Ein Zwergmammut verschenkt man nicht - Knut Krüger - E-Book

Ein Zwergmammut verschenkt man nicht E-Book

Knut Krüger

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Beschreibung

Nur mal schnell den König ärgern Norbert, das niedlichste Zwergmammut der Welt, begibt sich auf Spurensuche nach seinen Wurzeln, die bekanntlich auf Kreta liegen. Zusammen mit seinem Freund Henry und dessen cooler Oma fliegt er nach Griechenland und stellt dort fest, dass er schon sehnsüchtig erwartet wird! Der abgedankte König von Griechenland ist nämlich ganz scharf auf die seltenen Zwergmammuts und hält Norbert für ein würdiges Gastgeschenk. Und so müssen Norbert und Henry ganz schön viel Grips einsetzen, um aus dem Palast zu entkommen. Noch turbulenter wird es, als zwischen den kretischen Ruinen (und köstlichen Zitronenbäumen) Hinweise auftauchen, dass Norbert nicht das einzige noch lebende Zwergmammut sein könnte. Entdeckt er am Ende sogar seine Herde wieder?

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Seitenzahl: 138

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Knut Krüger

Mit Illustrationen von Eva Schröffmann-Davidov

SAMSTAG

EINE FAUSTDICKE ÜBERRASCHUNG

Es knistert und rauscht aus den Lautsprechern. Der Pilot macht eine Durchsage und klingt dabei so fröhlich, als würde er uns eine lustige Geschichte erzählen. Leider verstehe ich vor lauter Knistern kaum ein Wort, nur dass wir gleich landen und dass die Sonne scheint, aber mehr muss ich eigentlich auch nicht wissen.

Als ich gerade schauen will, ob es da draußen außer blauem Himmel und Wattewolken schon irgendwas zu sehen gibt, legt sich das Flugzeug sanft auf die Seite. Ein Sonnenstrahl knallt mir mitten ins Gesicht. Es kribbelt im Bauch und es kitzelt in der Nase. Meine Augen kneifen sich von alleine zu, und als ich sie blinzelnd wieder öffne, leuchtet mir durch das kleine Plastikfenster ein türkisfarbenes Meer entgegen.

Ich tätschele Norbert, der sich auf dem Fenster- und dem Mittelplatz breitgemacht hat, beruhigend den Rüssel, weil dies doch sein erster Urlaub ist und er eigentlich noch aufgeregter sein müsste als ich. Aber das kenne ich schon von ihm. Wenn’s richtig spannend wird, ist Norbert die Ruhe selbst oder lässt sich seine Aufregung zumindest nicht anmerken.

»Schau mal, Norbert!«, sage ich zu ihm und zeige mit dem Finger auf den unendlichen Ozean, doch Norbert guckt natürlich demonstrativ woanders hin und plinkert bloß zweimal mit den Augen. In diesem Moment ärgere ich mich doch ein bisschen über die Sitzverteilung, weil Norbert erst ein einziges Mal aus dem Fenster geschaut hat, und das war in München, als wir über die Startbahn gerollt sind und noch nicht mal losgeflogen waren. Da hätte er mir auch ruhig den Fensterplatz überlassen können.

Aber Norbert am Gang, das konnte ich echt nicht riskieren. Der hätte den Flugbegleitern nur das Essen aus ihren Rollwagen gemopst oder seinen Rüssel in einen Becher Cola gehängt. Wenn er Kohldampf hat, kennt Norbert keine Manieren. Sonst eigentlich auch nicht.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erklären, wie es kommt, dass ein elfjähriger Junge namens Henry – also ich – neben einem Zwergmammut namens Norbert im Flugzeug sitzt. Angefangen hat alles vor über einem Jahr in den Faschingsferien, als ich mit meinem Fahrrad eine Bruchlandung im Wald hingelegt und bei dieser Gelegenheit den schlafenden Norbert entdeckt habe. Natürlich wusste er damals noch nicht, dass er Norbert heißt, weil wir ihn ja erst später so genannt haben. Jedenfalls lag er stocksteif unter einem Schneehaufen und war fast so tiefgefroren wie die Eiswürfel in unserem Gefrierfach, aber nur fast. Zusammen mit meinen besten Freunden Zoe und Finn hab ich ihn dann zu uns nach Hause gekarrt und vor dem Kamin aufgetaut.

