Ein Zuhause für Elena - Melinda Walters - E-Book

Ein Zuhause für Elena E-Book

Melinda Walters

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Beschreibung

Boston, 1865:

Um der arrangierten Ehe ihres Vaters mit einem der mächtigsten Männer des Landes zu entkommen, flieht die junge Elena Sinclaire in den Westen, hoffend, dort nach vielen Jahren auch ihre Schwester zu finden. Mit ihrer zeitgleichen Bewerbung um die offene Stelle des Lehrmeisters und einem damit einhergehenden Missverständnis, sorgt sie schon bald für eine ganze Menge Wirbel in dem florierenden Städtchen Black Headland. Nun muss sie sich neuen Herausforderungen stellen. Da sind zum einen die Bürger des kleinen Orts mit ihren ganz eigenen Sitten und Moralvorstellungen, eine quirlige Schulklasse, die niemand zu bändigen weiß, und zu allem Übel noch der jüngere Bruder des Sheriffs, der unausstehlicher und zugleich faszinierender nicht sein könnte...

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Melinda Walters

Ein Zuhause für Elena

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Prolog

 

 

 

 

 

„Ausgeschlossen!“

Gabriel Sinclaire lief rot an vor Wut und stützte sich mit seinen Händen auf die breite Arbeitsplatte seines Schreibtisches.

„So habe ich dich nicht erzogen Daislyn-Agnes Sinclaire! Hast du etwa alles vergessen? Du bist die Tochter eines angesehen und allseits geachteten Geschäftsmannes. Unser Name genießt einen tadellosen Ruf in der Gesellschaft und unsere Familie gehört inzwischen zu den erlesenen Freunden unseres Bürgermeisters. Ich werde niemals zulassen, dass du dir von einem dahergelaufenen Ochsenhirten den Kopf verdrehen lässt und alles aufs Spiel stellst. Deine Zukunft,… die deiner Schwester sowie deiner ganzen Familie! Du wirst diesen Flegel von einem Cowboy, der weder von zivilisiertem Benehmen noch anständigem Lebensstandard einen blassen Schimmer hat nicht heiraten! Diesen gesellschaftlichen Ruin werde ich niemals dulden. Was werden die Leute von uns denken! Wir wären gedemütigt und vor aller Welt indigniert. Alles worum ich mich in den letzten 20 Jahren bemüht habe, wäre vollkommen umsonst gewesen. Allein der Gedanke, dass du dort in dieser abgeschiedenen Wildnis zwischen einer winzigen Hütte und stinkendem Bullenmist hausen sollst, den Haushalt selbst bestellen und dich… Nein, Daislyn! Du gehörst an die Seite eines stattlichen Gentleman, der deiner zu schätzen weiß und würdig ist!“

„Vater!“,

unterbrach ihn da jedoch die Stimme seiner Tochter ungewöhnlich scharf. Daisy hatte die schrecklichen Worte ihres Vaters bislang schweigend über sich ergehen lassen, doch nun, da er begann Roberts Empfindungen für sie durch den Dreck zu ziehen, konnte sie nicht länger ruhig bleiben.

„Er liebt mich wie keiner deiner Gentlemen es jemals könnte! Jeder von ihnen ist doch stets nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Sie haben Angst sich die Finger schmutzig zu machen und ziehen es vor in weichen Betten zu schlafen und von goldenen Tellern zu essen, als das zu tun, was ein Mann zu tun hat! Niemals würde ich es mit einem solchen unter einem Dach aushalten, geschweige denn in einer Ehe!“

Sie war lauter geworden und blickte ihren Vater nun mit funkelnden Augen an. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch niemals den Ton gegen ihren Vater erhoben oder einen seiner Anordnungen widersprochen.

„Daisy, du…!“, setzte ihr Vater ärgerlich an, doch da erhob sie sich und blickte ihn mit Tränen in ihren blauen Augen an.

„Ich liebe ihn, Vater! Ich liebe ihn von ganzem Herzen und ich weiß, dass niemals wieder ein Mann einen solchen Platz bei mir wird einnehmen können.“

Sie suchte seinen Blick.

„Wenn du dir wenigstens die Mühe gemacht hättest ihn überhaupt kennenzulernen!“,

warf sie ihm vor und ihr Vater verzog wütend das Gesicht.

„Ich werde meine Entscheidung nicht ändern, Daisy! Er ist nicht standesgemäß um…“

„Nicht standesgemäß?!“,

fuhr sie ihn an.

„Wir leben nicht im Mittelalter, Vater! Davon einmal abgesehen ist Robert kein mittelloser Mann. Seine Familie hat selbst über Generationen in Boston gelebt bevor sie weiter in den Westen gezogen sind. Anthony Reed ist einer der angesehensten Männer im Westen und…“

„Du bist jung und naiv, Daislyn.“,

unterbrach Gabriel sie barsch.

„Dieser Kerl kann dir das Blaue vom Himmel erzählen. Du kennst den Westen nicht und du weißt auch nicht, wie die Menschen dort leben. Man kann es kaum eine Zivilisation nennen. Ich werde nicht erlauben, dass du dir durch deine jugendlichen Launen den Kopf verdrehen lässt und deiner Familie durch deine Leichtgläubigkeit einen unermesslichen Schadens zufügst!“

Er war zum Ende immer lauter geworden.

„Du bist ein Kind, gerade mal achtzehn Jahre alt. Du bist überhaupt nicht fähig so zu fühlen, wie du es meinst.“

Er erhob sich zu seiner vollen Größe und maß seine Tochter mit einem strengen Blick, wie sie es nur zu gut kannte. Ihr Vater war an sich kein schlechter Mensch und es hatte eine Zeit gegeben, in der er anders gewesen war, doch sein unersättliches Streben nach Erfolg, Ruhm und gesellschaftlichem Ansehen, hatten ihn verändert. Es musste eine Ewigkeit her sein, dass er sie, ihre Schwester oder Mutter in den Arm genommen hatte.

Vielmehr hatte es nunmehr gegolten die Familie auf einen erforderlichen gesellschaftlichen Stand zu bringen und sich ja keine Fehler zu erlauben. Daisy hatte sogleich eine entsprechende Erziehung genossen. Vater hatte sie auf die höhere Töchterschule geschickt und auch sofort eine Gouvernante eingestellt. Vier Jahre später hatte sie ihr großes Debüt in der Bostoner Gesellschaft gefeiert.

Daisy hatte alles stets stillschweigend über sich ergehen lassen und hatte sich auch schon mit dem Gedanken abgefunden eines Tages die Frau eines angesehenen Gentleman zu werden, den ihr Vater für angebracht hielt, doch dann hatte sie Robert Reed kennengelernt.

Sie hatte ihn vor zwei Jahren während der Zeit ihres Debüts getroffen, als er sich geschäftlich in der Stadt aufgehalten hatte. Roberts Eltern waren alte Freunde der Familie Lissing, so dass er die Zeit über bei ihnen einquartiert wurde. Deren Tochter, Diana, mit der sie im gleichen Alter war und auch gemeinsam das Debüt absolvierte, war ihre beste Freundin. Über kurz oder lang war es dann zu der Bekanntschaft mit dem gutaussehenden einige Jahre älteren Jungen gekommen. Er war für seinen Vater mit zwei anderen Arbeitern der Ranch unterwegs um einige der besten Zuchthengste aus der Stadt mitzubringen. Felix St. Patrick, der als der hochgelobteste Züchter weit und breit galt und ein alter Freund der Familie Reed war, hatte seinem Vater die besten Exemplare des Jahres versprochen. Daisy hatte stets an seinen Lippen gehangen, wenn er von den unendlichen Weiten des Westens berichtet hatte und den kleinen florierenden Städten, die immer mehr Siedler bekamen. Bald sollte sogar eine Eisenbahnstrecke in den Nachbarort verlegt werden und Daisy hatte es genossen seiner angenehmen Stimme zuzuhören und den Blick seiner funkelnden Augen auf sich zu spüren. Des Öfteren war es ihr so vorgekommen, als hätte Robert ihr mehr hatte mit seinen Erzählungen von seiner Heimat hatte sagen wollen.

Der Plan, nicht mehr als freundschaftliche Gefühle für den Cowboy zu entwickeln, sondern es bei einer einfachen Bekanntschaft zu belassen, war kläglich gescheitert.

Schon nach kurzer Zeit hatte Daisy sich Hals über Kopf in den jungen Mann verliebt. Bei seinem ersten Abschied, hatte Daisy ihm wehmütig nachgesehen und sich gewünscht, ihn so schnell es ginge wieder zu sehen. Sie hatte gewusst, dass es Unsinn war. Einerseits lebte er weit entfernt von Boston und andererseits gab es für ihn kaum einen Grund ausgerechnet ihretwegen die Mühsal einer so langen Reise auf sich zu nehmen und wieder auf der Bildfläche zu erscheinen. Sie war für ihn doch nichts als ein unscheinbares Stadtmädchen. Ja, in Boston galt sie wohl etwas, aber so ein bodenständiger Kerl, wie Robert Reed es war, der keine Arbeit oder Müh scheute und sich auch nicht davor fürchtete ordentlich mit anzupacken, wie es sich für einen Mann gehörte, würde wohl kaum etwas mit einem verwöhnten Püppchen, wie sie es war, anfangen können.

