Ein Spion in erlauchter Gesellschaft - Kate Noble - E-Book

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft E-Book

Kate Noble

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Beschreibung

Eine aufregende, humorvolle und hochgradig unterhaltsame Geschichte über ein ungleiches Paar. Philippa Benning gilt als schönste Frau Englands. Als sie einem berüchtigten englischen Spion begegnet, verspricht sie, ihm Zutritt zu Adelskreisen zu verschaffen, wenn er dafür seine wahre Identität enthüllt. Schon bald muss Philippa feststellen, dass diese Vereinbarung sie in ein wahres Gefühlschaos stürzt ...

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KATE NOBLE

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Jutta Nickel

Für meinen Vater und meinen Bruder –

zwei kluge Gentlemen, die durch nichts aus der Ruhe

zu bringen sind

Prolog

Der Schein der untergehenden Sonne spiegelte sich auf dem bronzenen Türklopfer des Wirtshauses und lockte den erschöpften Reisenden wie ein orangefarbenes Leuchtfeuer. Seit Tagen schon war er unterwegs, immer seinem Feind auf der Spur. Und nun schien es, als winkte das Wirtshaus am Ende der Straße ihn zu sich und rief: »Du bist angekommen. Endlich angekommen.«

Jetzt würde es aufhören. Dessen war er sich sicher.

Das Gebäude hockte auf einem zerklüfteten Landvorsprung, der sich bis ins Meer erstreckte. Der Reisende spürte, fürchtete sogar, dass dieser Ort der richtige war. Das seltsame Gefühl in seinem Magen sagte es ihm. Er trank einen Schluck Wasser aus dem Lederbeutel, den er an der Hüfte trug. Dann straffte er die Schultern, fuhr sich mit den Fingern durch das Haar und zwang sich, seine Erschöpfung abzuschütteln.

Als er sich dem Haus näherte, wusste er, dass sein Instinkt ihn nicht getrogen hatte. Hier und heute würde es ein Blutvergießen geben. Die Frage war nur, wessen Blut vergossen werden würde … seines oder das des Feindes?

Der Hinweis meiner Kontaktperson war sehr gut, dachte er, während er auf dem Wirtshausschild die grob ins Holz geschnitzten Lettern unter dem Namen der Schenke las. Fin de Rue Poisson. Wörtlich übersetzt: Ende der Fischstraße. Sein Kontakt hatte berichtet, dass die verschlüsselte Botschaft, die sie abgefangen hatten, mit fish fin übersetzt worden war. Also hatte er jede Hütte, jedes Boot, jede Taverne in jedem kleinen Küstendorf in dieser Region im Norden Frankreichs nach einem fish fin abgesucht. Es mochte sein, dass Fin de Rue Poisson einer wörtlichen Übersetzung nicht gerecht wurde, aber als eine Zusammensetzung aus dem Englischen und dem Französischen schien fish fin genau ins Bild zu passen.

Das Meer spuckte sein Wasser fast bis an das Wirtshaus. Wenn er ganz genau hinschaute, lange genug auf den Horizont starrte – ob er dann wohl England sehen konnte? Seine Heimat?

Nein. Mehr als das Wasser und das aufragende Gebäude, das ihn noch immer zu sich zu winken schien, konnte er nicht erkennen.

Es war höchste Zeit, den Mann ausfindig zu machen, der ihm so lange hatte entwischen können.

Der Franzose stand am Fenster des Westzimmers des Wirtshauses am Ende der Rue Poisson, das im obersten Stockwerk lag. Er sah auf die Straße hinunter, die vom Dorf zur Küste führte. Er hatte sich diesen Standort aus strategischen Gründen gewählt, denn von hier aus konnte er überschauen, was dort draußen vor sich ging. Die kupferfarbene Sonne brannte ihm in den Augen, aber er musste wachsam bleiben, musste die Augen offen halten, musste am Leben bleiben.

Er wusste, dass der Mann, der Blue Raven genannt wurde, bald eintreffen sollte. Er wusste es, weil er selbst die Spur zu diesem geheimen Unterschlupf gelegt hatte.

Und heute Abend würde sich zeigen, ob die Mühe sich gelohnt hatte.

Der Franzose warf einen Blick auf seine Taschenuhr. Wer hätte ahnen können, dass es so verdammt lange dauern würde?

Auf der Straße rührte sich etwas. Der Franzose blinzelte in die Sonne, lehnte sich an das Fenster, suchte die Gegend ab. Sein Herz schlug schneller, das Blut schoss ihm in die Schläfen, seine Muskulatur spannte sich an. Er war bereit. Kampf oder Flucht?

Das Klappern der Pferdehufe drang ihm ans Ohr, als eine Kutsche herangefahren kam. Ein großer, stämmiger Mann lenkte das Gespann. Ein übergroßer Lederhut beschattete sein Gesicht, und er hatte sich in einen dicken Umhang gehüllt. Abwartend beobachtete der Franzose, wie die Kutsche sich näherte … um die Ecke bog und aus seinem Blickfeld verschwand.

Viel zu lange hatte er den Atem angehalten, den er jetzt wie in einem Stakkato aus den Lungen stieß. Beinahe zwei Wochen waren schon vergangen, seit der Kaiser bei Waterloo die weiße Fahne geschwenkt hatte; dem Franzosen war klar, dass die Jagd auf dessen Anhänger trotzdem noch immer andauerte. So, wie er noch immer an den plötzlich aufbrandenden Lärm gewöhnt war, der ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen hatte. Nein, so einfach wie ihr Anführer wollten sie sich nicht geschlagen geben. Aber für den Moment genügte es, wenn er die Hand auf die Pistole an seiner Hüfte legte und das kalte Metall spürte. Es beruhigte ihn.

»Das wird Ihnen jetzt auch nicht mehr helfen«, sagte eine tiefe, raue Stimme an der Tür.

Die Hand des Franzosen ruhte immer noch an seinem Gürtel, als er sich umdrehte und Blue Raven das erste Mal von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.

Der Mann war in das verschlissene Ölzeug gekleidet, wie es die Fischer hier trugen. Nur die Pistole mit dem verzierten Griff, die auf den blonden Schopf des Franzosen gerichtet war, gehörte nicht zur Verkleidung. Es war schlicht eine Tatsache, dass die tödliche Waffe des Mannes exakt mit der identisch war, die er selbst an der Hüfte trug.

»Sieh an«, sagte der Franzose in fehlerfreiem, wenn auch mit Akzent gesprochenem Englisch, »unser kleines Täubchen ist angekommen. Endlich.«

»Ich bitte um Verzeihung, wenn ich Sie habe warten lassen«, erwiderte der Engländer in fehlerfreiem, wenn auch mit Akzent gesprochenem Französisch.

Der Franzose setzte sich in den Armsessel, der am Fenster stand. »Ich muss zugeben, dass Sie anders aussehen, als ich es erwartet habe.«

Der Engländer kniff die Augen zusammen. »Sie hingegen sehen genau so aus, wie ich es erwartet habe.«

»Ach, wirklich?«

»Ja. Allerdings lag der Vorteil auch auf meiner Seite. Ich habe Sie schon einmal aus der Ferne gesehen.« In dem kleinen Zimmer klickte es metallisch, als der Engländer seine Pistole entsicherte. »Sie haben einem meiner Landsleute die Kehle aufgeschlitzt.«

Plötzlich lief dem Franzosen ein gänzlich unvertrautes Gefühl über den Rücken. Und weil es ihm so unvertraut war, brauchte er einen Moment, um zu begreifen, was es war: Panik.

