Ein Thron für Schwestern (Ein Thron für Schwestern — Buch Eins) - Morgan Rice - kostenlos E-Book

Ein Thron für Schwestern (Ein Thron für Schwestern — Buch Eins) E-Book

Morgan Rice

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Beschreibung

"Morgan Rice hat eine brillante neue Fantasy-Serie geschaffen, die uns in das Reich von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird... Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen." --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Aufstand der Drachen) Die neue und unvergessliche Fantasy Serie von Bestseller Autorin Morgan Rice. In EIN THRON FÜR ZWEI SCHWESTERN, versuchen Sophia, 17, und ihre jüngere Schwester Kate, 15, verzweifelt nach einem Ausweg aus ihrem schrecklichen Waisenhaus. Als Waisen fühlen sie sich ungeliebt und nicht gewollt und träumen doch von einem besseren Leben, auch wenn das bedeutet, auf den Straßen von Ashton, einer von Gewalt gebeutelten Stadt, zu leben. Sophia und Kate sind nicht nur beste Freundinnen, sondern sind sich auch gegenseitig Stütze und Beistand – und doch haben sie ganz unterschiedliche Erwartungen an das Leben. Sophia, die romantischere und elegantere der beiden, träumt davon an den Hof zu gehen und sich in einen Adligen zu verlieben. Kate, die Kämpferin, träumt hingegen davon, die Schwertkunst zu erlernen, gegen Drachen zu kämpfen und Kriegerin zu werden. Sie beide eint jedoch das Geheimnis, übernatürliche Kräfte zu besitzen. Sie können die Gedanken anderer lesen. In einer Welt die es darauf anlegt, sie zu zerstören, wird diese Fähigkeit zu ihrer einzigen Rettung. Als sie sich alleine auf die Suche machen, kämpft jede für sich ums überleben. Sie müssen Entscheidungen treffen, die sie sich nicht hätten erträumen können. Diese Entscheidungen könnten sie in den Besitz großer Macht bringen – oder sie vollkommen zerstören.

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Seitenzahl: 316

Veröffentlichungsjahr: 2017

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EIN THRON FÜR SCHWESTERN

(BUCH 1)

Morgan Rice

Als Autorin von Fantasy-Epen wie der siebzehn-bändigen Reihe DER RING DER ZAUBEREI; der zwölf-bändigen Bestseller Serie DER WEG DER VAMPIRE; der bisher zwei-bändigen post-apokalyptischen Bestseller Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS; der sechs-bändigen epischen Fantasy Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN und dem neuen Fantasy-Epos Serie FÜR RUHM UND KRONE gehört Morgan Rice zu den Bestsellern in ihrem Genre. Morgans Bücher sind als Hör- und Printbücher in mehr als 25 Sprachen erhältlich.

Morgan hört gerne von Ihnen, schauen Sie also gerne einmal bei www.morganricebooks.com

Entscheiden Sie sich für Morgan Rice

“Wenn Sie glauben, dass es keinen Grund gibt, nach dem Ende der SORCERER’s SERIEN weiterzuleben, dann liegen sie falsch. In AUFSTIEG DES DRACHEN bietet Morgan Rice etwas, was eine weitere brilliante Reihe zu werden verspricht, sie zieht uns in eine Fantasie voll von Trolls und Drachen, mit Mut, Ehre, Werten, Magie und Glauben an das Schicksal. Morgan hat es wieder einmal geschafft eine starke Reihe an Charakteren zu erstellen, die uns auf jeder Seite begeistern … Empfohlen für die dauerhafte Bücherei von allen Lesern, die gut geschriebene Fantasy lieben.”

--Bücher und Filme Bewertung

Roberto Mattos

 “Eine aktionsgeladene Fantasy die sicher die Fans von Morgen Rices vorherigen Novellen erfreuen wird, zusammen mit den Fans von Büchern wie THE INHERITANCE CYCLE von Christopher Paolini … Fans von junger Erwachsener Fiktion werden dieses neueste Werk von Rice verehren und noch mehr haben wollen.”

--The Wanderer, Ein Literatur Journal (in Bezug auf Rise of the Dragons)

“Eine inspirierte Fantasie, die die Elemente von Mystery und Intrigien in seine Hauptgeschichte bringt. A Quest of Heroes geht vor allem um Mut und darüber einen Sinn im Leben zu erkennen, der zu Wachstum, Reife und Exzellenz führt … Für diejenigen die gehaltreiche Fantasie Abenteuer suchen, die Protagonisten, Mittel und Aktionen bieten ein kräftiges Set an Zusammentreffen, die sich gut auf Thors Evolution von einem verträumten Kind in einen jungen Erwachsenen konzentriert, mit unmöglichen Überlebenschancen …Nur der Anfang von dem, was verspricht eine epische, junge Erwachsenereihe zu werden.”

--Midwest Book Review (D. Donovan, E-Book Bewerter)

“THE SORCERERS RING hat alle Zutaten für einen sofortigen Erfolg: Handlung, Gegenanschläge, Mystery, tapfere Ritter und blühende Beziehungen reichlich versehen mit gebrochenen Herzen, Enttäuschung und Betrug. Das unterhält Sie für Stunden und befriedigt alle Altersstufen. Empfohlen für die Bücherei von allen Fantasy Lesern.”

--Bücher und Film Bewertungen, Robert Mattos

 “In diesem aktionsgeladenen ersten Buch in der epischen Fantasie Sorcerers Ring Reihe (im Moment 14 Bücher), stellt Rice seinen Lesern die 14-jährige Thorgrin “Thor” Mc Leod vor, dessen Traum es ist, die Silver Legion, der Elite Ritter beizutreten, die dem König dienen … Rice’s Schrifstil ist solide und die Voraussetzung faszinierend.”

