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"Da waren sie wieder, meine drei Probleme: Mitte vierzig, Single und weit und breit kein Kerl in Sicht!" Ist es beängstigend, dass man als Single-Frau ab Mitte vierzig beim Online-Dating überdurchschnittlich - sagen wir - bemerkenswerte Männer kennenlernt? Und eine Menge schräge Storys erlebt? In ihrem Buch „Ein Dutzend Dates“ plaudert die ehemalige Redakteurin der Harald Schmidt Show und Adolf-Grimme-Preisträgerin in amüsanter Weise über ihre Dating-Erfahrungen als "Best Ager"-Single-Frau. Jedem der 12 Dates wird ein Kapitel gewidmet und Corinna Busch nutzt die Gelegenheit, einige Anekdoten, die sie in den letzten 20 Jahren in der Zusammenarbeit mit Prominenten erlebt hat, in unterhaltsamer Weise einzuflechten. Im nachdenklichen letzten Teil des Buches behandelt Corinna Busch mit Hilfe psychologischer Experten einige der Fragen, die sich ihr seit Jahren aufdrängen: Warum sind Dating-Portale heute so erfolgreich? Ist Online-Dating ein Tummelplatz für Narzissten? Können wir offline keinen Partner mehr finden? Wird unsere Gesellschaft immer narzisstischer? Ist die Generation der Kriegsenkel nicht beziehungsfähig? Warum fühlen sich immer mehr Menschen einsam? In Interviews mit Dr. Marie-France Hirigoyen (Paris), Dr. Manfred Nelting (Bonn) und Prof. Dr. Franz Ruppert (München) ergeben sich interessante Erkenntnisse über Veränderungen in unserem sozialen Miteinander. www.corinnabusch.com
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Seitenzahl: 174
Veröffentlichungsjahr: 2019
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In ihrem Buch »Ein Dutzend Dates« plaudert die ehemalige Redakteurin der Harald-Schmidt-Show und Adolf-Grimme-Preisträgerin in amüsanter Weise über die Dating-Erfahrungen als ›Best Ager‹-Single-Frau. Sie berichtet jedoch auch aus ihrem beruflichen Leben.
Jedem der zwölf Dates wird ein Kapitel gewidmet und Corinna Busch nutzt die Gelegenheit, einige Anekdoten aus ihrem Leben und Erfahrungen, die sie in den letzten 20 Jahren in der Zusammenarbeit mit Prominenten gemacht hat, in unterhaltsamer Weise einzuflechten. Da bleibt selten ein Auge trocken.
In ihrem nachdenklichen Resümee im zweiten Teil des Buches behandelt Corinna Busch mit Hilfe von verschiedenen Psychologinnen und Psychologen die Fragen, die sich ihr seit Jahren aufdrängen: Warum sind Dating-Portale heute so erfolgreich? Ist Online-Dating ein Tummelplatz für Narzissten? Können wir offline keinen Partner mehr finden? Wie ist es generell um die mentale Gesundheit der Bevölkerung bestellt? Ist die Generation der Kriegsenkel nicht beziehungsfähig?
In mehreren Gesprächen mit Psychologinnen und Psychologen, unter anderem mit Dr. Marie-France Hirigoyen und Prof. Dr. Franz Ruppert, kamen interessante Erkenntnisse zum Vorschein.
Der Versuch einer Annäherung.
Für Bernd und Johanna – somewhere over the rainbow
Vorwort
Online-Dating oder: Sind Handtaschen die besseren Männer?
Date: Wilder Reiter
Date: BritPop
Date: Fabrice
Date: GourmetFatzke
Date: Don Quijote
Date: Meerjunge007
Date: freshandgentle
Date: Luxussecondhand-007
Date: Sondermodell66
Date: BuddyLove
Date: doublevision
Date: Maxime1K
Resümee: Wie ist es um die mentale Gesundheit unserer Gesellschaft bestellt?
»Das ist meine wahre Geschichte, richtig herum und falsch herum gelogen, weil das Leben häufig so ist.«Olivier Bourdeaut, »Warten auf Bojangles«
Da waren sie wieder, meine drei Probleme:
Mitte 40, Single und weit und breit kein Kerl in Sicht!
