Ein Mann mit Vergangenheit - Charlie Cochet - E-Book

Ein Mann mit Vergangenheit E-Book

Charlie Cochet

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Beschreibung

Joe führt ein ruhiges, beschauliches Leben, in dessen Mittelpunkt seine eigene Bäckerei mitsamt seinen exzentrischen Angestellten steht. Um die Fehler seiner Vergangenheit nicht zu wiederholen, hat er der Liebe abgeschworen – bis er einem mysteriösen, gutaussehenden Mann mit Amnesie begegnet. Joe kann nicht leugnen, dass zwischen ihnen die Funken fliegen, und je näher er Tom kommt, desto weniger kann er sich gegen seine Gefühle wehren. Doch plötzlich steht nicht nur sein Herz auf dem Spiel, sondern auch sein Leben. Band 7 der BELOVED Romantik-Reihe. Buch ist in sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 275

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Deutsche Erstausgabe (ePub) Juli 2017

Für die Originalausgabe:

© 2016 by Charlie Cochet

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Forgive and Forget«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2017 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Lektorat: Anne Sommerfeld

ISBN-13: 978-3-95823-645-5

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Alexandra Lorenz

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

Klappentext:

Joe führt ein ruhiges, beschauliches Leben, in dessen Mittelpunkt seine eigene Bäckerei mitsamt seinen exzentrischen Angestellten steht. Um die Fehler seiner Vergangenheit nicht zu wiederholen, hat er der Liebe abgeschworen – bis er einem mysteriösen, gutaussehenden Mann mit Amnesie begegnet. Joe kann nicht leugnen, dass zwischen ihnen die Funken fliegen, und je näher er Tom kommt, desto weniger kann er sich gegen seine Gefühle wehren. Doch plötzlich steht nicht nur sein Herz auf dem Spiel, sondern auch sein Leben…

Danke an alle meine wunderbaren Leser, an Dreamspinner Press und die erstaunlichen Menschen in meinem Leben, die immer da sind, um Unterstützung, Liebe und Beratung anzubieten.

Prolog

»Alles okay. Wir werden Sie ins Krankenhaus bringen, halten Sie einfach durch.«

Der Mann gab ein Geräusch von sich, das schrecklich nach Nein klang, aber das konnte nicht stimmen. Vielleicht war das arme Schwein im Delirium. Joe beugte sich über ihn, als der Kerl den Kopf hob. »Keine Cops«, lallte er und packte Joes Arm fester. Seine Stimme war so leise und rau, dass Joe ihn nicht gehört hätte, wäre er ihm nicht so nah gewesen. »Kein Krankenhaus.«

»Was?» Joe schüttelte den Kopf und tat sein Bestes, um ruhig zu bleiben. »Hören Sie, mein Freund, irgendjemand hat Ihnen eine übergebraten. Sie brauchen medizinische Versorgung.«

»Bitte, keine Cops. Helfen Sie mir.«

»Ich versuche, Ihnen zu helfen, aber das Beste, das ich für Sie tun kann, ist, Sie ins Krankenhaus zu bringen. Ich bin kein Arzt.«

»Sie werden... mich umbringen. Cops... tot... Kein Krankenhaus. Bitte.« Dann sank der Typ wieder zurück auf den Boden.

Nun, das waren Worte, die ihm innerhalb desselben Satzes ganz sicher nicht gefielen.

Kapitel 1

»Joe! Sie bringen mich noch um!«

Das leise Grummeln verwandelte sich in ein befriedigendes Seufzen, das Joe herzhaft lachen ließ. »Es ist nur Apfelkuchen, Mr. Richardson.« Er füllte die Kaffeetasse des gerissenen, alten Mannes wieder auf und erntete dafür einen finsteren Blick unter buschigen Augenbrauen.

»Zum Teufel damit, mein Sohn. Wäre es irgendein alter Apfelkuchen, würde ich mir dann die Mühe machen, acht Blocks durch die Stadt zu laufen, um hierher zu kommen? Sie sind viel zu bescheiden, Joe. Jeder weiß, dass Sie den verdammt besten Kuchen der ganzen Stadt machen, wahrscheinlich sogar im gesamten Staat New York!«

Joe wusste nichts über die Gesamtheit von New York, aber zu sehen, wie glücklich seine Kuchen Mr. Richardson machten, war ihm mehr als genug. Apple'n Pies war keineswegs groß oder schick. Es war ein kuscheliges, kleines Café, sechs Häuserblocks vom Times Square entfernt, in dem es keine schicken Kaffeeautomaten, exotischen Geschmacksrichtungen oder überteuerten Handelswaren gab. Es gehörte ihm, und es war sein Zuhause.

Während er sich die Hände an der Schürze abwischte, nahm sich Joe einen Moment, um sein kleines Königreich für Backwaren und Kaffee zu betrachten. Die Holzdielen und die mittelgroße Holztheke waren zerkratzt, die alten Eichenrahmen der Sitznischen ebenso abgenutzt, aber stabil und poliert, die rote Polsterung stets sauber und ohne Risse. Das bisschen Chrom, das es gab, kam von den Hockern an der Theke, die vor ein paar Jahren angebracht worden waren, nachdem einer der alten direkt unter einem seiner Stammgäste zusammengebrochen war. Kunden, die durch seine Möbel fielen, konnte er sich schwerlich leisten, nicht wahr?

