Einfach nicht altern? - Tim Schreder - E-Book

Einfach nicht altern? E-Book

Tim Schreder

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Beschreibung

Endlich verständlich: Der Hype ums ewige Leben  Endlich verständlich: Der Hype ums ewige Leben Was lange als Science-Fiction galt, wird greifbare Realität: Menschen könnten bald 100 oder sogar 120 Jahre alt werden – und das bei bester Gesundheit. Die Wissenschaft steht vor diesem Durchbruch und wir sehen uns mit vielen verschiedenen Ansätzen, Forschungsergebnissen, Praktiken, Tipps und Empfehlungen um das Thema Longevity konfrontiert. Dieses Buch erklärt die revolutionären Entwicklungen und wichtigsten Erkenntnisse der Altersforschung, zeigt die konkreten Möglichkeiten für ein langes, gesundes Leben und stellt sie auf den Prüfstand. Fundiert und verständlich geschrieben erläutern Jennifer Sieglar und Tim Schreder, wie wir alle von dieser Entwicklung profitieren können und worauf es beim Jungbleiben wirklich ankommt.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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© Piper Verlag GmbH, München 2025

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotiv: Lena Heckl und Samy Löwe

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

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Text bei Büchern ohne inhaltsrelevante Abbildungen

Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Einleitung

Die Jahre, die alles veränderten

Bryan Johnson und der Traum der Unsterblichkeit

Der Moment der Wahrheit in Köln

Wie aus vielen Fragen dieses Buch wurde

Was du von diesem Buch erwarten kannst

Teil 1: Altern verstehen

1.1 Was ist Altern – und warum wollen wir es stoppen?

Warum sehen wir Altern überhaupt als etwas Negatives?

Healthspan versus Lifespan

Chronologie versus Biologie

Alter versus Altern

1.2 Das neue Verständnis des Alterns

Die »Hallmarks of Aging«

1 – Instabiles Erbgut

2 – Verkürzte Telomere

3 – Epigenetische Veränderung

4 – Proteostaseverlust

5 – Verminderte Autophagie

6 – Gestörte Nährstoffwahrnehmung

7 – Fehlfunktion der Zellkraftwerke

8 – Zelluläre Seneszenz

9 – Erschöpfte Stammzellen

10 – Nachlassende Zellkommunikation

11 – Mehr chronische Entzündungen

12 – Gestörte Darmflora und Mikrobiom

Was folgt nun aus alldem?

1.3 Warum Langlebigkeitsforschung so schwierig ist

Was Langlebigkeit mit Mäusen zu tun hat

Würmer, Fliegen und Fische

Warum man trotzdem auch am Menschen forschen muss und kann

Warum 1 + 1 nicht immer 2 ist

Warum Korrelation nicht immer Kausalität ist

Warum Helmut Schmidt kein Argument ist

Langlebigkeit ist und bleibt erst mal eine Wette

Triff bewusste Entscheidungen!

1.4 Alter, Altern und Gesundheit messbar machen

Epigenetische Uhren

Alter messen – die Horvath-Uhr

Altern (mit n) messen – DunedinPACE

Mehr als nur Alter – was Tests sonst noch können

Tracken von Gesundheitsdaten im Alltag

Wearables – Smartwatches und Fitnessarmbänder

Diabetes verhindern – Glucosetracker

Und es geht noch mehr …

Wann wird es zu viel?

Longevity-Zentren – die Zukunft?

Was folgt nun aus alldem?

Teil 2: Altern verlangsamen

2.1 Laster lassen: Warum DU schlechte Gewohnheiten stoppen sollteST

Rauchen – der schleichende Tod

Alkohol – lange falsch verstanden

Übergewicht – eine brutale Wahrheit

Risikoverhalten – Gefahren richtig einschätzen

Was folgt nun aus alldem?

2.2 Ernährung: Genuss mit Weitsicht

Was wir meiden sollten – und warum

Zucker

Salz

Ungesunde Fette

Rotes und verarbeitetes Fleisch

Hochverarbeitete Lebensmittel

Was wir zu uns nehmen sollten – wie sich eine gute Ernährung zusammensetzt

Kohlenhydrate – besser als ihr Ruf

Fette – viel besser als ihr Ruf

Proteine – schlechter als ihr Ruf, aber trotzdem wichtig

Mikronährstoffe – es sind die kleinen Dinge im Leben

Sekundäre Pflanzenstoffe

Ballaststoffe

Probiotika

Wasser

Was ist die beste Diät für ein langes Leben?

Die Basis der mediterranen Ernährung: Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkorn

Gesunde Fette – vor allem Olivenöl

Fisch und Meeresfrüchte – die beste tierische Proteinquelle

Milchprodukte und Eier – in Maßen

Fleisch – weiß, selten und in kleinen Mengen

Süßigkeiten und stark verarbeitete Lebensmittel – die Ausnahme

Kalorienrestriktion – 30 Prozent weniger

Wieso verlängert Kalorienrestriktion unser Leben?

Wie verlässlich ist der Effekt – und wie lässt er sich erreichen?

Intervallfasten: Iss – aber nicht immer

Was folgt nun aus alldem?

2.3 Bewegung und Sport: Komm in die Puschen

Warum Sport das Altern verlangsamt

Wie Ausdauersport unser Herz beschützt

Welches Sportprogramm ist das beste?

Der optimale Sportplan für die Langlebigkeit

Die komplexe Antwort

VO2max – je mehr Sauerstoff, desto besser

Die Ruheherzfrequenz

Warum Muskeln wichtig sind

Warum wir die Knochendichte nicht übersehen dürfen

Elastizität – bleib geschmeidig!

Was folgt nun aus alldem?

2.4 Schlaf: Werde ein professioneller Schläfer

Warum guter Schlaf so wichtig ist

Was guten Schlaf ausmacht

Woher man weiß, ob man gut schläft

Wie wir unseren Schlaf verbessern können

Der Rhythmus – je spießiger, desto besser

Die Umgebung – Kälte, Stille, Dunkelheit

Man schläft, wie und wann man isst (und trinkt)

Mehr bewegen, um besser zu schlafen?

Psychische Faktoren – wer sich schlecht fühlt, schläft auch schlecht

Supplements – dank Pille zum guten Schlaf?

Melatonin

Magnesium

Glycin

L-Theanin

CBD

Ashwagandha

Baldrian

Was denn nun nehmen?

Was folgt nun aus alldem?

2.5 Anspannung und Entspannung: Mit Stress richtig umgehen

Was ist Stress?

Stecken wir Stress unterschiedlich gut weg?

Warum uns chronischer Stress schneller altern lässt

Herzfrequenzvariabilität – Stress und Entspannung messbar machen

Stress vermeiden oder entspannen? – Beides!

Wie du Entspannung in dein Leben bringst

Achtsamkeit

Meditation

Atemtechniken

Yoga

Körperliche Aktivität

Digitale Hygiene

2.6 Supplements: Wundermittel oder Geldverschwendung?

Ordnung ins Chaos bringen

Teste dich, bevor du etwas nimmst

Kategorie C – Individuelle Mängel ausgleichen

Vitamin D

Vitamin B12

Magnesium

Kalzium

Eisen

Zink

Vitamin C

Omega-3-Fettsäuren

Selen

Kategorie B – Longevity-Prozesse imitieren

Kollagen

Berberin

Spermidin

MitoQ und SkQ1

Glycin

Taurin

Urolithin A

Was also nun nehmen?

Kategorie A – Supplements, die unser Leben verlängern

Rapamycin

NAD+-Booster (NMN)

Resveratrol

Metformin

DHEA

Senolytika (Fisetin/Quercetin)

Mikrodosiertes Lithium

Telomerase-Aktivatoren

Welches Supplement ist nun das richtige?

2.7 Freunde, Familie – und der Sinn des Lebens

Was die »Blue Zones« so besonders macht

Natürlich leben – und nebenbei hundert werden

Gemeinschaft als Lebenselixier

Einsamkeit – der stille Krankmacher

Introvertiert? Kein Problem!

Ein Leben mit Sinn – wofür stehst du morgens auf?

Lernen von den Hundertjährigen

2.8 Filtern, meiden, tauschen: Den Alltag entgiften

Bio oder nicht Bio, das ist hier die Frage

Mikroplastik – das winzige Riesenproblem

Luft – können wir uns krank atmen?

Kosmetik und Körperpflege – weniger ist manchmal mehr!

Parabene und Phthalate

Formaldehyd

Mikro- und Nanoplastik

Aluminium im Deo

Küchenutensilien – Pfannen, Töpfe, Plastik und mehr

EMF – machen Handys uns krank?

Was folgt nun aus alldem?

2.9 Lifestyle-Maßnahmen: Wellness oder Wissenschaft?

Kälte als Medizin – wie Eisbaden, Wechselduschen und Kryotherapie wirken

Eisbaden für das Immunsystem – Heilung oder Abhärtung?

Kälte gegen Entzündungen – erst Reiz, dann Heilung

Training für die Gefäße: Kälte und das Herz-Kreislauf-System

Das braune Fett: Kalorienkiller

Besser schlafen durch Kälteanwendungen?

Kälte und Stress – der Hormesis-Effekt

Kälte und Langlebigkeit – vielversprechend, aber nicht bewiesen

Sauna – Schwitzen, um das Leben zu verlängern?

Finnische und andere Saunen

Heißer Schutz – nicht nur fürs Herz

Demenzschutz, besserer Schlaf und weniger Stress durch Schwitzen?

Sauna und Langlebigkeit – Beobachtungen mit wissenschaftlichem Rückenwind

Sauna oder Dampfbad – was hilft mehr?

Earthing – Heilen durch Barfußgehen?

