Einfach gärtnern! Naturnah und nachhaltig - Horst Mager - E-Book

Einfach gärtnern! Naturnah und nachhaltig E-Book

Horst Mager

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Beschreibung

Jeder Garten-Fan braucht dieses wunderbare Garten-Buch auch ideal als Geschenk

Gerade Gartenneulingen kommt Gärtnern oft vor wie höhere Wissenschaft, gibt es doch scheinbar unheimlich viele Dinge zu beachten und unendliche viele Möglichkeiten: Soll ich die Rose über dem dritten oder dem fünften Auge schneiden? Brauche ich einen Kompost? Und vor allem: Wie finde ich die Pflanzen, die mir nicht nur gefallen, sondern die sich auch in meinem Garten wohlfühlen? Alles gar nicht so kompliziert, meint Horst Mager, wenn man nicht gegen, sondern mit dem Garten gärtnert: dessen Gegebenheiten akzeptiert, standortgetreue Pflanzen setzt, eingreift, wo es wirklich nötig ist, den Garten ansonsten aber auch einfach in Ruhe lässt. Denn nur so wird ein Garten »sommerfest« und steht auch längere Hitzeperioden durch.

Der leidenschaftliche Gärtner und Gartenexperte Horst Mager zeigt, wie man entspannt und doch aufmerksam und zugewandt einen naturnahen, nachhaltigen Garten anlegt und ohne allzu großen Aufwand pflegt – klimafest, lebendig und wunderschön.

Bekannt von Instagram und aus der rbb Gartenzeit
Mit zahlreichen großformatigen Farbfotografien
Expertenwissen für das naturnahe und nachhaltige Gärtnern

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Cover

Titel

Horst Mager

Einfach gärtnern!

Natürlich und nachhaltig

Mit Fotografien von Simone Hawlisch&Horst Mager

Insel Verlag

Impressum

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Die Wiedergabe von Gestaltungselementen, Farbigkeit sowie von Trennungen und Seitenumbrüchen ist abhängig vom jeweiligen Lesegerät und kann vom Verlag nicht beeinflusst werden.

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eBook Insel Verlag Berlin 2024

Der vorliegende Text folgt der Erstausgabe, 2024.

Originalausgabe© Insel Verlag Anton Kippenberg GmbH & Co. KG, Berlin, 2024Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Umschlaggestaltung: hißmann, heilmann, hamburg, unter Verwendung eines Motivs von Simone Hawlisch. Zu sehen ist neben dem Autor die Ramblerrose ‘ Veilchenblau ’

eISBN 978-3-458-77959-9

www.suhrkamp.de

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Informationen zum Buch

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Wie ich zum Gärtnern kam

Ein eigener Garten – es geht endlich los

Richtig planen – von Anfang an

Sitzplätze – wo will ich sitzen?

Wege – wo will ich laufen?

Beete anlegen

Prinzipien meiner Gartengestaltung

Die Pflanzenauswahl – welche Pflanzen machen nachhaltig Freude?

Flexibilität

Einheimische Pflanzen

Neophyten

Insektenfreundliche Pflanzen

Pflanzzeit – wann sollte man ein- und umpflanzen?

Pflanzen in Containern und mit Ballen

Wurzelnackte Pflanzen

Pflegeleichte Pflanzen für naturnahe Gärten

Nutz- oder Zierpflanze?

Gemüse

Gemüse und Kräuter für den »Dauerbetrieb«

Ein- und zweijährige Blumen

Stauden

Stauden für schwierige, schattige Beete

Stauden für halbschattige Beete

Stauden für sonnige Beete

Stauden fürs Sandbeet

Heimische Wildpflanzen

Zwiebeln und Knollen

Dahlien

Lilien

Rosen

Sträucher und Bäume

Obstgehölze

Boden – wie bleibt oder wird er natürlich gesund und kraftvoll?

Laub

Torffreie Substrate

Dünger

Kompost und Flächenkompostierung

Mulch

Umgraben

Hacken

Bodendecker

Wasser – wie kann man es sparsam und gezielt verwenden?

Beete tiefer legen

Regenwasser

Bewässerungssysteme

Richtig gießen

Tiere im Garten – wie werde ich ein guter Gastgeber?

Wasserstellen

Insektenhotels

Totholzhecke

Vögel

Igel

Schädling oder Nützling?

