Elegante Einfachheit - Satish Kumar - E-Book

Elegante Einfachheit E-Book

Satish Kumar

0,0
17,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: Neue Erde
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Elegante Einfachheit bietet eine in sich stimmige Lebensphilosophie, die die Einfachheit des materiellen Lebens, des Denkens und des Geistes miteinander verbindet. Darin destilliert Satish Kumar fünf Jahrzehnte des Nachdenkens und der Weisheit in einen Leitfaden für jedermann, der Folgendes beinhaltet: • die ökologischen und spirituellen Prinzipien des einfachen Lebens, • Ablegen von »Zeug« und seelischem Ballast, • den Geist und das Herz für den tiefen Wert von Beziehungen öffnen, • Verankerung der Einfachheit in allen Aspekten des Lebens, • Wissenschaft und Spiritualität zu einer kohärenten Weltanschauung verschmelzen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 258

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Stimmen zum BuchElegante Einfachheit

Es gibt niemanden auf der Welt, der besser dafür gerüstet ist, dieses Vorhaben in Angriff zu nehmen, und seine Einsichten werden Sie dazu bringen, Ihr Leben zu überdenken und zu überlegen, wie Sie es ändern könnten. Kraftvoll!

Bill McKibben, Autor, Die taumelnde Welt

Eine inspirierende Erklärung der Früchte der Einfachheit und was ein einfaches Leben beinhaltet, von einem Autor, der selbst erfahren hat, was es bedeutet, ein einfaches Leben zu führen.

Mark Tully, ehemaliger Büroleiter der BBC in Neu-Delhi,

Journalist und Autor von No Full Stops in India

In Elegante Einfachheit teilt Satish Kumar außergewöhnliche Einsichten aus seinem unglaublichen Leben des spirituellen Aktivismus, der Lehre und des praktischen Lebens. Ein tiefgründiger und dabei leicht zugänglicher Leitfaden für eine ökologische Zivilisation des Friedens, des materiellen »Genug« und der spirituellen Fülle für alle. Eine Pflichtlektüre für alle, die eine Alternative zu einer Wirtschaft suchen, die uns in die Selbstauslöschung treibt.

David Korten, Autor von When Corporations Rule the World,

The Great Turning, und Change the Story, Change the Future

Satish Kumar

Elegante Einfachheit

Satish Kumar

Elegante Einfachheit

Die Kunst, gut zu leben

Bücher haben feste Preise.

1. Auflage 2023

Dieses Buch soll nicht als Anleitung dienen. Autor und Herausgeber lehnen jede Verantwortung und jegliche Haftung für Verluste oder Risiken ab, die mit der Anwendung des Inhalts dieses Buches verbunden sein könnten.

Satish Kumar

Elegante Einfachheit

Der Titel des englischen Originals lautet »Elegant Simplicity«.

Das Buch erschien 2019 bei New Society Publishers Ltd.,

Gabriola Island, British Columbia, Canada

© 2019 Satish Kumar. Alle Rechte vorbehalten.

Übersetzt aus dem Englischen von Andreas Lentz

© für die deutsche Ausgabe Neue Erde GmbH 2023

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlag:

Illustration: Olivia Fraser, www.oliviafraser.com

Gestaltung: Dragon Design, GB

Lektorat: Alice Deubzer

eISBN 978-3-89060-386-5

ISBN 978-3-89060-834-1

Neue Erde GmbH

Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken

Deutschland · Planet Erde

www.neue-erde.de

Inhalt

Vorwortvon Fritjof Capra

Einleitung: Seien wir einfach

1 Meine Geschichte: Anfänge

2 Die Einfachheit des Gehens

3 Das Leben ist eine Pilgerfahrt

4 Elegante Einfachheit

5 Eine Gesellschaft von Künstlern

6 Yoga des Handelns

7 Lernen und Leben

8 Richtige Beziehungen:Wir sind alle miteinander verbunden

9 Liebe ohne Grenzen

10 Die Kraft der Vergebung

11 Tanz der Gegensätze

12 Tiefenschau

13 Einheit von Wissenschaft und Spiritualität

14 Boden, Seele und Gesellschaft

Danksagung

Über den Autor

Beim Wohnen lebe nah am Boden.

Beim Denken halte dich an das Einfache.

Bei Konflikten sei fair und großzügig.

Beim Regieren versuche nicht, zu kontrollieren.

Beim Arbeiten tue, was dir Freude macht.

Im Familienleben sei vollkommen präsent.

Laotse

Vorwort

von Fritjof Capra

Satish Kumar hat ein außergewöhnliches Leben geführt. Er wurde in einer kleinen Stadt in Rajasthan, Indien, geboren und verließ sein Elternhaus im Alter von neun Jahren, um sich den umherziehenden Jains anzuschließen. Er erzählt uns, dass er dazu kam, als er nach dem plötzlichen Tod seines Vaters einem Jain-Mönch begegnete, der ihm erzählte, dass er sich vom Tod befreien und das Nirwana erlangen könne, wenn er der Welt entsage und Mönch werde.