Und in diesem winzigen Bruchteil einer Sekunde wurde ihm klar, dass er seinen Gegner hoffnungslos unterschätzt hatte. Denn er hatte es versäumt, den Hass einzukalkulieren, der, wie er jetzt erkannte, in Blue Ravens Augen loderte.

»Sie sind durch Städte und über Schlachtfelder verfolgt worden«, stieß der Engländer mit beißender Verachtung aus, »und Sie haben viele Leben zerstört oder vernichtet. Zu viele.«

»Monsieur«, entgegnete der Franzose – trotz seines wild pochenden Herzens gelang ihm ein kaltes Lächeln –, »ich bin sicher, wir können unsere Unstimmigkeiten wie Gentlemen beilegen.«

Der Engländer hatte ihn genau im Blick. Arm und Auge waren stark und fest. »Nein«, gab er zurück, »ich habe es satt, ein Gentleman zu sein.«

In einer raschen Bewegung riss der Franzose die Hand hoch. Pistolenschüsse hallten durch die Luft.

Blue Raven blieb auf der Türschwelle stehen, bis das Bein unter seinem Gewicht nachgab. Aus der Wunde ein paar Zentimeter über seinem Knie sickerte Rauch, dann setzte ein warmes, rotes Rinnsal ein und lief ihm den Schenkel hinunter. Der Franzose – der Feind, den er fast ein Jahrzehnt lang gejagt hatte, der Englands höchsten politischen Führern Geheimnisse abgeschmeichelt und das Blut derer vergossen hatte, die sich nicht so leicht hatten einfangen lassen –, dieser Mann blieb sitzen.

Und würde auch nicht wieder aufstehen.

Der rote Fleck auf der weißen Hemdbrust des Franzosen wurde größer und größer. Die Augen hatte er überrascht aufgerissen.

Bis zum letzten Atemzug hatte er geglaubt, er werde gewinnen.

Der Engländer humpelte zur Leiche des Franzosen und nahm ihr die Pistole aus der erschlafften Hand. Ohne viel Federlesens steckte er sich die Waffe in den Hosenbund, um sie nach so vielen Jahren wieder mit ihrem Gegenstück zu vereinen. Sein Blick fiel auf die Kette, die der Tote um den Hals trug. Ein Kruzifix hing daran. Er befreite es aus dem blutgetränkten Hemd und legte es dem Mann auf die Brust. Dann nahm er sich ein paar Sekunden Zeit, bevor er seinem Feind sanft die Augen schloss.

Blue Raven richtete sich auf und zuckte gleich wieder zusammen, als er das Gewicht auf das verletzte Bein verlagerte. Viel Zeit blieb ihm nicht. Den Krieg hatten die Engländer zwar gewonnen; aber er befand sich immer noch auf französischem Boden. Auf der Treppe konnte er bereits die schweren Schritte des Wirtes hören. Es blieb also nur noch Zeit für eine letzte Kleinigkeit.

Aus der Tasche seines Übermantels aus Öltuch zog er eine schwarze Feder, die er dem toten Mann behutsam in den Schoß legte.

Als er das Wirtshaus durch eines der Fenster verließ, konnte er seine Hochstimmung nicht länger zügeln. Adrenalin schoss durch seinen Körper, besiegte den Schmerz seiner Verletzung und beflügelte seine Flucht.

Es war vorbei.

Endlich.

Ein Jahr später

»Ob wohl alles glattgehen wird?«, fragte der Mann, und dabei klang seine Stimme nervöser, als ihm lieb war. Er war stolz darauf, sich immer den Anschein der Lässigkeit zu geben, aber die lärmende Abendgesellschaft im Bull and Whisker und der Mann neben ihm machten ihn nervös.

»Aber selbstverständlich. Deine englische Fantasie lässt ja sehr zu wünschen übrig«, entgegnete sein Begleiter, dessen französischer Akzent den grausamen Biss der Worte milderte. »Ich hingegen sehe durchaus klar. Aber ich zähle auf deine englische Befangenheit.« Noch einmal pochte er mit dem Knöchel auf die Theke. Der fleischige Mann dahinter kam mit der Flasche und füllte das Glas wieder auf.

Der erste Mann hob die Hand, um anzuzeigen, dass ihm nicht nachgeschenkt werden sollte. »Ich glaube nicht, dass es für unsere … Operation günstig ist, wenn wir zu viel trinken.«

»C’est la différence. In England scheint es besseren französischen Branntwein zu geben als in Frankreich selbst. Und das sogar hier«, er gestikulierte in Richtung der derben Fröhlichkeit in dem gut besuchten Etablissement, »an diesem Ort. Ich werde mir meinen Anteil daran sichern. Die Taube hat mir viel geraubt, aber das hat er mir nicht genommen.«

»Aber wann …«

»Wenn es nötig ist, nüchtern zu sein, bin ich nüchtern«, erklärte der Franzose. »Aber jetzt, in diesem Moment, sind wir nichts anderes als zwei Kameraden, die sich auf einen Drink treffen. Daher schlage ich vor, dass du dir auch noch einen gönnst. Non? Auch gut. Und was unsere Vereinbarung betrifft … ich bin vorbereitet. Ich schlage vor, dass du dich ebenfalls bereit machst.«

Damit stand er auf, griff nach seinem Spazierstock mit dem silbernen Knauf und drehte sich um, ohne im Mindesten zu schwanken. Mit einer Eleganz, wie sie den Menschen seiner Nationalität zu eigen war, ging er beschwingt zur Tür und verließ das Gebäude.

Der erste Mann wandte sich wieder zur Theke und gab dem Wirt das Zeichen, dass er jetzt doch noch einen Drink wünschte. Dann stieß er leise einen zittrig klingenden Atemzug aus.

Er wusste, dass das, was er tat, seinem Wohl und dem Englands diente.

Aber er wollte verdammt sein, wenn das, worauf er sich eingelassen hatte, nicht ein Pakt mit dem Teufel war.

Vor dem Bull and Whisker herrschte ein im Großen und Ganzen ruhiger Abend. Wie Abende am Hafen nun mal sind, dachte Johnny Dicks, während er an dem Stumpen kaute, der ihm zwischen den Zähnen klemmte. Er schaute zu, wie die Männer nüchtern in den Pub gingen und auf dem Weg an ihm vorbei sogar noch ihre Mützen zogen; und er schaute zu, wie sie betrunken wieder herausschwankten. Manchmal musste er sich von seinem mehr oder weniger bequemen Stuhl erheben, um die ruppigeren Gäste zu hindern, das Bull zu betreten; manchmal steckte Marty den Kopf durch die Tür und rief ihn hinein, damit er jemanden vor die Tür expedierte, der sich in seinem Rausch derber benahm, als es Marty gefiel.

Als Marty und er noch als Kameraden im Siebzehnten Regiment gedient hatten, war er immer für eine kernige Rauferei zu haben gewesen. Aber seit Marty das Bull gekauft hatte, behauptete er, dass die Kosten für die zerbrochenen Stühle und das zerschlagene Geschirr Schlägereien einen Hauch weniger lohnenswert machten.