Weitere Morgan Rice Bücher

EIN THRON FÜR SCHWESTERN

EIN THRON FÜR SCHWESTERN (Buch 1)

EIN GERICHT FÜR DIEBE (Buch 2)

DER WEG DES STAHLS

EHRE WEM EHRE GEBÜHRT (Buch 1)

FÜR RUHM UND KRONE

SLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN (Buch 1)

SCHURKIN, GEFANGENE, PRINZESSIN (Buch 2)

RITTER, THRONFOLGER, PRINZ (Buch 3)

REBELL, SCHACHFIGUR, KÖNIG (Buch 4)

SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER (Buch 5)

HELD, VERRÄTER, TOCHTER (Buch 6)

HERRSCHER, RIVALE, VERBANNTE (Buch 7)

SIEGER, BESIEGTER, SOHN (Buch 8)

VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN

DER AUFSTAND DER DRACHEN (Buch 1)

DER AUFSTAND DER TAPFEREN (Buch 2)

DAS GEWICHT DER EHRE (Buch 3)

DIE SCHMIEDE DES MUTS (Buch 4)

EIN REICH DER SCHATTEN (Buch 5)

DIE NACHT DER VERWEGENEN (Buch 6)

DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (Buch 1)

MARSCH DER KÖNIGE (Buch 2)

FESTMAHL DER DRACHEN (Buch 3)

KAMPF DER EHRE (Buch 4)

SCHWUR DES RUHMS (Buch 5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT (Buch 6)

RITUS DER SCHWERTER (Buch 7)

GEWÄHR DER WAFFEN (Buch 8)

HIMMEL DER ZAUBER (Buch 9)

MEER DER SCHILDE (Buch 10)

REGENTSCHAFT DES STAHLS (Buch 11)

LAND DES FEUERS (Buch 12)

DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (Buch 13)

DER EID DER BRÜDER (Buch 14)

DER TRAUM DER STERBLICHEN (Buch 15)

DAS TOURNIER DER RITTER (Buch 16)

DAS GESCHENK DER SCHLACHT (Buch 17)

DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS

ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (Buch 1)

ARENA ZWEI (Buch 2)

ARENA DREI (Buch 3)

GEFALLENE VAMPIRE

VOR DEM MORGENGRAUEN (Buch 1)

DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (Buch 1)

VERGÖTTERT (Buch 2)

VERRATEN (Buch 3)

BESTIMMT (Buch 4)

BEGEHRT (Buch 5)

VERMÄHLT (Buch 6)

GELOBT (Buch 7)

GEFUNDEN (Buch 8)

ERWECKT (Buch 9)

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Copyright © 2017 durch Morgan Rice. Alle Rechte vorbehalten. Außer wie im US-amerikanischen Urheberrechtsgesetz von 1976 erlaubt, darf kein Teil dieser Veröffentlichung in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen werden oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem ohne die vorherige Genehmigung des Autors gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Genuss lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch für eine andere Person freigeben möchten, erwerben Sie bitte für jeden Empfänger eine zusätzliche Kopie. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben oder es nicht für Ihre Verwendung erworben wurde, geben Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Danke, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dieses Buch ist reine Fiktion. Namen, Charaktere, Geschäfte, Organisationen, Orte, Ereignisse und Ereignisse sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen lebenden oder toten Personen ist völlig zufällig.

INHALT

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL EINS

Von all den Dingen, die sie im Haus der Herrenlosen am meisten hasste, war es das Schleifrad, was Sophia am meisten fürchtete. Sie stöhnte, während sie gegen einen Arm drückte, der mit einem riesigen Pfahl verbunden war, der im Boden verschwand, während um sie herum die anderen Waisen gegen ihre eigenen drückten. Sie keuchte und schwitzte, während sie dagegendrückte, ihr rotes Haar war matt von der Arbeit, ihr derbes graues Kleid färbte sich weiter vom Schweiß. Ihr Kleid war jetzt kürzer als sie wollte, es rutschte mit jedem Schritt hoch und zeigte ihr Tattoo auf ihrer Wade, in Form einer Maske, dass sie als das markierte, was sie war: eine Waise, ein Eigentum.

Die anderen Mädchen hatten noch schlimmere Dinge. Mit siebzehn war Sophia zumindest die Älteste und Größte von ihnen. Die einzige ältere Person in dem Zimmer war Schwester O’Venn. Die Nonne der maskierten Göttin trug das strahlenschwarze Gewand des Ordens zusammen mit einer Spitzenmaske, von der jede Waise schnell lernte, dass sie dadurch schauen konnte und noch den kleinsten Fehler entdeckte. Die Schwester hielt den Lederriemen in der Hand, den sie nutzte, um Bestrafungen zu erteilen, sie spannte ihn in ihren Händen, während sie im Hintergrund eintönig redete, die Wörter des Buchs der Maske murmelnd, Predigten über die Notwendigkeit, verlassene Seelen wie sie zu perfektionieren.

 “Hier lernt ihr, nützlich zu sein”, stimmte sie an. “Hier lernt ihr wertvoll zu sein, was ihr nicht ward, für die abgestürzten Frauen, die euch geboren haben. Die maskierte Göttin sagt uns, dass wir unseren Platz in der Welt durch unsere Bemühungen formen müssen und heute drehen eure Bemühungen den Mahlstein, der das Korn malt und – pass auf, Sophia!”

Sophia zuckte zusammen, als sie den Einschlag auf ihrem Gürtel fühlte, als er ausschlug. Sie presste die Zähne zusammen. Wie oft hatten die Schwestern sie schon geschlagen? Weil sie etwas Falsches oder weil sie etwas nicht schnell genug getan hatte? Weil sie schön genug war, dass man es als Sünde an und für sich bezeichnen konnte? Weil sie das flammend rote Haar einer Unruhestifterin hatte?

Wenn sie nur ihre Begabung kennen würden. Sie schauderte bei dem Gedanken daran. Für das, würden sie sie totschlagen.

“Ignorierst du mich, du dummes Mädchen?”, fragte die Nonne. Sie schlug immer und immer wieder.

“Mit den Knien an die Wand, alle!”