Pflanzenkrankheiten – Ursachen bekämpfen!

Monilia

Echter Mehltau

Falscher Mehltau

Schrotschusskrankheit

Tulpenfeuer

Birnengitterrost

Frostschäden

Dank

Abbildungsnachweis

Register

Informationen zum Buch

Wie ich zum Gärtnern kam

»Dein Garten ist ein großartiger Beitrag zum Wohlergehen des Planeten!« Dieser Satz stand eines schönen Tages bei Instagram unter einem meiner Posts. Als Biologe und Gärtner war mir natürlich immer bewusst, dass auch der kleinste Beitrag zählt, wenn es darum geht, etwas für die Natur, für die Biodiversität und vor allem auch gegen das Artensterben zu tun. Aber erst als ich diesen Satz las, wurde mir so richtig klar, dass es eben wirklich genau darauf ankommt: dass wir alle, die wir gärtnern, und sei unser Garten auch noch so klein, mit der Natur gärtnern müssen – und nicht gegen sie. Schätzungen zufolge nehmen Privatgärten zwanzig bis dreißig Prozent der städtischen Flächen in Europa ein, da ist also einiges möglich!

Dieses Buch ist ein Einblick in meine ganz persönliche Art zu gärtnern. In eine Beziehung, die ich mit meinem Garten, einem 420Quadratmeter großen Schrebergarten in Berlin-Charlottenburg, auf Augenhöhe führe. Genau: Beziehung. Ich sehe den Garten nicht einfach als ein Stück Boden, dem ich meine Vorstellungen aufzwinge, sondern als einen Freund. In unserem Tun beeinflussen wir uns gegenseitig. Ich gärtnere ohne Gift, ohne Zwang, ohne Schnörkel! Dafür mit Einfühlungsvermögen, Respekt, der ein oder anderen Auseinandersetzung und vor allem mit viel Liebe zur Natur. Meine naturnahe Art der Gartengestaltung und Gartenpflege ist ganz einfach, nachhaltig und so entspannt, wie eine intensive Beziehung im besten Falle sein kann.

So zu gärtnern, ist natürlich eine individuelle Entscheidung und nur eine Möglichkeit von vielen. Und es ist kein Hexenwerk: Alles, was ich mache, ist im Grunde recht naheliegend. Ich halte es für wichtig, sich die Auswirkungen dessen, was man im Garten tut, immer wieder bewusst zu machen. Eine notwendige Voraussetzung des naturnahen Gärtnerns ist das Beobachten und Verstehen der Grundlagen biologischer Prozesse – ohne dabei allzu wissenschaftlich werden zu müssen. Aber keine Angst: Dafür muss man jetzt keine Fachliteratur wälzen. Dieses Buch will auch ein Aufruf sein, einfach mal loszugärtnern, sich durch all die vermeintlichen Regeln nicht entmutigen zu lassen, sondern beherzt das Werkzeug in die Hand zu nehmen und zu beginnen!

Mein Garten ist das Resultat aus fünfundvierzig Jahren Liebe zum und Lernen im Garten. In diesem Buch fasse ich meine Erkenntnisse zusammen, die, wie der Garten selbst, ständig wachsen. Mit jedem Gartenjahr lerne ich Neues dazu. Meine Beziehung zum Garten ist ein andauernder Prozess, geprägt von Zufall, Veränderungen, Neugier, Enttäuschungen, Erfolgen und mitreißendem Erleben. Dieser Prozess wird hoffentlich niemals enden!

Gesagt sei aber auch: Meine Art, naturnah zu gärtnern, hat mit »antiautoritärem« Gärtnern nichts zu tun. Der Garten darf nicht einfach wild wuchern, wie er will! Aber mein Eingreifen ist eher ein liebevolles Dirigieren als ein übergriffiges Bevormunden. Denn beim Gärtnern mit der Natur geht es um die Natur – aber eben auch um das Gärtnern! Ein Garten ist kein sich selbst überlassenes Stück Wildnis, sondern kultivierte Natur. Doch es macht einen Unterschied, wie man dabei vorgeht. Meine Art des Gärtnerns setzt genaues Hinschauen voraus. Jeder Garten ist anders, jeder Garten hat seine individuellen Besonderheiten hinsichtlich Bodenbeschaffenheit, Licht- und Wasserverhältnissen. Der Standort bestimmt, was in einem Garten wachsen und dauerhaft gedeihen kann. Ohne mein Zutun würde er ganz von allein mit dem umgehen, was die Natur ihm an Pflanzen und Tieren bietet – davon kann ich mir etwas abschauen. Und dann überlegen, welche seiner Vorschläge für mich passen und wo ich eher behutsam eingreifen möchte. Will ich meinen Garten so schön und lebendig wie möglich haben, dann geht das nur, wenn ich dem, was er mir vorgibt, folge. Fange ich an, ihm meinen Willen aufzuzwingen – wie ich das zu Anfang einmal versucht habe –, beispielsweise Englische Rosen zu pflanzen, obwohl der Garten nur trockenen Sandboden bieten kann, dann werden wir beide nicht glücklich, und ich arbeite mich als Gärtner auf Dauer bucklig.