Physik für Dummies: Was hinter der Theorie des Erdungseffekts steckt

Wie Erdung im Körper wirken könnte

Ist da nun was dran oder nicht?

Rotlichttherapie – Lampen für ein langes Leben?

Rotlicht für Muskeln, Hirn und Schlaf

Weniger Entzündung, bessere Haut: Was PBM kann – und was nicht

Vitamininfusionen – ab in die »Drip Bar«?

2.10 Medizinische Eingriffe: Sieht so die Zukunft aus?

Peptidtherapie – Booster per Spritze?

Das Peptid in der Abnehmspritze

Können Peptide unser Leben verlängern?

Frisches Blutplasma als Verjüngungskur?

Was steckt in jungem Blut, das uns jünger macht?

Stuhltransplantation – bessere Bakterien, längeres Leben?

Gentherapie – das eigene Erbgut umschreiben

Was genau ist Gentherapie überhaupt?

Klotho und Follistatin – die Gene für ein längeres Leben?

Stammzelltherapie – die Alleskönner als Lebensverlängerer?

Wie Stammzellen heute eingesetzt werden

Möglichkeiten und Grenzen von Stammzelltherapie

CAR-T-Zelltherapie – die körpereigene Biowaffe?

CAR-T-Zellen versus Krebs und versus Zombiezellen

Können CAR-T-Zellen unser Leben verlängern?

Die Yamanaka-Faktoren – die Therapie, die dich wieder jünger werden lässt?

Was kann man mit den Yamanaka-Faktoren machen?

Was folgt nun aus alldem?

2.11 Der große kleine Unterschied: Langlebigkeit bei Frauen

Gender Health Gap – wenn Forschung nur den Mann sieht

Warum Frauen trotzdem länger leben

Was der Zyklus mit Langlebigkeit zu tun hat

Was ich über meinen Zyklus gern früher gewusst hätte

Menopause – vieles wird anders

Frauen sind keine kleinen Männer – so geht zyklusgerechtes Training

Zyklustag 1 bis 5: Höre auf deinen Körper

Zyklustag 6 bis 14: Zeit für Power

Zyklustag 14 bis 16: Achtsamkeit bei der Höchstleistung

Zyklustag 16 bis 28: Runterschalten erlaubt

Kraft statt Cardio – das Erfolgsrezept nach der Menopause

Bitte nicht ganz so kalt! – Eisbaden für Frauen

Bitte nicht so lange nicht essen! – Fasten für Frauen

Teil 3: Und nun?

3.1 Wie wir all diese Infos umsetzen können

Mach langsam – und nur, was du durchhältst

Möglichst ein Schritt nach dem anderen

Holen dir Unterstützung – und mach Urlaub!

Ist Langlebigkeit eine Frage der finanziellen Mittel?

Lass dich durchchecken, bevor du loslegst

Was wir machen – und was nicht

Was ist wirklich möglich?

3.2 Was Langlebigkeit für unsere Gesellschaft bedeutet

Drei mögliche Szenarien

Da kommt was auf uns zu

Wie fair kann das alles gestaltet werden?

Anmerkungen

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Einleitung

Wie lange willst du noch leben? Wie lange willst du gesund bleiben? Und was hast du in den letzten Tagen dafür getan?

Wenn du auf diese Fragen keine Antworten hast, bist du nicht allein. Auch wir hätten bis vor Kurzem keine geben können. Dabei ist unser Leben – und damit unsere Gesundheit – unumstritten das Wichtigste, was wir haben. Spätestens wenn wir krank sind, sagen wir es: »Gesundheit ist das Wichtigste!«

Und doch hat diese Gewissheit kaum Einfluss auf unseren Alltag. Nicht einmal die COVID-19-Pandemie hat daran grundsätzlich etwas geändert. Wir haben heute zwar für fast alles einen Plan: Arbeit, Kinderkriegen, Finanzen, Sport – aber einen Plan, wie wir gesund alt werden wollen, haben wir nicht. Weil wir glauben, dass wir es ohnehin nicht selbst in der Hand haben. Gene, Schicksal, Zufall, es kommt sowieso, wie es kommt – denken wir. Sich hinzustellen und zu sagen: »Ich möchte gern hundert Jahre alt werden, und das hier ist mein Plan, um es zu schaffen!«, kommt uns vermessen vor. Dabei wäre genau das vernünftig!

Bevor du denkst, wir spinnen, und das Buch weglegst, gib uns die Chance, unsere These mit Wissenschaft zu belegen. In den berühmten »Dänischen Zwillingsstudien«[1] konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass unsere Gene nur zu etwa 20 bis 30 Prozent erklären, wie alt wir werden und wie lange wir gesund bleiben. Neuere Studien gehen sogar nur noch von 15 Prozent oder weniger aus.

Im Jahr 2023 wurde in den USA eine Studie[2] vorgestellt, in der Hunderttausende Menschen über Jahrzehnte beobachtet wurden. In den Daten konnte man sehen, dass Menschen, die simple Gesundheitsfaktoren wie Ernährung, Alkoholkonsum oder Sport beachteten, im Durchschnitt etwa zwanzig Jahre länger lebten als Menschen, die diese Faktoren nicht beachteten.

Die Wissenschaftlerin Becca Levy von der Yale University konnte zudem zeigen, dass Menschen, die den Alterungsprozess positiv und gestaltbar sehen, etwa sieben Jahre länger leben, als Menschen, die das Altern nur mit Krankheit, Tod und Angst verbinden. Ihre Studie[3] zeigte also, dass sich unsere Lebenserwartung allein schon durch die Art und Weise, wie wir auf das Thema Altern blicken, verändert.

Immer mehr Forschungsarbeiten zeigen, dass wir durchaus einhundert Jahre oder älter werden könnten – bei guter Gesundheit! –, wenn wir umsetzen, was wir heute bereits über das Altern wissen.

Als die Menschen noch keine Ahnung von Medizin hatten, dachten sie auch, dass Krankheiten Schicksal seien. Beim Thema Altern ist es aktuell ähnlich. Bis vor wenigen Jahren konnten wir die meisten Prozesse noch nicht genau verstehen. Das ändert sich mittlerweile in rasender Geschwindigkeit, und wir stellen in diesem Buch die neuesten Erkenntnisse für dich zusammen.

Die Jahre, die alles veränderten

Haben wir nun deine Aufmerksamkeit? Wir sind Jennifer Sieglar und Tim Schreder. Wir sind nicht nur verheiratet, sondern arbeiten auch gemeinsam – als Journalisten, Filmemacher und Autoren. Und weil dies ein Buch übers Altern ist, wollen wir unser eigenes Alter auch gar nicht verheimlichen: Jennie ist 42, Tim ist 34 Jahre alt.

Zwischen 2019 und 2023 hatten wir eine ziemliche »Scheißzeit« – verzeih den Ausdruck. Wir verschonen dich mit Details, aber wir hatten gleich mehrere schwere Krankheits- und Todesfälle in unserer Familie. Das wäre schon hart genug gewesen, aber wir hatten zu dieser Zeit auch noch mehrere Fehlgeburten, und Jennie verbrachte ihre freie Zeit neben der Arbeit hauptsächlich bei Ärzten. Nach langer Kinderwunschzeit wurde im Frühling 2023 dann unser Sohn geboren.

Diese Zeit veränderte uns. Jennie hatte wegen der ganzen Erfahrungen angefangen, sich gesünder zu ernähren und sehr viel mehr Sport zu machen. Sie beschäftigte sich mit zyklusgerechtem Training und wollte als über vierzigjährige Mutter für unser Kind fit bleiben. Tim zog mit und baute den Gartenteich gleich mal zu einem Schwimmteich zum Eisbaden um.

Wir fingen an, uns immer mehr mit dem Thema Gesundheit zu beschäftigen. Wir lasen Bücher, schauten Dokumentationen und recherchierten im Internet. Wir tranken weniger Alkohol, wir probierten Meditation und Yoga und scheiterten als Eltern mit Kleinkind am Ziel, mehr zu schlafen. Aber so einen richtigen Plan hatten wir noch nicht. Es ging uns wie vermutlich vielen, die sich mit dem Thema Gesundheit beschäftigen: An jeder Ecke liest man eine andere Theorie. Vieles widerspricht sich dabei sogar diametral.

Bryan Johnson und der Traum der Unsterblichkeit

2024 stolperten wir dann über die Geschichte von Bryan Johnson, einem mehrere Hundert Millionen schweren Unternehmer und Investor aus den USA, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, sein Leben so weit zu optimieren, dass er nicht nur hundert Jahre alt, sondern sogar unsterblich würde. Konnte das wirklich sein?

Tim fand das Thema so spannend, dass er es dem ARD-Reportageformat Y-Kollektiv vorschlug. Er besuchte Bryan Johnson im Rahmen der Dreharbeiten in Los Angeles. Und da gab es diesen einen Moment, in der Küche von Bryan Johnson. Tim fragte ihn, ob er wirklich daran glaube, unsterblich werden zu können. »Ja, das glaube ich – zu 100 Prozent!«, antwortete er und begründete seinen Glauben anschließend mit neuen Erkenntnissen aus der Wissenschaft. Die unumstößliche Überzeugung, mit der er das erzählte, brachte Tim zum Nachdenken. Konnte das wirklich sein?

Und dann war da noch ein Schlüsselmoment. In Syracuse, nördlich von New York, schaute Tim sich eine große Mausstudie des Biogerontologen Aubrey de Grey an. Der Brite mit dem Rauschebart ist eine Longevity-Ikone und erforscht an Mäusen, wie man die Schäden des Alterns verhindern könnte. Als Tim dort drehte, war die Mausstudie bereits in ihrer Endphase. Viele Boxen waren leer, die Mäuse darin verstorben. Die Mäuse in den anderen Boxen, die noch lebten, hatten eine spezielle Diät und ein Medikament bekommen.