Das war das Schlimmste: es machte nichts, ob du alles richtig machst. Die Schwestern würden jeden schlagen, für das Scheitern eines einzigen Mädchens.

“Ihr müsst daran erinnert werden”, spie Schwester O’Venn, als Sophia ein Mädchen laut aufschreien hörte, “wer ihr seid. Wo ihr herkommt.” Ein weiteres Mädchen wimmerte, als die Lederriemen auf Fleisch trafen. “Ihr seid die Kinder, die niemand wollte. Ihr seid Eigentum der maskierten Göttin, die euch durch ihre Gnade ein Zuhause gibt.”

Sie machte ihre Runde durch das Zimmer und Sophia wusste, dass sie die Letzte sein würde. Der Gedanke dahinter war, sie sich schuldig fühlen zu lassen für den Schmerz der anderen und ihnen Zeit zu geben, sie dafür zu hassen, dass sie ihnen das hier angetan hatte, ehe sie ihre Schläge bekam.

Die Schläge, auf die sie kniend wartete.

Wenn sie nur gehen könnte.

Der Gedanke kam Sophia, so unverhofft, dass sie überprüfen musste, ob es keine Art Nachricht von ihrer jüngeren Schwester war oder dass sie es nicht von anderen aufgeschnappt hatte. Das war das Problem mit ihrer Gabe; sie kam, wann sie wollte, nicht wenn man sie rief. Trotzdem schien es, dass der Gedanke ihrer war und mehr als das, er war wahr.

Lieber den Tod riskieren, als hier noch einen Tag länger bleiben.

Natürlich, wenn sie sich traute wegzugehen, wäre die Strafe noch schlimmer. Sie fanden immer einen Weg, es noch schlimmer zu machen. Sophia hatte Mädchen gesehen, die gestohlen hatten oder tagelang ausgehungert wurden. Wie sie tagelang hungerten, gezwungen auf den Knien zu bleiben und geschlagen wurden, wenn sie versuchten zu schlafen.

Aber das war ihr egal. Etwas in ihr hatte eine Linie überschritten. Die Angst berührte sie nicht, sie wurde überschwemmt von der Angst darüber, was sowieso bald passieren würde.

Immerhin wurde sie heute siebzehn.

Sie war jetzt alt genug, um ihre Schulden der jahrelangen “Pflege” durch die Nonnen zurückzuzahlen – sie würde verpflichtet und verkauft werden wie Vieh. Sophia wusste, was mit Waisen passierte, die alt genug waren. Im Vergleich dazu, spielte das Schlagen keine Rolle.

Sie hatte tatsächlich bereits seit Wochen darüber nachgedacht. Sie hatte den Tag gefürchtet, ihren Geburtstag.

Und jetzt war er da.

Zu ihrem eigenen Schreck handelte Sophia. Sie stand ruhig auf und sah sich um. Die Aufmerksamkeit der Nonne lag auf einem anderen Mädchen, das sie brutal auspeitschte, sie konnte also ruhig zur Tür gleiten. Wahrscheinlich merkten es die anderen Mädchen gar nicht oder wenn sie es taten, hatten sie zu viel Angst etwas zu sagen.

Sophia trat auf einen der schlichten, weißen Korridore des Waisenhauses, sie bewegte sich ruhig und ging vom Arbeitsraum weg. Es gab noch andere Nonnen da draußen, aber solange sie sich mit einem Ziel bewegte, reichte es vielleicht, dass sie sie nicht davon abhielten, weiterzugehen.

Was hatte sie gerade getan?

Sophia ging weiter wie betäubt durch das Haus der Herrenlosen, kaum glaubend, dass sie das gerade tat. Es gab Gründe, warum die Vordertüren geschlossen waren. Die Stadt dahinter, direkt außerhalb der Türen, war ein rauer Ort – und noch härter für diejenigen, die ihr Leben schon als Waisen begonnen hatten. Ashton hatte wie jede andere Stadt, Diebe und Schlägertypen – dennoch gab es auch die Jäger, welche die fliehenden Abhängigen zurückholten und das freie Volk, das auf sie spucken würde, einfach weil sie war, was sie war.

Dann war da ihre Schwester. Kate war erst fünfzehn. Sophia wollte sie nicht in Probleme bringen. Kate war stark, stärker als sie, dennoch war sie trotzdem noch Sophias kleine Schwester.

Sophia ging in Richtung des Klosters und des Hofes, wo sie sich mit den Jungen aus dem Waisenhaus von nebenan trafen, sie versuchte herauszufinden, wo ihre Schwester sein könnte. Sie könnte nicht ohne sie gehen.

Sie war schon fast da, als sie ein Mädchen aufschreien hörte.

Sophia lief in Richtung des Geräuschs und erwartete fast, dass ihre kleine Schwester in irgendeine Art Kampf geraten war. Als sie den Hof erreichte, konnte sie Kate im Zentrum der schlagenden Pöbel nicht finden, aber dafür ein anderes Mädchen. Diese hier war noch jünger, vielleicht dreizehn und sie wurde von drei Jungen geschubst und geschlagen, die schon fast alt genug sein müssten, um in Lehrstellen oder in die Armee zu gehen.

 “Hört auf!”, schrie Sophia und überraschte sich selbst genauso sehr wie die Jungen. Normalerweise war die Regel, dass man einfach vorbeiging, egal was im Waisenhaus passierte. Du bleibst ruhig und denkst an deine Stellung. Jetzt trat sie dennoch nach vorne.

“Lasst sie in Ruhe.”

Die Jungs hörten auf und starrten sie an.

Der Älteste schaute sie mit einem bösartigen Grinsen an.

“Sieh an, sieh an, Männer”, sagte er, “sieht aus, als wenn wir hier noch jemanden haben, der nicht da ist, wo er sein sollte.”

Er hatte stumpfe Züge und die Art von totem Blick in seinen Augen, den man nur von den Jahren im Haus der Herrenlosen bekam.

