige Einwände und wie Sie damit umgehen

Carolin's Weg zum Selbstmitgefühl

Selbstmitgefühl in Beziehungen

Die dunkle Nacht der Seele: Selbstmitgefühl in Krisen

Integration in den Alltag: Der Selbstmitgefühls-Kompass

MERKKASTEN: Tägliche Selbstmitgefühlspraxis

Kapitel 9: Soziale Unterstützung richtig nutzen

Die vier Arten sozialer Unterstützung

Qualität vor Quantität: Was wirklich zählt

Unterstützung annehmen lernen: Die große Hürde

Die Kunst des Bittens: Wie wir Unterstützung erfragen

Das richtige Netzwerk aufbauen: Qualität kultivieren

Grenzen der Unterstützung respektieren

Online vs. Offline: Die richtige Balance

Nina's Durchbruch: Die Mauer fällt

Die Neurobiologie der sozialen Unterstützung

Unterstützung in verschiedenen Lebensphasen

MERKKASTEN: Ihr persönliches Unterstützungsnetzwerk kartieren

Kapitel 10: Rückschläge als Wachstumschancen

Post-traumatisches Wachstum: Die Forschung dahinter

Die fünf Bereiche möglichen Wachstums

Sinnfindung in schweren Zeiten

Resilienz-Vorbilder und ihre Geschichten

Der Unterschied zwischen Opfer- und Gestalterrolle

Praktische Strategien zur Krisenbewältigung

Die Phasen der Krisenbewältigung

Markus' Transformation: Vom Angestellten zum Unternehmer

Wann professionelle Hilfe wichtig ist

Die Geschenke der Krise

MERKKASTEN: Ihr Krisen-Wachstums-Plan

Kapitel 11: Das Training beginnt – Ihr persönlicher Resilienz-Plan

Die Wissenschaft der Gewohnheitsbildung

Ihr 30-Tage-Startprogramm

Anpassungen für verschiedene Lebensumstände

Fortschritte messen ohne Perfektionismus

Rückschläge im Training meistern

Langfristige Integration in den Alltag

Die Rolle von Selbstfürsorge

Erfolggeschichten aus der Praxis

Ihr individueller Weg

MERKKASTEN: Ihr individueller Trainingsplan

Abschluss: Mit dickem Fell und offenem Herzen

Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick

Ihre neue Beziehung zu Herausforderungen

Die Balance zwischen Schutz und Offenheit

Ein Brief an Ihr zukünftiges Ich

Weiterführende Ressourcen

Ein letztes Wort

Anhang: Werkzeuge für Ihre Resilienz-Reise

Anhang: Werkzeuge für Ihre Resilienz-Reise

Checkliste: Bin ich emotional dünnhäutig?

Übungssammlung: Die 20 wichtigsten Techniken auf einen Blick

Notfallplan bei emotionalen Krisen

Tagebuchvorlagen für Ihre Resilienz-Entwicklung

Literaturempfehlungen und Ressourcen

Wichtige Adressen und Anlaufstellen

Abschließende Gedanken

Ein dickes Fell fürs Leben

Wie Sie innere Stärke entwickeln und an Herausforderungen wachsen

Einleitung: Warum ein "dickes Fell" heute wichtiger denn je ist

Die Kunst, sensibel zu bleiben und trotzdem stark zu sein

"Das Leben ist kein Problem, das es zu lösen, sondern eine Wirklichkeit, die es zu erfahren gilt." – Søren Kierkegaard

Stellen Sie sich vor, Sie könnten durch Ihr Leben gehen, ohne dass jede kritische Bemerkung Sie tagelang beschäftigt. Stellen Sie sich vor, ein abwertender Blick würde nicht mehr Ihre ganze Stimmung ruinieren. Und stellen Sie sich vor, Sie könnten "Nein" sagen, ohne sich danach stundenlang schuldig zu fühlen. Klingt das für Sie wie ein unerreichbarer Traum? Dann geht es Ihnen wie Millionen anderen Menschen, die sich wünschen, emotional widerstandsfähiger zu sein – ohne dabei ihre Sensibilität und Empathie zu verlieren.

In unserer hypervernetzten Welt sind wir täglich einer Flut von Bewertungen, Meinungen und Urteilen ausgesetzt. Soziale Medien haben aus dem Leben eine permanente Bühne gemacht, auf der jeder Fehltritt kommentiert wird. E-Mails und Nachrichten prasseln rund um die Uhr auf uns ein, jede mit der impliziten Erwartung einer schnellen Reaktion. Gleichzeitig sind die traditionellen Puffer – stabile Gemeinschaften, verlässliche Strukturen, gemeinsame Werte – in vielen Bereichen weggebrochen. Wir sind emotionaler Dauerbelastung ausgesetzt wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte.

