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Taucht ein, in eine Welt der Magie. Begleitet Aeris und Faryll auf ihrer abenteuerlichen Reise, um Emda von einem tyrannischen König zu befreien. Ihr Weg wird lang, steinig, voller Gefahren sein und sie sogar in ein fremdes Land entführen. Ihre Gegner, ebenbürtig und nicht zu unterschätzen. Dennoch kämpfen sie mit einem Ziel vor Augen: Den Frieden nach Emda zurückzubringen und es wieder zu dem Land zu machen, was es damals war. Doch bis dahin liegt ein langer Weg vor ihnen. Zahlreiche Gegner lauern auf sie und versuchen sie abzuhalten, ihren Plan voranzutreiben. Doch für Aeris und Faryll steht eins fest, gemeinsam mit ihren Freunden wagen sie den Weg in den Kampf und wollen ihn gewinnen.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Sindy Schröter
Emda – Brise der Magie
Sindy Schröter
Emda
Brise der Magie
Fantasy
Die aufgeführten Handlungen, Geschichten, Personen,Sowie sämtliche Rechte in jeglicher Form sind vorbehalten.Figuren, sowie deren Zusammenhänge, sind frei erfunden.
Kapitel:
☞Die Flucht☞Land der ewigen Kälte☞Der Wald der Prüfungen☞Garlanta – Die Finale Schlacht
Lysall war einst ein kleines idyllisches Dorf inmitten von Emda, einem Land, welches die größten und mächtigsten Magier seiner Zeit besaß. Sie lebten friedlich unter den Dorfbewohnern und fühlten sich angekommen im Leben. Doch diese friedliebende Ära sollte nicht bestehen bleiben. Diese schwerwiegende Schuld lastete dem neu gekrönten König an. Er war ein Schurke, die Boshaftigkeit in Person. Ein grauenhafter Mensch. Fortan duldete er keinerlei Magie mehr in seinem Königreich, was ihm längst nicht genug blieb. Jeder, der die Fähigkeit der Magie besaß, wurde gefangen genommen und eingesperrt. All jene, die der Aufforderung nicht Folge leisteten, sich weigerten oder sogar versuchten zu fliehen, wurden auf Lebenszeit in die düstersten Kerker Emdas gesperrt und eine wahre Hetzjagd wurde entflammt. Familien wurden auseinander gerissen, liebende voneinander getrennt. Es waren furchtbare Stunden, Tage und Wochen, als die Ankündigung ohne Erbarmen vollzogen wurde. Aber der Wille einiger mutiger Magier blieb ungebrochen und so leben selbst heute noch ein paar wenige von ihnen unter falschen Identitäten friedlich in dem kleinen einst so wundervollen Ort miteinander. Obwohl dieses Dorf seither unter ständiger Beobachtung und Patrouillengängen stand, blieb diese kleine Vielzahl an tapferen Magiern ihrer Heimat treu. Sie war ihnen wichtig und heilig zugleich, sodass sie mit der Gefahr auf Augenhöhe lebten, durch einen unachtsamen Fehler ihrerseits entdeckt, verbannt, oder gar auf Lebenszeit weggesperrt zu werden.»Wer es schafft, die goldene Feder schweben zu lassen, bekommt dafür den Lohn der Geduld und Achtsamkeit.«Zu oft wurden diese Zeilen im Buch schon gelesen und es benötigte kaum noch ein Blick auf so manche Seite. Dennoch las Aeris zum wiederholten Male Buchstabe um Buchstabe. Jedoch für heute hatte sie das Kapitel beendet und schloss ihre Augen, sog hörbar die Luft ein und klappte das dicke Buch zusammen. Mehrmals hatte sie es schon gelesen und kannte die Geschichte nahezu auswendig. Sie war sich sicher, dass noch weitere Lesestunden folgen würden. Nicht umsonst war es ihr Lieblingsbuch gewesen.Vorsichtig legte sie es neben dem Bild einer wunderschönen Frau ab, die das schönste Lächeln hatte. Dabei glitten ihre Finger langsam über das hauchdünne Glas und ein Gefühl tiefer Traurigkeit überkam sie.»Ich vermisse dich«, kam es ihr dabei zaghaft über die Lippen. »Ich wünschte, ich hätte die Chance besessen, dich kennenzulernen und deine Liebe zu erfahren. Du fehlst Papa und mir.«»Aeris?« Klopfte es schließlich aus heiterem Himmel zaghaft an der Tür und die junge Frau rieb sich leicht über die Augen, um sich anschließend eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen.»Du kannst hereinkommen, Papa«, sprach sie mit Engelsstimme und wartete darauf, dass sich die Tür auftat und ein älterer Mann zum Vorschein kam, dessen Haar vom Alter ergraut war und er mit smaragdgrünen Augen aus seinem bärtigen Gesicht zu ihr hinüberblickte.»Alles in Ordnung, mein Kind? Ich habe dich heute den ganzen morgen schon nicht gesehen.«, dabei glitt sein Blick in Richtung des Nachtschrankes, wo ihm sofort das Buch darauf auffiel.»Ah, ich verstehe«, lächelte er und schloss für einen kurzen Moment seine Augen. »Sie hatte es genauso geliebt wie du. Aber das erzähle ich dir ja mittlerweile fast schon täglich.«, seine Stimme klang tief und brummig, dennoch mit einem Hauch von Sanftheit. Und ja, die Worte kannte Aeris wahrhaftig zur Genüge, sodass sich über ihre Mundwinkel ein leichtes schmunzelndes Grübchen legte.»Ja Papa, das erzählst du mir tatsächlich immer und immer wieder. Aber genauso wie Mama ihre Finger nicht von diesem wundervollen Buch lassen konnte, kann auch ich es nicht. Vielleicht solltest du dir ja auch mal die Zeit nehmen und es lesen?«Gwen kratzte sich am Hinterkopf und schüttelte vehement den Kopf.»Nein, liebes. Das ist nicht so wirklich mein Geschmack. Magische Federn, Feen und Kobolde? Dafür hab ich ehrlich gesagt selber genug Magie im Haus.«, ein Lächeln umspielte dabei sein alterndes Gesicht und er zwinkerte seiner Tochter zu, hielt sich allerdings als mahnende Geste seinen Zeigefinger vor die Lippen. »Denk daran, mein Kind, wir müssen Stillschweigen bewahren.«Doch bevor der neu ernannte König den Thron bestieg und somit als Nachfolger gekrönt wurde, regierte einst König Mashell über das gesamte Land. Er war ein sehr gütiger, freundlicher und stets zuvorkommender Mann. Alle lebten zu seiner Zeit glücklich und zufrieden. Doch das Schicksal wandte sich gegen ihn und die Stunde der Grausamkeit schlug zu. Eine unverhoffte Revolte von Fremden ließ das Land bis in die Grundmauern erschüttern. Voller Willkür setzten sie das Schloss in Brand und nahmen zahlreiche Bewohner gefangen. Mashell selbst erlitt das größte Unglück. Ohne zu zögern und Gründe für diese abscheuliche Tat zu liefern, richteten sie ihn hinterrücks und wehrlos hin. Noch nicht einmal die Möglichkeit, um sein Leben zu kämpfen, wurde ihm gewährt. Sicher waren sie sich der Tatsache bewusst, wer dieser König in Wirklichkeit war, einer der mächtigsten Magier in der Geschichte von Emda.Seitdem brachen schwere Zeiten an, allen voran für die Magier. Viele mussten ihr Leben lassen. Sie wurden von einem Tag auf den anderen vertrieben. Mütter verloren ihre Kinder, selbige Ihre Eltern. Und an Mashell seine Stelle wurde die Krone an Londem übergeben und er nahm die Position als neuer Machtträger des Landes entgegen. Ein vollkommen fremder Mensch, den niemand vorher kannte oder jemals gesehen hatte. Wie aus dem Nichts tauchte er auf und nutzte die Gunst der Stunde, indem sich das gelähmte Land nach Mashells tragischen Tod befand. Sein Antlitz ließ nichts Gutes erahnen. Er war das gesamte Gegenteil seines Vorgängers. Wer an Güte, Freundlichkeit und vor allem Rechtschaffenheit bei diesem Mann glaubte, sollte sehr schnell die wahren Absichten dieses Mannes erkennen. Schon allein in seinen Gesichtszügen konnte man das absolute Böse erkennen.So kam es schließlich, dass der neu ernannte König alle Magier aus dem Land vertreiben ließ. In seinen selbst ernannten, perfekten Ideologien war seitdem kein Platz mehr für sinnlose Magie. Doch diesen neuen Gesetzen zum Trotz, schafften es ein paar Magier sich im Verborgenen zu halten. Völlig unerkannt. Sogar bis heute.Diese Worte brauchte er seiner Tochter eigentlich nicht sagen, sie wusste, dass sie schweigen musste, um ihr Leben nicht in Gefahr zu bringen. Denn wie ihre Mutter kam auch sie mit der Fähigkeit der Magie zur Welt. Einer seltenen Fähigkeit des Teleportierens. So war es ihr vergönnt, Dinge von A nach B zu bewegen, ohne dass man es sofort bemerken würde. Jedoch ein Fluch und Segen zugleich. Einerseits war sie stolz auf das, was sie konnte und beherrschte. Anderseits könnte ihr genau dieser Aspekt zum Verhängnis werden.»Keine Angst, Papa. Ich bin vorsichtig. Du weißt, dass ich vernünftig genug bin, mich nicht als das zu zeigen, was ich in Wirklichkeit bin. Du kannst mir glauben, ich bin mir den Gefahren mehr als bewusst.