In den folgenden neun Jahren lebte der junge Satish das strenge Leben eines Jain-Mönchs, ging jeden Tag zu Fuß, badete nie, fastete häufig und verbrachte lange Stunden in täglicher Meditation. Dann, im Alter von achtzehn Jahren, las er heimlich in einem Buch von Mahatma Gandhi. Dort erfuhr er, dass Spiritualität auch praktiziert werden kann, indem man der Welt dient, und dass man ihr nicht entsagen muss. Satish war von Gandhis Lehre so angetan, dass er den Jain-Orden verließ und sich dem Gandhi-Ashram von Vinoba Bhave anschloss, einem engen Freund Gandhis.

Zusammen mit Vinoba wanderte Satish Hunderte von Kilometern, um für eine Landreform in Indien zu werben. »Als Mönch«, schreibt er, »lernte ich die Kunst des Gehens, Fastens, Denkens und Meditierens. Im Ashram in Bodhgaya lernte ich die Kunst, etwas herzustellen: Kochen, Gartenarbeit und das Spinnen von Baumwolle zu Garn, um meine Kleidung selbst herzustellen. Bei Vinoba lernte ich, zu meditieren, und mit einem Freund beschloss ich eines Tages, mich auf eine Pilgerfahrt für den Frieden zu begeben. Inspiriert hatte mich der britische Philosoph und Friedensaktivist Bertrand Russell.« An Gandhis Grab in Neu-Delhi beginnend, gingen er und ein befreundeter Mönch zu Fuß nach Moskau, Paris, London und Washington, D. C., in die Hauptstädte der vier Atommächte. Sie waren ganz ohne Geld unterwegs und in der Fremde auf Mildtätigkeit und Gastfreundschaft angewiesen. So waren sie über zwei Jahre lang unterwegs und legten rund 8.000 Kilometer zurück.

Satish Kumar ließ sich 1973 im Vereinigten Königreich nieder und wurde Herausgeber der Zeitschrift Resurgence. In dieser Funktion veröffentlichte er eine Reihe von Artikeln von E. F. Schumacher, dem berühmten Autor von Small Is Beautiful, und machte Resurgence im Laufe der Jahre zu einer der bedeutendsten und schönsten Öko-Zeitschriften. In der Zeit hat Satish (wie er von seinen Freunden und Schülern auf der ganzen Welt genannt wird) eine Reihe von ökologisch orientierten Projekten inspiriert, ins Leben gerufen und begleitet, die alle sehr erfolgreich sind. Dazu gehören die »Kleine Schule« für die Gemeinde Hartland in Nord-Devon, wo er lebt, die jährliche Schumacher Vorlesungsreihe und das Schumacher College, das berühmte Zentrum für ökologische Studien in Süd-Devon.

Ich habe die Ehre, Satish seit über 30 Jahren als Freund und Kollegen zu kennen, und mich oft gefragt, was das Geheimnis seines Erfolgs bei so vielen Unternehmungen ist. Ich denke, Satish gibt uns in diesem Buch eine Antwort. Elegante Einfachheit ist seine Meditation über das Wesen der Spiritualität, betrachtet durch die Linse der Einfachheit und beruhend auf seinen lebenslangen reichen Erfahrungen als Mönch, Gandhianer, Öko-Philosoph, Pädagoge und spiritueller Lehrer.

In der schönen, eloquenten und leidenschaftlichen Sprache, die für sein Reden und Schreiben charakteristisch ist, webt Satish die verschiedenen Fäden zusammen, die ein spirituelles Leben in innerer und äußerer Einfachheit ausmachen. Einfachheit bedeutet für Satish, wie Gewaltlosigkeit für Gandhi, nicht Untätigkeit. »Ein einfaches Leben ist ein gelungenes Leben«, erklärt er. Es bedeutet auch nicht, dass man auf Komfort verzichten muss: »Einfach und ohne Unordnung zu leben, bedeutet nicht, dass wir auf ein komfortables Leben verzichten. Es liegt eine gewisse Eleganz in der Minimierung des Besitzes und der Maximierung des Komforts. Unordnung bringt Chaos, Einfachheit bringt Klarheit.«

Er weist darauf hin, dass Unordnung nicht nur in unserem individuellen Leben, sondern auch in der Welt insgesamt für Chaos sorgt: »Opulentes Leben erzeugt Verschwendung, Verschmutzung und Armut.« So wird Einfachheit zu einem Bekenntnis für soziale Gerechtigkeit. Gandhi zitierend, fordert Satish uns auf, »einfach zu leben, damit andere einfach leben können«. Um einen Zustand eleganter Einfachheit zu erreichen, rät er uns, die Einfachheit des Geistes, die Einfachheit des Verstandes zu kultivieren. »Die Einfachheit des Denkens und des Geistes«, schreibt er, »wird zu einer Verringerung des Verlangens nach materiellen Dingen führen.« Und er fügt hinzu: »Es mag paradox erscheinen, aber die Gabe der Einfachheit ist die Gabe des Überflusses.«

Diese Passagen stehen in engem Zusammenhang mit der buddhistischen Praxis der Achtsamkeit; und tatsächlich stellt Satish explizit fest: »Einfachheit ist eine achtsame Art zu leben.« Ein paar Seiten später bemerkte ich auch einen taoistischen Einfluss, als ich las: »Einfachheit bedeutet, durch das Leben zu fließen wie ein Fluss durch eine Landschaft.«