Auf diese Weise hatte sie versucht sich ins Gewissen zu reden um sich von weiteren dummen Gedanken abzuhalten, doch ihr heimlicher Wunsch den charmanten jungen Rancher wiederzusehen, war schneller in Erfüllung gegangen, als sie es für möglich gehalten hätte. Nach vier Monaten tauchte er wieder in Boston auf. Diesmal kam er allein. Es gab wohl noch einige Dinge mit St. Patrick zu besprechen. Unbewusst war sie in diesen zwei Wochen viel öfter als gewöhnlich bei Diana zu Besuch gewesen, wohl wissentlich, dass sie dort auf den Jungen treffen würde. Sie war gerne in seiner Gesellschaft. Er war anders als die jungen Männer, die sie bisher kennengelernt hatte. Sie hatten sich oft gesehen und viel miteinander unternommen, selbstredend immer in Gesellschaft ihrer Freunde um ja keinen Skandal heraufzubeschwören, doch Daisy hatte sich oft gewünscht mit ihm allein sein zu können.

Sie hatte zu diesem Zeitpunkt nicht geahnt, dass es dem Jungen genauso ergangen war. Dass, jedes Mal wenn sie in seiner Gegenwart gewesen war, er nur mit Mühe seine Gefühle ihr gegenüber zurückhielt. Daisy war resigniert zurückgeblieben, als Robert wieder nach Hause gereist war, ohne einen Schritt in die erhoffte Richtung getan zu haben, glaubte sie doch alle Anzeichen richtig gedeutet zu haben. Wieder redete sie sich ein, dass er lediglich seiner Geschäfte und nicht ihretwegen in Boston verweilt hatte. Vermutlich sehnte er sich schon längst nach Hause zurück, auf seine Ranch und die Weiten des Landes, als hier in einer Stadt, vollgestopft mit Menschen, festzusitzen. Dann war ihr auch der Gedanke gekommen, dass er schon längst ein Mädchen haben könnte, schließlich war sie, weiß Gott, nicht das einzige weibliche Wesen, dass er kennen würde. Sie wusste von Erzählungen, dass die Mädchen im Westen nicht gerade hässlich zu nennen waren, vor allem schienen sie die weitaus kompatibleren Partien, da sie schon in ihren jungen Jahren bestens mit den Aufgaben einer zukünftigen Ehe- und Hausfrau befasst waren. Sie hingegen wusste nicht einmal eine einfache Suppe zu kochen, von Wäschewaschen oder gewöhnlichen Haushaltsarbeiten ganz zu schweigen. Sie schalt sich ein dummes Kind und versuchte sich den jungen Mann aus dem Kopf zu schlagen, was immer nur so lange erfolgreich anhielt, bis er wieder auf der Bildfläche erschien und ihre sicher geglaubte Gefühlswelt erneut durcheinanderwirbelte.

Dieser Zustand hielt über gut zwei Jahre an. In bestimmten Monatsabständen tauchte er in der Stadt auf und blieb für einige Wochen, ehe er wieder abreiste. Daisy war beinah schon wahnsinnig geworden, bis er eines Tages wieder vor ihr stand. Dieses Mal nicht in Gesellschaft der Geschwister Lissing.

Sie war am späten Nachmittag allein im Garten gewesen und hatte ein Buch gelesen. Nur zu gut erinnerte sie sich daran, wie sie erschreckt zusammengefahren war, als sich plötzlich zwei Hände über ihre Augen gelegt und ein seichter Atem ihren Nacken entlang gefahren war. Als sie sich dann umgedreht und Auge in Auge mit ihm gewesen war, war es um sie beide geschehen. Fest hatte er sie an sich gezogen und seine Lippen verlangend auf die ihren gedrückt. Ihr Herzschlag war vollkommen aus dem Takt geraten und sie hatte in diesem Moment gar nicht reagieren können. Sie war zuvor noch nie geküsst worden. Er hatte sich dann allerdings abrupt, so als hätte er sich verbrannt, von ihr getrennt, war wieder einen Schritt zurückgegangen und hatte leise gesagt, während dennoch ein unmerkliches spitzbübisches Lächeln um seine Mundwinkel gezuckt hatte:

„Vergeben Sie mir, Miss Daislyn. Ich habe mich wohl…“

Doch sie hatte ihn nicht ausreden lassen, sondern ihre Arme um seinen Hals geschlungen und ihren Mund auf den seinen gepresst. Sie konnte bis heute nicht sagen, was in diesem Moment in sie gefahren war, dass sie sich derart gegen die Regeln des Anstandes aufgelehnt hatte. Robert hatte nicht lange gezögert und sie wieder an sich gezogen. Mehrere Stunden hatten sie allein und ungestört in einer der Gartenlauben zugebracht, während Rob ihr von seiner Familie und den letzten Ereignissen berichtet hatte. Schließlich hatten sie sich fast schon ein halbes Jahr nicht mehr gesehen.

Er war zwei Wochen geblieben und versprach ihr bei seiner Abreise bald wieder zu kommen. Es hatte länger gedauert als er zunächst angekündigt hatte, doch er hielt sein Versprechen und kam, bevor sich ernsthafte Zweifel bei ihr ausbreiten konnten. Und er bat sie… endlich… ihn zu begleiten und seine Frau zu werden. Daisy hatte ihm ihre Antwort ohne jegliches Zögern gegeben, denn ihre Gefühle für diesen Mann waren eindeutig. Sie wusste wohin sie gehörte und worum sie um jeden Preis auch kämpfen würde.

 

„Daislyn.“

Nun versuchte ihr Vater es mit einem sanftmütigen Unterton in seiner Stimme, doch das Lodern in seinen Augen verriet seine unterdrückte Wut gegen ihre sture Unbesonnenheit.

„Du warst schon immer ein kluges Mädchen. Du wusstest dich stets tadellos zu benehmen und hast mir nie Grund zur Klage gegeben.“

Daisy verzog auf diese Worte das Gesicht.

„Ich habe doch einfach nie etwas gesagt und alles so erfüllt, wie du es von mir haben wolltest.“

„Und deshalb verlange ich, dass das auch genauso bleibt!“,

fuhr er ihr dazwischen, während sein Ärger sich wieder einen Weg an die Oberfläche bahnte.

„Der englische Viscount hat vor zwei Tagen um deine Hand angehalten.“,

meinte er dann nach einer Weile und sah sie an.

„Ich bin durchaus gewillt seinen Antrag anzunehmen.“ Daisy hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen.

„Viscount Gerrard Aberdeen ist dreißig Jahre älter als ich Vater!“,

rief sie verzweifelt und sah ihren Vater entsetzt an.

„Er ist widerlich und ein elendiger Lustmolch, der niemals weiß wann…“

„Hüte deine Zunge!“,

schnitt er ihr das Wort ab und durchbohrte sie mit seinen dunklen Augen.

„Der Viscount ist reich und angesehen. Er wird dir eine mehr als gute Zukunft sichern, wenn du dich an deine Pflicht als Ehefrau hältst und ihm einen Erben schenkst. Eine Partie wie er ist unserer Familie nur von Vorteil, denn er wird uns noch mehr Türen öffnen, zumal er in der Londoner Adelsgesellschaft verkehrt und ein oft gesehener Gast im Hause seiner Majestät dem König von England ist.“

„Niemals, Vater.“

Das Mädchen hatte die Stimme gesenkt, doch ihre Worte waren klar vernehmlich.

„Du wirst mich umbringen müssen…“

Sie sah auf.

„Und wenn du es nicht tust, dann werde ich es tun.“,

erklärte sie entschlossen und obgleich Gabriel seiner Tochter kein Wort glaubte und sie für ein unverständiges Kind hielt, entdeckte er in ihren Augen doch ein seltsames Funkeln, das er bisher noch nicht gesehen hatte.

„Hör auf so zu sprechen, Daislyn!“,

herrschte er sie an und hob empört die Arme.

„Du wirst mir dankbar sein, wenn du siehst, was er dir alles bieten wird.“

Doch wieder schüttelte das Mädchen den hübschen Kopf mit den dunklen Locken.

„Mich hat es nie nach diesem Leben in Prunk und Ausschweifung verlangt. Ich habe niemals so leben wollen… bedient, behütet und überwacht. Man kann in diesem Haus keinen einzigen Schritt machen, ohne…“

„Jetzt werde ja nicht undankbar! Ich habe hart gekämpft um euch dieses Leben zu ersparen, dass ich einmal geführt habe. Deiner Mutter, dir, deiner Schwester!“

„Ich wollte es dennoch nicht.“

Auf ihr Gesicht legte sich ein Strahlen.

„Ich möchte in meiner eigenen Küche stehen und das Essen kochen, voller Erwartung auf meinen Ehemann, der nach der Arbeit durch die Haustür tritt und mich in seinen Arm nimmt. Ich möchte meine Kinder heranwachsen sehen, möchte für sie sorgen und sie selbst erziehen, ihnen alles selbst beibringen und sehen was aus ihnen wird.“

Sie blickte ihren Vater an, dessen Gesichtsausdruck sich bei den Worten seiner Tochter verändert hatte.

„Du bist einmal ein solcher Vater gewesen.“,

sagte sie da leise und traf genau ins Schwarze.

„Wann hast du Mutter das letzte Mal zur Begrüßung in den Arm genommen oder mich und Elena. Bitte, Vater…“,

flehte sie eindringlich.

„Denke einmal nicht an deinen gesellschaftlichen Rang, sondern sieh in mir deine Tochter, das Kind, das du…“

„Jetzt ist Schluss, Daislyn.“

Seine Stimme war ruhig, aber bestimmt. Es gefiel dem Mann gar nicht, dass ihn das Mädchen auf seine Fehler hinwies, die er wohlweislich schon bemerkt, doch unter dem Druck schnell wieder abgeschüttelt hatte.

„Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig. Du bist meine Tochter, das ist richtig und deshalb wirst du auch das tun, was ich dir sage. Du hast eine Pflicht dir selbst und deiner Familie gegenüber.“

„Meine Pflicht ist es auf mein Herz zu hören, Vater. Und das sagt mir, dass es Rob ist, der…“

„Wenn du diesen Namen noch einmal erwähnst, werde ich mich vergessen, das verspreche ich dir!“,

fuhr er sie wütend an.

„Vergiss diesen Jungen! Er meint es doch ohnehin nicht ernst mit dir! Woher willst du nicht wissen, dass er in seinem Wilden Westen nicht längst ein anderes Mädchen…“

„Das hat er nicht!“, unterbrach sie den Vater harsch.

„Robert liebt mich und ich liebe ihn. Ich weiß es.“

Sie straffte ihre Schultern und hob das Kinn.

„Ich werde mit ihm gehen, Vater. Heute wird Robert abreisen und ich werde ihn begleiten.“

Gabriel brodelte vor Wut und am liebsten hätte er sie samt ihrer Sturheit zum Fenster hinausgeworfen.

„Daisy, ich warne dich. Wenn du dich so bewusst meinem Willen widersetzt, werde auch ich andere Register aufziehen.“

„Ich weiß, Vater.“,

entgegnete sie ruhig, sich dessen durchaus bewusst.

„Ich werde dich enterben und du wirst nicht länger meine Tochter sein, wenn du mit diesem Taugenichts mitgehst!“, versuchte er deutlicher zu werden.

Für einen Moment zuckte Daisy zusammen als hätte er sie geschlagen, sie wurde blass, doch dann traf sich ihr Blick mit dem seinen.

„Dann muss es wohl so sein.“

Ihr Vater blickte sie verständnislos an.

„Wie kannst du einen solchen Rindertreiber über deine eigene Familie stellen?! Soll er schuld daran sein…“,

versuchte er es nun noch auf die Art ihr ein schlechtes Gewissen einzureden, doch Daisy unterbrach ihn.

„Robert hat Schuld an gar nichts. Er ist für nichts verantwortlich, was deiner Meinung nach ein Vergehen sein soll und Liebe ist wohl kaum etwas für das man einen Menschen verurteilen kann. Sollte sich deine Gesellschaft wirklich so aufführen, wie du es befürchtest, so wird dies nur mehr beweisen, dass dort nichts mehr von Menschen mit echten Gefühlen übrig geblieben ist und keiner von ihnen es jemals verstanden hat wirklich zu lieben. Wenn du es kannst, Vater… Ich kann nicht nach einem bestimmten Raster leben und mich stets an irgendwelche dieser lächerlichen Regeln halten. Ich will frei und ungebunden sein, will geliebt werden und lieben. Genau das wird Robert mir geben und mein Entschluss mit ihm zu gehen und seine Frau zu werden steht fest. Ich werde niemals hier bleiben und einen deiner Edelmänner heiraten… Lieber verschreibe ich mich der ewigen Jungfräulichkeit!“

Gabriel sah seine Tochter mit großen Augen an, doch dann verzog sich sein Gesicht vor Zorn.

„Dann soll es so sein!“, brüllte er und streckte seinen Arm auf die Tür.

„Verlasse augenblicklich mein Haus und wage es ja nicht je wieder hier aufzutauchen oder mich deinen Vater zu nennen! Du hast keine Familie mehr, du bist keine Sinclaire und du bist die längste Zeit meine Tochter gewesen!“

Tränen traten in die Augen des Mädchens und für einen Moment stand sie noch auf ihrem Platz, sah ihrem Vater verletzt in die Augen, ehe sie sich umdrehte und wortlos den Raum verließ.

 

In ihrem Zimmer traf sie auf Elena, die auf ihrer Bettkante saß und ihr traurig entgegensah.

„Ich will nicht, dass du gehst.“,

erklärte das Mädchen entschieden und Daisy musste lächeln. Ihre fünfjährige Schwester wurde durch die neusten grotesken Erziehungsmaßnahmen ihres Vaters viel zu schnell erwachsen. Sie bedauerte das Kind und es tat ihr leid, sie dem Vater so schutzlos ausgeliefert zu lassen und doch wusste sie, dass sie keine andere Wahl hatte. Sie hockte sich vor das dunkelhaarige Mädchen und nahm ihr Gesicht in ihre Hände.

„Hör mir zu, mein Liebling.“

Sie küsste sie auf die Stirn.

„Es geht leider nicht anders… Wenn ich könnte…“,

doch sie führte ihren Satz nicht zu Ende und zog das Kind an sich.

„Liebst du mich denn nicht mehr?“,

fragte die Kleine und dicke Tränen rollten an ihren Wangen herab.

„Doch natürlich habe ich dich lieb, mein Schatz, aber... aber Robert habe ich auch lieb... und er mich.“Sie küsste sie auf die Stirn.

„Irgendwann einmal wirst du mich sicher verstehen.“,

flüsterte sie in das dunkle Haar des kleinen Mädchens.

„Ich werde immer an dich denken. Versprochen. Aber pass auf dich auf und auch auf Mutter. Wir werden uns wiedersehen… Daran glaube ich ganz fest.“

Ehe das Kind etwas erwidern konnte, hatte Daisy ihre Tasche, die sie schon vor einigen Tagen mit einigen wenigen Habseligkeiten gefüllt hatte in die Hand genommen und war durch die Tür verschwunden.

An der Hintertür begegnete sie ihrer Mutter, die tränenüberströmt die Arme nach ihr ausstreckte.

„Mama.“, flüsterte Daisy und warf sich an ihre Brust.

„Es zerreißt mir das Herz, mein Kind und doch ist es der einzig richtige Weg.“

Tamara Sinclaire küsste ihre Tochter auf die Stirn und strich ihr eine Locke aus dem Gesicht.

„Dein Robert ist ein tüchtiger und guter junger Mann. Ich kann dich ruhig ziehen lassen, denn ich weiß, dass er dich lieben und ehren wird, ganz so wie du es verdienst und dir erträumt hast.“

Sie lächelte, zog eine kleine Schatulle von der Kommode und drückte sie ihrer Tochter in die Hand.

„Ich möchte, dass du das hier mitnimmst. Es ist der Hochzeitsschmuck unserer Vorfahren und wird über die Frauen der Familie vererbt. Nimm es als Geschenk und zur Erinnerung an mich.“

Sie schniefte.

„Ich habe eine Truhe für dich packen lassen. Alles was eine Hausfrau für ihren eigenen Haushalt braucht, jede Tochter sollte eine Mitgift mit sich bringen.“

Die Tränen strömten nun ungehindert über Daisys Wangen, ohne dass sie diese hätte noch länger aufhalten können.

„Ich wünsche dir alles Gute, mein Kind und schreib mir. Ich werde dafür sorgen, dass dein Vater nichts von deinen Briefen mitbekommen wird.“

Daisy nickte.

„Ja…natürlich…“,

hauchte sie und ließ sich nochmals von der Mutter in die Arme schließen.

„Leb wohl, mein Schatz.“

Mit diesen Worten trat sie zur Seite und gab ihrer Tochter den Weg frei.

„Lebe das Leben von dem du immer geträumt hast.“

„Du wirst mir fehlen, Mama.“

Tamara strich dem Mädchen über die Wange, Daisy sah sie noch einen langen Moment an, dann trat sie hinaus, wo sie schon die vertraute Gestalt ihres Verlobten erblickte, der eifrig damit beschäftigt war eine große Truhe auf dem Einspänner zu befestigen.

Ein warmes Gefühl durchflutete sie, als sie ihren zukünftigen Ehemann betrachtete. Robert war hochgewachsen und die Arbeit auf dem Land und im Sattel seines Pferdes, hatte ihn kräftig gemacht. Ihr Blick glitt zu seinen breiten Schultern und über seine starken Arme, um die sich sein weißes Hemd verdächtig spannte. Auf seinem dunkelblonden dichten Haar thronte wie immer sein dunkler Hut, worunter seine strahlend grün-blauen Augen sie stets vergnügt anblitzten.

Sie bereute es in keinster Weise, sich für ihn entschieden zu haben und ihr altes Leben nun für immer hinter sich lassen zu können. Sie konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als ihr ganzes Leben mit dem Mann ihrer Träume zu verbringen. Langsam trat sie auf ihn zu und als er sie bemerkte und ihr Gesicht sah, bedurfte es keiner Worte, damit er verstand was passiert war. Fest zog er sie an sich und küsste sie aufs Haar. Eine Weile sagte keiner von ihnen ein Wort.

„Bist du… bist du dir denn wirklich sicher, dass du… ich meine…ich habe…“,

begann er da stockend und leise seinen Gedankengang anzudeuten, doch Daisy brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.

„Ich habe niemals daran gedacht meine Entscheidung rückgängig zu machen, Robert.“

Sie sah zu ihm auf und lächelte.

„Ich liebe dich und habe nicht vor auf ein Leben mit dir zu verzichten, bloß weil mein Vater meint auf Gesellschaftsambitionen bestehen zu müssen. Ich lasse mein Heim und meine Familie zurück, ja...“

Sie schüttelte den Kopf.