«Ihre Worte hinterließen einen Beigeschmack von Traurigkeit, wenn man bedachte, wie frei und unabhängig man sich noch als Magier vor wenigen Jahren in Lysall bewegen konnte. Keine Verbote, keine Flucht und erst recht keine Vorurteile. Aber all das war einmal vor langer Zeit und heute waren sie gezwungen sich zu verleugnen um zu leben.»Fast hätte ich vergessen, warum ich eigentlich hier bin. Faryll lässt fragen, ob du Interesse und Lust hast, die Pferde seines Vaters mit auszureiten. Er steht unten und wartet bereits auf dich.«»Jakol«, strahlte sie und lief zum Fenster. Aeris liebte das edle, schwarze Pferd und ritt oft mit ihm durch die Landschaft außerhalb Lysalls. »Natürlich will ich mit, unbedingt.«Sie winkte dem großen, blondhaarigen jungen Mann zu und signalisierte, sofort bei ihm zu sein, während er am zweiten Zügel Aruja festhielt. Eine edle Schimmel-Dame, die etwas temperamentvoll versuchte ständig das Kommando zu übernehmen.Nach wenigen Augenblicken trat Aeris schließlich aus dem Haus und kam herübergelaufen.»Das nenne ich aber eine gelungene Überraschung. Du hast gar nicht erwähnt, dass du heute ausreiten willst.«»Na, da wäre es ja wohl kaum eine Überraschung geworden, oder?«, zwinkerte er ihr zu, während er dabei lächelnd die Augenbrauen hochzog.Faryll war ein Freund seit Kindertagen, sie wuchsen wie Geschwister auf und hielten stets zusammen. Ein loyaler und ehrlicher Zeitgenosse, auf den man sich immer verlassen konnte. Während die verschiedensten Mädels aus Lysall versuchten sein Herz im Sturm zu erobern, zog er es lieber vor, seine Zeit mit Aeris zu verbringen, zumal sie beide das gleiche Schicksal teilten, die letzten Magier im Dorf zu sein.»Wo soll es denn heute hingehen?«, atmete er kurz ein und kniff seine Augen zusammen, bevor er weitersprach. »Lass uns aber bitte beeilen, bevor uns Maggie bemerkt. Noch befindet sie sich zwar weit genug entfernt, aber wie du ja weißt, kann sich das sehr schnell ändern, sollte der Fall eintreten und sie uns bemerken.«»Sie ist hier? Wo denn?«, zu hastig drehte sie sich um und erschreckte dabei unbeabsichtigt Aruja, die daraufhin ein lautes Wiehern ausstieß.»Jap, vielen Dank. Das mit dem bemerken hat sich wohl somit erledigt«, säuselte er, verdrehte die Augen und blickte genervt in den Himmel als auch schon eine schrille Stimme ertönte.»Na aber Hallo. Das ist aber eine Überraschung«, eilte Maggie herbei, blieb aber im sicheren Abstand zu den beiden Pferden. Zu sehr plagte sie noch die Erinnerungen daran, dass sie einst unsanft abgeworfen wurde. »Hab dich schon längere Zeit nicht gesehen«, schmückte sie ihre Stimme mit einem Hauch Verliebtheit und schob dabei verlegen ihre Brille wieder zurück an die richtige Stelle.»Tja, woran das wohl liegen mag«, scherzte Aeris und vergrub dabei amüsiert ihr Gesicht in die wuschelige Mähne von Jakol. Sie spürte, wie Farylls Blicke sie wie Nadelstiche verfolgten.»Ich hab zurzeit viel mit unserem Hof und den Tieren zu tun«, erklangen seine Worte mit einem leicht genervten Unterton. »Wir müssen aber auch schon los. Bitte entschuldige uns.«, dabei zog er an Arujas Zügel, damit sie näher an ihn herantrat, um sich so schnell wie möglich auf ihren Rücken zu schwingen. »Kommst du?«, mahnte er dabei ins Aeris Richtung, unbeeindruckt von Maggies anhimmelnden Blicken.»Ja klar, bevor sich noch ein Donnerwetter von dir ankündigt. Obwohl, hörst du das? Irgendwie scheint heute der Himmel voller Geigen zu hängen.«, sie biss sich amüsiert auf ihre Unterlippe und nahm auf Jakol Platz.»Der Himmel lässt eher einen sonnigen Tag vermuten, immerhin erblicke ich keine einzige Wolke am Firmament«, krächzte Maggies Stimme und Aeris konnte nicht anders, außer in schallendes Gelächter zu verfallen.»Wie recht du hast. Wir sehen uns.«Auch Faryll setzte sich schließlich mit Aruja in Bewegung und gab nur eine gezwungene Handgeste, um sich zu verabschieden, während die Verliebte zurückblieb, bis ihr Traummann außer Reichweite war.Die beiden ritten eine Weile nebenher und beobachten die ruhige Landschaft, die durch das harmonische Zusammenspiel der Sonne und Blumen in ein farbenprächtiges Meer getaucht war. Sie liebten die Umgebung außerhalb des Dorfes. Hier konnten sie frei sein, ohne ständig den skeptischen Augen der Soldaten zu entrinnen.»Was hältst du eigentlich davon, zum See zu reiten? Wir waren schon sehr lange nicht mehr dort«, unterbrach der junge Mann die Stille.»Jetzt wo du es erwähnst, fällt mir auch auf, dass wir schon ewig nicht mehr dort waren. Das letzte Mal war es bei der Totenwache«, kam es ihr mit gedämpfter Stimme über die Lippen. Jill, ein junges Mädchen, starb in diesem See und die beiden konnten sich ganz genau daran erinnern, wieso es dazu überhaupt gekommen war. Jeder hatte sie und ihre Liebe zu ihrem Lias gekannt. Noch heute erzählt man sich die verliebte Geschichte der beiden. Sie hatten noch so viele Pläne und gemeinsame Ziele. Doch es sollte nicht so weit kommen. Zu Mashells Lebzeiten wäre solch ein Unglück nie geschehen. Der damalige König hatte alles für sein Land und seine Bewohner getan. Güte, Loyalität, Ehrlichkeit, das waren die Bausteine, auf die sein Regiment aufgebaut waren, bis eines Nachts diese hinterhältige Revolte kam, wobei der König, seine Frau, sowie ihre beiden geliebten Kinder und viele andere Unschuldige ums Leben kamen. Noch nie wurde das Land von solch abscheulichen Taten heimgesucht, wie zum damaligen Zeitpunkt. Hinterher wurden die Spekulationen laut, es wäre alles geplant gewesen und die Männer, die damals das Schloss angegriffen hatten, sollen zum heutigen König gehört haben: Londem. Es war bekannt, dass er schon Jahre vor dem Martyrium auf die königliche Krone spekuliert hatte, obwohl er lediglich als Berater des Königshauses diente. Und obwohl er unter dem Königreich lebte, war es ihm gelungen, dass niemand anderes ihn zuvor kannte. Die Wahrheit allerdings, was damals wirklich geschah, hatte Mashell mit ins Grab genommen. Die abscheuliche Tat erschütterte und lähmte Emda zugleich, denn mit ihm wurde das Land nicht nur um einen der besten Könige beraubt, sondern auch um einen der mächtigsten Magier seiner Zeit. Jene Fähigkeiten, mit denen er gesegnet war, waren unsagbar stark, gefährlich und selten. Er bewegte sich auf der hellen sowie der dunklen Seite, was dazu führte, dass er nicht nur die Macht hatte zu heilen, nein, er konnte selbst die Toten wieder zum Leben erwecken. Nicht in Fleisch und Blut, wie man es vielleicht vermuten würde, Ghule nannte man die Wiedererweckten, denn alles, was von den Lebenden noch übrigblieb, war deren Hülle. Aber dieser seltenen Magie bemächtigte er sich nie, stattdessen widmete er sich nur um die heilenden Kräfte. Und genau diese starken Fähigkeiten von Mashell ließen nachhaltig vermuten, dass sich durch sein Ableben jemand seiner Magie bemächtigen wollte, was aber völlig unmöglich sein konnte. Um überhaupt daran gelangen zu können, hätte es mindestens noch einen ebenso starken Zauberer gebraucht