Ein Herr und tausend Kirchen? - Michael Markert - E-Book

Ein Herr und tausend Kirchen? E-Book

Michael Markert

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Beschreibung

Vielfalt und Einheit fordern die Kirche von Anfang an heraus. Einheit ist ein Geschenk Gottes, das im Glaubensleben der Christen Ausdruck finden soll. Aber faktisch sind Kirchen weiterhin am Tisch des Herrn getrennt und schaffen es nicht immer, gemeinsam das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen. Der Band schaut zunächst, was die ökumenische Bewegung und die Suche nach sichtbarer Einheit der Kirche bringen. Was heißt Einheit der Kirche in Verbindung mit einem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens? Kirchenkunde heißt dann, exemplarisch in verschiedene Gesichter des Glaubens in christlichen Kirchen zu schauen. Was zeigen sie uns von der einen Kirche Jesu Christi? Die anderen im Blick zu haben, ist eine Voraussetzung für ein dialogisches Miteinander, für Wahrnehmung der Gemeinschaft und gemeinsames Handeln. Was heißt das alles konkret an unserem Ort? Welche Schritte können wir gehen? Welche Gaben und Aufgaben liegen in der ökumenischen Dimension unseres Glaubens?

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Theologie für die Gemeinde

Im Auftrag der Ehrenamtsakademie

der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens herausgegeben

von Heiko Franke und Wolfgang Ratzmann

Gedruckt mit Unterstützung der Vereinigten

Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD)

Band VI/​3

Michael Markert

Ein Herr und tausend Kirchen?

Ökumenische Kirchenkunde

Michael Markert, Jahrgang 1964, studierte Theologie in Leipzig, Erfurt und Philadelphia. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Gemeindepfarrer war er mehrere Jahre aktiv am ökumenischen Dialog beteiligt und engagierte sich für ökumenische Partnerschaftsarbeit. Derzeit arbeitet er am Pastoralkolleg Meißen und im Kirchlichen Fernunterricht in der Aus- und Fortbildung von Prädikantinnen und Prädikanten.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2015 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH · Leipzig

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Cover: Kai-Michael Gustmann, Leipzig

Coverfoto: © RTimages – Fotolia.com

Layout und Satz: Steffi Glauche, Leipzig

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

ISBN 978-3-374-04349-1

www.eva-leipzig.de

Vorwort

Ganz am Ende dieser Buchreihe und im Zusammenhang der Kirchengeschichte steht eine kleine ökumenische Kirchenkunde. Sie soll ergänzen, was in jedem einzelnen Band der Reihe schon deutlich geworden ist: dass wir inzwischen in einer Zeit leben, in der das Miteinander der Kirchen weithin an der Tagesordnung ist. Es ist zum Glück so, dass in vielen Bereichen der Austausch und die Gemeinsamkeiten zwischen Christen ganz verschiedener Konfessionen selbstverständlich geworden ist.

Trotzdem zeigt der Titel »Ein Herr und tausend Kirchen?« die Fragwürdigkeit der ganz verschiedenen Christentümer an. Dass diese Verschiedenheit das Zeugnis der Christen für ihren Glauben beeinträchtigen kann, sahen diejenigen, die den ersten Anstoß für die moderne ökumenische Bewegung verursacht haben. Dass diese Verschiedenheit auch ein großer Reichtum und eine Erweiterung der eigenen Perspektive sein kann, sehen heute faktisch alle.

Die Suche nach der sichtbaren Einheit der Kirchen meint keine Vereinheitlichung des Glaubens, sondern eine versöhnte Gemeinschaft der Verschiedenen.

Der Band schaut zunächst auf die Geschichte der ökumenischen Bewegung und fragt, was die Suche nach sichtbarer Einheit der Kirche bedeutet.

Ökumenische Kirchenkunde heißt dann, exemplarisch in verschiedene Gesichter des Glaubens in christlichen Kirchen zu schauen. Das soll vor allem das Ziel haben zu zeigen, was jede dieser Kirchen von der einen Kirche Jesu Christi zeigt und die Gaben bewusst machen, die jede Kirche einzubringen hat.

Schließlich bleibt die Frage, wie das alles ganz konkret vor Ort Gestalt gewinnen kann. Wo es gelingt, das Netzwerk der ökumenischen Bewegung und das Leben der eigenen Gemeinde zu verbinden, kann daraus viel Gutes erwachsen.