Er trat vorwärts, und ehe sie noch reagieren konnte, griff er Sophias Arm. Sie schlug nach ihm, aber er war zu schnell und schubste sie auf den Boden. In solchen Momenten wünschte Sophia sich, dass sie die Kampffähigkeiten ihrer jüngeren Schwester hätte, ihre Fähigkeit, sofortige Brutalität heraufzubeschwören, deren Sophia trotz all ihrer List nicht fähig war.

Die wird eh als Hure verkauft … da kann ich sie auch schon vorher rannehmen.

Sophia war erschrocken von seinen Gedanken. Diese hatten ein fast schlüpfriges Gefühl dabei und sie wusste, dass es seine Gedanken waren. Ihre Panik wurde noch stärker.

Sie begann zu kämpfen, aber er hielt ihre Arme leicht fest.

Es gab nur eins, was sie tun konnte. Sie sammelte ihre ganze Konzentration und berief sich auf ihre Begabung, hoffte, dass es dieses Mal funktionieren würde.

Kate, rief sie in Gedanken, der Hof. Hilf mir!

*

 “Eleganter, Kate!”, rief die Nonne. “Noch eleganter!”

Kate hatte keine Zeit für Eleganz, aber dennoch gab sie sich Mühe, als sie Wasser in einen Kelch füllte, der von der Schwester gehalten wurde. Schwester Yvaine betrachtete sie kritisch unter ihrer Maske.

“Nein, du hast es immer noch nicht verstanden. Und ich weiß, dass du kein ungeschicktes Mädchen bist. Ich habe gesehen, wie du die Räder im Hof gedreht hast.”

Sie hatte Kate nicht dafür bestraft, was zeigte, dass Schwester Yvaine nicht die Schlimmste von allen hier war. Kate versuchte es noch einmal, ihre Hand zitterte.

Sie und die anderen Mädchen sollten lernen, wie man elegant an vornehmen Tischen serviert, aber die Wahrheit war, das Kate nicht dafür gemacht war. Sie war zu klein und zu eng bemuskelt für die Art von dankbarer Weiblichkeit, an die die Nonnen dachten. Es gab einen Grund, warum sie ihr rotes Haar kurz hielt. In der idealen Welt, wo sie frei war zu wählen, hoffte sie auf eine Lehrstelle bei einem Schmied oder vielleicht eine dieser Gruppen von Spielern, die in der Stadt arbeiteten – oder vielleicht sogar auf eine Chance in die Armee zu kommen, wie die Jungs das machten. Diese Art von Unterricht mit anmutigem Eingießen wäre das richtige für ihre große Schwester, mit ihrem Traum von der Aristokratie gewesen, die hätte das genossen, - sie nicht. 

Als wenn der Gedanke es heraufbeschworen hatte, zuckte Kate zusammen, als sie die Stimme ihrer Schwester in ihren Gedanken hörte. Sie wunderte sich, denn ihr Talent war nicht immer verlässlich.

Aber dann kam es wieder und da war auch Gefühl dahinter.

Kate, der Hof! Hilf mir!

Kate konnte die Angst dort fühlen.

Sie trat von der Nonne weg, unfreiwillig zügig und verschüttete dabei den Krug mit Wasser auf dem Steinboden.

“Es tut mir leid”, sagte sie. “Ich muss gehen.”

Schwester Yvaine starrte immer noch auf das Wasser.

“Kate, mach das sofort sauber!”

Aber Kate rannte bereits. Sie würde wahrscheinlich später dafür geschlagen werden, aber sie war auch schon vorher geschlagen worden. Es bedeutete nichts. Aber der einzigen Person auf der Welt zu helfen, um die sie sich sorgte, dass bedeutete etwas.

Sie rannte durch das Waisenhaus. Sie kannte den Weg, denn sie hatte jede Ecke und jeden Winkel dieses Hauses in den Jahren kennengelernt, seit der schrecklichen Nacht, in der sie hier abgegeben wurde.

Manchmal stahl sie sich spät abends raus, weg von dem unaufhörlichen Schnarchen und dem strengen Geruch des Schlafzimmers und genoss den Ort im Dunkeln, wenn sie die Einzige war, die auf war, wenn das Läuten der Städteglocken das einzige Geräusch war und sie ein Gefühl für jeden Winkel lernte. Sie spürte, dass sie es eines Tages brauchen würde.

Und jetzt brauchte sie es.

Kate konnte das Geräusch ihrer Schwester hören, die kämpfte und nach Hilfe rief. Instinktiv duckte sie sich in ein Zimmer, sie griff nach einem Schürhaken vom Feuerrost und ging weiter. Was sie damit tun würde, wusste sie noch nicht.

Sie rannte auf den Hof und ihr Herz sank, als sie sah, wie ihre Schwester von zwei Jungen festgehalten wurde, während ein anderer an ihrem Kleid fummelte.

Kate wusste genau, was sie tun musste.

Eine Urwut überkam sie, eine die sie nicht kontrollieren konnte, selbst wenn sie es wünschte und so rannte Kate mit Gebrüll vorwärts, schwang den Schürhaken in die Richtung des Kopfes des ersten Jungen. Er drehte sich um, als Kate zuschlug, es traf ihn also nicht so, wie sie wollte, aber es war genug, um ihn umzuwerfen, er berührte die Stelle, die sie getroffen hatte.

Sie schwang den Schürhaken erneut, erwischte ihm an Knie, als er stand und er begann zu taumeln. Sie schlug den dritten Schlag in den Magen, bis er umkippte.

Sie schlug weiter, sie wollte den Jungen keine Zeit zum Erholen geben. Sie war in einer Vielzahl von Kämpfen in den Jahren im Waisenhaus verwickelt gewesen und sie wusste, dass sie sich nicht auf Größe oder Stärke verlassen konnte. Rage, war das Einzige, was sie lenkte. Und Gott sei Dank hatte Kate ziemlich viel davon.