Besonders betroffen sind dabei die Sensiblen unter uns. Jene Menschen, die Stimmungen intensiver wahrnehmen, die sich Kritik mehr zu Herzen nehmen, die das Leid anderer tief mitfühlen. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung gelten als hochsensibel – sie verarbeiten Reize tiefer und gründlicher. Was für andere ein kleiner Kratzer ist, kann für sie eine tiefe Wunde sein. Doch auch wenn Sie sich nicht als hochsensibel bezeichnen würden: Die Anforderungen unserer Zeit machen uns alle verletzlicher.

Was bedeutet es wirklich, ein "dickes Fell" zu haben?

Lassen Sie mich gleich zu Beginn mit einem weit verbreiteten Missverständnis aufräumen: Ein dickes Fell zu haben bedeutet nicht, gefühllos oder abgestumpft zu sein. Es geht nicht darum, eine emotionale Rüstung anzulegen, die nichts mehr an Sie heranlässt. Im Gegenteil – wahre emotionale Stärke zeigt sich darin, berührbar zu bleiben und trotzdem nicht bei jedem Windhauch umzufallen.

Ein dickes Fell im besten Sinne ist wie die Rinde eines Baumes: Sie schützt das empfindsame Innere, ohne den Austausch mit der Umwelt zu unterbinden. Der Baum kann weiterhin Nährstoffe aufnehmen, auf Jahreszeiten reagieren, wachsen und gedeihen – aber er übersteht auch Stürme, ohne entwurzelt zu werden.

In der Psychologie sprechen wir von Resilienz – der Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen und an Herausforderungen zu wachsen. Und hier kommt die gute Nachricht: Resilienz ist keine angeborene Eigenschaft, die man hat oder nicht hat. Sie ist eine Fähigkeit, die sich entwickeln lässt. Die Wissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten bahnbrechende Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Menschen emotionale Widerstandskraft aufbauen können.

Die Revolution der Resilienzforschung

Noch vor 50 Jahren ging die Psychologie davon aus, dass traumatische Erfahrungen Menschen unweigerlich und dauerhaft schädigen. Dann kam Emmy Werner, eine Entwicklungspsychologin, die auf der hawaiianischen Insel Kauai eine Langzeitstudie durchführte. Sie begleitete 698 Kinder über 40 Jahre – viele von ihnen wuchsen unter schwierigsten Bedingungen auf: Armut, Vernachlässigung, Gewalt. Das Erstaunliche: Ein Drittel dieser Hochrisiko-Kinder entwickelte sich zu kompetenten, fürsorglichen und erfolgreichen Erwachsenen.

Werner hatte etwas Revolutionäres entdeckt: Menschen sind nicht passive Opfer ihrer Umstände. Es gibt Schutzfaktoren, die uns helfen, selbst widrigste Bedingungen zu überstehen und daran zu wachsen. Diese Erkenntnis läutete einen Paradigmenwechsel ein. Statt nur auf Defizite und Störungen zu schauen, begann die Wissenschaft zu erforschen, was Menschen stark macht.

Parallel dazu machte die Hirnforschung eine ebenso revolutionäre Entdeckung: Unser Gehirn ist plastisch. Es kann sich ein Leben lang verändern, neue Verbindungen knüpfen, alte Muster überschreiben. Das bedeutet: Selbst wenn Sie heute bei jeder Kritik zusammenzucken, können Sie lernen, anders zu reagieren. Ihre emotionalen Reaktionsmuster sind nicht in Stein gemeißelt.

Ihre Reise zu mehr emotionaler Stärke

Dieses Buch ist Ihr Wegweiser zu einem dickeren Fell – ohne dass Sie dabei Ihr weiches Herz verlieren. Es basiert auf den neuesten Erkenntnissen der Resilienzforschung, der Neurobiologie und der Positiven Psychologie. Aber es ist kein theoretisches Werk. Es ist ein praktischer Ratgeber, der Ihnen konkrete Werkzeuge an die Hand gibt.

Sie werden lernen, warum manche Ereignisse Sie so tief treffen und wie Sie diesen Mechanismus durchbrechen können. Sie werden verstehen, wie Ihre Bewertungen Ihre Gefühle steuern – und wie Sie das Steuer selbst in die Hand nehmen. Sie werden Techniken erlernen, um Ihre Emotionen zu regulieren, ohne sie zu unterdrücken. Und Sie werden entdecken, wie Sie Grenzen setzen, Kritik konstruktiv nutzen und aus Rückschlägen gestärkt hervorgehen können.

Dabei geht es nicht um schnelle Tricks oder oberflächliche Tipps. Echte Veränderung braucht Zeit und Übung. Aber ich verspreche Ihnen: Jeder kleine Schritt lohnt sich. Jede neue Erkenntnis, jede gemeisterte Übung macht Sie ein bisschen stärker, ein bisschen gelassener, ein bisschen freier.