Das Silber der Hocker passte zu den Regalen hinter der Theke, in denen das Geschirr aufbewahrt wurde, und in der hinteren Ecke stand Rusty – eine Registrierkasse, die aussah, als stamme sie aus der Zeit des Bürgerkriegs. Bea sagte immer, er solle sie loswerden, aber er brachte es nicht übers Herz. Außerdem war Rusty immer noch so robust und zuverlässig wie eh und je, obwohl das Schubfach manchmal klemmte, und Bea bei mehr als einer Gelegenheit mit einem Baseballschläger dagegen geschlagen hatte. Natürlich ging so eine Schlägerei für den ramponierten Baseballschläger immer schlechter aus als für Rusty.

Der Ort erinnerte an eines dieser altmodischen Cafés. Er war betagt, aber makellos sauber und, das war am Wichtigsten, voller glücklicher Kunden, die sich seine Kuchen schmecken ließen. In der Ecke rieselte Dean Martins Powder Your Face With Sunshine aus dem alten Radio.

Manche Männer wollten Ärzte, Anwälte, Filmstars oder Millionär werden. Joe war glücklich, wenn er Kuchen backte, er war glücklich, wenn seine Kunden glücklich waren, und mit ein bisschen Hilfe seinerseits waren sie es auch. Was konnte ein Mann mehr verlangen?

Die kleine Messingglocke über der verglasten Tür erklang, und Joe wandte sich fröhlich seinen neuen Gästen zu. Die Welt draußen bewegte sich mit der Geschwindigkeit einer Rakete, und für jene, die weder die Möglichkeiten noch die Entschlossenheit hatten, stehen zu bleiben, gab es kein Innehalten. Das Apple'n Pies bot einen ruhigen, sicheren Hafen für jeden, der einen brauchte, vom Hollywood-Filmstar bis zum Jugendlichen aus dem örtlichen Jugendclub. Bei Joe war jeder willkommen.

Joe begrüßte das junge Paar mit einem heiteren »Guten Morgen«, bevor er die beiden zu einer freien Sitznische führte.

Das attraktive Paar sah aus, als wäre es einem Modemagazin entstiegen. Ihre Blicke huschten mit sichtbarer Unsicherheit durch das Lokal. Es war ziemlich offensichtlich, dass dies hier nicht zu ihren üblichen Plätzen für einen Kaffee gehörte. Joe fühlte sich nie beleidigt. Stattdessen lächelte er herzlich und beeilte sich, dafür zu sorgen, dass sie sich wie zu Hause fühlten.

»Ich bin Joe Applin. Willkommen in meiner kleinen Ecke des Kuchenparadieses. Es würde mich freuen, Ihnen alles zu bringen, was Sie möchten. Unter meinem Dach befinden Sie sich in guten Händen.«

Das Gesicht der jungen Frau hellte sich auf, während ihr Begleiter ihr aus dem langen, teuren Mantel half. »Oh! Applin, wie in Apple'n! Das sind Sie!« Sie kicherte, und Joe spürte, wie sein dämliches Grinsen noch dämlicher wurde. Er wurde der Faszination der Leute über seinen Namen, und wie gut der zu seinem Beruf passte, nie überdrüssig. Natürlich besaß er diesen Nachnamen schon lange bevor er überhaupt gelernt hatte, was ein Kuchen war.

»Ich hoffe, Apfel ist Ihr Lieblingskuchen«, zwitscherte sie und klatschte freudig in die Hände, als er nickte. Tatsächlich war es Kirsche, aber wer war er, ihre Seifenblase zerplatzen zu lassen? Das Paar rutschte in die Nische und hielt sich nicht mit der Karte auf. »Vater sagt, Ihr Kaffee ist fast so gut wie Ihre Kuchen. Er kommt immer hierher. Er arbeitet die Straße runter bei Jameson and Rotherford's. Einer Anwaltskanzlei.« Der junge Mann neben ihr lächelte nur zärtlich, während seine Liebste die Zügel der Unterhaltung fest in ihrer Hand hielt. »Sein Name ist Allan Rotherford. Das ist mein Vater. Kennen Sie ihn?«

»Natürlich, Miss.« Mr. Rotherford kam jeden Nachmittag und nahm ein Stück Kuchen mit ins Büro. Nach dem fünften Mal kam die halbe Belegschaft zu verschiedenen Tageszeiten und schlich mit Konditoreiwaren zurück an ihre Schreibtische. »Besonders gern mag er den mit Apfel und Zimt.«

»Ich sag Ihnen was, Joe – ich darf Sie doch Joe nennen?«, fragte sie hoffnungsvoll. Er nickte und sie quietschte vor Begeisterung. »Nun, Joe. Seit Wochen schwärmt Vater von Ihren Kuchen. Da musste ich selbst nachsehen, was es mit all dem Wirbel auf sich hat. Er hat mich und meine arme Mutter total verrückt gemacht. Daher«, sagte sie mit einem entschlossenen Nicken, »zwei Apfel-Zimt-Kuchen und zwei Kaffee.«

»Kommt sofort, Miss. Und wenn Sie fertig sind, würde ich gerne hören, ob Sie es genauso genossen haben wie Ihr Vater.« Das schien sie sogar noch glücklicher zu machen, und sie nickte begeistert.