„Aber ich gewinne etwas viel Schöneres dadurch... Dich und ein ganzes Leben mit dir. Mehr brauche ich gar nicht um wunschlos glücklich zu sein.“

Man sah dem jungen Kerl an, wie erleichtert er über ihre Antwort war. Er legte seine Arme um ihre schmale Taille und zog sie an sich. Mit seiner Hand strich er ihr über die Wange.

„Ich liebe dich, Daislyn.“,

flüsterte er dann und senkte seinen Mund kurz auf den ihren, ehe er sein Gesicht in ihren Haaren verbarg und murmelte.

„Meine Mrs. Reed.“

 

 

Bald schon wird es Vanderbilt heißen

 

 

 

 

 

Die Bälle der Vanderbilts waren seit jeher stets besonderer Höhepunkt der amerikanischen Gesellschaft und jedes seiner Mitglieder fühlte sich in seiner gesellschaftlichen Anerkennung gleich um ein Vielfaches bestätigt, wenn es zu einem derartigen Anlass eingeladen wurde. Niemand ließ sich eine solche Ehre entgehen. Schließlich gehörten die Vanderbilts zu den reichsten und angesehensten Familien des Landes und promovierten den sogenannten Gesellschafsadel. Ihr Einfluss reichte bis in die höchsten Ränge der Politik und manchmal selbst bis über die Landesgrenzen hinaus.

Da die beiden Söhne der Vanderbilts bisher noch nicht in den Ehestand getreten waren, genossen vor allem sie ein ganz besonderes Ansehen als die begehrtesten Junggesellen unter den Damen der Gesellschaft. Insbesondere die Mütter erhofften sich eine solch mehr als hervorragende Partie für ihre Töchter und unterließen keine Gelegenheit den jungen Männern ihre Mädchen anzupreisen.

Es war wie immer alles aufwändig und dekorativ hergerichtet worden. Wenn Anastasia Vanderbilt sich auf etwas verstand, dann war es die Kunst, derart pompöse und ausfallende Bälle zu geben, über welche die Leute selbst noch nach Jahren sprachen. Die großen Kronleuchter tauchten den riesigen Ballsaal in ein goldenes Licht, während die Töne eines seichten Walzers den Raum durchfluteten.  Lange Tafeln boten Köstlichkeiten, Snacks und erfrischende Getränke an. Diener, gekleidet in adretten Fracks, eilten geschäftig im Saal umher, teilten Champagnergläser aus und erkundigten sich nach den Wünschen der Herrschaften.

Die verheirateten Damen hatten sich in größeren Gruppen in den Nischen niedergelassen und plauderten munter miteinander, während ihre Ehemänner sich in dem benachbarten Salon an den Pokertischen eingefunden hatten. Wie gewöhnlich floss dabei eine Menge Alkohol, so dass das schallende Gelächter der Männer schon bald zu den anderen Gästen herüber klang.

Die Debütantinnen dieser Saison waren nicht zu übersehen und genossen die allgemeinen Bewunderungen. Sie ließen ihre Musikkenntnisse kund werden, flirteten mit den Herren am Klavier, gaben deutliche Zeichen mit ihrem Fächer oder ließen sich auf die Tanzfläche führen.

Die anderen der jungen Herrschaften hatten sich in einigen der Sofagruppen versammelt und unterhielten einander, wobei besonders die jungen Herren um die Aufmerksamkeit der hübschen Damen buhlten. Es wurde ausgelassen gelacht und jeder schien sein Vergnügen an der abendlichen Veranstaltung zu haben.

Zumindest beinah jeder.

Elena musste mit aller Macht an sich halten um nicht mit ihrer Hand auszuholen und ihrem Tanzpartner eine saftige Ohrfeige vor versammelter Gesellschaft zu erteilen. Sie wünschte, sie hätte sich niemals auf einen Tanz mit diesem unverschämten Kerl eingelassen. Allein der Ausdruck seiner Augen hatte ihr schon nicht gefallen, als er sie aufgefordert hatte und wenn da nicht der strenge überwachende Blick ihres Vaters gewesen wäre, hätte sie ihn auch kommentarlos stehen gelassen. Schon zum zweiten Mal rutschte seine Hand an ihrem Rücken tiefer, als er es sich erlauben durfte, so dass sie ihn mit einem funkelnden Blick ihrer grünen Augen ansah und seinen Arm energisch wieder hochschob, um ihm ganz klar deutlich zu machen, dass er sie durchaus ernst zu nehmen hatte. Er nahm es lediglich mit einem verschmitzten Grinsen zur Kenntnis, doch zum Glück ließ er seine Hand endlich dort, wo sie bleiben sollte. Die junge Frau versuchte Haltung zu wahren, doch sie wusste, dass sein aufdringliches Verhalten, ihr dies bald nicht mehr würde möglich machen.

Das Orchester hatte gerade seinen letzten Ton verklingen lassen, als sie sich rasch entschuldigte, ehe der Herr sie um einen weiteren Tanz bitten konnte oder, was wesentlich schlimmer sein würde, gar um einen Spaziergang.

Obgleich sie sich ihres Zweckes an diesem Abend sehr wohl bewusst war, hatte sie beim besten Willen keine Nerven noch das Vermögen auch nur noch einen der gierigen Blicke ertragen zu können. Sie hatte keine Lust mehr, das Vorzeigepüppchen ihres Vaters zu spielen und zog sich daher in eine der kleinen Nischen zurück, wohl bedacht, dass sie niemand dabei sah und ihr so vielleicht hätte nachstellen können.

Sie wusste, dass ihr Vater alles andere als zufrieden sein würde. Seit drei Jahren schon hegte er den ausdrücklichen Wunsch, seine Tochter möge sich verheiraten. Es war längst an der Zeit, dass sie endlich ihren Pflichten als junge Frau der Gesellschaft und Tochter nachkam, anstatt ihre Nase ständig in irgendwelche Bücher zu stecken.

Was die Wahl des Ehemannes anging, hatte ihr Vater ganz eigene Vorstellungen.

Reich sollte er sein, angesehen und ohne Bedingung der obersten Gesellschaftsschicht entstammen.

Dabei spielte Liebe absolut keine Rolle, wie alt der Mann war interessierte noch weniger und auch nur einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden, was sie darüber dachte, kam ihrem Vater nicht einmal in den Sinn. Einzig und allein zählten Geld und Stellung.

Nachdem sie sich ein Champagnerglas von einem der Concierge hatte reichen lassen, ließ sie sich in die weichen Polster des Sofas fallen. Das Orchester stimmte gerade einen weiteren langsamen Walzer an und mit Genugtuung bemerkte sie, wie sich einige der Herren, von denen sich die meisten in ihre Tanzkarte hatten eintragen lassen, suchend umschauten.

Zufrieden, dass sie nun endlich ihre Ruhe würde haben können, prostete sie sich selbst zu und nahm dann einen großen Schluck von ihrem hellen Sprudelgetränk.

„An alle die es nicht begreifen wollen, auch eine Frau braucht dringend mal etwas Zeit für sich.“

„Wie schade.“,

meldete sich da plötzlich eine tiefe, ihr jedoch nicht unbekannte Stimme und Elena zuckte unmerklich zusammen, während sie sich gleichzeitig versteifte. Der ungebetene Gast trat näher und ließ sich neben ihr auf der kleinen Couch nieder.

„Ich hatte mich schon den ganzen Abend auf Ihre Gesellschaft gefreut, Miss Elena.“

Die junge Frau schien nicht bereit den Mann anzusehen.

„Es heißt immer noch Sinclaire. Auch für Sie.“,

entgegnete sie, nicht einmal darum bemüht in irgendeiner Weise freundlich zu klingen. Er sollte nicht daran zweifeln, dass er höchst unwillkommen war.

„Nicht mehr lange.“,

kam es gewohnt bestimmt zurück.

„Wenn Sie mir nicht ständig aus dem Weg gehen würde, liebste Miss Sinclaire, dann hätte ich Sie längst von meinem neusten Entschluss in Kenntnis setzen können.“

Seine Worte und der Ton seiner Stimme jagten ihr einen unangenehmen Schauer über den Rücken, wenn nicht seine aufdringliche Nähe das Maß schon längst überschritten hatte. Er schien sich also nicht von ihren Warnzeichen beeindrucken zu wollen. Ihre Absicht, aufzustehen und so schnell wie möglich von hier zu verschwinden, hatte der Mann rasch durchschaut. Ehe sie also diese in die Tat umsetzen konnte, hatte er barsch nach ihrem Handgelenk gegriffen und sie zu sich gezogen.

„Bald schon wird es Vanderbilt heißen, meine Liebe, und Sie sollten dieser Zukunft mit Stolz entgegensehen. An meiner Seite als…“

„Lieber-würde-ich-sterben!“,

fiel sie ihm ärgerlich ins Wort und betonte jede Silbe ihrer Worte, ehe sie ihm mit einem Funkeln in ihren grünen Augen ihre Hand entriss.

„Sie vergessen sich, Mr. Vanderbilt."

Der Mann begegnete ihren Worten lediglich mit einem überheblichen Grinsen und ignorierte sie dann völlig, indem er sich demonstrativ an sie schob.

„Jetzt genieren Sie sich doch nicht, Elena.“

Er legte seine Hand an ihre Taille und zog sie zu sich.