Sie schlug und schlug, bis die Jungen zurückwichen. Sie waren vielleicht darauf vorbereitet, der Armee beizutreten, aber die maskierten Brüder auf deren Seite hatten ihnen nicht das Kämpfen beigebracht. Das hätte es schwer gemacht, sie zu kontrollieren. Kate schlug einen der Jungen ins Gesicht, dann holte sie erneut aus, um aufeinen weiteren Ellbogen mit dem Schlag von Eisen auf Knochen zu schlagen.

 “Steh auf”, sagte sie zu ihrer Schwester und streckte ihre Hand aus. “Steh auf!”

Ihre Schwester stand wie betäubt da, nahm Kates Hand, als wenn sie jetzt die jüngere Schwester wäre. Kate begann zu rennen und ihre Schwester rannte mit. Sophia schien wieder zu sich selbst zu finden, während sie rannte, ein wenig von der alten Sicherheit schien zurückzukommen, während sie die Korridore des Waisenhauses entlang liefen.

Hinter ihnen konnte Kate Rufe hören, von den Jungen oder Schwestern oder beides. Sie kümmerte sich nicht darum. Sie wusste, dass es keinen Ausweg gab.

“Wir können nicht zurückgehen”, sagte Sophia. “Wir müssen das Waisenhaus verlassen.”

Kate nickte. So etwas wie das hier wäre mehr, als nur Schläge zur Bestrafung. Aber dann erinnerte sich Kate.

 “Dann gehen wir”, antwortete Kate im Laufen. “Aber zuerst muss ich noch –“

“Nein”, sagte Sophia. “Wir haben keine Zeit. Lasse alles hier. Wir müssen gehen.”

Kate schüttelte ihren Kopf. Es gab Dinge, die sie nicht zurücklassen konnte.

Sie rannte stattdessen in die Richtung ihres Schlafzimmers und hielt dabei Sophia am Arm fest, sodass sie hinterherlaufen musste.

Der Schlafsaal war ein trostloser Ort mit Betten, die ein wenig mehr als Holzbretter waren, die aus der Wand wie Regale hervorstanden. Kate war nicht so dumm, irgendwas was ihr bedeutete in der kleinen Truhe am Fußende des Betts zu verstecken, wo jeder es stehlen konnte. Stattdessen ging sie zu der Spalte zwischen den Flurböden und fummelte mit ihren Fingern daran herum, bis sich eins löste.

 “Kate”, Sophia keuchte und rang nach Atem, “es ist keine Zeit.”

Kate schüttelte ihren Kopf.

“Ich lasse es nicht hier.”

Sophia wusste, weswegen sie hier hergekommen waren; die einzige Erinnerung, die sie von dieser Nacht hatte, von ihrem alten Leben.

Endlich hatten Kates Finger das Metall gefunden und sie hielt die Kette hoch, die in dem schwachen Licht glänzte. 

Als sie ein Kind war, war sie sich sicher gewesen, dass es echtes Gold war; ein Vermögen, das darauf wartete, ausgegeben zu werden. Als sie älter wurde, hatte sie gesehen, dass es eine billige Legierung war, aber bis dahin war es schon weit mehr als Gold für sie geworden. Das kleine Bild darin, eine lächelnde Frau und ein Mann, der seine Hand auf ihre Schulter gelegt hatte, war das nahste an eine Erinnerung, dass sie an ihre Eltern hatte.

Kate trug es normalerweise nicht, aus Angst, dass die anderen Kinder oder die Nonnen es ihr wegnehmen würden. Jetzt stopfte sie es in ihr Kleid.

“Lass uns gehen”, sagte sie.

Sie rannten zu den Türen des Waisenhauses, die angeblich immer offen waren, weil die maskierte Göttin die Türen verschlossen vorgefunden hatte, als sie die Welt besuchte und diejenigen drinnen verdammt hatte. Kate und Sophia rannten durch die Drehungen und Wendungen der Flure, kamen auf dem Flur heraus und sahen sich nach den Verfolgern um.

Kate konnte sie hören, aber dann war nur die gewöhnliche Schwester an der Tür: eine fette Frau, die sich bewegte, um den Weg zu versperren, als die beiden sich ihr näherten. Kate wurde rot, als sie sich an all die Jahre mit den Schlägen erinnerte, die von ihr ausgeführt worden waren.

 “Da seid ihr”, sagte sie in strengem Ton. “Ihr ward beide sehr ungehorsam und –“

Kate hielt nicht an; sie schlug ihr mit dem Schürhaken in den Bauch, hart genug, sodass sie sich zusammenkrümmte. In dem Moment wünschte sie sich, es wäre eines dieser eleganten Schwerter, die Hofbeamte trugen oder vielleicht eine Axt.

Aber so musste sie sich damit begnügen, die Frau solange in Schacht zu halten, bis sie und Sophia an ihr vorbeiwaren.

Aber dann, als Kate durch die Tür rannte, hielt sie an.

“Kate”, schrie Sophia mit Panik in ihrer Stimme. “Los komm! Was machst du den?!”

Aber Kate konnte es nicht kontrollieren. Sogar mit den Schreien der Verfolger. Sogar mit dem Wissen, dass sie ihrer beider Freiheit riskierte.

Sie machte zwei Schritte nach vorne, hielt den Schürhaken hoch und schlug ihn wieder und wieder auf den Rücken der Nonne.

Die Nonne grunzte und heulte mit jedem Schlag und dieses Geräusch war Musik in Kates Ohren.

“Kate!”, flehte Sophia, am Rande der Tränen.

Kate starrte die Nonne lange an, zu lange, sie wollte dieses Bild der Rache, der Gerechtigkeit im Gedächtnis behalten. Es würde sie nähren, das wusste sie, für was auch immer schreckliche Schläge, die folgen würden.

Dann drehte sie sich um und rannte mit ihrer Schwester vom Haus der Herrenlosen davon, wie zwei Flüchtende von einem sinkenden Schiff. Der Gestank und der Lärm und die Hektik der Stadt trafen Kate, aber dieses Mal wurde sie nicht langsamer.