Während er sich entfernte, plauderte sie in voller Lautstärke mit ihrem Freund, was ein Lächeln auf Joes Gesicht zauberte. Der Junge war sichtlich bezaubert, da es ihn kein bisschen zu kümmern schien, nicht zu Wort zu kommen. Nachdem er den schweren Glasdeckel über dem Teller mit dem Apfel-Zimt-Kuchen weggenommen hatte, schnitt er zwei großzügige Stücke davon ab und legte sie auf zwei musterlose, weiße Keramikteller. Zusammen mit dem Kaffee brachte er den Kuchen an den Tisch, tauschte ein paar weitere Höflichkeiten aus und entschuldigte sich anschließend, damit das Paar ihre Süßspeisen genießen konnte. Er schaffte es knapp bis zur Theke, als er ein lautes Krachen von hinten aus der Küche hörte.

Schon ging's los.

Die Tür wurde aufgestoßen und Donnie drängte sich hindurch, wobei er beinahe über seine eigenen Füße stolperte, bevor er hinter Joe abtauchte. Es gab ein paar neugierige Blicke von einigen der neueren Stammkunden, doch die Stammgäste waren an die täglichen Unruhen gewöhnt, die das Trio Infernale, das Joe Familie nannte, verursachte. Schon bald kehrte die Aufmerksamkeit aller zu ihren Zeitungen und Kaffees zurück.

»Sie versucht, mich umzubringen, Joe!« Mit jedem geäußerten Wort wurde Donnies Stimme höher, und er umklammerte Joes Unterarme, als würde er ihn in einem Todesgriff packen. In Wirklichkeit war er genauso tödlich wie das Schlagen eines Kätzchens nach dem Wollknäuel.

Wenn man den Jungen ansah, war es schwer zu glauben, dass er achtzehn Jahre alt war. Donnie verstummte, höchstwahrscheinlich, weil er wusste, dass Joes breitere, knapp über einen Meter achtzig hohe Erscheinung ihn verdecken würde. Als Joe spürte, wie Donnie ihn losließ, wusste er, dass das Verstecken abgeschlossen war, und nicht zu früh. Die Küchentür schwang auf und Bea stürmte in all ihrer grauhaarigen Pracht heraus. Joe konnte dem Jungen keinen Vorwurf daraus machen, sich zu verstecken. Er wollte sich ebenfalls verkriechen.

»Wo ist er?«, forderte Bea zu wissen, während sie die Arme vor ihren wogenden Brüsten verschränkte. Mit ihren scharfen, grünen Augen starrte sie ihn an. Joe konnte sich Besseres vorstellen, als sein Leben dadurch zu riskieren, den Zorn der alten Frau auf sich zu laden, aber er brachte es nicht über sich, den Jungen auszuliefern. Bea war Mitte sechzig, korpulent, die Haare zu einem strengen Dutt zusammengebunden, und hatte die Macht, über mehr Angst zu gebieten als ein General beim Militär. Ganz zu schweigen davon, dass ihre Trefferquote wahrscheinlich höher lag als bei jedem Spieler der Major League.

»Bea, Engel, was kann ich für dich tun?« Langsam bewegte sich Joe in die entgegengesetzte Richtung, und mit jedem Schritt, den Bea machte, bewegte sich Donnie mit ihm.

»Nenn mich nicht Engel, Joe Applin. Ich weiß, dass du ihn versteckst. Wenn du nicht selbst eine ordentliche Tracht Prügel abhaben willst, übergibst du ihn mir besser.«

Joe wusste sehr wohl, dass sie genau das tun würde. Er war mehr als ein Mal am falschen Ende ihres aufbrausenden Temperaments gewesen. Wie einen Kaugummi würde Bea Donnie durchkauen und wieder ausspucken. »Was hat er diesmal angestellt?«

»Er hat schon wieder die Kürbisse zerlegt«, schnaubte sie und verengte die Augen, während sie den Hals reckte, damit sie um ihn herum sehen konnte. Jedes Mal, wenn sie sich bewegte, bewegte sich auch Joe. Unweigerlich baute sich ein Lachen in ihm auf, aber Beas bedrohlicher Blick hielt ihn davon ab, dem Verlangen nachzugeben.

»Er ist nur neugierig, Bea. Du weißt doch, wie begeistert er über Medizin lernt. Er möchte Arzt werden, um Menschen zu helfen.« Joe bedachte sie mit seinem hoffentlich bezauberndsten Lächeln. Ihr finsterer Blick vertiefte sich noch. Das bezauberndste Lächeln war wohl nicht bezaubernd genug.

»Wenn er glaubt, das sei Helfen, dann ist er auf dem Holzweg. Und du! Du glaubst nach all den Jahren wirklich, dass dieser Welpenblick bei mir funktioniert?«

Hoffnungsvoll lächelte er. »Ja?« Nein. Seufzend ließ er den Kopf hängen. »Du hast recht. Es ist meine Schuld. Ich bin zu nachsichtig mit ihm.« Er hörte leises Lachen von überall aus dem Raum und wusste, dass jeder darauf wartete zu erfahren, ob Bea einknicken oder Joe auf seiner Nase landen würde.