Wie Sie dieses Buch optimal nutzen

Dieses Buch ist so aufgebaut, dass jedes Kapitel auf dem vorherigen aufbaut. Ich empfehle Ihnen daher, es der Reihe nach zu lesen. Nehmen Sie sich Zeit. Lassen Sie die Inhalte wirken. Und vor allem: Wenden Sie die Übungen an. Wissen allein verändert nichts – erst durch die Praxis entsteht Transformation.

Am Ende jedes Kapitels finden Sie einen Merkkasten mit den wichtigsten Punkten und konkreten Handlungsschritten. Nutzen Sie diese als Orientierung und Erinnerung. Vielleicht möchten Sie sich auch ein Notizbuch zulegen, in dem Sie Ihre Gedanken, Erkenntnisse und Fortschritte festhalten.

Seien Sie geduldig mit sich. Emotionale Muster, die sich über Jahre oder Jahrzehnte gefestigt haben, ändern sich nicht über Nacht. Es wird Rückschläge geben. Tage, an denen Sie denken: "Es funktioniert nicht, ich bin immer noch genauso dünnhäutig wie vorher." Das ist normal und Teil des Prozesses. Entscheidend ist, dass Sie dranbleiben.

Eine persönliche Einladung

Bevor wir in die wissenschaftlichen Grundlagen eintauchen, möchte ich Ihnen noch etwas Persönliches sagen: Dass Sie dieses Buch in den Händen halten, zeigt bereits Ihre Stärke. Es zeigt, dass Sie bereit sind, sich Ihren Herausforderungen zu stellen. Dass Sie nicht aufgeben, sondern nach Wegen suchen, mit den Anforderungen des Lebens besser umzugehen.

Ihre Sensibilität ist keine Schwäche – sie ist eine Gabe. Die Welt braucht Menschen, die tief fühlen, die mitfühlen, die sich berühren lassen. Die Kunst besteht darin, diese Gabe zu bewahren und gleichzeitig eine innere Stabilität zu entwickeln, die Sie durch stürmische Zeiten trägt.

Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn Sie in einem Jahr auf diese Zeit zurückblicken. Wenn Sie feststellen, dass die Dinge, die Sie heute aus der Bahn werfen, ihre Macht über Sie verloren haben. Wenn Sie spüren, dass Sie innerlich gewachsen sind, stärker geworden sind, ohne härter geworden zu sein. Diese Vision kann Wirklichkeit werden. Die Werkzeuge dazu finden Sie auf den folgenden Seiten.

Lassen Sie uns gemeinsam diese Reise beginnen. Eine Reise zu einem dickeren Fell und einem offenen Herzen. Eine Reise zu der Person, die Sie sein können – resilient, authentisch und innerlich frei.

Kapitel 1: Die Wissenschaft der Resilienz – Was macht Menschen widerstandsfähig?

"In der Mitte der Schwierigkeit liegt die Möglichkeit." – Albert Einstein

Stellen Sie sich zwei Geschwister vor, die in derselben schwierigen Familie aufwachsen. Der Vater ist Alkoholiker, die Mutter überfordert, Geld ist knapp, Zuwendung noch knapper. Dreißig Jahre später: Das eine Geschwisterkind kämpft mit Depressionen und Suchtproblemen, das andere hat eine glückliche Familie gegründet und einen erfüllenden Beruf. Wie kann das sein? Warum zerbrechen manche Menschen an Schicksalsschlägen, während andere daran wachsen?

Diese Frage beschäftigte auch Emmy Werner, als sie 1955 ihre bahnbrechende Studie auf der hawaiianischen Insel Kauai begann. Was sie in den folgenden 40 Jahren entdeckte, revolutionierte unser Verständnis von menschlicher Widerstandskraft.

Die Kauai-Studie: Die Geburtsstunde der Resilienzforschung

Emmy Werner und ihr Team begleiteten 698 Kinder von der Geburt bis ins Erwachsenenalter. Etwa ein Drittel dieser Kinder wuchs unter extrem schwierigen Bedingungen auf: chronische Armut, Geburtskomplikationen, psychisch kranke oder suchtkranke Eltern, Vernachlässigung, Gewalt. Nach damaliger Lehrmeinung waren diese Kinder zum Scheitern verurteilt.

Doch Werner machte eine erstaunliche Entdeckung: Von den 201 Hochrisiko-Kindern entwickelten sich 72 zu kompetenten, selbstbewussten und fürsorglichen Erwachsenen. Sie hatten stabile Beziehungen, waren beruflich erfolgreich und gesellschaftlich engagiert. Viele von ihnen führten sogar ein erfüllteres Leben als Kinder aus behüteten Verhältnissen.