Hier wurden die ganzen abstrakten Zahlen aus den Langlebigkeitsstudien plötzlich real. Eine kleine Veränderung hatte hier über Leben und Tod entschieden. Wir Menschen, so die Überzeugung der Forschenden, seien in dieser Hinsicht doch nichts anderes als diese Mäuse: Wir treffen unterschiedliche Lebensentscheidungen, und der eine stirbt früher, der andere lebt länger. Nur dass wir nicht x Mäuseleben haben, um auszuprobieren, was uns länger leben lässt – sondern nur ein einziges, in dem wir möglichst viel richtig machen sollten.

Der Moment der Wahrheit in Köln

Tim erzählte Jennie natürlich alles von seiner Drehreise, und unser journalistisches Herz war hin- und hergerissen. Einerseits waren wir natürlich sehr skeptisch. Wir hielten viele Versprechungen eher für Marketingtricks, Spinnerei oder sogar Betrug. Klar konnte man mit einem gesunden Lebensstil vielleicht ein paar Jahre länger leben – aber hundert Jahre gesund, fit und munter? Oder gar Unsterblichkeit? Das ist doch Unsinn! Auf der anderen Seite dachten wir: Wenn diese Hoffnungen wirklich wissenschaftlich begründet sind, müssen die Menschen davon erfahren!

Wir sprachen mit Sebastian Grönke vom »Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns« in Köln. Man kann wohl behaupten, dass kaum jemand in Deutschland mehr über Altersforschung weiß als er. In der Erwartungshaltung, dass der Experte gleich bestätigen würde, dass das alles unbegründete Versprechungen seien, fragten wir ihn: »Aber jetzt mal ehrlich – kann das, was beispielsweise Bryan Johnson da macht, funktionieren? Oder ist das Quatsch?« Doch seine Antwort lautete: »Bryan Johnson hat bestimmt gute Chancen, älter als hundert Jahre zu werden!« Jeder Mensch, der heute mit dreißig oder vierzig Jahren anfange, sich an die wichtigsten Erkenntnisse der Langlebigkeitsforschung zu halten, habe gute Chancen, hundert Jahre oder älter zu werden, und das bei guter Gesundheit.

Es sei außerdem nur eine Frage der Zeit sei, so Sebastian Grönke weiter, bis Menschen wirklich deutlich älter als hundert Jahre werden könnten. Mit Mäusen ginge das heute schon. Deren Lebenserwartung könne man inzwischen um bis zu 50 Prozent erhöhen. Und selbst das vollkommen irre erscheinende Ziel der Unsterblichkeit halte er wissenschaftlich nicht für ausgeschlossen – im Moment sei das zwar noch Science-Fiction, aber zumindest einzelne Zellen könne man heute sogar schon wieder rückwärts altern, also sich verjüngen lassen. Die Langlebigkeitsforschung sei selbst noch jung – habe aber schon riesige Fortschritte erzielt.

Wie aus vielen Fragen dieses Buch wurde

Nach diesem Gespräch war uns schnell klar, dass wir dieses Buch hier schreiben würden, ein Buch, in dem wir das aktuelle Wissen rund um die Langlebigkeitsforschung einordnen und verständlich erklären. Da wir keine Nahrungsergänzungsmittel oder Sportkurse verkaufen wollen, können wir journalistisch distanziert an das Thema herangehen. Gemeinsam mit Sebastian Grönke und anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Themengebieten haben wir einzelne Lebensbereiche abgesteckt und herausgearbeitet, was uns länger leben lässt – und was nicht.

Mithilfe von KI-Software wie Consensus, die speziell für die Analyse von wissenschaftlichen Studien entwickelt wurde, haben wir zu jeder einzelnen Fragestellung unterschiedliche Studien und Metaanalysen betrachtet und die Essenz daraus gezogen. So konnten wir die Ergebnisse aus den Laboren und über 250 Studien dieser Welt für dich zusammentragen. Das schlägt sich auch im umfangreichen Anmerkungsapparat am Ende des Buches nieder. Aber ganz wichtig: Wir schreiben niemandem vor, was er oder sie zu tun hat. Du kannst aufgrund der Erkenntnisse dein eigenes Leben gestalten und die Veränderungen vornehmen, die du möchtest – oder auch nicht.

Viele Menschen setzen derartige Veränderungen intuitiv mit Beschränkungen oder Verzicht gleich. »Ich will mein Leben doch genießen!« – keine Ahnung wie oft wir diesen Satz gehört haben, als wir im Freundes- und Familienkreis von unserem Projekt erzählt haben. Klar ist Verzicht ein Teil von Langlebigkeit – auf Rauchen solltest du zum Beispiel unbedingt verzichten –, aber der größte Teil der Langlebigkeit ist einfach nur eine Veränderung. Und ehrlicherweise – so ist es zumindest bei uns – führen viele dieser Veränderungen nicht nur zu einem wahrscheinlich gesünderen, längeren Leben, sondern auch zu mehr Energie, Freude und Lebensqualität im Hier und Jetzt.

Was du von diesem Buch erwarten kannst

Dieses Buch ist in drei Teile mit unterschiedlicher inhaltlicher Ausrichtung gegliedert. In Teil 1 wollen wir erst einmal verstehen, was Altern überhaupt bedeutet. Was passiert in unserem Körper, wenn wir älter werden? Was davon können wir beeinflussen und wie? Dieser Teil legt also die theoretischen Grundlagen, aber versprochen: Das ist keine staubtrockene Angelegenheit, sondern hochspannend.

In Teil 2 des Buches geht es dann ab in unseren Alltag. Wir schauen uns einen Lebensbereich nach dem anderen an – Ernährung, Sport, Schlaf etc. – und analysieren dort jeweils, was man tun kann, um das Altern zu verlangsamen beziehungsweise länger zu leben. Ganz praxisnah und mit vielen, vielen Optionen, die wir dir vorstellen. Wer die Theorie in Teil 1 scheut, kann auch direkt mit Teil 2 starten. Dann empfehlen wir, Teil 1 danach zu lesen, wenn du voll im Thema drin bist.

In Teil 3 geht es dann schließlich noch einmal ganz grundsätzlich um das Thema der Umsetzung: Wie fängt man nun an, sein eigenes Leben zu verändern, und wie kombiniert man die unterschiedlichen Maßnahmen in den Alltag? Dabei verraten wir dir auch, wie wir persönlich die Sache angehen.

Während wir dieses Buch hier geschrieben haben, haben wir unser Leben ziemlich auf den Kopf gestellt. Das war nicht immer einfach. Aber es hat sich gelohnt. Kurz vor Abgabe dieses Manuskripts zeigen epigenetische Tests und Gesundheits-Tracker, dass wir beide biologisch mehrere Jahre jünger sind als chronologisch. Und sie zeigen auch, dass wir beide jedes Jahr um deutlich weniger als ein Jahr altern.

Es funktioniert also. Wir sind heute der festen Überzeugung, dass jeder, der auch nur Bruchstücke aus diesem Buch umsetzt, mehrere Jahre gesunde Lebenszeit hinzugewinnen kann.

Also, legen wir los.

Teil 1: Altern verstehen

1.1 Was ist Altern – und warum wollen wir es stoppen?

Während die meisten Menschen auf dieser Welt pro Jahr um etwa ein Jahr altern, altert Bryan Johnson – laut eigener Angaben – beispielsweise nur um etwas mehr als ein halbes Jahr. Johnson altert also langsamer als wahrscheinlich die allermeisten von uns. Er ist momentan 48 Jahre alt, aber sein biologisches Alter liegt bei 37 Jahren. Diese Verlangsamung hat er in nur wenigen Jahren geschafft.

Die meisten von euch werden im Laufe der Lektüre wahrscheinlich ihr bisheriges Verständnis von »Alter« und »Altern« über Bord werfen müssen. Das wird dem einen oder anderen schwerfallen, doch nur mit einem neuen Verständnis dieser Begriffe lassen sich viele der neuen Langlebigkeitserkenntnisse verstehen und umsetzen. Wir müssen beginnen, Altern als etwas zu verstehen, was wir kontrollieren können, und nicht als etwas, dem wir schicksalhaft ausgeliefert sind. Deshalb wird es in diesem ersten Kapitel genau darum gehen, ein neues Verständnis von Alter zu schaffen.

Der Begriff »Alter« beschreibt nicht nur die Zahl der gelebten Jahre, sondern auch den Zustand eines Menschen heute, im Hier und Jetzt. Der Begriff »Altern« beschreibt die Veränderung dieses Zustandes in einem gewissen Zeitrahmen, zum Beispiel von einem Tag auf den anderen oder von einem Jahr zum nächsten. Aber von vorn.

Warum sehen wir Altern überhaupt als etwas Negatives?

Gleich zu Beginn unserer Recherchen stießen wir auf diese spannende Frage, die wir im Trubel des Alltags – und erst recht in der Rushhour des Lebens – meist ausblenden. Woher kommt dieser Impuls, das Altern verlangsamen oder gar aufhalten zu wollen? Ist Altern nicht einfach der natürliche Lauf der Dinge – unausweichlich, wie Ebbe und Flut? Und ist es nicht überheblich, ja vielleicht sogar narzisstisch, diesen Prozess beeinflussen zu wollen?

Aubrey de Grey, der vielleicht bekannteste Altersforscher der Welt, bekommt diese Frage oft gestellt. Und jedes Mal, sagt er, versteht er sie nicht. Für ihn ist Altern schlicht die häufigste Todesursache der Welt – entscheidend mitverantwortlich für die meisten Krankheiten, das meiste Leid. Für Krebs. Für Alzheimer. Für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für Schmerz, Hilflosigkeit, Trauer.

