Ein Weihnachtsmann fürs Leben - Angela Ochel - E-Book
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Ein Weihnachtsmann fürs Leben E-Book

Angela Ochel

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Beschreibung

Ein Fest zum Verlieben. Luisa will ihrer Mama dieses Jahr etwas ganz Besonderes zu Weihnachten schenken: einen Mann. Schließlich fehlt ihr der noch zum Glück. Das sagt sie zumindest immer. Und weil Luisa schon weiß, dass die Weihnachtsgeschenke aus dem Kaufhaus kommen, sucht sie hier nach einem Mann für Mama. Bloß, woher weiß man, wer der Weihnachtsmann fürs Leben ist? Berührend und wunderschön erzählt: Ein modernes Weihnachtsmärchen.

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Über Angela Ochel

Angela Ochel, 1970 in Bielefeld geboren arbeitete lange Zeit als Projektleiterin. Den Stoff für ihre Romane findet sie in ihrer eigenen Familie. Ochel lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen bei Frankfurt am Main. »Ein Baby und zwei Opas« ist ihr erster Roman.

Mehr zur Autorin unter www.angelaochel.de.

Informationen zum Buch

Ein Fest zum Verlieben.

Luisa will ihrer Mama dieses Jahr etwas ganz Besonderes zu Weihnachten schenken: einen Mann. Schließlich fehlt ihr der noch zum Glück. Das sagt sie zumindest immer. Und weil Luisa schon weiß, dass die Weihnachtsgeschenke aus dem Kaufhaus kommen, sucht sie hier nach einem Mann für Mama. Bloß, woher weiß man, wer der Weihnachtsmann fürs Leben ist?

Berührend und wunderschön erzählt: Ein modernes Weihnachtsmärchen.

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Angela Ochel

Ein Weihnachtsmann fürs Leben

Roman

Inhaltsübersicht

Über Angela Ochel

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Impressum

Für meine Geschwister

Kurz vor Weihnachten …

Luisa war, wie alle kleinen Mädchen mit fünf Jahren, etwas ganz Besonderes. Sie war ausgestattet mit dieser bezaubernden Entschlossenheit, einen Wunsch erst dann aufzugeben, wenn er sich erfüllte.

Und Luisa hatte einen Wunsch.

Einen großen.

Sie wünschte sich einen Prinzen. Nicht für sich. Luisa hatte keinen Bedarf an Prinzen, nicht mal an normalen Jungs.

Noch nicht, betonte ihre Großmutter schmunzelnd, wenn das Gespräch darauf kam.

Aber die Jungen in Luisas Kindergarten, genauer in der Regenbogengruppe, eigneten sich nun wirklich nicht zu einem guten Prinzen. Sie waren albern, spielten nicht ordentlich, aßen nicht ordentlich, wuschen sich nicht die Hände und hatten ganz sicher kein Pferd zu Hause. Und zum Reden brauchte Luisa sowieso keine Jungs. Sie hatte ja Lelah, ihre beste Freundin. Mit der konnte man wunderbar reden, aber was noch wichtiger war, man konnte mit ihr einwandfrei Barbie spielen oder Haare flechten. Oder beides. Luisa hatte langes, blondes, lockiges Haar und Lelah langes, glattes, dunkles Haar. Und natürlich fanden die Mädchen die Haare des anderen schöner.

Gestern hatte Luisa jedoch ihre Meinung bezüglich des Prinzen unerwartet ändern müssen, und jetzt wünschte sich Luisa mit aller Entschlossenheit einen herbei – und zwar für ihre Mutter.

Am gestrigen Morgen hatte Luisa gehört, wie ihre Mutter mit Luisas Großmutter am Telefon gesprochen hatte. Das taten die beiden eigentlich ständig, sofern nicht Luisas Oma ohnehin bei ihnen, in der kleinen gemütlichen Dachgeschosswohnung, war. Luisas Mutter hatte gesagt: »Ach, lass doch das mit den Geschenken, Mutti. Was ich mir wirklich wünsche, ist, dass ich mit euch beiden schön Heiligabend feiern kann. Und wir alle gesund sind, und so. Ja, Mutti. Ja, das sagt man so, ich weiß. Ich wünsche mir wirklich nichts. Ja, ein Schlafanzug wäre schon schön.« Luisas Mutter hatte gespielt genervt die Augen verdreht und Luisa sofort lachen müssen.