„Es hat keinen Zweck sich mir noch länger zu verweigern und mir vorzuspielen, Ihnen würden meine Aufmerksamkeiten nicht gefallen.“

„Oh, ich muss Ihnen das nicht vorspielen, Mr. Vanderbilt! Ihre Aufmerksamkeiten gefallen mir tatsächlich nicht.“,

entgegnete sie wütend und versuchte sich seinem Griff zu entziehen, doch er verstärkte diesen nur und meinte:

„Machen Sie sich nichts vor. Ich weiß es und auch Sie wissen es. Sie werden mir gehören, so sehr sie auch versuchen sich noch dagegen zu wehren.“

In Elena begann zu brodeln. Der Mann schien es nicht realisieren zu wollen. Er vertiefte seinen Blick und beugte sich zu ihr:

„Sie sind nicht mehr die Jüngste, Elena. Ihr Debüt haben Sie hinter sich und jede andere Dame in Ihrem Alter, sei sie auch nur halb so schön, ist längst verheiratet. Es wäre doch…“

„Halten Sie Ihren Mund, Mr. Vanderbilt!“,

schnitt die junge Frau ihm harsch das Wort ab, während es aus ihren Augen Funken sprühte.

„Eine Wahl zu treffen zwischen einem Leben allein oder einem Leben verheiratet mit einem Mann wie Sie es sind, fällt mir und jeder anderen Dame mit nur halb so wenig Verstand wie eigentlich nötig nicht schwer."

Der Mann lächelte süffisant. Sein Blick wanderte zu ihren Lippen und von dort tiefer zu ihrem Ausschnitt, ehe er ihr wieder in die Augen blickte.

Wenn es etwas gab, für das Ian Vanderbilt echte Leidenschaft empfand waren es tempermentvolle Frauen und diese hartnäckige Widerspenstigkeit der jungen Sinclaire-Tochter ihm gegenüber schürte sein Verlangen nach ihr nur noch mehr.

 „Nicht einen Mann wie mich, Elena...“,

entgegnete er gelassen und sah über ihre derbe Beleidigung geflissentlich hinweg, während er mit seinem Finger über die nackte Haut ihrer Schulter strich zu dem Ende ihres langen Handschuhs und fast schon in neckischer Geste an dem Stoff zupfte. Seine dunklen Augen funkelten und Elena brach der kalte Schweiß aus. 

Sie würde niemals zulassen, dass er ihr noch ein einziges Mal gegen ihren Willen zu nahe kam.

Der Geschäftsmogul beugte sich mit einem lüsternen Lächeln zu ihr vor, während sie versuchte sich so weit wie möglich in die Ecke des Sofas von ihm wegzudrücken.

„Sondern mich. Ich erinnere mich nur zu gut, wie Sie mir erst letzte Woche…“

Sie ließ ihn nicht ausreden.

„Nein, Mr. Vanderbilt, Sie irren sich! Ich habe Ihnen niemals einen Anlass gegeben der Ihr unerhörtes Verhalten in diesem Moment oder auch schon vorher in irgendeiner Weise gerechtfertigt hätte. Mein Vater …“

„Um Ihren Vater mache ich mir die geringsten Sorgen.“,

unterbrach er sie spöttisch und schnappte nach einer ihrer Locken.

„Jeder weiß, dass Sie der einzige Grund sind, weshalb er in den gesellschaftlichen Kreisen überhaupt noch geduldet wird. Der einzige Grund, weshalb ich Ihn dulde.“

Elena versuchte erneut ihn von sich zu schieben, doch er ließ sich davon nicht beeindrucken.

„Sie würden doch sicher alles dafür tun um Ihren alten und verzweifelten Vater vor dem endgültigen Ruin zu bewahren, nicht wahr, Elena?“,

säuselte er und sein Blick wanderte wieder zu ihren Lippen.

„Sie wissen, dass ich dazu sehr wohl in der Lage bin, wenn man denn meine Bedürfnisse zuvor in angemessener Weise gewillt ist zu befriedigen.“

Er neigte seinen Kopf und beugte sich noch weiter zu ihr vor.

„Heutzutage dreht sich alles um Angebot und Nachfrage, ein Abstraktionsprinzip von Verpflichtung und Erfüllung.“

„Wagen Sie es ja nicht…!“,

fauchte Elena, doch er belächelte ihre Versuche sich gegen ihn zu wehren und drückte ohne weiteres Zögern seine Lippen hart und fordernd auf ihren Mund. Angewidert verdrehte sie ihren Kopf und entkam so einem weiteren Kuss, doch der Mann hatte nicht die Absicht seine Beute so schnell wieder aus den Fängen zu lassen und strich mit seinen Fingern über die Spitzen ihres Ausschnitts.

Elena verabscheute diese verfluchten Ballkleider und diese verflucht weiten Ausschnitte, mit welchen man den Männern vollkommen schutzlos ausgeliefert war.

„Je eher Sie sich dazu entschließen endlich einzusehen, dass es für Sie keine andere Möglichkeit gibt, desto besser für Sie.“

Elena hätte ihn erwürgen können, so wütend machte er sie mit seiner überheblichen Art.

„Nein! Ich bin keineswegs gewillt dem Mittel zum Zweck zu dienen und einer Verkaufsware gleichgestellt zu werden!“

Der Mann lachte.

„Das wäre wahrlich ein unverzeihliches Vergehen.“

Er strich mit seinem Daumen über ihr Kinn.

„Anscheinend verstehen Sie mich nicht, Mr. Vanderbilt!“,

hielt sie ärgerlich dagegen und schlug seine Hand weg.

„Solange ich lebe, werde ich mich gegen Sie wehren! Ich werde niemals zulassen, dass Sie mich unter ihre Gewalt bekommen und am besten lassen Sie sich das notieren, damit Sie darauf zurückgreifen können, bevor Sie wieder auf den Gedanken kommen sollten, sich einer Frau derart penetrant aufzudrängen. Sie sind schließlich längst nicht mehr der Jüngste und wie es aussieht, scheint Ihr Erinnerungsvermögen bereits die ersten Lücken aufzuweisen!“

Sie durchbohrte ihn mit einem dunklen Blick, während er wohl doch etwas überrascht zurückwich.

„Ich ziehe es vor mich von einem Dach zu stürzen oder erschossen zu werden, als irgendwann in diesem Leben Ihre Frau zu werden. Da können Sie sich noch so viel mit ihrem Geldmünzen klimpern und Ihren Einfluss wirken lassen."

Sie schubste ihn von sich und als er wieder nach ihr greifen wollte, schüttete sie ihm den noch vollen Inhalt ihres Champagnerglases ins Gesicht, was ihn für einen kurzen Moment dazu brachte mit einem ärgerlichen Fluch seine Hände von ihr zu nehmen, so dass sie entwischen konnte.

 

Elena versuchte zwischen den Gästen nicht aufzufallen, als sie vor ihm floh, bemühte sich um einen ruhigen Schritt und einen gefassten Gesichtsausdruck. Sie durfte bloß nicht allein sein, in dem Menschengemenge würde er es nicht wagen ihr noch einmal zu nahe zu kommen.

Schließlich fand sie sich in dem großen Musikzimmer wieder und lehnte sich seufzend an eine der Säulen.

Elena warf ihren Fächer auf und wehte sich Luft zu um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Sie durfte keinen Anflug von Schwäche zeigen, keine Gefühle zur Schau stellen, auch wenn es ihr kaum möglich war diese unbändige Wut in ihrem Innern zu unterdrücken.

Wut über ihren Vater, Wut über diese elendige Adelsgesellschaft von der sie nie hatte ein Teil sein wollen, doch vor allem Wut über diesen rüpelhaften und arroganten Ian Vanderbilt! Er war das Aushängeschild der Gesellschaft, eine Ikone sondergleichen. Erfolgreich, angesehen und über die Maßen reich und wohlhabend. Hier gab er sich als der wohlerzogene Gentleman, zuvorkommend und charmant, wortgewandt und liebenswürdig, so dass keiner jemals den Verdacht schöpfen würde, es könne sich noch ein zweites Gesicht unter seiner Maske verbergen.

Genauso hatte sie ihn kennengelernt und obgleich seine Maskerade ohne jeden Tadel gewesen war, hatte sie etwas an diesem Mann abgeschreckt. Er hatte nicht lange auf sich warten lassen ihr sein Interesse zu bekunden, doch Elena hatte sich nie wohl gefühlt in seiner Gegenwart. Sie hatte sich stets bemüht seine Einladungen höflich abzulehnen, doch Ian war ein Mann, der ein Nein nicht gelten ließ. Schon bald machte er sich nichts mehr aus ihren Zurückweisungen, wurde aufdringlich, lauerte ihr auf und überfiel sie, wie man es am wenigsten von ihm erwartet hätte, so dass Elena ihre liebe Not hatte, sich den Mann vom Leib zu halten.

Ausgerechnet ihr Vater war es dann, der sich auf Geschäfte mit Vanderbilt einließ und alsbald beschränkten sich ihre Begegnungen nicht mehr auf Ballsäle. Er wurde ein oft und gern gesehener Gast im Haus ihres Vaters, so dass sie sich nicht einmal länger in ihrem eigenen Zuhause hatte sicher fühlen können, wenn sie wusste, dass er da war. Immer wenn sie Schritte vor ihrer Tür gehört hatte, war sie zusammengezuckt, war über die Flure geschlichen und hatte vorher hinter jeder Wand hervorgelugt, um sicher gehen zu können, dass der unliebsame Geselle nicht gleich wie aus dem Boden gewachsen vor ihr stehen würde.

