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Sie überraschen uns oft unerwartet: Momente, in denen wir Hoffnung und inneren Frieden spüren, selbst in dunklen Zeiten. Diese Paradiesmomente sind unabhängig von äußeren Umständen und entstehen in unserem Inneren. In diesem Buch teilen 25 Frauen ihre persönlichen Erfahrungen mit solchen besonderen Augenblicken. Ihre authentischen und verletzlichen Geschichten zeigen, wie vielfältig das "Paradies" empfunden werden kann. Von wunderschönen bis zu tragischen Erlebnissen reichen die Schilderungen, die eines gemeinsam haben: Sie machen Mut, auch in schwierigen Zeiten zuversichtlich zu bleiben, und erinnern uns daran, dass Hoffnung und Freude oft dort zu finden sind, wo wir sie am wenigsten erwarten - wie ein unerwartetes Geschenk vor unserer Tür.
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Seitenzahl: 265
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Silvia Olina (Hrsg.)
Ein Hauch von Eden
Vom Finden des Kostbaren mitten im Leben
adeo
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Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:
Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002 und 2006 SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten.
Weiter wurden verwendet:
Lutherbibel, revidierter Text 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
Bibeltext der Neuen Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen, Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft. Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.
Copyright © 2025 adeo Verlag in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Berliner Ring 62, 35576 Wetzlar
Erschienen im Juni 2025
ISBN 978-3-86334-888-5
Umschlaggestaltung: Kathrin Steigerwald
Umschlagmotiv: Adobe Stock; good mood
Lektorat: Katharina Töws, www.katharinaslektorat.de
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
www.adeo-verlag.de
PROLOG
1 VOM BLICKKONTAKT MIT DEM SCHÖPFER
Silvia Olina
2 VOM GESCHENK DER SCHUTZHÜLLE
Daniela Waschke
3 VON UNANGEMESSENER RÜCKSICHTNAHME
Suse Nies
4 VON DER KRAFT DER PERSPEKTIVE
Christin Bottesch
5 VOM MIR-SELBST-VERGEBEN-KÖNNEN
Maike Kaul
6 VON EINER UMARMUNG IN KRIEGSZEITEN
Katharina Funk
7 VOM VERLASSEN DER KOMFORTZONE
Kirsty Bond
8 VOM RAUM ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE
Ann-Kristin Berton
9 VON SCHÖNHEIT IN TRÜMMERN
Janet Müller
10 VOM VERÄNDERTEN KÖRPERGEFÜHL
Anna Liebler
11 VOM FINDEN DER STILLE IN MIR
Birgit Siefert
12 VOM ENTDECKEN BESONDERER SCHUTZRÄUME
Ira Schneider
13 VON DER RÜCKKEHR ZU MENTALER GESUNDHEIT
Tara Gorter
14 VOM KLANG UNSERES INNERSTEN
Julia Buch
15 VOM REFLEKTIEREN UND WEITERTRÄUMEN
Sarah Koch
16 VOM GESCHENK, DAS DIE TRAUER MIR MACHTE
Carly Cronin
17 VON PANIKATTACKEN UND GLÜCKSELIGKEIT
Evelyn Szymanski
18 VOM INTENTIONALEN LEBEN
Tamara Dinger
19 VON DER UNERLÄSSLICHEN PAUSE
Lin Dahlbach
20 VOM SCHÖPFEN UND NICHT LEERLAUFEN
Elsbeth Koch
21 VOM EINSSEIN IN ZWEISAMKEIT
Nelli Bangert
22 VOM JÄTEN VON HERZENSUNKRAUT
Kerstin Haack
23 VOM FINDEN MEINER ZUGEHÖRIGKEIT
Karissa Delamont
24 VON DER ZWEITEN CHANCE
Jenna Spencer
25 VOM LEBEN IM HIER UND JETZT
Carolin Muschalik
EPILOG
ÜBER DIE HERAUSGEBERIN
DANKE
ANMERKUNGEN
… wenn wir unseren Wert erkennen und in unsere Tiefe blicken lassen.
… wenn wir aufhören, ausschließlich aus uns selbst heraus Luft zu holen.
… wenn wir uns trauen, unser Gegenüber zu berühren.
… wenn wir das Leben vom Ende her leben.
… wenn wir Wiederherstellung erleben.
… wenn Erinnerungen Dankbarkeit auslösen.
… wenn wir über uns hinauswachsen.
… wenn die Ewigkeit die Endlichkeit berührt.
… wenn Anteilnahme alles verändert.
… wenn wir das Potenzial unseres Körpers lieben lernen.
… wenn unsere Seele die ersehnte Erlaubnis bekommt, alles spüren zu dürfen.
… wenn unsere eigene Geschichte ein Türöffner für andere Menschen ist.
… wenn bestimmte Orte besondere Spuren in unserem Leben hinterlassen.
… wenn wir uns frei fühlen zu improvisieren.
… wenn wir auch mit uns allein genug sind.
… wenn wir den Wert der Gemeinschaft schätzen und leben.
… wenn in Dunkelheit Licht einbricht.
