Nur mal schnell das Lama klauen - Knut Krüger - E-Book + Hörbuch

Nur mal schnell das Lama klauen Hörbuch

Knut Krüger

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Beschreibung

Drama mit dem Lama Wie aufregend: Zoe und ihre beiden besten Kumpel Finn und Henry dürfen bei einem Kinofilm mitwirken – zusammen mit Norbert, dem Mammut, und Fred, dem Faultier. Als sie mitten in den Dreharbeiten sind, taucht plötzlich ein kleines Lama auf. Zoe ist entzückt, doch das Filmteam ist wenig begeistert. Das Lamababy sieht zwar unglaublich niedlich aus, hat es aber faustdick hinter den Ohren. Die Lösung: Das Tier soll in den Zoo. Damit kann und will sich Zoe nicht abfinden. Kurzerhand türmt sie mit dem kleinen Lama nach Italien …

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Zeit:2 Std. 37 min

Sprecher:Heike Warmuth

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Krüger Knut

Nur mal schnell das Lama klauen

Mit Illustrationen von Verena Körting

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Ein Tier für mich allein

Hallo, ich bin Zoe, und ich hab da mal eine Frage:

Muss ein Haustier unbedingt bei einem zu Hause wohnen, damit man es sein Haustier nennen darf? Oder kann es auch woanders wohnen, wenn da zum Beispiel mehr Platz ist? Das möchte ich echt mal wissen.

Wenn es auch woanders wohnen kann, dann ist mein größter Wunsch nämlich schon in Erfüllung gegangen. Dann habe ich jetzt ein Haustier. Genauer gesagt, zwei Haustiere. Ein Mammut und ein Faultier.

Das kam so: In den Faschingsferien hat Henry in einem Blätter- und Schneehaufen ein schlafendes, halb erfrorenes Zwergmammut gefunden. Weil er nicht wusste, was er damit anfangen sollte, hat er seine beiden besten Freunde angerufen, also Finn und mich. Zu dritt haben wir das eiskalte Zotteltier dann auf einen Bollerwagen verfrachtet und bei Henry zu Hause vor dem Kamin aufgetaut.

Als es aufgewacht ist, hat es erst mal das Kaminfeuer ausgeniest und mir zur Begrüßung seinen Rüssel ins Ohr gesteckt. Es war eben ein kleines verspieltes Mammut, das noch nicht wusste, wie man sich benimmt.

Wir haben es auf den Namen Norbert getauft, und weil bei Henry zu Hause genug Platz für so ein Minimammut ist und er es ja auch gefunden hat, wohnt Norbert jetzt also bei ihm – Haustier Nummer eins.

In den Sommerferien ist dann ein Faultier durchs Küchenfenster von Finns Wohnung geklettert, als wir dort gerade Scrabble gespielt haben. Darf ja wohl nicht wahr sein, haben wir gedacht, doch seit der Sache mit Norbert wussten wir schon, dass man den seltensten Tieren begegnet, wenn man am wenigsten damit rechnet.

Übrigens hat uns das Faultier selbst verraten, dass es Fred heißt, weil es beim Scrabblespielen seinen Namen gelegt hat, aber das ist eine andere Geschichte.

Jedenfalls hat sich schnell herausgestellt, dass Fred eine Art Superfaultier ist, das manchmal auf zwei Beinen läuft, gern Schokopops futtert und einzelne Wörter nachsprechen kann, zum Beispiel Danke, Schatz und Papperlapapp. Außerdem ist Fred ein richtiger Sonnenschein und immer gut drauf, vor allem wenn er auf Norberts Rücken reiten kann. Die beiden sind überhaupt ein Herz und eine Seele.

Zwischendurch gab’s allerdings jede Menge Stress, weil Fred von einem fiesen Faultierforscher namens Stockmann entführt wurde, aber wir haben ihn einfach zurückentführt, und als Stockmann sich Fred endgültig unter den Nagel reißen wollte, da hat uns Marcel aus der Patsche geholfen.