Johnny Dicks dachte also gerade über das letzte Mal nach, als Marty einen zersplitterten Stuhl beklagt hatte und wie sein Schwager, der Tischler, ihn immer übers Ohr haute, als ein aalglatter Herr aus dem Bull and Whisker geschlendert kam und den Spazierstock so schwingen ließ, als gehörte ihm die ganze Welt und der Himmel darüber sowieso.

»Wünsch ’nen guten Abend, Kap’tän«, rief Johnny Dicks und nickte dem Mann zu, der so heftig herumfuhr, dass sein Stock auf Dicks’ Schienbein traf.

»Hey!«, rief der aus, »das hat wehgetan!«

»Wie hast du mich genannt?«, spie der aalglatte Mann aus. Nach all den Drinks klang sein französischer Akzent verwaschen. Beim Gehen hielt sich der Mann einigermaßen gerade, aber wenn wie jetzt das Temperament hochschoss, machten sich die Drinks bemerkbar. Johnny Dicks erhob sich, und Größe und Gewicht, die ihn zu einem imposanten Türsteher machten, verfehlten ihre Wirkung nicht, als er sich über den Franzmann beugte. Dessen Gesicht nahm allerdings einen ganz besonderen Glanz an, während es in seinen Augen ahnungsvoll glitzerte.

»Ich bin nicht dein Kap’tän«, stieß der Franzose aus und schwang seinen Spazierstock wie einen Kricketschläger. Mit seiner fleischigen Faust schnappte Johnny nach dem Stock und wirbelte ihn herum. Aber der Franzose war schneller, duckte sich weg und landete zwei schnelle Treffer auf Johnnys Körper – einen auf die Leber und einen auf die Milz. Der Stock mit dem Silberknauf fiel klappernd zu Boden, als Johnny Dicks auf die Knie sank.

»Die Taube hat mich nicht zur Strecke gebracht«, spie der Franzose aus, »und dir wird das auch nicht gelingen.« Mit einem raschen, boshaften Tritt krachte sein schwerer Stiefel gegen Johnny Dicks’ Kiefer.

Johnny stürzte rückwärts, schmeckte den schmierigen Staub des Kopfsteinpflasters. Er lag auf der Seite und atmete schwer, in seinem Kiefer brannte es wie Feuer. Er schaute zu, wie der Franzose seinen Stock aufhob und davonschlenderte, als wäre nichts geschehen. Schließlich verschwand er um die nächste Hausecke.

»Oh! Johnny!«, ertönte eine hohe, weiche Stimme. Johnny rollte sich auf den Rücken, stemmte sich hoch und erblickte Miss Meggie, die ›Lady‹ vor Ort – obwohl die junge Frau kaum mehr als zwanzig Jahre alt sein konnte, übte sie schon seit Langem ihr Gewerbe als Teilzeit-Prostituierte aus und arbeitete Vollzeit als Taschendiebin.

»Bist du in Ordnung? Der Kerl hat dich ja weggepustet, als wärst du nichts als Sägespäne!«, sagte Miss Meggie und half Johnny, sich noch weiter aufzusetzen. Johnny betastete seinen Kiefer und freute sich, dass offenbar nichts gebrochen war. Aber er kam nicht umhin, ein wenig Blut sowie einen oder zwei Zähne auszuspeien.

»Was hast du denn zu ihm gesagt?«, fragte Miss Meggie.

»Gute Nacht habe ich gesagt.«

»Aye, und genau das hat er dir wohl auch geantwortet«, schnaubte Miss Meggie verächtlich.

»Nein, um ehrlich zu sein, er hat irgendwas Komisches gesagt … irgendwas über eine Taube.« Es schmerzte nur ein wenig, als Johnny die Brauen zusammenzog. »Meggie, könntest du den Kerl vielleicht verfolgen? Ich würde gern ein bisschen mehr über ihn erfahren.«

»Keine Sorge, Johnny. Es hat noch nie einen Mann gegeben, den Meggie nicht zur Strecke bringen konnte.«

Damit ließ Meggie ihn auf dem Boden sitzen und tauchte in die Gasse ein, in deren dunklen Schatten der Herr verschwunden war.

Mit zwei Zähnen weniger und drei rasch anschwellenden Prellungen mehr saß Johnny eine Viertelstunde später wieder auf seinem Stuhl draußen vor dem Bull and Whisker, als Miss Meggie aus der schattigen Gasse auftauchte.

»Was ist passiert?«, wollte er wissen.

»Oben an der Hauptstraße hatte ich ihn eingeholt. Aber er ist in eine Kutsche gestiegen, die dort auf ihn wartete. Die Kutsche war zu schnell, ich konnte ihr nicht folgen.«

»In welche Richtung ist sie gefahren?«, hakte Johnny nach.

»Westen.«

»Na ja, das ist immerhin etwas.«

»Aye«, bekräftigte Miss Meggie lächelnd, »und das hier auch.« Aus der Rocktasche zog sie ein zusammengefaltetes Stück Kanzleipapier. »Ah, ah, ah!«, rief Miss Meggie lächelnd, hielt das Papier aber so lange außer Johnnys Reichweite, bis er eine Münze rausrückte.

»Was steht da geschrieben?«, erkundigte sich Meggie und beugte sich über Johnnys Schulter, während er das Blatt auseinanderfaltete. Johnny konnte zwar nicht besonders gut lesen – er hatte andere Talente –, aber er wusste auch, dass Meggie diese Fähigkeit ganz und gar abging. Bereitwillig schickte er sich an, ihre Neugierde zu befriedigen, und konzentrierte sich auf die geschwungene, wohlgebildete Schrift.

»Es ist … es ist eine Liste«, erklärte Johnny.

»Und was für eine Liste?«

»Keine Ahnung«, sagte Johnny. Im Geiste war ihm klar, dass er ein paar Puzzleteile zusammenfügen musste: einen Franzmann, der eine Taube erwähnt und ihn trotz seiner Trunkenheit mit der Präzision eines Scharfschützen niedergeschlagen hatte, und jetzt diese Liste. Nun hielt er die Teile in der Hand, hatte aber nicht die geringste Ahnung, wie er sie zusammenfügen sollte.

Johnny drehte sich zu Miss Meggie. »Aber ich kenne einen Herrn, der uns helfen könnte.«

1

Niemand würde bestreiten, dass Mrs. Phillippa Benning eine schöne junge Frau war. Umwerfend schön sogar – mit ihren kornblumenblauen Augen und dem seidigen Haar. Ihre Zähne hatte ein poetischer Gentleman einst als so vollkommen wie die Gestalt eines Korns gepriesen, aber das hieße dann vielleicht doch, die Metapher ein wenig zu sehr zu strapazieren.

Mrs. Benning strahlte und funkelte – um es auf den Punkt zu bringen. Witz, Humor und sprühende Lebensfreude verschafften ihr Zutritt zu den aufregendsten Salons der guten Gesellschaft, und die war etwas, das die Lady genoss und zu der zu gehören sie auch weiterhin beabsichtigte. Wenn sie nun in ihrem Denken gelegentlich zu forsch und in ihren Flirts zu ehrgeizig schien, so verzieh man ihr diese kapriziöse Verquickung aus Jugend und Schönheit nur zu gern. Denn wenn Phillippa Benning lächelte – so heißblütig die Lippen schürzte, dass verheiratete Männer die Vornamen ihrer Ehefrauen vergaßen –, konnte niemand weder Fehl noch Tadel an ihr entdecken.