Mit dem Garten zu gärtnern, muss man oft leidvoll durch zahlreiche Misserfolge lernen – aber wer es wirklich ernst meint mit dem einfachen Gärtnern, kommt nicht umhin, früher oder später auf den Garten zu hören.

Die Liebe zum Gärtnern ist tief in mir verwurzelt. Ich habe sie immer gespürt! Zur Kommunion wollte ich wahnsinnig gerne eine Magnolie. Welches Kind wünscht sich das schon? Ich war neun Jahre alt und wollte unbedingt eine Magnolie (Foto s.→). Alle meine Freunde sehnten sich nach einer Musikanlage, Turnschuhen oder einer Wrangler-Jeans, aber ich wollte eine Magnolie. Eine Tulpenmagnolie (Magnolia x soulangiana) musste es sein. So eine weiß-rosafarbene mit diesen porzellanartigen, zerbrechlichen Blüten. Sie sollte so gepflanzt werden, dass ich sie von meinem Fenster aus sehen konnte. Ich hatte Glück, ich wurde ernst genommen. Mein Großvater schenkte sie mir. Wir suchten sie in der Gärtnerei aus und pflanzten sie, als Familien-Event, alle gemeinsam in den Garten an unserer Wohnung. Es war eine Woche nach Ostern und die Magnolie hatte drei perfekte Blütenknospen. Die Vorfreude auf den Moment, wenn ich in den Garten kommen würde und sie sich geöffnet hätten, war riesig. Es war so aufregend, als würden Weihnachten und Geburtstag gleichzeitig bevorstehen. Als es dann so weit war, war es unglaublich, noch heute bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich an diesen Moment denke. Die Magnolie entwickelte sich prachtvoll, wurde von Jahr zu Jahr schöner. Als all die Musikanlagen schon veraltet und die Wrangler-Jeans meiner Mitschüler längst zerschlissen waren, legte meine Magnolie erst so richtig los.

Ob ich damals schon den »grünen Daumen« hatte? Wenn jemand den »grünen Daumen« hat, dann ist der ja wahrscheinlich eher erdig braun! Je schmutziger meine Hände im Laufe eines Gartentages werden, umso intensiver wird die Kommunikation mit meinem Garten und den Pflanzen, die darin wachsen. Wenn ich dem Garten nahe bin, verstehe ich ihn. Wenn ich mich zu den Pflanzen hinunterbeuge, die Finger in den Wurzelbereich stecke und Erde unter die Nägel bekomme, dann spüre ich, ob alles gut ist. Ich erfühle, ob die Erde trocken oder feucht, schön locker und luftig oder unangenehm klebrig ist – und ganz wichtig: ob sie gut riecht. Über die Erde verbinde ich mich mit dem Garten und letztendlich mit mir selbst. Erde erdet.

