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Für Nähe, Bindung und freie Hände im Familienalltag
Tragen kann so wundervoll sein! Es erleichtert das Leben, es ist kuschelig und das Baby wird es lieben! Dieses Buch ermöglicht Eltern mit zahlreichen Fotos, Videos, Tricks und Kniffen, sich im Tragesdschungel zurechtzufinden, die perfekte Tragehilfe oder das richtige Tragetuch zu finden, um eine ganz entspannte und bequeme Tragezeit mit ihrem Kind zu erleben.
Was kaum jemand weiß: Menschenkinder sind Traglinge und tatsächlich tragen bis heute zwei Drittel der Weltbevölkerung ihre Kinder in einem Tragetuch oder einer Tragehilfe. Auch hierzulande sehen wir im Stadtbild immer häufiger, dass viele Babys und Kleinkinder ganz nah am Körper ihrer Eltern eingebunden werden. Der Markt für diese Produkte wächst stetig und die Vielfalt sorgt häufig für eine enorme Verwirrung.
Welche Tragehilfe ist die beste für mich und mein Baby?
Ab wann kann ich mein Baby tragen?
Ist das gut für den Rücken des Babys?
Mei Tai? Ist das nicht ein Getränk?
Ist das Tragetuch wirklich die beste Variante?
Verwöhne ich mein Kind, wenn ich es ständig trage?
Bekommt es im Tuch genug Luft?
Hinzu kommt, dass eine Tragehilfe im besten Falle gut und sicher sitzen sollte, um sich für Kind und die jeweilige Trageperson angenehm anzufühlen. Hier entscheiden manchmal wenige Zentimeter in der Höheneinstellung eines Verbindungsgurtes darüber, ob wir bequem tragen oder unser Kind mit anschließenden Rückenschmerzen durch den anstrengenden Alltag »schleppen«.
Frauke Ludwig und Diana Schwarz, Leiterinnen der Trageschule Hamburg, Gründerinnen von Einfach Eltern und Inititatorinnen des renommierten AP-Kongresses, sind gemeinsam mit ihrem Team DIE Expertinnen im deutschsprachigen Raum, wenn es ums Tragen geht. Sie zeigen mithilfe von Fotos und Videos (QR-Codes) schnell und anschaulich das richtige Anlegen und Binden. Es wird erklärt, woran man eine gute Tragehilfe erkennt, ab wann man sein Kind auf dem Rücken tragen kann und warum man Babys nicht mit dem Gesicht nach vorn tragen sollte. Grundlegende Aspekte, Vorteile für die emotionale Bindung, anatomische Voraussetzungen, Mehrwert für die Eltern, runden den praktischen Guide ab.
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Seitenzahl: 152
Veröffentlichungsjahr: 2022
Für Nähe, Bindung und freie Hände im Familienalltag
Menschenkinder sind Traglinge, bis heute tragen zwei Drittel der Weltbevölkerung ihre Kinder in einem Babytuch. Auch hierzulande sitzen viele Babys und Kleinkinder in Tragetüchern oder speziellen Babytragen ganz nah am Körper ihrer Eltern. Die Vielfalt der Produkte schafft bei Eltern jedoch häufig Verwirrung. Hinzu kommt, dass eine Tragehilfe gut und sicher sitzen muss, um sich für Kind und Trageperson angenehm anzufühlen und Rückenschmerzen vorzubeugen.
Frauke Ludwig und Diana Schwarz, Leiterinnen der Trageschule Hamburg, Gründerinnen von Einfach Eltern und Inititatorinnen des renommierten AP-Kongresses, sind DIE Expertinnen in Deutschland, wenn es ums Tragen geht. Sie zeigen mithilfe von Skizzen, Fotos und Videos (QR-Codes) schnell und anschaulich das richtige Binden. Es wird erklärt, woran man eine gute Tragehilfe erkennt, ab wann man sein Kind auf dem Rücken tragen kann und warum man Babys nicht mit dem Gesicht nach vorn tragen soll. Grundlegende Aspekte, Vorteile für die emotionale Bindung, anatomische Voraussetzungen, Mehrwert für die Eltern, runden den praktischen Guide ab.