… wenn wir erkennen, wie powervoll wir leben dürfen.
… wenn wir anhalten und durchatmen.
… wenn eine heilige Quelle dem Burn-out das Feuer nimmt.
… wenn Partnerschaft und Intimität uns beflügeln.
… wenn wir anfangen, Verantwortung für unsere Herzenshaltung zu übernehmen.
… wenn wir wissen, wohin wir gehören.
… wenn wir Liebe zur obersten Priorität machen.
… wenn wir unverfälschtes Sein erleben.
Ich widme dieses Buch meiner Freundin Ingrid, die schon im wahren Eden angekommen ist.1982–2017
Manchmal stolpern wir darüber wie über ein Päckchen, das jemand vor unsere Tür gelegt hat. Manchmal erreicht er uns in den dunkelsten Stunden, wenn wir ihn nie vermutet hätten. Manchmal vermuten wir ihn an einem bestimmten Ort, strecken uns sehnsüchtig nach ihm aus, und dann begegnet er uns doch ganz anders als erwartet. Ein Hauch von Eden.
Was genau können wir darunter verstehen? Augenblicke voller Glück und Zufriedenheit irgendwo unter Palmen? Unberührte Natur, perfekte Umstände, Harmonie und lachende Gesichter? Im Idealfall noch mit einer tadellosen Bikinifigur?
Als ich siebzehn war, hatte ich eine bewegende und entscheidende Zeit in meinem Leben. Im Sommer hatte mich mein Weg auf die Hawaiianischen Inseln geführt, und da stand ich nun – inmitten von dichtem grünem Regenwald vor einem gigantischen Wasserfall. Ein unbeschreiblicher Ort. Ich hatte meinen Hauch von Eden gefunden. Aber das, was dort an diesem Wasserfall geschah, war so viel mehr als ein schöner Moment in einem traumhaften Setting. Ich entdeckte ein für mich viel bedeutsameres Eden – keinen physischen Ort, sondern einen Ort in meinem Inneren. Eine Begegnung fand statt, die mein Leben nachhaltig prägen würde.
In diesem Buch lasse ich viele Frauen zu Wort kommen, die davon erzählen, wie sie ihren ganz persönlichen Hauch von Eden erlebt haben. Es sind wunderschöne, tiefgreifende und teils auch tragische Geschichten von sehr unterschiedlichen Frauen, und ich bin sehr stolz und dankbar, dass sie sich so verletzlich und authentisch zeigen und ihre Erlebnisse mit uns teilen. Jeder Beitrag hat seine eigene Nuance, seinen Schwerpunkt. Und die Vielfalt darin macht diese Sammlung zu etwas ganz Besonderem.
Unsere Welt hat schon lange nicht mehr viel mit dem Garten Eden gemeinsam. Manchmal kann ich es nicht ertragen, mich der Flut all der erdrückenden Nachrichten auszusetzen, die uns allein an einem einzigen Tag erreichen. Wie in Schockstarre blickte ich im Sommer 2023 auf den Bildschirm und sah Hawaii brennen! Mein Hawaii, der Ort, der mir so viel bedeutete. Die Nachrichten und Videos auf YouTube und Social Media überschlugen sich – katastrophale Waldbrände suchten die idyllischen Inseln im Pazifik heim und hinterließen Verwüstung, Asche und Tod. Wie zerbrechlich doch unsere Welt ist, wie verwundbar! Wie zerbrechlich unser Leben ist, wie verwundbar unser Körper, unsere Seele und unser Geist.
Und doch gibt es immer wieder – und gerade auch in schweren Phasen im Leben – diese Momente, in denen wir spüren, dass wir Hoffnung haben dürfen, wenn wir an etwas Größeres als uns selbst glauben. Wenn uns innerer Frieden und Glück geschenkt wird. Übernatürlich und unabhängig von äußeren Umständen.
Meine Freundin Ingrid, die viel zu früh aus dieser Welt gegangen ist und einen Ehemann und zwei kleine Kinder hinterlassen hat, hat kurz vor ihrem Tod diesen übernatürlichen Frieden gespürt. Ich denke immer wieder daran, dass Vorfreude in ihren Augen lag, weil sie daran geglaubt hat, dass es ewiges Leben gibt. Als sie an der Brücke zu Eden stand, konnte sie bereits sehen, was auf der anderen Seite auf sie wartete.
In unserem Leben auf dieser Welt ist unser Blick oft sehr begrenzt, vernebelt, abgelenkt. Es lohnt sich hinzuschauen und Verbundenheit, Schönheit, Sinn und Hoffnung in so vielen bedeutsamen Momenten zu erkennen und wertzuschätzen. Das sind die Momente, die wir Beitragenden mit den Menschen, die dieses Buch in die Hand nehmen, teilen möchten. Unser persönlicher Hauch von Eden auf Reisen, zu Hause, in unseren Familien, in Freundschaften, in Kunst, Musik und Kultur, im Beruf, im sozialen Engagement und im Glauben.