Und plötzlich, Abrakadabra, stand da ein kleines Zotteltier vor uns, hat erst mal das Kaminfeuer ausgeniest und Zoe zur Begrüßung seinen Rüssel ins Ohr gesteckt. Am nächsten Tag hat es Finn die Stoßzähne in den Bauch gerammt, meine Hausschuhe und mein Matheheft gefressen und unser ganzes Badezimmer unter Wasser gesetzt, als wir sein muffiges Fell waschen wollten. Da ahnten wir schon, dass das kein Zuckerschlecken wird mit so einem übermütigen Minimammut, denn erstens mussten wir Norbert ja irgendwie zähmen und erziehen und zweitens höllisch aufpassen, dass meine Oma nix merkt, die damals auf mich aufgepasst hat.

Das Zweite hat immerhin geklappt, wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn meine Oma, also meine schottische Granny Scarlett, war hin und weg vor Begeisterung, als sie Norbert schließlich kennengelernt hat. Sie hat sogar meine Eltern überredet, dass er bei mir bleiben durfte, obwohl die früher nicht mal einen Hund haben wollten.

Und jetzt kommt das Rätselhafte: Im Internet haben wir nämlich herausgefunden, dass Norbert zu einer ganz speziellen Mammutart gehört, die früher mal auf der griechischen Insel Kreta gelebt hat, also viel früher, vor 750 000 Jahren. Vielleicht hat er das mit dem Aussterben seiner Art nicht mitgekriegt und ist irgendwie übriggeblieben.

Aber ist so was überhaupt möglich? Dann könnte ja auch jeden Moment ein Dinosaurier um die Ecke traben und sagen: Sorry, aber mir hat auch niemand Bescheid gesagt, dass ich längst ausgestorben bin.

Eine knarzige Stimme auf der anderen Seite des Gangs reißt mich aus meinen Gedanken: »Griechenland, Wiege des Abendlands«, seufzt meine Oma ergriffen und klappt ihren Kreta-Reiseführer zu. Ich weiß zwar nicht, was sie damit meint, aber es hört sich ziemlich bedeutungsvoll an. Dann lacht sie ihr gurgelndes Lachen, als hätte sie erst jetzt gemerkt, dass sie mit sich selber geredet hat.

»Worauf freust du dich am meisten, mein Junge?«, will sie von mir wissen.

Ich muss kurz nachdenken, sehe mich in Gedanken schon in einem todschicken Hotelpool planschen und jede Menge Eis essen. Stelle mir vor, wie ich im kristallklaren Meerwasser schnorchle, umgeben von bunten Fischen, farbenprächtigen Korallen und lustig aussehenden Schildkröten. Ich habe genau vor Augen, wie ich mit Norbert an einem einsamen Sandstrand herumtolle und ihm Kunststücke beibringe …

»Dass ich Norbert endlich ganz für mich allein haben werde«, antworte ich schließlich.

»Sehr verständlich nach all dem Zirkus in letzter Zeit«, bemerkt meine Oma trocken. Mit Zirkus meint sie vermutlich all die neugierigen Menschen, die unangemeldet an unserer Haustür klingeln und einen Blick auf das »Babymammut« oder den »kleinen Elefanten« werfen wollen. Neulich hat jemand angerufen und gefragt, ob wir Norbert für Kindergeburtstage vermieten (tun wir nicht), und mehrere Tierparks haben Riesensummen geboten, um ihn in einem Käfig oder Gehege ausstellen zu dürfen (die spinnen wohl).

Zugegeben, die vielen Zeitungs- und Fernsehinterviews fand ich am Anfang echt spannend. Ich war stolz darauf, Norberts Herrchen zu sein. Aber so langsam reicht mir der Rummel. Außerdem soll Norbert wie ein ganz normales Mammut aufwachsen und sich nicht einbilden, dass er etwas Besonderes ist.

Während ich mir aus Spaß Norbert mit Schwimmflügeln vorstelle, geht plötzlich alles ganz fix: Mit einem Rumms setzt die Maschine auf der Landebahn auf, der Pilot haut die Bremsen rein, ich werde in meinen Sitz gepresst, die meisten Passagiere klatschen, also klatsche ich auch, was Norbert dazu bringt, seinen Rüssel hin und her zu schwenken.