In den folgenden Kapiteln führt Satish diese Gedanken weiter aus, indem er verschiedene Aspekte eines spirituellen Lebens erörtert, das eine elegante Einfachheit verkörpert. Zunächst weist er darauf hin, dass die Hinwendung zur Einfachheit eine Verlagerung des Schwerpunkts von der Quantität des materiellen Besitzes auf die Qualität des Lebens bedeutet, ein Umschwenken von der Suche nach oberflächlichem Glück durch den Erwerb materieller Güter hin zur Suche nach wahrer Erfüllung in menschlichen Beziehungen und in der Beziehung zur Natur. Ich habe an anderer Stelle ausgeführt, dass eine solche Verlagerung von der Quantität zur Qualität für den Aufbau einer ökologisch nachhaltigen und sozial gerechten Wirtschaft unabdingbar ist, und so war ich nicht überrascht, Satishs Behauptung zu lesen: »Der Weg zur Nachhaltigkeit ist Einfachheit.« Es stellt sich natürlich die Frage: Wie kommen wir dahin?

Wie erreichen wir dieses Ziel: elegante Einfachheit? Satishs Antwort lautet, dass es keine Formel oder Technik für Einfachheit gibt. »Konzentrieren Sie sich Tag für Tag«, rät er uns, »auf die Einfachheit des Geistes, des Denkens, des Sprechens, des Fühlens, des Handelns, des Essens, der Kleidung, des Wohnens, der Absicht und der Beziehungen.« Dies ist ein lebenslanger Prozess ohne Endziel, betont er. Und, nicht überraschend, schließt er: »Wir befinden uns auf einer Reise, einer Pilgerfahrt… für mich ist elegante Einfachheit in der Idee des Pilgerns verwurzelt. Ein Pilger zu sein, bedeutet, sowohl äußere Einfachheit als auch innere Einfachheit zu kultivieren.«

Diese Einsicht veranlasst Satish dazu, uns einige tiefschürfende Überlegungen zum Wesen des Pilgerns zu unterbreiten, die er aus seiner umfangreichen Erfahrung gewonnen hat. Auf einer Pilgerfahrt, sagt er, gibt es sehr wenig Planung. »Nicht auf Pläne festgelegt, nicht starr zu sein, hat seine eigene Magie, seine eigene Kraft. Wenn wir zulassen, dass die Dinge sich entwickeln, können Wunder geschehen.«

Auf einer tieferen Ebene, so Satish weiter, »besteht die wahre Bedeutung des Pilgerns darin, frei von jeglichen Anhaftungen, Gewohnheiten und Vorurteilen zu leben«. Daher ist für Satish »Pilgern sowohl eine Metapher als auch eine buchstäbliche Wirklichkeit. Ein Pilger zu sein bedeutet, unter allen Umständen leicht und einfach zu leben und sowohl die Freuden als auch die Schwierigkeiten anzunehmen, wenn sie auftauchen. Obwohl ich zu heiligen Orten und heiligen Schreinen und Naturheiligtümern gepilgert bin, ist die tiefere Wahrheit, dass das Leben selbst eine Pilgerfahrt ist.«

Satish verbindet sein Verständnis von Pilgerschaft ebenso mit dem hinduistischen Konzept des Karma-Yoga, das den Kern des beliebtesten religiösen Textes Indiens, der Bhagavad Gita, bildet. Die Philosophie des Karma-Yoga, so erklärt er, lehrt uns, zu handeln, ohne die Früchte unseres Handelns zu begehren: »Das Leben ist eine ewige Reise«, schreibt er, »ohne Ziel, ohne Bestimmung. Deshalb sollten wir uns nicht auf das Ergebnis unserer Handlung konzentrieren, sondern auf die Handlung selbst.«

Ein wesentlicher Bestandteil der eleganten Einfachheit ist für Satish die Kunst des Handwerks. »In meiner Weltanschauung«, so Satish, »würde ein Leben in eleganter Einfachheit auf dem festen Fundament der Kunst und des Handwerks aufgebaut sein. Wir müssen uns von Automatisierung, Industrialisierung und Robotersystemen verabschieden. Wir müssen uns die Idee des achtsamen Herstellens zu eigen machen.«

Für Satish bedeutet es, ein Künstler zu sein, ein Schöpfer zu sein. »Kunst ist kein Beruf«, sagt er. »Sie ist eine Art des richtigen Lebensunterhalts, bei der Beruf und Berufung übereinstimmen.« Er weist darauf hin, dass »in indigenen Kulturen Kunst weder ein Hobby noch ein Luxus ist, sondern vielmehr ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens und Daseins«. Er stellt sich eine Gesellschaft von Kooperativen vor, in der »Arbeitnehmer und Konsumenten zu Herstellern und Künstlern werden«. Und schließlich behauptet er, dass »achtsame handwerkliche Herstellung wie Meditation ist. Der Geist muss im Moment des Herstellens völlig präsent sein«.