Dass ich die Lust auf Garten und Pflanzen wirklich in mir trage, wurde mir im Schrebergarten meiner Eltern bewusst. Von ihnen habe ich meine Begeisterung fürs Gärtnern. Als ich vierzehn war, beschloss mein Vater, in Nürtingen, wo ich aufwuchs, ein Stück Land zu pachten und einen Schrebergarten anzulegen. Ich war sofort im Gartenglück! Aber nur weil man Lust zum Gärtnern hat, ist ja nicht von vornherein sicher, dass das Ganze funktioniert und die Pflanzen auch langfristig gedeihen. Der Schrebergarten meiner Eltern war ein ehemaliges Maisfeld – lehmig, stoppelig, frei gestaltbar. Plötzlich begaben wir uns auf ein Abenteuer, ich fand das super, meine Mutter und ich waren mit unstillbarem Garteneifer dabei. Die vielen neuen Möglichkeiten versetzten uns von Beginn an in einen euphorischen, daueraufgeregten Zustand. Das erste Mal so richtig Garten! Nur wo fängt man an? Vor allem dann, wenn man gartentheoretisch gar nichts weiß, von Gärten und Pflanzen aber total begeistert ist und deshalb am allerliebsten alles sofort umsetzen möchte. Geduld war zu dieser Zeit nicht unsere Stärke! Von irgendwoher drang glücklicherweise das Wort »Gründünger« zu uns. Ich glaube, es war mein Vater, der das Ganze zielführender, weil sehr viel weniger emotional anging. Wir säten die Fläche von etwa 450Quadratmetern mit Ackersenf ein. Das bremste und bewahrte uns vor Chaoskäufen und abenteuerlichen Pflanzenzusammenstellungen. Wir waren dazu gezwungen, abzuwarten, bis der Ackersenf untergefräst werden konnte. Wir verbrachten die Zeit mit Pflanzenrecherche und schmiedeten Gartenpläne. Kurz bevor der Senf blühte, haben wir ihn eingearbeitet. Dann – endlich – ging es los! Mit einer Schnur und dem Spaten habe ich zwei riesige Beete in den Stoppelacker-Staub gezeichnet und wir haben begonnen, diese zu bepflanzen.

Unsere Auswahlkriterien für die Pflanzen waren schöne Fotos in Gartenkatalogen, spontane Funde und Ableger von Nachbarn und Freunden. Herr Planlosigkeit und Frau Übereifer waren unsere Gartendesigner. Meine Mutter war Spanierin, deshalb verbrachten wir unsere Ferien immer im sonnigen Süden. Exotisch anmutende Gewächse fanden wir also besonders spannend, das, was nicht alle hatten, und natürlich das, was unsere Sammelleidenschaft in den Einkaufswagen spülte. Es war die Zeit – Mitte der 1980er Jahre –, in der Rosen, Rhododendren, Koniferen in allen Wuchsformen und Farben und Perückensträucher ein Muss im Garten waren. Die ganze Familie – meine Eltern, mein Bruder und ich – hat gegraben, gehackt, gepflanzt und wieder ausgegraben, ohne wirklich müde zu werden und ohne dass die Dunkelheit uns hätte bremsen können. Regelmäßig haben wir im wackeligen Schein einer Taschenlampe einfach weitergemacht. Wir waren glücklich im Dauereinsatz und der Garten wurde dann – nach unseren damaligen Vorstellungen jedenfalls – auch richtig schön.

Heute weiß ich, es wäre auch einfacher, preiswerter und schneller gegangen – denn auf den natürlichen Standort und die Umgebung haben wir kaum Rücksicht genommen. Schlimmer noch, wir haben sie komplett ignoriert, gar nicht daran gedacht, dass der natürliche Standort uns etwas Wichtiges mitteilen könnte. Die Pflanzen, die in unserem Garten von allein wuchsen oder auf den Wiesen und in den Wäldern drum herum, waren für uns nichts Besonderes, nichts Beachtenswertes. Gehätschelt haben wir eher das, was mickerte. Das, was kräftig wuchs, flog in den meisten Fällen sogar komplett raus. Dass wir uns damit selbstverschuldet in einen ständigen Zustand des »Kümmernmüssens« versetzt haben, wurde mir erst viel später, in meiner Lehrzeit und während des Schreibens meiner Diplomarbeit, bewusst. Erst in dieser Zeit begann ich zu verstehen: Ein naturnaher, nachhaltiger und damit pflegeleichter Garten mit gesunden, starken Pflanzen entsteht im Dialog mit dem Standort! Und das am besten von Anfang an.

Ein eigener Garten – es geht endlich los

Die erste Begegnung mit meinem eigenen Schrebergarten war aufregend. Ich wusste: Wenn wir uns füreinander entscheiden, würde unser Leben ab diesem Tag ein anderes sein. Ob man nun einen eingewachsenen Garten übernimmt oder ein braches Grundstück, auf dem man bei null beginnt – Mensch und Garten sollten sich zunächst behutsam kennenlernen, auch wenn es schwerfällt, weil man am liebsten sofort richtig loslegen, wühlen, schwitzen und pflanzen würde. Aber jeder Garten bzw. jedes Stück Land hat eine eigene Geschichte zu erzählen. Also sind erst einmal Ruhe, Vorsicht und Achtsamkeit gefragt. Am besten einfach die Hände stillhalten und nur schauen. Die Augen und das Herz öffnen und wirklich hinschauen mit Neugier und einem liebevollen Interesse für alles, was dort wächst und gedeiht.

