Emda-Sturm der Magie - Sindy Schröter - E-Book

Emda-Sturm der Magie E-Book

Sindy Schröter

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Beschreibung

Emda – Sturm der Magie knüpft nahtlos an den ersten Teil, Emda – Brise der Magie an. Die Helden Aeris und Faryll stürzen sich gemeinsam mit ihren Freunden erneut in ein spannendes Abenteuer. Diesmal stehen sie einem neuen Feind gegenüber, der nicht nur außerordentlich gefährlich ist, sondern auch die düstere Absicht hegt, einen alten Rivalen wieder auferstehen zu lassen. Sollte ihm dieser verhängnisvolle Plan gelingen, wird Emda in eine Ära des Schreckens gestürzt. In diesem zweiten Teil, erwartet euch der Kampf um eine mysteriöse Blume, einen Feind, der für interne Unruhe sorgt und unerwartete Wendungen, die das Schicksal des Landes in die Hände weniger tapferer Helden legt. Erlebt die Reise von Aeris, Faryll und ihren Verbündeten, während sie gegen die wachsende Bedrohung kämpfen.

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Seitenzahl: 313

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Sindy Schröter

Emda

Sturm der Magie

-Fantasy-

Es ist schwer nachzuvollziehen, wie sich jemand fühlen muss, einen geliebten Menschen zu verlieren und sich zeitgleich darüber zu freuen, dass die besten Freunde einen schmerzlich vermissten Menschen wieder bekommen haben. Es fühlt sich schrecklich an. Und doch versucht man dieses Gefühl auszublenden, welches einen gebrochen zurücklässt.

Seit Lesat seinem Tod, versuchte sich Cleo mit allen Mitteln abzulenken. Sie traf ihre Freunde, entdeckte eine Vorliebe für Klavier und trainierte gemeinsam mit Din ihre Schüler, in ihrer gemeinsam errichteten Kampfschule. Sie waren stolz auf ihr Werk, aber diese eine riesige Lücke in ihrem Herzen, ließ sich einfach nicht schließen. Sie versuchte es mit den verschiedensten Mitteln. Vergeblich. Es gelang ihr nicht. Also musste es eine andere Möglichkeit geben und sie erfuhr eines Tages von der Gläsernen-Schwertblume. Einer Blume, die dem Finder laut Mythos die Möglichkeit erlauben soll, einen schweren Verlust wiederzubeschaffen. Doch leider war sehr wenig über diese Blume bekannt und es gab niemanden, der jemals solch eine gefunden hatte. So kam es schließlich, dass man sie als Legende beschrieb, bis diese Geschichte auf Cleos Ohren traf und in ihr der Kampfgeist erwachte. Vielleicht mochte der ein- oder andere nicht daran glauben, dass es diese Blume wahrhaftig gab, aber für sie war es der letzte Strohhalm und sie wollte ihn unbedingt ergreifen. Seitdem trug sie sämtliche Informationen zusammen und sammelte sie in einem blauen Notizbuch. Ihr Wissen über diese Blume behielt sie allerdings für sich. Sie wollte nicht als Naiv dastehen, weil sie sich erhoffte, dadurch vielleicht Lesat wieder zurück ins Leben holen zu können. Und sie wollte keinesfalls in ihrem Vorhaben ausgebremst werden. Doch wie heißt es so schön: Man sollte den Tag niemals vor dem Abend loben.

Die Gläserne-Schwertblume

Cleo kramte genervt in ihrem Zimmer herum. Ihr Notizbuch war spurlos verschwunden und sie suchte es überall. „Wo kann es nur sein? Ich drehe noch durch!“, zischte sie ärgerlich und räumte Bücher, Kleider und andere Sachen zur Seite, aber nichts half. Ein paar Dinge polterten dabei zu Boden, aber auch das interessierte sie nicht. „Es muss doch irgendwo hier sein.“

„Kommst du?“, unterbrach eine bekannte Stimme sie bei ihrer Suche. Sie merkte, wie ihr dabei die Wut hochkam. „Kannst du nicht anklopfen?“

„Mmmh, ich weiß nicht, ich stehe allerdings hier draußen im Flur, während deine Tür mich offen anlächelt. Aber alles in Ordnung mit dir? Du wirkst so nervös.“

Cleo wandte sich zu Din und schloss die Augen. Sie hatte vergessen, die Tür zu schließen, was ihr sonst nie passierte. Kein Wunder, dass er neugierig wurde. Und das gerade jetzt. „Nein, nein, alles okay. Ich suche nur meine Jacke.“ „Du meinst aber nicht zufällig diese dort, die über dem Stuhl hängt?“

„Was?“, schaute sie erneut in seine Richtung und folgte seinem Blick. „Oh, ähm ja, genau die. Wie konnte ich die vergessen? Danke, du bist ein Engel“, griff sie danach und lief an ihm vorbei. Natürlich war es nicht die Jacke gewesen, die sie suchte, sondern ihr Notizbuch. Und dann fiel ihr ein, wo sie es hingelegt hatte: im Trainingsraum. Zum Glück wollten sie da sowieso gerade hin. Hoffentlich war es noch da.

„Cleo, du weißt aber schon, dass du immer mit mir reden kannst, wenn etwas nicht in Ordnung ist? Ganz egal, was dich belastet?“ „Ich weiß. Aber im Moment ist alles so stressig. Diese schreckliche Unruhe in mir, dann die Sache mit Lesat. Dann vermisse ich die anderen so sehr. Wir sehen uns fast gar nicht mehr und das ist irgendwie zu viel auf einmal zurzeit.“ „Und dann ist da auch noch unsere Schule. Das macht es auch nicht einfacher.“

„Nein, keinesfalls. Die ist sogar eine gute Ablenkung. Da brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen.“ „Aber sonst gibt es nichts weiter, was dir auf der Seele liegt?“, fragte er leise und blieb stehen.