Aber wie und wo findet man die hellste Kerze auf der Partnerschaftstorte?
»Versuch doch mal Online-Dating«, meinte meine Freundin Susanne eines Abends. Mir fiel vor Schreck das Champagner-Glas aus der Hand. »Bist du irre«, erwiderte ich, »da sind doch nur schräge Typen unterwegs, das hast du doch selbst vor Jahren erfolglos versucht.«
»Ja«, meinte Susi treuherzig und rollte mit den Augen, »aber bei einer Blondine funktioniert das bestimmt besser. Du musst da strategisch rangehen.«
Ich verstand nicht wirklich, was Susi meinte, und war mir unsicher, ob das am Champagner oder an der geistigen Aufnahmefähigkeit einer Blondine lag. Doch nachdem ich eine kurze Zeit darüber nachgedacht hatte, gefiel mir die Idee immer besser. Ich meldete mich auf verschiedenen Online-Dating-Portalen an. Das Ziel: Zwölf Männer zu daten. Da müsste doch ein brauchbarer Kerzendocht dabei sein.
Der Clou: Ich sondierte die männlichen Herdentiere zunächst anhand ihrer Nicknames und Bilder. Könnte »Braune Socke 67« der Kerl fürs restliche Leben sein? Oder eher »Lust auf mehr«? Oder »Onkel ohne Dach«? Oder doch eher »deine Zahnfee«? Dann ließ ich einen Astrologen vorab auf die Kandidaten schauen und hörte mir seine Einschätzung an.
Warum einen Astrologen? Nun, wenn man wie ich in den letzten 20 Jahren mit vielen prominenten Menschen zusammengearbeitet hat, dann erlebt man eine Menge interessante, bisweilen bizarre Sachen.
Es gibt Menschen, die richten ihre Duschzeiten nach dem Stand der Sterne. Kein Witz. Anfangs stand ich dem Sternen-Gefasel sehr skeptisch gegenüber. Ich habe mich früher nie mit Astrologie beschäftigt und bin mir auch heute der Tatsache bewusst, dass Naturwissenschaftler und Astrologen keinen gemeinsamen Nenner finden. Dennoch bin ich mittlerweile und viele Erfahrungen später davon überzeugt, dass an der Astrologie teilweise doch mehr dran ist, als ich früher angenommen habe.
Schließlich traf ich die finalen zwölf Kandidaten real! Was mir dabei so alles passierte und ob der Traumprinz dabei war, das lesen Sie in diesem Buch.
Humor hilft heilen! Diese Ansicht, geprägt von Dr. Eckart von Hirschhausen, teile ich seit vielen Jahren.
Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, über meine Online-Dating-Erfahrungen, die ich im Laufe von mehr als drei Jahren gesammelt habe, mit dem mir eigenen Humor zu schreiben. Das fiel selbst mir als Frohnatur nicht immer leicht, denn meine Erlebnisse mit den Herren waren häufig nicht zum Lachen. Humor war für mich jedoch schon immer die beste Möglichkeit, die vielen Einschläge, die unser aller Leben mal mehr und mal weniger begleiten, zu verarbeiten.
Je umfangreicher meine Dating-Erfahrungen wurden, desto mehr kam ich mit dem Thema Narzissmus und vor allem männlicher Narzissmus in Berührung. Ich begann, mich intensiv mit den Themen Online-Dating, Narzissmus und mentale Gesundheit zu beschäftigen. Mit großem Interesse las ich intensiv Fachliteratur dazu und tauschte mich mit verschiedenen Psychologinnen und Psychologen zu diesen Themen und generell zum Thema mentale Gesundheit aus.
In meinem Resümee im letzten Teil des Buches berichte ich über meine Gespräche mit den psychologischen Expertinnen und Experten. Dabei möchte niemand recht haben noch belehrend wirken, das Resümee soll lediglich Denkanstöße liefern und zur Reflexion über das eigene Leben ermuntern.
Mit Psychologie beschäftige ich mich, nicht zuletzt aufgrund meiner eigenen Lebensgeschichte und mehreren Coaching-Ausbildungen, seit vielen Jahren. Zudem habe ich drei Jahre lang die Pressearbeit für eine Klinikgruppe in Deutschland betreut, die auf psychische und psychosomatische Erkrankungen spezialisiert ist.