Im Frühling 2018 habe ich meinen damals ziemlich verwilderten und zugewucherten Schrebergarten in Berlin übernommen und ihn anfangs nur kennenlernen wollen. Ich habe nichts getan, schon gar nichts herausgerissen, wirklich nur beobachtet. Ein Jahr lang habe ich den Garten machen lassen. Habe mir angesehen, was er zu bieten hat, was schon alles vorhanden ist, und war gespannt darauf, was sich alles zeigen würde. Immer wieder entdeckte ich neue Pflanzen, das war eine wirkliche Freude, denn es waren ja nun irgendwie meine, sie wuchsen in meinem Garten. Lauter Geschenke, die sich ganz von selbst auspackten, ihre Blätter und Blüten entfalteten.

Zugegeben, es juckte mich schon sehr in den Fingern, ich hätte zu gerne sofort angefangen und wild losgepflanzt. Ich weiß auch nicht, wie ich mich verhalten hätte, ohne die Erfahrungen aus meiner Jugend im elterlichen Schrebergarten. Glücklicherweise gab es in und um die Laube genügend Unrat auf- und wegzuräumen, so dass ich dort meinen Tatendrang stillen konnte. Wilde Brombeeren, Hopfen, Kanadische Goldrute ohne Ende – all das fiel mir natürlich sofort ins Auge und ich hätte viele dieser rücksichtslosen, alles überwuchernden Unholde am liebsten sofort herausgerissen. Aber ich wusste ja nicht, welche Schätze ich dadurch übersehen und durch meinen Übereifer vielleicht auch nie entdecken würde. Wenn man die unerwünschten Genossen entfernt, dann auch richtig, durch tiefes Graben und mit allen Wurzeln. Dann ist es zu spät, auf zarte Kräutlein Rücksicht zu nehmen, die müssen vorab evakuiert werden.

Ich war sicher, dass mein Garten gute Ideen hat und ich ihm nur Zeit lassen muss, sie mir zu offenbaren. Ich würde mir seine Vorschläge ansehen und dann überlegen, ob ich das so lassen möchte oder nicht oder ob wir einen Kompromiss finden können. Und so war es dann auch: Er hat mir gezeigt, was da ist, und ich habe hinzugefügt, was ich gerne wollte und was dazu gepasst hat. Ich habe meinen Garten also auf der Grundlage dessen geplant, was ohnehin schon gerne dort wächst, was sich dort bereits etabliert hatte. Das hat sehr gut funktioniert und tut es bis heute, denn mein Garten hat ziemlich gute Ideen!

Ich machte also erst mal eine Reise durch alle Jahreszeiten: Im Frühjahr erschienen Rote Taubnesseln, Gänseblümchen, ein paar Krokusse und gleich zwei Magnolien blühten. Die Tulpe ‘Purissima’ stand im Efeu und eine prachtvolle frei wachsende Blutpflaume (Prunus cerasifera ‘Nigra’ – Foto s.→) tat alles, um mich zu betören! Sie war so gewachsen, wie sie wollte, elegant und malerisch. Ungepflegte Gärten haben oft auch etwas Gutes, es schnippelt nicht dauernd jemand an den Bäumen und Sträuchern herum. Meine Blutpflaume ist eine echte Schönheit!

Im Frühsommer öffneten sich dann Türkischer Mohn, Akelei, Hirtentäschel und Vergissmeinnicht. Ich entdeckte viele mediterrane Kräuter, wie Rosmarin und Salbei. Johannisbeersträucher, Stachelbeeren und Himbeeren rangen um Licht und Luft unter wildem Wein und zwischen Hunderten von Walnusssämlingen.

Es gab Astern, die im Herbst erschienen und sich von der Kanadischen Goldrute mit ihrem einnehmenden Wesen nicht haben verdrängen lassen. Bambus, der im naturnahen Garten in Deutschland eigentlich so gar nicht meine Pflanze ist, machte sich als Sichtschutz richtig gut. Hätte ich sofort nach der Übernahme des Gartens den Spaten geschwungen, wäre er schon in der ersten Woche rausgeflogen; welchen Wert er für mein Wohlbefinden hat, erkannte ich erst später.