Silvia Olina
Sommer 2002, Die Insel Maui, Hawaii
Entlang des über hundert Meter hohen Wasserfalls schweifte mein Blick langsam bis zum Himmel. Die Lavasteilwand hier am Ende des Tals war beeindruckend. Rauschend stürzte das Wasser in freiem Fall vor mir herunter, und im selben Moment spürte ich, wie plötzlich der Blick des Schöpfers auf mich herunterfiel. Direkt und unmittelbar aus dem Himmel traf sein Blick mich und ruhte auf mir – so wie der Sprühregen des Wasserfalls mich benetzte und sich kühl und wohltuend auf meiner Haut absetzte. Da war er, ein Hauch von Eden! Und der bis dahin eindrucksvollste Glücksmoment meines Lebens.
Ich atmete tief ein und langsam wieder aus. Nach der anstrengenden Wanderung hier hinauf brauchte mein Puls einen Moment, um sich wieder zu beruhigen. Gleichzeitig schlug ein anderer Puls in mir lauter und schneller denn je. Was machte die Atmosphäre unter diesem Wasserfall so besonders? Warum hatte ich das Gefühl, dass ein Blick von oben mich traf, während ich gegen die Sonne die Steilwand hinauf blinzelte? Es war fast magisch, ein stiller, ewiger Moment in der Gegenwart. Der Schöpfer des Himmels und der Erde war hier, und ich konnte seine Anwesenheit genauso deutlich spüren wie den Felsen unter meinen Füßen, auf dem ich barfuß stand. Eine Stimme ertönte in meinem aufgewühlten siebzehnjährigen Inneren: „Sieh mich an! Du bist von mir geschaffen, und ich freue mich an dir. Ich sehe dich. Mein Blick ruht voller Liebe auf dir.“
Ich war nie glücklicher als in diesem Moment.
Damals legte sich etwas in meine Seele und meinen Geist, das bis auf den heutigen Tag nicht gewichen ist. Es ist nie verschwunden. Manchmal war es verschüttet, manchmal musste ich diese Erinnerung ausgraben, aber immer wieder kam die Wucht der Bedeutung zurück: Der Blick des Schöpfers ruht auf mir. Er lädt mich ein, ihn anzuschauen. Er hat große Freude an mir.
Im Sommer 2002, als ich für ein Volunteer-Programm das erste Mal nach Hawaii reiste, wusste ich noch nicht, wer ich war und wohin ich gehörte. Mit dem Wunsch, rauszukommen und in eine andere Welt abtauchen zu können, war ich von Deutschland aus allein zu der 30-stündigen Reise aufgebrochen, um einige Wochen auf den Inseln zu verbringen, die auf unserem Erdball am weitesten entfernt von jeder Art von Festland liegen. Hawaii ist ohne Zweifel ein ganz besonderer Ort!
Auf der Insel Maui hatte ich mich mit zwei Freunden an diesem Morgen zu einer Wanderung entlang des Pipiwai Streams oberhalb der Seven Sacred Pools aufgemacht. Wir nahmen nichts mit: keine Schuhe, keine Kamera, keine Wertsachen. Es würde nur die Natur und uns geben. Obwohl ich keine Fotos oder Videos von diesem Tag habe, wurden die Erlebnisse zu den Momenten, die sich bis heute glasklar in meiner Erinnerung abzeichnen. Für immer eingefangen mit dem Herzen und mit allen Sinnen. Die Wanderung im Regenwald führte uns entlang der vielen natürlich entstandenen Pools vorbei an uralten Banyan-Bäumen (Feigenbäumen) und Bambuswäldern bis hinauf in den hinteren Teil des Tals. Das exotische Singen der Vögel erfüllte die Luft. Barfuß stiegen wir höher und höher, bis uns schließlich die beeindruckende Felswand aus Lavagestein erwartete, und der gigantische Waimoku-Wasserfall sich in all seiner Schönheit vor uns auftat.
Meine Freunde waren schon ein Stück weitergelaufen, und für einen Moment blendete mein Bewusstsein alles aus. Als wäre niemand anders auf der gesamten Insel, als gäbe es kein einziges Geräusch um mich herum, wie herausgezoomt sah ich mich selbst aus der Vogelperspektive im dichten Grün vor dem Wasserfall. Auf dieser Insel mitten im Pazifik war ich in diesem Augenblick allein mit meinem Schöpfer. Gottes Blick traf meinen Blick, und keine Kamera hätte einfangen können, was diesen Moment ausmachte. Dass ich keine Schuhe trug, schien den Augenblick noch ein bisschen mehr in etwas Heiliges zu verwandeln.