Wir stehen vor sehr großen Herausforderungen in unserer in weiten Teilen traumatisierten Gesellschaft. Psychische Erkrankungen nehmen in einem erheblichen Ausmaß zu. So entstand im Laufe der vergangenen Jahre ein neues Herzensprojekt von mir – zunächst nur als Idee. Bis jetzt. Zu meiner großen Freude ist die Idee nun Wirklichkeit geworden:
Auf der Website www.my-mentalhealth.com werde ich mich – unterstützt durch fachliche Experten und Prominente – für die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen in unserer traumatisierten Gesellschaft einsetzen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, bei Gelegenheit dort vorbeischauen würden.
Und nun wünsche ich Ihnen gute Unterhaltung beim Lesen des Buches und vielleicht die ein oder andere Erkenntnis, gemäß dem Motto: Humor hilft heilen!
Ihre Corinna Busch
Zu Handtaschen haben wir Frauen ja eine ganz besondere Beziehung. Ähnlich wie zu Schuhen. Möglicherweise gibt es keine dauerhaftere emotionale Bindung einer Frau als die zu ihrer Handtasche – abgesehen von Kindern. Gewagte These, aber ich kenne Frauen in meinem Umfeld, die das sofort bestätigen würden.
Wie sagte bereits der Catwalk-Trainer Bruce Darnell vor Jahren:
»Die Handetasche muss läääben!«
Dass es IN der Handtasche einer Frau tatsächlich Leben geben kann, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter vertiefen. Aber ja, ich lebe mit meiner Handtasche. Vielleicht lebt meine Handtasche auch mit mir, wer weiß das schon so genau.
Ich schleppe mindestens meinen halben Hausrat in meiner Handtasche mit mir herum – man möchte als Frau schließlich auch für die unvorhergesehenen Momente des Lebens gerüstet sein: Kosmetik, einen Satz frischer Unterwäsche (Tipp eines ehemaligen Profi-Fußball-Schiedsrichters), Ersatzschuhe, Bücher, Kopfschmerztabletten, Katzenfutter, Stoffmuster (die nächsten Kleider wollen designt werden), 1000 Visitenkarten (von Menschen, an die man sich sowieso nicht mehr erinnert), alte Flugtickets, Restaurantquittungen, Zeitungsfetzen mit Restaurantoder Hoteltipps (im Flieger gelesen), Parfumpröbchen (stinken in der Regel wie die Pest), Lutschbonbonproben aus der Apotheke (für Notfälle, als Essensersatz) und so weiter …
Immer wenn ich meine Handtasche aufräume (einmal im Jahr), sieht sie nach einem Tag exakt so aus wie vorher. Wie macht die das bloß?
Handtaschen vermehren sich im Leben einer Frau auf geradezu unheimliche Art und Weise. Sie kommen zu einem. Leise. Säuselnd.
Man steht in Geschäften vor Regalen und bewundert diese Prachtexemplare. Sie tragen Namen wie »bella donna« oder »principessa« und raunen einem zu: »Komm, du willst es doch auch. Nimm mich! Ich bin ein Schnäppchen! Ich bin der Traum deiner schlaflosen Nächte.«
So ähnlich ging es mir beim Online-Dating auch. Ich saß vor meinem Rechner und die angebotenen beziehungsweise sich anbietenden Männer trugen Namen. Sogenannte Profilnamen. Die Herren gaben sich in der Regel sehr volksnah. Sie nannten sich zum Beispiel »bereit für die Liebe« (wird mit 56 Jahren ja auch mal Zeit), »kein Dach über dem Kopf« (wahrscheinlich hat ihn seine Frau gerade hochkant zu Hause rausgeworfen), »Kabaman« (besucht jeden Sonntag seine Mutti und lobt ihren selbstgebackenen Kuchen) oder »Vokalakrobat« (spricht beim Sex ununterbrochen und liebt lange Schachtelsätze).
Ich war nun seit einiger Zeit Single und glaubte ehrlich gesagt nicht an Online-Dating. Offline lernte ich jedoch auch keine für mich brauchbaren Exemplare kennen.