»Alt und krank werden gehört eben dazu.« Das sagen viele – bis sie selbst betroffen sind. Bis ein geliebter Mensch stirbt. Bis sie sich wünschen, einfach noch ein paar Jahre mehr zu bekommen. Im Alltag blenden wir die Endlichkeit oft aus. Die langsamen körperlichen Veränderungen sind zu subtil, die Einschläge im Umfeld zu leicht verdrängt. Doch die Wahrheit ist: Wir alle altern. Jeden Tag. Und mit jedem Tag rücken Krankheit und Tod ein Stück näher. Das klingt hart – aber es ist auch der Grund, warum sich Menschen mit Langlebigkeit beschäftigen. Nicht aus Eitelkeit, sondern aus einem zutiefst humanistischen Antrieb: Sie wollen Leid verringern, Zeit gewinnen, Lebensqualität bewahren.

Aubrey de Grey geht sogar so weit zu sagen: Die Frage, wie wir dem Altern ein Ende setzen können, sei die wichtigste aller Fragen. Und er versteht nicht, warum wir dieser Forschung nicht mehr Aufmerksamkeit und Mittel widmen. Denn eines ist klar: Wenn man irgendwo fragt, wer gern krank sein oder früher sterben möchte – hebt niemand die Hand.

Und trotzdem tun die meisten erstaunlich wenig, um das zu verhindern. Oft nicht nur aus »Faulheit«, sondern auch einfach, weil sie es nicht besser wissen. Sie sagen: »Man kann ja eh nichts machen.« Oder: »Es liegt doch hauptsächlich an den Genen.« Doch genau das stimmt nicht. Sebastian Grönke vom Max-Planck-Institut bestätigte uns: Unsere Gene bestimmen nur zu etwa 15 Prozent, wie schnell wir altern. Der Rest liegt an uns.

Healthspan versus Lifespan

Wenn wir von Alter sprechen, sollten wir nie aus dem Blick verlieren, dass es dabei nicht um einen Selbstzweck, sondern in erster Linie um die Vermeidung von Krankheit und Leid und um den Erhalt von Freude, Zeit und Lebensqualität geht. Im Englischen gibt es in diesem Zusammenhang die schönen Begriffe »Lifespan« und »Healthspan«. Der erste Begriff, »Lifespan«, meint nichts anderes als die Menge an Zeit zwischen Geburt und Tod, die man auf diesem Planeten lebt – ganz egal, in welchem Zustand. Diese Zeit zu verlängern wird in den meisten Fällen nicht das sein, was Menschen wirklich wichtig ist. Vermutlich werden die wenigsten Menschen bereit sein, in ihrem Leben etwas zu verändern, nur damit sie am Ende ihres Lebens noch zwei Jahre länger allein in einem Bett im Pflegeheim liegen können.

Der Begriff »Healthspan« ist deshalb der entscheidendere. Er meint die Zeit, die man auf diesem Planeten verbringt und dabei gesund und fit ist. Das ist es doch, worum es uns geht. Viele Menschen werden heute schon mehr als achtzig Jahre alt. Aber viele von ihnen leiden die letzten zehn oder sogar zwanzig Jahre davon unter so massiven gesundheitlichen Einschränkungen, dass sie einen großen Teil ihrer Lebenszeit nicht wirklich genießen können. Man hat dann zwar 85 Jahre »Lifespan«, aber vielleicht nur 65 Jahre »Healthspan«.

Die Zeit zu verlängern, in der wir gesund und aktiv leben können, ist also das, worum es in der Langlebigkeit immer gehen sollte. Langlebigkeit ist dann erfolgreich, wenn sie die »Lifespan« verlängert und gleichzeitig den Anteil der »Healthspan« darin maximiert. Chris Mirabile, Gründer von NOVOS, einer innovativen Longevity-Supplement-Firma, sagte in New York zu Tim, dass er unbedingt älter als hundert Jahre werden wolle – aber nur, wenn er mit Ende neunzig auch noch auf der Hochzeit seiner Urenkel tanzen und am nächsten Tag ein paar Bahnen im Hotelpool schwimmen könne. Darum geht es.

Chronologie versus Biologie

Stell dir zwei sechzig Jahre alte Menschen vor. Der eine topfit, wirkt wie fünfzig – der andere schwach, kränkelnd, wirkt mindestens wie siebzig. Solche Beobachtungen kennen wir alle, und sie zeigen wunderbar den Unterschied zwischen »chronologischem« und »biologischem« Alter. Beginnen wir mit dem einfacheren von beiden, dem chronologischen Alter. Das chronologische Alter misst schlicht, wie viele Jahre seit unserer Geburt vergangen sind – analog zur »Lifespan«.

Doch wie alt wir uns fühlen – und wie gut unser Körper funktioniert –, darüber sagt das chronologische Alter allein natürlich nichts. Trotzdem sind unsere gesellschaftlichen Vorstellungen von »jung« und »alt« ziemlich stark durch dieses chronologische Alter geprägt. Einfach ausgedrückt: Mit zwanzig ist man jung, ab sechzig zählt man (mehr oder weniger langsam) zu den Alten. Mit dreißig sollte man eine Familie gründen, wenn man Kinder haben möchte, mit spätestens siebzig sollte man nicht mehr Ski fahren – über achtzig ist es »schon in Ordnung«, wenn man stirbt.

Das chronologische Alter ist einfach zu begreifen, einfach zu bestimmen, hilft uns aber eigentlich nur wenig weiter. Es gibt nur einen sehr groben Überblick über den realen »Zustand« eines Menschen. Außerdem werden die Unterschiede mit fortschreitendem Alter immer größer.

An dieser Stelle kommt das biologische Alter ins Spiel. Biologisches Alter beschreibt, wie stark unser Körper bereits verschlissen ist: jedes einzelne Organ, jede einzelne Zelle. Das biologische Alter ist wesentlich aussagekräftiger als das chronologische, kann von diesem massiv abweichen, ist allerdings auch viel schwerer zu bestimmen. Wir kommen später noch genauer dazu.

Wie alt wir biologisch sind, hängt von vielen Faktoren ab. Lange Zeit galt es in der Wissenschaft als eine nahezu unlösbare Aufgabe, all die unterschiedlichen Faktoren des menschlichen Alterns zu verstehen, doch mittlerweile hat man aussagekräftige Modelle entwickelt.

Zur Veranschaulichung stell dir ein Auto vor. Ein Auto besteht aus verschiedenen Komponenten: die Karosserie, die Reifen, der Motor etc. Der Gesamtzustand, also quasi das biologische Alter des Autos, hängt nun vom Zustand all dieser einzelnen Komponenten ab. Und dieser hängt wiederum davon ab, wie gut oder schlecht du als Besitzer dein Auto gepflegt hast. Wenn du höherwertigen Sprit tankst, wird der Motor vermutlich langsamer verschleißen, als wenn du immer nur das billigste Zeug hineinkippst. Wenn du immer pünktlich einen Ölwechsel machst, wird dein Motor ebenfalls länger halten, als wenn du ihn ständig mit altem Öl laufen lässt. Dem Lack tut es gut, wenn du Schmutz nicht zu lange in ihn eintrocknen lässt und ihn vielleicht ab und zu mal wachst.

Und dann ist natürlich auch noch entscheidend, wie viel du fährst, ob du ständig Vollgas gibst oder eher gemütlich unterwegs bist. Das Prinzip ist klar: Ein Auto, das »chronologisch« fünf Jahre alt ist, kann »biologisch«, je nach Pflege und Benutzung, völlig unterschiedlich »alt« sein.

Die Analogie zum Menschen liegt auf der Hand. Unser Alter ist in Wirklichkeit nichts anderes als die Akkumulation von Verschleiß über Zeit – das ist das, was wir als biologisches Alter bezeichnen. Nur dass wir Menschen immer noch um ein Vielfaches komplizierter sind als jedes Auto.

Also: Chronologisches und biologisches Alter haben gemeinsam, dass wir im Laufe der Zeit älter werden. Aber das biologische Alter berücksichtigt, dass wir unterschiedlich schnell oder langsam altern. Es zeigt uns den wirklichen Zustand unseres Körpers. In unserem Beispiel vom Anfang sind beide Personen chronologisch sechzig Jahre alt – die eine Person biologisch aber deutlich älter als die andere.

Alter versus Altern

Und jetzt kommst du ins Spiel. Das biologische Alter zeigt dir, wie viel Verschleiß sich bis heute in deinem Körper angesammelt hat. In welchem Zustand du heute bist. Je mehr Schaden der Körper angesammelt hat, desto höher ist das biologische Alter. Wenn du gut gelebt hast, wird dein biologisches Alter vermutlich etwas niedriger sein als dein chronologisches Alter. Hast du eher schlecht gelebt, kann dein biologisches Alter entsprechend auch höher sein als dein chronologisches Alter.

Das Schwierige am biologischen Alter: Es lässt sich – Stand heute – eigentlich nicht mehr zurückdrehen, selbst wenn du ab morgen alles richtig machst. Doch mit einem kleinen n ändert sich alles: Aus dem Alter wird das Altern – und das ist der Teil, den du beeinflussen kannst.

Je besser du lebst, desto langsamer alterst du, biologisch gesehen. Auf diesen Wert hast du massiven Einfluss. Wer mit Langlebigkeitsprinzipien lebt, kann seinen biologischen Alterungsprozess verlangsamen – zum Beispiel kannst du dann biologisch nur noch um 0,8 Jahre pro Jahr altern. Deine Aussichten auf ein langes, gesundes Leben steigen dadurch deutlich. Umgekehrt, wenn du morgen damit beginnst, jeden Tag exzessiv zu rauchen, Alkohol zu trinken und übermäßig zu essen, wirst du vermutlich biologisch um mehr als ein Jahr pro Kalenderjahr altern – zum Beispiel mit einem Faktor von 1,3 und mit allen gesundheitlichen Konsequenzen.