Es gab tatsächlich niemanden, der schlecht über Mrs. Phillippa Benning dachte. Was sich ganz gewiss anders verhalten hätte, wäre sie nicht so reich und günstigerweise auch noch verwitwet gewesen.

Alle Welt wusste, dass Phillippa Bennings kurze Ehe der Stoff gewesen war, aus dem Märchen gewebt wurden; nur dass das »Sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage« fehlte. Nachdem sie um den Mann, mit dem sie ganze fünf Tage verheiratet gewesen war, ein volles Jahr getrauert hatte, war Phillippa die Erkenntnis gekommen, dass es außerordentlich angenehm war, nicht länger auf den erdrückenden und einengenden Schutz angewiesen zu sein, unter den unverheiratete Ladys sich begeben mussten. Also nahm sie mit Verve ihr Leben als junge Frau auf, die die Mittel zur Unabhängigkeit besaß.

Ihr gefielen all die Dinge, die auch anderen Frauen gefielen, nur dass sie sich diese Dinge ungeniert zu eigen machte. Auch sie las die neuesten Schauerromane von M. R. Biggley und Mrs. Rothschild. Was auch immer sie anmerkte – zum Beispiel, dass der Held für ihren Geschmack zu fade war oder aber dass eine andere Geschichte ihr kalte Schauder über den Rücken jagte –, es wurde automatisch als einzig geltende Wahrheit übernommen und von klugen Ladys und Gentlemen gleichermaßen zitiert. Sie war in der Lage, den Verkauf von Stoffen so sehr zu beeinflussen wie eine Dürre oder verregnete Saison die Ernte: Wenn Phillippa Benning behauptete, dass fliederfarbene Moiré-Seide nicht mehr modisch war, dann brach deren Verkauf bis in den Keller ein; wenn sie umgekehrt in einem minzgrünen Musselinkleid und butterfarbenen Spazierschuhen im Park gesehen wurde, wurden am nächsten Tag mindestens zwei Dutzend solcher Kostüme bei den besten Schneiderinnen der Stadt in Auftrag gegeben.

Es war ungewöhnlich, dass ein so junger Mensch (sie war gerade erst einundzwanzig) in den Salons den Ton angab. Aber mit Blick auf Mrs. Phillippa Benning war daran nicht zu rütteln. Ihr Wohlwollen konnte für den Erfolg eines Romans sorgen oder ihn zerstören, den Ruf einer Schneiderin, die Einladung einer Gastgeberin, die Beliebtheit einer jungen Debütantin oder das Herz eines jungen Kerls.

Und sie wusste das.

»Ich weigere mich strikt, Mrs. Hurstons Einladung zum Kartenspiel zuzusagen. Sie besteht darauf, einen violetten Turban mit Federn zu tragen, und ich habe mich schon ein oder zwei Mal der Mühe unterzogen, ihr zu gestehen, wie schlecht er ihr steht«, sagte Phillippa, während sie die Menge, die sich an der Paradestrecke aufgereiht hatte, durch ihr Opernglas betrachtete.

Phillippas beste Freundin Nora schnalzte mit der Zunge, schüttelte den Kopf und verbarg das zarte Gekicher hinter vorgehaltener Hand.

Nora war ein liebenswertes kleines Geschöpf, das Phillippa dieses Jahr aufgelesen hatte. Die junge Frau war achtzehn Jahre alt, und es war ihre erste Saison, die sich als verheerend hätte erweisen können, wenn Phillippa nicht eingegriffen hätte. Miss Nora de Regis war sehr reich und Engländerin von Geburt und Erziehung; aber sie litt unter einer dunklen Färbung ihrer Haut, welche sie von griechischen Großeltern und einer Mutter ererbt hatte, die ihren Kindern nicht gestattete, sich anders als in grobporige Baumwolle und steife Korsetts zu kleiden. Phillippa hatte nur dafür gesorgt, dass die Welt Noras dunkle Augen und deren olivfarbene Haut als exotisch ansah, und hatte deren Mutter zu einfallsreicheren Schneiderinnen geschleppt. Inzwischen würde man also weder Mutter noch Tochter je anders als nach der neuesten Mode gekleidet ansichtig werden. Als die Saison anfing, hatte Nora noch ein recht unschuldiges Naturell und eine große Offenheit besessen; Phillippa hatte ihr beigebracht, diese Züge ihres Charakters zu unterdrücken.

Und Nora hatte sich als sehr gelehrige Schülerin erwiesen.

»Also keine Phillippa Benning auf Mrs. Hurstons Party?«, erwiderte Nora neckend. »Das ist ein größerer Gesichtsverlust, als hätte unser Prinzchen abgesagt. Unsere gute Mrs. Hurston wird vielleicht so erschüttert sein, dass sie deine Ratschläge in Zukunft ernster nimmt.«

»Eigentlich«, sagte Phillippa und senkte ihr Opernglas, »sollte man meinen, dass sie ihre Lektion längst gelernt haben.«

Vor der Mittagszeit nahm Phillippa an gesellschaftlichen Veranstaltungen, die im Freien vonstatten gingen, in der Regel nicht teil. Andererseits gab es aber auch nur sehr wenige gesellige Anlässe, die ausdrücklich dafür vorgesehen waren, Männer unverhohlen anzustarren, und zu diesen Anlässen gehörte die Militärparade. Patriotismus war der letzte Schrei. Ihre Gesellschafterin Mrs. Tottendale hatte nicht bewegt werden können, sie zu begleiten, aber Nora war immer dafür zu haben, die Qualitäten junger Männer abzuschätzen. Außerdem konnte Bitsy – Phillippas Zwergspitz – ein bisschen frische Luft gut gebrauchen.

Die goldenen Epauletten auf den roten Wollmänteln brillierten in der Sonne, was Phillippas Blick aber nicht von dem umwerfend attraktiven Gentleman im dunkelgrünen Mantel ablenkte, der die Parade von der anderen Straßenseite aus beobachtete.

»Hast du ihn entdeckt? Den Marquis of Broughton?« Nora verrenkte sich beinahe den Hals, als sie vergeblich versuchte, über die Menge zu schauen, die sich im Park versammelt hatte.

»Dort rechts, auf der anderen Seite der Straße«, sagte Phillippa. Sie schaute ihn zwar nie direkt an, verlor ihn aber trotzdem nicht aus dem Blick. Schließlich hatte sie all diese schillernden Rotröcke vor Augen, die sie betrachten konnte. Bitsy zitterte zart in Phillippas Armen; der Hund war so nervös, dass sein Smaragdhalsband leicht bebte.

Nora stellte sich auf die Zehenspitzen und lehnte sich über die Menge so weit in die Straße hinein, dass sie beinahe von einem ausscherenden Pfeifenspieler umgeworfen wurde. Schließlich entdeckte sie das Objekt, dem Phillippas eindringlich absichtsvolle Unaufmerksamkeit galt.