wie ihn, jemanden, der selbiges Potenzial besaß. Aber es war niemanden bekannt, dass es so einen jemals gegeben haben soll und die Geschichte blieb ein Mythos, ohne die Wahrheit jemals zu kennen. Und so nahm schließlich das Schicksal seinen Lauf und Londem betrat den Thron. Mit ihm trat die Hölle auf Erden in Kraft. Seine erste Amtshandlung verbot jegliche Magie und alle, die deren mächtig waren, wurden gnadenlos verbannt, eingesperrt oder solange gefoltert, bis sie den nächsten Morgen nicht mehr erlebten. Seine Soldaten waren Monster, kannten keinerlei Gnade und so entstand tragischerweise die Geschichte der liebenden um Jill und Lias. Jeder kannte die beiden und konnte unschwer dieses Band der Ewigkeit, was sich wie ein unsichtbares Gewand um beide schmiegte, übersehen. Er trug seine liebste auf Händen und sie verstand ihn, ohne dass ein Wort über seine Lippen kam. Sie waren wie füreinander bestimmt und schworen sich für den Rest ihres Lebens zusammenzubleiben, bis das Schicksal erbarmungslos zuschlug.Als die Magier verbannt wurden, kamen eines Nachts die Soldaten, um auch Lias zu holen. Jill klammerte sich an ihn und wollte um keinen Preis zulassen, dass sie ihn mitnahmen. Sie kämpfte um ihn, schrie und flehte. Noch heute wollen einige der Dorfbewohner ihre zitternde Stimme hören, wie sie die Männer anbettelte, Gnade walten zu lassen. Doch es half nichts, ganz im Gegenteil. Die Soldaten entwickelten sogar Gefallen daran, das Leid der anderen zu sehen und es dadurch noch mehr zu schüren. So nahmen sie ihn schließlich unter der Last von schweren Ketten mit und niemand hatte jemals mehr etwas von dem jungen Mann gehört oder gesehen. Das alles ertrug Jill nicht und zerbrach innerlich. Die Zeit, die eigentlich dafür zuständig sein sollte ihr Seelenkleid zu reparieren, heilte nicht annähernd ihren Schmerz und sie wählte eines Nachts für sich den freien und unkomplizierten Weg und stieg in den See, wo sie nie mehr zurückkehrte.Diese Geschichte prägte Lysall und blieb fest in den Köpfen der Bewohner verankert. Aus Angst vor solchen furchtbaren Methoden der Soldaten scheuten sie, den Magiern Unterschlupf zu gewähren und das Leben begann sich von einem auf den nächsten Tag komplett zu verändern.Die beiden lösten sich aus ihren Gedanken und erblickten den See. Stattlich zierte er mit seinen hellblauen, sauberen Wasser sein Umland und malte mit den darauf befindlichen Seerosen die perfekte Landschaft.»Sag mal, stand dieser Baum schon immer?«»Das ist eine Weide«, erwiderte Aeris und ritt mit Jakol näher heran. »Hier ruht Jill. Geliebte Tochter und geschätzte Bewohnerin Lysalls«, las sie mit ruhiger Stimme von einer Marmortafel ab, während sie vom Pferd abstieg. »Ihr Vater hat eine Gedenkstätte errichtet. Wusstest du davon?«Faryll schüttelte seinen Kopf und stieg ebenfalls vom Pferd. »Nein. Aber ein schöner Gedanke. So hat man die Möglichkeit bekommen, selbst als Außenstehender ihr zu gedenken«, strich er über den kühlen Stein und blickte in Aeris Augen. Er bemerkte ihre Traurigkeit und wusste, dass sie sich an ihre Mutter erinnerte, die kurz nach ihrer Geburt gestorben war.»Weißt du was, hier sind wir allein und unter uns. Lass uns doch mal unsere Fähigkeiten trainieren. Hier sind wir unbeobachtet und es stört keinen. Los, wie in alten Zeiten.«Sie zog bei seinen Worten die Augenbrauen hoch und blickte sich um.»Hier?«»Ja, genau hier. Oder hast du Angst, dass ich mittlerweile stärker sein könnte als du und dir den Hintern versohlen würde?«Sein Grinsen spornte die junge Frau an und sie brachte die Pferde zur Seite, um ihnen nicht versehentlich Schaden zuzufügen.»Gut, dann lass uns anfangen. Siehst du die Bäume dort? Ich werde direkt auf sie zielen und du musst dafür sorgen, dass ich sie nicht treffen werde. Meinst du, das gelingt dir?«, kam es ihm hämisch über die Lippen.»Mit solch leichten Aufgaben konfrontierst du mich? Dann warte mal ab. Dir wird das Lächeln schon noch vergehen, wenn du festgestellt hast, dass du nicht einen einzigen Baum getroffen hast, nachdem wir fertig sind.«Sie stellten sich nebeneinander und Aeris wartete darauf das es losging und das Schauspiel begann. In Farylls rechter Hand fing es an zu glühen und es wurde immer intensiver. Etwas schien sich zu bewegen und dann war es auch schon so weit. Er zog seinen Arm zurück und schleuderte einen kleinen Feuerball in Richtung der Bäume am Rand des Sees, der immer mehr an Macht gewann, je näher er seinem Ziel kam. Doch er verfehlte sein Ziel nicht und verpuffte im Wasser, wo es ein leichtes Zischen hinterließ und erlosch.»Ich bin beeindruckt«, grinste Aeris und lauerte darauf, dass er den nächsten warf.Und wieder wurde er von seinem Ziel fort gelenkt.»Du bist gut. Du hast es also nicht verlernt, blitzschnell zu agieren.«»Ich hatte ja auch einen guten Trainingspartner«, zwinkerte sie ihm zu. Niemand anderen außer ihm hatte sie es zu verdanken, ihre Fähigkeiten so gut in den Griff zu bekommen. Er war es, der sie schulte, ihr Vater konnte sie nicht lehren, er war der Magie nicht mächtig. Ihre Mutter war viel zu früh verstorben, sodass sie mit ihren Teleport Fähigkeiten komplett auf sich allein gestellt war, wäre da nicht Faryll gewesen, der sie nach und nach auf den richtigen Weg brachte. Durch ihn hatte sie die Kontrolle darüber gelernt und letztendlich nahezu Perfektion im Umgang damit bekommen.»Na, schaffst du es auch mit geschlossenen Augen?«Skeptisch blickte sie ihn bei seinen Worten ins Gesicht und pfiff die Luft hörbar aus.»Meinst du, das ist eine gute Idee?«, ihr war mulmig bei dem Gedanken daran, Farylls Feuerball blind irgendwohin zu lenken, ließ sich aber trotzdem auf das waghalsige Spiel ein. Blieb nur zu hoffen das alles gut gehen würde.Der junge Mann zählte langsam von drei nach unten, während sie sich hoch konzentriert versuchte, sich an sämtlichen Geräuschen zu orientieren.»Zwei«Sie spürte wie das Adrenalin ihre Glieder empor kroch.»Eins«Jetzt galt es nur noch darauf zu warten, den richtigen Zeitpunkt abzupassen.»Null«Ein leichtes Rauschen erklang und entfernte sich auch so schnell wie es aufgetaucht war. Der glimmende Ball zielte genau in eine große Eiche und drohte sie beim Erreichen lichterloh in Brand zu setzen, so gefährlich war seine Magie, obwohl sie noch nicht vollkommen ausgereift war. Plötzlich aber verschwand er und ein leichtes Zischen erklang aus dem See und um Aeris ihre Mundwinkel legte sich ein leichtes Lächeln.»Geschafft«, sprach sie mit erleichternden Worten.»Ich wusste, dir würde selbst das gelingen. Nahezu unbezwingbar, die Dame.«»Du setzt dein Vertrauen ziemlich hoch«, zwinkerte sie ihm entgegen und blickte zum Wasser. »Allerdings wäre es auch zu schade, wenn wir diesen Ort aufgrund unserer Spielerei schädigen würden, das hat er nicht verdient. Er ist noch das einzige Fleckchen Erde, was uns so nimmt, wie wir sind und wo wir sein können, wer wir sind.«»Aber ein bisschen Training kann trotzdem nicht schaden.«Ohne darüber nachzudenken, warf er erneut einen seiner Feuerbälle und bemerkte nicht, dass Aeris vollkommen in Gedanken versunken war und sich gerade nicht auf ihn konzentrierte.»Oh nein!«Sie wurde von seinen lauten Worten aus ihren Gedanken gerissen, blickte sich um und entdeckte den Auslöser dafür.»Was hast du getan?«, schaute sie fassungslos in die Richtung, in der seine Magie Feuer gefangen hatte. »Jill’s Baum. Du hast ihre Gedenkstätte in Brand gesetzt? Was hast du dir dabei gedacht?«»Gar nichts! Ich wollte nur noch mal deine Aufmerksamkeit testen.