Im Flüsterton murmelte sie einige unverständliche Worte, dann stapfte Bea zurück in die Küche. Zur Feier seines Sieges brach leiser Applaus aus, und Joe verbeugte sich mit der ganzen Anmut und Erhabenheit eines Shakespeare-Darstellers.

»Danke, vielen Dank. Sie sind zu liebenswürdig, meine Lords und Ladies.« Er richtete sich auf und drehte sich, seine beste Groucho-Nachahmung aufsetzend, zu dem kauernden, jungen Mann. »Ich habe große Lust, mir einen Knüppel zu schnappen, und dir damit eins überzubraten.«

Donnie lachte leise, die Anspannung schien von seinen knochigen Schultern abzufallen. Dem Jungen gefielen seine Groucho-Imitationen immer.

Als Einzelkind hatte sich Joe schon in jungen Jahren darauf verlassen, dass ihm an den Tagen, an denen seine Eltern hart arbeiteten, um ihm ein anständiges Leben zu ermöglichen, seine wilde Fantasie Gesellschaft leistete – was bedeutete, dass Joe zwar die meiste Zeit ziemlich allein gewesen war, aber immer zu beschäftigt damit gewesen, Schlösser zu erobern, Dschungel zu erkunden und Viehherden zusammenzutreiben, als dass sich Einsamkeit hätte einnisten können. Während die meisten seiner Schulfreunde pixelige Fässer auf große, pixelige Affen geworfen hatten, hatte Joe aus Sofapolstern und Bettlaken Forts und Labyrinthe gebaut.

In seinem eigenen Kopf zu leben, war so sehr Teil seines Wesens, dass Joe, als er erwachsen wurde, Probleme bekam, seine Gedanken beisammen zu halten. Die meisten Leute dachten, bei ihm wären ein paar Schrauben locker, aber das war ihm egal. Klar, manchmal war es ihm ein bisschen peinlich, wenn er dabei erwischt wurde, wie er eine angeregte Unterhaltung mit sich selbst führte, aber er schämte sich nie dafür. So war er eben.

»Tut mir leid, Joe. Ich wollte keinen Ärger verursachen«, murmelte Donnie. Seine Unterlippe schob sich vor, während er auf den Fußboden starrte und imaginären Staub aufwirbelte. Wow, der Junge war gut.

»Sagen wir mal, das ist mein Part. Jetzt mach weiter und geh zurück an die Arbeit. Und hör auf, unsere Lebensmittel zu zerlegen, oder du erhältst von Bea eine vorzeitige Unterweisung in Sachen gebrochener Knochen. Elsie wird sowieso bald hier sein.«

Bei der bloßen Erwähnung des Namens färbten sich Donnies Wangen und er schoss in die Küche zurück. Elsie war ein Teil des zusammengewürfelten Trios, ebenfalls achtzehn und genauso schlaksig wie Donnie. Sie war ein Schatz und liebte es ebenso sehr wie Bea, viel Wirbel um Joe zu machen. Donnie stand auf sie und jeder wusste es; sie warteten nur noch darauf, dass Donnie endlich mal sein Rückgrat fand.

Jemand rief in Singsang-Manier seinen Namen und Joe wandte sich Miss Rotherford zu, ehe er sich vornehm zu ihrem Tisch hin verbeugte. Bevor er den Mund aufmachen konnte, sprang sie von ihrem Sitz hoch und fiel ihm um den Hals, wobei sie ihm die Luft aus den Lungen presste.

»Das war der beste Kuchen, den ich je gegessen habe! Und Ihr Laden ist erstaunlich! Ich gebe in ein paar Wochen eine kleine Party und hatte gehofft, ich könnte Sie dafür engagieren, einige Ihrer köstlichen Kuchen dafür zu machen. Jeder wird einfach dafür sterben!«

»Ich hoffe nicht«, keuchte Joe in aufgesetztem Entsetzen. »Sonst habe ich keine Kunden mehr, die wiederkommen.«

Sie kicherte und schlug ihm spielerisch auf den Arm. »Oh, ich wusste, dass Sie backen können, aber ich hatte keine Ahnung, dass Sie so charmant sind.« Ihr Freund bezahlte die Rechnung, bevor er ihr in den Mantel half und sie immer noch strahlend lächelte. »Also, glauben Sie, Sie könnten auf die Schnelle fünf von jedem Ihrer Kuchen für mich zubereiten?«

»Fünf von...« Joe schluckte. »Das sind neunzig Kuchen!« Er hatte mit einem Dutzend gerechnet, vielleicht sogar mit zwei Dutzend. Schnell dachte er über die Logistik nach, überlegte, wie lange er brauchen würde, um die Extrazutaten zu besorgen, kalkulierte die anfallenden Kosten, und dass er Elsie und Donnie bitten musste, Überstunden zu machen. Weil sie sein Zögern bemerkte, öffnete sie ihre winzige Handtasche, entnahm ihr eine Banknote nach der anderen und drückte sie ihm in die Hand. Es war mehr Geld, als die doppelte Anzahl Kuchen kosten würde, und er versuchte schnell, ihr etwas davon zurück zu geben. Doch je mehr er in ihre Handtasche zurücksteckte, umso mehr steckte sie in seine Hand.