»Oh! Der ist einfach zum Anbeißen!«

»Ich weiß«, schnurrte Phillippa, ließ ein kleines Lächeln über ihren Mund spielen und verwöhnte Bitsy mit langen, sanften Streichelstrichen. »Wo hat er sich nur bis jetzt versteckt? Die vergangenen Saisons wären sehr viel interessanter gewesen, wenn er dabei gewesen wäre.«

»Die vergangenen Saisons sind für dich nicht unbedingt langweilig gewesen«, widersprach Nora spöttisch. »Das musst du zugeben.«

Es stimmte. Phillippa hatte ihre erste Saison als Witwe in vollen Zügen ausgekostet. Oh, das galt natürlich auch für die Saison, in der sie in die Gesellschaft eingeführt worden war – die dann aber mit Alistairs Tod ein abruptes Ende gefunden hatte. Und daher hatte Phillippa beschlossen, das Ende ihrer Trauerzeit als vollkommen neuen Anfang zu betrachten. Ihr war klar, dass sie wieder heiraten würde – die Vision eines ruhigen Landlebens mit einer Schar Kinder um sie herum schwebte so bedrohlich über ihr wie eine Gewitterwolke –, aber ihre erste Saison als Witwe war ein so überwältigender Erfolg gewesen, dass sie sich weigerte, sich niederzulassen, bevor sie sich nicht eine zweite gegönnt hatte. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig. Ihr Vermögen gehörte ihr persönlich, denn es war ihr mit der Heirat überschrieben worden. Es war ein unglaublicher Luxus, solche Unabhängigkeit genießen zu können. Denn sie konnte flirten, ohne irgendein Nachspiel befürchten zu müssen, konnte tanzen bis in den frühen Morgen hinein.

Oh, ihre Eltern – Viscount und Viscountess of Care – wiegten sich natürlich in der Hoffnung, dass sie eine gute Partie machen und sie mit Großkindern versorgen würde, welche sie verwöhnen und zu ihren Erben machen könnten. Aber Phillippa hatte sie darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie nichts anderes als den perfekten Mann wünschte, um überhaupt über eine Eheschließung auch nur nachzudenken: Reich musste er sein, mit Titel und tonangebend in den Salons. Und bis dieser Mann auftauchte, blieb ihren Eltern nichts anderes übrig, als die Hände zu ringen und sich einstweilen um ihr eigenes Leben zu kümmern. Das hieß für ihren Vater, auf seine Ländereien zurückzukehren und sich seinen Börsengeschäften zu widmen, und für ihre Mutter, nach Bath oder Brighton zurückzukehren, wo das Wasser so belebend war wie die Männer, wie sie zu sagen pflegte.

Aber ihre Eltern waren auch sehr angetan, als sie erfuhren, dass der Marquis of Broughton auf dem Schauplatz aufgetaucht war und bislang Gnade vor Phillippas Augen gefunden hatte.

»Mir ist zu Ohren gekommen, dass Broughton bis jetzt auf seinen Ländereien festgehalten worden ist«, Phillippa zog einen frechen Schmollmund. »Der arme Kerl.«

»Auf welchen denn?«, fragte Nora zurück. »Es heißt, er habe Dutzende.«

»Spielt das eine Rolle? Es zählt doch nur, dass er vorher nicht hier war, jetzt aber in der Stadt ist.« Ein zufriedenes Lächeln hob den perfekten Schwung ihres Mundes.

»Nun«, gestand Nora ein, »wenn er aus der Nähe tatsächlich auch so köstlich ist wie aus der Ferne … Bist du ihm schon vorgestellt worden?«

»Noch nicht«, sagte Phillippa, als der letzte Soldat vorbeimarschierte und gleichzeitig die begeisterten Schaulustigen im Schlepptau anführte (glücklicherweise hatte die Parade ohne Pferde stattgefunden, denn sonst hätten die Schaulustigen unter Fehltritten und einer Geruchsbelästigung leiden können). »Aber nicht mehr lange, und er wird sich selbst vorstellen.«

Überrascht riss Nora die Augenbrauen hoch. »Woher willst du das wissen?«

»Pass auf.«

Nachdem der letzte Schaulustige vorübergezogen war, ließ Phillippa alle Schüchternheit fahren, drehte sich um, fing den habichtartigen Blick des Marquis of Broughton auf und hielt ihn fest.

Eins … zwei …

Sie zog die Brauen hoch, ganz schwach nur, und erlaubte ihren Mundwinkeln die zarteste Aufwärtsbewegung.

Drei … vier …

Nie nahm sie die Augen von ihm. Nie erlaubte sie es der Hitze seines Blickes, mehr als nur die schwächste Röte auf ihre Wangen zu malen.

Fünf.

Mit einem letzten, winzigen Zucken ihrer Braue wandte Phillippa ihren Blick betont von ihm ab und Nora zu.

»Nicht mehr lange, und er wird sich vorstellen«, wiederholte sie und unternahm noch nicht einmal den Versuch, die Selbstgefälligkeit zu verbergen, die sie für wohlverdient hielt. »Vielleicht sollten wir uns in der Zwischenzeit ein Eis gönnen? Es ist unerträglich heiß inmitten dieser …«, sie huschte mit der Hand über den Schauplatz, »… dieser Leute.«

Phillippa händigte den begierig zuckenden Zwergspitz dem livrierten Diener aus, der für die Spaziergänge des Hundes zuständig war, ergriff Noras Arm und zerrte sie sanft zu den Läden am Rande des Parks. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass der Marquis of Broughton sich ihnen näherte. Der Mann war immer noch gut zwei Meter entfernt, bewegte sich aber wie ein Jäger, der seiner Beute auf der Fährte war. Verstohlen griff Phillippa zu Nora hinüber und riss ihr einen ihrer Handschuhe aus der Hand (ganz bestimmt hatte sie nicht vor, ihren eigenen zu beschmutzen) und ließ ihn fallen – all das, ohne dass Nora es überhaupt bemerkte. Der Marquis war inzwischen hinter ihr angelangt und daher außerhalb ihres Blickfeldes.

Sie verlangsamte den Schritt. Und zählte.

Fünf … vier …

Er konnte nur noch wenige Schritte vom Handschuh entfernt sein.

Drei … zwei …

Jetzt bückte er sich. Musste ihn also aufheben.

Eins.

»Madam? Bitte verzeihen Sie,«, wandte sich eine tiefe männliche Stimme, die ihr nicht vertraut war, in einem warmen Tonfall an sie.

Jemand, der nicht der Marquis sein konnte.

»Es scheint, als hätten Sie dies hier fallen lassen«, sagte der unglaublich große Mann mit der tiefen Stimme und hielt Noras kleinen, jetzt schmutzbefleckten Handschuh hoch.

»Danke«, erwiderte Nora und lächelte höflich, als sie ihm den Handschuh abnahm. »Ich habe gar nicht bemerkt, dass er mir heruntergefallen war, Mr. …«

»Mr. Worth«, erwiderte er, bevor er sich an den Hut tippte.

»Mr. Worth«, wiederholte Nora und übernahm die Pflichten der Unterhaltung, auf die Phillippa verzichtet hatte.

Verzichtet, weil sie den Blick aus leicht zusammengekniffenen Augen starr auf den Marquis of Broughton gerichtet hielt, der sich genau wie sie irgendwelcher zudringlichen Personen zu erwehren hatte; sie beobachtete, wie er einem einigermaßen hübschen weiblichen Wesen ein Retikül zurückgab und wie dieses Wesen von Zeit zu Zeit unauffällig seinen Arm berührte.

Es schien, als sei er – ›rein zufällig‹ – über niemand anderes gestolpert als über das heimtückischste aller Luder: Lady Jane Cummings.