Winter ist mir egal, dachte ich damals, da werde ich eh kaum im Garten sein. Diese Einstellung sollte sich aber im Laufe der Jahre grundlegend ändern.

Tipp

Zeit lassen

Auch wenn die Ungeduld brennt und es kaum auszuhalten ist, man sollte sich gerade zu Beginn genügend Zeit lassen. Das macht es beiden einfacher – dem Menschen und dem Garten.

Eines allerdings muss ich zugeben, eine Pflanze habe ich doch sofort gepflanzt. Nur eine einzige. Einen Rambler, eine stark wachsende Kletterrose, kam an die alte Kiefer im vorderen Gartenteil. Ich hatte einfach ein Bild vor Augen von dunklem Kieferngrün, durchzogen von einer weißen Kletterrose. So, wie ich mir als Kind die Magnolie vor meinem Fenster wünschte, wollte ich nun die Rose am Stamm der Kiefer haben. Je eher ich meinen Wunsch umsetzen konnte, umso eher würde er Realität werden und umso schneller würde die Rose blühen und es in ihr summen! So zog meine ‘Guirlande d’Amour’ (Foto s. →) als erste Neue und selbst ausgesuchte Pflanze in meinen Garten ein – sie ist nur halb gefüllt und nicht nur insektenfreundlich, sondern auch mehrmals blühend!

Im Frühjahr 2020 – zwei Jahre nachdem ich den Garten übernommen hatte – begann ich dann aktiv mit der Gestaltung. Jetzt wurde geschnitten, verpflanzt, entsorgt, verschenkt und geteilt. Es zogen neue Pflanzen ein, ich habe Gemüsebeete angelegt. Einige Nachbarn meinten: »Unglaublich, was hier passiert!«, andere sagten: »Oh – das sieht irgendwie wild aus, ein Naturgarten.« Ich freute mich – genauso sollte es sein. Das geduldige Schauen und sorgfältige Planen hatte sich also gelohnt.

Richtig planen – von Anfang an

Bevor man loslegt und beginnt, Beete und Sitzplätze überhaupt zu planen, sollte man zu jeder Tages- und Jahreszeit entspannte Stunden im Garten verbringen, einen Stuhl dabeihaben, den einfach mal überall hinstellen und Platz nehmen. Diese Art der Gartenplanung passiert nicht am Schreibtisch, sondern im Garten! Für das spätere Gartenglück gilt es, einiges vorab in Erfahrung zu bringen. Man lernt dabei den Garten, aber vor allem auch sich selbst kennen. Im Wesentlichen muss man sich sechs Fragen stellen – und auch beantworten:

Checkliste der wichtigsten Planungsfragen

1. Wo ist es sonnig, wo schattig? Zu welcher Tages- und Jahreszeit?

2. Von wo aus sehe ich was?

3. Wo möchte ich abends sitzen und wo morgens?

4. Wo liegt lange Schnee, wo wird es früher im Jahr warm?

5. Zu welcher Tageszeit bin ich meistens im Garten?

6. Welche Wege laufe ich automatisch?

Wie die einzelnen Bereiche des Gartens gestaltet und welche Pflanzen ausgesucht werden, hat einen entscheidenden Einfluss darauf, ob die Mission »pflegeleichter Naturgarten« gelingt oder nicht. Sitzplätze, Wege, Beete – letztendlich geht es darum, ein harmonisches Gesamtgefüge der einzelnen Bereiche zu schaffen – ein großes Ganzes, das zusammenwächst und nicht in seine einzelnen Teile zerfällt. Einen Weg ohne Ziel will keiner gehen, auf einer Terrasse ohne Schutz will keiner sitzen! Die einzelnen Bereiche sind wie Organe in einem einzigartigen Organismus. Wenn sie ineinandergreifen, sich ergänzen, dann stärken, nähren und versorgen sie sich gegenseitig. Und am Ende eben auch mich, den Gartenmenschen. Um das gut hinzubekommen, muss ich mich auf eine Gartenreise zu mir selbst begeben, mir viele Fragen stellen, diese vor allem auch ehrlich beantworten und dann Entscheidungen treffen.