«»Meine Aufmerksamkeit? Jetzt hast du nicht nur meine Aufmerksamkeit, sondern die des Königs, der Dorfbewohner und allen voran auch noch Jill’s Vater. Weißt du, was das bedeutet?« rang sie nach Worten und starke Nervosität machte sich in ihrer Stimme bemerkbar.»Das bedeutet auf jeden Fall nichts Gutes«, erklang eine Stimme.Erschrocken über die Worte, drehten sie sich um und erbleichten als sie erkannten, wer hinter ihnen stand. Es war Jill’s Vater.»Was habt ihr getan? Ihr habt das letzte zerstört, was mich an meine geliebte Tochter erinnern sollte. Nun hab ich nichts mehr, außer ihren Abschiedsbrief. Was hat euch das Recht gegeben solch eine Tat zu verüben und dann noch durch Magie?«Die beiden blieben regungslos stehen und blickten ihm ins Gesicht, mieden aber dabei beschämend seine Augen. Es war eine furchtbar unangenehm und beklemmende Situation, die selbst den beiden Pferden nicht entgangen war und sie nervös und unsicher hin und her treten ließ.»Es tut uns leid, das müssen sie uns glauben. Wir waren unachtsam, haben uns verhalten wie kleine Kinder. Aber bitte, sie müssen uns verzeihen.«, doch ihre flehenden Worte fanden kein Gehör. Sie wusste, was geschehen würde, wenn rauskommt, dass sie beide nicht nur der Magie mächtig waren, sondern sie auch noch ausübten.»Es bringt nichts, wir haben uns seinen ganzen Zorn zugezogen. Es wäre besser, wir verschwinden von hier.«»Was? Wir sollen … ist das dein Ernst? Er wird Londem von uns in Kenntnis setzen. Sie werden uns erbarmungslos jagen.«»Aeris ich weiß, aber was sollen wir machen? Ihn festbinden? Ich bin daran schuld, indem ich auf die dämliche Idee kam unsere Fähigkeiten zu verbessern und habe dich da mit hineingezogen. Für mein Verhalten kann weder er noch du etwas. Wir müssen trotzdem von hier verschwinden.« Er wusste, dass sie sich die Schuld mitgab. Sie jetzt vom Gegenteil überzeugen zu wollen, wäre vergebene Mühe gewesen. Also drängte er sie aufs Pferd zu steigen, während er selbst auf Aruja Platz nahm.»Bitte glauben Sie uns, wenn wir Ihnen sagen, wie unendlich leid uns das tut. Ich wünschte, wir könnten es ungeschehen machen.«In den Augen des alten Mannes blitzte Wut auf und er ballte seine Fäuste. »Haut ab, das ist ein heiliger Ort und da haben Scharlatane, wie ihr es seid, nichts zu suchen«, schrie er die beiden an, die sich sofort mit den Pferden in Bewegung setzten und ihn zurückließen.Als die beiden aus der Sichtweite des Mannes waren, hielt Aeris mit Jakol an und holte tief Luft. Noch nie hatte sie sich so verletzlich und verwundbar gefühlt. Vor wenigen Stunden war ihre Welt in Ordnung. Und jetzt, wenige Stunden später, war sie vom Chaos umgeben.»Wir können nicht mehr in Lysall bleiben, das ist dir schon klar, oder?«, erklang in ihrer Stimme eine leichte, vorwurfsvolle Schärfe und ließ in Farylls Gesichtsausdruck Ernüchterung aufkommen.»Nein, daran hab ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht. Aber du hast recht, bleiben wir im Dorf bringen wir unsere Familien in Gefahr, doch wie wollen wir das erklären?«»Indem wir ihnen die Wahrheit sagen, darauf haben sie ein Recht. Wir haben den Fehler begangen, also müssen wir auch dafür gerade stehen, ohne dass wir Unschuldige mit hineinziehen. Uns bleibt also nicht viel Zeit. Lass uns nachhause reiten und alles vorbereiten. Londem wird bestimmt bald über uns Bescheid wissen, da wäre es unklug, wenn wir uns noch in Lysall befinden.«Der junge Mann brauchte nichts mehr hinzuzufügen, vielmehr bereitete es ihm innere Schmerzen darüber nachzudenken, welch weitreichende Konsequenzen sein spielerisches Handeln mit sich zog. Es war keinerlei Absicht dahinter, nur das Vergnügen ihrer Magie, welche sie sonst nicht benutzen durften. Am allermeisten aber versetzte es ihm einen Stich, dass seinetwegen seine beste Freundin ihren Vater für unbestimmte Zeit verlassen musste, wo er ihre einzige Familie war. Und wie würden es seine Eltern auffassen, wenn sie erkennen müssen, wie unreif sein Verhalten war? Die Schwere seiner Schuld wog hoch, aber nichts konnte man weder ändern noch ungeschehen machen. Dazu war es zu spät.Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten die beiden das Dorf. Es herrschte die normale Ruhe und das alltägliche Landleben.»Nimm Jakol mit, ich werde mich später bei dir melden. Lass uns erst mal mit unseren Eltern sprechen.«»Gut. Dann bis später.« Aeris verabschiedete sich mit kühler Miene, obwohl es nicht in ihrer Absicht lag, aber sie fühlte sich schlecht ihrem Vater solche Neuigkeiten überbringen zu müssen. Er hatte sie so oft gewarnt und ermahnt, welch weitreichende Konsequenzen es hätte, wenn Londem von ihnen erfahren würde. Nun war es zu spät und womöglich längst geschehen. Vielleicht waren seine Soldaten sogar in diesem Moment schon auf dem Weg zu ihnen. Noch ein Grund mehr sich zu beeilen und sie ritt mit Jakol zügig zu ihrem Elternhaus, wo sie das Pferd befestigte und das Haus betrat. Sie schloss die Eingangstür hinter sich und erblickte dabei das Familienfoto in dem gelb, orangefarbenen Bilderrahmen. Ihre Finger strichen sanft darüber und sie wusste, dass sie heute einen gewaltigen Fehler begangen hatte.»Du bist schon zurück?«Erschrocken zuckte Aeris bei den Worten zusammen und erblickte ihren Vater, der wenige Schritte vor ihr stand.»Papa«, blickte sie kurz zur Decke hinauf, atmete tief ein und schluckte ihre Tränen hinunter. »Es tut mir so leid.«Doch Gwen verstand nicht ganz, was seine Tochter meinte, doch übermannte ihn eine bitterböse Vorahnung.»Wir wollten das nicht. Sie wissen, was Faryll und ich sind«, blickte sie reumütig auf den Boden und versuchte weiterzusprechen, aber ihr Vater ließ dies nicht zu.»Ich hätte mit Engelszunge auf dich einreden können, gebetsmühlenartig versuchen, dir begreiflich zu machen, wie wichtig es ist, unentdeckt zu bleiben. Aber irgendwann wäre es so oder so dazu gekommen. Ich gebe dir keine Schuld, es ist deine Natur und die Magie gehört zu dir. Falsch habt nicht ihr gehandelt, sondern der König, indem er das zum Tabuthema erklärte«, versuchte er räuspernd ein freundliches Gesicht zu machen, aber die Traurigkeit und Sorge konnte man in jeden seiner Falten erkennen. »Dennoch müsst ihr von hier verschwinden, so schnell wie möglich. Nicht weil ich das will, sondern weil es hier zu gefährlich wird. Aber da erzähle ich dir ja nichts Neues«, drehte er sich um, lief zu einer schwarzen Kommode und zog eine Schublade heraus. Seine Hände suchten darin nach etwas, bis eine kleine Karte zum Vorschein kam, die er an sich nahm und wieder auf seine Tochter zukam. »Hier, nimm das.«»Was ist das?«, blickte sie ihm entgegen, während er es in ihre Hände drückte.»Das ist eine Karte. Die haben deine Mutter und ich zu deiner Geburt von einer alten, guten Freundin bekommen. Ihr Name ist Zarya. Sie wohnt im Dorf Feey, einen Tagesritt ungefähr von hier entfernt. Geht zur ihr, sie wird euch Unterschlupf gewähren. Zeig ihr diese Karte und sie wird wissen, wer du bist.«Ihr Blick glitt auf die vom Alter gezeichnet und verblasste Schrift und dann schaute sie wieder in das Gesicht ihres Vaters.»Ich will nicht weg, ich will bei dir bleiben. Aber würde ich bleiben, wäre ich egoistisch und wäre dann dafür verantwortlich, wenn dir meinetwegen etwas geschehen würde.«»Nein, mein Kind«, unterbrach er sie. »Um mich musst du dir keine Sorgen machen. Ich schicke dich nicht zu Zarya, um mich zu schützen, ich will, dass du weiterhin die Freiheit genießen kannst, was hier nicht mehr möglich ist. Sie würden kommen und dich holen und ich könnte nichts dagegen tun. Also nimm die Karte und mach dich auf den Weg.