Sie hielt die Hand ihrer Schwester und lief.

Und lief.

Und lief.

Und trotz allem nahm sie einen tiefen Atemzug und lächelte.

 KAPITEL ZWEI

Sophia hatte noch nie so viel Angst gehabt, aber gleichzeitig hatte sie sich noch nie so lebendig oder so frei gefühlt.

Während sie mit ihrer Schwester durch die Stadt rannte, hörte sie Kate vor Aufregung jubeln und das beruhigte sie einerseits und machte ihr andererseits Angst. Es machte es zu real. Ihr Leben würde nie wieder dasselbe sein.

“Sei ruhig”, drängte Sophia. “Du wirst sie uns noch auf den Hals hetzen.”

“Sie kommen sowieso”, antwortete ihre Schwester. “Wir können es auch gleich genießen.”

Um ihren Punkt noch zu unterstreichen, wich sie einem Pferd aus, nahm einen Apfel aus einem Korb und rannte über Ashtons Kopfsteinpflaster.

Die Stadt war emsig von dem Markt, der jeden sechsten Tag kam und Sophia sah sich um, erstaunt von all den Lichtern und Geräuschen und Gerüchen. Wenn es nicht wegen des Markts wäre, hätte sie keine Ahnung, was es war. Im Haus der Herrenlosen hatten diese Dinge keine Bedeutung, nur die endlosen Gebetsrunden und Arbeit, Bestrafung und auswendig lernen.

Lauf schneller, sendete ihre Schwester.

Das Geräusch der Pfiffe und Rufe irgendwo hinter ihnen, ließen sie zu einer neuen Geschwindigkeit auflaufen. Sophia führte den Weg an, in eine Allee, dann kämpfte sie zu folgen, als Kate über eine Mauer kletterte. Ihre Schwester war trotz all ihrer Ungestümtheit zu schnell, wie ein fester, aufgerollter Muskel, der darauf wartet, zu springen.

Sophia schaffte es kaum darüber zu klettern, als mehr Pfiffe zu hören waren und als sie fast oben war, wartete Kates starke Hand auf sie, wie immer. Dabei erkannte sie, wie unterschiedlich sie waren: Kates Hand war rau, schwielig, muskulös, während Sophias Finger lang und weich und zart waren.

Zwei Seiten derselben Münze, hatte ihre Mutter immer gesagt.

“Sie haben die Wachmänner hinzugeholt”, rief Kate ungläubig, als wenn das irgendwie unfair wäre.

“Was hast du erwartet?”, antwortete Sophia. “Wir laufen weg, ehe sie uns verkaufen können.”

Kate ging die engen Kopfsteinpflasterstufen herunter, dann in Richtung eines offenen Platzes, der voll mit Menschen war. Sophia zwang sich dazu langsamer zu gehen, während sie sich dem Markt näherten, sie hielt Kates Vorderarm fest, um sie vom Laufen abzuhalten.

Wir passen hier besser rein, wenn wir nicht laufen, sandte Sophia, zu atemlos, um zu sprechen.

Kate sah nicht überzeugt aus, aber passte sich dennoch Sophias Schritt an.

Sie gingen langsam, drückten sich an den Menschen vorbei, die zur Seite traten, anscheinend unwillig Kontakt mit jemandem zu haben, der aus einer niedrigeren Schicht kam, als sie selbst. Vielleicht dachten sie, dass die beiden für irgendeinen Auftrag losgeschickt wurden.

Sophia zwang sich selbst so auszusehen, als wenn sie nur herumschlenderte, während sie die Menge als Tarnung nutzten. Sie sah sich um, sah hoch zu der Turmuhr über dem Tempel der maskierten Göttin, die verschiedenen Ställe und die Geschäfte mit Glasfront hinter ihnen. Da war eine Gruppe Spieler in einer Ecke des Platzes, die eine dieser traditionellen Märchen in aufwendigen Kostümen spielten, während eine der Zensoren vom Rande der Menschenmenge aus zuschaute. Ein Anwerber für die Armee stand auf einer Kiste und versuchte die Truppen für den aktuellen Krieg zu rekruten, der diese Stadt einnehmen konnte, ein drohender Kampf über den Knife Wasserkanal.

Sophia sah, wie ihre Schwester den Anwerber ansah, und zog sie zurück.

Nein, sandte Sophia. Der ist nichts für dich.

Kate wollte gerade antworten, als plötzlich die Rufe hinter ihnen wieder ertönten.

Sie rannten los.

Sophia wusste, dass ihnen jetzt niemand helfen würde. Das war Ashton, was hieß, sie und Kate waren diejenigen, die hier falsch waren. Niemand würde versuchen zwei Mädchen auf der Flucht zu helfen.

Als sie hochsah, sah Sophia tatsächlich jemanden, der begonnen hatte sich in ihre Richtung zu bewegen, um ihnen den Weg abzuschneiden.

Niemand würde zwei Waisen davonkommen lassen, vor dem was sie schuldeten, vor dem was sie waren.

Hände griffen nach ihnen und jetzt mussten sie sich ihren Weg durchkämpfen. Sophia schlug eine Hand von ihrer Schulter, während Kate mit dem Schürhaken stach.

Eine Lücke öffnete sich vor ihnen und Sophia sah ihre Schwester zu einem verlassenen Holzstapel rennen, der an der Steinwand lag, wo Bauarbeiter wohl versucht hatten, eine Fassade hochzuziehen.     

Noch mehr klettern?, sendete Sophia

Sie werden uns nicht folgen, konterte ihre Schwester.

Was wahrscheinlich stimmte, wenn auch nur, weil die jagende Meute von einfachen Leuten ihre Leben nicht einfach so riskieren würde. Sophia fürchtete sich dennoch. Trotzdem fiel ihr aber gerade nichts Besseres ein.

Ihre zitternden Hände schlossen sich um den Holzstapel des Gerüsts und sie begann zu klettern.