Diese Vision von Künstlern und Schöpfern war die Inspiration für The Small School, einer Sekundarschule, die Satish in seiner Heimatgemeinde in Devon gegründet hat. Er beschreibt den Lehrplan der Schule folgendermaßen: »Wir sagten uns: ›Wir werden nicht nur Shakespeare, Darwin, Newton und Galileo unterrichten, sondern auch Kochen, Gärtnern, Bauen, Nähen, Flicken, Holzarbeiten, Fotografie und Musik sowie Mathe, Naturwissenschaften und Englisch.‹ Das war unser Lehrplan. Unsere Schule sollte keine Examensfabrik sein, sondern ein Ort der Selbstentdeckung.«

Einige Jahre später übertrug Satish diese profunde Idee einer Schule als Ort der Selbstentdeckung auf die Hochschulbildung und gründete das Schumacher College. Ich habe das Glück, dort mehr als 20 Jahre lang unterrichtet zu haben, und kenne das College sehr gut. Das Schumacher College ist eine einzigartige Bildungseinrichtung. Es ist kein traditionelles College mit einer genau definierten Fakultät und Studentenschaft, und im Gegensatz zu den meisten Colleges und Universitäten wurde es weder von einer Regierungsbehörde noch von einem reichen Menschen oder einer Stiftung der Wirtschaft gegründet. Das College ist aus der globalen Zivilgesellschaft hervorgegangen, die in den 1990er-Jahren entstanden ist. So war die Fakultät von Anfang an Teil eines internationalen Netzwerks von Wissenschaftlern und Aktivisten, eines Netzwerks von Freunden und Kollegen, das Satish als Herausgeber von Resurgence aufgebaut und gepflegt hat. Vor der Gründung des Schumacher College im Jahr 1991 gab es kein Bildungszentrum, in dem Ökologie aus vielen verschiedenen Blickwinkeln gründlich und umfassend studiert werden konnte. In den folgenden Jahren änderte sich die Situation erheblich, als sich eine globale Koalition von Nichtregierungsorganisationen bildete. Diese globale Zivilgesellschaft entwickelte ein Netzwerk von Wissenschaftlern, Forschungsinstituten, Denkfabriken und Bildungszentren, die größtenteils außerhalb unserer führenden akademischen Einrichtungen, Wirtschaftsorganisationen und Regierungsbehörden tätig sind. Heute gibt es Dutzende dieser Forschungs- und Bildungseinrichtungen in allen Teilen der Welt. Das Schumacher College war eine der ersten und spielt weiterhin eine führende Rolle.

Von Anfang an hatte Satish die Vision, dass das College nicht die eurozentrische Sichtweise vertreten, sondern ein breites Spektrum von Sichtweisen zum Ausdruck bringen sollte, und es sollte international sein. Wenn Amerikaner und Europäer hier über Wissenschaft, Technologie und Philosophie diskutieren, kommen auch Stimmen aus Afrika, Indien, Japan und vielen anderen Teilen der Welt zu Wort.

Die gleiche ethnische, kulturelle und intellektuelle Vielfalt gibt es auch unter den Studenten. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ich 24 Kursteilnehmer (die festgelegte Obergrenze) aus zehn oder mehr verschiedenen Ländern habe. Die Teilnehmer sind in der Regel hochqualifiziert. Es sind Fachleute in verschiedenen Bereichen, einige von ihnen sind junge Studenten, aber es gibt auch ältere Menschen, und so tragen sie aus einer Vielzahl von Perspektiven zu den Erörterungen bei.

Ein weiteres Hauptmerkmal des Schumacher College ist der starke Gemeinschaftssinn, den es vermittelt. Die Teilnehmer kommen für mehrere Wochen hierher, um zusammen zu leben, zusammen zu lernen und gleichzeitig zusammen für den Unterhalt der Gemeinschaft zu arbeiten. Sie werden in Arbeitsgruppen eingeteilt, die kochen, putzen, gärtnern – all die Arbeiten, die nötig sind, um das College zu unterhalten und Satishs Vision von »Bildung mit Hand, Herz und Kopf« zu verwirklichen.

In diesen Gruppen laufen die Gespräche praktisch rund um die Uhr. Beim Gemüseschneiden in der Küche wird geredet, beim Wischen des Bodens oder beim Aufstellen der Stühle für eine besondere Veranstaltung wird geredet. Jeder taucht hier in eine ständige Erfahrung von Gemeinschaft und in spannende intellektuelle Dialoge und Diskussionen ein.

All das regt die Kreativität ungemein an. Am Schumacher College werden viele Dinge gemeinsam geschaffen, von den Mahlzeiten in der Küche bis zu den Ideen im Klassenzimmer. Die Kreativität gedeiht, weil das Vertrauen in die Gemeinschaft groß ist. Im Lehrerkollegium, das an der Hochschule unterrichtet, fühlt man sich fast wie in einer Familie, und dieses starke Gemeinschaftsgefühl stellt sich bereits nach ein oder zwei Wochen des Zusammenseins ein. Für die meisten Wissenschaftler ist eine solche Situation äußerst attraktiv, da sie uns eine einzigartige Gelegenheit bietet, die Arbeit zu vertiefen und in einem sicheren Umfeld neue Ideen auszuprobieren. Das Schumacher College ist also nicht nur ein einzigartiger Lernort für die Kursteilnehmer, sondern auch für die Lehrkräfte, die sich über einen relativ langen Zeitraum intensiv mit einer Gruppe hochqualifizierter und hochmotivierter Studenten auseinandersetzen und einen Prozess der nachhaltigen Selbsterforschung durchlaufen.