Wie wichtig der Unterschied zwischen biologischem Alter und Altern ist, zeigt dieses Beispiel: Zwei Freunde, beide vierzig Jahre alt, lassen ihr biologisches Alter messen. Freund A hat seit einem Jahr nach den Prinzipien der Langlebigkeit gelebt, Freund B nicht. Das Ergebnis zeigt bei beiden ein biologisches Alter von 42 – ein demotivierendes Ergebnis für Freund A, da sein veränderter Lebensstil scheinbar keinen Unterschied gemacht hat.

Doch der Blick auf die Geschwindigkeit des Alterns, die sogenannte »Pace of Aging«, erzählt eine andere Geschichte: Während Freund B jedes Jahr biologisch 1,05 Jahre altert, liegt Freund A dank seines neuen Lebensstils bei nur noch 0,8 Jahren pro Jahr. Er altert also deutlich langsamer durch seinen neuen Lebensstil. Kurzfristig mag sich das kaum bemerkbar machen, aber mittel- und langfristig trennen A und B womöglich noch Welten an Lebensdauer und -qualität.

1.2 Das neue Verständnis des Alterns

Warum altern wir überhaupt? Warum kommen wir nicht alle auf diese Welt, wachsen körperlich aus und bleiben dann einfach in diesem Zustand, bis wir irgendwann an irgendeiner Krankheit oder durch einen Unfall versterben?

Die Erklärung liegt in unseren Zellen. Wir alle sind irgendwann mal aus nur einer einzigen Zelle entstanden, einer befruchteten Eizelle. Doch daraus wurden schnell mehr. Ein ausgewachsener, 70 Kilogramm schwerer Mann besteht aus etwa 36 Billionen Zellen, eine 60 Kilogramm schwere Frau aus etwa 28 Billionen Zellen. Die Zellen formen Organe und interagieren auf unzählige unterschiedliche Arten und Weisen miteinander. Oder anders gesagt: Wir sind ein verdammt kompliziertes Lebewesen.

Dementsprechend schwierig ist es, zu verstehen, welche dieser Prozesse uns Menschen am Ende altern, krank werden und sterben lassen, und noch schwieriger ist es, zu sagen, wie man diese Prozesse beeinflussen kann. Menschen wollten eigentlich schon immer verstehen, was Altern ist, und Unsterblichkeit war schon immer ein Traum. Doch selbst bis Anfang der 2000er-Jahre blieb der Alterungsprozess für die Wissenschaft noch ein Rätsel. Zwar gab es immer wieder einzelne Mechanismen, die man verstand – aber die Suche nach einem vollständigen Verständnis des Alterns galt als aussichtslos. Es gab um die 2000er-Jahre durchaus Stimmen aus der Forschung, die sagten, dass man die Suche doch aufgeben solle.

Doch dann kam 2013 der Wendepunkt. In einem wegweisenden Papier[4] stellten die Wissenschaftler Carlos López-Otín, Maria Blasco, Linda Partridge, Manuel Serrano und Guido Kroemer zum ersten Mal eine einheitliche Theorie zum Thema »Altern« auf. Im Grunde machten sie aus der Not eine Tugend. Sie erkannten, dass es eben nicht den einen Grund dafür gibt, dass unsere Zellen und damit unsere Organe und unser ganzer Körper altern, sondern dass der menschliche Alterungsprozess vielmehr von verschiedenen Faktoren gleichzeitig abhängt und auf mehreren unterschiedlichen Wegen abläuft. Sie bündelten das Wissen der Altersforschung in einem neuen, übergreifenden Modell: den »Hallmarks of Aging« – auf Deutsch: den Kennzeichen des Alterns.

Die »Hallmarks of Aging«

Mittlerweile hat man zwölf dieser Kennzeichen identifiziert, die erklären, wie und warum wir Menschen altern. Wenn wir in sie eingreifen können, können wir das Altern verlangsamen oder aufhalten – so die Idee. Diese Kennzeichen sind nicht trennscharf voneinander abzugrenzen, im Gegenteil: Die Prozesse beeinflussen sich zum Teil gegenseitig und sind eng miteinander verwoben.

Sie zumindest bis zu einem gewissen Punkt zu verstehen, ist entscheidend, um im weiteren Verlauf dieses Buches nachvollziehen zu können, welche Maßnahmen sie eventuell wie beeinflussen können. Wer die biologischen Grundlagen des Alterns nicht kennt, muss Empfehlungen (beziehungsweise Marketingversprechen) zur Langlebigkeit glauben – oder ignorieren. Nur mit einem guten Grundverständnis kann man eigenständige Entscheidungen treffen.

Was also sind die zwölf biologischen Prozesse, die unser Altern bestimmen? Wir werden uns die zwölf Hallmarks of Aging im Folgenden gemäß ihrer aktuellen wissenschaftlichen Definition genauer anschauen und sie so verständlich wie möglich erklären.

1 – Instabiles Erbgut

In nahezu jeder Zelle unseres Körpers befindet sich im Zellkern unsere DNA. Vereinfacht gesagt enthält die Desoxyribonukleinsäure (englisch deoxyribonucleic acid, daher das A in DNA) alle Informationen, die unseren Körper ausmachen – wie ein individueller Bauplan. Bei der Befruchtung der Eizelle kommt die Hälfte der DNA von der Mutter und die andere Hälfte der DNA vom Vater. Aus dieser einen befruchteten Eizelle heraus entwickelt sich durch Zellteilung unser ganzer Körper mit all seinen Billionen Zellen. Der Bauplan, die DNA, wird dabei an jede einzelne Zelle weitergegeben.

Die DNA legt für jede einzelne Zelle fest, wie sie aufgebaut ist – und auch, was sie zu tun hat. Sie sagt zum Beispiel, wie das Herz schlagen, wie die Haut heilen oder wie Muskeln wachsen sollen. Wenn wir als Metapher einmal an ein Haus denken, ist die DNA noch viel mehr als ein gewöhnlicher Bauplan. Sie regelt nicht nur, wo die Wände, Türen und Fenster des Hauses sind. Sie regelt auch nicht nur, welche Möbel wo stehen – dieser spezielle Bauplan regelt sogar bis ins kleinste Detail, welche Temperatur beim Kühlschrank in der Küche eingestellt ist, wann die Heizung anspringt, wie Eindringlinge abgewehrt werden und vieles mehr. Unsere DNA ist ein lebendiger Bauplan, der winzig klein in jedem einzelnen Stein, Rohr und Möbelstück des Hauses steckt und quasi permanent »mitdenkt«.

Die DNA wird im Laufe des Lebens durch viele Faktoren geschädigt. Einige von ihnen kommen von außen – zum Beispiel UV-Strahlen, Umweltgifte oder radioaktive Strahlung. Andere Schäden kommen aus uns selbst heraus. Vor allem, weil bei der Zellteilung Fehler passieren. Jedes Mal, wenn sich eine Zelle teilt, muss die DNA kopiert werden. Dabei treten zunehmend auch Fehler auf, die sich mit der Zeit immer weiter anhäufen. Stell dir vor, du würdest einen Bauplan immer wieder von Hand abschreiben – und zwar von der jeweils letzten Kopie. Das geht nicht ewig gut. Auch freie Radikale – instabile Teilchen, die beim Stoffwechsel entstehen – schädigen unsere Erbinformation.

Warum instabiles Erbgut uns alt und krank macht, kann man sich ganz einfach wieder mit dem Hausvergleich verdeutlichen. Wenn der Bauplan des Hauses immer schlechter lesbar oder sogar fehlerhaft wird, wird es zu Funktionsstörungen kommen. Manche Fehler sind nicht so schlimm. Vielleicht hat eine Wand nun eine falsche Farbe. Vielleicht steht ein Möbelstück nur ein paar Zentimeter neben der richtigen Stelle.

Andere Fehler dagegen können wirklich problematisch werden. Wenn das Fenster beispielsweise nicht mehr richtig dicht in der Wand sitzt, regnet es irgendwann rein. So ist das auch bei unserem Körper. Zwar kann der Körper viele DNA-Schäden reparieren – aber mit zunehmendem Alter häufen sich die Fehler, und die Reparaturmechanismen kommen nicht mehr hinterher. Je länger wir leben, desto mehr Schäden sammeln sich an, desto sichtbarer werden sie und zu umso mehr Problemen führen sie.

Zellen mit DNA-Fehlern teilen sich natürlich weiterhin und tragen dadurch den Fehler immer weiter. Dann entstehen Mutationen – also dauerhafte Veränderungen im Erbgut. Es kann gut- und bösartige Veränderungen geben. Bösartige Veränderungen führen zum Beispiel zu Krebs oder zu Fehlfunktionen von Organen. Dass unser Erbgut im Alter instabiler wird, ist einer der Hauptgründe für das steigende Krebsrisiko mit zunehmendem Alter.

Doch nicht jeder DNA-Schaden führt sofort zu Krebs. Manche Zellen stoppen ihre Teilung und wechseln in einen sogenannten Ruhemodus – eine Art Notbremse. Doch auch das hat Folgen: Diese Zellen senden entzündungsfördernde Signale aus und stören das umliegende Gewebe. Ein instabiles Erbgut kann also nicht nur Mutationen, sondern auch schleichende Entzündungsprozesse im Körper auslösen.

Instabiles Erbgut ist deshalb eines der zentralen Kennzeichen des Alterns – denn es ist wie ein fehlerhafter Quellcode, der alles beeinflusst, was im Körper geschieht.