Und dann fügte ihre Mutter hinzu: »Mutti, wenn man mir wirklich was schenken wollte, dann, ach, du weißt schon. Ja. Nein. Das geht nicht. Das ist alles zu kompliziert. Und wie soll das gehen. In dieser kleinen Wohnung und noch ein Mann am Tisch. Ja. Schön wäre es. Aber das ist zu kompliziert. Ja, gern habe ich ihn, aber er ist ein Träumer. Du weißt schon, ich bräuchte einen, keine Ahnung, einen mit einem richtigen Job, der sich um so Sachen kümmert wie Krankenversicherung und Altersvorsorge. So vorausschauend halt. Mit einem Plan. Ja, Vater, Mutter, Kind (sie lachte). Genau und Oma. (Lachte noch einmal) Und Kartoffelsalat.« Aber das Lachen klang ein bisschen traurig.

Luisa hatte nicht lange nachrechnen müssen, es fehlte ihrer Mutter offensichtlich ein Vater. Den Kartoffelsalat machte nämlich Oma.

Luisa hatte keinen Vater, was sie persönlich nicht schlimm fand. Bislang hatte sie ihn nie vermisst oder ihre Mutter gebeten, dass sie ihr einen Vater besorgen solle.

Daher war sie jetzt umso erstaunter: Offenbar wollte ihre Mutter selber einen haben. Also keinen Vater für sich, sondern einen Mann, der da war und den Eindruck machte, dass er in diese kleine Familie gehöre. Und falls er diesen Eindruck richtig gut machte, wäre er automatisch ein Vater für Luisa. Was sie kurz hatte aufhorchen lassen, war die Formulierung »wie eine echte Familie«. Offenbar war man ohne Mann nicht echt. Aber warum? Erwachsene waren immer so kompliziert!

Eins war auf jeden Fall nach diesem erhellenden Oma-Mama-Gespräch klar: Mama fehlte was. Sonst würde sie nicht zusätzlich zu ihr und Oma noch jemand um sich haben wollen.

Daraus ergab sich die entscheidende Frage: Wozu sollte dieser Mann gut sein?

Zum Reden brauchte man die ja nun wirklich nicht. Dafür hatte sie ja Oma. Und zum Liebhaben hatte sie schließlich sie, Luisa.

Wozu also einen Mann?

* * *

Da Luisa einfach keine Antwort einfallen wollte, obwohl sie lange darüber nachgedacht und dabei ihr langes Haar vorschriftsmäßig hundertmal mit ihrer pinken Bürste gekämmt hatte, versuchte sie diese Frage nun anders zu klären. Es war Dienstag vor Weihnachten und sie war auf dem Nachhauseweg vom Kindergarten. Ihre Großmutter hatte sie abgeholt. Das tat sie immer dann, wenn ihre Mutter Spätschicht hatte. Heute war das perfekt, denn Oma wusste alles, und man konnte sie auch so ziemlich alles fragen.

»Oma!«, begann Luisa ernst, genau in dem Moment, als sie das Backsteingebäude, in dem sich der Kindergarten befand, verlassen hatten. Es schien die Sonne, und es war kalt und trocken. Ein paar säuberlich zusammengekehrte Schneehäufchen säumten die Straßen und Bürgersteige.

»Ja, Schatz? Wie war es heute im Kindergarten?«

»Ja, war prima heute. Aber wir haben wieder diese langweiligen Weihnachtssterne gebastelt. Oma, ich hab da mal eine Frage: Warum will Mama einen Mann?«

»Wie kommst du denn darauf?« Ihre Oma nahm scheinbar unbeeindruckt Luisas kleinen Rucksack auf ihren Gepäckträger und schloss das große Damenrad auf, während Luisa ihren Roller holte.

»Ach, Oma. Du weißt schon. Gestern am Telefon, da hat sie das gesagt. Nur, was ich nicht verstehe ist, wozu Mama einen Mann braucht. Sie hat doch uns.«

»Oje.« Ihre Oma schaute kurz auf ihren Sattel, dann die Straße entlang und schob das Rad langsam neben sich her.

»Wieso ›oje‹, Oma?«

»Komm, wir gehen ein Stück.«

»Ist gut.«

Luisa wusste, dass ihre Oma immer gute Antworten gab, daher ging sie geduldig neben ihr her und wartete.

»Ach, Süße. Jetzt bin ich so alt geworden und merke gerade, dass ich manche Sachen immer noch nicht erklären kann. Also hör mal zu, Liebchen. Das ist jetzt etwas kompliziert, aber wenn du gut zuhörst, dann verstehst du das schon.«

Luisa nickte eifrig. Dass es kompliziert würde, hatte sie bereits geahnt.