Schon nach wenigen Sekunden begannen ihre Arme zu schmerzen, aber zu dem Zeitpunkt gab es nur noch weitermachen oder fallen, und selbst wenn unten kein Kopfsteinpflaster wäre, wollte Sophia nicht fallen, wenn ihre Verfolger hinter ihnen her waren.

Kate wartete bereits oben, grinste als wenn das Ganze eine Art Spiel wäre. Ihre Hand war da und sie zog Sophia hoch und dann liefen sie weiter – dieses Mal auf Dächern.

Kate lief voraus zu einer Lücke, die auf ein weiteres Dach führte. Sie hüpfte auf das Strohdach, als wenn sie sich nicht um das Risiko dabei kümmerte. Sophia folgte ihr und schluckte den Drang laut aufzuschreien hinunter, als sie fast ausrutschte und dann hüpfte sie mit ihrer Schwester auf einen niedrigeren Bereich, wo ein Dutzend Schornsteine Rauch aus dem Ofen bliesen.

Kate versuchte wieder zu laufen, aber Sophia spürte eine Chance, griff nach ihr und riss sie zurück auf das Strohdach, versteckt zwischen den Schornsteinen.

Warte, sendete sie.

Zu ihrer Überraschung wehrte Kate sich nicht. Sie sah sich um, als sie sich in dem flachen Bereich des Daches zusammenkauerten, die Hitze die von dem Feuer von unten heraufstieg ignorierte sie und sie musste erkannt haben, wie versteckt sie hier waren. Der Rauch vernebelte das meiste um sie herum und ließ sie im Nebel sitzen, so waren sie noch mehr versteckt. Es war wie eine zweite Stadt hier oben mit Wäscheleinen mit Kleidung, Fahnen und Wimpel, die all die Deckung boten, die sie brauchten. Wenn sie still blieben, würde sie hier wahrscheinlich niemand finden. Noch würde jemand anderes so dumm sein, zu riskieren auf das Strohdach zu treten.

Sophia schaute sich um. Es war auf seine eigene Art friedlich hier oben. Es gab Stellen, an denen die Häuser nah genug waren, sodass die Nachbarn sich gegenseitig berühren konnten und noch weiter vorne sah Sophia einen Nachttopf, der auf der Straße geleert wurde. Sie hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, die Stadt aus dieser Perspektive zu sehen, die Türme des Klerus und der Schöpfer, die Uhrmacher und die Weisen, die sich über den Rest erhoben, der Palast der auf seinen eigenen Mauern saß, wie ein glänzender Karfunkel auf der restlichen Haut.

Sie duckte sich mit ihrer Schwester, ihre Arme um Kate geschlungen und wartete darauf, dass die Geräusche der Verfolger unten vorbeigingen.

KAPITEL DREI

Der Morgen wurde zum Nachmittag als Sophia und Kate sich endlich aus ihrem Versteck trauten. Wie Sophia es sich gedacht hatte, hatte sich niemand getraut auf die Dächer zu klettern, um nach ihnen zu suchen und obwohl die Geräusche der Verfolger nah gewesen waren, waren sie doch nie nah genug gekommen.

Jetzt schienen sie komplett verschwunden zu sein.

Kate schaute sich um und schaute auf die Stadt unter ihnen. Die Emsigkeit des Morgens war weg, ersetzt durch einen entspannteren Schritt und Menschenmenge.

“Wir müssen hier runter”, flüsterte Sophia ihrer Schwester zu.

Kate nickte. “Ich verhungere.”

Das konnte Sophia verstehen. Der geklaute Apfel war lange weg und der Hunger begann, auch in ihrem Magen zu wachsen.

Sie kletterten wieder auf die Straße und Sophia schaute sich dabei um. Auch wenn die Geräusche der Verfolger lange weg waren, war ein Teil von ihr überzeugt, dass jemand hervorspringen würde, sobald ihre Füße den Boden berührten.

Sie suchten sich ihren Weg durch die Straßen und versuchten so weit wie möglich außer Sichtweite zu bleiben. Es war unmöglich Menschen in Ashton zu vermeiden, weil es einfach so viele waren. Die Nonnen hatten ihnen nicht so viel von der Welt beigebracht, aber Sophia hatte gehört, dass es noch größere Städte hinter den Händlerstaaten gab.

Im Moment war das schwer zu glauben. Überall waren Menschen, wohin sie nur schaute, wenn auch die größte Bevölkerung der Stadt wohl im Moment auf der Arbeit war. Kinder spielten auf der Straße, Frauen gingen zum Markt und zu den Geschäften, Arbeiter trugen Werkzeuge und Leitern. Es gab Tavernen und Spielhäuser, Läden die Kaffee aus dem neu entdeckten Land hinter dem Ozean verkauften, Cafés in denen die Menschen genauso interessiert an Gesprächen wie am Essen waren. Sie konnte kaum glauben, die Menschen lachen zu sehen, so glücklich, so sorglos, nichts weiter tuend, als zu faulenzen und sich zu amüsieren. Sie konnte kaum glauben, dass es so eine Welt wirklich gab. Es war ein schockierender Kontrast zu der erzwungen Ruhe und Gehorsamkeit des Waisenhauses.

Hier gibt es so viel, schickte Sophia ihrer Schwester hinüber und beobachtete die Essensstände überall und fühlte, wie die Magenschmerzen mit jedem vorbeiziehenden Geruch stärker wurden.

Kate sah sich überall mit praktischem Blick um. Sie suchte eines der Cafés aus, ging vorsichtig darauf zu, während die Menschen draußen über einen Möchte GernPhilosophen lachten, der versuchte darüber zu argumentieren, wie viel man von der Welt wirklich kennenlernen konnte.

“Es wäre einfacher, wenn du nicht betrunken wärst”, unterbrach ihn jemand.

Ein Anderer drehte sich in Richtung Sophia und Kate, als sie sich näherten. Die Feindschaft war spürbar.

“Wir wollen solche Leute wie euch hier nicht”, keifte er. “Raus hier!”