„Nein, wovon redest du?“

„Weil du so abwesend bist in letzter Zeit. Du weißt, dass es für unsere Schüler wichtig ist, mit klarem Kopf bei den Übungen zu sein, da es sonst zu gefährlichen Situationen kommen kann?“ Cleo fühlte sich bei diesen Worten kritisiert und zog die Augenbrauen hoch.

„Ich weiß, wann ich mich voll fokussieren muss. Da gebe ich auch alles. Aber was dazwischen passiert, geht nur mich etwas an“, kam es ihr überspitzt über die Lippen.

„Es tut mir leid. Ich wollte dich in keinster Weise irgendwie treffen. Ich mache mir einfach nur Sorgen um dich.“ „Das weiß ich. Aber nach allem was geschah, kann man nicht erwarten, dass ich jeden Tag glücklich und fröhlich durch die Welt spaziere. Das passt dann doch eher zu Aeris als zu mir“, lächelte sie schließlich und musste über sich selbst schmunzeln. „Lass sie das nur nicht hören. Aber jetzt komm, wir sollten los. Die anderen warten bestimmt schon.“

Und so war es auch. Vor der Trainingsschule standen Aiden und Liam, zwei dreizehnjährige Jungs. Sie konnten keinerlei Magie wirken, waren zwei gewöhnliche Jungen und interessierten sich nur für die Kampfkunst, die an dieser Schule gelehrt wurde. Hier lernten sie, mit wenigen Waffen zu kämpfen und sich ihrer Umgebung und ihrer Sinne bewusst zu sein.

„Hey, ihr zwei. Habt ihr lange gewartet?“, fragte Din und schloss die Tür auf. Din verpflichtete sich damals Cleo beizustehen und nahm sich mit ihr ein kleines, einfaches Häuschen am Stadtrand, um dem Trubel der Stadt Baribayl zu entgehen. Die Stadt lag nur ein paar Kilometer von Lako entfernt, dem Heimatort von Scarpo und Hank. Mit dem Pferd war man schnell bei allen, die man liebte. Auch bei Aeris, Faryll und den anderen.

„Nein. Wir sind auch erst vor wenigen Minuten angekommen. Wir dachten erst wir seien diejenigen, die zu spät seien, aber da haben wir ja noch mal Glück gehabt“, lachte Liam verschmitzt und schob sich an allen vorbei, um als Erstes hineinzulaufen. „Tobi und Lori kommen nach. Lori bringt noch ihren Bruder zu ihrer Großmutter und Tobi sucht nach seiner entlaufenen Katze. Könnte also auch sein das wir heute die einzigen hier sein werden“, erklärte Aiden das Fehlen der beiden anderen. „Kein Problem. Unser Training ist kein Muss. Es ist etwas um euch aus euren Alltag herauszuholen und euch zusätzlich etwas Nützliches zu lehren. Ihr müsst euch nicht verpflichtet sehen hierher zu kommen. Aber natürlich freuen wir uns über jeden einzelnen von euch. Nun zieht euch aber um und dann kann es losgehen.“ Beobachtete er dabei Cleo, die nervös nach etwas zu suchen schien.

„Kann ich dir behilflich sein?“

„Was?“, erschrak die junge Frau und errötete, als hätte man sie bei irgendwas

erwischt. „Nein. Alles in Ordnung. Ich dachte nur …“ „Du dachtest was?“

„Ich dachte, ich hätte meinen Dolch gestern hier vergessen. Aber da muss ich mich wohl geirrt haben.“

„Dolch? Aber, seit das mit deinem Bruder passiert ist, hast du keinen mehr angefasst. Du wolltest nicht mehr daran erinnert werden und hast sie seitdem kein einziges Mal mehr in den Händen gehabt.“

Cleo biss sich nervös auf die Lippen. Sie wollte nicht das Din erfuhr, das sie ein gravierendes Geheimnis hütete und sie nicht den Dolch, sondern ihr Notizbuch suchte. Würde er erfahren, das die Möglichkeit bestand Lesat wieder zurück ins Leben zu holen, würde er mit allen Mitteln versuchen ihr dies auszureden. Betrachtete man allerdings das ganze Vorhaben rational, würde er womöglich auch gar nicht so unrecht damit haben, ihr den Irrsinn ausreden zu wollen.

„Stimmt, du hast recht. Keine Ahnung wie ich jetzt darauf gekommen bin. Vielleicht liegt es auch daran das ich letzte Nacht kaum geschlafen habe. Da spielt mein Kopf gerne mal ein kleines bisschen verrückt“, versuchte sie sich herauszureden und ließ ihn anschließend einfach stehen, um der unangenehmen Situation zu entfliehen. Sie rechtfertigte ihren Abgang damit, mit Liam anzufangen zu trainieren, als er herbeigelaufen kam. So gaben sie wieder ihr Wissen zwei Stunden lang an ihre talentierten Schützlinge weiter, die anschließend mit stolzen Hauptes, die kleine Schule wieder verließen. Und obwohl alles vollkommen reibungslos verlief, war Din nicht entgangen, wie abwesend Cleo das Training absolvierte. Er wollte erneut das Gespräch mit ihr suchen, als die Eingangstür aufging und Nathan herbeikam. Ein kleiner, kräftiger junger Mann mit einer viel zu großen Brille auf der Nase, die immer wieder an die richtige Position geschoben werden musste. Was dazu führte, das man ihm nicht lange in die Augen schauen konnte, ohne lachen zu müssen. „Du schon wieder“, kam es Din entgeistert über die Lippen und er setzte ein gezwungenes Lächeln auf.