2 – Verkürzte Telomere

Um zu verstehen, was Telomere sind – und warum sie so wichtig fürs Altern sind –, müssen wir kurz auf die Chromosomen schauen. Unsere DNA ist ein etwa zwei Meter langer Faden – fein, empfindlich und unübersichtlich. Ohne Ordnung würde sie wie ein wirres Knäuel im Zellkern liegen. Hier kommen die Chromosomen ins Spiel: Sie sind die kompakte Verpackung der DNA, die Träger des Genoms beziehungsweise Erbguts. Man kann sich ein Chromosom wie einen Schnürsenkel vorstellen: In der Mitte liegt das aufgewickelte Erbgut – die berühmte Doppelhelix –, und an den Enden sitzen kleine Schutzkappen, vergleichbar mit den Plastikhüllen an Schnürsenkeln. Diese nennt man Telomere. Aber wofür braucht es diese Schutzkappen?

Beim Kopieren der DNA, also beim Prozess der Zellteilung, geht jedes Mal ein winzig kleines Stückchen Information am Rand verloren. Das sogenannte »End Replication Problem«. Gegen dieses Problem hat unser Körper die Telomere erschaffen. Sie sind eine Art Pufferzone. In ihnen ist keine wichtige Information des Erbguts gespeichert, beim Teilen der Zelle und dem Kopieren der DNA geht also anstatt eines Stücks des wichtigen Erbguts nur ein Stückchen des irrelevanten Telomers verloren. Als würde man jedes Mal ein Stück von einem Schnürsenkel abschneiden – aber man schneidet anstatt des Schnürsenkels selbst immer nur ein Stück der Schutzkappe außen ab.

Ein cleverer Trick der Natur – aber er funktioniert nur so lange, bis die Telomere zu kurz geworden sind, um das Erbgut zu schützen. Wenn die Schutzkappe weg ist, wird bei der Zellteilung doch noch wichtiges Erbgut zerstört. Was dann passiert, kennen wir schon: instabiles Erbgut, Mutationen, Funktionsverlust – wie im ersten Alterskennzeichen beschrieben.

Je älter wir sind, desto kürzer sind in der Regel die Telomere. Andersherum gilt die Länge der Telomere als guter Marker für das biologische Alter. Die Abnutzung der Telomere bei der Teilung lässt sich nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht vermeiden, aber durchaus beeinflussen. Stress, Rauchen, Alkohol, schlechte Ernährung, Bewegungsmangel oder schlechter Schlaf können die Verkürzung der Telomere beschleunigen. Andere Dinge können sie verlangsamen – dazu später mehr.

3 – Epigenetische Veränderung

»Epi« stammt aus dem Griechischen und bedeutet »über« – das ist schon der erste Hinweis: Epigenetik wirkt »von außen« auf die Genetik. Epigenetische Mechanismen bestimmen, wann, wo und wie stark welche Gene unseres Erbgutes abgelesen und aktiviert werden. Noch klingt das abstrakt – aber ein Vergleich hilft: Stell dir die DNA wie eine Fußballmannschaft vor. Die Spieler (Gene) bleiben gleich, aber der Trainer entscheidet, wer heute spielt. Er richtet die Mannschaft entweder offensiv oder defensiv aus. Diese taktischen Entscheidungen – was ist aktiv, was passiv – übernimmt die Genexpression.

Natürlich ist ein Trainer nicht fehlerfrei. Er hat mal einen guten Tag, durch Stress, Überforderung oder andere Einflüsse aber auch mal einen richtig schlechten. So in etwa kann man sich auch epigenetische Mechanismen vorstellen. Jede Zelle trägt exakt die gleiche DNA – aber nicht in jeder Zelle sind die gleichen Gene aktiv. Das Epigenom entscheidet, welche aktiv sind, und gibt damit jeder Zelle in unserem Körper ihre individuelle Identität und Funktion.

Im Alter gerät dieses Steuerungssystem immer mehr aus dem Gleichgewicht. Gene werden fehlreguliert: Nützliche Programme werden abgeschaltet, schädliche aktiviert. DNA-Abschnitte, die eigentlich still sein sollten, werden aktiv – und stören die Zellfunktion. Andersherum werden wichtige Gene, die zum Beispiel Tumore verhindern könnten, stillgelegt. Sogar die epigenetische Programmierung, die festlegt, welche Gene in welcher Zelle aktiv sind und welche nicht, wird instabil. Zellen verlieren ihre Identität – etwa wenn sich Leberzellen plötzlich nicht mehr wie Leberzellen verhalten. Diese typischen Probleme der Epigenetik können zu Krebs, Alzheimer, Parkinson und Immunschwäche führen – außerdem fördern sie chronische Entzündungen im ganzen Körper.

4 – Proteostaseverlust

Klingt erst mal sperrig: Proteostaseverlust. Aber eigentlich geht es um etwas ganz Grundlegendes: um Proteine und wie der Körper mit ihnen umgeht. Proteine sind die wichtigsten Werkzeuge und Bausteine unseres Körpers. Fast jede Zelle unseres Körpers kann und muss eigene Proteine herstellen, um Aufgaben zu erfüllen. Dafür betreibt jede Zelle ihre eigene Proteinfabrik. Dort werden Proteine produziert, gefaltet – also in ihre funktionierende Form gebracht –, repariert und, wenn nötig, entsorgt. Ohne Proteine läuft nichts: Sie lassen Muskeln arbeiten, Wunden heilen, Gedanken fließen – und schützen uns vor Erkrankungen.

Proteostase ist die Fähigkeit der Zelle, ihre Proteinfabrik im Gleichgewicht zu halten – eine ihrer zentralen Funktionen. Es gibt dort, um im Bild der Fabrik zu bleiben, Maschinen, die neue Proteine herstellen, Qualitätskontrolleure, die überprüfen, ob sie auch richtig funktionieren, und ein Team, das beschädigte Teile recycelt. Aber je älter wir werden, desto mehr gerät diese Fabrik aus dem Takt. Die Maschinen werden unzuverlässiger, die Qualitätskontrolle übersieht Fehler, und der Müll stapelt sich.

Diesen Kontrollverlust nennt man Proteostaseverlust – und er ist ein zentrales Kennzeichen des Alterns. Wenn die Proteostase nicht mehr funktioniert, führt das dazu, dass immer mehr Proteine falsch zusammengebaut werden. Fehlgefaltete Proteine verlieren ihre Funktion – und bleiben liegen. In jungen Jahren sorgen spezialisierte Helferproteine für Ordnung, im Alter jedoch versagen diese Reparatursysteme zunehmend. Fehlerhafte oder fehlgefaltete Proteine verklumpen schließlich zu schädlichen Ablagerungen, die die Zelle blockieren und toxisch wirken können.

Gleichzeitig wird auch das Abbausystem in der Fabrik – die Recyclingabteilung – immer langsamer. Beschädigte Proteine und andere Abfälle, die eigentlich rechtzeitig entsorgt werden sollten, bleiben liegen und stören die Abläufe in der Zelle. Und das sorgt im Alter für immer größere Schwierigkeiten. Wenn die Zellen nicht mehr richtig arbeiten können, verlieren auch Gewebe und Organe ihre Funktionsfähigkeit. In den Muskeln zeigt sich das dann beispielsweise an schwindender Stärke und Belastbarkeit, im Gehirn durch Gedächtnisverlust (das lässt sich zum Beispiel bei Alzheimerpatienten beobachten) und in anderen Organen durch eine eingeschränkte Regeneration.

5 – Verminderte Autophagie

Autophagie ist das Recyclingsystem unseres Körpers – oder auch seine innere Reinigungskolonne. Wörtlich übersetzt bedeutet das Wort »Selbstverdauung«. Durch Autophagie bauen Zellen in unserem Körper beschädigte oder überflüssige Bestandteile ab und recyceln diese. Wir haben diesen Prozess für Proteine bereits beim Proteostaseverlust beschrieben – wie erwähnt, sind die Kennzeichen des Alterns nicht hundertprozentig trennscharf. Vereinfacht gesagt, räumen die Zellen durch Autophagie ihre eigenen vier Wände auf.

Dieser Prozess erfüllt zwei wichtige Funktionen. Zum einen stellt Autophagie sicher, dass weggeworfen wird, was in der Zelle nicht mehr richtig funktioniert – dadurch wird langfristiger Schaden verhindert, und die Funktionalität der Zelle bleibt erhalten. Zum anderen ist Autophagie wichtig, um in Stresssituationen, wie zum Beispiel bei Hunger oder Sauerstoffmangel, Energie bereitzustellen.

Hier kommt der Begriff »Selbstverdauung« wieder ins Spiel. Wenn die zugeführten Nährstoffe nicht ausreichen, recycelt der Körper überflüssige Zellbestandteile – so entsteht Energie aus bereits vorhandenem, aber überflüssigem Material. Autophagie findet in jeder Zelle unseres Körpers statt.

Je älter wir werden, desto schlechter funktioniert die Autophagie. Der zentrale Grund dafür ist der mTOR-Signalweg. mTOR ist so etwas wie der Schalter der Zelle. mTOR sagt der Zelle entweder: »Wachse!« oder »Halt, wechsle in den Autophagie-Modus, räum auf und verdau dich selbst!« Im Alter ist dieser Signalweg häufig fehlreguliert, mTOR ist überaktiviert, die Zelle bekommt ständig »Wachse!« gesagt, und dadurch findet in den Zellen zu wenig Autophagie statt.

Ein weiterer Grund dafür, dass Autophagie im Alter immer schlechter funktioniert, ist schlicht und ergreifend, dass sich immer mehr Müll in den Zellen ansammelt, je älter wir werden. Je größer die Müllberge, desto schwieriger wird es, sie wieder loszuwerden.