Marcel ist der Freund von Finns großer Schwester Mia und nebenbei Filmproduzent bei den Bavaria Filmstudios. Von ihm hat Stockmann erfahren, dass da demnächst ein Tierfilm mit Kindern beziehungsweise ein Kinderfilm mit Tieren gedreht werden soll. Und das Beste daran ist, dass unsere eigene Geschichte verfilmt wird, weshalb wir sogar selbst mitspielen dürfen, also nicht nur Henry, Finn und ich, sondern auch Norbert und Fred. Außerdem hat Marcel darauf bestanden, dass Fred bei Finn wohnen bleibt, damit sich die beiden bis zum Beginn der Dreharbeiten noch besser kennenlernen – Haustier Nummer zwei.

Und obwohl man Stockmann echt nicht trauen kann, wurde er von Marcel als »wissenschaftlicher Berater« eingestellt und kassiert auch noch einen Haufen Geld dafür. Eigentlich glaube ich ja, dass das nur ein Trick war, damit Stockmann endlich Ruhe gibt, aber was soll’s – hat jedenfalls prima funktioniert.

Und jetzt will ich also wissen, ob Norbert und Fred auch meine Haustiere sind, obwohl sie bei Henry und Finn wohnen. Wir haben die beiden nämlich zusammen erzogen und uns darauf geeinigt, dass sie uns allen gehören.

Aber wahrscheinlich muss man kein Mathecrack sein, um zu kapieren, dass diese Rechnung nicht aufgeht. Zwei Tiere für drei Kinder. Da bleibt für jedes Kind ja nicht mal ein ganzes Tier übrig. Da müsste sich Henry mit Norberts dickem Schädel samt Rüssel, Stoßzähnen und Schlappohren begnügen, während Finn seinen Buckel kriegt und ich den Hintern, oder wie? Und Finn müsste uns von Fred mindestens einen Arm oder sein rundes Bäuchlein abgeben. Das Bäuchlein würde wahrscheinlich reichen, Fred hat nämlich leichtes Übergewicht, aber das tut hier nichts zur Sache. Jedenfalls haut das mit der Rechenaufgabe nicht hin, weshalb Henry ein ganzes Mammut und Finn ein komplettes Faultier bekommen hat und ich total leer ausgegangen bin.

Oh Mann, das ist so ungerecht.

Dabei will ich nicht undankbar sein. Ich gönne Henry und Finn, dass sie mit Norbert und Fred zusammenwohnen dürfen. Und unsere wuscheligen Lieblinge, die kennen mich inzwischen natürlich so gut, dass sie nicht jedes Mal vor Begeisterung einen Purzelbaum schlagen, wenn ich sie besuchen komme.

Das ist wie bei Kindern, wenn irgendeine Tante regelmäßig zu Besuch kommt und immer die gleiche Tafel Schokolade mitbringt. Da ist man als Kind ja auch nicht jedes Mal überglücklich, sondern hält einfach die Hand auf und sagt: »Danke, Tantchen.«

Wenn ich Norbert besuche, dann trottet er mir manchmal mit schaukelndem Rüssel entgegen, manchmal aber auch nicht, und es wird bestimmt der Tag kommen, an dem Henry ihn auffordern muss: Komm schon, Norbert, sag Hallo zu Tante Zoe!

Und wenn ich bei Fred vorbeischaue, der gern an der Vorhangstange abhängt und vor sich hin döst, dann klappt er manchmal ein Auge auf und gleich wieder zu, als würde er denken: Ach, die schon wieder.

Entschuldigt, ihr beiden. Ich hab’s nicht so gemeint. Ich weiß, dass ihr mich lieb habt.

Aber ich will nicht eure langweilige Tante werden, sondern endlich ein Tier ganz für mich allein haben.

Meiner Mutter liege ich schon ewig in den Ohren, dass ich ein eigenes Haustier haben möchte, doch leider ist unsere Wohnung so winzig, dass da höchstens noch eine Zwergmaus reinpasst, und das auch nur, wenn sie den Bauch einzieht.

Außerdem sagt sie immer, ich hätte ja Egon, aber der wohnt auch nicht bei mir, sondern bei Frau Paulmann im ersten Stock. Egon ist ein fetter Mops, der sich japsend und schnaufend die Stufen zu seinem Knusperparadies raufschleppt. Jedenfalls füttert ihn Frau Paulmann bei jeder Gelegenheit mit ihren selbst gebackenen Hundekeksen, und da braucht man sich natürlich nicht zu wundern, wenn der eigene Mops aus dem Leim geht.