2

Die Rivalität zwischen Phillippa Benning und Lady Jane Cummings währte schon so lange, dass niemand mehr wusste, wie sie eigentlich angefangen hatte. Die einen waren überzeugt, dass irgendein junger Kerl zu irgendeinem Zeitpunkt die eine der anderen vorgezogen haben musste. Andere, mit schärferer Erinnerung, wussten noch, dass sie bereits an Mrs. Humphrey’s School for Elegant Ladies Rivalinnen gewesen waren, die gegnerische Gruppen halb erwachsener Mädchen angeführt hatten – mit starker Hand, witzigen Bemerkungen und einfallsreichen Streichen, die für junge Ladys ihrer Stellung ausgesprochen unziemlich waren …, und wieder andere vertraten die Auffassung, dass die Rivalität der beiden schon im Mutterschoß begonnen hatte, da beide Mütter dafür berüchtigt waren, in ihrer Jugend die Vorteile ihrer unverbrauchten Schönheit nach Kräften genossen zu haben. Woran auch immer es liegen mochte, Phillippa Bennings Hass auf Lady Jane zog es nach sich, dass sich ganz London das Maul über die beiden zerriss.

Phillippa hatte natürlich angenommen, dass sich ihre und Lady Janes Wege zur Zeit von deren gesellschaftlichen Debüts schon lange getrennt haben würden; Phillippa hatte mit siebzehn debütiert, und die Duchess– Lady Janes Mutter – wollte nichts davon wissen, ihre einzige Tochter in die Gesellschaft zu schubsen, bevor die nicht das achtzehnte Lebensjahr erreicht hatte.

Aber während Phillippa geheiratet und dann ihre Trauerzeit absolviert hatte, hatte Lady Jane debütiert, war dann in die Krankenpflege und bald darauf selbst in die Trauer gestoßen worden. Ihre Mutter war schwer erkrankt und hatte wochenlang gelitten, bevor sie schließlich verstarb. Und so waren die Saisons vergangen, und jetzt standen sich Phillippa und Jane erneut bei gesellschaftlichen Anlässen gegenüber und zwangen einander mit ihren Blicken in die Knie.

Es war höchst ärgerlich.

Phillippa genoss zwar die Vorteile der Freiheiten einer Witwe; allerdings war es Lady Jane, genauso alt wie ihre Rivalin, die den Eindruck von Jugend und Frische erweckte. Und in den Salons galt nichts als so verführerisch wie das Neue.

Jede Frau im heiratsfähigen Alter gehörte entweder zu Phillippas oder zu Lady Janes Lager. Und jeder Gentleman wusste, was es bedeutete, auf dem schmalen Grat dazwischen zu wandeln. Wenn ein Gentleman also sowohl Phillippa als auch Lady Jane ins Auge gefallen war, herrschte mit Sicherheit Aufruhr.

Aber allein schon wegen ihrer vorteilhaften Größe, die sie stets als Pluspunkt ins Feld führen konnte, war Phillippa felsenfest davon überzeugt, dass sie den Gentleman, um den es jetzt und hier ging, an diesem Tag im Park zuerst erspäht hatte.

»Der Marquis of Broughton«, kündigte der gebieterische Butler an der Tür von Lady Plessys Salon den Gast an.

Außerdem war sie diejenige, die sich glücklich schätzen durfte, zu dieser Dinnerparty geladen worden zu werden.

Lady Plessys Dinnerpartys waren ganz und gar Phillippas Arena. Die Menschen, die sich dort trafen, waren elegant, begierig und entschlossen, ihren Spaß zu haben. Lady Jane wäre in diesem Kreise sehr willkommen gewesen – wäre da nicht Lady Plessys Gefolgschaft gegenüber Phillippa.

Wenn man Phillippa Benning überhaupt irgendetwas nachsagen konnte, dann ihre Entschlossenheit. Die Gäste hatten sich im Salon versammelt, bevor sie zum Dinner schlenderten und über die ereignisreichen Nichtigkeiten des Tages schwatzten. Als Broughton sich vor ihrer Gastgeberin verbeugte, marschierte Phillippa direkt zu ihm, streckte ihm die Hand entgegen und ergriff das Wort.

»Guten Abend. Ich bin Phillippa Benning. Und Sie sind …?«

Manchmal hatte es auch seine Vorteile, jemanden direkt anzusprechen.

Broughton kniff die Augen zusammen. Dann noch einmal. Dann brach er in schallendes Gelächter aus, beugte sich über ihre Hand und sagte: »Broughton, Mrs. Benning. Schrecklich erfreut, dass Ihre Handschuhe keinen Schaden davongetragen haben.«

Damit erntete er Phillippas ebenso strahlendes wie wissendes Lächeln.

Nachdem sie Lady Plessy mit dem süßlichen Versprechen geködert hatte, sie ihrer berühmten Schneiderin Madame Le Trois vorzustellen, wurde Phillippa die Ehre zuteil, nur einen Platz von der guten Lady entfernt sitzen zu dürfen – und damit genau gegenüber dem anderen Gast, den Lady Plessy bevorzugte, dem Marquis of Broughton. Er wurde gleichsam ins kalte Wasser geworfen, und das nur drei Tage nach seiner Einführung in die Gesellschaft.

Phillippa ließ ihn die Unterhaltung führen. Der Blick aus ihren klaren blauen Augen fand den seinen mindestens ein Dutzend Mal im Verlauf des Dinners. Während er über seine Erfolge bei der Jagd sprach, sein Können im Fechtkampf, seinen Stolz auf Britanniens Siege auf dem Kontinent (obwohl er dazu nicht beigetragen hatte) und über seine Anwesen und Ländereien (sorgsam darauf achtend, wie es sich für höfliche Menschen gehörte, nichts über deren Nettowert preiszugeben) – blieb er die ganze Zeit ihr zugewandt und versuchte, durch den Strom seiner Worte zu ihr durchzudringen. Lady Jane hat nicht die geringste Chance, konnte Phillippa nur selbstgefällig denken.

Nach dem Dinner führte er sie auf das Parkett. Seine Hand glitt zart über ihren Nacken, was ihr einen köstlichen Schauder über den Rücken jagte. Sie schnappte kaum merklich nach Luft und zog die Lippen hoch. Sie verspürte eine größere Bereitschaft, sich während der Drehungen der Quadrille, des mühelosen Wechsels von einer Stelle auf die andere fester in seine Hand zu schmiegen; seine Bewegungen waren elegant und einfach perfekt.

Wer war doch gleich Lady Jane?

Als die Gäste aufbrachen, um sich anderen Festivitäten zuzugesellen, beugte Broughton sich über Phillippas Hand. Er ließ sich Zeit, spielte mit dem heißen Daumen zärtlich über ihre Fingerspitzen.

»Ich hoffe, dass ich Sie wiedersehen darf«, brummte er, »vielleicht bei Almack’s?«

»Almack’s?«, erwiderte Phillippa hüstelnd.

»Almack’s«, entschied er entschlossen und mit einem Augenzwinkern. »Soll ich für oder gegen Sie wetten?«

Ihr blieb keine andere Antwort als nur ein Lächeln.