Während der Jahrzehnte, in denen Satish als Programmdirektor des Colleges tätig war, war er das Herz und die Seele der Schumacher-Gemeinschaft. Er kochte mit den Kursteilnehmern, leitete Morgenmeditationen, unterrichtete und teilte seine Weisheiten in einer Reihe von regelmäßigen »Kamingesprächen«. Das Schumacher College verkörpert seine Vision von einer Gemeinschaft, in der Lernen mit achtsamem Tun und Meditation und mit eleganter Einfachheit verbunden ist.

Für Satish hilft uns eine sinnvolle Bildung dabei, das Konzept eines abgetrennten Selbst zu überwinden; sie fördert das Bewusstsein und die Praxis richtiger Beziehungen: »Training in eleganter Einfachheit«, stellt er fest, »muss im Boden richtiger Beziehungen wurzeln.« Dies entspricht voll und ganz dem Paradigmenwechsel, den wir derzeit in der Wissenschaft und in der Gesellschaft erleben – ein Wechsel von der Betrachtung der Welt als Maschine zu einem Verständnis, sie als Netzwerk zu sehen. Es ist der Wechsel von Quantität zu Qualität, von Produkten zu Beziehungen. Satish charakterisiert diesen Wandel als einen vom Ego zum Öko.* »Wenn wir unser Leben nicht verkomplizieren wollen«, schreibt er, »dann müssen wir vom Ego zum Öko übergehen. Ego trennt und öko verbindet. Ego verkompliziert, öko vereinfacht. Öko bedeutet ›Zuhause‹, wo Beziehungen gepflegt werden.«

Im letzten Kapitel des Buches fasst Satish seine Botschaft zusammen, indem er sagt, dass wir drei Bereichen der Existenz unsere Aufmerksamkeit schenken müssen: Boden, Seele und Gesellschaft. Für mich entsprechen diese Bereiche den ökologischen, kognitiven und sozialen Dimensionen des Lebens. »Der Boden«, erklärt Satish, »ist eine Metapher für alle Umwelt- und Naturbeziehungen. Alles kommt aus dem Boden. Wälder, Nahrung, Häuser, Kleidung kommen aus dem Boden. Unser Körper kommt aus der Erde und kehrt in die Erde zurück. Der Boden ist die Quelle des Lebens.«

Wir müssen den Boden wertschätzen und wieder auffüllen, mahnt Satish. Und er fährt fort: »In ähnlicher Weise müssen wir unsere Seele auffüllen… Wir müssen Wege finden, sie aufzufüllen und zu heilen: die Seele, die Psyche… Meditation ist eine solche Technik… In der Meditation treffen sich die äußere Welt und die innere Welt. Boden und Seele vereinen sich.«* Und schließlich: »Das Wohlergehen von Boden und Seele muss sich auf das Wohlergehen der Gesellschaft ausdehnen. Das ist nur möglich, wenn wir unsere Gesellschaft nach den Prinzipien der Menschenwürde, der Gleichheit und der sozialen Gerechtigkeit organisieren.«

Für manche mag Satishs große Vision zu idealistisch klingen. Dessen ist er sich bewusst, und er hat eine überzeugende Antwort parat: »Sie können mich gern einen Idealisten nennen. Ja, ich bin ein Idealist. Aber ich frage Sie: ›Was haben die Realisten erreicht? Kriege? Armut? Klimakrise?‹ Die Realisten haben die Welt viel zu lange regiert. Geben wir den Idealisten eine Chance.«

Die elegante Einfachheit, die Satish beschreibt und vertritt, spiegelt sich auch in seiner Sprache wider. Er verwendet einfache, aber aussagekräftige Metaphern, und er spricht immer aus dem Herzen. Das Lesen seines Textes fühlt sich fast wie eine meditative Übung an. Als ich mich darin vertiefte, empfand ich große Ruhe und Gelassenheit. In all den Jahren, in denen ich Satish kenne, habe ich mich in seiner Gegenwart immer wohlgefühlt, und das gleiche Gefühl des Wohlbefindens hatte ich beim Lesen dieses wunderbaren Buches.

Fritjof Capra

* Im Englischen klingt es eleganter: »from ego to eco«.
* Auch hier ist es im Englischen eleganter: »soil and soul unite«.

Einleitung: Seien wir einfach

»Es ist eine Gabe, einfach zu sein,

es ist eine Gabe, frei zu sein…«

So beginnt ein Shaker-Lied, das im Jahr 1848 von Elder Joseph Brackett verfasst wurde. Die Shaker sind das beste Beispiel für elegante Einfachheit: die Verkörperung von Schönheit in Einfachheit. Für die Shaker ist Minimalismus eine Lebenseinstellung. Seit langem sind sie meine Inspirationsquelle.