„Heeee, mein Freund. Wie geht’s? Ich bin auf der Suche nach Cleo. Ist sie da?“

„Erstens, ich bin nicht dein Freund. Zweitens geht dich nichts an und drittens, richte deine Brille, dreh deinen Kopf nach links, da steht sie“, knirschte er mit den Zähnen und schüttelte dabei den Kopf. Er konnte den Kerl einfach nicht leiden und ließ ihn das immer wieder aufs neue spüren.

„Nathan. Was machst du hier? Oder nein, antworte mir später. Ich muss erst mal was klären“, kam Cleo herbeigelaufen und zog Din etwas zur Seite. „Ich weiß, dass wir gemeinsam noch ins Brat-Häusschen wollten. Würde es dir etwas ausmachen, wenn du schon vorgehst? Sobald ich hier fertig bin, komme ich sofort nach.“ „Kein Thema. Ich bin sowieso froh, diesen Kerl nicht länger als nötig vor meiner Nase herumtänzeln zu sehen. Wir sehen uns nachher“, lief er an ihr vorbei und machte nur eine Handbewegung zum Abschied.

„Wieso kann er mich eigentlich nicht leiden?“, schob Nathan seine Brille wieder zurecht woraufhin Cleo ihren Kopf in den Nacken warf und kurz laut einatmete.

Und obwohl er diese Frage immer und immer wieder stellte, kannte sie keine Antwort darauf. Ehrlich gesagt, konnte sie es sich selber nicht erklären, warum er ihm gegenüber so abweisend und fast schon feindselig wirkte.

„Ich kann es dir nicht sagen. Ich weiß es selber nicht. Aber gut. Deswegen bist du ja bestimmt nicht hergekommen, oder? Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?“

„In der Tat“, lief er zu einer der beiden Bänke, die sich in der Trainingshalle befanden und setzte sich. „Du wirst nicht glauben, was ich herausgefunden habe. Ich habe tatsächlich den Standort einer Person in Erfahrung bringen können, die genaue Informationen der Blume hat.“ „Die Gläserne-Schwertblume? Bist du dir sicher?“, weiteten sich ihre Augen und für einen kurzen Augenblick keimte Hoffnung in ihr auf, das sie auf dem richtigen Weg war. „Ja, genau. Ich habe den Namen, sowie den Aufenthaltsort eines erfahrenen Mannes ausfindig machen können, der sich laut meines Wissens am besten mit dieser Blume auskennt. Es war gar nicht so leicht an diese Informationen zu gelangen. Es scheint, als wolle man nicht das diese Blume gefunden wird.“ „Nein, das will man womöglich wirklich nicht. Wie ist sein Name?“ „Gregor Luzians. Seinen genauen Wohnort habe ich hier markiert“, kramte Nathan dabei in seiner Tasche und zog eine kleine Karte hervor.

„Das ist aber ein ganz schönes Stück weg von hier. Da bin ich mindestens einen halben Tag zu Fuß unterwegs.“ „Ich könnte dir ein Pferd besorgen, wenn dir das lieber ist?“ „Nein danke. Das ist lieb gemeint, aber wenn, dann werde ich mich zu Fuß auf den Weg dahin machen.“

„Und was wirst du Din erzählen? Er wird doch bestimmt wissen wollen, wo du hin willst.“

Und damit hatte Nathan auch nicht ganz unrecht. Din fungierte nach Lesats Tod wie ein Vater. Sie war auch sehr froh darüber und konnte sich sogar etwas in die Rolle einer Tochter hineinfühlen, was ihr ja durch ihren leiblichen Vater Phar, versagt geblieben war.

„Ich werde mir was einfallen lassen. Aber dir danke ich sehr für deine Informationen. Ich hoffe das sie mich diesmal etwas näher an mein Ziel bringen werden und nicht nur ein Mythos bleiben.“ Sie unterhielt sich noch etwas mit ihm, als sie anschließend alle Türen abschloss und sich auf den Weg zur Taverne machte, wo Din sie schon erwartete. Sie liebten beide das Essen dort und gönnten sich mindestens einmal pro Woche die Leckereien. „Es tut mir leid, dass du so lange auf mich warten musstest“, nahm sie neben ihm Platz.

„Kein Problem. Ich war in guter Gesellschaft“, zwinkerte er dabei in die Richtung der Barfrau, die freundlich zurücklächelte. „Ach Lisa, was würde ich nur ohne dich machen“, kam es Cleo über die Lippen und ihr war nicht entgangen, wie vertraut die beiden manchmal miteinander wirkten.

„Ja, er hat einen ganz besonderen Charme der Gute Mann.“ Lisa war die Besitzerin der Taverne und eine gute Seele. Sie führte das Geschäft weiter, nachdem vor fünf Jahren ihr Mann gestorben war. Wer hier mit Problemen hereinkam, verließ den Laden wieder mit einem Lächeln und mit mindestens einer Lösung. „Din. Es gibt da etwas, was ich mit dir gerne besprechen möchte“, tastete sich Cleo schließlich langsam an ihn heran. „Ich werde für ein paar Tage unterwegs sein. Es gibt da etwas, was ich erledigen muss.“

„Ein paar Tage? Von wie vielen Tagen sprechen wir?“ „Fünf. Höchstens sechs.“

„Gut. Okay.“

„Okay? Ist das wirklich Okay für dich?“ „Ja. Es ist in Ordnung.“

Cleo war überrascht und verwirrt zugleich, das er es so locker aufgenommen hatte. Obwohl sie ein freier Mensch war, tun und lassen konnte was sie wollte, war sie sich nicht sicher, wie er darauf reagieren würde. Immerhin hingen ja auch die Trainingseinheiten der Kinder daran. Aber jetzt, nachdem er so gelassen darauf reagiert hatte, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Sie bestellten sich ihr Essen, die Getränke und unterhielten sich angeregt miteinander. Plötzlich wurde Din ruhiger und blickte ihr Ernst in die Augen.