Eine gestörte Autophagie führt zu einer ganzen Reihe von altersbedingten Krankheiten und Problemen. Bei Alzheimer etwa lagern sich schädliche Proteine im Gehirn ab. Das Gleiche gilt für Parkinson. Je schlechter die Autophagie funktioniert, je mehr Müll sich im Körper ablagert, desto mehr wird unser Immunsystem aktiviert, was wiederum zu einer chronischen Entzündung im Körper, dem sogenannten Entzündungsaltern oder Inflammaging führt – einer Wortschöpfung aus inflammation (englisch für »Entzündung«) und aging (englisch für »Altern«).

Schließlich und endlich kann schlechte Autophagie auch irgendwann einfach zum Zelltod führen – nämlich dann, wenn sich in der Zelle so viel Müll angesammelt hat, dass grundlegende Funktionen nicht mehr richtig ausgeführt werden können. Zum Glück ist gestörte Autophagie eines der besser erforschten Kennzeichen des Alterns, und es gibt bereits viele Ansätze, um sie gezielt zu verbessern – vor allem über die Ernährung.

6 – Gestörte Nährstoffwahrnehmung

Jede Zelle muss erkennen können, welche Nährstoffe verfügbar sind – und auf dieser Basis entscheiden, was zu tun ist. Es gibt vier zentrale Signalwege, die dabei entscheidend sind. Den ersten Signalweg kennen wir bereits: mTOR. Er wird aktiviert, wenn viele Nährstoffe verfügbar sind. Wird mTOR aktiviert, wächst die Zelle und teilt sich weiter, gleichzeitig werden regenerative Prozesse in der Zelle gebremst. Der zweite Signalweg wirkt entgegengesetzt: AMPK. Er wird durch Energiemangel aktiviert. Dadurch werden dann Energiesparmaßnahmen wie die Autophagie eingeleitet. Wachstumsprozesse werden gestoppt.

Der dritte Weg ist der Insulin-/IGF-1-Signalweg, welcher auf Zucker reagiert. Ist Zucker vorhanden, speichert die Zelle Energie, wächst und teilt sich. Und schließlich noch der vierte Signalweg: die Sirtuine, die ebenfalls Reparatur- und Überlebensmechanismen innerhalb der Zelle aktivieren, insbesondere in Hungerphasen. Die einzelnen Mechanismen sind sehr komplex – aber für unseren Zweck reicht es zu wissen: Zellen erkennen, ob Nährstoffe da sind, und passen ihr Verhalten entsprechend an.

Man kann sich die Nährstoffwahrnehmung der Zelle ein bisschen wie eine Küchenhilfe in einer Großküche vorstellen. Sie schaut regelmäßig im Vorratsraum nach, welche Zutaten noch vorhanden sind. Je nachdem, was sie vorfindet, entscheidet der Koch, was gekocht wird. Wenn die Küchenhilfe sich irrt – etwa, weil sie glaubt, es gäbe noch genug von einer Zutat, obwohl sie längst aufgebraucht ist, gerät der Ablauf in der Küche durcheinander: Es werden unvollständige Gerichte gekocht, Vorräte verschwendet, während andere verderben.

Je älter wir werden, desto schlechter funktioniert die Nährstoffwahrnehmung der Zellen. Der mTOR-Signalweg ist beispielsweise häufig viel zu stark aktiviert, wodurch es in den Zellen zu mehr Wachstum kommt als nötig – außerdem fehlt der Zelle dadurch Zeit, um ihren Müll zu recyceln. Hier sind wir wieder bei der Autophagie. Diese Entwicklung begünstigt dann beispielsweise die Entwicklung von Krebs. Ein weiteres Problem: Zellen reagieren schlechter auf Insulin – der Blutzucker bleibt dauerhaft erhöht. Das Ergebnis davon kennst du vermutlich unter dem Namen Diabetes Typ 2.

7 – Fehlfunktion der Zellkraftwerke

Zellen erledigen viele Aufgaben, sie wachsen, teilen sich, reparieren, entsorgen – und brauchen für all das eines: Energie. Diese Energie liefern die Mitochondrien – kleine Zellkraftwerke, die in fast jeder Zelle stecken. Die Mitochondrien schwimmen frei in einem Plasma, das den Zellkern umgibt. Sie sind nicht Teil des Zellkerns, arbeiten allerdings eng mit ihm zusammen, da sie wissen müssen, was gerade so in der Zelle los ist, um die benötigte Energie zu produzieren.

Die Energie der Zelle nennt man ATP, was für Adenosintriphosphat steht. Und genau dieses ATP wird von den Mitochondrien produziert. Die Zelle nutzt es, um zu wachsen, Bewegungen auszuführen oder sich zu teilen. ATP ist quasi der Strom für unsere Zellen.

Eine zentrale Rolle bei der Energieproduktion spielt NAD+ (Nicotinamidadenindinukleotid), das ist ein Elektronentransporter, der Energie aus der Nahrung in die Mitochondrien bringt, um ATP zu produzieren. NAD+ ist also so etwas wie der Laster, der die Kohle vom Lager ins Kraftwerk fährt. Das Kraftwerk produziert dann Energie, ATP, und diese wird zu den Zellen geleitet, die sie verbrauchen, um zu funktionieren.

Auch unsere Mitochondrien altern. Ein Grund: Die NAD+-Spiegel sinken mit dem Alter – die Mitochondrien können dadurch weniger effektiv ATP produzieren. Gleichzeitig steigt mit dem Alter der Energiebedarf, weil der Körper weniger effizient wird – die Energieproduktion allerdings sinkt.

Ein klassischer Teufelskreis. Die Mitochondrien produzieren immer weniger ATP, während die Zelle immer mehr ATP braucht. Durch die fehlende Energie funktionieren unterschiedlichste Prozesse in der Zelle nicht mehr korrekt. Wenn die Zellkraftwerke versagen, leidet der ganze Organismus. Die Folge: Muskelschwäche, Erschöpfung, Gebrechlichkeit – typische Zeichen des Alters.

8 – Zelluläre Seneszenz

»Seneszenz« kommt aus dem Lateinischen (senescere) und bedeutet »alt werden«. In einer idealen Welt würden die Zellen in unserem Körper so lange reibungslos funktionieren, bis sie eines Tages sterben und abgebaut werden. Dieser programmierte Zelltod heißt Apoptose: Die Zelle zerfällt in Einzelteile und wird vom Immunsystem entsorgt. Doch nicht alle Zellen enden im Laufe des Alterns auf diese Art und Weise.

Hier greift ein Schutzmechanismus: die Seneszenz. Wenn eine Zelle irreparabel geschädigt ist – durch verkürzte Telomere, DNA-Schäden oder chronische Entzündungen –, wird sie in einen Ruhemodus versetzt. Dieser Modus soll den Körper kurzfristig davor schützen, dass sich defekte Zellen weiter teilen und dadurch noch größeren Schaden, wie zum Beispiel Krebs, anrichten. Anstatt zu versuchen, die problematischen Zellen abzubauen, hören die Zellen einfach auf, sich zu teilen.

Doch langfristig wird aus dem Schutzmechanismus ein neues Problem. Die ruhiggestellten Zellen verharren nämlich weiterhin in unserem Körper, ohne eine korrekte Funktion auszuführen. Im Laufe der Zeit richten diese Zellen sogar ernsthafte Schäden an, weil sie falsche Signale aussenden, Entzündungen begünstigen, benachbarte Zellen stören und langfristig sogar krebserregend wirken können. Man spricht deshalb auch von »Zombiezellen« – sie sind lebendig, aber funktionslos und potenziell schädlich. Und mit dem Alter steigt die Zahl dieser funktionslosen Zombies – und mit ihr die Belastung für den Körper.

9 – Erschöpfte Stammzellen

Wenn Zellen sterben, braucht der Körper Ersatz – und genau dafür gibt es Stammzellen. Stammzellen sind unspezialisierte Zellen, die sich bei Bedarf in Muskel-, Haut-, Blutzellen etc. verwandeln können. Sie sind also so etwas wie ein allgemeiner Bausteinvorrat unseres Körpers. Es gibt verschiedene Arten von Stammzellen, und einige davon spielen eine wichtige Rolle im Alterungsprozess. Beispielsweise embryonale Stammzellen, die sich in jeden Zelltyp entwickeln können, oder adulte Stammzellen, die bereits spezialisiert sind, zum Beispiel auf bestimmte Gewebe.

Stammzellen sind deshalb wichtig, weil sie beschädigte oder abgestorbene Zellen in unserem Körper ersetzen können. Dadurch sichern sie langfristig den Erhalt und die Funktionalität unserer Organe. Ohne sie könnten wir keine Wunden heilen – viele Reparaturprozesse im Körper würden schlicht zum Stillstand kommen.

Je älter wir werden, desto weniger Stammzellen haben wir im Körper und desto weniger aktiv sind sie. Je weniger Stammzellen wir zur Verfügung haben, desto schlechter für uns. Dabei ist es nicht so, dass wir bei der Geburt einen festen Vorrat an Stammzellen haben, der einfach Jahr für Jahr schrumpft. Man kann sich Stammzellen eher wie Pflanzensprösslinge in einem Gewächshaus vorstellen. Stammzellen können sich teilen, differenzieren und aus sich selbst heraus vermehren.

Mit zunehmendem Alter verlieren sie jedoch diese Fähigkeiten nach und nach. Zum einen funktionieren Stammzellen nicht mehr so gut, das heißt, sie reagieren nicht mehr so schnell auf Verletzungen oder Schäden wie in jungen Jahren. Deshalb brauchen wir im Alter länger, um eine einfache Wunde zu heilen. Zum anderen teilen sie sich nicht mehr so schnell, wodurch ihre Anzahl zusätzlich abnimmt. Wie ein vernachlässigtes Gewächshaus, in dem mit den Jahren immer weniger kräftige Sprösslinge wachsen. Manche wachsen irgendwann gar nicht mehr richtig. Für uns kann sich das in Alterserscheinungen wie dünner Haut, brüchigen Knochen, einem schwächeren Immunsystem, Blutbildungsstörungen oder einem schlechter funktionierenden Gehirn äußern.