»Also gut. Ich bin dagegen, irgendeinen Unsinn zu erzählen, den du dann doch nicht verstehst. Also. Liebhaben ist nicht gleich Liebhaben. Man hat seine Mutter völlig anders lieb als seine Tochter, und einen Mann hat man noch ganz anders lieb. Es reicht einfach nicht, eine Mutter und eine Tochter zu haben. Das ist so vorgegeben. Dagegen kann man nichts machen. Und sollte man auch nicht. Man sollte möglichst viele Menschen liebhaben.«

Die Oma schwieg einen Moment, während Luisa angestrengt darüber nachdachte. Es war wirklich nicht leicht zu verstehen. Und da ihre Großmutter das sicher besser erklärte als alle anderen auf der Welt, musste Luisa sich wohl mit diesen verwirrenden Worten zufriedengeben.

»Okay, Oma«, sagte sie. »Dann weiß ich das jetzt auch.« Und das war nur ein kleines bisschen gelogen.

Sie stiegen beide auf und fuhren das letzte Stück bis zur Wohnung ihre Großmutter. Als beide das Fahrrad und den Roller in die Garage schoben, hatte Luisa eine Erleuchtung.

»Oma, ist es so wie beim Rommé?«

»Was sagst du?« Ihre Oma hantierte unwirsch mit dem Garagentorgriff. Außerdem schien ihr Hörgerät einen kurzen Moment gepiepst zu haben.

»Rommé, Oma, ist es wie beim Rommé?« rief Luisa nun energisch.

»Wieso brüllst du so? Und warum willst du jetzt Rommé spielen. Aber gut, meinetwegen.«

»Nein, ob Männerliebhaben so wie beim Rommé ist?«

»Wie?« Ihre Oma strich sich nachdenklich über das Kinn. Dann hob sie ein welkes Blatt in ihrem Vorgarten auf. »Wie meinst du das jetzt, Liebchen?«

»Immer drei Karten, sonst darf man sie nicht rauslegen.«

»Ach, du bist ein cleveres Kind.« Sie lachte und klatschte einmal fest ihre eleganten Hände zusammen. »Ja, wie bei dem Kartenspiel, das ich dir letztens beigebracht habe. Ach, was werden dich mein Freundinnen lieben, wenn ich dich das nächste Mal mitnehme! Ja, beim Rommé braucht man mindestens drei Karten, bis man rauskommen kann.«

»Und wer nicht rauskommt, kann auch nicht gewinnen.«

»So ist es. Liebe ist wie Rommé. Dass ich da selber nie drauf gekommen bin! Und deine Mama ist die Herzdame und braucht einen König. Und du bist ihr Ass!«

»Könige sind wie Prinzen, nur in alt, stimmt’s?«

»Stimmt genau. Ach, ich muss unbedingt sofort Renate anrufen, dass du das nächste Mal zu unserem Rommé-Nachmittag mitkommst. Die wird sich freuen!«

Trotz der guten Laune ihrer Oma merkte Luisa, dass es ihr doch ein kleines bisschen was ausmachte, dass ihre Mutter noch zusätzlich jemanden in der Wohnung haben wollte, um ihn liebzuhaben. Aber so ist das.

Manchmal schenkte Luisa Lelah auch etwas zum Geburtstag, das sie selber doof fand. Aber wenn es nun einmal so gewünscht wurde, musste man da durch.

Und wenn der Mann nett wäre, wäre doch eigentlich alles gut. Dann hätte ihre Mutter auch endlich jemanden, der ihr die Gurkengläser aufmachte, ohne dass sie gleich ein Loch in den Deckel hauen musste.

Aber nur irgendeinen Mann?

Nein. Auf gar keinen Fall!

Luisa fand, ein gewöhnlicher Mann durfte es nicht sein. Ihre Mama brauchte was Besonderes. Einen ganz tollen Mann. So einen, der die Welt rettet! Den hatte ihre Mutter letztens noch im Kino gesehen und dann drei Tage von ihm geschwärmt. Wie hieß er noch gleich?

Oder noch besser einen Prinzen. König ist zu alt. Ganz genau! Sie würde Mama einen Mann schenken, und der konnte nur ein Prinz sein. Ihre Mutter war nämlich die schönste Frau des Uniwir-, des Uniwär-, also die Schönste auf der ganzen Welt. Weniger als Prinz ging also nicht. Später durfte der natürlich gerne König werden, aber erst, wenn er alt war.