Sitzplätze – wo will ich sitzen?

Ein Garten sollte so gestaltet sein, dass er zu jeder Jahreszeit einladend wirkt. Unterschiedliche Sitzplätze sind für unser Wohlbefinden, unsere Entspannung wichtig. Nicht, dass ich im Garten viel sitzen würde, aber ich habe diese Plätze in unterschiedlichster Form dennoch! Allein das Wissen, dass ich sie nutzen könnte, finde ich schon beruhigend.

Auch die Möglichkeit, sich immer mal wieder umsetzen zu können, bereichert unser Gartenleben enorm. Abends möchte man gerne an einer anderen Stelle sitzen als morgens – je nachdem, wohin die Sonne dann gerade scheint. Es wäre doch ein Jammer, wenn man frierend seinen Tee oder Kaffee trinken müsste, obwohl wenige Meter entfernt die wärmende Morgensonne in den Garten fällt. Oder wenn man abends mit der Strickjacke zittrig im Tomatensalat stochert, während die warme Abendsonne direkt an einem vorbei auf den Kompost scheint! Im März ist es an einer sonnigen Hauswand schön, im August ist es dort eine Qual, stattdessen ist es unter einem schattenspendenden Baum viel angenehmer. Wer sitzt im Sommer schon gerne an einer brütend heißen Wand und im Frühjahr im kalten Wind unter einem kahlen Baum? Wie gut, wenn man die Wahl hat.

Sitzplätze sollten geschützt und weitestgehend uneinsehbar sein. Dennoch möchten viele Menschen zumindest teilweise in ihren Garten schauen können. Wer dabei nicht dauernd die noch zu erledigende Arbeit sehen möchte, der baut sich vielleicht irgendwo im Garten noch ein ganz umschlossenes Nest. Aber rund um den Sitzplatz sollte man Ausblicke fördern und Einblicke verhindern.

Wenn eine Sitzgelegenheit nicht genutzt wird, dann wird sie aber bitte dennoch nicht eingeklappt und verräumt! Stühle und Bänke sind wichtige Gestaltungselemente und eine Einladung des Gartens an den Gartenbesitzer, es sich gemütlich zu machen. Man kennt diese ungastlichen Bereiche in Biergärten mit den hochgeklappten Stühlen. Geht es abweisender?

Ein Sitzplatz muss auch nicht groß sein. Einfach nur ein Stuhl in einer passenden Ecke – reicht. Ich habe einen »Fundstuhl«, den ich irgendwann einmal von der Straße weg adoptiert habe. Warum einen neuen kaufen, wenn dir einer zuläuft? Gut, grelles Gelb hätte ich vielleicht nicht unbedingt gewählt, aber nun ist es eben so! Wo auch immer er gerade in den Garten passt, wird der gelbe Stuhl (Foto s.→ u.a.) hingestellt. Wenn die Nachtkerze blüht, leistet er ihr Gesellschaft. Das viele Gelb hat dann eine unglaubliche Fernwirkung – gerade am Abend, wenn die Nachtkerzenblüten sich öffnen, um Falter anzulocken. Und wenn sich die gelben Lilien mit dem weißen Riesenschleierkraut zeigen, dann kommt der Stuhl eben in diese Gruppe! Länger darauf gesessen hat, wenn ich mich recht erinnere, nur selten jemand. Ein guter Sitzplatz kann einfach auch nur Deko sein.

Wege – wo will ich laufen?

Passionierte »Gartenmenschen« verbringen den Großteil der Zeit, die sie im Garten sind, mit gärtnern. Manche arbeiten dabei gemütlich vor sich hin, andere wollen keine Zeit verlieren. Ich gehöre zur letzteren Gruppe und bin im Garten dauernd in Bewegung – schnell zum Schuppen, dann zum Beet, dann kurz mal an der Laube vorbei zum Kompost, von dort in die Himbeeren und dann zur Totholzhecke oder doch noch schnell zur Laube zurück! Bei dem ganzen Rumgerenne will ich Wege haben, die ohne Umwege zum Ziel führen. Auf dem Weg zum Schuppen will ich nicht gemächlich schlendern. Und da überall in meinem Garten etwas Liebenswertes wächst, will ich die Wege auch nicht verlassen, nicht einfach kreuz und quer herumtrampeln. Die Wege sind auch ein Schutz für die Vegetation. Wer nicht im Weg steht, wird auch nicht aus Versehen zertrampelt! Und wer viel Natur und damit Spontanvegetation im Garten hat, muss besonders achtsam sein.