In Zusammenarbeit mit Kim Burmeister, Stefanie Eckstein, Helena Hagemann, Viktoria Kindermann und Nadine Kupka
Mit einem Vorwort von Herbert Renz-Polster
Kösel
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Copyright © 2022 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Redaktion: Imke Oldenburg
Umschlag: Weiss Werkstatt München
Umschlagmotiv: Karoline Vitellaro Dokumentarische Geburts- und Familienfotografin aus Hannover, www.karovitellaro-fotografie.de; IG: karovitellaro_fotografie
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-29523-3V001
www.koesel.de
Vorwort
Einleitung
Der Tragling
Die Reflexe und das Hüftgelenk
Die Hüfte
O-Beine
Babys mit Hüftdysplasie tragen
Die Muskulatur und die Wirbelsäule
Aufrichtung der Wirbelsäule
Die Bandscheiben
Tragen mit allen Sinnen
Fernsinne
Körpersinne
Auf einen Blick: Tragen macht’s möglich!
Schlaf, Kindlein, Schlaf
Mehr kuscheln, weniger weinen
»Milk to go«
Tragen (ver)bindet
Wenn es im Bauch rumort …
Tragen und Fieber
Hände frei im Alltag
Das stille Örtchen
Eine Reise, die ist lustig …
Mobil in der Stadt
Über Stock und Stein
Im Frühtau zu Berge …
Floh- und Weihnachtsmärkte
Das höchste Glück der Erde …
Ab ins Wasser!
Restaurantbesuche
Gymnastikball
Abstand halten!
Baby-Autoschale
Einfach LOS!
Perfektionismus?!
Praxis
Sicherheit beim Tragen
Die vier Grundpfeiler des sicheren Tragens
Check-up
Sicher getragen – sogar beim Sport
Das Babyhandling
Kinästhetisches Aufnehmen und Ablegen
Das Baby aufnehmen und halten
Bitte Vorsicht!
Tragen vor dem Bauch
Ab wann?
Tragen auf der Seite
Warum nicht face forward?
Wie, ab wann und womit auf der Hüfte tragen?
Tragen auf dem Rücken
Ab wann auf dem Rücken tragen?
Zwillinge und Mehrlinge tragen
Tragen im Sommer
Tragen im Winter
Tragejacken oder -cover
Tragetuch oder Tragehilfe?
Das Tragetuch
Das elastische Tragetuch
Das (fest) gewebte Tragetuch
Wie fest muss ich das Tuch binden?
Welche Länge sollte das Tuch haben?
Die Wickelkreuztrage
Der Ringsling
Die Tragehilfen
Wie erkennst du eine gute Tragehilfe?
Welche Kriterien helfen bei der Suche?
Ab wann darfst du in einer Tragehilfe tragen?
Der Aufbau einer Tragehilfe
Der Mei Tai (Half-Buckle)
Wrap Conversion
Der Fullbuckle
Der Onbuhimo
Eltern und Kinder mit Beeinträchtigungen und besondere Situationen
Psychische Erkrankungen im Wochenbett
Schreibaby
Gibt es Babys, die nicht getragen werden wollen?
Große Brüste
Milchstau
Medizinisches Fachpersonal oder Hebamme raten vom Tragen ab
FAQ oder: Die kleine Trageberatung für Urban Legends
Warum weint mein Baby häufig, wenn ich versuche, es abzulegen?
Muss ich immer »springen«, wenn mein Baby weint?
»Ist das Tragen nicht eine Sache der Entwicklungsländer?«
Will mein Baby nicht mehr in den Kinderwagen, wenn ich es trage?!
Ist der Kinderwagen denn so schlimm?
Kann ich mein Baby nicht einfach ohne Tragehilfe tragen?
Wie viel Körperkontakt ist eigentlich normal?
Aber verwöhne ich das Baby nicht durch so viel Aufmerksamkeit?
Warum sind Babys so lange so unselbstständig?
Wieso kann mein Baby sich nicht allein beruhigen?
Warum weint mein Baby, wenn ich es ins Tragetuch binden möchte?
Mir wurde empfohlen, das Baby schreien zu lassen, weil es irgendwann von allein aufhört?!
Geht mein Baby kaputt, wenn ich es nicht perfekt trage?