Was taten Männer früher, wenn sie eine Frau verehrt und/oder geliebt haben? Viele herrliche, verrückte Dinge. Sie warfen zum Beispiel Rosen aus Hubschraubern auf die Geliebte oder verzichteten auf ein Königreich. Oder sie schenkten fußballgroße Diamanten und ließen im Restaurant vorgewärmte Kissen auf den Stuhl der Angebeteten legen.
Was tun Männer heute? Sie schreiben WhatsApp-Nachrichten!
Kennen Sie Mitglieder der Generation WhatsApp? Das sind Menschen, die leben durch/mit elektronischen Medien. Die führen Beziehungen über WhatsApp, Tinder oder sonstige Online-Dienste. Das ist bequem, verhindert echte Nähe und ist – ups, soll vorkommen – auch easy zu multiplizieren.
Ich hatte vor einiger Zeit einen Mann kennengelernt. Es wurde, wie heute üblich, zunächst per WhatsApp hin und her geschrieben. Das erste Treffen fand Wochen später statt. Dabei stellte sich dann heraus, dass der Kandidat nicht, wie zuvor schriftlich beteuert, Single war, sondern nach wie vor mit seiner Frau zusammenlebte. Aber: Emotional sei er ja schon laaaaaange getrennt. Er warte nur auf den richtigen Zeitpunkt, um die Koffer zu packen.
Also, viele Ehefrauen und Lebensgefährtinnen wissen gar nicht, dass sie in Wahrheit Single sind. Seit Jahren!
Ich hatte leider an den Kandidaten ein wenig mein Herz verschenkt und auf einmal fand ich mich in der Whats-App-Falle wieder. Der Mann war wahnsinnig beschäftigt und hatte – Überraschung – nur sehr wenig bis gar keine Zeit für ein Treffen. Aber er schickte fleißig WhatsApp-Nachrichten. Das war so schön einfach.
Als ich gesundheitlich schwer angeschlagen auf der Nase lag – da wurde ich nicht besucht. Es wurden auch keine Blümchen oder Pralinen verschickt. Nein, man tat per WhatsApp seine Besorgnis kund. Und auf einmal verschwand der Kandidat sang- und klanglos aus meinem Leben, so, wie er gekommen war: per WhatsApp! Für ein persönliches Gespräch hatte er keine Zeit.
Sehr traurig, aber wahr: Ich kenne viele solcher Geschichten!
Wie stark müssen die Verkrustungen am männlichen präfrontalen Cortex sein, um sich so zu benehmen? Sich ›offline‹, im realen Leben, um eine Frau zu bemühen und zu werben, scheint leider komplett aus der Mode gekommen zu sein. Wo ist bitte die Ritterlichkeit geblieben?
Ich trommelte deshalb einige meiner Freundinnen (ja, auch Freunde) zusammen und wir beschlossen in einer mehrstündigen, höchst amüsanten konstituierenden Sitzung die Gründung der neuen AG:
»STIRB WhatsApp – Wir Wollen Wieder Kerle Die Uns In-Den Arm Nehmen Und Mit Rosen Besch meissen«.
Hier unsere TOP 5 der To-dos, die ab sofort VOR einem ersten Treffen von männlichen Kandidaten zu erledigen waren:
Vorlage der Scheidungsurkunde, im Original oder
Vorlage der notariell beurkundeten Trennungsvereinbarung bzw. Absichtserklärung.
Vorlage eines Zertifikats über die erfolgreiche Teilnahme an einem Knigge-Kurs zu den Themen Anstand, Umgangsformen und Benehmen.
Nennung von drei Bürgen. Diese werden vorab telefonisch über den Kandidaten interviewt, damit Frau einschätzen kann, mit welchen Ausfallerscheinungen unter Umständen zu rechnen ist.
Eine Tasche voller Geschenke – als Zeichen des guten Willens.
Da es also offline auch nicht gerade rosig mit den Kerlen lief – warum nicht tatsächlich einmal online mein Glück versuchen? Vielleicht hatte ich ja zu Unrecht Vorbehalte gegen die Partnerschaftssuche im Internet.