«Das schrille Läuten der königlichen Sirenen rissen die beiden plötzlich aus dem Gespräch und Aeris lief zur Tür und blickte vorsichtig durch den geöffneten Spalt.»Sie wissen es«, flüsterte sie und trat wieder zurück. »Ich muss los, Papa. Es tut mir so unendlich leid. Ich hoffe, du kannst mir eines Tages verzeihen und ich verspreche dir, dass ich eines Tages zurückkehren werde. Bitte pass bis dahin gut auf dich auf. Ich liebe dich.« Sie fiel ihm in die Arme und vergrub ihr Gesicht. Es fühlte sich an, als würden tausend Nadelstiche durch ihren Körper wandern. Er war immer ihr sicherer Hafen, ihre Heimat, ihr Vater. Alles, was ihr noch an Familie übrigblieb. Nun aber musste sie das alles für unbestimmte Zeit hinter sich lassen.»Ich liebe dich«, flüsterte sie ihm ein letztes Mal ins Ohr und lief aus dem Haus, damit er nicht ihre Tränen sehen konnte. Sie wollte stark erscheinen, auch wenn es kaum gelang.»Beeil dich«, rief eine vertraute Stimme ihr zu und sie erkannte Faryll der zügig herbei geritten kam. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Die Soldaten sind auf dem Weg hierher, wir müssen schnellstmöglich von hier verschwinden. Komm.«Aeris überlegte nicht lange, band Jakol los und schwang sich auf seinen Rücken, um ihn sofort voranzutreiben.»Los, los«, trieb sie das Pferd an, um Faryll nicht aus den Augen zu verlieren, der schon auf dem Weg zum Ausgang des Dorfes war. Sie hinterließen durch die Geschwindigkeiten der Pferde an der ein und anderen Stelle ein kleines Chaos, während sie Obststände umwarfen, oder den Dorfbewohnern einen ordentlichen Schrecken einjagten. Wieder ertönten die Sirenen und das schrille Signal bohrte sich regelrecht in ihre Köpfe.»Ihr müsst euch beeilen«, mahnte eine bekannte Stimme in Aeris Gedanken.»Avodia«, flüsterte sie erleichtert. »Es tut so gut, dich zu hören.«»Wir haben keine Zeit. Beeilt euch«, wurde sie eindringlicher und brachte die junge Frau dazu, Jakol noch mehr anzutreiben.»Faryll, wir müssen schneller werden.«»Was?«, versuchte er ihre Worte zu verstehen und drehte seinen Kopf leicht nach hinten.»Schneller, noch schneller«, brüllte sie nach vorn und trieb ihr Pferd weiter an. »Beeil dich.«Sie mussten so schnell es ging das Dorf verlassen, um den Soldaten die Möglichkeiten zu nehmen, sie einkesseln zu können. Und solange sie sich noch in Lysall befanden, waren sie ihnen gegenüber stark im Nachteil, doch es trennte sie nur noch wenige Meter und die Hoffnung stieg, verschont und unentdeckt zu bleiben. Dennoch mussten sie sich beeilen und das zügige Tempo beibehalten, während hinter ihnen die Alarmsignale immer deutlicher ertönten. Doch das Schicksal schien es gut mit den beiden zu meinen und sie erreichten das Dorfende, ohne in die Hände der Schergen vom König zu fallen. Sie hatten es geschafft. Raus aus dem Dorf, weg von den Soldaten und einigermaßen in Sicherheit.
Die Flucht
Die Hufschläge der beiden Pferde Jakol und Aruja hallten über den staubigen Untergrund des unebenen Weges, der an den Seiten dicht von Büschen und Wildwuchs umgeben war. Man konnte nur noch vereinzelte Dächer Lysalls erkennen.Sie bogen auf einen kleinen Pfad ab, der sie an eine abgelegene ruhige Stelle führte, wo auch eine kleine Böschung für das Trinken der Pferde garantierte.»Wir dürften einen kleinen Vorsprung erzielt haben«, sprach Faryll mit ernstem Gesichtsausdruck, während er von seinem Pferd abstieg, um es zum Wasser zu geleiten.»Avodia hat mich gewarnt. Sie hat Londems Männer kommen sehen. Es war schon lange her, dass sie mit mir sprach.« Avodia war Aeris Wächterin. Nur wenige Magier besaßen eine und konnten daher sehr dankbar sein. Sie waren Seelenverwandte und Beschützer. Agieren können sie nur in den Gedanken ihrer Schützlinge, nur selten manifestieren sie sich außerhalb, es sei denn die Bedrohung ist zu immens und ihr Schutz würde gebraucht.»Sie hat dich gewarnt? Nach so langer Zeit der Stille?«Aeris wusste, dass er eigentlich recht hatte, aber sie wollte nicht das er schlecht von ihr dachte, immerhin ist sie nicht dafür da um die täglichen Neuigkeiten zu ermitteln, sondern um sie zu schützen.»Hör auf, du weißt, dass sie nicht zu meinem Vergnügen existiert.«, dabei führte sie Jakol zur Wasserstelle und ließ ihn genüsslich trinken, während er leicht von Aruja angestupst wurde.»Dies war nicht böse gemeint. Es hat mich nur ein wenig irritiert, da ich mit ihr nicht mehr gerechnet hatte. Es freut mich zu wissen, dass sie immer noch auf dich Acht zu geben scheint. Und was machen wir nun?«, seine Frage war nicht unberechtigt, immerhin wusste er nichts von dem Gespräch zwischen ihr und ihrem Vater.Wir müssen ein Dorf namens Feey aufsuchen, dort lebt eine Frau namens Zarya. Mein Vater erklärte mir, dass es sich einen Tagesritt von hier befindet.»Und in welche Richtung müssen wir?«Nach diesen Worten bildete sich auf ihrer Stirn ein Runzeln und der junge Mann blickte fassungslos zu ihr rüber.»Moment mal, langsam. Du weißt den Weg nicht? Hat er dir nichts mitgegeben? Eine Landkarte oder irgendwas anderes, was uns den Weg zeigt?«»Doch, ja, eine Karte. Moment.«, sie kramte in ihrer Jackentasche und zog eine kleine zusammengefaltete Karte heraus. »Ich habe nur das.«, sie reichte es hinüber und beobachtete wie Faryll sie vorsichtig auseinander machte.»Deine Eltern bekamen sie zu deiner Geburt«, sprach er mit leiser Stimme und betrachtete sie als ihm etwas daran auffiel. »Das ist nicht irgendeine Karte, sondern ein Wegweiser. Hier, schau es dir an«, deuteten seine Finger auf die Rückseite.Darauf zu erkennen war ein gemaltes Abbild des Dorfes Feey mit einer kleinen Skizze, wie man dahin gelangt.»Allerdings stellt uns das jetzt vor ein großes Problem«, kam es ihm nachdenklich über die Lippen. Wir müssen durch Dürth, das erinnert mich auch gleich an die ganzen zahlreichen Schauermärchen, die man uns als Kinder davon erzählt hat.»Ich erinnere mich daran«, sprach sie mit gedämpfter Stimme. »Ein Ort, der verfluchter nicht sein konnte, wer ihn einmal betreten hatte, kehrte nie wieder zurück. Andere erzählten sich sogar darüber, dass jene, welche auch nur einen Fuß in den besagten Wald gesetzt hatten, mit den Bäumen verschmolzen waren.« Aber daran glaubten beide nicht. Was aber wirklich an so manchen Schauermärchen dran war, wusste niemand. Für die einen waren es nur ein Märchen, eine Legende. Erzählt, um Ängste zu schüren. Für andere wiederum, war es Grund genug sich nicht mal ansatzweise in die Nähe dahin zu trauen. Der Mythos um Dürth blieb daher nahezu unentdeckt, da sich angeblich niemand traute hineinzugehen. Zu groß war die Angst der Bewohner Lysalls gewesen, in ein Unglück zu geraten. Selbst die größten Magier zollten dem Ort aufgrund der Geschichten ihren hohen Respekt, nun aber sollte sein Geheimnis gelüftet werden.»Wir müssen weiter. Verweilen wir länger als nötig hier, verspielen wir unseren möglichen Vorsprung und die Chance den Wald noch vor Sonnenuntergang zu erreichen.«»Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass wir in Dunkelheit den Wald durchqueren müssen«, ergänzte Aeris seine Worte und nahm wieder auf Jakols Rücken Platz.Letztendlich konnten sie es drehen und wenden wie sie es wollten, sie hatten so oder so noch einen schwierigen Weg vor sich.Sie verließen den schmalen Pfad wieder, den sie zu der kleinen Böschung eingeschlagen hatten, um sich weiterhin auf den Weg zu machen, als sie bemerkten, dass sich ihnen jemand auf einem Pferd näherte. Einen kurzen Augenblick überlegten beide, davon zu reiten. Da es sich allerdings nur um eine einzige Person handelte, entschlossen sie sich, sich so normal wie möglich zu verhalten.Aeris spürte wie der Fremde näherkam, aber sie wollte sich nichts anmerken lassen und behielt ihre Geschwindigkeit bei, während Faryll es ihr gleichtat.»Verhalte dich so wie immer«, flüsterte er ihr noch schnell entgegen, als die Person auch schon auf selber Höhe mit ihnen war.»Einen freundlichen Wandersmann Gruß an euch«, erklang eine fremde, tiefe männliche Stimme.»Seid gegrüßt«, erwiderten die beiden und vermieden es, ihm dabei ins Gesicht zu blicken und taten so, als würden sie hoch konzentriert auf die Schritte ihrer Pferde achten.»Ihr seid auf gefährlichen Wegen unterwegs, das ist euch aber schon bewusst, oder?