Wann immer ich mich an diesen Morgen zurückerinnere, weiß ich: Mein Glück finde ich im wahren Eden, und dieses Eden ist nicht die Insel im Pazifik. Doch die Insel ist im besonderen Maße dazu fähig, mich dem Hauch von Eden wieder näherzubringen. In den letzten beiden Jahrzehnten bin ich immer wieder nach Hawaii zurückgekehrt und nehme mittlerweile auch ganze Gruppen von Frauen auf Auszeitreisen dorthin mit. Hawaii ist und bleibt mein place to be. Ich finde dort auf besondere Weise in meinen inneren Garten Eden. Den Ort, an dem der Blickkontakt zwischen Gott und mir pures Glück darstellt. Bis heute ist es so, dass ich den Blickkontakt immer wieder spüre – in ganz unterschiedlichen Momenten, an ganz unterschiedlichen Orten, unterwegs und zu Hause, mit anderen Menschen und allein. Dann weiß ich, wer ich bin und warum ich bin.
Zurück zu unserer Wanderung: Unser Plan für den Rückweg war abenteuerlich und auch der Grund, warum wir nichts mitgenommen hatten als das, was wir an unserem Körper trugen. Wir würden zurück zur Küste schwimmen! Einen Wasserfall nach dem anderen sprangen wir im Pipiwai Stream hinunter, schwammen immer weiter Richtung Ozean und ließen uns zwischendurch auch einfach mal von der Strömung treiben. Das war mein persönlicher Hauch von Eden!
Winter 2023, vor der Nordküste der Insel O’ahu, Hawaii
Über zwanzig Jahre waren seit meinem ersten Aufenthalt in Hawaii vergangen. An diesem Februarmorgen war ich mit einer Gruppe deutscher Frauen auf O’ahu unterwegs. Ein Traum war in Erfüllung gegangen, und wir waren mitten in unserem siebentägigen Retreat-Programm, das ich speziell für diese Reise konzipiert hatte. Nie hätte ich mir als Siebzehnjährige träumen lassen, dass ich dies mit siebenunddreißig Jahren einmal mit einigen meiner besten Freundinnen und Familienangehörigen tun würde. Und doch wusste ich damals schon, dass ich für immer mit diesem Ort in Verbindung bleiben würde.
Im kleinen Hafen des Surferstädchens Hale’iwa bestiegen wir gegen neun Uhr morgens das Boot von One Ocean Diving. Auf der Agenda für heute: Schnorcheln und Freediving mit Haien. Seit Ewigkeiten stand dies auf meiner persönlichen Bucketlist, und ich hätte nicht stolzer auf meine Mädels sein können, die sich bereiterklärt hatten, dieses verrückte Abenteuer mit mir gemeinsam zu erleben. Positive Nervosität machte sich unter uns breit, und eine enorme Spannung lag in der Luft, als das Boot auf offenem Meer volle Fahrt aufnahm und über die Wellen preschte. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich nicht daran gedacht hatte, eine Reisetablette gegen meine so oft einsetzende Übelkeit auf Booten einzunehmen. Das würde ich bitter bereuen.
Mit viel Kompetenz erklärte uns das Research Team von One Ocean Diving alles, was wir wissen mussten, um uns mit ihnen ins Wasser zu trauen – und uns dabei sicher zu fühlen. Haie sind faszinierende Tiere und sehr wichtig für unser Ökosystem. Sie haben ein weitaus schlechteres Image, als sie verdienen. Dennoch sind es Raubtiere, und wir würden uns ohne Käfig mit ihnen in ihrem Territorium befinden. Seit über fünfzehn Jahren fährt das Team täglich hier heraus und kennt sich wohl wie niemand anderes weltweit mit Haien aus.
Als das Boot weit draußen zum Halten kam und ein perfekter Regenbogen über dem Horizont erschien, schossen wir ein paar letzte Gruppenfotos und zogen schließlich unsere Flossen und Schnorchelmasken an. Show Time!
Auch wenn ich schon öfter in Küstennähe schnorcheln war und es sehr liebe, war ich nicht vorbereitet auf das, was mich in den nächsten Momenten erwartete. Hier, weit draußen im offenen Pazifik im Wasser zu sein, hatte einen Zauber inne, den ich mit Worten kaum beschreiben kann, aber ich will es gerne versuchen.
Wir hatten die Anweisung bekommen, uns aufmerksam und konstant nach allen Seiten umzusehen, sobald wir im Wasser waren. Haie und viele andere Meeresbewohner konnten sich uns jederzeit von allen Seiten nähern, und es war unumgänglich, mit den Raubtieren Blickkontakt zu halten, um ihnen Dominanz zu signalisieren.
Sobald ich mit meiner Schnorchelmaske unter der Wasseroberfläche war, wurde ich aber tatsächlich von etwas anderem völlig in den Bann gezogen. Die Morgenstrahlen der Sonne bahnten sich in solch einer Intensität einen Weg in die Tiefe des Ozeans, dass die endlose blaue Weite um mich und unter mir in einer Magie erstrahlte, die ich nie wieder vergessen werde. Der Pazifik tat sich unter mir auf und leuchtete wie eine gigantische blaue, von himmlischem Licht durchstrahlte Kathedrale. Als wären da große Tore, die in ein Allerheiligstes einluden. Die Sonnenstrahlen reflektierten in einem blauen Glanz, der mich in meinem tiefsten Inneren berührte. Was war das nur für eine Welt hier unten?