»Oh, nein, bitte, Miss Rotherford, das ist nicht nötig...«, begann er, als sich Bea wie ein Ghul aus dem Nebel materialisierte. Während sich sein Herz beruhigte und ein weniger rasantes Tempo anschlug, nahm ihm Bea das Geld aus der Hand und stopfte es sich in die Schürzentasche, wobei sie das Paar strahlend anlächelte – was beängstigender war als ihr geisterhaftes Erscheinen.

»Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Rotherford. Joe ist nur ein bisschen zurückhaltend. Selbstverständlich werden wir die Kuchen für Sie machen. Ihre Party wird das Stadtgespräch werden.«

»Fantastisch! Ich kann's nicht erwarten. Meine Assistentin wird Sie wegen der Details anrufen. Ich werde alles wegschließen müssen. Wenn Vater das herausfindet, wird nichts mehr übrig sein, wenn die Gäste ankommen! Vielen Dank.« Sie drückte Joes Hände und noch ehe seinem offenstehenden Mund auch nur ein Wort entkommen konnte, war sie zusammen mit ihrem Partner verschwunden. Elsie kam gerade hereingesprungen, als das Paar das Café verlassen hatte. Sein Gesichtsausdruck musste alles Mögliche sagen, denn sie sah aus, als würde sie sich umdrehen und weglaufen wollen.

»Ist alles in Ordnung?« Mit großen, braunen Augen sah sie von ihm zu Bea.

»Fein«, erwiderte Joe gezwungen breit grinsend. »Würde es dir etwas ausmachen, dich mit Donnie um den Laden zu kümmern? Ich muss was mit Bea besprechen.« Er drehte sich der eisernen Jungfrau zu und verbeugte sich hoheitsvoll, während er in Richtung Küche deutete. »Nach Euch, Eure Majestät.«

Bea sagte nichts, während sie, gefolgt von einem stillen Joe, in die Küche marschierte. Sobald sie den hinteren Vorratsraum erreicht hatten, zog Bea als Erste; wie ein Revolverheld aus dem Wilden Westen.

»Denk nicht mal dran. Ich weiß, warum du diesen Auftrag ablehnen willst.« Sie heftete einen Blick auf ihn, der selbst den Hades zum Erbeben bringen würde, aber Joe würde nicht zurückweichen. Natürlich hatte Bea nicht vor, ihn zu Wort kommen zu lassen, bevor sie ihre Meinung gesagt hatte.

»Und komm mir nicht mit irgend so 'nem Blödsinn wie nicht genug Backöfen, Zutaten oder sonstigem Dingsbums. Du warst dabei, nein zu sagen, weil das der größte Auftrag ist, den wir je hatten, und du Angst hast, es wäre nicht angemessen für all die feinen Leute. Das ist ein Haufen Unsinn und du weißt es. Du hast das Gesicht des Mädchens gesehen. Sie liebt deinen Kuchen. Ihr Papa liebt deinen Kuchen. Vor allem liebt sein ganzes Büro deine Kuchen. Also wirst du diese Kuchen machen, so, wie du es immer tust, jeder wird sie lieben und schon bald musst du eine weitere Hilfe einstellen, weil du mir nicht genug dafür zahlst, mich um den Laden zu kümmern, zu kochen, sauber zu machen und nach dir und den beiden Kindern zu sehen. Und ich schwöre dir, wenn dieser Junge weiterhin meine Kürbisse zerlegt, werde ich ihm den Hintern versohlen!« Sie holte tief Luft und ließ diese langsam entströmen. »Ich bin fertig.«

Verdammt. »Offensichtlich bin ich das auch«, murmelte er. Wiedermal hatte sie zuerst geschossen und ihn tödlich zwischen die Augen getroffen. Er hatte nie eine Chance.

»Das dachte ich mir.« Beas Gesichtsausdruck wurde weicher, und sie zog Joe in eine herzliche Umarmung, die ihn nach Luft schnappen ließ. Manchmal – meistens – machte ihn das verrückt. Aber er wusste, dass alles, was sie tat, aus Sorge um ihn heraus entstand, deshalb konnte er ihr nie lange böse sein.

»Joe, du bist ein guter Mann. Was ist falsch daran, das jeden anderen außer mir und den Kindern ebenfalls wissen zu lassen, hm? Wie sollst du denn sonst einen netten Mann für dich finden?«

»Oh nein«, stöhnte Joe, schüttelte den Kopf und entzog sich ihr sanft. »Wir werden nicht wieder die Du brauchst einen guten Mann, der sich um dich kümmert-Unterhaltung führen, und wir werden sie bestimmt nicht in der Küche haben. Ich bin ein erwachsener Mann, Bea. Ich kann mich gut um mich selbst kümmern. Ich versuche ja auch nicht, dich mit jedem alten Knacker zu verkuppeln, der hier reinkommt.«

»Nun, vielleicht solltest du das.« Ein unappetitliches Blitzen erschien in ihren lebhaften Augen, das Joe instinktiv einen Schritt zurückweichen ließ. »Ich könnte einen guten Mann gebrauchen, der mich nachts warmhält, mir die Füße massiert, es mir kuschelig macht...«

»Oh, lieber Gott. Hör auf, bitte.« Joe erschauderte bei den Vorstellungen, die in seinen Kopf stürmten. Zum Glück verschwanden sie, als Bea ihm gegen den Arm schlug.