Es ist mir ein Rätsel, warum manche Architekten im öffentlichen Raum Wege planen, die keiner laufen mag, und Trampelpfade, die eigentlich schon existieren und die Laufgewohnheiten der Nutzer vorgeben, einfach ignorieren.

Im Garten ist das genauso. Ich rate dazu, bei der Wegeplanung einfach ganz viel herumzulaufen! Allein, zu zweit – so findet man sein ganz persönliches Wegenetz! Den Weg, den man gerne geht, ohne darüber nachzudenken. Und genau an den Stellen, die sich als Trampelpfade abzeichnen, müssen meine Wege dann auch hin!

Aus welchem Material die Wege sind, ist eigentlich reine Geschmackssache. Verlegt sollten sie immer so werden, dass sie die Fläche nicht versiegeln. Von Kies, Splitt und wassergebundenen Decken – also einem Gesteinsgemisch, das in mehreren Schichten aufgebracht wird – an Übergängen zum Innenraum oder zu einem empfindlichen Belag rate ich ab. Ständig hat man Steinchen in der Laube oder Kratzer auf dem Holz. In diesen Bereichen würde ich eher zu Holz, Naturstein oder Klinker raten. Ansonsten mag ich Wege aus Kies oder Splitt sehr gerne, sie nehmen Wasser gut auf und machen beim Laufen so schöne Geräusche!

Beete anlegen

Das Schöne an Blumen- und Staudenbeeten ist, dass sie im Grunde überall angelegt werden können, denn es gibt für jeden Standort die passenden Pflanzen. Natürlich sollten sie weder im Weg wachsen noch an so entlegenen Orten stehen, wo man sie nie sieht. Und: Je mehr es sind und je größer die Fläche ist, umso aufwändiger ist die Pflege. Unerfahrenen Gärtnerinnen und Gärtnern würde ich immer empfehlen, zunächst mit weniger Beetfläche zu starten und dann die Flächen mit der wachsenden Erfahrung zu erweitern.

Bei der Anlage eines Gemüsegartens gibt es ganz unterschiedliche Dinge zu beachten, neben der Größe und der Beetform ist vor allem der Standort entscheidend. Möglichst viel Sonne soll das Gemüse abbekommen, und das schon früh im Jahr! Fünf bis sechs Stunden am Tag muss sie auf das Gemüse scheinen – ist es zu schattig, wird es nichts. Aber gut wäre weniger Sonne abends, damit in trockenen Sommern die zarten Pflanzen nicht verdorren. Jeder Winkel im Beet muss bequem erreichbar sein. Wenn ich vor dem Entfernen von Wildkräutern oder dem Ernten erst Dehnübungen machen muss, um das Objekt der Begierde überhaupt zu erreichen, wird es zu kompliziert. Ich habe es so gemacht: Zuerst einmal habe ich alle Faktoren, die für den Erfolg beim Gemüseanbau wichtig sind, abgewogen, und als die optimale Stelle gefunden war, die zukünftigen Gemüsebeete mit Stöcken und Schnüren markiert. Wochenlang habe ich mit dem Feintuning verbracht, immer wieder die Form verändert. Etwas schmaler, etwas breiter, etwas weiter weg vom Baum … Einige meiner Gartennachbarn hat das Schauspiel sichtlich irritiert. Es war ihnen ein Rätsel, was der Neue da treibt.

Als ich dann lange genug über die Schnüre im Rasen gestolpert war, habe ich eine Entscheidung getroffen, die pragmatischste Lösung gewählt und zum Spaten gegriffen. Links und rechts des Weges habe ich Beete abgestochen, so konnte ich den schlauchartigen Weg – der schon bestand – optisch verbreitern. Als Wege habe ich in den langen Schlauchbeeten Rasenstege stehen lassen. Mit den abgestochenen Soden wurden unschöne Stellen in der Wiese ausgebessert.

Nach knapp zwei Jahren waren Sitzplätze, Wege und Beete geplant, gebaut, und nun endlich konnte es mit meiner Lieblingsarbeit, also eher Leidenschaft, losgehen – dem Auswählen und Kaufen von Pflanzen und Saatgut!

Prinzipien meiner Gartengestaltung