Das wissen Sie als Leserin und Leser längst, bevor Sie in dieses Buch sehen. Ich würde mich freuen, wenn die Informationen und Anregungen in diesem Buch Sie darin bestärken und ermutigen.

Michael Markert

Inhalt

Cover

Titel

Der Autor

Impressum

Vorwort

1 Eine kurze Geschichte der Ökumenischen Bewegung

1.1 Was bewegt die Ökumenische Bewegung?

1.2 Der Ökumenische Rat der Kirchen

1.2.1 Taufe, Eucharistie und Amt

1.2.2 Antirassismusprogramm

1.2.3 Mission und Evangelisation

1.3 Das Zweite Vatikanische Konzil

1.4 Ökumenische Zielvorstellungen

1.5 Warum Ökumene?

2. Ökumenische Kirchenkunde

2.1 Orthodoxe Kirchen

2.1.1 Orientalisch-orthodoxe Kirchen

2.1.2 Östlich-orthodoxe Kirchen

2.1.3 Was ist Orthodoxie?

2.1.4 Konziliare Kirchengemeinschaft

2.1.5 Ökumene

2.1.6 Gaben und Herausforderungen

2.2 Römisch-katholische Kirche

2.2.1 Katholische und römische Kirche

2.2.2 Weltkirche

2.2.3 Kirche als Sakrament

2.2.4 Kirche als Communio

2.2.5 Kirche aus Kirchen

2.2.6 Kirche und geistliche Gemeinschaften

2.2.7 Kirche als Staat

2.2.8 Ökumene

2.2.9 Gaben und Herausforderungen

2.3 Altkatholische Kirche

2.3.1 Theologie und Kirchenverfassung

2.3.2 Ökumene

2.3.4 Gaben und Herausforderungen

2.4 Anglikanische Gemeinschaft

2.4.1 Anglikanismus

2.4.2 Kirchenverfassung

2.4.3 Ökumene

2.4.4 Gaben und Herausforderungen

2.5. Reformatorische Kirchen

2.5.1 Lutherische Kirchen

a. Lehre

b. Kirchenordnung

c. Ökumene

2.5.2 Altlutherische Kirchen

2.5.3 Reformierte Kirchen

a. Lehre

b. Kirchenordnung

c. Ökumene

2.5.4 Altreformierte Kirchen

2.5.5 Unionskirchen

2.5.6 Gaben und Herausforderungen

2.6. Freikirchen

2.6.1 Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine

2.6.2 Mennoniten

2.6.3 Baptisten

2.6.4 Methodisten

2.6.5 Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten

2.6.6 Gaben und Herausforderungen

2.7 Pfingstbewegung und Pfingstkirchen

2.7.1 Anfänge, Auseinandersetzung, Glaubenserfahrung

2.7.2 Pfingstgemeinden und Pfingstkirchen

2.7.3 Ökumene

2.7.4 Gaben und Herausforderungen

2.7.5 Charismatische Bewegung

2.7.6 Neocharismatische Bewegung

2.8 Christliche Sondergemeinschaften

3 Ökumene vor Ort

3.1 Ökumene jetzt!?

3.2 Institutionelle Ökumene in der Region

3.3 Gelebte Ökumene vor Ort

3.3.1 Geistliche Ökumene

3.3.2 Ökumene in der Familie

3.3.3 Gemeinsam handeln

3.3.4 Im Dialog miteinander

3.3.5 Verbindlichkeit im Miteinander

3.4 Gelebte Einheit

Editorial zur Reihe

Weitere Bücher

1 Eine kurze Geschichte der Ökumenischen Bewegung

1.1 Was bewegt die Ökumenische Bewegung?

Die moderne ökumenische Bewegung ist im 19. und 20. Jahrhundert entstanden. Sie begann mit einzelnen Personen und Verbänden. Daraus ist eine Bewegung der Kirchen und der Organisationen geworden. Die bleibt nur lebendig, wenn sie von Menschen, Gemeinden und Verbänden vor Ort gelebt wird.

Der erste Impuls ging aus dem Anliegen der Mission hervor. Sowohl in den Missionsgebieten als auch in der Jugend- und Studentenmission in Europa und Amerika entdeckte man, dass das konkurrierende Nebeneinander der verschiedenen Konfessionen die Glaubwürdigkeit ihres Zeugnisses in Frage stellte. Aus dem starken Verlangen, das Evangelium bis in jeden Winkel der Erde zu tragen, kam der Wunsch, sich für diese Aufgabe zusammenzuschließen. 1910 fand in Edinburgh die erste Weltmissionskonferenz statt. Sie wird oft als Beginn der modernen ökumenischen Bewegung angegeben.