»Sei nicht so prüde. Deshalb hast du wahrscheinlich keinen Mann, der dich warmhält. Gott weiß, es haben schon genug versucht.«

Leider hatte sie damit recht. Es gab täglich eine Menge Männer, die dezente ‒ oder weniger dezente ‒ Hinweise fallenließen. Er nahm an, dass das etwas mit diesem uralten Ausspruch, der Weg zum Herzen eines Mannes führte durch seinen Magen, zu tun hatte. Doch obwohl er nichts dagegen hätte, jemanden zu haben, der ihn warmhielt – wie Bea es ausdrückte – war er doch nicht bereit, jedes Angebot anzunehmen oder das Flirten überhaupt zu erwidern. Die Angst zu verlieren, was so lange gedauert hatte, um es wieder aufzubauen, war zu groß. Er hatte es einmal versucht. Hatte geglaubt, er hätte denjenigen gefunden, mit dem er bis ans Lebensende glücklich sein könnte. Es war ihn teuer zu stehen gekommen. Dieses Risiko würde er nicht noch einmal eingehen. Sein Herz würde es nicht verkraften.

»Joe, du bist ein gutaussehender Mann mit deinen hübschen, blonden Haaren und diesen umwerfenden Augen. Wie das Meer, hat dieser eine Mann gesagt. Erinnerst du dich? Nicht zu vergessen kräftig und bärenstark. Außerdem hast du einen richtig schönen Arsch.«

Joes Augen weiteten sich, und in ihm wuchs das Bedürfnis, seinen Hintern mit der Schürze zu bedecken. »Bitte sag mir, dass du nicht herumläufst und meinen Hintern anschaust, denn ich glaube, dann wird mir schlecht. Und nenn meine Haare nicht hübsch. Männer haben keine hübschen Haare. Du würdest Russell Crowe auch nicht sagen, er hätte hübsche Haare.« Anderseits, es war Bea, über die sie sprachen. Ihre Augen leuchteten auf, und Joe zog sich langsam zurück.

»Oh, jetzt hast du was, an dem du dich festbeißen kannst.«

Joe untersuchte die Schürze in seinen Händen und nickte abwesend, während Bea über den attraktiven Schauspieler plauderte. Er schlang die beiden Bänder um seinen Nacken und zog langsam an den Enden.

»Er ist ungefähr in deinem Alter, nicht wahr? So um die dreiunddreißig?«

»Ich weiß nicht, wie alt er ist«, erwiderte Joe beiläufig, während er immer noch an den Bändern zog. »Ich bin achtunddreißig. Danke, dass du mich daran erinnerst.« Andererseits hatte sie vor einigen Monaten Herzlichen Glückwunsch zum 40sten! auf seinen Geburtstagskuchen geschrieben. Zunächst hatte er angenommen, dass es nur ein übler Scherz gewesen war. Jetzt war er nicht mehr sicher.

Bea lachte und tätschelte seinen Rücken so herzhaft, dass er beinahe schwankte. »Ich zieh dich doch bloß auf, Joe. Natürlich weiß ich, wie alt du bist. Wenn du anfängst zu glauben, ich würde senil werden, hau ich dir eine rein.«

Joe entkam ein unfeines Schnauben. »Als bräuchtest du dafür einen Grund.«

Während sie ihm die Bänder abnahm und diese von seinem Nacken löste, schüttelte sie amüsiert den Kopf. »Ich sag's ja bloß, mein Lieber. Du bist ein guter Fang, und sie wissen es. Es wird Zeit, dass du es auch begreifst. Nicht jeder ist wie dieser Blödmann Blake. Zur Hölle, allein der Name hätte dich schon ausreichend warnen müssen.«

Joe zuckte zusammen. »Ich dachte, wir hätten entschieden, nie wieder über ihn zu sprechen?« Er würde nicht über Blake nachdenken. Gottverdammt, jetzt dachte er über Blake nach. Bea zog ihn erneut in eine Umarmung, streichelte sein Haar und entlockte ihm damit ein resigniertes Seufzen. Mit Bea zu streiten war, wie in Treibsand festzustecken. Je stärker man kämpfte, umso schneller versank man.

»Du kannst nicht zulassen, dass er deine Chancen, glücklich zu werden, ruiniert, Joe. Verbring dein Leben wegen diesem Arsch nicht allein. Er hatte dich nicht verdient.«

»Ich bin nicht allein«, sagte Joe lächelnd, rieb sein Gesicht an Beas Schulter und schnurrte wie eine Katze. »Ich habe dich, und ich weiß schon, was du über meinen Hintern denkst.« Er befreite sich, wich einem weiteren Klaps aus und rannte lachend in die Sicherheit seines Ladens hinaus.

»Alles in Ordnung?«, fragte Donnie mit besorgt zusammengezogenen Brauen.