„Und wenn du sie gefunden hast. Was machst du dann?“ „Sie gefunden? Was? Ich verstehe nicht ganz.“ „Die Gläserne-Schwertblume. Darum geht es dir doch, oder?“ Cleo erschrak und ihre Augen weiteten sich.“ „Woher weißt du das?“

Din bückte sich und zog ein blaues Notizbuch hervor. „Du hast es gehabt?“, kam es ihr entsetzt über die Lippen. „Hast du es gelesen?“

„Nein. Das musste ich nicht. Nathan seine Recherchen sind längst bei mir angekommen. Leute reden gerne und manchmal viel. So kommen Informationen auch mitunter dort an, wo sie eigentlich besser nicht ankommen sollten.“

Plötzlich ergab für Cleo alles Sinn. Die Abneigung gegen Nathan. Seine Abwehrhaltung, wenn sie das Thema versuchte anzuschneiden. Alles nur, weil er längst wusste, was sie vorhatte. Im Nachhinein betrachtet kam sie sich sogar ziemlich dumm vor. Sie hatte geglaubt, sie könne so etwas vor ihm verheimlichen. Natürlich musste es irgendwann an seine Ohren gelangen. Es ist ja nicht alltäglich das jemand versuchen würde, einen Toten wieder zurück ins Leben zu bringen.

„Ich hoffe nur, du weißt, was du da tust. Nicht umsonst ist es schwer, etwas über diese Blume in Erfahrung zu bringen.“ Cleo stutzte und sie ließ seine Worte noch mal Revue passieren. „Moment. Du kennst sie?“

„Lassen wir das Thema. Okay?“

„Was? Nein. Wir lassen das …“, schwieg sie und sog die Luft tief ein. „Aber natürlich. Wieso bin ich nicht gleich darauf gekommen. Es ist wegen Samantha. Du hast selber nach ihr gesucht, um deine Frau zurückzubringen.“ Es fiel ihr schwer ihm in die Augen zu schauen. Sie hatte ihn unbeabsichtigt verletzt und ihm in der Vergangenheit vorwürfe gemacht, das er mit ihrem Schmerz gar nichts anzufangen wusste, dabei befand er sich genau in derselben Situation. Auch er hatte einen schweren Verlust hingenommen, was ihr in ihrer eigenen Trauer um Lesat gänzlich untergegangen war. „Es tut mir leid. Ich hab nur an mich gedacht“, stammelte sie und blickte beschämt zu Boden.

„Nein, das muss dir nicht leid tun. Aber was dir leid tun muss, dass du ohne Absprache mit mir diese Blume finden wolltest.“ „Aber was hätte ich denn machen sollen? Du hättest es niemals zugelassen das ich mich auf die Suche danach begebe. Also war es das einfachste zu schweigen.“

„Entweder das, oder du hattest Angst das ich die Blume für mich verwende.“

„Daran habe ich keinerlei Gedanken gehegt.“ „Ich weiß Cleo. Und wenn, dann würde ich sie gar nicht haben wollen. Samantha ist schon so lange fort, das es falsch wäre, meine vergangene Trauer, die ich bewältigt habe, einer frischen Trauer vorzuziehen.“

Cleo war überwältigt. Auch wenn schon mehrere Jahre ins Land gezogen waren, ließ auch der Verlust von Samantha ihre Spuren an Din. Und dennoch war er Mann genug die Blume ihr zu überlassen, insofern es sich nicht doch nur um einen blöden Mythos handelte. „Und? Was machen wir nun?“

„Wir?“, weiteten sich ihre Augen und ein breites Grinsen machte sich breit.

„Natürlich wir. Wenn es diese Blume tatsächlich gibt, will ich Zeitzeuge sein und miterleben, wie Lesat wieder festen Boden unter seinen Füßen spürt. Und ich will dabei sein, um mich zu vergewissern, dass er dann auch wirklich derselbe ist. Ich kann mir gut vorstellen das solche Rückholung spuren an ihm hinterlassen könnten.“

Ein Gedanke, den Cleo gar nicht bedacht hatte. Was, wenn sie diese Blume finden, ihn zurückholen können, er aber in keinster Weise mehr derselbe wäre, der er vorher war. „Grübel nicht über meine Worte. Das war nur ein Gedankengang. Mehr nicht. Ich werde dich begleiten und wir werden gemeinsam herausfinden, was wirklich hinter den Geschichten dieser Gläsernen-Schwertblume steckt. Wollen wir die anderen einweihen?“ „Nein. Sie sollen davon nichts wissen. Sie würden mich abhalten und es womöglich als Märchen herunterspielen. Das möchte ich nicht. Wenn es wirklich eine Chance gibt, Lesat wiederzubekommen, möchte ich sie ergreifen. Ohne die anderen. „Gut, so sei es. Es ist deine Mission. Meine Aufgabe wird sein dich zu unterstützen und wenn nötig zu beschützen“, zwinkerte er ihr zu und zog seine Geldbörse. „Lisa, wir möchten zahlen.“ Die Bedienung kam herbei und rechnete ab. „Wir werden für einige Tage verreisen, also nicht wundern das deine Stammkundschaft sich etwas rar gemacht hat. Aber dein Essen werden wir schmerzlich vermissen.“

„Ich hoffe ihr werdet nicht nur mein Essen vermissen“, lächelte sie und fokussierte dabei Din an, welcher von Charme ergriffen errötete und seinen Kopf senkte.