Obwohl ich nicht genug von diesem Anblick bekommen konnte, hob mein Kopf sich über die Wasseroberfläche – wie um zu prüfen, ob das hier alles nur ein Traum war. Nein, es war Realität. Und doch kam es mir vor, als würde der Regenbogen am Horizont meine Feststellung belächeln. Er schien so echt und „normal“, im Gegensatz zu dem, was ich eben erlebt hatte.
Entgegengesetzt zu all dieser Schönheit meldete sich mein Magen, und spätestens das holte mich in die Realität zurück. Wie konnte mir Übelkeit gerade jetzt einen Strich durch die Rechnung machen? Ich trotzte ihr tapfer und war sicher, ich könnte sie in Schach halten. Doch der Wellengang war stark, und ich spürte, wie mein Gleichgewichtssinn langsam außer Gefecht gesetzt wurde.
Das Motorengeräusch des Bootes hatte bei unserer Ankunft viele Galapagos- und Sandbar-Haie angelockt. Fünfzehn, zwanzig und mehr Haie schwammen mit einer atemberaubenden Eleganz und mit fließenden Bewegungen direkt unter uns. Wir überwanden unsere Angst (und ich meine Übelkeit dazu) und tauchten immer wieder mit großen Zügen mehrere Meter unter die Wasseroberfläche, um den so eindrucksvollen Tieren näher zu sein. Es war einfach unbeschreiblich! Die Haie strahlten solch eine Stärke und gleichzeitig einen besonderen Frieden aus.
Und doch faszinierten mich noch mehr das Licht und die greifbar scheinenden Sonnenstrahlen in dieser endlosen blauen Weite. Ich konnte nicht erklären, warum dieses Bild mir in der besten Art und Weise so zusetzte, und schaffte es nicht, meinen Blick abzuwenden. Die Gegenwart Gottes war für mich so deutlich spürbar wie selten zuvor. „Was bist du für ein Gott, der sein Licht so wunderschön in diese Tiefe scheinen lässt?“, fragte ich.
Und dann wusste ich, warum mich dieser Anblick so sehr berührte. Ich hörte plötzlich Gottes Stimme, die in meinem Inneren zu mir sprach: „Lass mein Licht und meinen Blick in die Tiefe deines Herzens scheinen.“ Puh! Ich versuchte ruhig durch meine Schnorchelmaske zu atmen. Mein Puls raste und ruhte gleichzeitig. Sein Licht. Sein Blick. In meine Tiefe? Wieder dieser Blickkontakt mit meinem Schöpfer. Wieder ein Hauch von Eden.
Der jedoch brutal durch ein mehr als flaues Gefühl in meinem Magen unterbrochen wurde. Die Übelkeit hatte einen Grad erreicht, der mich dazu zwang, an Bord des Bootes zu gehen. Alles drehte sich, und ich verzichte hier darauf, die folgenden Momente zu schildern. Sagen wir es so: Am Heck des Bootes gab es einen Eimer, der für solche Vorfälle vorgesehen war. Als ich ihn wieder abstellte, war er gefüllt. Hatte ich mich ernsthaft so kurz nach einem der schönsten Momente in meinem Leben übergeben? Ich musste über mich selbst lachen und hätte gleichzeitig auch fast geweint. Unentschlossen, ob meine aufkommenden Tränen dem Lachen oder Weinen zuzuordnen waren, machte ich mich bereit, wieder ins Wasser zu gehen. Um nichts in der Welt würde mich meine Übelkeit daran hindern, die Herrlichkeit dieses besonderen Morgens zu verpassen.
Also tauchte ich wieder in die blaue Kathedrale ein. In den Hauch von Eden mit dem Schöpfer und seiner Frage, ob ich sein Licht, seinen Blick in die Tiefe meines Seins zulassen wollte. Seinen Blick auf die anmutigen, würdevollen Momente und gleichermaßen seinen Blick auf all die Kotzkübel-Momente meines Lebens. War dieser Morgen zwischen Kathedrale und Kotzkübel nicht ironischerweise ein perfektes Abbild dafür?
In den letzten zwanzig Jahren war so viel passiert. Das Leben eben. Seichter und rauer Wellengang, Höhen und Tiefen. Teils auch sehr tiefe Tiefen. So viele prägnante Momente tauchten vor meinem geistigen Auge auf. Glückliche und schwere Momente, Menschen, Situationen, Erinnerungen, Emotionen. Phasen und Tage und Augenblicke. So viel hatte ich empfangen und unverdient geschenkt bekommen. Und immer wieder hatte ich auch loslassen müssen. Leben und Sterben. Geburten und Abschiede. Feste und Trauerphasen.
Und hier sprach Gott seine Einladung: „Lass meinen Blick in deine Tiefe dringen.“ Sollte ich alles schonungslos vor ihm ausbreiten? Nichts aus meiner Seele vor ihm zurückhalten? Ihn in alle Bereiche meines Lebens einladen?
Wenn sein Blick nur annähernd so berührend, kraftvoll und heilsam war wie die Lichtstrahlen, die den Ozean an diesem Morgen in eine Art von Himmel verwandelten, dann wollte ich diesen Blick auf meinem Leben!