Auf einmal liegt eine übermütige Ferienstimmung in der Luft. Die Passagiere öffnen klickend ihre Gurte, springen auf und wühlen in den Gepäckfächern nach ihren Sachen. Das ist so ähnlich wie in der Schule, wenn zum letzten Mal vor den Sommerferien der Schulgong ertönt. Da wollen ja auch alle nix wie weg und gleich anfangen mit der Erholung. Dabei gab’s eben noch eine knisternde Durchsage, dass man angeschnallt bleiben soll, bis das Flugzeug stehen geblieben ist. Aber ich sag’s ja, wie die Schulkinder.

Selbst Norbert lässt sich von der allgemeinen Unruhe anstecken und schaukelt in seinem Gurt ungeduldig hin und her. Als ich ihn schließlich abschnalle, springt er gleich mit einem »Jau!« über mich hinweg auf den Gang.

»Norbert, warte doch!«

Ich greife nach seinem Schwanz, aber zu spät. Norbert ist bereits losgeprescht und bahnt sich wie ein haariger Bulldozer seinen Weg in Richtung Cockpit. Verdammt, vielleicht hätte ich ihm doch die Leine anlegen sollen, aber normalerweise weicht er mir nicht von der Seite, ich schwöre! Eine dicke Dame plumpst auf ihren Sitz zurück, als sie von Norbert gerammt wird. Ein kleiner Junge springt erschrocken in die Arme seiner Mutter. Mir wird heiß und kalt. Ich werfe meiner Granny einen hilflosen Blick zu.

»Lauf hinterher, ich bring deine Jacke mit«, sagt sie mit einem Klaps auf meine Schulter.

Ich nehme die Verfolgung auf, quetsche mich an denselben Leuten vorbei, die Norbert gerade aus dem Weg geräumt hat, murmele abwechselnd »Sorry« und »Darf ich mal?«. Norberts trampelnde Schritte lassen den Boden vor mir vibrieren. Mit wummerndem Herzen sehe ich, wie ein sportlicher Typ mit Basecap auf seinen Sitz zurückhechtet, um nicht von ihm über den Haufen gerannt zu werden. Ein pickeliger Teenager prustet vor Lachen, als die Handtasche einer griechisch aussehenden Frau an Norberts linkem Stoßzahn hängen bleibt. Ich reiße entschuldigend die Arme hoch, als ich an ihr vorbeilaufe. Verdammt, wir kriegen doch beide lebenslanges Flugverbot, schießt es mir durch den Kopf.

Als ich Norbert schließlich einhole, stehen nur noch drei Passagiere vor uns und warten darauf, dass die Tür aufgeht. Auweia, mein ungestümes Mammut hat sich fast bis ganz nach vorne gedrängelt. Ich wage nicht, mich umzudrehen, aus Angst vor all den zornigen und vorwurfsvollen Gesichtern. Eine blonde Stewardess angelt sich lässig die Handtasche von Norberts Stoßzahn und zwinkert mir zu, doch ich schaue schnell zu Boden. Mein Gesicht ist knallrot angelaufen, das spüre ich genau. Ein paar Schweißtropfen laufen mir den Rücken runter.

Als die schwere Flugzeugtür zur Seite schwenkt, schlägt uns grelles Licht und eine warme Brise entgegen. Die drei vor uns verlassen die Maschine und stiefeln mit ihrem Handgepäck die Gangway hinunter. Eigentlich würde ich ja gern auf meine Oma warten, andererseits will ich nichts wie raus hier, um der ganzen Peinlichkeit ein Ende zu bereiten. Zögerlich betrete ich mit Norbert die obere Plattform der Gangway und atme einmal tief durch. Dann bricht der Jubel los.

Es ist ein ohrenbetäubender Lärm, der trotzdem wie aus weiter Ferne kommt. Als ich den Kopf hebe und in die Sonne blinzele, erkenne ich vage, dass ein rechteckiger Bereich auf dem Flugfeld von goldenen Pfosten und roten Kordeln abgetrennt ist. Dahinter hüpfen jubelnde Menschen auf und ab, bestimmt mehrere Hundert, schwenken Fahnen und strecken Transparente in die Luft. Ein roter Teppich verläuft von der untersten Stufe der Gangway bis zu einem Rednerpult. Ganz rechts steht ein großer Van mit getönten Scheiben.