Um gemeinsames Handeln zu erreichen, blieb das Gespräch über theologisch kontroverse Lehren bewusst ausgespart. Aber um genau diesen Dialog aufzunehmen, initiierte der anglikanische Missionsbischof Charles Brent bei der Missionskonferenz eine Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung. Die Unterschiede besser zu verstehen und durch Dialog an ihrer Überwindung zu arbeiten, war das Ziel dieser Initiative, die ihre ersten beiden Weltkonferenzen in Lausanne 1927 und Oxford 1937 erlebte.

Eine dritte Strömung war auf gesellschaftliche und politische Zusammenarbeit der Kirchen für Frieden und Völkerverständigung ausgerichtet. Der Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen und die Bewegung für Praktisches Christentum (Life and Work) waren beide diesen Anliegen verpflichtet. Zwei Weltkonferenzen für Praktisches Christentum fanden 1925 in Stockholm und 1937 in Oxford statt.

Kurz kann man diese drei Grundströmungen der Ökumene benennen: Missionsarbeit, Dialog über Glauben und Kirchenverfassung, Praktisches Christentum.

Der schwedische Erzbischof Nathan Söderblom schlug die Bildung eines »Ökumenischen Rates« vor. Auch der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel hatte 1920 in einem Rundschreiben an alle Kirchen die Gründung eines »Kirchenbundes« in Analogie zum Völkerbund angeregt.

1941 sollte der Ökumenische Rat der Kirchen gegründet werden. Das verhinderte der Zweite Weltkrieg. Umso mehr stand seine Gründung 1948 in Amsterdam im Zeichen der Überwindung dieser Katastrophe. Die geistliche Suche nach der Einheit der Kirche war mit dem politischen Ringen um Frieden und Versöhnung der Völkergemeinschaft verbunden. Dass Einheit der Kirche und Einheit der Menschheit zusammengehören, ist eine Grundüberzeugung der ökumenischen Bewegung.

Gleich zu Anfang des ökumenischen Weges wurde bewusst, dass die Einheit der Kirche eine Gabe Gottes und ein Gegenstand des Glaubens ist, wie wir ihn im Glaubensbekenntnis beten. Aufgabe der Kirchen ist nicht, die Einheit herzustellen. Vielmehr sind sie aufgerufen, in ihrem Leben dieser Einheit nachzustreben und sie sichtbar werden zu lassen.

Das bedeutet: Ökumene ist eine geistliche Bewegung, die die Christen und Kirchen zur Umkehr aufruft, zur Besinnung auf das, was ihnen schon geschenkt ist. Die Begegnung mit anderen, gemeinsames Bibelstudium, Gebet und Gottesdienst sind grundlegend für alle ökumenische Arbeit.

Die Ökumenische Bewegung hat im 20. Jahrhundert eine ganz neue Atmosphäre zwischen den Kirchen und Christen hervorgebracht und das Bewusstsein wachsen lassen, dass viel mehr Verbindendes dem Trennenden gegenübersteht. Viele konkrete Ergebnisse wurden erzielt. Doch sie ist bisher nicht ans Ziel gekommen. Was ist eigentlich ihr Ziel und wie weit ist es noch bis dahin? Diese einfache Frage ist eine der spannendsten.

1.2 Der Ökumenische Rat der Kirchen

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) begann mit dem Ziel, die Arbeit der Bewegungen für Praktisches Christentum und Glauben und Kirchenverfassung weiterzuführen. Zugleich bildete sich der ÖRK als eine Nichtregierungsorganisation aus, um Zusammenarbeit mit anderen Institutionen der internationalen Politik zu ermöglichen (UN u.a.).

Der ÖRK versteht sich als Instrument für die Kirchen und sieht seine Aufgabe in der Anregung an die Kirchen, ihrem Miteinander deutlicher Ausdruck zu geben. Er versteht sich dagegen nicht als Super-Kirche, die den Mitgliedskirchen ein Profil aufdrückt. Solchen Behauptungen trat der Zentralausschuss des ÖRK mit einer Erklärung in Toronto 1950 entgegen. Die Mitgliedschaft im ÖRK verpflichtet nicht dazu, die eigene Wahrheit zurückzustellen oder die berechtigte Kritik an anderen Kirchen zu verschweigen. Gleichwohl hat das wachsende Verständnis als »Gemeinschaft von Kirchen« (Koinonia, communio) im ÖRK und in anderen Kirchengemeinschaften die Wahrnehmung gestärkt, dass es auch nicht rein instrumentelle Zusammenschlüsse sind.