„Natürlich werden uns auch deine Gespräche fehlen.“ „Uns?“, trat Cleo ihn leicht gegen sein Schienbein und schüttelte den Kopf. „Du bist unmöglich“, flüsterte sie und erhob sich amüsiert vom Stuhl. Das Din die Frau mochte, war mehr als offensichtlich, genauso wie sie Augen für ihn hatte. Das musste im Auge behalten werden, da war sie sich sicher. Aber jetzt galt es, diese Blume zu finden. Daher machten sich Cleo und Din schon am darauffolgenden Tag auf den Weg um diesem Mythos auf den Grund zu gehen. Dafür mussten sie als erstes Gregor Luzian finden, der laut Nathan nähere Informationen besitzen soll. Sein Aufenthaltsort befand sich an der Grenze zur Belrantoz Wüste. Aber die Suche gestaltete sich gar nicht so einfach. Alles, was sie vorfanden, war ein altes, eingefallenes Anwesen. Von seiner einstigen, stattlichen und anschaulichen Größe, war nichts mehr übriggeblieben, außer diesem mickrigen Anblick, der nur erahnen lassen konnte, wie es früher einmal ausgesehen haben könnte. „Na prima. Da scheint ja deine Kontaktperson einiges ausgelassen zu haben, was diesen Gregor Luzians angeht“, lehnte er sich an den morschen Holzzaun, der das Grundstück einigermaßen umzäunte. „Ja, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass hier niemand mehr wohnt. Aber komm, lass uns das näher anschauen“, lief sie los und suchte nach einer Stelle, um an dem Zaun vorbeizukommen. Sie entdeckte eine Öffnung, wo der Zaun durchbrochen war und kroch hindurch.

„Es wirkt irgendwie gespenstisch. Niemand ist hier und die Natur fängt an sich ihr Eigentum wieder zurückzuholen“, sprach sie mit leiser Stimme und ein leichtes Frösteln überkam sie dabei. Auch Din lief mit gezückten Bogen und vorsichtigen Schritten, während sein Kopf sich dabei in jede Richtung drehte, um alles genaustens im Blick zu behalten.

„Es fühlt sich irgendwie an, als würde uns jemand beobachten“, flüsterte Cleo und zückte ihre Dolche. Für einen kurzen Augenblick war sie sich nicht mehr sicher, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, sich hierher zu begeben. Doch darüber nachzudenken, blieb ihr keine Zeit mehr, als plötzlich fremde Schritte auftauchten und beide erschrocken in die Richtung schauten, aus der sie kamen.

„Oh bitte entschuldigt. Ich wollte euch nicht erschrecken“, kam ein kleiner, älterer Mann zum Vorschein, der mit einem freundlichen Lächeln den beiden entgegenblickte. „Wo kommen sie denn plötzlich her?“, keuchte Din und fasste sich dabei an die Brust, um seinem Schreck Ausdruck zu verleihen. „Nun ja, dasselbe könnte ich euch ebenfalls fragen. Immerhin befindet ihr euch auf meinem Boden.“

Cleo runzelte bei den Worten die Stirn und machte vorsichtig einen Schritt auf den Mann zu.

„Gregor Luzian?“

„Ihr kennt meinen Namen? Ich bin erstaunt. Kaum jemand mag sich an mich erinnern, oder verirrt sich meinetwegen hierher. Ich bin muss sagen, ich bin schwer beeindruckt.“

Die beiden verstanden nicht ganz und schauten sich fragend in die Gesichter.

„Hab ich etwas Falsches gesagt?“, runzelte der ältere Herr die Stirn, dass seine Falten noch mehr zum Ausdruck kamen. „Wie bitte? Oh nein, das haben sie nicht. Nur wenn ich mir ihr Anwesen so betrachte, erklärt es sich ja irgendwie von selbst, dass sich hier keiner wirklich her traut. Es ist schon ziemlich marode und auch wir haben uns zweimal überlegen müssen, wo wir unsere Schritte setzen. Aber ich hoffe, ich habe sie jetzt nicht mit meiner Meinung verärgert.“

„Verärgert? Aber keinesfalls. Ich verstehe nur nicht so ganz was ihr meint. Wenn ich mir alles so betrachte, erscheint es mir in bester Ordnung.“

Cleo hob ihren Arm und wollte gerade etwas sagen als sie sich umdrehte und brach stattdessen verwirrt ab. Vor ihr befand sich nicht mehr das marode, alte Anwesen, sondern es erstrahlte in prachtvollen Glanz und wirkte, als wäre es nie anders gewesen. „Was geschieht hier?“

„Wie meinen?“

Cleo drehte sich zu Gregor zurück und erschrak. „Din … ich glaube, das musst du dir ansehen.“ „Hmm?“, drehte er sich um und weitete verwirrt seine Augen. „Aber, sie waren doch gerade eben … also ich meine … Gregor Luzian?“

„Ja, immer noch derselbe wie gerade eben“, lächelte er freundlich. „Sie waren doch gerade eben noch …“

„Alt? Klapprig? Grau?“, unterbrach er die junge Frau und auch Din wusste nicht so richtig wie er damit umgehen sollte, was sich vor seinem geistigen Auge abspielte. Gregor Luzian stand nicht mehr als alternder Greis vor ihnen, sondern als Mittvierziger mit einem strahlenden Äußeren. Und während Din immer noch nicht wusste was hier vor sich ging, fing es bei Cleo langsam an zu dämmern. „Sie sind ein Weiser?“

„Und du bist ein kluges Kind.“

„Ich wusste nicht, das es sie wirklich gibt.“ „Wie du siehst, gibt es uns. Ich bin nur leider der Letzte. Und mit mir werden die Weisen von dieser Welt verschwinden. Aber bis das mal so weit sein wird, werde ich noch zahlreiche Jahrhunderte meinen Dienst erweisen. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja doch noch da draußen einen wie mich, ein Findelkind vielleicht.“ Die Weisen waren Magier, die der Natur zur Seite standen. Sie halfen, das sich Blumen und Pflanzen wieder erholen konnten, oder alte Gemäuer geschützt blieben, ohne von außen erkannt zu werden, so wie es Din und Cleo anfangs verborgen blieb, welchen Glanz das Anwesen in Wirklich besaß.