In meinem eigenen Leben wurde die Saat der Einfachheit gesät, als ich im Alter von neun Jahren zum Jain-Mönch wurde. Die Religion der Jains ähnelt in gewisser Weise dem Weg der Shaker. Für Jains ist ein Minimum an materiellem Besitz eine Voraussetzung für ein maximales spirituelles Leben. Je mehr Zeit man damit verbringt, sich um weltliche Güter zu kümmern, desto weniger Zeit hat man für die Meditation, das Studium der Schriften und das Chanten und Singen heiliger Mantras. Das war die Lehre meines Jain-Gurus. Im Alter von 18 Jahren stieß ich auf die Schriften von Mahatma Gandhi, einem weiteren großen Verfechter der Einfachheit, ähnlich wie die Shaker und die Jains. »Einfaches Leben und hohes Denken«, war sein Motto. Er lebte in einer einfachen Hütte, die er selbst gebaut hatte, er spann das Garn für seinen Lendenschurz und sein Tuch. Er baute Gemüse an und kochte sein Essen selbst, während er die Unabhängigkeitsbewegung Indiens anführte und eine Wochenzeitschrift herausgab. So bewies er, dass es möglich ist, unsere physischen Bedürfnisse durch ein einfaches Leben zu befriedigen und gleichzeitig sozial, politisch und geistig aktiv zu sein.

Für Gandhi war Einfachheit auch Ausdruck sozialer Gerechtigkeit. Er vertrat das Ideal, dass man »einfach leben sollte, damit andere einfach leben können«. Ein erwerbs- und konsumorientierter Lebensstil erfordert die Ausbeutung der Schwachen und der Natur. Als Konsumenten verschwenden wir Ressourcen und vergeuden unsere Zeit und Mühe, indem wir Dingen nachjagen, die wir nicht brauchen. Wir stellen Gier über Bedürfnisse, Glanz über Schönheit und Ausbeutung über Bewahrung. Ein aufwendiges Leben führt zu Verschwendung, Verschmutzung und Armut.

Mein Leben sowohl als Jain-Mönch als auch in einem gandhianischen Ashram war von äußerster Einfachheit geprägt. So wurde mir das Ideal des einfachen Lebens zur zweiten Natur.

1962, mit 26 Jahren, beschloss ich, eine Pilgerfahrt für den Frieden zu unternehmen. Ich wollte mit den Menschen und Politikern der vier Länder sprechen, die Atomwaffen besaßen. Ich sagte mir: Was kann komplizierter, dümmer und grausamer sein als die Erfindung und der Besitz solcher Massenvernichtungswaffen? Ich beschloss, dass das Gegenmittel für dieses höchst komplizierte Waffensystem darin bestand, eine Protestpilgerfahrt mit den einfachsten Mitteln zu unternehmen: einen Fußmarsch zu den Atomhauptstädten der Welt.

Also ging ich vom Grab Mahatma Gandhis in Neu-Delhi nach Moskau, Paris, London und Washington, D. C. Es war eine 8.000 Meilen lange Pilgerfahrt. Um die Reise noch einfacher zu gestalten, ging ich (zusammen mit meinem Freund E. P. Menon) ohne einen Penny in der Tasche: kein Geld, kein Essen und zu Fuß. Wir waren etwa 800 Tage lang unterwegs. Es waren die einfachsten und besten 800 Tage meines Lebens, und sie veränderten meine Sicht auf das Dasein vollständig.

Ich bin zu der festen Überzeugung gelangt, dass wir für ein gutes, schöpferisches und inspirierendes Leben nur sehr wenige von Menschenhand gefertigte materielle Güter brauchen. Wir können von der Sonne, der Erde und dem Wasser leben, die allesamt Geschenke des wohlwollenden Universums sind. Wir können in Gegenseitigkeit und Wechselbeziehungen leben, die Gaben der Menschheit sind. Wir können von unseren Händen, unseren Beinen und unserer Arbeit leben, allesamt Dinge, die wir nicht in einem Supermarkt oder Kaufhaus kaufen müssen.

Ein Leben in Liebe und Großzügigkeit bringt Liebe und Großzügigkeit hervor. Einfach zu leben bedeutet, in Freiheit zu leben und darauf zu vertrauen, dass »alles gut ist und alle Dinge gut werden«, wie der heilige Julian von Norwich sagte. Einfachheit bringt uns der erhabenen Wahrheit, der nachhaltigen Güte und der subtilen Schönheit näher.

Einfach zu leben ist weder Faulheit noch Untätigkeit. Vielmehr ist es unser konsumorientierter Lebensstil, der uns faul, arbeitsscheu und untätig macht. Wir werden abhängig von der Mechanisierung, der Industrialisierung und der Massenproduktion. Das Ideal der eleganten Einfachheit ist mit Kunst und Handwerk, mit dem Prozess der Herstellung und mit der Kunst, mit weniger gut zu leben, verbunden. Einfachheit konzentriert sich auf die Qualität des Lebens und nicht auf die Quantität des materiellen Besitzes. Sein statt Haben, wie Erich Fromm es ausdrückt.

Wenn ich ein Leben in Einfachheit führe, feiere ich den inneren Wert des Schöpferischen und konzentriere mich nicht mehr auf Ergebnisse oder Resultate, Errungenschaften oder Leistungen. Durch Kunst und Handwerk bin ich in der Lage, meine Bedürfnisse zu befriedigen, und so vermeide ich es, Opfer meiner Gier zu werden. Indem ich Handwerker, Schöpfer und Hersteller bin, erlebe ich Freude, Erfüllung und Vergnügen.