10 – Nachlassende Zellkommunikation

Die Zellen in unserem Körper »reden« miteinander. Sie tun das über chemische Signale, elektrische Impulse, Immunantworten und Gewebeinteraktionen – die Zellen in unserem Körper interagieren also auf ganz unterschiedliche Arten und Weisen miteinander. Ohne diese Kommunikation wüssten Zellen nicht, wie sie auf Umweltreize, Verletzungen oder alltägliche Abläufe reagieren sollen. Man kann es sich vorstellen wie ein Arbeitsteam: Ohne Meetings, Mails und Absprachen läuft nichts – keiner wüsste sonst, was der andere tut.

Im Alter gerät diese Kommunikation zunehmend aus dem Takt. Wie in einem Großraumbüro mit schlechtem WLAN, lärmender Umgebung und müden Mitarbeitenden: Informationen kommen zu spät oder gar nicht an, Aufgaben bleiben liegen – Chaos entsteht. Und genau so läuft es im Körper, wenn die Zellkommunikation nachlässt. Signale kommen gar nicht mehr oder viel zu spät an – die Zellen können sich untereinander immer schlechter koordinieren.

Gestörte Zellkommunikation ist ein übergreifendes Kennzeichen des Alterns – die interzelluläre Kommunikation ist wie das Netzwerk, das sich zwischen den anderen Kennzeichen des Alterns spannt. Sie wird einerseits durch andere Alterungsprozesse ausgelöst – andererseits verstärkt sie diese zugleich. Die Folgen sind vielfältig, denn die Kommunikation betrifft im Grunde alle Systeme im Körper. Chronische Entzündungen, Insulinresistenz, ein geschwächtes Immunsystem – die Folgen reichen weit.

11 – Mehr chronische Entzündungen

Entzündungen sind die natürliche Reaktion unseres Körpers auf Verletzungen, Infektionen oder andere Gefahren. Sie sind Teil des Immunsystems und helfen dabei, Eindringlinge wie Bakterien oder Viren zu bekämpfen, Gewebe zu reparieren und Heilungsprozesse einzuleiten. Wir alle haben das schon gesehen: Rötung, Schwellung, Wärme oder Schmerz – Zeichen dafür, dass der Körper arbeitet. Ohne Entzündung könnten wir keine Wunde schließen.

Ein Vergleich macht das greifbarer: Man kann sich Entzündungen, sehr vereinfacht gesagt, wie eine Baustelle im Straßenverkehr vorstellen. Die Baustelle wird eingerichtet, um einen Schaden an einer bestimmten Stelle in der Straße zu reparieren. Kurzfristig stört sie den Verkehr – vielleicht sogar mehr als das kleine Schlagloch selbst –, aber langfristig wird sie dafür sorgen, dass der Verkehr dort wieder fließen wird. »Gute« Entzündungen, um zum Beispiel Wunden zu schließen, nennt man akute Entzündungen. Sie sind nicht das Problem. Das Problem sind chronische Entzündungen.

Wenn wir älter werden, sammeln sich in unserem Körper überall kleine chronische Entzündungen an. Unser Körper ist also permanent in einer Art »Alarmzustand«, obwohl es kein echtes Problem gibt. Man kann es sich so vorstellen wie im Straßenverkehr: Überall im Körper werden Baustellen eingerichtet – auch wenn die Straßen dort gar nicht beschädigt sind. Auf den Baustellen wird auch nicht wirklich gearbeitet. Sie bleiben einfach dort, behindern den Straßenverkehr dauerhaft, weil niemand kommt und sie wieder auflöst.

Chronische Entzündungen werden in unserem Körper durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst. Zwei Beispiele: Seneszente Zellen, also die funktionslosen »Zombiezellen«, über die wir bereits gesprochen haben, können chronische Entzündungen auslösen. Aber auch das Immunsystem kann Schäden verursachen. Weil es im Alter immer »blinder« und schlechter reagiert, kann es echte Bedrohungen von unechten Bedrohungen nicht mehr unterscheiden und überreagiert auf eigentlich harmlose Reize – man kennt das, in extremen Fällen, von Autoimmunkrankheiten.

Diesen Zustand – er ist uns schon bei der verminderten Autophagie begegnet – nennt man auch Inflammaging oder Entzündungsaltern. Inflammaging ist eines der wichtigsten Kennzeichen des Alterns und spielt eine zentrale Rolle bei vielen Alterserkrankungen. Dauerhafte Entzündungen in den Gelenken führen beispielsweise zu Arthritis, im Gehirn führen sie zu Neurodegeneration. Auch typische altersbedingte Krankheiten wie Krebs, Alzheimer oder Diabetes Typ 2 werden vermutlich durch chronische Entzündungen verstärkt.

Chronische Entzündungen entstehen durch andere Alterungsprozesse und beschleunigen diese zugleich, sie wirken wie ein Katalysator, also Beschleuniger des Alterns. Das ist ein Grund dafür, warum sie in der Altersforschung besonders im Fokus stehen – ihre Kontrolle ist entscheidend für ein gesundes, langsames Altern.

12 – Gestörte Darmflora und Mikrobiom

Bevor wir uns mit diesem Thema beschäftigt haben, war uns nicht klar, wie viele Mitbewohner wir eigentlich haben – in uns und auf uns. Wir reden vom sogenannten Mikrobiom. Auf und in unserem Körper leben unzählige Mikroorganismen, also Kleinstlebewesen wie Bakterien, Viren und Pilze. Was vielleicht ein wenig befremdlich oder für den einen oder anderen auch eklig klingen mag, ist für uns überlebenswichtig. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei das Mikrobiom im Darm – vor allem, wenn es um gesundes Altern geht. Die Mikrobiomforschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Immer deutlicher wird: Unsere Darmflora beeinflusst unsere Gesundheit und Lebenserwartung stärker als lange gedacht.

Jeder Mensch hat eine unterschiedliche Mischung aus Mikroorganismen im Darm. Die meisten davon sind Bakterien – und genau die sind besonders wichtig. Es gibt Hunderte verschiedene Arten von Darmbakterien, und sie alle haben unterschiedliche Aufgaben. Sie helfen beim Verdauen, produzieren Vitamine, regulieren den Stoffwechsel und unterstützen unser Immunsystem, indem sie helfen zu unterscheiden, wer Freund und wer Feind ist.

In unserem Darm gibt es gute (also förderliche) und schlechte (potenziell schädliche) Bakterien, aber selbst gute Bakterien in zu großer Menge können negative Auswirkungen haben – es kommt auf die richtige Balance an. Das Mikrobiom ist wie ein großes, vielschichtiges Team, in dem jeder Spieler eine andere Aufgabe hat. Wie gut das Team funktioniert, hängt von der Zusammensetzung ab.

Jeder Mensch hat ein individuelles und einzigartiges Mikrobiom, und es wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst: Ernährung, Bewegung, Schlaf, Stress, Umwelteinflüsse, unser Genom – all das hat entscheidenden Einfluss auf unser Mikrobiom. Und das ist längst nicht alles: Medikamente, zum Beispiel Antibiotika, können unser Mikrobiom für Monate aus dem Gleichgewicht bringen.

Und ja, auch das Alter wirkt sich spürbar auf unser Mikrobiom aus. Je älter wir werden, desto mehr nimmt nämlich die Vielfalt unserer Darmbakterien ab und desto mehr potenziell schädliche Bakterien sammeln sich an. In der Tendenz wird unser Mikrobiom im Alter also immer schlechter. Wenn wir alt werden und gesund bleiben wollen, sollten wir also dafür sorgen, dass wir ein möglichst gutes Mikrobiom haben.

Ein aus dem Gleichgewicht geratenes Mikrobiom kann unseren gesamten Organismus belasten. Es kann zu lokalen Entzündungen oder sogar einem durchlässigen, also quasi tropfendem Darm (»Leaky Gut«) kommen. Auch Verdauungsprobleme wie Blähungen, Durchfall oder Verstopfung sind häufige Folgen. Außerdem kann es die Aufnahme wichtiger Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe aus der Nahrung behindern. Ein gutes Mikrobiom ist ein Schlüsselthema, wenn es darum geht, gesund zu altern.

Was folgt nun aus alldem?

Ganz schön viel, oder? Das dachten wir zumindest, als wir uns das erste Mal mit den zwölf Kennzeichen des Alterns beschäftigt haben. Die Forschung ist noch längst nicht abgeschlossen. Gut möglich, dass in Zukunft noch weitere »Hallmarks of Aging« hinzukommen, und mit Sicherheit wird die Wissenschaft von Jahr zu Jahr besser verstehen, wie genau diese Prozesse ablaufen – und wie wir sie gezielt beeinflussen können.

Die Forschung zeigt aber heute schon sehr gut, warum die Suche der Menschheit nach dem einen Jungbrunnen seit Jahrhunderten gescheitert ist. Altern hat nicht eine Ursache, sondern viele. Es gibt keinen einzelnen Mechanismus, den man mit einer Pille stoppen könnte. Altern ist ein höchst komplexer Prozess in unserem Körper. Verschiedene Systeme verschleißen – langsam, aber stetig. Und alle diese Systeme, die von den zwölf Kennzeichen des Alterns betroffen sind, hängen wiederum miteinander zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Das bedeutet: Wer Altern verlangsamen will, muss viele kleine Stellschrauben gleichzeitig bewegen.