„Aber lasst uns nicht hier herumstehen. Folgt mir“, lief er voran und gab ein Zeichen, ihm zu folgen. Cleo lief ihm nach, während Din für einen kurzen Augenblick zögerte. Zwar hatten sie ihr Ziel erreicht und den Mann gefunden, der womöglich wusste, ob und wo sich die Schwertblume befindet. Aber das es sich um einen Magier mit außergewöhnlichen Fähigkeiten handelte, verkomplizierte für ihn die Situation und die Möglichkeit, ihm vertrauen zu schenken. Dennoch entschied er sich nach anfänglichen zögern den beiden zu folgen und gelangte in einen wundervollen, riesigen Garten. Er war prachtvoll und mit den schönsten Blumen und Pflanzen verziert. Kräuter, Beeren, Obstbäume, alles fand hier seinen Platz. Und mittendrin, eine kleine Oase in Form eines schattigen Platzes mit Sitzbänken, Tisch und einem kleinen Springbrunnen. Es wirkte einladend und alle nahmen Platz. Cleo schaute sich um und ihre Augen betrachtete dabei jede einzelne Blume und Pflanze. „Es tut mir leid. Aber du wirst sie hier nicht finden.“ Erschrocken über diese Worte, blickte Cleo in Gregor sein Gesicht. „Woher wissen sie was ich suche?“

„Du suchst die Gläserne-Schwertblume. Eine Blume, von der es zahlreiche Geschichten zu erzählen gibt. Einige davon sind allerdings an den Haaren herbeigezogen. Sie kann weder Blindheit heilen, noch jemanden die Stimme rauben. Auch kann sie nicht …“ „Jemanden von den Toten zurückholen …“, unterbrach Cleo seine Worte und senkte ihren Kopf. Sie hätte wissen müssen das alles nur ein Mythos war und nichts, außer einem Anker es schaffen konnte, zurück ins Reich der lebenden zu finden. „Das wollte ich nicht sagen. Was ich eigentlich sagen wollte, das die Gläserne-Schwertblume nur für eine einzige Sache existiert: einem Toten die Möglichkeit zu geben, durch eine Hinterbliebene Person wieder zurück ins Leben zu finden. Also wie du siehst, die eigentlich absurdeste Geschichte über diese Blume, entspricht der Wahrheit.“

Die Worte hallten in der jungen Frau wie ein Echo wieder. Sie konnte es nicht glauben, was sie hörte. Obwohl sie genau nach dieser Blume gesucht hatte, war sie mehr als überrascht zu erfahren, dass sie wahrhaftig existierte. „Kein Mythos? Es gibt sie wirklich?“, runzelte Din die Stirn und verbarg dabei keinesfalls seine Skepsis. „Ja, es gibt sie. Es gibt aber mittlerweile nur noch zwei davon. Allerdings hängt die Wirkung an dem Willen desjenigen, der einen seiner liebsten zurückholen möchte. Gibt es auch nur den kleinsten Zweifel, dessen sich der Hinterbliebene nicht sicher ist, verwehrt die Blume ihre Macht und zerfällt zu Staub.“ Cleo aber war sich sicher, dass sie es wollte. Sie hatte keine Zweifel. Nicht im Geringsten. Alles, was sie wollte, war ihren Bruder.

„Wirst du auch mit den Konsequenzen klarkommen?“, richtete Gregor gezielt sein Wort an sie und mahnte dabei. „Ich weiß, dass es sich bei der Person um Lesat handelt. Aber bist du wirklich dazu bereit, jemanden ins Leben zurückzuholen, der eine düstere Vergangenheit besessen hat? Wirst du damit Leben können, der Auslöser dafür zu sein, wenn es schiefgeht und er wieder zu dem werden könnte, was er früher war, ein Erbarmungsloser, gefühlskalter Katzenmensch mit enormer Stärke und Schnelligkeit? Was geschieht, wenn er auf den falschen Weg wandelt und nicht dem entsprechen wird, was du dir eigentlich wünschen und vorstellen tust?“

Seine Stimme waren wie Nadelstiche für Cleo. Sie fühlte sich auf irgendeiner Weise vorverurteilt dafür, das sie Lesat besser kannte. Sie wusste, dass er im letzten Moment auf Garlanta erkannt hatte, wie falsch sein Handeln und seine Taten waren. Allein sie wusste, dass er nicht das war, was manche von ihm dachten. Aber genau das musste er allen selber beweisen. Und dies konnte er nur, wenn er die Möglichkeit bekommen würde, zurück ins Leben zu finden. Gregor versuchte zwar Verunsicherung in Cleo zu wecken, aber er erreichte das Gegenteil. Sie war entschlossener denn je. Und auch wenn sie ihm diesen versuch am liebsten übel nehmen wollte, wusste sie, dass er nicht ganz unrecht mit seinen Worten hatte.