Immerhin haben die Knusperkekse den Vorteil, dass Egon viel zu langsam ist, um meinen Kuschelattacken zu entkommen. Außerdem mag er mich wirklich. Alle Tiere mögen mich. Wenn ich ihn kraule, dann legt er den Kopf auf die Seite und guckt mich ganz verliebt an, während ihm der Sabber aus dem Maul läuft.

Die Frage, wann ein Haustier ein Haustier ist, hat sich eigentlich schon von selbst beantwortet. Norbert wohnt bei Henry, Fred bei Finn und Egon bei Frau Paulmann.

Bei mir wohnen nur die Fliegen an der Wand.

Das ist die traurige Wahrheit.

Zum Glück beginnen morgen die Dreharbeiten zu dem Film, der »Ein Mammut kommt selten allein« heißen soll. Bin zwar tierisch nervös, freue mich aber auch mammutmäßig darauf.

Okay, lahmer Witz.

Jedenfalls soll es da neben Fred und Norbert noch andere Tiere geben, und wer weiß, vielleicht spielt ja auch eine niedliche Zwergmaus mit, die ich zu uns in die Wohnung schmuggeln kann.

Natürlich nur, wenn sie den Bauch einzieht.

Klappe, die erste

Mit lautem Klacken wird die Filmklappe zugeschlagen.

Es ist mucksmäuschenstill.

»Ton ab!«

»Kamera läuft!«

»Und bitte!«

Die Regisseurin nickt uns aufmunternd zu.

Wir sitzen an einem Küchentisch und spielen Scrabble. Das heißt, eigentlich sitzen wir in einem Filmstudio, in dem man eine Küche nachgebaut hat. Und natürlich spielen wir auch nicht richtig Scrabble, sondern wir tun nur so.

Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Während Finn im Scheinwerferlicht das Wort »Fressbär« legt, konzentriere ich mich voll und ganz auf meinen ersten Satz als Schauspielerin. Gestern habe ich diesen Satz ewig vor dem Spiegel geübt, doch jetzt kann ich mich nicht mehr daran erinnern, wie ich ihn aussprechen wollte.

»Boah, ist das heiß hier!«, rufe ich viel zu laut, wische mir demonstrativ über die Stirn und will zum Küchenfenster laufen, um es aufzureißen. Doch leider springe ich so hektisch auf, dass mein Stuhl nach hinten kippt und mit lautem Krachen auf dem Boden landet.

Ich zucke zusammen.

Die Regisseurin ruft: »Aus!«

Verdammt.

Ich stelle den Stuhl wieder auf und beiße mir auf die Lippen.

»Kein Problem, Zoe. Wir drehen das gleich noch mal.«

Caroline, so heißt unsere Regisseurin, macht eine lässige Handbewegung, als würde sie sich etwas über die Schulter werfen. »Alles auf Anfang«, sagt sie.

Die Filmklappe wird neu beschriftet.

»Szene eins, die zweite«, ruft der Regieassistent.

Klack.

»Ton ab!«

»Kamera läuft!«

»Und bitte«, wiederholt Caroline.

Ich sehe an Finns Händen, dass auch er tierisch nervös ist. Mit zittrigen Fingern legt er ein F, dann ein R, gefolgt von einem E.

Henry hat die leichteste Aufgabe von uns. Er muss so tun, als würde er seinem Mammut einen stolzen Blick zuwerfen. Richtig angucken kann er es nicht, denn da steht nicht Norbert, sondern bloß sein Trinknapf. Marcel hat uns erklärt, dass in jeder Szene erst mal nur ein einziges Tier dabei sein soll, damit kein Chaos entsteht.

Gleich wird Fred seinen großen Auftritt haben und zu uns durchs Fenster klettern, so wie er sich in den Sommerferien bei Finn durchs Küchenfenster geschwungen hat.

Und so wie damals muss natürlich jemand das Fenster aufmachen, damit er zu uns hereinkommen kann. Schließlich ist Fred ein Faultier und kein Geist, der durch eine Glasscheibe schweben könnte.