Ein einfaches Leben ist eine Belohnung in sich. Es ist auch eine kluge Lebensweise – wir lernen nicht nur, unseren Kopf und unsere Hände zu gebrauchen, sondern ebenso unsere Herzensqualitäten wie Liebe, Vergebung und Vertrauen zu kultivieren: das Verständnis für die Einheit allen Lebens. Wie Laotse sagte, sind »Einfachheit, Geduld und Mitgefühl unsere größten Schätze«. Einfachheit beschränkt sich nicht darauf, unsere materiellen Güter zu minimieren. Wir müssen auch die Einfachheit des Geistes kultivieren. Es ist leichter, sich von seinem materiellen Ballast zu trennen als von dem eigenen seelischen Gepäck. Stolz, Ego, Angst und Wut belasten unsere Seele und unseren Geist auf die gleiche Weise wie Berge von Kleidern oder viele Möbel und andere Besitztümer, die unser Zuhause vollstopfen. Deshalb sind die Ansichten der Shaker, der Jains und der Gandhianer über Einfachheit viel tiefgehender und grundlegender, als sich bloß von Besitz zu befreien und ihn zu reduzieren.

Dieses Buch präsentiert ein allumfassendes Ideal der Einfachheit. Ich untersuche das Ideal der eleganten Einfachheit sowohl auf der metaphysischen als auch auf der physischen Ebene. Die Einfachheit des Seins ist genauso wichtig wie die Einfachheit des Lebens. Aus diesem Grund habe ich Kapitel über richtige Beziehungen und grenzenlose Liebe aufgenommen. Geradlinige und authentische Beziehungen, die auf dem Boden wahrer Liebe stehen, beseitigen Verwirrung und Konflikte in der Familie, unter Freunden und Nachbarn. Wenn wir in hasserfüllte und verletzende Situationen geraten, dann ist es einfacher zu vergeben und zu vergessen, als sich mit Groll und Rache zu belasten.

Wir verkomplizieren unser Leben, wenn wir in der Dualität von Gut und Böse, Schmerz und Lust, Gewinn und Verlust gefangen sind. Die einfachste Art zu leben, besteht darin, Gleichmut in unseren Herzen zu kultivieren und uns auf den Tanz der Gegensätze einzulassen. Dann können wir unseren Weg sowohl durch Niedergeschlagenheit und Verzweiflung als auch durch Freude und Vergnügen finden.

Elegante Einfachheit ist sowohl ein spiritueller Weg als auch eine praktische Lebensweise. Sie ist der Vorbote der Harmonie und die Stütze des sozialen Gefüges. Elegante Einfachheit bewahrt die natürlichen Lebensräume und schützt Kulturkreise und Gemeinschaften. Elegante Einfachheit ist für die äußere Landschaft der Ökosphäre ebenso gut wie für die innere Landschaft der Seele.

Der Weg zur Nachhaltigkeit führt über Einfachheit. Keine noch so große technologische Innovation wird genügen. Wir müssen unsere Häuser, unsere Arbeitsplätze und unser Leben vereinfachen. Das ist der Weg, eine nachhaltige Welt zu schaffen, sowohl jetzt als auch in Zukunft.

Einfachheit ist auch der Weg zur Spiritualität. Keine noch so große Anzahl von Tempeln, Kirchen, Moscheen oder heiligen Büchern wird uns helfen, wenn wir nicht einfach denken und uns von der Last von Angst, Wut, Ego und Gier befreien. Mit äußerer und innerer Einfachheit können wir ein Leben in ökologischer Dauerhaftigkeit, spiritueller Erfüllung und sozialer Gerechtigkeit führen. Elegante Einfachheit ist sowohl eine Weltanschauung als auch ein Lebensstil.

Dies ist der Inhalt dieses Buches.

Satish Kumar

Hartland, Devon

1

Meine Geschichte: Anfänge

Das menschliche Glückliegt in der Zufriedenheit.

Mahatma Gandhi

IN DER WÜSTE Rajasthans in Indien in einem Haus mit einem Pflaumenbaum davor wurde ich am 9. August 1936 geboren. Es gab keinen Strom, kein Radio, kein Fernsehen, kein Telefon, kein Auto und keinen Computer. Aber es gab Kamele und Kühe, Felder und Bauernhöfe, Lieder und Geschichten, Kunst und Handwerk, Tanz und Musik in Hülle und Fülle. Ich wuchs in der Obhut meiner gütigen Mutter auf. Mein Vater starb, als ich vier Jahre alt war. Meine trauernde Mutter fand in mir eine Quelle des Trostes, so sagte sie es jedenfalls. Obwohl ich viel Liebe und Fürsorge durch sie erfuhr, konnte sie ihr gebrochenes Herz weder vor mir noch vor anderen verbergen.

Mein Vater starb an einem Herzinfarkt, als er 50 Jahre alt war, und ließ meine zehn Jahre jüngere Mutter zurück, die sich um mich und meine sieben Geschwister kümmerte. Obwohl sie oft weinte, sorgte sie mit enormem Mut für uns, und dennoch konnte ich als kleines Kind nicht umhin, Zeuge ihrer Trauer, ihres Verlusts und ihrer Einsamkeit zu sein.