Dürfen Babys beim Tragen Strampelanzüge tragen?
Schläft das Baby nachts schlechter, wenn es tagsüber in der Trage schläft?
Stimmt es, dass man erst ab dem dritten Monat tragen sollte?
Sollte das Baby nicht lieber liegend getragen werden, solange es nicht sitzen kann?
Lernen Tragebabys später krabbeln oder laufen?
Schadet das Tragen meinem Rücken?
Ist es gefährlich, das Baby stark zu überspreizen?
Meldet sich das Baby, wenn es zu wenig Luft bekommt?
Ein Wort zum Schluss
Wir möchten DANKE sagen
Literaturangaben
Bildnachweis
Wenn ein Mensch sich »getragen« fühlt, dann beschreibt er damit irgendwie auch den Kreis seiner äußersten Gewissheit: Ich bin sicher, geschützt und geborgen. Die warme Kuhle des Lebens verorten wir also auch irgendwo auf einem menschlichen Arm – irgendwo, wo wir »umfasst« sind. Schon diese Metaphern zeigen: Tragen und Getragen-Werden sind Teil des menschlichen Seins.
Und das verdanken wir paradoxerweise einer Notlage. Wir Menschen können am Lebensanfang ein gutes Jahr lang nicht selber gehen. Und dann ein weiteres Jahr eher im Seemannsstil. Das liegt – letzten Endes – an unserer evolutionären Strategie: Wir Menschen setzen auf die Leistungen eines extrem kapriziösen Organs: des Gehirns. Dieser Supercomputer braucht Platz, und je besser er im Lauf der Menschheitsgeschichte wurde, umso mehr. Gleichzeitig gelang unseren Vorfahren schon vor vier Millionen Jahren die Aufrichtung auf die Hinterbeine. Das war zwar wunderbar, was die Übersicht und den freien Gebrauch der Hände anging, hatte aber auch einen Nachteil: Das Becken konnte ab da nicht immer breiter angelegt werden, damit der Kopf des Neugeborenen den Rutsch auf die Erde problemlos schafft. Jetzt musste ein Kompromiss her. Von nun an mussten die Menschenjungen mit ihren immer größer werdenden Köpfen eben zu einem immer früheren Zeitpunkt den Ausstieg aus dem Mutterleib antreten – ein immer längeres Stück der Schwangerschaft wurde sozusagen nach draußen verlagert. Kein Wunder können die frisch geborenen Menschenkinder also noch nicht einmal ihren Kopf halten!
Sitzen, Krabbeln, Laufen, all das dauert ewig – verglichen etwa mit der Entwicklung der anderen Menschenaffen. Das Motto der »physiologisch früh geborenen« Menschenjungen könnte man deshalb so beschreiben: aufholen, rasant schnell wachsen und lernen, lernen, lernen! Das Gehirn, das bei Geburt nur ein Drittel des Erwachsenenvolumens einnimmt, verdoppelt seine Größe in nur einem Jahr. Und hat sein Volumen mit drei Jahren dann verdreifacht (da hat es dann dafür sein Endvolumen fast schon erreicht)! Diese Aufholjagd schaffen die Menschenkinder nur im engen Miteinander, mit einer »Entwicklungsstütze« sozusagen: den ihnen vertrauten Erwachsenen eben. Sie helfen dem Säugling bei der Regulation seiner Gefühle und Impulse, sie trösten, sie ordnen seine übergroße Welt, damit er sie verstehen kann. In diesem Resonanzraum entwickeln die Säuglinge ihre Kräfte!
Bis im vorletzten Jahrhundert die ersten Gehsteige gebaut wurden, gab es kaum Alternativen, um mit einem Säugling von A nach B zu kommen. Die Kleinen waren bei uns notorisch umherstreifenden Menschen immer mit dabei, ob auf dem Arm, in Körben, Fellen, Lederschlingen, geflochtenen Matten oder gewobenen Tüchern. Und fanden dort im Grunde das Reifungsumfeld, das sie für ihren Hochseilakt erwarten: Nähe und Rückzugsraum einerseits, andererseits einen Logenplatz für die Kommunikation. Eine multisensorische Wiege für die Entspannungsaufgaben der Entwicklung (etwa Schlafen), dagegen Anregung und Austausch für ihre Entdeckungsreisen. Auch ein Übungsfeld für ihre Muskeln, Bänder und Gelenke, denn beim Tragen ist der kleine Körper ja immer wieder auf einer Art Achterbahn. Heute würde man das alles als Frühförderung bezeichnen. Kurz, das Tragen ist ein Menschheitserbe. Kein Wunder, dass wir uns getragen fühlen, wenn es das Leben gut mit uns meint!