„Vielleicht wird er wieder vom Weg abkommen, oder falsche Entscheidungen treffen. Aber das machen wir alle. Wir alle haben schon etwas falsch gemacht, sind im Leben falsch abgebogen und werden es womöglich wieder tun. Aber das alles können wir nicht vorhersehen“, senkte sie ihren Kopf und sprach weiter. „Ich kenne meinen Bruder, seine Vergangenheit, seine Taten. Aber ich kenne auch seine Freundlichkeit, seinen Mut, seine Aufrichtigkeit und seinen Stolz. Wenn ich ihn jetzt nur auf sein falsches Handeln in der Vergangenheit reduziere, obwohl er im letzten Moment zur Gesinnung gekommen ist, nehme ich ihm all die Möglichkeit, zu beweisen, dass er nicht mehr der ist, der er damals war. Also ja, ich werde diese Blume finden und meinen Bruder wieder zurückholen, auch wenn es den meisten womöglich nicht gefällt.“ Sie war zu einhundert Prozent überzeugt und das allein zählte für sie. Auch Din wusste, dass sie diese Blume niemals aufsuchen würde, wenn das nicht der Fall wäre. Und er schenkte ihr sein Vertrauen, das Richtige zu tun.

„Also? Helfen Sie uns?“, sprach Din zu Gregor, der die Stirn runzelte, hinter denen die Gedanken rotierten, bevor er antwortete.

„Ja, ich helfe euch. Obwohl ich nicht ganz davon überzeugt bin, dass ihr das Richtige tut. Aber deine Worte haben mich zum Nachdenken angeregt“, nickte er Cleo zu. „Die Blume befindet sich in der Belrantoz Wüste. Einem nicht gerade freundlichen Ort.“ „Wächter“, murmelte Din. „Dort gibt es zahlreiche Wächter Würmer.“ „Solche wie damals im Magier Tempel?“

„Ja, genau solche. Nur das es hier nicht einer, sondern mehrere sind. Und jetzt verstehe ich auch, warum sie so zahlreich in dieser Wüste sind und jeder diesen Ort meidet. Wegen der Blume“, blickte er Cleo entgegen. „Ich hatte nie verstanden, warum es in dieser Wüste nur so vor lauter Wächtern wimmelte, jetzt wird mir einiges klar.“

Und in der Tat war dieser Ort mehr als gefährlich. Damit die Blume nicht in falsche Hände geraten würde, schützte man sie mit Wächtern. Mit nahezu unberechenbaren noch dazu. In der Wüste hatten diese zudem einen klaren Vorteil. Sie konnten sich in den Sand bohren und unentdeckt zum Angriff übergehen. Für Cleo und Din, stellte dies eine nahezu unüberwindbare Bedrohung dar, aber dennoch waren sie bereit diesen gefährlichen Weg einzuschlagen. Cleo, um ihren Bruder zurückzuholen und Din, um ihr diesen Wunsch möglich zu machen. Jetzt galt es nur diesen gefährlichen Ort aufzusuchen und möglichst gesund und munter aus dieser ganzen Sache hervorzugehen. Sie bedankten sich noch aufrichtig bei Gregor für seine Hilfe und verabschiedeten sich. Sie hatten alle Informationen die sie benötigten. Jetzt war es an der Zeit, dass sie ihren Weg fortführten.

Nachdem sie den mysteriösen Ort des Anwesens wieder verlassen hatten, verfiel er sofort wieder in seinen alten Ursprung zurück und nach und nach kamen wieder die maroden Mauern zum Vorschein. Nichts von dem schönen Anblick blieb zurück. Nach zwei Stunden erreichten die beiden dann schließlich auch schon die Belrantoz Wüste. Ein leichter Wind wehte ihnen entgegen und in ihm konnte man die Bedrohung, welche von diesem Ort ausging, nahezu spüren. Es war unheimlich zu wissen, was sich vor ihnen befand und dennoch weiterzugehen. Die einen mögen es Mut nennen, andere Dummheit, Cleo aber nannte es Entschlossenheit und auch Din war damit einverstanden.

„Dann lass uns aufbrechen. Gregor sagte, wir sollen immer gen Süden laufen, dann würden wir sie finden. Ich hoffe, er hat auch recht“, wirkte sie entschlossen.

„Das gilt es wohl herauszufinden“, wollte Din mit beherrschter Stimme vorbringen, aber so ganz gelang es ihm nicht und ein von Unsicherheit beherrschter Ton schwang in ihm mit. „Dann wollen wir mal“, zückte Cleo vorsichtshalber ihre Dolche und tränkte sie mit demselben Gift, mit dem sie damals im Magier Turm schon ebenso einen Wächter Wurm erfolgreich erlegt hatte. Blieb nur zu hoffen, dass diese Wächter ebenso auf das Gift reagieren, sollte es zum Kampf kommen. Auch Din wappnete sich mit seinem Bogen und lief voran.

Schritt für Schritt durchquerten die beiden die Wüste. Der Sand knirschte unter jeder Bewegung ihrer Fußsohlen, während der Wind ihnen feine Sandkörner ins Gesicht blies, das es ihnen schwerfiel, die Augen geöffnet zu halten. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, die sie durch die Sanddünen liefen. Egal in welche Richtung sie sich drehten, überall erstreckte sich diese Sandlandschaft. Unter anderen Umständen, würde man so einen Ausblick womöglich für Fantastisch halten, aber die brodelnde Gefahr, die wie ein Vulkan an jeder Ecke auf sie lauerte, ließ den Gedanken an Wunderschön verblassen.