Was war ihr Geheimnis? Werner identifizierte mehrere Schutzfaktoren:

Persönliche Eigenschaften: Diese resilienten Kinder waren von Geburt an aktiver und kontaktfreudiger. Sie hatten eine positive Grundstimmung und konnten andere Menschen für sich gewinnen. Besonders wichtig: Sie entwickelten früh die Fähigkeit, sich Hilfe zu holen, wenn sie diese brauchten.

Eine verlässliche Bezugsperson: Fast alle resilienten Kinder hatten mindestens einen Menschen, der bedingungslos an sie glaubte. Das musste nicht unbedingt ein Elternteil sein – oft waren es Großeltern, Tanten, Lehrer oder Nachbarn. Diese eine stabile Beziehung reichte aus, um den Kindern ein Gefühl von Sicherheit und Wert zu vermitteln.

Sinnstiftende Strukturen: Viele der resilienten Kinder fanden Halt in Vereinen, Kirchengemeinden oder anderen Gruppen. Diese Strukturen gaben ihrem Leben Rhythmus und Bedeutung. Sie erfuhren: Ich bin Teil von etwas Größerem, ich werde gebraucht.

Verantwortung übernehmen: Paradoxerweise half es vielen Kindern, früh Verantwortung zu übernehmen – sei es für jüngere Geschwister oder im Haushalt. Dadurch entwickelten sie Selbstwirksamkeit: das Gefühl, ihr Leben aktiv gestalten zu können.

Das Geheimnis der "unverwundbaren" Kinder

Werner prägte für diese Kinder zunächst den Begriff "invulnerable" – unverwundbar. Doch das war irreführend. Diese Kinder waren nicht unverletzlich. Sie litten unter den schwierigen Umständen, sie weinten, sie hatten Angst. Der Unterschied war: Sie blieben nicht in der Opferrolle stecken.

Ein Junge aus der Studie, nennen wir ihn Keoni, wuchs mit einem gewalttätigen Vater auf. Mit acht Jahren fasste er einen Entschluss: "Ich werde niemals so werden wie er." Dieser Entschluss wurde zu seinem inneren Kompass. Wann immer der Vater tobte, sagte sich Keoni: "Das bin nicht ich. Ich werde anders." Er suchte sich Vorbilder – einen Lehrer, der an ihn glaubte, einen Nachbarn, der ihm zeigte, wie ein liebevoller Vater sein kann.

Jahre später, als erwachsener Mann mit eigener Familie, sagte Keoni: "Mein Vater hat mir gezeigt, wie ich nicht sein will. In gewisser Weise bin ich ihm dankbar dafür." Er hatte aus dem Negativbeispiel eine positive Lehre gezogen – eine klassische Resilienzstrategie, die Psychologen "Bedeutungsgebung" nennen.

Aaron Antonovskys Revolution: Von der Pathogenese zur Salutogenese

Während Werner in Hawaii forschte, machte der israelische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky eine ähnlich bahnbrechende Entdeckung. Er untersuchte Frauen, die den Holocaust überlebt hatten. Zu seiner Überraschung fand er, dass 29 Prozent von ihnen trotz des unvorstellbaren Traumas bei guter psychischer Gesundheit waren.

Das brachte Antonovsky zu einer radikalen Frage: Statt immer nur zu fragen "Was macht Menschen krank?" (Pathogenese), sollten wir fragen: "Was hält Menschen gesund?" (Salutogenese). Seine Antwort: das Kohärenzgefühl – ein tiefes Vertrauen, dass das Leben verstehbar, handhabbar und sinnvoll ist.

Verstehbarkeit: Resiliente Menschen haben das Gefühl, dass die Welt nicht völlig chaotisch ist. Auch wenn schlimme Dinge passieren, folgen sie einer gewissen Logik. Eine Holocaust-Überlebende sagte: "Ich verstand, dass es nicht persönlich gegen mich gerichtet war. Es war ein wahnsinniges System, aber es hatte eine kranke Logik."

Handhabbarkeit: Es ist das Vertrauen, dass man Ressourcen hat oder finden kann, um mit Herausforderungen umzugehen. Das müssen nicht immer eigene Ressourcen sein – auch das Wissen, wo man Hilfe bekommt, zählt dazu. "Ich wusste, ich bin nicht allein", sagte eine andere Überlebende. "Es gab immer Menschen, die halfen, auch in der dunkelsten Zeit."

Sinnhaftigkeit: Das ist die Überzeugung, dass das Leben trotz allem lebenswert ist, dass es sich lohnt, sich anzustrengen. Viktor Frankl, selbst Holocaust- Überlebender und Begründer der Logotherapie, formulierte es so: "Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie."

Neuroplastizität: Die biologische Grundlage der Resilienz