»Ja.« Joe grinste, beugte sich zu ihm und flüsterte laut genug, dass die meisten Gäste es hören konnten: »Pass auf deinen Hintern auf. Bea ist auf der Jagd.«

Der Ausdruck blanken Terrors, der über Donnies Gesicht huschte, war zu viel, und Joe krümmte sich vor Lachen. Bea kam heraus um nachzusehen, was der ganze Rummel sollte, und als Joe nicht antworten konnte, weil er zu beschäftigt damit war, laut zu lachen, richtete sie ihren Blick auf Donnie. Der Junge floh aus dem Raum, als stünde der in Flammen, woraufhin sich Joe Halt suchend an der Theke anlehnen musste. Die restlichen Gäste brachen ebenfalls in Gelächter aus, und Bea sah sich um, als hätte gerade jeder den Verstand verloren. Vielleicht hatten sie das. Joe hatte diese Wirkung auf Leute.

»Nun, das war richtig gute Arbeit, Partner.« Joe winkte dem letzten Kunden hinterher, bevor er das Ladenschild umdrehte um zu zeigen, dass das Ende eines guten Tages gekommen war. »Donnie, bringst du noch den Müll raus?«

»Na klar.«

Joe ging zur Vordertür jenseits der Theke und einige Minuten später kam Donnie, zwei große, schwarze Tüten hinter sich her ziehend, zurück. Er musste wirklich anfangen, den Jungen mit mehr Fleisch und Kartoffeln zu füttern. Der Wicht konnte nicht mal eine Wollmaus anheben. Joe nahm ihm die Tüten ab und trug sie das restliche Stück zur Vordertür und hinaus auf den Gehweg. Sobald er wieder drin war, schloss er hinter sich ab und wandte sich der Seitentür zu, um einen Blick in den Garten zwischen seinem Laden und der benachbarten, schicken Schuhboutique zu werfen. Das war ein sonderbarer Platz für einen Gedenkgarten.

Vor Jahrzehnten, bevor die Boutique zur Boutique wurde, war es ein schickes Hutgeschäft gewesen, das Mrs. Lowe gehörte. Der Laden war zwar schon vor langer Zeit verkauft worden, das Gebäude gehörte Mrs. Lowe aber immer noch, zusammen mit dem Garten, den sie zu Ehren ihres Vaters angelegt hatte, der während des Zweiten Weltkriegs gefallen war. Obwohl es auf der Vorder- wie auch auf der Rückseite ein Eisentor gab, das geschlossen blieb, schlichen sich manchmal Jugendliche herein, um rumzumachen oder Dinge anzustellen, die sie nicht anstellen sollten. Deshalb hatte Mrs. Lowe Joe gebeten, für sie ein Auge darauf zu haben, weil es seit ihrer Hüftoperation für sie schwierig geworden war, selbst vorbeizukommen. Es machte Joe nichts aus. Wenn er eine kleine Pause brauchte, konnte er sich auf die Steinbank setzen und einfach die Bäume und Blumen genießen. Hier war auch sein Notausgang.

Vom Öffnen bis zum Schließen waren sie beschäftigt gewesen, und, Bea sei Dank, hatten sie den Rotherford-Auftrag bekommen. Je mehr er darüber nachdachte, umso aufgeregter wurde er. Er hatte noch nie eine Party beliefert. Wenn das ein Erfolg wurde, würde er auf Bea hören und darüber nachdenken müssen, weitere Aushilfen einzustellen. Wenn die Dinge richtig gut liefen, gab es im hinteren Bereich der Küche genug Platz für einen weiteren Backofen oder auch zwei, und wenn er ein bisschen von seinen Ersparnissen opferte, könnte er das stemmen, ohne seine Finanzen zu sehr zu beeinträchtigen. Es würde nichts Ausgefallenes werden, aber ein bisschen mehr Raum, neue Möbel, mehr Personal...

Die Frage war, schaffte er das? Er hatte schon einmal über einen größeren Laden mit einer eingegliederten Bäckerei nachgedacht. Das war gewesen, bevor alles den Bach runtergegangen war, inklusive ihm selbst. Sein Geschäft war mit den Jahren stetig gewachsen, und mit der derzeitigen Wirtschaftslage benötigten mehr Menschen denn je einen Platz, an dem man sich das Essen auch leisten konnte. Joes Laden entsprach dieser Anforderung.

Himmel, worüber, zum Teufel, dachte er nach? Sein Laden hatte sich in fünfzehn Jahren kaum verändert. Er war annähernd vierzig. War er wirklich dabei, jetzt damit anzufangen, derartige Risiken einzugehen?

Draußen im Garten fiel ihm auf, dass es viel dunkler war als üblich. Die schwarze Eisentreppe, die zu seiner Wohnung hinaufführte, lag dank der durchgebrannten Glühbirne darunter im Schatten. Großartig.

»Donnie, bring mir bitte eine Glühbirne und eine Leiter. Die verdammte Verkabelung hat schon wieder die Lichter ausgeblasen.« Er hörte Donnies Okay und machte sich auf den Weg, um die Torsicherung zu überprüfen. Vor sich hin grummelnd sammelte er ein paar Stücke verstreuten Abfalls auf. Zum dritten Mal innerhalb von zwei Wochen musste er jetzt schon diese verdammten Glühbirnen austauschen.