«・»Wir wissen, dass vor uns das Areal von Dürth liegt. Uns sind deren Gefahren bewusst. Danke für die Warnung, sollte es eine gewesen sein«, erwiderte Faryll, ohne den Fremden auch nur eine Sekunde anzublicken.»Aha. Und wieso reitet ihr dahin, wenn ihr doch um seine Gefährlichkeit wisst?«・»Nun ja, wir sind neugierig, ob ein Weg daran vorbeigeht, um andere davor zu bewahren, ihn im Notfall betreten zu müssen. Wir wollen ihn quasi auskundschaften. Eine Art Nachbarschaftshilfe.«Faryll biss sich auf die Unterlippe und blickte Aeris finster an, als er ihre Worte vernahm.»Tja, dann ist heute euer Glückstag«, säuselte der Fremde.・»Und weswegen genau?«, kam es Faryll schnippisch über die Lippen.»Weil ich zufällig ein Wandersmann bin und diese Umgebung besser kenne als du die Grashalme zu deiner linken Seite.«»Im Ernst? Sie sind also der Meinung, dass es einen Weg gibt, mit dem man den Wald tatsächlich umgehen kann?«, brachte Farylls Worte mit einem skeptischen Unterton zum Vorschein, während der Fremde unbehelligt weitersprach.・»Wie schon erwähnt und ich betone es gerne erneut, bin ich ein Wandersmann und kenne so manche Möglichkeiten sicher von A nach B zu gelangen. Es liegt an euch, ob ihr mir euer Vertrauen schenkt oder nicht. Das ist ganz euch überlassen. Falls ihr es nicht tut, bin ich sofort verschwunden. Solltet ihr aber interessiert sein, würde es mir eine Ehre sein, euch behilflich sein zu dürfen.«Die beiden Freunde tauschten gegenseitig skeptische Blicke aus und versuchten dabei jeweils bei dem anderen herauslesen zu können, wie der andere darüber dachte.»Woher sollen wir wissen, dass sie sich nicht einfach nur einen Spaß daraus machen und wir uns am Ende in einer noch größeren Gefahr befinden als es vielleicht der Wald wäre?«, erklang Farylls Stimme messerscharf und berechnend. Er war noch nie ein Freund von Menschen gewesen, die sich einfach ungefragt in Situationen einschlichen, um sich dann als Helden zu präsentieren.»Nun ja, manchmal muss man auch ein gewisses Risiko im Leben eingehen. Letztendlich aber müsst ihr selbst für euch abwägen, was das Beste ist. Gefahren können beide Situationen mit sich bringen. Entweder der Wald, oder ich. Aber ich halte mein Wort und das lautet, euch vorbei an Dürth zu führen. Was ihr aus meinem Vorschlag macht, das liegt allerdings ganz allein bei euch. Entweder ihr lasst euch auf die unbekannten Gefahren im Wald ein oder ihr schenkt mir euer Vertrauen und lasst euch von mir leiten.«Erneut kehrte Stille ein und die beiden überlegten, ob sie dem Wanderer vertrauen konnten. Einerseits schien es schon gefährlich, anderseits hatten sie nur noch wenige Alternativen und es musste zügig eine Entscheidung her. Ob es sich am Ende als naiv herausstellt, würde sich wohl oder übel erst hinterher zeigen.»Okay, zeigen Sie uns, wie wir den Wald umgehen können. Nicht mehr und auch nicht weniger. Alles, was wir dafür zu bieten haben, ist unser Dank«, antwortete Faryll, ohne dabei in seine Richtung zu blicken.»Na, das ist doch vollkommen ausreichend, außerdem liegt das sowieso auf meinem Weg«, nickte er dem jungen Mann entgegen, welcher tief einatmete und dabei in Aeris Augen schaute. Nun musste sich nur bestätigen, dass sie das Richtige taten, indem sie diesem Fremden ihr Vertrauen schenkten, alles andere wäre im jetzigen Moment und ihrer befindlichen Situation mehr als fatal.Der Fremde ritt vor ihnen her und trug einen eleganten roten Umhang, der sonderbar königlich wirkte, während seine Haare eine braune Farbe hatten und eine beachtliche Länge aufwiesen. Damit sie nicht wild umher fielen, hielt ein schwarzes Band sie zusammen. Auffällig hingegen wirkten seine Stiefel, solche hatten die beiden vorher noch nirgends gesehen. Selbst die Hose war von edlen schwarzen Stoff, was untypisch für eine Arbeiterumgebung wie Lysall war. Aber er stellte sich ja als Wanderer vor, vielleicht kam er auch von sehr weit her.Um nach längerer Zeit die unerträgliche Stille zwischen den dreien zu unterbrechen, sprach Aeris ihn direkt an.»Ich hab Sie hier vorher noch nie gesehen, sind sie immer so hilfsbereit?«, dabei versuchte sie so nah wie möglich an ihn heranzukommen, um sein Gesicht besser sehen zu können, welches von einem Tuch leicht verdeckt gehalten wurde. Ihr Blick entging ihm dabei keinesfalls.»Du willst wissen, weswegen ich euch helfe, den Wald zu umgehen? Dann schau genau hin und präge es dir gut in dein Gedächtnis ein«, er nahm sein Tuch herunter und die junge Frau fuhr erschrocken zusammen. »Genau aus diesem Grund, warum dir gerade der Atem stockt.«Das Gesicht des jungen Fremden bestand aus zahlreichen Narben, als hätte es ein wildes Tier zerfetzt. Durch diesen Aspekt ließen seine grün leuchtenden Augen ihn bedrohlich und zeitgleich geheimnisvoll wirken.»Es tut mir leid. Ich wollte sie nicht verärgern. Vielmehr hab ich nicht damit gerechnet, dass …«, versuchte Aeris halbwegs einen anständigen Satz über die Lippen zu bekommen, doch er schnitt ihr das Wort ab.»Dass ich so monströs aussehe? Mach dir nichts draus, Liebes. Ich hab es so oder so viel lieber, wenn die Menschen eher vor mir erschrecken, als dass sie mir um den Hals fallen. So behalte ich stets meine Ruhe und den Respekt vor mir«, umspielten seine Lippen ein leichtes Lächeln, was die junge Frau dazu brachte, ihre aufgebaute Anspannung wieder fallen zu lassen, bevor er schließlich weitersprach.»Diese Narben, die mein Gesicht zieren, entstanden in diesem verfluchten Wald. Ich hatte ihn damals noch nicht mal richtig betreten, wurde aber durch meine Neugierde bestraft, die durch Erzählungen anderer geweckt wurde«, suchte sein Blick die Sonne, um sich schließlich in die andere Richtung zu drehen. »Seht ihr diesen Hügel da drüben?«, Sein Finger deutete in die Richtung vor Ihnen. »Ungefähr noch eine Stunde von hier in dem Tempo wie jetzt und wir haben unser Ziel erreicht.«Plötzlich aber dröhnte Aeris ihr Kopf und sie vernahm warnende Worte.»Geht nicht weiter! Kehrt um, sofort. Jeder eurer Schritte bringt euch in große Gefahr. Vertraut niemanden, den ihr nicht kennt, allen voran ihm. Ich bitte dich dreh um und hör auf mich. Du musst mir vertrauen.«Irritiert blieb sie stehen und blickte nach vorne. Noch immer hallten die Worte in ihrem Kopf, die sie anflehten, keinen Schritt weiter in diese Richtung zu laufen. Avodia würde niemals mit mahnender Stimme sprechen. Und da war noch etwas ganz anderes, was sie in ihren Worten erkannte: Angst.»Stopp. Faryll bleib stehen. Wir sollten keinen Schritt weiter gehen. Irgendwas stimmt nicht«, klang ihre Stimme beherrscht und Skepsis schwang wie ein Stigma über den Kopf des Fremden. Faryll musste nicht nachfragen wieso, er wusste, dass es Avodia zu verdanken war, dass die Pferde anhalten mussten.»Wir vertrauen hier jemanden, von dem wir weder wissen, wie sein Name lautet, noch wo er überhaupt herkommt. Eigentlich wissen wir rein gar nichts von ihm«, kam es ihr mit scharfer Zunge über die Lippen, als sich der Fremde auch schon mit seinem Pferd direkt vor sie stellte.»Okay liebes. Jetzt hab ich deine sture Seite kennenlernen dürfen und auch wenn ich sie irgendwie mag, ist das Timing dafür gerade mehr als unangebracht. Ihr wollt Antworten? Könnt ihr sie auch vertragen? Meint ihr, es wird euch danach besser gehen? Gut, so sei es. Mein Name lautet Lesat und ich bin nicht zufällig auf euch gestoßen. Nein, ich bin ein Abgesandter des Königs und wurde geschickt, um euch ausfindig zu machen, was mir schneller gelungen war als gedacht.