Basis des ÖRK

»Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.«

Das wichtigste Organ ist die Vollversammlung, die etwa alle acht bis zehn Jahre zusammentritt und die programmatische Richtung bestimmt. 1961 fand in Neu Delhi erstmals eine Vollversammlung außerhalb von Europa und Nordamerika statt. Dort gelang die Vereinigung des ÖRK mit dem Internationalen Missionsrat, so dass jetzt alle drei Grundströmungen (Glaube und Kirchenverfassung, Praktisches Christentum, Mission) zusammenflossen. Die orthodoxen Kirchen, die von Anfang an die ökumenische Bewegung mitgeprägt hatten, traten dem Rat bei.

Vollversammlungen des ÖRK

Amsterdam 1948 »Die Unordnung der Welt und Gottes Heilsplan«

Evanston 1954 »Christus, die Hoffnung der Welt«

Neu Delhi 1961 »Jesus Christus, das Licht der Welt«

Uppsala 1968 »Siehe, ich mache alles neu«

Nairobi 1975 »Jesus Christus befreit und eint«

Vancouver 1983 »Jesus Christus, das Leben der Welt«

Canberra 1991 »Komm, Heiliger Geist – erneuere die ganze Schöpfung«

Harare 1998 »Kehrt um zu Gott – seid fröhlich in Hoffnung«

Porto Allegre 2006 »In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt«

Busan 2013 »Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden«

Nähere Information: oikoumene.org

Natürlich findet die ökumenische Arbeit im Wesentlichen auch zwischen den Vollversammlungen statt. In den drei Programmbereichen, die durch die Grundströmungen, verstärkt durch den Akzent auf Bildungsarbeit, bestimmt sind, arbeiten Gruppen, Kommissionen und Konferenzen an der Tagesordnung, die sich von Anfang an gestellt hatte und immer weiter aktualisiert. Die Vielfalt der Themen zeigt den Horizont, in dem für das Miteinander der Kirchen gearbeitet wird. Der Dialog zwischen Christen und Juden gehört unverzichtbar dazu, ebenso der Dialog mit den anderen nichtchristlichen Religionen. Die Achtung und Bewahrung der Rechte indigener Völker und ihrer Kulturen, der Protest gegen nukleares Wettrüsten und das Eintreten für gerechten Frieden und die Überwindung von Gewalt, die Aufdeckung von Gewalt gegen Frauen und Kinder und das Eintreten für ihre gleichberechtigte Teilhabe – das ist bei Weitem keine vollständige Liste der Themen.

Die Spannung zwischen den Grundströmungen begleitete die ökumenische Bewegung von Anfang an. Theologischer Dialog, politisches Engagement für Gerechtigkeit und Frieden, missionarisches Engagement, geht das in eine gemeinsame Richtung? Diese Spannung verlangt nach einer Perspektive, die die verschiedenen Dimensionen vereinigt.

Auf der sechsten Vollversammlung in Vancouver 1983 wurde ein Konziliarer Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung initiiert. Dadurch sollte nicht einfach ein neues Programm erfunden werden. Vielmehr sollte ein Prozess beginnen, der eine gemeinsame lehrmäßige Auseinandersetzung mit den Überlebensfragen der Menschheit (konziliarer Prozess) mit dem gemeinsamen Handeln (für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung) verbindet.

Gerade in der DDR hatten die ökumenischen Versammlungen des »konziliaren Prozesses« als wichtige Stationen auf dem Weg zur Friedlichen Revolution Bedeutung. Sie haben an vielen Orten ein intensives Nachdenken in den Gemeinden angeregt und die Einschätzung verändert, der Glaube habe mit den gesellschaftlichen und politischen Fragen nichts zu tun.