»Aber Almack’s ist dir doch verhasst! Du sagst immer, dass die Schirmherrinnen die Nase über dich rümpfen«, wisperte Nora heftig. Die Freundinnen hatten sich bereits auf der nächsten Gesellschaft eingefunden und sich dort in das Ruhezimmer für Ladys zurückgezogen – bei den Hurstons? Ach, nein, Phillippa hatte sich ja geweigert, dorthin zu gehen –, sie waren bei den Winters und gönnten sich den Luxus einer kleinen Tratscherei in einem der abgeschirmten Alkoven, die vergleichsweise abgeschieden lagen und den Ladys den nötigen Rückzugsraum boten, um sich den Geheimnissen ihrer Schönheit zu widmen.

Oder auch nur ihren Geheimnissen.

»Über wen rümpfen sie eigentlich nicht die Nase? Aber immerhin, mir haben sie noch nie eine Einladung verweigert«, erwiderte Phillippa lässig.

»Aber …«

»Nora, ich bin mir sehr wohl darüber bewusst, wie ich gegenüber dem Almack’s empfinde.« Und das galt offenkundig auch für den Marquis. Obwohl er sie beinahe aufgefordert, nein, sogar herausgefordert hatte, dorthin zu gehen. Was sollte er nur von ihr halten, wenn sie einer solchen Herausforderung nicht gewachsen war?

Das fröhliche, melodische Summen der Stimmen der anderen Frauen, die sich in ihren Alkoven unterhielten, tratschten und lachten, sorgte dafür, dass einzelne Worte nicht nach außen drangen. Aber nach und nach traten einige Stimmen deutlicher hervor als andere.

»Hast du den Marquis of Broughton auf der Parade gesehen? So groß und so elegant! Er war praktisch der hübscheste Mann in Uniform!«, kreischte eine junge Lady in höchsten mädchenhaften Tönen; es konnte sich nur um Miss Louisa Dunningham handeln.

»Ja, meine Liebe«, erwiderte die Mutter mit überraschend tiefer Stimme, »er hat sie alle in den Schatten gestellt.«

»Habt ihr ihn auch nach der Parade gesehen?«, warf eine andere junge Frau ein, vermutlich Miss Sterling. »Er hat Lady Jane Cummings ja praktisch misshandelt!«

»Jetzt aber mal langsam«, wurde sie von Mrs. Dunningham gebremst, »etwas Derartiges habe ich nämlich nicht gesehen. Penny, du solltest dich hüten, solche Gerüchte in die Welt zu setzen.«

»Aber ich habe doch gesehen …«

»Du hast einen Mann gesehen, der ihr Retikül aufgehoben hat. Mehr nicht.«

Damit waren die jungen Debütantinnen außer Gefecht gesetzt. Aber nur vorübergehend.

»Oh, er hat ihr das Retikül aufgehoben! Wie romantisch!«, quiekte Louisa und brachte Phillippa dazu, auf verzweifelte und höchst unattraktive Weise die Augen zu verdrehen. Auf Louisas jugendlichen Ausbruch nachempfundener Gefühle folgte Penny Sterlings kunstvoll sehnsüchtiger Seufzer, und ein »Oh, glaubst du, er wird sich wahnsinnig in sie verlieben? Glaubst du, dass ihre unendliche Schönheit ihm den Boden unter den Füßen wegreißen wird?«.

»Höchstwahrscheinlich ist er wohl eher verängstigt«, wisperte Phillippa ihrer Freundin zu, »wegen ihrer unendlichen Nase.« Unglücklicherweise musste Nora kichern, schlug sich aber schnaubend die Hand auf den Mund.

Sosehr Phillippa die Gesellschaft ihrer Freundin auch schätzte – wenn Nora schnaubte, dann geschah das recht eindringlich.

Die belauschte Unterhaltung versiegte. Mit Feingefühl und Eleganz wurde stattdessen ein anderes Thema angeschnitten. Die neugierige Louisa streckte den Kopf um den Wandschirm und maß die Freundinnen mit einem Blick aus weit aufgerissenen Augen.

»Oh! Mrs. … Mrs. Benning! Wie geht es Ihnen?«, stammelte Louisa. »Miss de Regis«, wandte sie sich an Nora, und während sie es tat, knickste sie und zwang Phillippa und Nora, sich zu erheben und ebenfalls zu knicksen. Sie tauchten aus ihrem Alkoven auf (warum sich noch länger verbergen?), um Mrs. Dunningham und Miss Penny Sterling zu begrüßen.

Nachdem die Frauen einen Moment lang nur steif in die Knie gegangen waren und sich wieder aufgerichtet hatten, beschloss Penny, als Erste das Wort zu ergreifen.

»Wir haben uns gerade über …«

»… etwas unterhalten, was in einer Million Jahren nicht geschehen wird!«, platzte Nora heraus, womit sie ebenso schockierte wie überraschte, Phillippa eingeschlossen. »Ich wollte nur sagen«, fuhr sie fort, »dass der Marquis of Broughton sich nicht in jemanden wie Lady Jane Cummings verlieben wird, nur weil sie ihr Retikül hat fallen lassen. Ganz besonders dann nicht, wenn er schon mit Phillippa getanzt hat. Zwei Mal sogar.«

Die erschütterten und entzückten Seufzer, die die Behauptung bei ihrem Publikum hervorrief, überdeckte das ebenso schockierte und entsetzte »Nora!«, das Phillippas Mund entfleuchte. Zum ersten Mal seit vielen, vielen Monaten spürte Phillippa, wie ihr eine schwache Röte über die Wangen kroch. Sie wäre zutiefst verärgert und böse auf Nora, hätte die Freundin mit ihren geröteten Wangen nicht so entzückend ausgesehen.

»Wo?! Wann?! Wie?!«, quiekten Louisa und Penny, während Mrs. Dunningham sich deutlich stiller verhielt, aber trotzdem genauso begierig auf jede Tratscherei war.

»Oh, wie romantisch!«

»Ist es auf der Party passiert? War es so, als wäre außer ihnen beiden niemand sonst im Zimmer gewesen?«

»Und wie ist der Marquis? Ach, bestimmt ist er einfach nur umwerfend!«

Phillippa lächelte. Sie war nur zu bereit, sich über Broughtons Vorzüge auszulassen. »Umwerfend, ja, so könnte man es nennen. Herrlich ist allerdings viel angemessener.«

Und das war er auch. Phillippa erinnerte sich an ihr Kennenlernen, das nur wenige Stunden zurücklag. Erinnerte sich an sein wunderbares blondes Haar, das ihm modisch perfekt in die Stirn gefallen war, als er sich über ihre Hand gebeugt hatte; keine Sekunde hatte er die Augen von ihr gelassen, hatte sie einen Hauch zu lange angeschaut, ohne sie allerdings anzustarren. Es geschah nur selten, dass Phillippa sich innerlich berührt fühlte; Broughton hatte mit Sicherheit ihr Interesse geweckt. Und als er sie um einen Tanz gebeten hatte, war es eine Herausforderung gewesen, ein Wagnis. Phillippa hatte ihre Zweifel, dass Lady Jane sich als solch verführerische Tanzpartnerin wie sie erweisen würde.

»Oh«, seufzte Louisa und brachte Phillippa auf den Boden der Tatsachen zurück, »glauben Sie, dass er um Ihre Hand bitten wird?« Mrs. Dunningham schloss sich ihrer Tochter erfreut an. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass er eine halbe Million Pfund wert sein soll.«

»Oh, das passt wie angegossen zu Mrs. Bennings halber Million Pfund!«, ergänzte Penny Sterling, die mit ihrem Namen zu einer solchen Bemerkung berufen war.