* * *

Und so kam es, dass sich Luisa am nächsten Morgen, auf dem Weg zum Kindergarten, nichts sehnlicher wünschte als einen Prinzen.

Und zwar schnell.

Heute war schließlich der letzte Tag im Kindergarten und damit die einzige Möglichkeit, sich unbemerkt ins Kaufhaus zu schleichen. Denn dass die Geschenke nicht vom Weihnachtsmann kamen, wusste sie schon.

Sie hatte sich schon seit dem Aufwachen den Kopf zerbrochen, wie sie am besten alleine einkaufen gehen könnte, und dann, während sie ihr Karamell-Erdbeer-Schoko-Müsli in der kleinen Küche knusperte und ihre Mutter hektisch durch die Wohnung rannte, hatte sie auf einmal die Idee! Ganz klar, sie musste einfach vor dem Mittagessen im Kindergarten abgeholt werden. Und zwar – ohne abgeholt zu werden. Details dieses Plans lagen allerdings noch gänzlich im Dunkeln.

Das Kaufhaus, in dem ihre Mutter arbeitete, das vor allem aber der Ort war, an dem Luisa vermutete, einen geeigneten Prinzen für einen guten Preis zu bekommen, lag nicht weit vom Kindergarten entfernt. Zu Fuß schnell zu erreichen, im Grunde nur ein Stückchen die Straße entlang. Den Weg kannte Luisa natürlich auswendig. Das war nicht das Problem. Die eigentliche Schwierigkeit lag darin, Heike, ihre Kindergärtnerin, zu überlisten. Heike ließ die Kinder nämlich nur gehen, wenn sie auch tatsächlich abgeholt wurden. Und damit war heute leider nicht zu rechnen. Luisas Mutter musste bis zum späten Nachmittag arbeiten, damit sie morgen, an Heiligabend, frei bekam.

Luisa stand mit allen anderen Kindern am Fenster und sah in den Garten hinaus, wo etwas Schnee lag. Ein paar Jungs quengelten, sie wollten unbedingt noch einen Schneemann bauen.

»Kurz bevor ihr abgeholt werdet, dürft ihr raus. Okay? Ihr macht euch sonst zu nass und dann erkältet ihr euch«, sagte Heike lächelnd und klapperte mit der Autokiste, womit sich die Jungs schnell ablenken ließen. Jungen konnte man immer mit der Autokiste ablenken.

»Luisa, hilfst du der kleinen Leonie-Zwei?« Heike und Luisa waren sozusagen die einzigen richtig großen Mädchen hier in der Gruppe. Und Lelah natürlich …

Luisa war fünf und kam nächstes Jahr in die Schule. Und Luisa kümmerte sich gerne um LeonieZwei, die erst drei Jahre alt war, also quasi noch ein Baby.

Im ganzen Kindergarten gab es drei Leonies, überhaupt fingen viele Namen in ihrer Gruppe mit L an: Lasse, Lara, zweimal Laura, Lilli, Lana, Laleh. Und natürlich gab es auch den Namen Luisa zweimal. Erst war sie ziemlich ärgerlich darüber gewesen, als KleinLuisa kam. Die war auch erst drei und wirklich noch ein Baby (sie heulte, wenn ihre Mutter zur Arbeit gehen musste). Aber Kleinluisa hatte schöne Haare, die sie sich bereitwillig kämmen und flechten ließ. Das hatte Luisa schnell besänftigt. LeonieZwei hopste vor Luisa aufgeregt auf und ab. Sie bekam den Knopf ihrer Hose nicht auf und musste auf die Toilette. »Nun hops nicht so rum, sonst findest du nie einen Mann!«, sagte Luisa und versucht ebenso streng zu gucken wie ihre Oma, obwohl sie sich selbst davon auch nie beeindrucken ließ.

»Soll ich mitgehen?«, fragte Luisa, einer Eingebung folgend, denn sie hatte Laleh im Waschraum gesehen. Dort konnten sie ungestört miteinander flüstern.

»Oh ja, wenn du das machen könntest, wäre das wunderbar.«, seufzte die Erzieherin dankbar, die gerade einen Jungen verarzten musste, weil der sich an einem der Autos geklemmt hatte.

»Klar, mache ich! Ach, Heike! Ich werde heute übrigens mittags abgeholt. Mama braucht noch ein Geschenk!«

»Gut zu wissen. Hoffentlich schaffe ich den Nachmittag ohne dich!«, sagte Heike mit einem Zwinkern.