Für immer werde ich den Blickkontakt mit meinem Schöpfer, meinem himmlischen Vater suchen. Und ich weiß, er sucht ihn auch mit mir. Er findet mich meist eher als ich ihn. Und von ihm gefunden, gesehen und gekannt zu werden – das ist mein Hauch von Eden.
Es gäbe so viel mehr von diesem Morgen vor der Nordküste von O’ahu zu erzählen. Einige meiner engsten Freundinnen an Bord zu haben, während all dies geschah, war mehr als wundervoll. Dani, deren Beitrag auf den folgenden Seiten zu lesen ist, war noch im Wasser, als unweit von unserem Boot plötzlich zwei Buckelwale auftauchten. Ein perfekter Regenbogen, Haie und nun auch noch Wale. Es war, als hörte ich Gott herzhaft lachen und uns zurufen: „Wenn schon, denn schon, Mädels! Meine Herrlichkeit ist größer als alles, was ihr euch vorstellen könnt. Und ich habe so viel Freude daran, sie mit euch zu teilen.“
Als die Walflossen majestätisch aus dem Wasser auftauchten und die riesigen Säugetiere sich verabschiedeten, um zurück in die Tiefe zu gleiten, waren der Jubel und das Kreischen in unserer Gruppe weithin zu hören. Den Kotzkübel hatte ich vor lauter Begeisterung über die Haie und Wale schon längst vergessen.
Und nur falls es jemanden interessieren sollte: Als ich mich im folgenden Jahr mit einer weiteren Gruppe Frauen auf dem gleichen Boot befand, um wieder zum Freediving mit den Haien hinauszufahren, hatte ich eine Tablette gegen die Übelkeit intus. Schließlich will man mit fast vierzig Jahren dazugelernt haben. Und trotzdem würde ich nie den Morgen mit dem Kotzkübel und der Kathedrale missen wollen. Er bleibt als kostbarste Erinnerung für immer in der Tiefe meines Herzens.
Daniela Waschke
Wir sitzen als Familie im Auto und befinden uns auf dem Rückweg eines wunderschönen Kurzurlaubs mit engen Freunden. Als fünfköpfige Familie sind wir gerne und viel unterwegs. Wir lieben es, bei gemeinsamen Autofahrten die Welt um uns herum zu entdecken. Das ein oder andere Mal dabei im Stau zu stehen, gehört dazu.
Alles gut soweit an diesem Nachmittag, bis mein Mann – der beste und sicherste Autofahrer überhaupt – eine Ausfahrt verpasst. Nun müssen wir laut Navi einen größeren Umweg in Kauf nehmen. Eigentlich bedeutet das nur, dass wir etwas mehr Zeit und Mautgebühren investieren müssen, doch mich kostet es in diesem Moment die Nerven. Ich beginne zu meckern und mich zu beschweren. Auf die Frage einer unserer Jungs, wie lange die Heimfahrt nun noch dauern wird, antwortet mein zu Recht genervter Mann mit einem scharfen „Jetzt nicht!“
Die Jungs ziehen mit verständnislosen und erschrockenen Blicken die Kopfhörer über ihre Ohren und widmen sich einer weniger störanfälligen Beschäftigung.
Ich grummele, ärgere mich über mich selbst und frage mich, wie es – mal wieder – zu so einer Kurzschlussreaktion meinerseits kommen konnte. Mir wird – mal wieder – meine Fehlerhaftigkeit bewusst, und erst nach einigen Minuten kann ich die Situation annehmen und mich bei meinem Mann entschuldigen. Er kennt mich, liebt mich offensichtlich auch mit meinen „Aussetzern“ und nimmt schnell meine Entschuldigung an.
Wie auch in anderen Situationen frage ich mich, was meine „Aussetzer“ mit meinen Kindern machen. Wie es das Miteinander stört, wenn ich meinen plötzlichen Emotionen nachgebe und mich ganz offensichtlich nicht fair verhalte – genau das aber wiederum oft von meinen Kindern einfordere. Ich muss mir eingestehen, dass ich nicht immer ein gutes Vorbild bin. Sollen meine Kinder in einer Familienatmosphäre großwerden, in der sie für Kleinigkeiten angeklagt werden, in der die Stimmung von einem auf den anderen Moment auf den Nullpunkt sinkt und sie keine Fragen stellen dürfen?
Das ist natürlich überspitzt aus der eben beschriebenen Situation abgeleitet, und mir ist auch klar, dass die Antwort nicht sein kann, dass ich ein heiligeres Leben führen oder immer meine Gefühle im Griff haben muss. Wir sind alle Menschen mit Ecken und Kanten, Fehlverhalten gehört zum Leben dazu. Genau das möchte ich ja auch meinen Kindern beibringen und in meinem Umfeld eine Atmosphäre prägen, die Fehler zulässt und vergibt. Ich denke nach solch Vorkommnissen mal wieder über „mein“ Thema nach. Es ist das große Anliegen meines Herzens, in meiner Familie, in meinen Freundschaften, meinem beruflichen Umfeld und jedem anderen Kontext eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich mein Gegenüber wertgeschätzt und sicher fühlt. Und obwohl es ein echtes Herzensanliegen ist und ich einen großen Fokus darauf lege, gelingt es immer wieder nicht. Schnell gerate ich in eine Spirale aus Frustration und Selbstanklage, und mir wird bewusst, dass meine eigene Fehlerhaftigkeit und die eines jeden Menschen einfach auch Beziehungen leiden lässt. Sich zu entschuldigen, miteinander Dinge zu klären, sich aufrichtig vergeben zu können, ist so unendlich wertvoll.