Viel Freude mit diesem wunderschönen und praktischen Tragebuch wünscht
Herbert Renz-Polster
© Fotografie4me, Nils L’hoest
Vielleicht wartest du noch auf dein Kind, vielleicht hältst du es auch schon in den Armen – dann hast du sicherlich schon gemerkt, dass nichts mehr so ist wie vorher: Die Geburt eines Babys stellt alles auf den Kopf! Plötzlich ist da dieses kleine, zarte Wesen, das du monatelang wunderbar geschützt in dir herumgetragen hast. Du möchtest es beschützen, es spüren, es trösten – kurz, du möchtest das Beste für dein Baby! Auf der anderen Seite ist da natürlich der Alltag mit all seinen Aufgaben, vielleicht gibt es sogar Geschwisterkinder, die dich brauchen, und nicht zu vergessen: deine eigenen Bedürfnisse. Da wünscht man sich manchmal vier Hände, um alles gleichzeitig erledigen zu können!
Nun, vier Hände können wir dir natürlich nicht verschaffen – aber wir möchten dazu beitragen, dass du dein Baby entspannt und kuschelig bei dir haben kannst und gleichzeitig zumindest deine beiden Hände frei hast, um in den Anforderungen des Alltags nicht unterzugehen. Dafür nehmen wir dich mit in die Welt der Tragetücher und Tragehilfen! Wir zeigen dir, wie du dein Baby sicher, bequem und geborgen tragen kannst und worauf du besonders achten solltest, um deinem Kind und dir ganz nebenbei viel Gutes zu tun. Dabei schöpfen wir aus unseren langjährigen Erfahrungen, die wir in unzähligen Trageberatungen gemacht haben, und helfen dir, auch in schwierigen (Trage-)Situationen eine Lösung zu finden.
Vielen Menschen ist bis heute gar nicht bewusst, dass es eigentlich das Natürlichste der Welt ist, sein Baby zu tragen – schließlich haben die Menschen aller Kulturen, sozialen Schichten und Zeitalter es so gemacht. Einerseits, weil es keine Alternative gab, andererseits, weil es für alle Beteiligten so viele Vorteile hat – sogar in zahlreichen Gemälden wurde das festgehalten, ob sie nun Maria mit dem Christuskind zeigen oder Frauen bei der Feldarbeit, die ihr Kind auf den Rücken gebunden haben. Seit der Erfindung des Kinderwagens vor etwa 200 Jahren wurde dann überwiegend dieser zum Transport der Kinder genutzt. Doch weil es eben um so viel mehr als bloßen Transport geht, ist mittlerweile auch der Anblick von Eltern, die ihre Kinder tragen, wieder weit verbreitet. Wir sehen immer mehr Mütter und Väter, die ihre Babys ganz entspannt vor der Brust, manchmal auch auf dem Rücken, durch die Straßen tragen, und dabei wirken sie meist gar nicht so angestrengt, wie du das vielleicht erwarten würdest. Warum das so ist – und warum das so gut für dein Baby und dich ist –, und wie es auch dir gelingt, dein Kind in (fast) allen Lebenslagen bequem zu tragen, darum geht es in diesem Buch!
Das Tragen hat unzählige Vorteile, denn es stärkt nicht nur die Eltern-Kind-Bindung, sondern erleichtert auch das Leben mit einem Baby erheblich. Menschenkinder sind nach ihrer Geburt so hilflos und nahezu ununterbrochen auf uns und den wichtigen Körperkontakt angewiesen, dass sich die meisten Babys nicht einfach ablegen lassen. Babys wollen auf den Arm – und das aus gutem Grund, denn auf ihre noch unausgereiften Sinnesorgane ist kein Verlass. Sie verstehen noch nicht, dass wir weiterhin existieren, sobald wir außerhalb ihrer Sichtweite sind, weil ihnen die Fähigkeit der Objektpermanenz noch fehlt. Und so ist es der Körperkontakt, der sie umgehend beruhigt und ihnen Sicherheit gibt.