„Hast du das auch gerade gespürt?“

„Gespürt? Was denn?“, blickte sich Din um. „Dieses vibrieren. Als würde die Erde leicht beben.“ „Ein Erdbeben? Hier? Ich glaube das zwar weniger, aber lieber das, als …“

„Wächter Würmer.“

„Genau. Lieber das als diese Würmer.“

„Nein. Du verstehst mich nicht“, zerrte Cleo an Dins Arm und drehte ihn herum. „Ich meine diese Wächter Würmer.“ „Ach du meine Güte. Ein Erdbeben wäre mir jetzt lieber gewesen. Los, LAUF!“, schrie er sie an und sie lief sofort los, während er seinen Bogen auf das Ungetüm richtete, das sich aus dem Sand schlängelte und sich aufbäumte. Dieser Wurm war gigantisch. Und auch wenn Din wusste das seine Pfeile womöglich nichts ausrichten würden, feuerte er einen nach den nächsten ab. Umsonst. Sie blieben nicht mal stecken und verursachten den kleinsten Kratzer. Ihm blieb nichts anderes übrig außer zu rennen, aber er wollte Cleo unbedingt einen Vorsprung beschaffen und machte sich Unsichtbar. Verdutzt blickte der Wächter in jede Richtung, um Din auszuspähen, während sich dieser langsam an ihm vorbeischlich, um ihn anschließend von hinten mit seinem Bogen erneut anzugreifen. Er feuerte eine ganze Salve an Pfeilen ab, als sein Widersacher versuchte ihn mit seinem stacheligen Schwanz zu greifen. Wieder nutzte er seine Unsichtbarkeit und machte dieses Manöver noch zwei weitere male, in der Hoffnung, dass der Wurm dadurch die Orientierung verlieren würde und somit auch die Richtung, in die Cleo gelaufen war. Nun war es nur noch an der Zeit ebenfalls zu verschwinden, ohne das er es mitbekommen konnte. Aber so einfach wie Din sich die Sache vorgestellt hatte, war sie dann doch nicht. Denn nicht nur der Wächter Wurm hatte die Orientierung verloren, sondern er ebenfalls. Jetzt stand er mitten in der Wüste, hatte Cleo nicht mehr im Blick und hatte keine Ahnung wohin er jetzt gehen sollte. Aber als Erstes musste er außer Reichweite dieses Monstrums gelangen, also lief er so weit es nur ging, bis er nichts mehr von dem Wächter sehen konnte und kam wieder aus seiner Tarnung heraus. Diese Magie kostete ihm viel seiner Kraft. Es war keine herkömmliche Magie wie die von Aeris oder Faryll, sondern eine kurzlebige. Benutzt man sie zulange am Stück, raubt es enorm die Stärke und lässt einen angeschlagen zurück. Ein Umstand, den er mitten in dieser Wüste gerade so gar nicht gebrauchen konnte. Jetzt musste er nicht nur Cleo finden, sondern auch selber heil wieder aus dieser riesigen Wüste hinausschaffen. Aber wie, das war ihm im Augenblick ein Rätsel. Alles, was er zu sehen bekam, war Sand und eine Düne nach der nächsten.

Cleo rannte unterdessen so weit ihre Beine sie tragen konnten, als sie keuchend auf die Knie sank und keinen Meter mehr schaffte. Jeder Atemzug brannte in ihrer Kehle und sie musste sich erst mal beruhigen, ehe sie sich umblickte und Dins fehlen bemerkte. „Was? Wo bist du?“, flüsterte sie zu sich selber und erhob sich wieder. Sie blickte in jede Richtung, aber von ihm fehlte jede Spur. Dass der Wächter ihn schnappen konnte, hielt sie für unmöglich, zumindest wollte sie keine Sekunde diese Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ihm vielleicht doch etwas zugestoßen sein könnte. Wäre dies jedoch der Fall, würde sie sich das niemals verzeihen. Ihretwegen hatte er sich in diese Gefahr begeben. Sie musste zurück und ihn holen, wäre nur nicht dieses eine Problem: Sie wusste nicht mehr, in welche Richtung sie gelaufen war. Zu oft hatte sie sich im Kreis gedreht, um Ausschau nach Din zu halten, das es ihr nicht mehr möglich war, die genaue Richtung zu bestimmen, aus der sie gekommen war. Sie hielt sich beide Hände vors Gesicht und atmete tief ein. Sie hatte Din verloren, befand sich in einer riesigen Wüste, die Blume hatte sie auch noch nicht und die Wächter lagen bestimmt längst schon auf der lauer, um sie anzugreifen. Da kam ihr eine Idee: Sie zückte ihre Dolche und atmete tief ein. Ihr Plan? Ein undurchdachter, wie so oft in der Vergangenheit. Aber wenn sie eins wusste, das man nichts unversucht lassen durfte.

Sie rannte mit gezückten Dolchen los und schrie aus voller Brust so laut wie sie nur konnte, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie hoffte, damit so viel Wächter wie möglich anzulocken, damit ihr auftauchen genug Sand aufwirbelte, das Din die Staubwolken erkennen würde. Blieb nur zu hoffen das dieser dumme, gewagte Plan auch Früchte tragen würde.

„Wo seid ihr? Zeigt euch ihr Würmer. Ich mache euch fertig. Ihr könnt mir gar nichts, ihr nutzlosen Sandfresser“, rannte sie im zickzack durch den Sand und spürte wie er unter ihren Füßen knirschte, als es sich plötzlich anfühlte, als würde sie auf wackeligen Kissen laufen. Sie blieb kurz stehen und blickte nach unten, als sie entsetzt feststellen musste, dass sich direkt unter ihren Füßen einer der Wächter an die Oberfläche bohrte. Das war so nicht geplant und sie sprang rechtzeitig zur Seite, ehe er sie mit nach oben heben konnte, um sie letztendlich herunterzuwerfen. „Nur einer? Euer Ernst? Wo sind denn deine Freunde? Haben sie Angst?“