Mit der Zeit spürte ich eine Veränderung. Meine Mutter begann, zu meditieren. Ich hörte sie Mantras über Gleichmut singen; über die Akzeptanz von Schmerz und Freude, Gewinn und Verlust; über Geburt und Tod als existentielle Realität. Während sie meditierte, lichtete sich der dunkle Schatten des Kummers in ihrem Gesicht, und eine starke Aura der Widerstandskraft strahlte von ihrem ganzen Körper aus. Diese Meditationen führten sie in einen tieferen Zustand des Seins. Anstelle von Tränen sah ich eine gütige Klarheit in ihren Augen leuchten.

Sie nahm mich immer mit über unseren kleinen Bauernhof, ging mit mir spazieren und sprach über Bäume, Bienen und Schmetterlinge. Sie sprach über die heilende Kraft der Natur und über die Natur als unsere Lehrerin. Ich erinnere mich an diese wunderbaren Spaziergänge, die vergnüglich und überaus faszinierend waren. Sie erzählte Geschichten und sang Lieder.

Ich liebte die Art, wie sie ging, sprach und lachte. Ich liebte die Art und Weise, wie sie sich an diese wunderbaren langen Geschichten erinnern konnte, die meine Aufmerksamkeit fesselten. Ich wollte für immer mit meiner Mutter über unseren Bauernhof gehen. Der Gedanke machte mich glücklich, dass sie meine Mutter war und dass sie so viel wusste und sich so gut erinnerte. Ich hatte das Glück, eine solche Mutter gehabt zu haben; sie war meine Mentorin, meine Lehrerin, mein Guru und meine Heldin. Sie verkörperte elegante Einfachheit.

Wenn ich zurückblicke und darüber nachdenke, erinnere ich mich voller Erstaunen daran, wie sich ihr Leben von einem Zustand des Verlustes und der Einsamkeit in einen Zustand der Gelassenheit, Stabilität und Zufriedenheit verwandelte. Ich erinnere mich, dass sie eine wunderbare Mutter war, eine gute Gärtnerin und eine glückliche Hausfrau. Ich erinnere mich an sie als eine Frau, die ihre Ängste abgelegt hatte, die die Gegenwart feierte, jede Minute davon, und die der Zukunft ohne Zweifel und Wünsche vertraute. Sie war fast nie wütend.

Meine Mutter hatte sich mit dem Tod meines Vaters versöhnt, ich aber wurde immer trauriger. Als sieben- und achtjähriger Junge konnte ich die Tage nicht vergessen, an denen meine Mutter von Trauer ergriffen war. Die Tage, an denen sie plötzlich anfing zu schluchzen und ich mich fragte: »Warum ist mein Vater gestorben? Was ist der Tod? Wird meine Mutter auch sterben? Werde ich auch sterben?« Niemand konnte mir diese Fragen zu meiner Zufriedenheit beantworten, nicht einmal meine Mutter: »Ja, eines Tages werde auch ich sterben, auch du wirst sterben, wir werden alle sterben. Wir sind gebunden in einen unendlichen Kreislauf von Geburt und Tod.« Das war die Antwort, die mir meine Mutter gab. Aber diese Antwort machte mich furchtsam und unzufrieden.

Ich wollte, dass mir jemand sagt: »Ja, es gibt etwas, was du tun kannst, damit Menschen nicht sterben. Ja, du kannst ein Leben ohne Tod haben.« Niemand, aber auch wirklich niemand, hat mir diese Worte ins Ohr geflüstert.

Dann sprach ich eines Tages mit einem verehrten Jain-Mönch namens Tulsi. Sein Name bedeutet Basilikum, heiliges Basilikum – so einfach und so gewöhnlich –, aber er war alles andere als gewöhnlich. Tulsi war der Guru meiner Mutter und der Guru unserer Familie. Er war der Guru von Zehntausenden von Anhängern, die Erlösung suchten. Die Menschen nannten ihn Gurudev, göttlicher Guru. Die Menschen verehrten ihn, beteten ihn an.

Als ich ihn kennenlernte, war er erst 30 Jahre alt. Er war gutaussehend und glücklich. Die Leute hielten ihn für ein erleuchtetes Wesen. Wie alle anderen, war ich von ihm fasziniert; er war für mich wie der Vater, den ich verloren hatte. Aber er war mehr als das, er war die Verkörperung von Gelassenheit und Frieden. Und vor allem sprach er die Worte, nach denen ich mich schon so lange gesehnt hatte: »Ja, du kannst dem Kreislauf von Geburt und Tod ein Ende setzen, du kannst das Nirvana erlangen, die endgültige Befreiung, die Freiheit vom weltlichen Kommen und Gehen. Ja, du kannst frei von Verlust, Einsamkeit und jeder anderen Art von Leiden sein.« Diese Worte kamen aus dem Munde eines Mannes, der die Wahrheit entdeckt hatte und dem alle glaubten.

»Was muss ich tun, um das Nirvana zu erlangen?« fragte ich ihn.

»Du musst der Welt entsagen und Mönch werden. Lass deinen Stolz und deine Besitztümer los. Befreie dich von den Fesseln der Familie und der Anhaftung an Reichtum. Du musst das Leben eines Mönchs führen«, antwortete Gurudev klar und eindeutig.