Nach dem Motto »Viel hilft viel« meldete ich mich in drei verschiedenen Online-Dating-Plattformen an. Ich lud jeweils zwei bis drei Fotos von mir hoch und fabrizierte halbwegs unterhaltsame Profiltexte über mich. Mein persönliches Motto war auf allen Plattformen dasselbe:
»Iss niemals gelben Schnee!«
Dann hieß es abwarten. Als ich nach zwei Tagen in meine Dating-Postfächer schaute, fiel ich vor Schreck vom Stuhl. Insgesamt über 300 Eingänge. Wie zum Teufel sollte ich die alle lesen? Und noch viel schlimmer: Ich konnte mich unmöglich mit allen treffen. Wonach um Himmels willen sollte ich die Herren sortieren?
Erst wollte ich 13 Männer daten, war mir aber hinsichtlich der Zahl nicht sicher. Ich fragte meinen Astrologen Merlin um Rat.
»13 Männer? Mhm, oder vielleicht zwölf? Schreib doch darüber.«
Er kicherte vor sich hin. Ich sah ihn von der Seite an und musste ebenfalls lachen.
»Stehen die Sterne günstig für ein Buch?«
Merlin nickte mit dem Kopf.
»Und schreib ein wenig über dein Leben, du hast ja wirklich mit einigen Prominenten schräge Geschichten erlebt.«
Auch wenn ich wirklich an Astrologie interessiert bin, richte ich mein tägliches Leben nicht danach aus. So weit geht meine astrologische Leidenschaft dann doch nicht. Aber ich bin zum Beispiel fest davon überzeugt, dass bestimmte Sternzeichen besonders gut oder nicht zueinander passen. Ich als Schützin zum Beispiel verstehe mich in der Regel mit Widder- und Löwe-Geborenen sehr gut. Ein flotter Fisch oder Steinbock geht auch. Da mein Mond in der Waage steht, passen Waage-Geborene auch ganz dufte zu mir. Schwierig für mich sind Stiere und Skorpione. Und auch mit der einen oder anderen Jungfrau tue ich mich eher schwer.
»O.k., dann lege ich los. Mit wie vielen soll ich mich denn nun treffen?«
Merlin streichelte seine nicht vorhandenen Kopfhaare und meinte:
»Zwölf ist eine gute Zahl – dadurch wird die Vielfalt der Schöpfung ausgedrückt. An der Zahl zwölf hängt ganz viel dran, das ist eine der magischsten Zahlen überhaupt die Vollkommenheit der Zwölf, zwölf Sternzeichen, zwölf Monate, zwölf Umkreisungen des Mondes um die Erde.«
Genau, warum nicht zwölf Kerle daten? Ein Dutzend Dates. Das war᾽s! Merlin bot an, mir vor meinen zwölf Dates anhand der Profilbilder, Nicknames und Geburtstage der jeweiligen Kandidaten seine astrologische Einschätzung der Herren durchzugeben.
Ich hatte mir bereits drei verschiedene Treff-Kategorien überlegt: Frühstück-/Kaffee-Treff (für schwache Kandidaten), Lunch-Termin (für halbwegs interessante Männer) und Dinner-Date (für heiße Typen).
Ich ging die Nachrichten in einem ersten Durchgang nur nach den Profilbildern und Betreffzeilen durch und selektierte 100 mich optisch halbwegs ansprechende Kandidaten in einen Ordner. Einer schaffte es durch ein in der Betreffzeile mitgeschicktes Xing-Profil in die Vorauswahl. Dann begann ich zu lesen.
Es waren leider viele unglaublich nichtssagende E-Mails dabei. Bei den meisten ging es über ein »Hallo, blonde Frau, schönes Foto, na, wie geht᾽s?« nicht hinaus. Ich fand das ziemlich ernüchternd.
Liebe Männer, habt ihr noch nie etwas über den berühmten »ersten Satz« gehört? Mhm? Bei einem Buch zum Beispiel kann der erste Satz kaufentscheidend sein. Wenn das nicht direkt fluppt, dann wird es schwierig – der geneigte Käufer bzw. die geneigte Käuferin in der Buchhandlung legt das Buch dann oft wieder weg. Aussortiert. Adios.
Ich habe über meinen ersten Satz in diesem Buch monatelang nachgedacht. Und dann, irgendwann, war er da. Ich finde es wichtig, wie man eine Konversation beginnt. Aber was ist ein guter erster Satz? Die Antwort ist erschreckend simpel: Der erste Satz sollte Lust auf den zweiten machen und den dritten.