Luisa war froh, dass sie Heike helfen konnte, denn sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie sie angelogen hatte. Zumindest ein bisschen. Das mit dem Geschenk stimmte ja.

Leon ließ sich gerade von Laleh die Hände abtrocknen. Laleh hatte schönes, langes Haar. Sie trug es heute offen und wenn sie den Kopf bewegte, schwang es hin und her. Sie war allerdings nicht nur deshalb Luisas beste Freundin. Natürlich nicht. Die beiden Mädchen waren beste Freundinnen, weil ihre Mütter auch beste Freundinnen waren. Gab es einen besseren Grund?

Die beiden Mädchen ließen Leon schließlich gut abgetrocknet zurück in die Gruppe laufen.

»Ich muss meiner Mama einen Prinzen kaufen«, eröffnete Luisa schließlich ihrer Freundin ihren Plan.

Laleh nickte. »Prinzen sind gut. Aber wo bekommst du einen her?«

»Ich dachte, ich gehe heute ins Kaufhaus.«

»Hat deine Mama nicht Spätschicht? Und deine Oma einen Friseurtermin?«

»Ja.«

»Oh. Problem.«

Das Gute an Laleh war, dass man ihr nicht viel erklären musste, sie wusste immer sofort, was los war.

»Du musst mir nachher helfen, damit Heike nicht merkt, dass ich gar nicht abgeholt werde.«

»Hm.« Lelah grübelte.

»Hm.« Luisa nickte.

Sie setzten sich an den Rand des hübschen Waschbeckens, als Lionel reinkam und sie mit großen Augen ansah.

»Lionel, dein Schuh ist offen, komm her, ich mache ihn zu«, Lelah beugte sich zu dem Fuß. Lionel wurde rot. Luisa kannte das schon. »Jungs!«, seufzte sie.

Lionel verdrückte sich nur widerwillig, er war gerne in der Nähe von Lelah. Jeder wusste das. Zumindest jedes Mädchen. Jungs merken das ja eigentlich nie. Nicht mal die betroffenen.

Ob das beim Prinzen auch so wäre?

»Ich weiß, wie wir es machen, Lu.«

»Was meinst du, Le?« Luisa schreckte aus ihren Prinzenkaufträumen hoch.

»Dass du hier wegkommst, Lu.«

»Ach ja?«

›Lu‹ und ›Le‹ waren ihre geheimen Heldinnennamen. Später wollten sie sich damit T-Shirts bedrucken lassen. Oder Barbie-Puppen erfinden, die so hießen.

»Lass mich nur machen, Lu!«

Auf ihre Ko-Heldin war Verlass, das wusste Luisa, und erleichtert schlenderte sie in die Gruppe zurück. Mittlerweile wurden Weihnachtssterne gebastelt, mal wieder. Sie hatten die ganze, lange, lange Zeit (eine vierfache Ewigkeit, wie Oma zu sagen pflegte), seit dem ersten Advent und damit seit der ersten Kerze am Kranz, langweilige Weihnachtssterne gebastelt. Sie war froh, wenn das vorbei war.

Heike packte schon die kleinen Tüten zusammen, die die Kinder an diesem Tag mit nach Hause nehmen würden, um sie ihren Familien zu schenken.

»Luisa, kannst du bitte Lasse helfen, er hat sich die Finger verklebt.« Heike kicherte fröhlich. Sie ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen und hatte jeden und alles im Blick. Also ging Luisa mit Lasse zum Klo und wusch ihm die Finger.

»Immer diese Jungs, ob sie so einen dauerhaft an ihrem Tisch haben wollte, wusste Luisa nicht. Aber wenn Mama ihn sich wünschte …

Endlich war es Mittag, die ersten Kinder wurden abgeholt.

Es war immer das Gleiche: Die abgeholten Kinder ließen sich nur mühsam von ihren Spielgefährten, die noch bis zum Nachmittag blieben, trennen.

Lelah flitzte auf Luisa zu. »Sag Heike noch mal, dass du heute früher abgeholt wirst. Und zieh dir schon die Schuhe an, Lu!« Sie wirkte sehr entschlossen.

»Gut. Mach ich.«

»Wo ist Lionel, den brauch ich.« Lelah ging zur Spielecke und zog ihren kleinen Bewunderer von der Autokiste weg.

»Ich wollte schon mal Tschüss sagen!«, sagte Luisa mit leicht piepsiger Stimme, als sie neben Heike stand, die seelenruhig zum hundertsten Mal verkündete, dass nur derjenige Essen bekam, der sich auch die Hände gewaschen hatte.