Aber manchmal gelingt genau das nicht. In meinem engen Freundeskreis wurde mir die letzten Monate so schmerzlich deutlich, dass wir Menschen durch unsere Fehlerhaftigkeit und aus unseren eigenen tiefen Verletzungen heraus manchmal andere wiederum so sehr verletzen, dass Beziehungen (zumindest nach menschlichem Ermessen) einen irreparablen Schaden erleiden können.
Was dann? Es ist zweifelsohne ein guter Herzenswunsch, die Menschen um mich herum bedingungslos anzunehmen und wertzuschätzen und die Atmosphäre zu Hause oder im Job positiv zu prägen. Oftmals lasse ich dieses Ziel aufsteigen wie einen großen bunten Ballon. Doch dann passiert das Leben – und der Ballon platzt. Da platzen Dinge aus mir heraus, die meine guten Vorsätze in nichts auflösen. Steht und fällt wirklich alles mit meiner Fähigkeit, Ziele in die Tat umzusetzen?
Vor kurzer Zeit hatte ich das Privileg, bei einer Reise das Parasailing auszuprobieren. Ich liebe Action und abenteuerliche Outdoor-Aktivitäten. Also war ich selbstverständlich begeistert dabei, als ich mit mehreren Freundinnen ein Boot mit einer Plattform am Heck charterte, von der aus wir mit einem riesigen Fallschirm in die Luft starten konnten. Der große bunte Schirm war über eine Seilwinde am Boot befestigt, doch es fühlte sich tatsächlich wie Fliegen an, als wir zu dritt in 75 Meter Höhe über dem Pazifik hingen. Ein absolut atemberaubendes Gefühl!
Trotz des großen Adrenalinkicks fand ich mich am Schirm hängend in absoluter Ruhe wieder. Es war wie ein Vakuum dort oben. Stille, gefühlt keine Bewegung, eine gigantische Atmosphäre, die mich umgab. Ich bekam plötzlich einen anderen Blick auf die Dinge. Der Horizont erschien gewölbt: weit weg und doch greifbar nahe. Während wir flogen, wanderten meine Gedanken zu dem Vers in der Schöpfungsgeschichte, in dem beschrieben wird, wie Gott die Himmelsgewölbe geschaffen hat, das auch als die Erdatmosphäre gedeutet werden kann. In diesem Schöpfungsakt trennte Gott das Wasser unten vom Wasser oben und schuf dazwischen eine Schutzhülle. Er, der Schöpfer, war somit der Erfinder der „Atmosphäre“. Nur in der Schutzhülle der Erdatmosphäre können wir als Geschöpfe auf diesem Planeten atmen, aufblühen und leben. Unwillkürlich erinnerte mich diese Erkenntnis an mein Herzensthema, in meinem Umfeld eine sichere Atmosphäre schaffen zu wollen. Und nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Nicht ich muss eine Schutzhülle kreieren, sondern Gott hat über mich und meine Welt seine Schutzhülle und seine Atmosphäre gelegt. Das verändert einfach alles!
Ein Hauch von Eden entsteht für mich dann, wenn mir bewusst wird: Auch wenn ich den Ballon platzen lasse, existiert da ein großer, liebevoller und mächtiger Gott, der seine Schutzhülle um mich spannt und alles auffängt, was ich nicht hinbekomme. Ja, ich habe Verantwortung. Aber das letzte sichere Netz ist mein Schöpfer, der jede Situation kennt und abfängt, und in den hinein ich selbst mich auch fallen lassen kann. Ob die Ballons in meinem Alltag nun würdevoll aufsteigen oder kläglich platzen – sein sicherer Schirm ist da.
In meinem Beruf als Frauenärztin wird mir jeden Tag vor Augen geführt, wie wichtig die richtige Atmosphäre ist. Zu mir kommen Frauen, die sich fragen, ob ihr Körper bereit für eine Schwangerschaft ist, oder auch Frauen, die bereits einen kleinen Menschen in sich tragen. Es ist einzigartig, wie alles aufeinander abgestimmt ist, dass neues Leben entstehen, wachsen und geboren werden kann. Gott hat in seiner Schöpferkreativität eine perfekte Schutzhülle geschaffen, damit Babys mit allem versorgt sind, was sie zum Wachsen brauchen: eine feine Abstimmung zwischen Hormonen, Blutdruck, Blutzusammensetzung, Nährstoffen und vielem anderen.