«Irritiert blickte Aeris in die Augen ihres Gegenübers und erkannte ihren Fehler.»Ich hätte es wissen müssen, sie sind ein Sucher. Sie besitzen die Fähigkeiten des Fährtenlesers und die Flinkheit einer Katze, Leute wie ihresgleichen nennt man Katzenmenschen.«, dabei spürte sie, wie Jakol immer unruhiger wurde und anfing zu schnaufen. Auch Aruja war ihre Nervosität anzumerken und Faryll versuchte sie zu beruhigen.»Jetzt wo ihr die Wahrheit kennt und wisst, wem ihr gegenübersteht und ihr euer Vertrauen geschenkt habt, seid ihr jetzt zufrieden den wahren Grund zu kennen, warum ich hier bin?«Sie fühlten sich hintergangen und verraten, hatten nicht eine Sekunde in Betracht gezogen, dass sie wohl möglich dem Feind folgten und längst entdeckt wurden. Faryll wirkte gedemütigt und blickte zu Aeris, die wiederum Lesat nicht aus den Augen ließ.»Ich würde euch ja gerne sagen, dass ihr einfach davon reiten könntet, aber das geht nicht. Meine Männer haben längst Position bezogen. Sie würden nur auf ein Handzeichen meinerseits warten, um euch, ohne mit der Wimper zu zucken, in Gewahrsam zu nehmen«, sprach er mit klarer Stimme und spätestens jetzt zeigte sich der wahre Charakter in Form seiner absoluten Hässlichkeit. Faryll wurde blass und Unbehagen breitete sich ihn ihm aus. Beide hatten diesen Scharlatan vertraut und waren geradewegs in einen Hinterhalt geraten. Ihre Situation schien plötzlich unausweichlich zu sein.»Du hast uns hereingelegt. Du hast uns einen Wandersmann vorgetäuscht, damit wir dir folgen und uns somit in die Höhle des Löwen begeben.«Bei diesen Worten huschte ein leichtes Grinsen über Lesats Lippen und er blickte kurz zu Boden.»Sagen wir so, es hat nicht viel gebraucht, um euch dazu zu bringen mir bedingungslos zu folgen. Tatsächlich hatte ich es mir schwieriger vorgestellt, euch um den Finger zu wickeln und bin daher höchst erstaunt, wie naiv ihr doch gewesen seid. Ich hab mich gar nicht großartig anstrengen müssen. Ihr habt mir fast von allein aus der Hand gefressen.«Und damit hatte er nicht mal Unrecht gehabt. In ihrer Not und Verzweiflung fiel die Naivität wie ein Schleier auf die beiden Freunde herab und hat sie nahezu in eine Falle gebracht.»Ich hätte schlauer sein müssen«, schluckte Aeris ihre Enttäuschung herunter. »Ihr seid nichts weiter als ein kleiner Schurke der aufs Kommando und befehlen eines unfähigen Königs ohne jegliche Menschenkenntnis setzt. Sie tun mir eher leid, als dass ich jetzt irgendwelchen Respekt vor ihnen aufbauen würde.« Mit ihren Worten schien sie allerdings einen wunden Punkt getroffen zu haben und er brachte sein Pferd näher an sie heran.»Hüte deine scharfe Zunge, liebes und sei vorsichtig in der Auswahl deiner Worte. Ich mache nur meine Arbeit, die mir auferlegt wurde. Und wenn mein Befehl lautet, zwei entwischte Magier zurück ins Schloss zu bringen, so werde ich das auch erledigen. Schade finde ich nur, dass ihr beide den restlichen Weg nicht freiwillig mitkommen werdet. Die einfache Variante hätte mir weitaus besser gefallen. Wie gesagt, ihr könnt versuchen zu fliehen, oder euch wehren. Seid euch allerdings sicher, beides wäre sinnlos. Meine Männer warten nur darauf, euch eigenhändig einzusammeln und persönlich abzugeben, immerhin winkt für euch ein hübsches Sümmchen. Nehmt euch also einfach zusammen und lauft weiter als wäre nichts geschehen.«»Wie bitte? Keinesfalls. Ich werde nirgends wohin gehen und mich letztendlich freiwillig dem König überbringen lassen. Dazu müssen sie mich schon zwingen. Bei ihren Vorstellungen hoffe ich zumindest, dass sie dabei berechnet haben, dass ich mich keinesfalls einfach so ergeben werde«, richtete sie ihre Worte an ihn und bemerkte dabei seine zornigen Augen als er plötzlich wendig wie eine Katze vom Pferd sprang und sie von Jakol in seine Arme zog und ihr direkt ins Gesicht blickte. Ihr Puls schlug gewaltig schnell und sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht während sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien.»Ich will dir nicht wehtun, liebes«, knurrte er in ihr Gesicht und hielt sie dabei leicht am Arm fest, ohne ihr dabei wehtun zu wollen.»Nenn mich gefälligst nicht liebes, du hinterhältiger Bastard«, fauchte sie ihn schnippisch an, als etwas an ihnen vorbeisauste und für einen kurzen Moment eine gewaltige Hitze ausstrahlte.»Der nächste wird dich direkt ins Herz treffen, wenn du sie nicht sofort loslässt.«Es war einer von Farylls mächtigen Feuerbällen, der nur um Haaresbreite an Lesats Kopf vorbeiflog. »Ich an deiner Stelle würde nicht solch voreiligen Töne spucken. In weniger als einer Sekunde kann ich deiner kleinen Freundin ihren dürren Hals brechen wie einen hölzernen Ast. Überlege dir also bitte vorher ganz genau, wie viel Risiko du bei deinen Vorhaben einsetzen willst, es könnte dadurch zu gravierenden Verlusten kommen.«Die Situation schien ausweglos. Aeris konnte ihre Fähigkeiten nicht einsetzen, solange sie festgehalten wurde. Alles, was ihm blieb, war sich zu ergeben, was ihm keinesfalls leicht fiel. Aber das Leben von Aeris wollte und konnte er keinesfalls aufs Spiel setzen. Er wollte noch etwas erwidern, als ein seltsames Geräusch ertönte und ein heran sausender Pfeil mit immenser Geschwindigkeit nur um ein paar Millimeter an Lesats Gesicht vorbeiflog, um sich wenige Schritte hinter ihm in einen Baum zu bohren. Alle drei Pferde bäumten sich auf und es gelang nur mit Mühe und Not Aruja und Jakol zu beruhigen, während Lesat immer noch Aeris festhielt.»Deine Manieren lassen zu wünschen übrig. Schon alleine dafür hätte dich mein Pfeil genau zwischen den Augen treffen sollen.«Alle drei drehten sich zu der fremden Stimme um und erblickten einen Mann mit einem riesig, gespannten Bogen in seiner Hand, jederzeit bereit einen weiteren Pfeil abzugeben, der womöglich dann nicht mehr sein Ziel verfehlen würde.»So sieht man sich also wieder. Du scheinst immer noch der große Retter in der Not zu sein. Nett, dass du allerdings erst deinen Bogen für dich sprechen lässt, bevor du selbst zu Wort kommst«, sprach Lesat genervt und blickte rüber.»Was ich für dich bin, interessiert mich nicht, vielmehr will ich wissen, was der Zirkus soll und warum du die junge Frau immer noch nicht losgelassen hast. Hab ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?«»Nun ja, deine Zielgenauigkeit ist mir ja bekannt, allerdings hab ich hier einen Auftrag zu erledigen, indem ich zwei Pakete abzuliefern habe.«Der Bogenschütze neigte seinen Kopf zur Seite und blickte zwischen Aeris und Faryll hin und her.»War das jetzt dein Ernst, mit dem, was du von dir gegeben hast? Diese beiden sind nichts weiter als Pakete für dich, die du noch zusätzlich zwingst, mit dir zu kommen? Ich hab da aber mal eine Frage, nur interessehalber. Was hat der König mit ihnen vor? Ich nehme mal an, dass du in seinem Auftrag handelst, daher weißt du hoffentlich auch, was mit ihnen geschehen wird, wenn du sie ihm überstellst. Insofern du zu dem engeren Kreis seiner Vertrauten gehörst. Du und deine Schergen, mit denen du hier unterwegs bist, sollten sich schämen«, machte er kein Geheimnis daraus, dass er wusste, dass Lesat mit seinen Gefolgsleuten unterwegs war. »Aber ich frage mich sowieso, wie du es überhaupt geschafft hast, einer der treuen Untertanen des Königs zu werden. Soviel ich weiß, hast du doch auch deine gewissen vorzüglichen Fähigkeiten, die man den Magiern im eigentlichen Sinne verwehrt und sogar die Strafe dafür droht. Wieso also darfst du an seiner Seite verweilen? Oder dienst du als sein persönliches Schoß-Kätzchen?