Beim Online-Dating sollte der erste Satz mein Interesse an einer Person wecken, er sollte mir die Tür zu einem Menschen öffnen, den ich noch nicht kenne, und mich freundlich ins Entree hereinbitten. Ein erster Satz sollte mich zum Beispiel NICHT zum Austausch von Körperflüssigkeiten auffordern.
Hier meine TOP 3 der schlechtesten ersten Sätze, die ich las:
0176 / 12 34 56 xxx
Hi Cora, stehst du auf 3?
(Meinte wahrscheinlich Dreier.)
Regina, hast du WhatsApp?
Wenn das Profilbild also nicht ein absoluter optischer Leckerbissen war, dann drückte ich bei einem nichtssagenden ersten Satz auf die Löschtaste. Irgendwie musste ich ja weiterkommen. Dann antwortete ich den zwölf Finalisten und stellte ihnen eine persönliche Begegnung mit mir in Aussicht. Damit löste ich bei einigen der Kandidaten eine mir fast schon nicht mehr zu erklärende Freude aus. Die Not schien wirklich groß zu sein. Die lange Hin-und-her-Schreiberei begann.
Doch mit welchem der zwölf Herren sollte ich als Date starten? Ich schrieb jeden Nickname einfach auf jeweils einen Zettel, zerknüllte sie und warf alle in die Luft (das könnte man jetzt sicherlich auch psychologisch tiefer analysieren, aber das lasse ich mal lieber). Dann zog ich den ersten aus dem Zettelhaufen.
Auf dem Zettel stand:
Wilder Reiter (52 Jahre, Stier, Aszendent Waage)
Der Mann war mit 1,98 Meter Körpergröße wirklich kaum zu übersehen. Braune, kurz geschorene Haare, etwas längliches Gesicht mit freundlich dreinblickenden braunen Augen. Er hatte insgesamt etwas Massives in seiner Ausstrahlung, was nicht nur an seinem rundlichen Bauch lag, aber er wirkte durchaus sympathisch. Er war Verwaltungsangestellter bei einer öffentlichen Behörde im Finanzwesen.
Mein erster Dating-Kandidat legte vorab schriftlich seine Begeisterung für mich (woher die auch immer stammen mochte) umfassend dar. Hans schrieb sich die Seele aus dem Leib und sah einem Treffen mit mir mit geradezu enthusiastischer Vorfreude entgegen.
Ich musste unerwartet zu einer geschäftlichen Reise ins Ausland aufbrechen und Hans konnte meine Rückkehr kaum erwarten. Dabei hatte er offensichtlich sowohl meinen Blog als auch meine frankophile Ader entdeckt:
Corinna, ich bin ganz ›bouleversée‹ vor Begeisterung. Eine humorvolle, kreative, attraktive Frau (die Reihenfolge ist Absicht und nach Priorität), deren Wortschatz und Gefallen an unserer Sprache so schön ausstrahlt – wo gibt es das denn noch?
Habe gerade bei der Fluggesellschaft angerufen und den Piloten gebeten, auf deinem Rückflug etwas ›Gas zu geben‹. Also wundere dich nicht über die kürzere Flugzeit, und ich bereite deine Abholung vom Flughafen vor.
Sollten wir uns treffen, dann verspreche ich dir, dass mir das Restaurant samt Speisekarte völlig gleich ist. Bedeutsam wäre mir nur, dass du die heißen Schuhe trägst, die dein Füßchen bei deinem Konzert-Foto zieren. Ich wäre sprachlos, könnte auch nicht so viel von mir erzählen, würde dich mit Blicken auffressen und dich essen lassen.
Oder du lässt dich breitschlagen, mich bei einem Ausritt mit meinen Pferden zu begleiten. Ein erstes Treffen in Gummistiefeln, wäre das was? Das wird dann nur mit dem Restaurant schwieriger, weil ich für die Pferde extra Tische reservieren müsste.
Liebe Grüße Hans
Solche Nachrichten schrieb Hans mir jeden Tag. Manchmal schwang eine gewisse unfreiwillige Komik mit, die mich amüsierte.