»Ladys!«, rief Phillippa aus. Keinesfalls wollte sie, dass das Karussell der Anspielungen sich noch weiter drehte. »Du liebe Güte, Sie hätten es am liebsten, dass ich praktisch über Nacht wieder heirate, nicht wahr? Dazu kann ich nur sagen, falls ich den Wunsch verspüre, den Marquis of Broughton unter meine Fittiche zu bringen, ja, dann würde ich es tun.«

»Aber was ist mit Lady Jane? Sie hat ihren Handschuh doch auch in den R…«

»Lady Jane?«, kreischte Phillippa, »glauben Sie ernsthaft, dass ich sie in irgendeiner Hinsicht als Bedrohung empfinde?«

Nora schnaubte. »Noch nicht einmal mit bewaffneten Schützen und einem Netz würde es Lady Jane gelingen, Broughton einzufangen. Phillippa wird ihn für sich gewinnen. Warten Sie’s ab, Sie werden schon sehen.«

»Nora«, sagte Phillippa rasch, wobei ihr Lächeln kaum merklich schwand, »ich sagte doch, falls ich den Wunsch verspüre …«

»Ach, wirklich, Mrs. Benning, ist das so?«, bemerkte eine kehlige, aber trotzdem nach scharfem Verstand klingende Stimme hinter einem abgeschirmten Alkoven auf der linken Seite. »Sie glauben also wirklich, dass Sie mich in irgendeiner Hinsicht überflügeln können?«

Lady Jane Cummings tauchte auf, im Schlepptau ihr engstes Gefolge, aus dem Blicke wie ein Schwarm aus hübsch anzusehenden, aber grimmigen Pfeilen auf sie abgefeuert wurde.

Es war, als würde eine unterschwellige Elektrizität durch den Raum schwirren. Noch bevor Phillippa zu einer scharfen Erwiderung anheben konnte, ging Noras Mundwerk mit ihr durch.

»Natürlich kann sie!«, stieß Nora aus und drehte sich so um, dass sie Phillippa vor dem Angriff schützte. Es war eine Bewegung, die ihr Zwergspitz Bitsy schon unzählige Male für sie gemacht hatte – gegen die verfeindeten Eichhörnchen, ja, aber trotz allem blieb es eine beschützende Geste.

»Warum?«, fragte Lady Jane, »die Männer wollen Sie doch nur Ihres Geldes wegen. Und Broughton hat Geld.«

Plötzlich senkte sich eine frostige Stimmung über die Gruppe. Niemand sprach ein Wort. Niemand wagte zu atmen. Denn Lady Jane hatte ausgesprochen, was niemand sonst auszusprechen wagte. Jedenfalls nicht Phillippa direkt ins Gesicht. Phillippa kniff die Augen zusammen; ihre Gesichtszüge wirkten wie Marmor. Sie hielt es nur für gerecht, es Lady Jane mit gleicher Münze heimzuzahlen.

»Inzwischen wollen die Männer Sie doch nur, weil Sie mit einem Titel einherkommen. Und Broughton hat einen Titel. Ich begreife nicht, wie Sie glauben können, dass Sie ihm ins Auge fallen, sofern Sie sich ausschließlich auf Ihre sprühende Persönlichkeit verlassen.«

»Ich darf mich glücklich schätzen, dass meine Persönlichkeit ein wenig heller sprüht als Ihre«, schoss Lady Jane so kühl zurück wie die Themse mitten im Dezember, während sie mit ihrem Gefolge zur Tür schwebte und entschwand.

»Oh!«, Nora warf einen grimmigen Blick auf die mittlerweile geschlossene Tür, »dass Lady Jane aber auch glaubt, nur weil sie die Tochter eines Duke ist, kann sie alles sagen, was ihr in den Kopf kommt!«

»Nur zu wahr«, erwiderte Phillippa und bemerkte erst jetzt, dass sie in Louisa, Penny und Mrs. Dunningham immer noch ein Publikum hatte, das darauf wartete, dass sie entweder zusammenbrach oder lauthals schrie. Aber Philippa verweigerte sich sowohl dem einen als auch dem anderen.

»Sie müssen wissen, dass ich gerade einen kurzen chinesischenText gelesen habe. Höchst bewundernswert und voller nützlicher Beobachtungen«, sagte sie und schenkte der Menge um sie herum ein lässiges Lächeln. »Es heißt dort, dass jemand, der sich in Worte verstrickt und den Schauplatz verlässt, bevor die Sache beendet ist, nicht über die geringste Munition verfügt, mit der er in den Kampf ziehen kann.«

Die drei Ladys blinzelten einander zu, bis Mrs. Dunningham sich einmischte. »Sie hat recht, Mädchen!«, flötete sie, »stellt euch nur mal vor! Lady Jane hat das Zimmer unglaublich raschverlassen! Noch bevor Mrs. Benning die Möglichkeit hatte, eine Antwort zu geben! Sie muss schreckliche Angst vor dem gehabt haben, was Mrs. Benning ihr wohl entgegnen könnte!«

»Stimmt haargenau!«, schwärmten die jungen Mädchen, »oh, du liebe Güte, Sie haben vollkommen recht!«

»Mrs. Benning, wo kann man diesen chinesischen Text bekommen? Er wäre so nützlich, um den Mädchen den Weg durch die Gesellschaft zu weisen!«, erkundigte sich Mrs. Dunningham. Ihr Gesicht war gerötet vor freudiger Erwartung, ihren Freundinnen von Mrs. Bennings Empfehlung zu berichten. Gnädig gab Phillippa den Namen eines Buchhändlers preis, bevor sie zusammen mit Nora das Zimmer verließ.

»Das war sauber pariert«, wisperte Nora auf dem Weg in den Salon der Winters, wo mehrere Kartenspieltische vorbereitet worden waren, um die Nacht in ein angenehmes Spiel vertieft zu verbringen.

»Ich sage doch nur die Wahrheit.« Phillippa zuckte die Schultern.

»Aber was willst du jetzt mit Lady Jane und Broughton machen?«, fragte Nora, unmittelbar bevor sie ihren Tisch für eine Runde Whist auswählten, an dem sie zu viert sitzen würden: mit Phillippas Gesellschafterin und Freundin Mrs. Tottendale, die sich wiederum Mrs. Winter und eine Flasche Sherry als Partner für den Abend gewählt hatte.

»Das ist ganz einfach, Nora«, erwiderte Phillippa, »ich werde gewinnen.«

3

Es war jedes Mal ein Ereignis, wenn Phillippa Benning einen Raum betrat. Mitten im Satz brachen die Menschen ihre Unterhaltung ab und verdrehten sich den Hals, um sie zu sehen. Wer in ihrer Gunst stand, stürmte zu ihr, um sie zu begrüßen und sie an den besten Platz im Zimmer zu komplimentieren – an den Platz, der die vorteilhaftesten Ausblicke bot, wo man sah und gesehen wurde. Und wer nicht in ihrer Gunst stand – nun, solche Menschen würde man überhaupt nicht erst einladen. Wenn sie vorbeischwebte, teilte sich die bewundernde Menge, wie einst das Rote Meer sich vor Moses geteilt hatte. Das war immer der schönste Augenblick des Abends, sowohl für sie selbst als auch für die anderen.

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