Da diese Beruhigung durch den Körperkontakt nicht nur bei der Mama fantastisch funktioniert, bezeichnen wir das Tragen auch gern als das »Stillen der Väter« beziehungsweise Partner:in. Wenn die Mutter sich nach dem Wochenbett langsam die Welt zurückerobert und feststellt, dass irgendwie plötzlich alles anders ist, hilft das Tragen wunderbar, eben nicht in allen Lebenslagen neu planen zu müssen. Fahrstühle, Gehwegbreiten, verschlossene Türen, alles kein Problem, wenn du dich mit zwei freien Händen durch die Stadt bewegen kannst.
Ein weiterer spannender Aspekt: Unsere Babys erwarten quasi nichts anderes, als getragen zu werden. Alles andere ist schlichtweg nicht in ihnen angelegt. Daher sind alle Instinkte und Reflexe des Babys auch auf das Tragen abgestimmt. Wir Eltern können uns daher entspannen und müssen keine Wissenschaft daraus machen, um die Aufrichtung des kleinen Menschleins zu fördern, denn das Tragen unseres Babys unterstützt seine motorische, sensorische und physiologische Entwicklung – ganz nebenbei. Das Baby gleicht beispielsweise unsere Bewegungen aus, wodurch unter anderem seine Tiefenmuskulatur gestärkt wird. Anders als es der erste Eindruck vielleicht vermuten lässt, hängt das Baby nicht einfach nur so an uns dran. Nein, es macht ein kleines Work-out, welches seine Muskulatur trainiert und es bei der Aufrichtung unterstützt.
Tragen ist wundervoll! Da es so viele Aspekte der kindlichen Entwicklung – und des Familienlebens – berührt, umfasst dieses Buch ganz unterschiedliche Themen. Zuallererst sehen wir uns an, was es bedeutet, dass wir Menschen Traglinge sind. Es ist wirklich hilfreich, wenn du die Physiologie deines Babys verstanden hast. Du wirst dann nicht nur deine eigenen Bedürfnisse beim Tragen – was etwa die Gewichtsverteilung oder die Gurtführung angeht – im Blick behalten, sondern darüber hinaus auch den Sitz deines Babys im Tuch oder der Tragehilfe gut beurteilen können.
Nach dieser Einführung in die spannenden physiologischen Grundlagen starten wir in die Praxis. Hier findest du nicht nur unsere besten Insidertipps, sondern auch Videoanleitungen, die du via QR-Code abrufen kannst, und viele Bilder, die dir dabei helfen, einen guten Überblick über das Tragen zu bekommen. So findest du heraus, welche Trageweise genau die Richtige für dein Kind und dich ist und welches Tragetuch, welche Tragehilfe für euch geeignet ist.
Da nicht immer alles reibungslos abläuft, geht es auch um die typischen Besonderheiten und Herausforderungen, die es im Baby- und Tragealltag gibt. Auch hier bieten wir dir viele Tipps und Tricks an, die dir das Leben erleichtern können.
Am Ende des Buches findest du jede Menge Hintergrundwissen, denn vielleicht wirst du in deinem Umfeld hier und da auf Fragen oder gar Widerstand stoßen. In zahlreichen Beratungsgesprächen und Kursen rund um das Tragen haben wir gemerkt, dass bestimmte Fragen oder Ängste immer wieder auftauchen. Damit beschäftigen wir uns hier und erklären dir kurz und knapp, warum das Tragen so gut ist – für dich und dein Kind.
© Fotografie4me, Nils L’hoest
Erinnerst du dich noch daran, dass du im Biologieunterricht mal etwas darüber gelernt hast, wie unterschiedlich sich der Nachwuchs von Tieren entwickelt? Es ging um »Nesthocker« und »Nestflüchter«, also um Jungtiere, die entweder nach der Geburt noch länger immobil und deshalb auf sehr viel Unterstützung angewiesen sind, oder um solche, die direkt nach der Geburt im wahrsten Sinne des Wortes auf eigenen Beinen stehen und daher wesentlich selbstständiger sind. Dieses Schema wurde um eine dritte Kategorie ergänzt, nämlich den Tragling. Und den wollen wir uns hier etwas ausführlicher anschauen, denn genau das sind Menschenbabys. Oft fällt es uns viel leichter, die Grundbedürfnisse unserer Kinder zu erkennen und in unseren Alltag zu integrieren, wenn wir die biologischen Hintergründe kennen.