Eine Zeit lang hatte diese Methode ganz gut funktioniert, wenn er nicht irgendwann ihre Absicht durchschaut hätte. Darauf schien er sich ja bestens zu verstehen. Als sie einmal geglaubt hatte, er hätte sich von ihrem Vater verabschiedet und wäre gegangen, hatte er plötzlich wie aus dem Nichts vor ihr gestanden. Seine Augen dunkel und begehrend auf sie herabschauend, sein Mund zu einem gefühlslosen Lächeln verzogen. Er hatte ihr Angst gemacht, doch bevor sie sich hatte umdrehen und weglaufen können, hatte er mit beiden Armen nach ihr gegriffen und sie in das nächstbeste Zimmer gezerrt. Ohne auf ihre Proteste zu reagieren, hatte er sie an die Wand gestoßen, sich fest gegen sie gedrückt, so dass sie geglaubt hatte, er würde ihr keine Luft zum Atmen lassen und dann mit einem gewalttätigen Ruck die Knöpfe ihres Kleides aufgerissen.

Elena hatte gekämpft, mit aller Kraft hatte sie versucht ihm zu entkommen, doch es war allein Claudettes Verdienst, die sie, ohne es zu ahnen, gerettet hatte. Sie hatte nach ihr gerufen. Es warte Besuch auf sie im Salon. Vanderbilt war für diesen kurzen Augenblick abgelenkt gewesen, so dass sie sich von ihm hatte losmachen können und aus dem Raum flüchten.

Danach hatte sie ihn kompromisslos gemieden und stets darauf geachtet ihm nie allein zu begegnen, wenn auch gegen den Willen des Vaters, dem es sehr gefallen hatte, dass der Erbe der wohl angesehensten und reichsten Familie des Landes Interesse an seiner Tochter hatte. Natürlich sah er darin nichts anderes als seinen eigenen Profit.

Als Mutter gestorben war, hatte sie sich für ein ganzes Jahr von der Gesellschaft zurückziehen können, so dass sie Vanderbilt weder hatte begegnen, noch seine lästigen Überfälle ertragen müssen. Doch nun bestand der Vater darauf, dass sie sich wieder in der Gesellschaft blicken ließ und das nicht als trauernde Tochter, sondern vielmehr als zu erobernde Schönheit.

Ihre Vorstellungen, Wünsche oder gar ihre inbrünstige Abneigung gegen jeden Gentleman der Gesellschaft interessierten ihren Vater bei der Verfolgung seiner Ziele nicht. Sie hatte ihren Zweck zu erfüllen und alles so zu tun, wie er es ihr vorschrieb.

Vor einem Jahr hatte sie ihr Studium zur Lehrmeisterin mit einem hervorragenden Durchschnitt bestanden und vor einigen Monaten hatte sie ihr Diplom für die Studiengänge Volksgeschichte und Literatur erhalten. Ginge es nach ihr, wäre sie in England geblieben und hätte die ihr angebotene Lehrerstelle auf dem Cambridge-Internat ohne weiteres Zögern angetreten. Es war ihr sehnlichster Wunsch gewesen, doch ihr Vater hatte es nicht erlaubt. Seine Vormundschaft und ihr Geburtsjahr standen der Verwirklichung ihrer Träume im Weg. Vorerst hatte sie sich damit abfinden müssen, doch es war nur noch etwas weniger als ein halbes Jahr. Nichts und niemand würde sie hier halten können, wenn sie erst einmal volljährig war. Sie hatte viele Pläne. Mit Mutters Erbschaft, die sie mit ihrem 21. Geburtstag erhalten würde und auf die ihr Vater keinen Zugriff hatte, konnte sie sich noch einige Semester für weitere Studiengänge leisten. Dann würde sie arbeiten gehen und das Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten.

Wenn sie sich die verheirateten Damen der Gesellschaft zuweilen ansah, kam ihr keine von ihnen wirklich glücklich vor und sie wollte nicht dasselbe Los ertragen müssen wie eine von ihnen. Sie konnte sich nicht vorstellen, Tag ein Tag aus, ständig das gleiche zu tun und nach einem Raster an Geboten und Vorschriften zu leben.

Elena hatte schon immer ihren eigenen Kopf und eigene Wünsche für ihr Leben gehabt. Tamara Sinclaire war der einzige Mensch gewesen, der sie dabei unterstützt und den unerbittlichen Vater vor vier Jahren dazu gebracht hatte, ihr nach der Schule das Studium in London zu ermöglichen. Ihre Mutter war der einzige Mensch, der sie in diesem Wirrwarr von gesellschaftlichen Pflichten und Ambitionen wirklich verstanden hatte. Der einzige Mensch der auch Daisy verstanden hatte. Elena verstand nur zu gut, wie ihre Schwester sich hier gefühlt haben musste. Wie sie sich nach einem Leben, frei von Konventionen und diesen lächerlichen Pflichten, nach wahrer Liebe gesehnt haben musste. Sie fühlte sich gefangen.

 

 

 

 

 

 

Es würde mir nicht schwerfallen dich zu lieben

 

 

 

 

 

 

Elena fuhr erschreckt zusammen, als jemand sie am Arm berührte. In Erwartung, dass es wieder Ian Vanderbilt sein würde, fuhr sie herum. Doch als sie das vertraute Gesicht erkannte, entspannte sie sich und seufzte erleichtert.

„Taddy… Gott sei Dank, du bist es.“

Das Lächeln des jungen Mannes neben ihr verschwand und seine Augenbrauen zogen sich besorgt zusammen. Er bemerkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war.

„Elena…“

Es bedurfte keine Worte, als er den Ausdruck in ihren Augen sah.

„Er hat doch nicht...!“

Wütend blickte er sich um.

„Dieser Mistkerl! Ich werde ihn umbringen.“

Zeitgleich entdeckten sie die hochgewachsene Gestalt des Vanderbilt-Erben, die in der Tür des Salons auftauchte und ihren Blick schweifen ließ. Unvermittelt griff Elena nach dem Arm des Mannes an ihrer Seite, der mit wutverzerrtem Gesichtsausdruck hinüber sah. Seine kräftigen Hände hatten sich zu Fäusten geballt und er schien nur wenige Augenblicke davon entfernt sich auf den Gegenüber zu stürzen.

„Taddy, bitte… Bitte, bring mich einfach weg von hier.“,

flüsterte Elena. Ihr schauderte, als Vanderbilt sie entdeckte und sein Blick dunkel wurde. Seine Augen waren voll von Skrupellosigkeit und Gewalt, sein Ausdruck war einzig und allein Härte und Gnadenlosigkeit. Ihre Stimme bewog ihren jungen Begleiter von seinem Plan zunächst einmal abzusehen und sie in Sicherheit zu bringen. Er nahm ihre Hand in die Seine und führte sie an seine Lippen, genau darauf bedacht, dass der Eintretende jede seiner Bewegungen bestens im Blick hatte.

„Keine Sorge, Liebling.“

Er schaute mit einem Lächeln auf sie herab und strich ihr über die Wange.

„Er soll es nur noch einmal wagen in deine Nähe zu kommen und ich werde ihm jeden seiner Knochen im Leib einzeln brechen… Vollkommen egal, ob ich damit einen fast schon nationalen Zwischenfall provozieren würde. Reicher Erbe hin oder her, auch er hat sich gefälligst Manieren zuzulegen.“

Elena starrte den Jungen einen Moment an, dann musste sie bei seinen Worten und dem drohenden Unterton in seiner Stimme unvermittelt lachen. Er schmunzelte.

„Na, wundervoll.“,

sagte er zufrieden und hakte sie bei sich unter.

„Das erste Problem hätten wir schon mal gelöst. Das schönste Mädchen der gesamten Abendgesellschaft trägt wieder ein bezauberndes Lächeln auf ihren Lippen.“

Elena schüttelte ihren Kopf.

„Du bist unmöglich, Theodor Dobbs.“

Der junge Mann lachte und beugte sich zu ihr herunter.

„Ich bin sehr vielseitig, Elena.“

Er sah mit einem spitzbübischen Grinsen auf sie herunter und ließ seine Augenbrauen spielen.

„Aber genau das ist der Grund, weshalb du mich liebst. Also werde ich rein gar nichts daran ändern!“

Als er sie aus dem Salon raus auf die Terrasse führte und von dort in den angrenzenden Park, hatte Elena den unliebsamen Vorfall und seinen Verursacher schon fast vergessen. Auch hatte sie nicht bemerkt, dass dieser die Beiden kein einziges Mal aus den Augen gelassen und sich bei den vertrauten Gesten sein Gesicht unzufrieden verzogen hatte.

An einer kleinen Baumgruppe im hinteren Teil des Parks machten sie bei einer Bank halt. Für eine ganze Weile sprach keiner ein Wort. Jeder ging seinen Gedanken nach. Schließlich legte Theodor seinen Arm auf die Rücklehne und drehte sich zu dem Mädchen.

„Das geht so nicht weiter, Elena.“,

sagte er leise und betrachtete sie mit einem warmen Blick, während sie den Kopf senkte und ihre Finger in dem Stoff ihres Kleides verbarg. Er legte seine Hand unter ihr Kinn und zwang sie ihn wieder anzusehen.

„Wie oft wird es dir noch gelingen ihm zu entwischen, bevor es zu dem Moment kommt, da er dir dazu keine Gelegenheit mehr geben wird?“

„Ich weiß ja.“, seufzte sie und versuchte ein Lächeln.