Auch wenn dieser Prozess nicht alle seine Ziele erreicht hat, ist die Vision einer Integration der Ökumenischen Bewegung geblieben. Das macht nicht zuletzt die Einladung der Vollversammlung von Busan 2013 an die Kirchen deutlich, sich auf einen »Pilgerweg für Gerechtigkeit und Frieden« zu begeben. Ein Pilgerweg ist ein geistlicher Weg, ein Weg, der die bestehende Gemeinschaft mit Leben erfüllt, ein Weg gemeinsamen diakonischen und politischen Handelns und ein Weg, dessen Ziel in Gottes Verheißungen und Versprechen begründet ist. Ein so verstandener Pilgerweg gibt den verschiedenen Aktivitäten ökumenischen Engagements eine gemeinsame Perspektive.

1.2.1 Taufe, Eucharistie und Amt

Die Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung war seit 1910 so vorgegangen, dass man gemeinsam die theologische Lehre abging und dabei Themen identifizierte, wo differierende Lehren die Kirchen trennten. Dabei gab es Bereiche, wo man schnell zum »Konsens« fand und andere, wo das nicht so bald in Sicht war.

Beim Verständnis der beiden Grundsakramente Taufe und Abendmahl und den damit verbundenen Fragen nach dem Amt in der Kirche kommt man sehr nah an das Leben aller Christen und auch an die gesuchte Einheit heran. Nach langer Studienarbeit wagte es die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung 1982, die Konvergenzerklärungen zu Taufe, Eucharistie und Amt an die Kirchen zu versenden mit der Bitte um offizielle Antwort auf der höchsten Ebene der dafür zuständigen Autorität. Eine Vielzahl von Reaktionen ging aus den Mitgliedskirchen ein, die wiederum die weitere Studienarbeit befruchteten. Umgekehrt wuchs das Bewusstsein der ökumenischen Gemeinschaft im Gottesdienst der Kirchen. Auch im Evangelischen Gottesdienstbuch sind diese Früchte deutlich ablesbar. Bei der Vollversammlung in Vancouver 1983 wurde die sogenannte Lima-Liturgie unter Leitung des Erzbischofs von Canterbury gefeiert, ein Zeichen für das noch bevorstehende Ziel einer umfassenden Gemeinschaft am Tisch des Herrn.

Die Konvergenzerklärungen von Lima und die Reaktionen darauf finden ihre Fortsetzung darin, dass die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung auf eine ähnliche Weise die Fragen des Kirchenverständnisses aufgegriffen hat. Mit der Studie »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« hat sie 2013 eine Erklärung vorgelegt, von der sie hofft, dass sie zu einem ähnlich fruchtbaren Prozess führt.

Klassische Themen des theologischen Dialogs

Einheit der Kirche (und Einheit der Menschheit)

Schrift und Tradition

Konziliarität der Kirche

Kirche und Israel

Gottesdienst

Abendmahl/​Eucharistie

Taufe

Ordiniertes Amt

Bekenntnis des apostolischen Glaubens

1.2.2 Antirassismusprogramm

Seit der ersten Weltversammlung für Praktisches Christentum in Stockholm 1925 hatte das Thema Rassismus immer wieder auf der Tagesordnung der ökumenischen Bewegung gestanden. Auf der Vollversammlung in Uppsala 1968 trat das Thema besonders ins Bewusstsein. Martin Luther King, der zur Vollversammlung sprechen sollte, war wenige Monate vorher ermordet worden. Die Gesellschaften in Amerika und Europa sahen der eigenen Geschichte des Rassismus ins Auge.

Das »Program to Combat Racism« (PCR) wurde 1969 vom Zentralausschuss des ÖRK eingerichtet. Es zielt auf ökumenische Strategien, die zur Befreiung der Opfer von Rassismus wesentlich beitragen. Hauptsächlich konzentrierte sich die Arbeit auf die Situation der Apartheid in Südafrika. Ein wirksames Mittel für das Programm wurde der ÖRK-Sonderfonds. Besonders in Europa und Amerika war die Unterstützung einiger Gruppen heftig umstritten, die den Befreiungskampf mit gewaltsamen Mittel befürworteten.

Der ÖRK trennte sich auch selbst von Unternehmen und Beteiligungen, die an der Aufrechterhaltung des Status quo der Apartheid verdienten.

Auf der Vollversammlung in Harare, Simbabwe 1998, würdigte Nelson Mandela die Unterstützung durch den ÖRK als ein ganz konkretes Beispiel für den Beitrag, den die Religion zur Befreiung der Menschen in Südafrika geleistet hat.

Heute richtet sich der Fokus zur Bekämpfung des Rassismus verstärkt auf die Bedürfnisse indigener Menschen sowie ethnisch und rassisch unterdrückter Minderheiten wie z.