Für ein paar Sekunden bin ich völlig verdattert, dann geht mir ein Licht auf. Da muss irgendjemand hinter mir stehen, der mordsmäßig berühmt ist. Ein Popstar oder ein weltbekannter Fußballer. Verdammt, warum hab ich den bloß nicht erkannt im Flugzeug, dann hätte ich mir schnell noch ein Autogramm geholt. Ich spähe mir vorsichtig über die Schulter, sehe aber niemanden, der als Superstar infrage kommt. Also erst mal die Stufen runter, denke ich mir, dann kann ich mir das Spektakel ja von unten anschauen. Norbert bleibt jetzt brav neben mir, wahrscheinlich weil er sich so konzentrieren muss. Treppen mag er nicht besonders.

Der Jubel der Menschenmenge wird immer lauter und für einen Moment stelle ich mir vor, ich wäre ein Fußballstar, der nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft mit dem goldenen Pokal im Arm aus dem Flugzeug steigt.

Norbert nimmt die letzten beiden Stufen mit einem eleganten Hopser. Ein braun gebrannter Mann mit strahlend weißen Zähnen spaziert uns entgegen. In den Händen hält er einen Blumenkranz. Ich will Norbert rasch zur Seite ziehen, um die Feierlichkeiten nicht zu stören, doch schon steht der Mann vor uns, geht leicht in die Knie und hängt dem verdutzten Norbert den Blumenkranz um den Hals. Die Menschen hinter den roten Kordeln sind außer Rand und Band und schwenken ihre Fahnen und Transparente. Erst jetzt erkenne ich, dass auf einigen davon gezeichnete Mammuts abgebildet sind und der Name Norbert steht.

Der Mann nimmt meine rechte Hand, schüttelt sie mit beiden Händen und will mich gar nicht wieder loslassen. Er sieht glücklich und gerührt aus. Ich starre wie gebannt auf sein Gebiss und denke, dass er viel zu viele Zähne im Mund hat. Kameras klicken. Ich weiß, dass ich in diesem Augenblick das dämlichste Gesicht der Welt mache. Sonst weiß ich nichts.

Plötzlich steht meine Granny neben mir. Sie hat meine Jacke über dem einen Arm und legt mir den anderen um die Schultern. »Was für eine Überraschung«, flüstert sie mir ins Ohr, scheint aber kein bisschen überrascht zu sein. Ein feines Lächeln umspielt ihre Lippen, als würde sie sich über irgendwas amüsieren. Meine Granny bringt so schnell nichts aus der Fassung. Norbert mit dem Blumenkranz hat sich auf meine Füße gesetzt.

»Was machen wir jetzt?«, raune ich meiner Oma zu.

»Erst mal zuhören«, antwortet sie gelassen und deutet mit dem Kinn auf den Mann mit den vielen weißen Zähnen. Der hat hinter dem Rednerpult Aufstellung genommen und räuspert sich ins Mikrofon. Die jubelnde Menge verstummt allmählich.

Die übrigen Passagiere aus dem Flugzeug sind zu einem Linienbus geleitet worden, dessen Türen sich schnaubend schließen.

»Afti ine mia mera charas[1]!«, ruft der Mann ins Mikrofon und breitet die Arme aus. »O Norbert, to mamouth, epestrepse sto spiti tou!«[2]

Erneut bricht die Menge in Jubel aus.

»Was sagt er da?«, will ich von meiner Granny wissen.

Sie schüttelt ihre vom Wind zerzausten weißen Locken. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Aber Norbert ist hier die Hauptperson, so viel steht schon mal fest.«

Die Wörter Norbert und Mammut hatte ich auch verstanden und erst jetzt schwant mir, was der ganze Trubel zu bedeuten hat: Norbert ist ein Kreta-Zwergmammut und wir sind gerade auf der Insel Kreta gelandet. Könnte es wirklich sein, dass das so ein großes Ereignis ist? Und wie haben all die Leute nur davon erfahren, dass wir hier Urlaub machen?

Kurz darauf ist die Festrede auch schon beendet. Unter dem Beifall der Menge schleppen zwei junge Männer eine riesige Schale heran und stellen sie vor Norbert auf den Boden. Sie ist bis zum Rand mit Wasser gefüllt, in dem mindestens zwanzig Zitronenscheiben schwimmen.