„Ich muss eben auf der Hut sein.“

Doch der junge Mann schüttelte den Kopf.

„Du weißt genauso gut wie ich, dass das allein nicht genug ist. Wir sprechen hier von Ian Vanderbilt. Er besitzt keinerlei Skrupel sich dir in aller Öffentlichkeit auf eine solch ungebührliche Weise zu nähern. Was glaubst du was passieren wird, sollte er dir irgendwo auflauern?“

Elena wandte den Blick ab und schluckte. Sie hatte dem jungen Mann nie erzählt, dass es bereits einmal dazu gekommen war.

„Ich würde es niemals soweit kommen lassen.“

Er lächelte.

„Das weiß ich wohl, Elena. Ich hege keinen Zweifel daran, dass du dich wehren wirst. Allerdings… wird er dir überlegen sein.“

Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und beugte sich zu ihr.

„Dieser Mann ist gefährlich und zu allem fähig. Er ist unberechenbar und wird zu jedem Mittel greifen um zu bekommen was er will. Der Gedanke, dass du es bist, die sich in seinem Zielvisier befindet und ihm schutzlos ausgeliefert ist, bereitet mir schlaflose Nächte und die Vorstellung, dass du ihm je irgendwo allein begegnen könntest, wenn ich nicht in deiner Nähe bin um dich beschützen zu können...“

Elena musste bei seinem Worten lächeln.

„Taddy.“,

unterbrach sie ihn und griff nach seiner Hand.

„Bisher habe ich doch immer einen Ausweg finden können.“

„Das ist es ja was mir Sorgen macht. Lange wird er sich das nicht mehr gefallen lassen… Es gibt nur eine Möglichkeit ihm ein für allemal zu entkommen und dich in vor ihm in Sicherheit zu bringen.“

„Und die wäre?“

Elena hob eine Augenbraue und warf ihm einen amüsierten Blick zu. Doch ihr blonder Begleiter lachte nicht.

„Du musst heiraten und zwar bevor er auf diese absurde Idee kommen kann.“

Elena brauchte einen Moment um zu verstehen, was genau er ihr damit sagen wollte. Dann schüttelte sie mit einem Lachen ihren Kopf.

„Taddy, wir sprechen hier von Ian Vanderbilt. Er würde sein gediehenes Junggesellendasein niemals für eine Frau aufgeben.“

Sie wurde wieder ernst.

„Außerdem habe ich nicht vor mir meinen Lebensablauf von ihm diktieren zu lassen.“

„Und wenn du mich heiraten würdest?“

Elena hielt für einen Moment inne. Sie starrte ihn mit großen Augen verdutzt an, doch Theodor schien es entgegen seiner sonst so lebenslustigen Natur wirklich ernst zu meinen. Er griff nach ihrer Hand.

„Er würde es nicht wagen dich anzufassen, wenn du eine verheiratete Frau wärst, zumal er dazu keinerlei Recht besäße und im Falle eines Falles verantwortlich gemacht werden würde. Darüber hinaus wäre ich immer in deiner Nähe und könnte so auf dich aufpassen.“

Er schien sich ja wirklich ernsthafte Gedanken darüber gemacht zu haben. Elena suchte nach Worten.

„Taddy…“

„Du musst nicht sofort darauf antworten.“,

unterbrach er sie leise.

„Du weißt, wie viel du mir bedeutest. Ich würde alles für dich tun, Elena.“

Er lächelte leicht, während Elena ihre Sprach wiederfand.

„Du bist doch wirklich immer wieder für eine Überraschung gut, Theodor Dobbs.“

In ihren grünen Augen funkelte es, als sie den jungen Mann neben sich ansah.

„Ich habe heute Abend ja wirklich mit so einigem gerechnet, aber nicht, dass ausgerechnet du mir einen Heiratsantrag machen würdest.“

Der junge Mann verzog seine Lippen zu einem breiten Grinsen und fuhr sich ohne die Spur von Verlegenheit durch sein blondes Haar.

„Taddy, ich weiß deine Sorge um mich zu schätzen und dein aufopferndes Angebot ehrt mich wirklich sehr, aber ich könnte dir das niemals antun. Du bist ein wunderbarer Mann, mutig, liebevoll und warmherzig. Du verdienst es eines Tages deine große Liebe zu finden und glücklich zu werden. So ehrenvoll dein Verhalten ist, es wäre nicht gerecht und ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn du für mich auf dein Glück verzichten würdest...“

Mit einem Seufzen zog er sie in seine Arme.

„Ich brauche nicht viel um glücklich zu sein, Elena. Es würde schon reichen dich jeden Tag an meiner Seite zu haben und zu wissen, dass es dir gut geht.“

Sie lachte und kuschelte sich an seine Brust.

„Das glaube ich dir nicht, Theo. Auf Dauer würdest du dich doch nach der wahren Liebe sehnen. Wir beide würden es.“

„Was ist schon wahre Liebe, Elena?“

Er schien einen Moment zu überlegen.

„Es würde mir nicht schwerfallen, dich zu lieben. Wenn du es mir erlauben würdest.“

Die junge Frau in seinem Arm richtete sich abrupt auf und sah zu ihm hoch.

„Wag es ja nicht, Theodor Dobbs! Ich würde todunglücklich werden, wenn ich dich als meinen Bruder und besten Freund verlieren würde.“

Der junge Mann musste lachen und zog sie wieder an sich.

„Den würdest du nie verlieren, Elena. Vielmehr würdest noch einen wunderbaren Ehemann hinzubekommen und hättest sie gleich alle zum Preis von Einem.“

Elena lächelte kurz.

„Glaubst du wirklich, dass ein so widerlicher Kerl wie Ian Vanderbilt es wert ist, dass wir uns vom ihm den Lauf der Dinge bestimmen lassen, ohne je erfahren zu haben, was es bedeutet wirklich zu lieben und geliebt zu werden?“

Sie schielte zu ihm hoch. "Ich weiß, dass du dir mehr wünschst als eine freundschaftliche Ehe."

Sie spielte mit den Knöpfen seines dunklen Jacketts.

„Ganz gleich, was du mir sagen wirst. Was ist mit Romantik, Leidenschaft...?“

Er blickte auf sie herunter und schmunzelte, während es in seinen blauen Augen nun neckisch aufblitzte.

„Sag bloß, du unterschätzt meine Fähigkeiten, dir die leidenschaftlichen Seite einer Ehe zu...“

„Theodor Dobbs! Also wirklich.“

Der junge Mann musste lachen, während Elena tadelnd den Kopf schüttelte.

„Ich liebe dich, Taddy... das weißt du, aber noch befinde ich mich nicht in derart großen Schwierigkeiten, als dass eine solche Lösung der Dinge unumgänglich wäre.“

Sie schwieg eine Weile und betrachtete ihn mit einem glücklichen Lächeln.

„Wenn wir nicht schon so lange befreundet wären und du nicht wie ein Bruder für mich wärst, kannst du dir sicher sein, Theodor Dobbs, dass ich sofort und ohne jegliches Zögern ja gesagt hätte. Es gäbe kein schöneres Leben für eine Frau, als eines an deiner Seite.“

Sie zog ihn zu sich herunter und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Ich weiß gar nicht, womit ich einen so wundervollen Menschen in meinem Leben überhaupt verdient habe.“

Elena konnte nicht verhindern, dass ihre Augen sich mit Tränen füllten, als sie zu ihm aufsah.

Theodor schüttelte lachend den Kopf.

„Elena...“

Er beugte sich zu ihr.

„Hör auf damit. Du machst mich ja noch ganz verlegen.“

„Lügner.“,

entgegnete sie jedoch und musste nun ebenfalls lachen.

„Du wirst nie verlegen, Taddy!“

Seine Lippen verzogen sich zu einem spitzbübischen Grinsen.

„Es gibt für alles ein erstes Mal, teure Elena.“

Er legte seinen Arm um sie und zog sie wieder an sich, während er sich zurücklehnte und in den Sternenhimmel aufsah. Elena schloss ihre Augen.

Sie hatte den vier Jahre älteren jungen Mann kennengelernt noch bevor sie in die Gesellschaft eingeführt worden war. Ihre Mutter war mit seiner Familie befreundet gewesen, bis ihrem Vater der Umgang nicht länger gefallen hatte.

Nachdem Theodor von dem Hochschulinstitut für Literatur zurückgekehrt war und als Reporter in Boston angefangen hatte, waren sie sich während ihres ersten Debüts nach den Jahren wieder begegnet. Sie hatte viel Zeit mit ihm verbracht, wodurch sich auch schnell eine enge Freundschaft entwickelt hatte. In dieser Welt der Gesellschaft voll von Richtlinien und Standarten in der sie sich stets verloren gefühlt hatte, war Taddy jemand gewesen, der ihr, abgesehen noch von ihrer Mutter, einen Halt geboten hatte. Als sie dann für vier Jahre nach England gegangen war, um die Londoner Universität zu besuchen, war Taddy von seinem Arbeitgeber als Korrespondent dorthin geschickt worden. Obgleich er nie etwas gesagt hatte, war Elena schon bald zu der Vermutung gelangt, dass er in dieser Entscheidung einiges mitgewirkt haben musste.

Sie war ihm mehr als dankbar für seine Umsicht und Fürsorge hinsichtlich ihrer selbst und konnte sich ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen. Schon bald war er für sie der große Bruder, den sie nie gehabt hatte.