Einfach ist es für mich als Ärztin, wenn ich der werdenden Mutter bestätigen kann, dass alles genau so ist, wie es sein soll, und ich mich einfach mitfreuen kann. Manchmal ist die Atmosphäre gestört, denn Realität ist auch, dass Frauen nicht schwanger werden, nicht schwanger bleiben oder kein gesundes Baby in die Arme schließen können. Da bin ich gefragt, meinen Patientinnen einfühlsam in Traurigkeit, Enttäuschung und Unverständnis zu begegnen. Ich möchte auch in meinem Beruf als Ärztin für die Frauen, die zu mir in die Praxis kommen, eine sichere Atmosphäre schaffen.
In der Medizin gibt es Leitlinien und Erfahrungswerte, an die ich mich halten muss. Beachte ich all diese Dinge, so habe ich den bestmöglichen Outcome. In meinem privaten Umfeld allerdings gibt es keine Leitlinien für die beste Atmosphäre in der Familie oder im Bekannten- und Freundeskreis.
Was brauchen meine drei Jungs, um gut und sicher aufwachsen zu können? Da prallen unterschiedliche Charaktere, Vorstellungen und aktuelle Gemütsverfassungen aufeinander. Klar, ich wünsche mir, dass meine Kinder bedingungslose Liebe und bedingungsloses Angenommensein erfahren. Freundlichkeit, gegenseitige Unterstützung, Raum zur persönlichen Entwicklung und Jesus-Nachfolge sollen vorgelebt werden.
Doch der Alltag in der Familie ist oft so anders als meine Vorstellungen, weil ich selbst so limitiert bin. Immer wieder bin ich gefangen in meinen konkreten Vorstellungen und meinem Ärger. Ich befinde mich in einem Abwärtsstrudel, kann manchmal meine Gefühle nur schlecht steuern und lasse sie ungefiltert nach außen. Dabei wird mir meine Begrenztheit ganz deutlich.
Ich denke, Gott hat in uns Frauen und Mütter die Gabe hineingelegt, uns um andere zu sorgen und zu kümmern. Wir haben den Wunsch, unsere Kinder und die Personen, die uns anvertraut sind, in ihrer Entwicklung aufblühen zu sehen.
Am liebsten würde ich so eine Schutzhülle für meine Liebsten bauen. Da ich das nicht kann, hilft es mir sehr, dieses Bild vom Mutterleib auf Gott zu übertragen. Auch er – nicht nur ich – hat ein liebevolles Interesse daran, diese Schutzhülle für meine Familie zu bilden. Im Mutterleib können unsere Kinder leben, sich bewegen und weiterentwickeln. Wenn sie dann auf der Welt sind, wünschen wir uns, dass sie weiter in einer geschützten Atmosphäre heranwachsen können. Aber wie wir alle wissen, können wir das nicht immer bieten. Im Gegenteil, wir selbst wünschen uns sogar, auch unter diesen Schutz schlüpfen zu können. In uns allen sitzt noch dieses Kind, das beschützt werden möchte.
Wir kommen also in unserem Auftrag, gut für die Menschen in der Familie, im Freundeskreis, im Beruf zu sorgen, immer wieder an unsere Grenzen. Je nach Prägung, Charakter und Zyklusphase können wir unsere Gefühle und die damit einhergehenden Reaktionen nicht immer kontrollieren. Dieses „Fehlverhalten“ ist menschlich und darf sein. Ich persönlich möchte lernen, mir selbst gegenüber gnädiger zu sein und immer leichter mein Umfeld um Verzeihung bitten zu können.
Aufgrund unserer Limitierung finde ich es so entscheidend, dass wir selbst an Gott angedockt sind. Immer wieder brauchen wir für uns selbst eine heilsame Atmosphäre, die unser Wachstum fördert und unseren Tank füllt. Wir brauchen die Zeiten, in denen wir uns an Gott wenden, ihm nahe sind und in seiner Gegenwart einfach sein dürfen. Und dann kann das, was Gott schenkt, durch uns zu anderen Menschen fließen.
Gerade in meinen Herausforderungen im Alltag möchte ich lernen innezuhalten, die Ruhe bei Gott zu suchen und mit seiner Kraft und seinen Ressourcen meinem Umfeld und meinen Kindern zu begegnen.
Auch im Vaterunser, dem bekanntesten, allumfassendsten und innigsten Gebet aus der Bibel, ist der Wunsch verborgen, unser Leben der Atmosphäre Gottes auszusetzen. Im Deutschen kennen wir die klassische Übersetzung so:
„Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name“ (Matthäus 6,9; LUT).
Die englische Passion Translation übersetzt: „Our father in the heavenly realms, may the glory of your name be the center on which our lives turn.“ Zu Deutsch: „… möge die Herrlichkeit deines Namens das Zentrum sein, um das sich unser Leben dreht.“
Das aramäische Wort für Name kann auch mit Licht/Klang/Atmosphäre übersetzt werden.
„… möge die Herrlichkeit deiner Atmosphäre das Zentrum sein, um das sich unser Leben dreht.“