Natürlich weiß man auf Kreta, was ein Kreta-Zwergmammut am liebsten isst, nämlich Zitronen. Alle Blicke richten sich auf Norbert, während der mit seinem Rüssel ins Wasser stößt, eine Zitronenscheibe nach der anderen ansaugt und in seinem Maul verschwinden lässt. In null Komma nix hat er die Dinger aufgefuttert. Dann saugt er in einem Zug die halbe Schale leer und spritzt das Wasser im hohen Bogen auf die Zuschauer. Die johlen und lachen und scheinen dankbar für die Erfrischung zu sein.

Der Mann mit den vielen Zähnen kommt zu uns, macht eine kleine Verbeugung und zeigt mit einladender Geste auf den langen roten Teppich.

»Immer schön lächeln und winken«, flüstert meine Granny und nickt dem Mann huldvoll zu. Dann spazieren wir mit Norbert zwischen uns über den roten Teppich und ich fühle mich wie ein Staatspräsident, der die Ehrenformation seiner Soldaten abschreitet.

Viele Leute strecken uns ihre Hände entgegen. Am liebsten würde ich an der Absperrung entlangrennen und sie der Reihe nach abklatschen, Staatspräsident hin oder her. Zu winken traue ich mich nicht und ich bin mir auch nicht sicher, ob meine Granny das tut, weil ich mich ganz darauf konzentriere, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern. Norberts Rüssel schwenkt im Takt seiner Schritte hin und her, was ziemlich cool aussieht.

Als wir an einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen vorbeikommen, drehen uns alle den Rücken zu, halten ihre Handys hoch und machen Selfies. Nur ein Mädchen mit schulterlangen Locken, das ungefähr in meinem Alter sein muss, folgt uns mit ernstem Blick. Sie kneift leicht die Augen zusammen, die so schwarz sind wie Lakritze. Für ein, zwei Sekunden starre ich sie an, doch als sich unsere Blicke treffen, zucke ich zusammen und pralle gegen Norberts Hinterteil.

Puh, so langsam kann ich nicht mehr. Ich schwitze wie verrückt und spüre mein Herz in der Kehle schlagen. Habe das Gefühl, dass meine Beine mit Pudding und meine Ohren mit Watte gefüllt sind. Wie in Trance spaziere ich über das Ende des roten Teppichs hinaus und lasse mich von dem braun gebrannten Mann mit den hundert Zähnen zum Van mit den getönten Scheiben führen.

»Hotel Poseidon Beach!«, ruft er dem Fahrer zu und ich frage mich, wie in aller Welt ER herausgekriegt hat, dass ICH dieses Hotel im Internet gefunden und höchstpersönlich ausgesucht habe. Wahrscheinlich kennt er auch meine Schuhgröße und meine Schulnoten – wundern würde mich das nicht, obwohl mir der Gedanke etwas unangenehm ist, vor allem wegen Mathe.

Aber so ist das wohl, denke ich mit einem Anflug von Stolz, wenn man ein ausgestorbenes Kreta-Zwergmammut als Haustier hat.

Meine Granny nimmt auf dem Beifahrersitz Platz. Norbert liegt hinten auf meinen Füßen und mampft schnaufend die letzten Blüten von seinem Blumenkranz auf. Der Fahrer dreht sich zu uns um. »Welcome home!«, sagt er und lacht. Natürlich meint er damit nicht mich, aber er hat ja recht.

»Willkommen zu Hause, Norbert«, murmele ich und tätschele sanft seinen Hinterkopf, während sich der Wagen langsam in Bewegung setzt.

DIE EINLADUNG

Rechts und links zwei hohe Palmen. Dazwischen ein paar weiße Säulen mit einem lang gezogenen Dreieck darüber. In diesem Dreieck steht der Name unseres Hotels. Daneben ist ein grimmig aussehender Mann mit Vollbart abgebildet, der eine große Gabel in der Hand hält. Meine Granny meint, das sei der griechische Gott Poseidon, und wenn die Gabel bedeutet, dass es hier wahnsinnig leckeres Essen gibt, dann soll es mir recht sein.

Was mich auf den Fotos im Internet gleich magisch angezogen hat, waren die drei hellblauen