Es gab wohl einige Vertreter der amerikanischen Gesellschaft, die sich einen Anstoß an ihrer Freundschaft nahmen und es für vollkommen unschicklich hielten, dass zwei junge Leute sich derart nahestehen konnten ohne dem eine tiefere Bedeutung zuzumessen. Doch wenn es etwas gab, auf das der junge Reporter rein gar keinen Wert legte, war es das Gerede der Leute. Genauso wenig wie er sich von einem angesehenen und einflussreichen Mann, wie Vanderbilt es war, je einschüchtern lassen würde.

Andere junge Männer ließen augenblicklich von ihr ab, sobald der reiche Erbe auf der Bildfläche erschien und ihnen mit klaren Blicken andeutete sich von ihr zu entfernen. Nicht so Taddy. Selbst wenn Vanderbilt sie gerade zum Tanz auffordert hatte, besaß er die Courage dem Mann öffentlich die Stirn zu bieten und ihm das Mädchen aus den Armen zu nehmen.

Theodor Dobbs war ein lebensfroher junger Mann, der selten ein unglückliches Gesicht machte. Mit seinem aufgeweckten Gemüt und dem trockenen Humor war er ein erfrischendes Gegenstück zu der Bostoner Gesellschaft. Er sagte was er dachte und nahm bei seinen Konversationen nie ein Blatt vor den Mund. Es war ein Wagnis und jedes Mal eine Herausforderung sich auf eine Diskussion mit dem klugen Reporter einzulassen. Obgleich auch er eine gesellschaftliche Erziehung genossen hatte, hatte es bislang noch keiner geschafft ihn in die Kategorie des idealen Gentleman zu integrieren. Der junge Mann dachte im Traum nicht daran, sich irgendetwas von der Gesellschaft und ihren Lebensansichten vorschreiben zu lassen. Dementsprechend fielen auch seine Zeitungsartikel aus.

In der Gesellschaft galten seine Titelseiten als die unverfrorensten Dreistigkeiten überhaupt und dennoch waren sie beliebt und wurden von allen gelesen. Insgeheim bewunderten ihn die Leute für seine Furchtlosigkeit die Offensichtlichkeiten auch beim Namen zu nennen, wenn dies selbstverständlich jedoch keiner der angesehenen Herrschaften jemals zugeben würde.

Theodor machte sich nichts aus der Meinung Anderer. Er kam aus einer guten Familie, er war angesehen und wurde von allen respektiert. Der Redakteur hatte es irgendwann aufgegeben, den Jungen in seiner unverblümten Wortwahl bändigen zu wollen. Ein so sprühender Geist, könne niemals aufgehalten werden. Das war zumindest immer die Antwort des jungen Schriftstellers auf die Moralpredigten seines Vorgesetzten.

Schon als Elena ihn kennengelernt hatte, war sie fasziniert von dem Jungen gewesen. Das sie heute so war, hatte sie zu einem großen Teil ihm zu verdanken. Es war sein Verdienst, dass sie zu einer selbstbewussten und unabhängigen Frau herangewachsen war. Ihr blonder Freunde lehnte sein Kinn an ihre Stirn und riss sie aus ihren Gedanken.

„Ich werde es niemals dazukommen lassen, dass er dir etwas antut, Elena.“

Keine andere Wahl

 

 

 

 

 

„Mr. Vanderbilt ist soeben eingetroffen, Sir.“

Gabriel Sinclaire sah von seinen Unterlagen auf.

„Ich lasse bitten.“

Kurz darauf trat der hochgewachsene Mann in das Arbeitszimmer ein.

„Wirklich lobenswert, dass Sie Ihre Gäste zu keiner Zeit warten lassen, Mr. Sinclaire. Es ist mir stets eine Freude in ihr Haus zu kommen.“

Gabriel lächelte und erhob sich um seinen Gast mit einem Händedruck zu begrüßen.

„Mr. Vanderbilt. Die Freude ist ganz meinerseits.“

Er wies auf die Sesselgruppe am Fenster und winkte nach dem Butler, der sogleich herbei trat und zwei der Kristallgläser mit reifem Scotch füllte.

„Setzen Sie sich doch, bitte.“,

bat Sinclaire und reichte dem Mann eines der Gläser.

„Wie aufmerksam.“

Er lächelte und setzte sich in einen der gepolsterten Sessel.

„Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches, Mr. Vanderbilt?“

„Oh, ich habe mich gelangweilt. Seit heute Morgen nehme ich jeden nur möglichen Geschäftstermin an. Gerade komme ich von der Bank. Bei der Gelegenheit dachte ich mir zur Abwechslung gleich auch bei einem guten Freund vorbeizuschauen, zu etwas netter Gesellschaft.“

Er deutete ein Lächeln an.

„Ich bereite Ihnen doch etwa keine Unannehmlichkeiten mit meinem unangekündigten Besuch?“

Gabriel wehrte ab.

„Aber nein, Mr. Vanderbilt. Sie sind mir stets ein mehr als nur willkommener Gast.“

„Ihre Geschäfte laufen gut?“, 

erkundigte Vanderbilt sich und hob fragend die Augenbrauen.

„Oh ja, ja. Morgen erwarte ich eine neue Lieferung aus Übersee. Ich hoffe dieses Jahr endlich wieder schwarze Zahlen zu schreiben und nach langer Zeit eine zufriedenstellende Bilanz verzeichnen zu können.“

Ian verzog das Gesicht.

„Die Hoffnung hat noch nie zu eines Geschäftsmannes Erfolg beigetragen, Mr. Sinclaire. Nach all den Jahren habe ich gedacht, sie hätten wenigstens das gelernt. Ehrgeiz, Bestreben und Härte allein können einen triumphalen Durchbruch und bleibenden Erfolg sichern. Merken Sie sich meine Worte.“

Er hob den Zeigefinger, während Gabriel eifrig nickte.

„Gewiss doch, Mr. Vanderbilt.“

Er räusperte sich.

„Ich habe Ihnen eine Menge zu verdanken.“

Doch sein junger Gesprächspartner winkte ab.

„Lassen Sie uns heute einmal nicht über das Geschäft sprechen, Mr. Sinclaire. Wenn ich recht überlege, führt mich auch ein ganz anderer Grund zu Ihnen.“

Auf dem Gesicht des Mannes breitete sich ein merkwürdiges Lächeln aus.

„Es geht mir heute um etwas anderes. Nicht um etwas das ich schon habe, viel mehr etwas das mir fehlt.“

Gabriel verzog verständnislos das Gesicht.

„Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.“

„Sehen Sie, ich habe in meinem Leben alles erreicht, das man sich wünschen kann. Ich bin angesehen, erfolgreich und vermögend. Ich habe stets bekommen, was ich wollte.“,

erklärte Vanderbilt.

„Darüber hinaus bin ich auch immer bereit gewesen, wenn es denn die Notwendigkeit erforderte, einen entsprechenden Preis zu zahlen.“

Gabriel schien immer noch nicht recht zu verstehen, was sein Gegenüber sagen wollte.

„In der Vergangenheit bin ich bislang nicht bereit gewesen mein Junggesellendasein für eine lebenslange Ehe aufzugeben.“

Nun erhellten sich die Gesichtszüge seines Gegenübers.

„Sie gedenken sich zu vermählen?“

Vanderbilt verzog keine Miene. Allein seine Augen schienen eine Note dunkler zu werden, als er das Glas an die Lippen setzte und einen Schluck nahm.

„Ja, so wird es offiziell lauten, Mr. Sinclaire. Allerdings würde ich auch niemals einen Preis zahlen, wenn ich nicht absolut davon überzeugt wäre, dass er mehr als eine lohnende Investition ist, zumal mir Ihre Tochter in diesem Fall auch keine andere Wahl lässt.“

Gabriel horchte auf.

„Elena? Sie wollen um die Hand meiner Tochter anhalten?“

Auf dem Gesicht des Vaters breitete sich ein Lächeln aus. Ihm war unverhohlene Interesse des Geschäftsmannes nicht verborgen geblieben und mehr als zufrieden hatte er die Annäherungsversuche des Vanderbilt-Erben zur Kenntnis genommen.

Auf seine letzte Frage verzog der Erbe das Gesicht und gab einen verachtenden Laut von sich.

„Nennen Sie es wie Sie wollen, Mr. Sinclaire. Es ist allein die Wahrung meiner Interessen und Wünsche, die mich zu diesem Schritt bewegt.“

Wenn Ian Vanderbilt sich einmal entschlossen hätte zu heiraten, wäre seine Zukünftige sicher von stiller und zuückhaltender Natur, vorzugsweise blond, hübsch und zierlich. Eine Frau, mit der er sich in der Öffentlichkeit sehen lassen konnte, mehr nicht.

Elena entsprach in dieser Hinsicht ganz und gar nicht der Vorstellung seiner Ehefrau, doch er hatte einsehen müssen, dass er anders von ihr nicht bekommen würde, was er wollte.

Sinclaire schien diesen Aspekt seiner Sichtweise nie in Erwägung gezogen zu haben.

„Was meinen Sie damit?“

Vanderbilt maß ihn mit einem Blick zu, als wäre er schwer von Begriff.

„Was ich damit meine, ist, dass es sich hier um nichts weiter als ein weiteres Geschäft handelt, Mr. Sinclaire! Interessenwahrung. Eigennützige Zielverfolgung.“

Er lachte.

„Natürlich! Was haben Sie von dem Ganzen? Sie müssen endlich lernen alles im Leben aus der Perspektive eines Geschäftsmannes zu betrachten.“