«Wütend auf diese Worte sprang Lesat mit ungeheuerlicher Geschwindigkeit dem Bogenschützen entgegen und kam kurz vor ihm zum Stehen, sodass eine Wolke aus aufgewirbelten Dreck entstand.»Genug deiner unverschämten Worte! Diese beiden haben sich dem König widersetzt. Sie lebten ohne Erlaubnis mit ihren Familien weiter in Lysall, obwohl sie die Gesetze kannten. Und wer sich der Verbannung widersetzt, wird gefangen genommen, so und nicht anders lauten die Gesetze. Sie blieben unerlaubt in unserem Land und dafür droht ihnen der Kerker«, stammelte er, während der Bogenschütze desinteressiert einen Schritt zur Seite machte und an ihm herunterblickte.»Weißt du eigentlich, wie erbärmlich du bist? Du zollst einem Mann, der sich König nennt, Respekt und besitzt selber nicht einmal dasselbige gegenüber unschuldigen Menschen. Aber mach dir nichts daraus, du brauchst dir auch darüber gar nicht mehr länger deinen Kopf zu zerbrechen. Ab hier werde ich diese zwei übernehmen. Allerdings würde ich mir jetzt an deiner Stelle gut überlegen, ob ich mir dafür wahrhaftig deine Erlaubnis einholen muss, oder ob du nicht einfach von hier verschwindest und vergisst, dass du uns über den Weg gelaufen bist.«Das allerdings, schien keinesfalls im Interesse von Lesat zu liegen. Mit einem finsteren Lächeln blickte er seinem Gegenüber entgegen. Die gegenseitige Wut und Rivalität aufeinander lag spürbar wie ein unsichtbares Tuch in der Luft.»Okay, dein Humor ist wirklich sehr gut, doch hab ich so langsam das Interesse daran verloren. Tue mir jetzt einfach bitte den Gefallen und mach, dass du von hier weg kommst«, mahnte er mit drohender Stimme. »Und ehe ich es vergesse, das nächste Mal werden wir alleine aufeinander treffen und klären, was heute vorgefallen ist. Dann werden wir uns noch einmal richtig unterhalten. Vergiss also diese Worte nicht und präge sie dir gut ein«, warnte Lesat in die Richtung des Mannes, welcher immer noch mit gezückten Bogen dastand und abwartete.»War das jetzt eine Drohung?«, erwiderte er mit einem auffordernden Lächeln.»Nein. Ein Versprechen«, beendete Lesat das Gespräch, lief zurück und packte Aeris wiederholt am Arm und zog sie leicht hinter sich her. Sie versuchte sich zu wehren und schrie. Vergeblich. Es half nichts, sie kam nicht los von ihm. »Lass sie los! Nimm deine Hände von ihr«, schrie Faryll ihn an und in seinen Händen kamen lodernde Flammen zum Vorschein, um jederzeit seine mächtige Wirkung zu zeigen.»Keine Sorge, er wird nicht weit kommen.« Der Satz des Schützen war kaum zu Ende gesprochen, als mehrere Männer ebenfalls mit gespannten Bögen zum Vorschein kamen. Keiner von ihnen schien bereit zu sein, die junge Frau in den Fängen dieses Mannes zu lassen.»Was zum Teufel soll das?«, blickte sich Lesat um und erkannte spätestens jetzt seine ausweglose Situation und ließ widerstandslos Aeris gehen.»Ist es euch tatsächlich wert, sich mit einem ganzen Königreich anzulegen, nur wegen zwei Magiern? Ist es tatsächlich das, was ihr wollt? Gut, dann sei es so und ihr sollt sie haben. Doch verlasst euch darauf, dass ich sie nicht aus den Augen lassen werde. Ich werde meinen Auftrag erledigen. Mir mag es heute nicht gelungen sein, aber ich werde sie dem Königreich überstellen. Das verspreche ich euch. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis dies geschehen wird«, in seinen Augen spiegelte sich Hass sowie geballte Wut wider und er beobachtete wie die junge Frau zügig zu Faryll lief und Jakol’s Zügel an sich nahm. Lesat schwang sich auf sein Pferd und ritt geschlagen davon, ohne noch mal zurückzublicken, er wusste, er war der Situation nicht gewachsen und es war das beste den Ort zu verlassen.»Alles in Ordnung?«, vergewisserte sich der fremde Bogenschütze.Aeris nickte und atmete erleichtert auf. Sie begriff wie knapp es gerade war und was es bedeutet hätte, wenn dieser fremde Mann mit seinen Männern ihnen nicht zu Hilfe gekommen wäre. Zum ersten Mal fühlte sie sich zudem wie ein naives kleines Mädchen, das einfach blind vertraute ,ohne das Risiko dabei abzuwägen.»Er wird wiederkommen«, erklang die Stimme des Schützen und er kam näher auf die beiden zu. »Aber lasst mich euch erst mal vorstellen, bevor wir weiter sprechen.«, mit seiner linken Hand strich er sich dabei ein paar seiner schwarzen Haare von der Stirn. »Sullyvan, Dinsley Sullyvan lautet mein Name. Die meisten nennen mich allerdings nur Din, kurz und bündig«, schloss er kurz seine Augen und verbeugte sich dabei leicht.»Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich sie irgendwoher kenne«, kam es Aeris fast schon ungewollt über die Lippen und auch Faryll wirkte irritiert. Doch den Satz noch nicht einmal ausgesprochen, versuchte sie sich gleich wieder dafür zu entschuldigen.»Was natürlich vollkommener Blödsinn ist, dessen bin ich mir auch bewusst. Es tut mir leid, dass ich sie mit meiner Aussage überfahren habe.« Sie konnte sich nicht erklären, wieso sie bei diesem Mann eine Art Vertrautheit verspürte, als würde sie ihn wahrhaftig kennen. Nur woher es kam, konnte sie sich nicht erklären.»Das ist Faryll.«, deutete sie neben sich. »Und ich bin …«»Du bist Aeris. Gwen’s Tochter. Ich weiß, wer du bist und aus diesem Grund bin ich auch hier«, unterbrach er sie in einem freundlichen Ton. »Ihr braucht euch auch nicht zu sorgen. Meine Männer und ich haben nicht die Absicht, euch in irgendeiner Weise etwas anzutun.«»Und was wollt ihr dann von uns? Woher kennt ihr meinen Namen und meinen Vater?«, stammelte es aus ihrer Kehle und es fiel ihr immer schwerer ihre Gedanken beisammen zu halten.»Um ganz ehrlich zu sein, war es dein Vater, der mich geschickt hat«, versuchte Din die Situation aufzuklären, während er von der jungen Frau ungläubig angestarrt wurde.»Dein Vater wusste, dass eines Tages die Situation eintreten würde und ihr entdeckt werdet. Er hoffte, dass es mal nie so weit kommen würde, aber dennoch musste eine Vorsichtsmaßnahme getroffen werden«, sprach er weiter und man erkannte, dass ihre Rettung schon lange vorher geplant war, was selbst Faryll sprachlos machte. »Aber ich verstehe nicht ganz. Wieso aber haben sie das getan?«»Ich hatte etwas gutzumachen bei Gwen. Aber lasst mich das in aller Ruhe erzählen. Schaut, die Sonne geht bald unter«, seine Hand deutete auf die schon orangefarbene Sonne, die tapfer ihre letzten Strahlen am Horizont herab sendete und sich langsam verabschiedete. »Wir werden hier unser Lager aufschlagen und etwas zur Ruhe kommen. Da hinten ist dafür eine geeignete Stelle.«Und tatsächlich verbarg sich am Wegesrand, hinter den dicht aneinander verwachsenen Büschen, eine kleine Lichtung, wo sich schon ein paar Männer daran machten, Zelte aufzuschlagen und ein Lagerfeuer herzurichten. Selbst an Essen und Trinken wurde gedacht und so konnte man noch die letzte Stunde unter blauen Himmel mit einem wunderschön anzusehenden Sonnenuntergang genießen. Wobei das Wort genießen an dieser Stelle eher fehl am Platz war. Aeris aber genoss den Moment und war dankbar, dass sie Lesat in letzter Sekunde entkommen konnte. Nun aber war es an der Zeit zu erfahren, woher Din seine Kenntnis über alles hatte und er erzählte den beiden seine Geschichte.