Ein paar Sekunden später hastete Donnie heraus und stellte die Leiter für ihn auf. »Ich dachte, Pete hätte es repariert?«

»Dachte ich auch.« Es schien so, als würde jedes Mal, wenn Pete etwas reparierte, etwas anderes kaputtgehen. Joe gab Donnie den Abfall und wollte gerade auf die Leiter steigen, als er ein leises, röchelndes Geräusch hörte. Er hielt inne. »Hast du das gehört?«

Donnie lauschte und schüttelte dann den Kopf, aber Joe hatte ganz bestimmt etwas gehört. Er starrte auf den feuchten Boden hinunter und lauschte. Diesmal war das Geräusch lauter und kam aus den Schatten weiter hinten im Garten. Kurz sah er zu Donnie hinüber, und die aufgerissenen Augen des Jungen sagten ihm, dass er es auch gehört hatte.

Während er sich bemühte, die Glühbirne schnell zu wechseln, fluchte Joe leise vor sich hin. Das Licht reichte nicht ganz bis zum äußersten Ende, aber zusammen mit dem Mondlicht war die Ausleuchtung gerade ausreichend, um durch das Gebüsch hindurch verschiedene Umrisse zu erkennen.

»Was, glaubst du, ist das?«, flüsterte Donnie.

Joe verdrehte die Augen, als ihm Donnies Atem im Genick kitzelte. »Komm noch näher, und ich nehm dich huckepack.«

»Entschuldigung«, sagte Donnie verlegen und trat zurück.

»Wahrscheinlich ist es nur eine Katze.« Lass es bitte nur eine Katze sein und nicht ein paar notgeile Teenager, die rummachen. Langsam bewegte sich Joe auf die Dunkelheit zu, während Donnie ihm erneut im Nacken saß. Allerdings vermutete Joe, dass Donnies plötzlicher Anfall von Mut eher etwas damit zu tun hatte, dass Elsie sie vom Eingang aus beobachtete, als damit, Lust auf eine Heldentat zu verspüren. Er lauschte angestrengt auf weitere Geräusche, aber neben denen der Stadt und Donnies Atem hörte er nichts. Dann sah er es: Einen großen, dunklen Brocken auf dem Boden, der vom leichten Schein des Mondes beleuchtet wurde. Was auch immer es war, es bewegte sich. Gerade so. »Himmel, das ist ein Mensch.«

»Vielleicht sollten wir ihn in Ruhe lassen, Joe. Wahrscheinlich ist das nur ein Obdachloser, der zu viel getrunken hat.«

»Das ist nicht besser. Wir können doch keine Schnapsleiche in Mrs. Lowes Garten liegen lassen.« Zentimeter für Zentimeter bewegte sich Joe vorsichtig heran, bis er über dem Körper stand, der sich wie ein Ball zusammengerollt hatte. »Eine teuer aussehende Lederjacke an einem Obdachlosen. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe auch noch nicht viele Obdachlose gesehen, die in ledernen Bikerboots rumlaufen.« Er ging in die Hocke und wendete eine Seite der Jacke nach außen. »Auch von einem Designer.«

»Joe, sieh mal!« Donnie zeigte auf das fleckige Gras genau unter dem Kopf des Mannes.

»Verdammt, ist es das, was ich denke?« Vorsichtig drehte Joe den Kopf des Typen und sah, dass das schwarze Haar am Hinterkopf matt vor Blut war. »Sieht aus, als hätte ihn jemand übel zugerichtet. Wir müssen einen Krankenwagen rufen.«

Donnie zögerte, bevor sich seine Instinkte einschalteten, dann prüfte er Atmung und Pulsschlag. »Sein Atem geht flach, aber er ist am Leben. Wahrscheinlich hat er eine Gehirnerschütterung, deshalb ist es nicht gut für ihn, bewusstlos zu sein.«

»Ich kenne mich bei Kopfverletzungen nicht aus, außer bei denen, die Bea mir verpasst, und die sind zum Glück nicht ausreichend für eine Gehirnerschütterung. Zumindest noch nicht.«

»Wenn er eine Gehirnerschütterung hat und nicht wieder zu Bewusstsein kommt, könnte das sein Gehirn schädigen. Das Problem ist, wir wissen nicht, wie lange er schon weg ist. Wir sollten...«

Die Hand des Mannes schoss hervor und packte Joes Handgelenk, was Donnie aufkreischen und Joe beinahe aus der Haut fahren ließ. »Lieber Gott!« Er war drauf und dran, Donnie fortzuscheuchen, damit er einen Krankenwagen rief, als ihm auffiel, dass der verletzte Mann versuchte zu sprechen. »Alles okay. Wir werden Sie ins Krankenhaus bringen, halten Sie einfach durch.«

Der Mann gab ein Geräusch von sich, das schrecklich nach Nein klang, aber das konnte nicht stimmen. Vielleicht war das arme Schwein im Delirium. Joe beugte sich über ihn, als der Kerl den Kopf hob. »Keine Cops«, lallte er und packte Joes Arm fester. Seine Stimme war so leise und rau, dass Joe ihn nicht gehört hätte, wäre er ihm nicht so nah gewesen. »Kein Krankenhaus.«

»Was?« Joe schüttelte den Kopf und tat sein Bestes, um ruhig zu bleiben. »Hören Sie, mein Freund, irgendjemand hat Ihnen eine übergebraten. Sie brauchen medizinische Versorgung.«

»Bitte, keine Cops. Helfen Sie mir.«