»Wirst du denn schon abgeholt, Luisa?«

»Äh.« Luisa wurde unsicher. Ihr kroch das Blut in den Kopf. Sie konnte unmöglich Heike anlügen, Heike war doch ihr großes Vorbild. »Nein, aber gleich. Wir haben es eilig, wir müssen noch ein Geschenk kaufen.«

»Die LeonieZwei wird abgeholt!«, brüllte in genau diesem Augenblick Lelah von draußen. Die Genannte hüpfte erschrocken hoch. »Oh nööö!«

»Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch! Wir sehen uns dann im neuen Jahr!«, rief die Mama von LeonieZwei in den Raum.

»Ja, alles Gute! Bis im neuen Jahr!« Heike nickte.

»Carlo wird abgeholt!«, brüllte jetzt Lelah in den Raum und Lionel, der es nicht fassen konnte, dass Lelah seine Hand hielt, quiekte fröhlich mit: »Carlo wird abgeholt!«, und dann riefen es auch andere: »Carlo wird abgeholt!«

»Ich hab es schon gehört!«, lachte Heike, als Carlo noch einmal kam, um sich von Heike zu verabschieden.

»Mach es gut. Und schöne Ferien!«

»Ciao, Heike!«, sagte der Kleine ernst und ging.

Und genauso ging es weiter. Lelah rief einen der Namen und alle stimmten mit ein.

»Ornella wird abgeholt!«

»Emre wird abgeholt!«

Und dann endlich:

»Luisa wird abgeholt!« Und alle stimmten mit ein, ohne dass auch nur ein Kind bemerkte, dass Luisa gar nicht abgeholt wurde.

»Luisa wird abgeholt! Luisa wird abgeholt!«, rief Lionel begeistert und sah nur auf Lelah, die ihm dafür lobend zunickte.

»Mach es gut, Luisa. Bis zum nächsten Jahr!« Heike reichte ihr die kleine Tüte mit dem Selbstgebastelten. Luisa grinste etwas unsicher und lief aus dem Zimmer, vorbei an Lelah, die ihr zuzwinkerte, und an Lionel (der überhaupt nichts anderes sah als Lelah neben sich).

* * *

Endlich stand Luisa auf dem Gehweg vor dem Kindergarten. Alleine.

Wie aufregend war das denn!

Es war überhaupt nicht weit bis zum Kaufhaus. Sie musste nur die große Straße ein Stückchen entlanglaufen und dann kam ein Platz. Dort standen fünf große Häuser und in der Mitte ein alter Springbrunnen, der aber heute nicht sprang, da Schnee drauf lag. Das größte Haus war das Kaufhaus Wunder. So hieß es nämlich wirklich: Kaufhaus Wunder.

Die Leute nannten es nur das Wunderkaufhaus.

Na, wenn es da keinen Prinzen zu kaufen gab, dann wusste Luisa auch nicht, was mit der Welt nicht stimmte.

Sie stopfte sich ihre kleine Tüte in die Jackentasche und überprüfte, ob ihr langes, blondes Haar ordentlich lag. Das Kaufhaus war nämlich vornehm.

Oma sagte das. Es wäre das vornehmste Haus am Platze gewesen, früher. Und »vornehm«, das konnte man hören, wenn Oma das Wort aussprach, war was Gutes.

Luisas Mutter arbeitete im Wunderkaufhaus. Und zwar in der ersten Etage in einer Ecke, wo man schöne Bilder von sich und seinen Kindern machen lassen konnte. Sie war Fotografin. Jetzt, so kurz vor Weihnachten, hatte sie sehr viel zu tun, weshalb es unmöglich gewesen war, am Heiligabend, also morgen früh, frei zu bekommen.

Aber von solchen Schwierigkeiten erzählte Mama Luisa nie. Mama sagte zu ihr immer nur, alles wäre gut und prima und dass sie die glücklichste Frau auf der ganzen Welt wäre, weil sie Luisa hätte und die Großmutter. Ohne Luisa und ohne Oma ginge nichts. Aber mit wäre alles bestens.

Wenn die Mutter überhaupt mal von Problemen redete, dann nur am Telefon zu Oma oder in der kleinen Küche. Dann musste Luisa es ziemlich clever anstellen, um das Gespräch zu belauschen.

Luisa war immer noch etwas schockiert, seit Mama gesagt hatte, ihre fehle ein Mann, also ein