Werfen wir daher einen Blick auf die drei unterschiedlichen Gruppen! Die Nesthocker sind direkt nach der Geburt taub und blind, denn ihre Augenlider und Gehörgänge sind noch geschlossen. Da sie nackt sind, können sie ihre Temperatur nur sehr unvollkommen selbst regulieren. Darüber hinaus können sie sich noch nicht selbst fortbewegen – mit einem Wort: Nesthocker sind darauf angewiesen, dass sie von ihrer Umgebung versorgt werden. Erleichtert wird das dadurch, dass die Nahrung, die sie erhalten, oftmals sehr langanhaltend sättigt, sodass sie es längere Zeit ohne Nahrungszufuhr aushalten können. So kommen beispielsweise Kaninchen nur ein- bis zweimal am Tag zu ihrer Höhle, um ihre Babys zu säugen.
Ganz anders verhält es sich bei den Nestflüchtern: Bei ihnen sind Augen und Ohren schon direkt nach der Geburt geöffnet, sie verfügen auch bereits über die wärmende Körperbehaarung und können dem Muttertier bereits kurz nach der Geburt folgen. Da die Muttermilch eher fettarm ist, müssen Nestflüchter in kurzen Abständen gestillt werden, daher brauchen sie die Nähe zur Mutter.
Unter Traglingen schließlich versteht man alle Lebewesen, die von einem Elternteil getragen werden, weil sie sich noch nicht alleine fortbewegen können. Hier wird zwischen aktiven und passiven Traglingen unterschieden: Passive Traglinge, etwa Kängurus und Koalas (die sich spannenderweise später zu aktiven Traglingen entwickeln!), werden beispielsweise in den Beuteln ihrer Mütter transportiert. Dort setzen sie ihre Reifung fort. Aktive Traglinge sind hingegen beispielsweise Affen, die sich im Fell ihrer Mütter festhalten.
Richten wir den Blick nun auf Menschenbabys, fallen die folgenden Merkmale ins Auge: Ihre Augen und Ohren sind direkt nach der Geburt geöffnet, die Sinnesorgane sind noch nicht ausgereift und die Neugeborenen können ihre Temperatur nur sehr unzureichend regulieren. Darüber hinaus sind sie komplett hilflos, können sich noch nicht selbst fortbewegen und brauchen sowohl häufige Stillmahlzeiten, als auch intensiven Körperkontakt mit ihrer Hauptbezugsperson. All das macht deutlich: Menschen gehören zu den Traglingen, und zwar zu den aktiven.
Mit dem Wissen, dass der Mensch ein Tragling ist, erklärt sich schnell, warum Reflexe, Muskulatur und die Knochen des Babys sowohl am Tragen beteiligt sind, als auch stark davon profitieren. Viele Reflexe, die bei der U3 in der vierten bis fünften Lebenswoche untersucht und abgefragt werden, unterstützen das Baby beim Stillen und Tragen. Das Baby hilft also quasi instinktiv mit.
Schauen wir uns das doch mal genauer an:
Wird ein Baby abgelegt oder erschreckt, zeigt sich oft der Moro-Reflex. Dabei breitet es die Arme ruckartig zur Seite aus und spreizt die Finger. Bei Traglingen dient der Moro-Reflex beispielsweise dem Schutz vor dem Herabfallen oder Abgelegt-Werden: Das Baby klammert, es greift also sozusagen nach dem Fell, was man etwa auch bei Affen sehr gut beobachten kann.
Der Greifreflex ist unabhängig vom Moro-Reflex; beide können nicht gleichzeitig ausgelöst werden. Durch den Greifreflex hilft das Baby mit Händen und Füßen aktiv beim Tragen, indem es sich an Kleidung (oder Haare) klammert.
Der Anhock-Spreiz-Reflex