Die schiere Wut dabei war mehr als Sophia erwartet hatte. Trotzdem ging sie zurück auf die Straße und zog Kate mit sich, sodass ihre Schwester nichts tun würde, was sie später bereuen würden. Sie hatte ihren Schürhaken irgendwo unterwegs auf der Flucht verloren, aber sie hatte immer noch einen Blick, der sagte, dass sie auf irgendetwas schlagen wollte.

Sie hatten keine Wahl: sie würden ihr Essen stehlen müssen. Sophia hatte auf die Großzügigkeit von jemandem gehofft. Doch das war nicht die Art und Weise, wie die Welt funktionierte, das wusste sie.

Es war Zeit ihre Talente einzusetzen, das erkannten sie beide und sie nickten sich stumm gleichzeitig zu.

Sie standen auf entgegengesetzten Seiten der Allee und schauten und warteten, während die Bäckerin arbeitete. Sophia wartete, bis die Bäckerin ihre Gedanken lesen konnte, und sagte ihr dann, was sie sie hören lassen wollte.

Oh nein, dachte die Bäckerin. Die Rollen. Wie konnte ich sie nur drinnen vergessen?

Kaum hatte die Bäckerin den Gedanken gehabt, handelten Sophia und Kate, sie rannten nach vorne, in der Sekunde in der die Frau ihnen den Rücken zugedreht hatte, um die Rollen zu holen. Sie bewegten sich schnell, jeder griff sich einen Armvoll Kuchen, genug um ihre Mägen zufüllen, die schon fast vor Hunger platzen.

Dann duckten sie sich beide in einer Gasse und kauten heißhungrig. Schon bald fühlte Sophia, dass ihr Bauch voll war, ein merkwürdiges und angenehmes Gefühl, eins, das sie noch nie erlebt hatte. Das Haus der Herrenlosen gab nicht mehr als das nötigste für seine Bewohner aus.

Jetzt lachte sie, als Kate versuchte, ein ganzes Gebäck in den Mund zu schieben.

Was, fragte ihre Schwester.

Es ist einfach schön, dich glücklich zu sehen, schickte Sophia zurück.

Sie war sich nicht sicher, wie lange dieses Glück andauern würde. Sie hielt mit jedem Schritt nach den Jägern Ausschau, die hinter ihnen her sein könnten. Das Waisenhaus würde sich nicht mehr darum bemühen, sie zurückzugewinnen, als ihre Verträge es wert waren, aber wer konnte das wissen, wenn es um die Rachsucht der Nonnen ging? Zumindest müssten sie sich vor Wachmännern in Acht nehmen und nicht nur, weil sie geflohen waren.

Diebe wurden immerhin in Ashton gehängt.

Wir dürfen nicht mehr so aussehen, wie ausgerissene Waisenkinder oder wir können nie durch die Stadt laufen, ohne das die Leute uns anstarren und versuchen uns einzufangen.

Sophia schaute ihre Schwester an, überrascht von dem Gedanken.

Willst du Kleider stehlen? schickte Sophia zurück.

Kate nickte.

Der Gedanke brachte noch eine extra Note an Angst und dennoch wusste Sophia, dass ihre Schwester – die immer praktisch war – recht hatte.

Sie standen gleichzeitig auf und verstauten die restlichen Kuchen an ihren Hüfttaschen. Sophia hielt nach Kleidung Ausschau, als sie spürte, wie Kate sie am Arm berührte. Sie folgte ihrem Blick und sah es: eine Wäscheleine, ganz oben auf dem Dach. Sie war unbewacht.

Natürlich war sie das, erkannte sie erleichtert. Wer würde schon eine Wäscheleine bewachen?

Trotzdem konnte Sophia ihr Herz klopfen hören, als sie auf ein weiteres Dach kletterten. Sie hielten inne, schauten sich um und holten dann die Leine ein, wie ein Fischer, vielleicht sein Fischernetz eingeholt hätte.

Sophia stahl ein Kleid aus grüner Wolle, zusammen mit einem cremefarbenden Unterkleid, wahrscheinlich die Art Kleid, die die Frau eines Farmers tragen würde, aber es war trotzdem unglaublich prächtig für sie. Zu ihrer Überraschung wählte ihre Schwester ein Unterhemd, Reithosen und Wams, die sie eher aussehen ließen, wie ein kurzhaariger Junge, als das Mädchen das sie war.

“Kate”, beschwerte sich Sophia. “Du kannst nicht so herumrennen!”

Kate zuckte die Schultern. “Keiner von uns soll so aussehen. Dann kann ich mich auch gleich bequem anziehen.”

Da war etwas Wahres dran. Die prunkvollen Gesetze besagten klar, welche Klasse von Gesellschaft was tragen konnte, die Herrenlosen und die Abhängigen. Hier waren sie also und brachen die Gesetze, warfen ihre Lumpen weg, das Einzige was sie tragen durften und zogen sich besser an, als sie waren.

“Okay”, sagte Sophia. “Ich werde nicht streiten. Außerdem wird das vielleicht alle abhalten, die nach zwei Mädchen suchen”, sagte sie mit einem Lächeln.

“Ich sehe nicht aus wie ein Junge”, schnappte Kate in offensichtlicher Empörung zurück.

Sophia lächelte dabei. Sie retteten ihre Kuchen, stopften sie in ihre neuen Taschen und gingen weiter.

Der nächste Teil war schwerer, um darüber zu lächeln; es gab noch so viele Dinge, die sie tun mussten, wenn sie wirklich überleben wollten. Sie mussten einen Unterschlupf finden, das war das eine, und dann mussten sie schauen, was sie tun sollten, wo sie hingehen sollten.

Eins nach dem anderen, ermahnte sie sich selbst.

Sie kletterten wieder runter zur Straße und dieses Mal ging Sophia voran, versuchte eine Route durch den ärmeren Bereich der Stadt zu finden aber für ihren Geschmack immer noch zu nah am Waisenhaus.