»Boah, ist das heiß hier«, sage ich etwas zu leise und schiebe vorsichtig den Stuhl zurück. Zum Glück bleibt er stehen. Puh. Dann fällt mir ein, dass ich ja aufspringen sollte, und ich mache einen albernen kleinen Hopser.

»Aus!«, ruft Caroline.

Ich drehe mich schuldbewusst zu ihr um.

»Das war jetzt etwas zu langsam, oder?«, frage ich kleinlaut.

»Ja, ein bisschen«, gibt sie mir schmunzelnd recht. »Außerdem hast du vergessen, dir über die Stirn zu wischen.«

»Ach ja, die Stirn«, antworte ich lachend und komme mir wie der größte Depp vor. Ein Schweißtropfen kitzelt mich an der Nasenspitze. Ich wische ihn hastig weg.

»Ist doch auch wirklich ziemlich heiß hier mit all den Scheinwerfern, findest du nicht?«, sagt Caroline.

Ich lege den Kopf in den Nacken, blinzele nervös ins Scheinwerferlicht und nicke wie ein Schaf. Mein Herz wummert so laut, dass es im ganzen Studio zu hören sein müsste.

Tief durchatmen, Zoe.

Sekunden später sind alle wieder startklar.

»Szene eins, die dritte«, ruft der Regieassistent.

Klack.

»Ton ab!«

»Kamera läuft!«

»Und bitte«, sagt Caroline zum dritten Mal.

Finn legt seine Buchstaben, Henry guckt stolz zu seinem nicht vorhandenen Mammut rüber und ich habe den nächsten Schweißausbruch.

»Boah, ist das heiß hier!«, quake ich mit belegter Stimme und habe total vergessen, in welcher Reihenfolge ich was tun soll. Zuerst den Stuhl wegschieben und dann aufspringen oder zuerst aufspringen und dann den Stuhl wegschieben? Oder beides gleichzeitig?

Ich stoße mich mit den Füßen vom Boden ab, knalle mit den Knien gegen die Tischkante und stolpere zum Fenster. Immerhin ist der Stuhl stehen geblieben. Da fällt mir ein, dass ich schon wieder was Wichtiges vergessen habe, also reiße ich mit der rechten Hand das Fenster auf und wische mir mit dem linken Handrücken über die Stirn. Sie ist schweißnass.

Auf Gummibeinen schaukele ich zum Tisch zurück und quetsche mich wieder auf meinen Stuhl, der halb unter dem Tisch steht. Das Blut pocht in meinen Ohren. Ich bin fix und fertig. Wer hätte gedacht, dass Schauspielern so anstrengend ist.

Doch anscheinend habe ich keinen größeren Fehler gemacht, denn als ich Caroline einen verstohlenen Blick zuwerfe, klatscht sie mir lautlos Beifall und nickt mir zufrieden zu. Außerdem unterbricht sie nicht, sondern lässt die Szene weiterlaufen.

Die Blätter in dem künstlichen Baum, der vor dem Fenster steht, geraten in Bewegung. Freds großer Auftritt ist gekommen.

Wir haben lange mit ihm geübt und ihm jedes Mal eine Ladung Schokopops in seinen gierigen Rachen geworfen, wenn er alles richtig gemacht hat. Natürlich wollen wir nicht, dass er so fett wird wie Egon, aber Schokopops liebt er nun mal über alles. Und Fred ist wirklich ein außerordentlich gelehriges Faultier und wird seine Aufgabe bestimmt mit Bravour meistern.

Der Regieassistent schiebt Fred von hinten ein bisschen näher an das Fenster heran und gibt ihm einen Klaps auf den Rücken. Das ist sozusagen Freds Einsatzeichen.

Und da ist er auch schon. Lässig hängt er an einem Ast, während er sich mit der anderen Hand am Fensterrahmen festhält. So baumelt er für einen Moment in der Luft und lächelt selbstbewusst in die Kamera.

Ehrlich gesagt lächelt Fred immer, da seine Mundwinkel nun mal nach oben gebogen sind. Aber wer sich mit Faultieren nicht so gut auskennt wie wir, der denkt bestimmt, dass Fred hier sein Showtalent unter Beweis stellt.