Danke für deine lieben Erfolgswünsche, die ich gut gebrauchen kann. Die Pferde und die Hunde wühlen mir seit gestern die ganze Koppel um.
Ich habe mich gerade bei einer Online-Vegetariergruppe eingetragen und zum nächsten Essen angemeldet. Das meine ich mit weltoffener Neugier. Wusste gar nicht, dass man Pflanzen essen kann, und bin jetzt ganz gespannt auf eine neue Erfahrung und darauf, wie die Vegetarier einen passionierten Fleischesser in ihrer Mitte aufnehmen und wie weit die Toleranz so reicht ;-)))))
So, jetzt belasse ich es dabei, damit du in Ruhe frühstücken kannst. Ach ja, bitte wandere mir nicht ins Ausland aus, bevor wir uns getroffen haben. Je nach Ausgang des Treffens würde ich das unter Umständen sogar fördern ;-)))
Liebe Grüße Hans
Der letzte Satz dieser Nachricht rief eine kurze Irritation in mir hervor. Wie meinte er das? Wollte er mich für den Fall, dass er mich ätzend findet, ins Ausland verschiffen? Oder wollte er im Fall von spontan aufflammender Liebe mit mir ins Ausland auswandern?
Höchste Zeit, sofort meinen lieben Astrologenfreund Merlin nach meiner Rückkehr zu diesem ›Ich gehe zu Vegetariertreffen, obwohl ich Fleischfresser bin‹-Typen zu befragen.
Merlin lebt in seiner eigenen, astrologischen Welt. Schon rein optisch eine nicht zu übersehende Erscheinung von stattlicher und stolzer Natur. Glatze. Immer mit Hut und sehr ausgefallener Kleidung unterwegs.
Merlin gab die Geburtsdaten von Hans auf seinem Rechner in sein elektronisches, astrologisches Programm ein und starrte anschließend minutenlang auf das errechnete und aufgezeichnete Horoskop. Dabei machte er manchmal leichte Grunzgeräusche und riss die Augen weit auf. Ich habe bis heute nicht raus, was ihm in diesen ersten Minuten, wenn er das Horoskop eines Menschen zum ersten Mal sieht, durch den Kopf geht.
Er wackelte mit seinem ganzen Körper hin und her und strich sich immer wieder über den Schädel. Ob da Informationen des Universums einlaufen? Ich habe keinen Schimmer. Eines habe ich jedoch in den vielen Jahren unserer Freundschaft gelernt: Ich kenne niemanden, der Charaktere und Lebensläufe anhand eines Horoskops und anhand von Bildern so treffsicher beschreiben und analysieren kann. Geradezu unheimlich.
Dann kamen die Durchsagen von Merlin:
»Also, bei dem Sonnenstand … der hat ein Problem. Wie soll ich das sagen, der verkalkuliert sich öfter in seinem Leben. Der Mann ist wirklich ein Unikum, der kommt überall durch. In einem Karl-May-Film wäre das derjenige, der die Schmetterlingsforschung betreibt. Während die Indianer schießen und die Cowboys kämpfen, ist der mit dem Netz unterwegs, um Schmetterlinge zu fangen, und wird auch nicht verwundet. Die Indianer lassen den herumlaufen und auch Winnetou ist sein Freund, denn er sorgt überall für Erheiterung. Aber im Grunde ist er eine Art tragische Figur mit einem eher geringen Selbstbewusstsein.«
Das passte ein wenig zu den vielen auch bei mir für Erheiterung sorgenden Nachrichten, die Hans mir schrieb.
»Er wäre der geborene Psychologie-Professor, weil er sich damit auch selbst gut therapieren könnte. Er hat auch ein starkes Interesse daran, zu begreifen, in welches Mühlenrad des Lebens er hineingeraten ist. Er hat drei Planeten im achten Haus, also in der Tiefenpsychologie – er ist quasi von Amts wegen dazu verdonnert, sich mit seiner Psyche zu beschäftigen.«
Ich erzählte Merlin, dass Hans in einem seiner Schreiben an mich ein früheres Burnout erwähnt hatte. Nach einer, wie er das nannte, »kleinen Maltherapie« sei er aber ohne nennenswerte neue Erkenntnisse wieder zur Tagesordnung übergegangen.
Merlin nickte mit dem Kopf.