Henry ist dran: »Was … was ist das?«, fragt er und greift sich mit beiden Händen an den Kopf.

»Vie … vielleicht ein … Fressbär«, stottert Finn und lässt den Mund offen stehen, damit man sieht, dass er total von den Socken ist.

Caroline streckt ihnen ihren gehobenen Daumen entgegen, was mir einen klitzekleinen Stich versetzt. Aber die beiden hatten es auch wirklich leicht. Ich meine, einen läppischen Satz im Sitzen hätte ich bestimmt auch fehlerfrei über die Lippen gekriegt. Aber Boah, ist das heiß hier! rufen, Schweiß abwischen, aufspringen, Stuhl wegschieben und Fenster aufreißen – da kann man schon mal durcheinanderkommen.

Wir hatten mit Fred geübt, dass er sich vom Fenster zum Kühlschrank rüberhangelt, von dort auf den Tisch krabbelt und sich an der Lampe hochzieht, die darüber hängt. Das ist nämlich der Höhepunkt der Szene. Fred soll an der Lampe hin und her schaukeln und über das ganze Gesicht strahlen.

Was ein Kinderspiel für ihn sein dürfte. Fred schaukelt für sein Leben gern und das mit dem Strahlen erledigen seine Mundwinkel von allein.

Fred steht jetzt breitbeinig auf dem Fensterrahmen, streckt seinen Kugelbauch nach vorne und füllt das ganze Fenster aus. Seine braunen Augen glitzern verschmitzt, wie immer, wenn er was im Schilde führt.

Bitte reiß dich zusammen, flehe ich im Stillen. Hier wird nicht die große Fred-Show, sondern ein Spielfilm gedreht. Wenn du jetzt irgendeinen Blödsinn machst, dann müssen wir alles noch mal von vorne …

Aber zu spät. Fred stößt einen gellenden Pfiff aus, geht in die Hocke, holt mit beiden Armen Schwung und springt mit den Vorderkrallen voraus auf Finns Schoß.

Finn plumpst vor Schreck fast vom Stuhl, als Fred auf seinen Oberschenkeln landet. Immerhin ist Fred so geschickt, dass sich seine Krallen nicht in die Beine seines Herrchens bohren. Sogar Finns Jeans bleibt heil.

»Mann, Fred, was soll denn das?«, blafft er sein Faultier an.

»Aus!«, ruft Caroline, und zum ersten Mal schickt sie einen kleinen Seufzer hinterher.

Fred guckt Finn so aufmerksam an wie ein Hund, der gerade ein Stöckchen apportiert hat. Dann verkündet er mit seiner hohlen Stimme, die direkt aus seinem Bauch zu kommen scheint: »Ein Meter … sechzig.«

»Ein Meter sechzig?«, wundert sich Caroline.

»Oje.« Henry stützt seinen Kopf in beide Hände. »Vielleicht hätten wir ihn gestern nicht mit zum Schulsportfest nehmen sollen.«

»Und warum nicht?«, erkundigt sie sich interessiert und setzt sich zu uns an den Tisch.

Ich glaube, Caroline ist die geduldigste Regisseurin der Welt.

»Zwanzig Minuten Pause!«, ruft sie durch das Studio. »Ich muss mit den Hauptdarstellern was besprechen.«

Hauptdarsteller, wie das klingt, denke ich stolz und nehme mir vor, mich in Zukunft noch besser zu konzentrieren.

»Weil Fred ständig neue Wörter aufschnappt«, erklärt Finn, legt seine Hände um Freds Schultern und wirft ihm einen halb strengen, halb stolzen Blick zu.

Fred spitzt den Mund, als wolle er ihm ein Küsschen geben.

»Und die neuen Wörter, die übt er dann so lange, bis er sie fehlerfrei aussprechen kann«, erkläre ich weiter und weiß in diesem Moment genau, warum Fred auf Finns Schoß gehüpft ist und ein Meter sechzig gesagt hat.

»Wir haben sogar eine Liste, da kommen alle Wörter drauf, die er beherrscht«, ergänzt Henry.